RoboMaus - Kommentare

Alle Kommentare von RoboMaus

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    RoboMaus 29.07.2019, 07:14 Geändert 30.07.2019, 10:39
    über Detroit

    Kathryn Bigelow legt mit 'Detroit' (2017) erneut ein politisch motiviertes Doku-Drama in Überlänge vor und verzichtet dabei weitgehend auf eine Handlung, die über das Pseudo-Dokumentarische hinausgeht. Ihr Anliegen ist die Beleuchtung von Rassenunruhen, die sich im Detroit des Jahres 1967 gewaltsam entluden und durch überharten Einsatz der weißen Polizei weiter geschürt wurden. Letzterer Aspekt bildet das Credo, wobei man sich inhaltlich weg von den Hintergründen der Unruhen auf einen besonders üblen Polizisten konzentriert, und das Gerichtsdrama zum Ende nicht fehlen darf.

    Das genügt zwar höchstem Anspruch, könnte aber narrativ einfallsloser und trockener kaum dargestellt sein. Böse Polizisten drangsalieren wehrlose Schwarze - es will sich mir nicht erschließen, weshalb man das, was ohnehin von Anfang an klar und exemplarisch dargestellt ist, in langen Sequenzen weiter und weiter auswalzen muss. Durch derart eindimensionales Holzhammer-Kino wird lediglich erreicht, dass Mitgefühl in das verzweifelte Gefühl zunehmender Langeweile umschlägt, womit sich Bigelow nahtlos an die politisch motivierten, zähen Streifen eines Spielberg anfügt (z.B. 'München' 2005; 'Lincoln' 2012).

    Dennoch ist der Applaus des Zielpublikums sicher, wird hier doch der Finger in eine immer noch klaffende Wunde der amerikanischen Gesellschaft gelegt. Doch was nützt es gerade bei diesem Thema, wenn nur der bereits geneigte Teil des Publikums applaudiert? Bloßer Anspruch für ansprechendes Kino funktioniert nicht nach dem Wortsinn, sondern sorgt eher für den vorprogrammierten Kinoflop.

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      RoboMaus 28.07.2019, 18:14 Geändert 28.07.2019, 19:54

      Das Biopic zur visionären Tänzerin Loïe Fuller, die Ende des 19.Jh. den Ausdruckstanz mit starken visuellen Ideen begründete. Aus diesem Stoff könnte man ein Prequel zu 'Suspiria' stricken.....

      Die erste Hälfte von 'Die Tänzerin' (2016) wird dem visionären, mitreißenden Geist dieser Frau gerecht, überzeugt mit einer bewegenden und in den Auftritten optisch einnehmenden Handlung (7,0). Doch zur Mitte geht ein Riss durch diesen Film - anstatt ihren Werdegang weiter zu verfolgen, drehen sich die Aktionen im Kreis, verlassen von sämtlichem Schwung, der zuvor den Zuschauer erfasste. Teilweise ist das nicht mehr nachvollziehbar, selbst wenn es den Tatsachen entsprechen sollte. Zum Beispiel: zu Erfolg und Geld gekommen, gründet sie ihren eigenen Betrieb mit etwa einem Dutzend Tänzerinnen, vermutlich für choreographierte Auftritte, doch es wird nie einer gezeigt. Sie tritt immer nur alleine auf und zeigt unglaubhafterweise immer dieselbe Nummer, während die Tänzerinnen zur Fassade ihres Betriebes verkommen.
      In ihrer Vita ist davon die Rede, dass sie dem Maler Toulouse-Lautrec und den Lumière-Brüdern als Inspiration diente - nichts davon (4,5 für H2).

      Unter dem Strich bleibt der Eindruck eines ambivalenten Filmes, der sein Potential auf halbem Weg zu einem großartigen Biopic aus unerklärlichen Gründen vollkommen verschenkt.

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        RoboMaus 28.07.2019, 15:36 Geändert 29.07.2019, 06:33

        Handwerklich ist der russische Grusler 'The Bride' (2017) gut gemacht: Setting, Angstmacher-Score, düstere Atmosphäre, Effekte - alles solide und ansehnlich. Auch die schaurige, etwa zehnminütige Einführung muss man als des Genres würdig anerkennen. Da dachte ich noch, dass den Russen ein packendes Horrorwerk gelingen könnte, doch leider kann es sein Niveau nicht halten und sackt kontinuierlich bis zum armseligen Finale in sich zusammen.

        Das größte Problem sind die Vorhersehbarkeit und das lausige Storytelling - nach einer Viertelstunde kann sich ein Achtjähriger bereits ausmalen, worauf das hinausläuft. Von nun an wird nur noch die vorgezeichnete Bahn abgearbeitet und mit manchmal abstrusen, kaum verständlichen Handlungen aufgefüllt, die zunehmend Kopfschütteln auslösen. Im Finale wird es schließlich hanebüchen, womit 'The Bride' den letzten Funken an Originalität abstreift, die der Film mit der starken Einführung an den Tag legt.

        Schade, dass bei den guten technischen Ansätzen nicht mehr herausgekommen ist - wieder ein Film, der allein vom Drehbuch in das Mittelmaß verbannt wird.

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          RoboMaus 28.07.2019, 13:05 Geändert 28.07.2019, 19:33

          Rekordverdächtig: nach nicht einmal zehn Minuten hat die deutsche Abenteuer-Komödie 'Eva über Bord' (2017) bereits die Nervgrenze durchbrochen. In Permanenz überzeichnetes, dämlich-naives Verhalten der Protagonistin mit entsprechendem Geschnatter, um Fremdschämen nach dem Motto zu generieren: "Mann, ist die doof - ich krieg mich nicht mehr ein". Leider ist dies das einzige Humorkonzept und absolut nicht meins - gelungene Gags oder Situationskomik sucht man hier vergeblich.

          Es liegt nicht einmal an Julia Hartmann alias unterbelichtete Chaos-Nerv-Tussie, sondern an der Drehbuchvorlage und den unterirdischen Dialogen. Nur deshalb noch 3 Punkte, weil man löblicherweise nicht auch noch die Fäkalschiene abfährt.

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            RoboMaus 27.07.2019, 19:25 Geändert 28.07.2019, 13:10

            Nachdem der Flughafen-Reiniger Abu Raed eine Kapitänsmütze im Müll findet und aufsetzt, wird er von Kindern in seinem Viertel in Amman für einen echten Flugkapitän gehalten. Sie wollen Geschichten über die Welt da draußen hören, die er ihnen prompt liefert........ Die Kulisse dafür könnte besser kaum gewählt sein: in den Ruinen eines immensen römischen Gebäudekomplexes, dessen Säulenbasen immer noch Ehrfurcht vor einer fremden, einst mächtigen Welt einflößen. Die ausgezeichnete Einführung weicht einem Trip in das Innere der Gesellschaft - der berührenden und stellenweise unter die Haut gehenden Wirkung kann man sich schwerlich entziehen, zumal gegen Ende auch Thriller-Elemente einfließen.

            Mit einfachen technischen und narrativen Mitteln gelingt dem jordanischen Gesellschaftsdrama 'Captain Abu Raed' (2007), was dem oft so schwerfällig überfrachteten und verkrampft ernsthaften deutschen Genreäquivalent versagt bleibt: gleichzeitig einnehmende Faszination und Leichtigkeit auszuüben, dabei doch den Finger in manche Wunde der Gesellschaft zu legen. Im Film und wohl allgemein in Jordanien betrifft das Zwangsverheiratung, Kinderarbeit auf Kosten von Bildung, oder den Teufelskreis häuslicher Gewalt, die Kinder tendenziell zu üblen Typen und später zu Schlägern oder Soziopathen werden lässt.

            Manche mögen diese Themen als halbherzig oder zahnlos dargestellt abtun (obwohl es teilweise auch drastisch zugeht), doch sollte man den Rahmen der Möglicheiten sehen, die ein solcher Film in einem Land wie Jordanien hat. Um Dinge in das Bewusstsein des Zuschauers zu bringen, genügt es im Grunde, sie anzusprechen - auf die richtige Art und Weise hat das einen größeren Effekt als der Holzhammer, der hierzulande so gerne ausgepackt wird. Subtilität ist Trumpf.

            Sehenswert, und für Jordanien gewiss ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch nur ein kleiner.

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              RoboMaus 26.07.2019, 16:42 Geändert 27.07.2019, 06:19

              Über Score, heimeliges Bistro-Setting und Erzählstimme versucht 'Anleitung zum Unglücklichsein' (2012) ein französisches Flair anzubringen, was eine Weile funktioniert und wohl kaum zufällig an 'Die fabelhafte Welt der Amélie' (2001) erinnert. Auch Johanna Wokalek verkörpert eine gewisse Leichtigkeit und könnte mit ihrer charmant-naiven Art tatsächlich aus '...Amélie' entsprungen sein. Dazu gesellt sich Iris Berben als ihre geisterhaft erscheinende Mutter, die schon immer Teil meiner feuchten Träume war und auch hier mit ihren (damals) 62 Jahren einen starken Eindruck hinterlässt.....

              ....gute Voraussetzungen, die sich jedoch alsbald erschöpfen - nach einer halben Stunde stellt man ernüchtert fest, dass dieser Film einen merkwürdig kalt lässt, kaum amüsant ist und zumeist ideenlos vor sich hinplätschert. Spätestens, wenn Wokalek unnötigerweise die Hüllen fallen lässt (da sie angezogen besser aussieht), und allerspätestens, wenn die aufgesetzt wirkenden Dialoge überhand nehmen, wird klar, dass wir einmal mehr in einer deutschen Dramödie sind, die mehr will als sie kann und nicht witzig ist.

              Ein netter Versuch, aber nicht mehr, den eine lasziv-verführerische Iris Berben mit nur wenigen Auftritten gerade noch in das "geht so" rettet.

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                RoboMaus 26.07.2019, 08:41 Geändert 26.07.2019, 15:42

                Die zweieinhalb Stunden-Version eines Filmes, der im Original (1977) eineinhalb Stunden läuft und bereits in dieser Form gewöhnungsbedürftiges Style-over-Substance repräsentiert..... Die Horror-Story um eine verwunschene Tanzschule, die in Wirklichkeit ein Hexenbetrieb ist, hat jedoch Potential, so dass das Remake von 'Suspiria' (2018) einen Blick wert erscheint.

                Um der mutmaßlichen Langatmigkeit den Zahn zu ziehen, zerlegte ich den Film in einen Dreiteiler, jeweils 50 min. Die Entscheidung war Gold wert, denn der Plot ist inhaltlich kaum reicher als Argentos Original, was das Remake noch mehr in die Länge gezogen erscheinen lässt und die Aufmerksamkeit recht zügig erodiert. Durch deren Hochhalten (nach eintägiger Unterbrechung) kommen die Stärken des Remakes besser zum Tragen: außer im Finale verzichtet man auf die Argento-Gimmicks, vor allem die übertrieben puffartige Ausleuchtung und manch anderes Arthouse-Element. Ersetzt wird das erfreulicherweise durch zeitgemäße Horroreinlagen und eine ansprechendere Handlung, die auch Suspense generiert. 'Suspiria' (2018) ist interessant und macht Appetit darauf, zu wissen, wie es weitergeht, während ich mich bei Argento eher fragte, wann es denn endlich aus ist.

                Das dicke Minus, selbst als Dreiteiler: der Plot ist wirklich sehr langatmig, weil er u.a. mit überflüssigen, ausgedehnten Passagen zum Ausdruckstanz-Training und der Theorie dahinter aufgeblasen ist. Das wirkt der andernorts schön aufgebauten Gruselstimmung entgegen und lässt die Spannungskurve immer wieder unnötig absacken. Zudem hätte man das Finale nicht als Argento-Hommage gestalten müssen: abstruse, kaum noch nachvollziehbare und in rot getauchte Aktionen - herrje, das hatten wir doch schon.

                Eine klare Verbesserung, ja, die sich selbst jedoch durch Überambition den gutgemachten Boden wieder abgräbt. Auf das ursprüngliche Format von eineinhalb Stunden gebracht, an den richtigen Stellen abgespeckt und mit einem weniger arthouselastigen Finale, hätte ich diesem Film mindestens 7 Punkte gegeben. So ist der Eindruck leider nur Mittelmaß.

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                  RoboMaus 25.07.2019, 21:40 Geändert 26.07.2019, 09:04

                  Nach einer Dreiviertelstunde hatte ich immer noch keinen Plan, worum es im stark besetzten Drama 'Shadowlands' (1993) gehen soll. Debra Winger wird allmählich mit Starautor Anthony Hopkins bekannt, wobei ihr kleiner Sohn unauffällig nebenher springt. Man wird Zeuge intellektuellen Smalltalks unter Brit-Aristokraten der 50er, welcher im Wesentlichen aus Spitzfindigkeiten im bornierten Brit-Stil besteht. Ansonsten passiert in diesem Film bis dato absolut nichts, was erste Anzeichen einer inneren Unruhe auslöst. Konkret formuliert: wie lange will ich mir dieses inhaltsleere Gequatsche noch anören, zumal der über zwei Stunden läuft?

                  "Das öde Wartezimmer zur Welt": was auch immer Hopkins damit vor der Mitte meinte - er traf recht genau meinen Eindruck dieses Films. Eine de facto nicht-existente Handlung und Dialoge, die eher einer Stilübung in Eloquenz gleichen als Inhalte transportieren, damit aber die Funktion eines ausgetretenen hors d'œuvre übernehmen: es kristallisiert sich nämlich heraus, dass wir nicht in einem Literatur-, sondern in einem Beziehungsdrama sind. Winger und Hopkins sollen zusammenfinden, was natürlich nur über den steinigen Weg endloser, um den heißen Brei schlingernder Dialoge geht, anstatt dass einer etwas in der Art sagt: "Entschuldige die gewiss unangebrachte Direktheit, aber ist es nicht genug des gestelzten Gequatsches, und sollten wir nicht lieber einen in der Kiste durchziehen?" .......und als ich das dachte, standen sie auch schon vor dem Traualter. Sind hier nicht drei Kapitel übersprungen worden?? Diese plötzliche Beschleunigung des Plots lässt Dunkles erahnen: die Ehe wird in Problemen versinken, was auf Debatten und Streitereien hinausläuft, und so kommt es: "Ich dachte, wir wären Freunde" o-oh - und wieder einmal landen wir im Krebsdrama.....

                  Allem Anspruch zum trotz - 'Shadowlands' ist lange nur selbstverliebtes Dialogkino, das aus der Inhaltsleere zum ausgetretenen Emotionsbeschleuniger des Krebsdramas greift, dazu aber nichts als aufgesetzte Mimik und dialoglastigen Herz-Schmerz zu bieten hat.

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                    RoboMaus 25.07.2019, 17:15 Geändert 25.07.2019, 19:35

                    Kein Genre-Fan wird sich bei 'Ouija House' (2018) gruseln, aber man bekommt zu 100 % das, was von solch einer B-Produktion zu erwarten ist. Gutaussehende Mädels, die in ihr Verderben laufen und versuchen, möglichst erschreckt auszusehen: "Da ist eine Schlange hinter dem Klo".... XD

                    Vorhersehbarkeit ist Trumpf: die nichtssagende Einführung zum Anwärmen mit Smalltak der Charaktere dauert genau eine halbe Stunde, als ob man die Uhr danach stellen könnte, dann geht es endlich ans Ouija-Brett. "Ist heute abend ein Geist bei uns zu Gast?", und man bringt im Verlauf sogar eine Neuerung im Genre: eine der Schönheiten hat sich als Gag ein Ouija-Brett auf Bauch und Brust gemalt - o.k., da ist noch ein knallroter Büstenhalter dazwischen, aber ansonsten kommt das Spiel super, vor allem danach ..... und da ist noch die unheimliche Puppe - ab ins Feuer damit zum Ouija-Brett, das dort schon seit geraumer Zeit brennt, aber nicht verbrennen will..... erstaunlich, dass von denen noch alle leben (und da haben wir schon zwei Drittel hinter uns), aber das wird sich hoffentlich ändern....

                    Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: "seine böse, grausige Enerige übertrug sich auf die Bäume, und da sein Haus aus diesem Holz gebaut worden ist....."
                    Der Freund: "....das ist das Haus, oder?" messerscharf gefolgert!

                    Der geneigte Leser ahnt es schon: um das unterhaltsam zu finden, muss es witzig kommen, und/oder man braucht einen Dreifachen, oder besser zwei davon. Mir reicht das, um ausreichend amüsiert zu sein, aber für die Allgemeinheit lässt sich das nicht garantieren ;-)

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                      RoboMaus 25.07.2019, 14:18 Geändert 26.07.2019, 07:42
                      über Gerry

                      Zunächst das Positive an diesem Survival-Drama: in 'Gerry' (2002) wird wenig geredet, also wird man wenigstens nicht mit unnützem Geschwätz zugetextet. Die Landschaft beeindruckt, suggeriert eine natürliche Bedrohlichkeit (darin als Verirrter umzukommen) und bietet einen ansprechenden Rahmen. Doch das ist schon alles - darüber hinaus sieht man Matt Damon und Casey Affleck, wie sie sich im Gelände verirren und sich beim Versuch, ihr Auto zu finden, nur dämlich anstellen. Jemanden, der selbst oft im Gelände unterwegs ist, schmerzt das beim Zusehen (eine Beleidigung der Sinne ist allein schon die Szene, in der Affleck auf dem Felsen steht und sich nicht heruntertraut....... ganze ZEHN Minuten später ist er schließlich unten). Die hin und wieder stattfindenden Unterhaltungen bestehen aus gegenseitigen Schuldzuweisungen und langweiligen Diskussionen darüber, wie man wohl am besten zurückfindet.

                      Vielleicht soll der Film über das Mitleid mit den armen Teufeln wirken, aber er ist so öde, dass das Selbstmitleid aus extremer Langeweile schon vor der Mitte zu groß wird, als dass das fiktive Schicksal von Damon & Affleck noch eine Rolle spielen könnte. Stilistisch versucht man, sich in H2 an Filme wie 'Stalker' (1979) anzulehnen, aber das funktioniert nicht, weil es an Inhalt und Subtext fehlt. Der Unterhaltungs- und Beschäftigungswert geht somit gegen null. Zwei Deppen, die durch die Wüste latschen - mehr hat 'Gerry' bis auf die Landschaft nicht zu bieten.

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                        RoboMaus 25.07.2019, 08:20 Geändert 25.07.2019, 09:14

                        In 'Vaya con dios' (2002) war Daniel Brühl noch ein unbekannter deutscher Nachwuchsschauspieler, dem im Jahr darauf mit 'Good bye, Lenin!' (2003) der Durchbruch gelingen sollte. Als Mönch Arbo einer aussterbenden Klostergemeinschaft verlassen er und zwei weitere Mönche als letzte Verbliebene das heruntergewirtschaftete und verschuldete Kloster. Sie wollen sich zu den Brüdern nach Italien durchschlagen, begegnen auf dem Weg dorthin jedoch den Verlockungen einer ungekannten Welt....

                        In der resultierenden Dramödie ist der Weg das Ziel, auf dem Brühl & Co in so manche Kalamität geraten. Dass der hübsche Jüngling mit seiner naiven, unwissenden Art wie ein Frauenmagnet wirkt, macht es nicht einfacher. 'Vaya con dios' wird damit interessant und schafft es, eine amüsante Grundstimmung zu bilden, aus der ein paar Lacher, aber auch emotional starke Momente kommen. Andererseits gibt es auch Phasen inhaltlichen Leerlaufs, vor allem um die Mitte, in denen der Spannungsbogen deutlich absackt und die Handlung ideenlos vor sich hinplätschert. Insgesamt ist das dennoch eine der besseren deutschen Dramödien, mit einer frühen, starken Leistung von Daniel Brühl.

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                          RoboMaus 24.07.2019, 18:01 Geändert 25.07.2019, 11:08

                          Großartig! Endlich wieder ein Film, der auf mehreren Ebenen und hohem Niveau anspricht: geheult und gejubelt, mitgefiebert und mit in den Weltraum geflogen. 'Hidden Figures' (2016) ist einer dieser Filme, bei denen man schon nach zehn Minuten ahnt: "hoppla, der könnte richtig, richtig gut werden", und er wird es....

                          Angesiedelt in der Anfangszeit der US-Raumfahrt, als man im Sputnik-Schock Anfang der 60er ein Programm aus dem Boden stampfte, um den Abstand im Space Race mit den Russen zu verkürzen. Der Druck war enorm, ebenso die Fehler, die gemacht wurden. Technisch ist das vom Feinsten, immer nachvollziehbar, womit sich die Handlung ernst nehmen und die Anspannung nachfühlen lässt, grandios von Kevin Costner als Programmleiter verkörpert.
                          In dieser Situation spielen drei schwarze Mathematikerinnen eine immer wichtiger werdende Rolle, was in einigen sehr starken Szenen zum Tragen kommt. Dabei werden nicht nur ihr brilliantes Know-How beleuchtet, sondern auch die negativen Auswirkungen der damaligen Rassentrennung in der NASA. Grandios, die Szene, in der Costner die Vernunft siegen lässt. Obwohl die Auseinandersetzung mit Rassismus und Frauenfeindlichkeit hier nur ein Teilaspekt ist, tritt sie doch so stark hervor, dass sie emotional eine stärkere Wirkung entfacht als so mancher Genrefilm.

                          Zumindest für mein Empfinden hat man mit einem niedrigen Screentime-Anteil für das Privatleben der genialen Damenriege das richtige Maß gefunden, um die Charaktere darzustellen und die Dramatik zu unterstützen, aber nicht mit Soap-Inhalten zu verwässern - auch so reicht es für eine Hochzeit...... Denn letztlich geht es hier um nichts weniger, als eines der größten Abenteuer der Neuzeit an den Zuschauer zu bringen: einen Menschen in den Weltraum zu schießen, ihn gesund wieder zurückzuholen und damit absolutes Neuland zu betreten. 'Hidden Figures' ist die späte, aber berechtigte Hommage an die drei Frauen, die einen wesentlichen Anteil daran hatten und darüber hinaus viel für die Gleichberechtigung schwarzer NASA-Angestellter geleistet haben.

                          Ein in allen Belangen herausragendes Drama.

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                            RoboMaus 24.07.2019, 14:24 Geändert 27.07.2019, 06:43

                            Spätestens nach den Ölkrisen von 1973 und (heftiger) 1979 war das Nordseeöl für Europa zum Politikum geworden, und kaum zufällig erschien damals 'Sprengkommando Atlantik' (1980): zwei Bohrinseln werden von Terroristen mit Fernzünderbomben versehen. Die Forderung: 25 Mio. Pfund - ein Schnäppchen gegenüber den Kosten, ganz zu schweigen von der zu erwartenden Umweltkatastrophe bei einer Sprengung. Die fiktive britische Regierungs-Chefin (offensichtlich "Iron Lady" Margaret Thatcher darstellend) will nicht bezahlen......

                            Die Rolle des Terroristen fiel geschickterweise "Psycho" Anthony Perkins zu; die des Gegenspielers vom Einsatzkommando hat "Bond" Roger Moore: die Crème de la Crème für diese ambitionierte Brit-Produktion.

                            Doch obwohl das Thema brisant ist, hat es eher die Funktion eines McGuffins - der Plot läuft im Wesentlichen auf das Verhandeln mit der üblichen Zeitschinderei und dem Versuch des Austricksens seitens der Erpressten hinaus. Damit unterscheidet er sich kaum von Geiselnehmer-Dramen, nur dass es sich überwiegend in einem Schiff abspielt. Zudem gestaltet sich die Auseinandersetzung langwierig und dialoglastig, wobei gute Ideen Mangelware sind und Spannung nur selten aufkommt. Immerhin sitzen wenigstens die humorigen Einlagen.

                            Gerade noch akzeptabel, aber narrativ und dramaturgisch nur Stangenware.

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                              Inzwischen gibt es einige Filme, die das "jeden Tag sterben, um am selben Tag wieder aufzuwachen und es so lange besser zu machen, bis es aufhört"-Konzept umsetzen. Das hat von Haus aus etwas Stereotypes und kann nur funktionieren, wenn es gelingt, die Handlung in der Wiederholungsschleife abwechslungsreich zu gestalten oder den Erkenntnisgewinn zum Ausbrechen aus der Schleife clever zu steigern, so dass sich allmählich wie in einem Puzzle ein interessantes Bild ergibt. Letzteres macht 'Happy Deathday' (2017).

                              Jessica Rothe wird auf dem Heimweg abends von einem Maskierten ermordet und wacht sofort am Morgen desselben Tages wieder auf - der Film funktioniert wie ein Krimi, da sie zunächst herausfinden muss, wer der Mörder ist. Das gestaltet sich anfangs etwas langwierig, wird aber zunehmend interessant und spannend. Auf dem Weg dorthin löst sie noch andere Probleme und überdenkt ihr ignorantes und egoistisches Verhalten, das sie im Rückblick vor sich sieht. Das kommt jedoch arg konstruiert und unglaubwürdig daher, denn solche Menschen ändern ihr Verhalten doch nicht einfach dadurch, dass sie die Resultate ihres Treibens sehen können. Im Gegenteil - die lachen sich noch ins Fäustchen.

                              Unter dem Strich ergibt sich solide, zum Ende hin auch spannende und manchmal witzige Unterhaltung, die man sich wiederholt anschauen kann.

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                                RoboMaus 23.07.2019, 21:11 Geändert 23.07.2019, 21:54

                                "Produziert von Jackie Chan" - rührseliges Geschwurbel wechselt sich mit Action-Geballer ab - eine nennenswerte Handlung hatte ich von vorneherein nicht erwartet, und die gibt es natürlich nicht, aber das ist einfach nur billig und einfallslos. 'Operation Golden Job' (2018) kommt zu plump, um über die Action zu packen, und zu aufgesetzt, um über den Rest Laune zu machen.

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                                  RoboMaus 23.07.2019, 14:05 Geändert 24.07.2019, 08:10

                                  Ein 80s-Classic: 'Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone' (1986) mit der durchgeknallten Bette Middler und einem Danny DeVito in Hochform. Das Trio Zucker-Abrahams-Zucker hat einige starke Komödien abgeliefert, und auch diese ist nicht schlecht, geht für meinen Geschmack aber zu sehr in Richtung Screwball (meistens ein turbulentes, überdrehtes Beziehungskarussel mit wechselnden Fronten). Mehr albern als witzig - daher brachte das kaum Lacher hervor, auch wenn es stark gespielt ist.
                                  Eigentlich eine 5,5 ("geht so"), aber für DeVito gibt es einen Bonus.

                                  Für Fans dieser Art von Komödie mag das großartig kommen, aber nicht alle lachen über dasselbe. Zum Glück ;-)

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                                    RoboMaus 23.07.2019, 09:09 Geändert 23.07.2019, 19:51

                                    Da scheint jemand noch empfindlicher als ich auf Langatmigkeit zu reagieren: "Nette Idee - jedoch in die Länge gezogen, und das mit Längen" (MrB). Made my Day :D
                                    "Es plätschert alles so vor sich hin, ohne wirklich schlecht zu sein." (Tetze89)
                                    Ohne Zweifel hat der Dystopie-Film 'Level 16' (2018) ein Problem: die Handlung ist sehr dünn und dreht sich zu lange im Kreis.

                                    In einer sterilen, überzeugend getroffenen Einrichtung werden Mädchen mit einem rigorosen Regelwerk aufgezogen: Gehorsam, Sauberkeit, Nicht-Hinterfragen stehen an oberster Stelle. Wer dagegen verstößt, kommt in den Keller. Ziel soll die Adoption in eine Nobelfamilie sein - allerdings wären die Mädchen dann schon etwa 16 Jahre alt......

                                    Die Einführung überzeugt sowohl atmosphärisch als auch inhaltlich, indem sie eröffnet, dass man von dem Ort besser verschwinden sollte. Zwei der Mädchen beginnen, das System zu durchschauen und wollen fliehen, aber an der Sicherheit kommt man nicht so leicht vorbei..... es wird spannend. Doch leider fällt der Film nach dem ersten Drittel in seinen anfänglichen Modus zurück und vertieft sehr lange nur die bereits bekannte Situation der Mädchen. Erst zum Ende hin geht es mit der Flucht weiter, aber das ist z.T. so unglaubwürdig dargestellt, dass es sich nur schwer ernstnehmen lässt.

                                    Zwar interessant, einnehmend bedrohlich und stellenweise spannend, aber auch storytechnisch einfallslos und vor allem im letzten Drittel hanebüchen umgesetzt.

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                                      RoboMaus 22.07.2019, 15:51 Geändert 23.07.2019, 08:27

                                      Eine Stunde Einblick in das Thriller-Genre: anerkannte Schauspieler, Regisseure und Vorlagen-Autoren kommen zu Wort, schildern, was aus ihrer Sicht einen starken und erfolgreichen Thriller ausmacht. 'A Night at the Movies: Die fesselnde Welt der Thriller' (2009) gibt interessante Einblicke, kehrt aber auch vieles unter den Teppich. Außerdem ist diese Darstellung zu Hitchcock-lastig, dessen besprochene Film-Auszüge und Aussagen etwa die halbe Doku füllen.

                                      Ich bin kein Hitchcock-Fan und finde seine Werke häufig langatmig und sexistisch, wobei Dialogen und Nebenhandlungen, die überhaupt nichts mit der Thriller-Handlung zu tun haben, ein zu großer Raum gegeben wird: 'Über den Dächern von Nizza' (1955) ist das Extrembeispiel. Auch der von ihm eingeführte McGuffin wird gewürdigt - ich halte das für eine zweifelhafte Errungenschaft. Eine Handlung um ein interessant erscheinendes Objekt vorgaukeln, das letztendlich keine Rolle spielt, nur um darüber dialoglastiges Beharke von Charakteren, Geturtel von alten Säcken mit jungen Frauen oder sonstige Belanglosigkeiten zu inszenieren: eine Blaupause zur Plot-Verwässerung.

                                      Natürlich ist das, wie immer, Geschmackssache - wenn ich gewusst hätte, dass diese Doku im Wesentlichen eine Hitchcock-Huldigung ist, hätte ich sie nicht angeschaut, auch wenn darüber hinaus andere, interessante Aspekte eingebaut sind.

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                                        RoboMaus 22.07.2019, 14:06 Geändert 23.07.2019, 08:37

                                        'Dornröschen erwacht' (2006) lässt ein interessantes Thriller-Drama erhoffen: eine Frau (Nadja Uhl) erwacht nach drei Jahren aus dem Koma, hat aber die Erinnerung an die letzten acht Wochen vor dem Unfall verloren. Nun muss sie feststellen, dass der Ehemann ihr eingebrachtes Haus verkauft hat und mit ihrer früheren Freundin zusammenlebt. Ihre Tochter verhält sich abweisend, weil sich Uhl angeblich umbringen wollte und in Folge des Unfalls ins Koma fiel.....

                                        Doch die Umsetzung gestaltet sich leider wie im deutschen Film befürchtet: lahm und statisch inszeniert, unnötig lange, ausgetretene Gespräche und Streitereien, zäher Handlungsfluss, teilweise hölzernes Acting. Das einzig Positive ist die Story und ihr Aufbau - es wird nie zu viel preisgegeben, obwohl von Anfang an im Raum steht, dass etwas gewaltig nicht stimmt und Uhl womöglich abgezockt wurde. Damit wird eine Grundspannung erzeugt, die den Film alleine zieht, während die oben angesprochenen Attribute dem eher entgegenwirken. Sogar im letzten Drittel, wo sich die Inhalte allmählich verdichten und in ein Finale münden sollten, setzt man auf den lahmen Dialogfilm. Der einzige Grund, dabeizubleiben, ist die Hoffnung auf Aufklärung der Hintergründe und Uhls Triumph über ihre Widersacher. Das Ende enttäuscht jedoch und lässt den Film rückblickend als ärgerliche Zeitvergeudung erscheinen.

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                                          RoboMaus 22.07.2019, 08:17 Geändert 23.07.2019, 10:48

                                          Wer hätte es gedacht: eine deutsche Mystery-Grusel-Krimi-Serie, die von Anfang bis Ende überzeugt...... wobei 'Ebersberg' (2016) nur eine Mini-Serie ist, die insgesamt dreieinviertel Stunden läuft, etwas willkürlich in 8 Folgen und zwei Staffeln aufgeteilt. Es wäre sinnvoller gewesen, diesen durchgängigen Plot als Zweiteiler zu bringen.

                                          Die Handlung dreht sich um einen Ort, wo Anfang der Achtziger eine Frau umgefahren wurde, der Fahrer jedoch flüchtete. Angeblich spukt es dort, wobei das Unfallopfer als "Weisse Frau" ihr Unwesen treiben und die sich dort häufenden Unfälle verursachen soll. Die Polizei tappt im Dunkeln....

                                          Die Umsetzung darf man mit der gelungen unheimlichen Atmosphäre als stilsicher bezeichnen. Auf brachiale, zu direkte Einlagen wird verzichtet - man lässt das Übernatürliche meistens nur angedeutet auf den Zuschauer wirken, dessen Phantasie damit angeregt wird. Manchmal wird es aber auch konkret, wobei diese Szenen genau an den richtigen Stellen gesetzt sind. Auf diese Weise wird gekonnt Spannung erzeugt, doch auch der Humor kommt nicht zu kurz und bringt einige Lacher. Zum Gelingen trägt ebenso bei, dass man auf unnötige Nebenhandlungen und belangloses Geschwätz verzichtet, sowie die beinahe schon serien-obligatorischen Soap-Inhalte meidet. Dadurch entsteht eine stringente Handlung in einem durchgängig interessanten Plot, der keine Minute langweilt.

                                          Typisch: da bringen fähige Leute eine gelungene Produktion zustande; jedoch strahlt man sie nicht im Fernsehen aus, sondern verramscht sie in ein Streaming-Paket. Dort wird sie nur von beharrlichen Genrefans entdeckt, während das Publikum im TV mit billigem Serien-Müll überflutet wird. Genauso verhält es sich übrigens auch mit der ZDF-Mini-Serie 'Familie Braun' (2016), die nie gesendet wurde. Das Trauerspiel der deutschen Film-/Serienlandschaft könnte grotesker kaum sein.......

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                                            RoboMaus 22.07.2019, 07:29 Geändert 22.07.2019, 09:59

                                            'Das beste kommt zum Schluss' (2007) lässt sich in zweierlei Hinsicht auf 'Then Came You' (2018) übertragen: zum einen ist es im Grunde dieselbe Story, zum anderen kommt die beste Idee hier wirklich zum Schluss, welche meine Wertung in der letzten Minute noch von 5,5 auf 6 hievte. Wir sind einmal mehr im Krebsdrama: eine leicht überdrehte Sechzehnjährige ist zum Sterben verurteilt und will ihre 'Bucket List' in die Tat umsetzen. Dazu findet sie einen Jungen in der Selbsthilfegruppe, der jedoch ein Hypochonder ist und nur glaubt, Krebs zu haben - gemeinsam starten sie ihre Aktionen....

                                            Wegen des Alters der Protagonisten und dem Charakter mancher Aktion ist 'Then Came You' teilweise auch ein Coming-of-Age-Film, der in diesem Bereich jedoch zu plakativ daherkommt. Jeder strebt in seinem Umfeld eine Beziehung an, wobei doch klar ist, dass sie längst eine eigene haben, bis zum Ende aber um den heißen Brei herumeiern: RomCom-Inhalte von der Stange, die das eigentliche Thema unnötig verwässern. Beim Zusammenfinden der beiden und der Umsetzung ihrer Bucket List punktet der Film immerhin mit guten Ideen, manchmal berührend, manchmal witzig. Es reicht, um ihn in das obere Mittelmaß zu bringen, jedoch mangelt es an Originalität. Ein mutiger, wirklich bewegender Film sieht anders aus.

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                                              RoboMaus 21.07.2019, 13:05 Geändert 22.07.2019, 09:51

                                              Um eine geschätzte Dashboardnachbarin zu 'Sexy Beast' (2000) zu zitieren: "Es passiert sehr lange eigentlich nichts, außer dass die fünf sich unterhalten und es ein paar Rückblenden gibt." (EudoraFletcher, 8 Punkte). So ist es, und da diese Unterhaltungen auf mich weder prickelnd, noch mit ihrer auf skurril getrimmten Art witzig wirken, kann sich damit kein Unterhaltungswert ergeben. Ein anderer Verehrer dieses Streifens setzt noch einen drauf: "Wie in der Hitze gelangweilt am Pool entlangelatscht ist - einfach superb." Leider will es mir nicht gelingen, in Typen, die gelangweilt herumspazieren, eine cineastische Meisterleistung zu erkennen - ich sollte meine Sehgewohnheiten wohl ernsthaft überdenken, damit ich aus so etwas auch ein Filmerlebnis ziehen kann.

                                              Gewiss, die Metaebene..... "ernsthafte Emotionen" kommen daraus an die Oberfläche. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben werden unterschwellig angesprochen und sammeln sich wie Schaum auf einem spiegelglatten See. Man muss nur wissen, ihn abzuschöpfen. Leider hatte ich meinen Kescher nicht dabei und muss wohl damit zufrieden sein, das Gequatsche beizeiten abgestellt zu haben. Wenn auch kein Film-, so doch ein kleines Erfolgserlebnis. Ach ja: Ben Kingsley pinkelt als Kotzbrocken-Krimineller auf den Teppich - eine lediglich kopierte Idee, die schon zwei Jahre zuvor bei den Coens nicht witzig kam......

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                                                RoboMaus 21.07.2019, 08:36 Geändert 21.07.2019, 18:08

                                                Norman Bates wird nach 22 Jahren aus der Anstalt als "geheilt" entlassen, wieder überzeugend verkörpert von Anthony Perkins. 'Psycho II' (1983) setzt den Hitchcock-Plot nahtlos fort und benutzt dieselbe, gut nachgebaute Location, was für eine passende Atmosphäre sorgt. Die Katz & Maus-Psycho-Story ist clever erdacht und so gut, wie sie für eine Fortsetzung in diesem Rahmen sein kann. Weshalb dann nur 4,5 Punkte (=uninteressant)?

                                                Die Umsetzung gestaltet sich leider extrem langatmig, vor allem in der ersten Hälfte, was der Intention eines solchen Filmes entgegenwirkt: Spannung kommt hier überhaupt nicht auf. Was bequem in zwanzig Minuten zu erzählen wäre, wird auf eine ganze Stunde gestreckt. Auch die bessere zweite Hälfte leidet unter dem durchgängig zähen Handlungsfluss, wobei aber auch unglaubwürdige, hanebüchene Szenen hinzukommen, wie z.B. die (SPOILER), worin Meg Tilly "aus Versehen" mit dem Messer den Polizisten umbringt (SPOILER ENDE).
                                                Das ist von Regie und Schauspiel so übertrieben theatralisch und technisch stümperhaft dargestellt, dass es eher unfreiwillig komisch und damit nicht gerade spannungsfördernd wirkt.

                                                Mir fehlt zugegeben die Geduld für solche zähen Filme, so dass sich die bei anderen Zuschauern erzeugte Suspense-Wirkung nicht einmal im Ansatz einstellen kann. Eine direkte Folge des zu hohen Langweilfaktors: im Endeffekt wird der Film uninteressant, obwohl inhaltlich gelungen.

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                                                  RoboMaus 20.07.2019, 15:04 Geändert 22.07.2019, 19:57

                                                  Diese wahre Story hat etwas von den unbeugsamen Galliern: in einem kleinen Tiroler Ort wurde in der Wirtschaftskrise 1933 eine eigene Währung eingeführt, um die lokale Wirtschaft anzukurbeln. Der Bürgermeister (stark: Karl Marcovics) erkannte die primäre Rolle des Geldes als vertrauensschaffendes Tauschmittel - da das Geld der Notenbank knapp war, druckte er sog. Arbeitsbeschaffungs-Scheine und brachte sie in seinem Ort in Umlauf. Mit einem genialen Kniff von Markierungen sorgte er dafür, dass sie leicht im Wert stiegen, wenn sie ausgegeben wurden. Das verursachte einen nie dagewesenen Wirtschaftsboom, der in einem geschlossenen System durchaus so aufgebaut werden kann, wenn alle mitmachen, die zur Existenz nötigen Leistungen innerhalb erbracht werden und man von der Außenwelt unabhängig ist. Steht es erst, ist eine Integration in das landesweite Währungssystem möglich, was auch gelang. Denn die Erlöse aus erwirtschafteten Überschüssen, sowie Einnahmen des durch den Boom ebenfalls wachsenden Tourismus kamen in der Landeswährung herein. Der Notenbank gefiel das natürlich überhaupt nicht......

                                                  Die grandiose Geschichte ist stärker als ihre Umsetzung auf TV-Niveau, welche leider nur selten etwas von der packenden Stimmung verbreitet, die solch ein Erfolg eigentlich auslösen müsste. Stattdessen bedient man das übliche Familiendrama mit einer verfahrenen Vater-Sohn-Beziehung, die sich auch noch in unglaubhafter Weise zum Ende in Wohlgefallen auflöst. Die unvermeidliche Intriege darf natürlich auch nicht fehlen....

                                                  Schade, dass man auf billige TV-Serien-Dramaturgie zurückgreift und damit gefühlt den halben Film füllt, anstelle sich an der eigentlichen Handlung und deren Auswirkungen zu orientieren, um damit ein am Thema fokussiertes, unverwässertes, mitreißendes Drama zu schaffen. Anscheinend traut man es dem Publikum nicht mehr zu, ohne diesen Soap-Mist auszukommen. Trotzdem ist 'Das Wunder von Wörgl' (2018) allein schon wegen der Story einen Blick wert.

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                                                  • 6 .5
                                                    RoboMaus 20.07.2019, 08:13 Geändert 20.07.2019, 11:12

                                                    Das MP-Bild zum Trailer drückt gut aus, wie es in 'Vanishing Waves' (2012) zugeht: vorgeblich ein SF-Film, in Wirklichkeit jedoch eher Arthouse mit viel nackter Haut und orange-rotem Farbfilter. Überraschenderweise hat der Film sogar eine Story, im Konzept an 'The Cell' (2000) orientiert: ein junger Wissenschaftler vernetzt sich mit einer Frau im Koma, um einen Weg der Kommunikation zu finden. Er betritt eine Welt, die seine Erwartungen übertrifft, ist fasziniert von der Frau, die ihm im Kopf begegnet und sich dennoch absolut real anfühlt: ästhetisch inszenierte Sex-Spiele und skurrile Aktivitäten werden zum Suchtfaktor, doch ihre Welt hat auch düstere Seiten....

                                                    Es ist wohl die Mischung aus interessanter, wenn auch reichlich abstruser Handlung und einer gelungenen Ästhetik, die mich diese zwei Stunden ansprechend unterhalten verbringen ließ. Ich kann aber auch jeden verstehen, der hier die Segel streicht, was sich in manchem Kommentar ausdrückt. Normalerweise würde ich einen Film dieser Machart auch mit zwei Punkten abgestrafen, doch 'Vanishing Waves' gehört zum kleinen Teil von Arthouse-Werken, bei denen das aus Gründen nicht passiert, die mir selbst nicht ganz klar sind. Hier kommt sogar eine Zweitsichtung in Frage, weil in dieser Kopf-Beziehung weitere Aspekte stecken, die sich nicht sofort eröffnen.

                                                    Wer Arthouse-Filmen nicht abgeneigt ist, kann ruhig einen Blick riskieren.

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