RoboMaus - Kommentare
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Alle Kommentare von RoboMaus
Zu Beginn des Milleniums liefen eigenständige Animationstudios wie Pixar und DreamWorks großen Filmanbietern wie Disney den Rang ab, die in alten Strukturen verharrten und die Zeichen der Zeit nicht erkannten. Nur 20th Century Fox erkannte sie und erwarb Blue Sky Studios, die für den Filmgiganten 'Ice Age' (2002) produzierten. Disney zog nach und erwarb 2006 Pixar - wo es an Innovationskraft mangelt, gleichen es Dollars aus......
Doch gelungene Animation ist auch im neuen Jahrtausend nur die technische Voraussetzung für einen erfolgreichen Film in diesem Bereich. 'Ice Age' bietet vor allem eine einnehmende Story über Kameradschaft und Zusammenhalt, mit etlichen witzigen Einlagen und starken Plotideen, wie z.B. das Kabinett der eingefrorenen Evolution im Eistunnel. Die Tiercharaktere besitzen Charme und bauen eine zunehmend berührende Handlung auf, die zum Ende kaum ein Auge der Kinobesucher trocken ließ und diese Wirkung bis heute nicht verloren hat.
Allerdings zeigt die Anfangsphase davon nur wenig und lässt den Nervcharakter Sid in der ersten Viertelstunde beinahe ununterbrochen auf das bemitleidenswerte Mammut los, nach dem Motto des Otto: je mehr es nervt, desto witziger muss es sein. Seine Synchronstimme tut ihr übriges, doch mir geht es bei so etwas als Zuschauer kaum besser als dem Mammut. Der Plot fängt sich zum Glück und spielt seine Qualitäten in dem Maße aus, wie die anderen Charaktere hinzukommen.
Ein solcher Erfolg muss natürlich ein Franchise nach sich ziehen, das aber, wie so oft, nie mehr an die Qualität des Erstlings herankam und zum bisherigen Ende (2016) in langweiliger Einfallslosigkeit versank.
Das waren noch Zeiten, als Marvel-Filme nur wenig über eineinhalb Stunden liefen und etwas zu erzählen hatten, im Gegensatz zu den heutigen seelenlosen CGI-Orgien in Überlänge. 'Fantastic 4' (2005) hat mir schon immer gefallen, auch als Comic. Eine schöne Origin-Story mit sympathischen Charakteren, die mit Chris Evans, Jessica Alba, Ioan Gruffold & Michael Chiklis stark besetzt sind.
Helden, die zunächst keine sind und keine sein wollen, und sich mit ihren Superkräften aus dem Weltraum-Aufenthalt in einer super-energetischen Partikelwolke erst allmählich anfreunden. Ja, die sie sogar wieder loswerden wollen. Daraus entstehen etliche augenzwinkernde, witzige Szenen. In der zweiten Hälfte übertreibt man es für meinen Geschmack mit dem Gehader und den Beziehungsproblemen zwischen den Fantastic 4 und erzeugt ein deutliches Spannungsloch, bevor die Auseinandersetzung mit dem Bösewicht Dr. Doom einsetzt. Die geht jedoch mit auch heute gut anzusehenden Effekten einher, die wohlgesetzt sind und kein Dauerfeuer auf den Zuschauer eröffnen.
Immer noch sehenswerte Popcorn-Unterhaltung, die damals den Gang ins Kino lohnte.
Ein hübsches Sümmchen hätte ich darauf gewettet, dass 'Taken 3' (2015) im Kino floppte. Steht doch auch den vielen Meinungen nach zu vermuten, dass das nur der zweite Aufguss von annähernd derselben Rolle für Liam Neeson ist, und die Story nur alte Kamellen aufkocht. Umso mehr, als der zweite Teil (2012) schon deutlich absackte. Doch weit gefehlt: die 48 Mio.$-Verfilmung von Luc Bessons Drehbuch brachte 328 Mio. an den Kassen, sogar weit mehr als der packende Erstling (2008; 227 Mio.).
Auch inhaltlich ist 'Taken 3' deutlich entfernt: es ist nicht mehr die simple Rache-Story, sondern Neeson wird der Mord an seiner ex-Frau in die Schuhe geschoben, wonach er zunächst vor der Polizei auf der Flucht ist. Kein geringerer als Forest Whitaker ist ihm als charismatischer Ermittler auf den Fersen. Diese Story ist zwar ebenfalls nicht neu, wird aber mit einigen guten Ideen und einfallsreichen Action-Szenen unterhaltsam umgesetzt. Dazu gehört, wie Neeson den guten Whitaker und seine Männer ein ums andere Mal an der Nase herumführt. Manche Szenen sind so gut gemacht, dass auch Spannung entsteht.
Neeson als Aufräumer erscheint erst im letzten Drittel, doch der Leichenberg nimmt sich gegenüber den Vorgängern eher mickrig aus. Im Grunde hat das kaum noch mit 'Taken' zu tun - wäre da nicht der Charakter des Bryan Mills mit Familie, würde man diesen Film nicht mit dem Franchise assoziieren.
Einnehmende, flüssige Unterhaltung mit einem nach wie vor überzeugenden Neeson, und mit Forest Whitaker ein charakterstarker Widersacher als Zugabe. 'Taken 4' darf kommen.....
Arthouse meets Slasher - da braucht ein Film wie 'Suspiria' (1977) auch keine Story, und es reicht eine rudimentäre Handlung. Hauptsache, die Ausleuchtung stimmt, bevorzugt in rot, das zuweilen mit anderen Farbtönen kontrastiert. Für Argento ist das wohl von solcher Wichtigkeit, dass er sogar den Raum der Gepäckabholung im Flughafen so ausleuchtet, dass es wie im Puff aussieht (am Anfang darauf achten). Als ob er sich selbst parodiert - wenn zwischen den Fluggästen ein paar Damen oben ohne aus dem Raum gekommen wären, könnte man so etwas noch als starken Gag auffassen (hey - das wäre doch etwas für eine Argento-Parodie), aber weil er das ernsthaft als Filmkunst verkaufen will, produziert Argento die gleiche unfreiwillige Komik wie manche billigen Genrefilme, nur auf der Arthouse-Schiene.
Ansonsten erlebt man einen Film, der zwar mit Optik, Waberscore und immer wieder eingestreutem *stöhn, röchel* noch eine gelungene Atmosphäre erzeugt (außer natürlich, man ist rot-grünblind), jedoch über viel zu lange Strecken mangels Handlung in langatmiger Ereignislosigkeit dümpelt. Zwischendrin wird ab und zu jemand aufgeschlitzt oder kommt durch eine dunkle Macht zu Tode, was sich jedesmal lang und breit ankündigt. Vom Überraschungsmoment scheint Argento nicht viel zu halten, aber das ist sowieso nicht gerade eine Stärke von Arthousefilmen oder Slashern. Daher ist auch schon bald vorhersehbar, was in der Ballettschule abläuft und wie das ausgeht - das Ende ist allerdings wirklich witzig und das Aushalten wert. Grusel? Also, bitte.....
Immerhin kommen ein paar gute Ideen, wie der Madenregen, aber im Wesentlichen ist das langatmiges Style over Substance, oder konkret: Farbspiele vor Inhalt.
Die Idee ist interessant - in einem Zug im Westernambiente gesellt sich zu einer Auseinandersetzung der Charaktere ein dämonisches Element, das mit den Protagonisten Katz und Maus spielt....
Schon nach der ersten Szene ist klar, dass man sich stilistisch an Tarantino orientiert: optisch und über den Score wird damit sogar eine ansprechende Atmosphäre im Zug erzeugt, worin sich die Protagonisten zunächst beharken. Allerdings endet damit das Positive: die Dialoge und Handlungen sind unter aller Sau - so mies, dass es manchmal schon wieder unfreiwillig komisch wirkt.
Da fragt man sich: Weshalb gibt sich jemand Mühe mit dem Setting und der Optik, worin auch die Effekte nicht schlecht sind, und versaut sich den Film und die starke Grundidee mit solch einem jämmerlichen Drehbuch? Schade - hier wäre mehr drin gewesen als Unterhaltung zum Kopfschütteln.
Ein vorgebliches Gerechtigkeitsdrama über den Nordiren Gerry Conlon, der Mitte der 70er zu unrecht als Terrorist zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, obwohl einen Monat später der echte Bombenleger auftauchte und gestand. Das wurde jedoch vertuscht. Man ließ Conlon und zehn(!) weitere Verurteilte im Gefängnis schmoren.
Diese True Story ist es durchaus wert, verfilmt zu werden, denn sie ist aufrüttelnd und hatte zumindest damals, als 'Im Namen des Vaters' (1993) herauskam, auch noch politische Brisanz. Nur drei Jahre zuvor kam der Skandal ans Licht, Conlon und die anderen kamen frei, aber keiner der Verantwortlichen Briten wurde zur Rechenschaft gezogen.
Doch Jim Sheridans zwei Stunden-Umsetzung bietet nicht das packende Drama. Im ersten Drittel wird lediglich Conlon als Herumtreiber dargestellt, der mit einem Kumpel schließlich in London landet und zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Dann wird eine Stunde lang das Knastleben beleuchtet, worin es vor allem um die Beziehung zu seinem Vater geht, der mit ihm eingesperrt wurde - ein Familiendrama wollte ich eigentlich nicht sehen. Erst die Schlussphase bringt diesen Film endlich in Fahrt und setzt mit der Neuverhandlung wieder relevante Inhalte.
Sheridan stellt vor allem die persönliche Komponente dieses Falls in den Vordergrund und macht daraus eher ein langatmiges Charakter-/Familiendrama. Das mag den vielen hohen Bewertungen nach gut ankommen, streift aber das Thema des IRA-Terrorismus und der Briten-Willkür nur am Rande und läuft auch dramaturgisch auf Sparflamme.
Der reine Fan-Service - wer sich für Coldplay nur am Rande interessiert, als Phänomen, das die Stadien mit weichgespültem Rock-Pop füllt, bleibt hier außen vor.
In aller Ausgiebigkeit werden in 'Coldplay: A Head Full of Dreams' (2018) die Bandmitglieder einzeln und als Kollektiv zu jeder Phase ihres Schaffens beleuchtet, also über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren. Interviews, mehr noch am Tisch mitgeschnittene Besprechungen darüber, was man wohl als nächstes macht, oder wie es mit den Beziehungen steht, oder wie man sich gerade fühlt. Dazwischen Schnipsel ihrer Musik bei Studio-Proben und als Konzertmitschnitte.
Wenig Gehalt - viel Blabla, und das auf eindreiviertel Stunden. Eine halbe Stunde vor Schluss musste es der Vorlauf richten...... Anfangs ist die Rockumentary noch ansprechend, aber das kann sich mit nicht nachlassendem Interesse oder gar Begeisterung wirklich nur anschauen, wer eine innere Verbindung zu der Band fühlt, und dazu gehöre ich nicht.
"Skandalfilm", "der neueste Publikumsschocker" - wenn man schon so auf einen Film aufmerksam machen muss, kann das doch nur wieder ein Lars von Trier-Langweiler sein, der zwischen langatmigem Arthousegeplätscher ein paar abgeschnittene Geschlechtsteile o.ä. platziert. Prädikat: besonders anspruchsvoll....
Dem Anschein nach ist 'The Last King of Scotland' (2006) die Geschichte eines schottischen Jungarztes, der in den 70ern aus humanen Gründen nach Uganda ging und dabei aus Zufall zum Leibarzt von Idi Amin wurde. Doch eher ist es die Geschichte darüber, wie Idi Amin zum paranoiden Diktator und Schlächter seiner Bevölkerung wurde.
Das mag daran liegen, dass Forest Whitaker als Amin eine grandiose Präsenz an den Tag legt und die Aufmerksamkeit an sich reißt, während James McAvoy alias Jungarzt Garrigan zwar auch gut spielt, aber dagegen blass wirkt. Der Plot ist eher als Charakterporträt dieser beiden angelegt, während die Handlung zumeist in der Belanglosigkeit dümpelt: eine Spazierfahrt hier, ein Techtelmechtel dort, dazu ein bisschen Politgeschachere der Briten, während Amin langsam aber sicher abdreht. Ergreifende Inhalte werden hier kaum präsentiert, und spannend ist es bis auf einzelne Szenen auch nicht. Zudem verhält sich Garrigan in einigen Situationen so ungeschickt, um nicht zu sagen: dämlich, dass es überkonstruiert und unglaubwürdigt wirkt (SPOILER): Eine der Frauen von Amin vögeln? So geistig minderbemittelt kann doch keiner sein, der sich in dieser Situation befindet
(SPOILER ENDE)
Obwohl interessant als zweistündige Geschichtslektion, überzeugt der Film storytechnisch und dramaturgisch nicht und läuft eine halbe Stunde zu lang, wird aber mit einer herausragenden Performance von Forest Whitaker aufgewertet.
Bei einer Groteske ist es immer schwierig, die Balance zwischen den satirisch aufgearbeiteten Inhalten, der Abgedrehtheit und dem Unterhaltungsanspruch zu wahren oder überhaupt erst zu finden. In 'HERRliche Zeiten' (2018) ist dadurch vieles nicht eindeutig. Prangert Oskar Roehler mit seinem Werk eine in Teilen neo-faschistoide Einstellung des deutschen Geldadels an oder zelebriert er sie mit dem entsprechenden Vokabular und benutzt das, um lediglich provokant zu wirken? Anders ausgedrückt: will ich so einem Kotzbrocken eindreiviertel Stunden lang zuhören, egal, ob das nun satirisch gemeint sein soll oder nicht?
Grundsätzlich ist die Idee, dass sich jemand freiwillig als unbezahlter Butler beim Geldadel anstellen lässt, nicht schlecht, aber da hätte ich im Sinne einer Gesellschaftssatire mehr Esprit und Witz erwartet. Roehler setzt auf massiv überzeichnete Charaktere, die sich mitunter im Overacting üben. Der "Witz" soll überwiegend aus braun eingefärbten Dialogen und Aktionen kommen, und die Handlung ist zwar grotesk, aber alles andere als clever erdacht. Manchmal wirken die Aktionen forciert, um den Plot in eine bestimmte Richtung zu führen. Bei einer guten Satire könnte man denken, dass sich jemand tatsächlich so verhält, auch wenn es überrissen dargestellt ist. Hier sind kritische Aktionen jedoch eher sinnlos-dämlich (SPOILER): als ob der Reiche seinen bulgarischen Schwarzarbeiter vor versammelter Mannschaft einfach so mit einer Eisenstange erschlägt, nur weil sein Butler ihn dazu anstachelt.....
SPOILER ENDE).
Immerhin kommen im letzten Drittel ein paar gute Ideen, die dem Plot doch noch den derb-unterhaltsamen Anstrich geben, den man schon viel früher erwartet hätte. Damit schwingt sich 'HERRliche Zeiten' gerade noch auf ein "geht so", aber wirklich gelungen satirische Unterhaltung sieht anders aus.
Früher musste man in den Naturdokus Aufnahmen von oben aus geführten Ballons machen, wenn nicht teuer aus dem Flugzeug oder Hubschrauber. Heute gibt es dafür Drohnen, die eine neue Dimension der bewegten Perspektive eröffnen. Nie zuvor habe ich das so effektiv eingesetzt gesehen wie in 'Russland von oben' (2018), natürlich in HD.
Die Weite Russlands und die in der Landschaft verborgenen Muster eröffnen sich erst aus der Vogelperspektive, aber auch die fabulösen Gebäude in den Großstädten. Ein interessanter Trip quer durch das Land von St. Petersburg bis nach Kamtschatka, oder besser: im Zigzag hin und her, vor und zurück, denn die Aufnahmen sind geographisch durcheinandergewürfelt. Man zeigt zwar meistens auf einer Karte, wo man sich gerade befindet, aber wenn stattdessen nur die Angabe "1500 km nördlich" des letzten Punktes kommt, dann "200 km weiter westlich", ist das Vorstellungsvermögen doch etwas überfordert. Ein geordneter Trip grob von West nach Ost wäre besser verfolgbar, übersichtlicher gewesen.
Das schöne, unendliche Russland mit großartigem Tierreichtum, brodelnden Vulkanen und atemberaubenden Landschaften: gerne wäre man noch etwas länger bei manchen der vielen, aber dadurch etwas hektisch abgehandelten Themen verweilt. Doch auch so ist das ein beeindruckender Trip und eine willkommene Abwechslung zum weniger schönen Russland, das man aus den Nachrichten und Beleuchtungen seiner Gesellschaft kennt.
"Zeit für bittere Wahrheiten"
Der deutsche Film kann auch anders - dann gelingen Werke wie 'Das Leben der Anderen' (2006). Nichts von der peinlichen Aufgesetztheit, der biederen Einfallslosigkeit, dem ruhmlosen Ideenklau beim internationalen Film, dem hölzernen Acting, den staksigen Dialogen und dem rohrkrepierenden Humor. Dafür eine clever erdachte, stimmige, wenn auch leicht märchenhafte Story, die sich einem düsteren Kapitel der jüngsten deutschen Geschichte widmet: dem Überwachungsstaat der DDR mit seinem ausführenden Organ "Stasi". Gegen Ende der DDR soll ein Drittel der Bevölkerung damit beschäftigt gewesen sein, die restlichen zwei Drittel systematisch für die Stasi zu bespitzeln. Wenn Deutsche etwas machen, machen sie es gründlich.
Wir sind in den mittleren 80ern - ein von Ulrich Mühe herausragend verkörperter, anscheinend seelenloser Stasi-Hauptmann nimmt einen bis dahin unbescholtenen DDR-Autor ins Visier und hört ihn ab (überzeugend: Sebastian Koch). Die Charaktere sind stark gezeichnet und werden von den Schauspielern gekonnt vertieft. Während der Abhör-Aktion wird Mühe Zeuge von Willkür und Amtsmissbrauch und erkennt, dass der Staat seine Bürger in Verzweiflung, seelische Verwahrlosung und Selbstmord treibt......
Die Story ist so facettenreich wie tragisch und zugleich erhebend, schafft es mit ihrer Umsetzung zu berühren, ohne aufgesetzt oder kitschig zu wirken. Eine Kunst, die anscheinend nur wenige beherrschen. Weil sich die Ereignisse zuspitzen und die ständige Gefahr des Entdecktwerdens über diesem Plot schwebt, wird auch Spannung erzeugt. Das einzige Manko ist die überambitionierte Laufzeit von zweieinviertel Stunden, die mit einigen Längen einher geht, vor allem in der ersten Hälfte. Stringenter erzählt, hätte der Film seine Wirkung mit verdichteten Inhalten intensivieren können. Aber man kann auch nicht erwarten, dass im deutschen Film alle Übel gleichzeitig abgelegt werden.
Es reichte auch so für den Oscar zum besten fremdsprachigen Film, und das völlig zurecht.
Zu genau darf man in der zweiten Fortsetzung 'Resident Evil: Extinction' (2007) nicht hinsehen - hier ergibt so gut wie nichts mehr einen Sinn. Die Story ist inzwischen bei der post-Apokalypse angekommen: Zombies haben den Planeten übernommen und können 20 Jahre ohne Nahrung durch die Gegend laufen, wie man erfährt - einige von denen in einer Tretmühle würden den Strom für ein ganzes Haus liefern, und das wartungsfrei. Vielleicht sollten wir Zombies züchten, anstatt die Landschaft mit Windrädern zuzustellen? *Ironie off*
Die Handlung in zwei Strängen beleuchtet zum einen das öde post-apokalyptische Leben einer Gruppe Überlebender, denen sich die geflüchtete Milla etwa zur Mitte anschließt; zum anderen zeigt sie die bösen Jungs im Hive, die weiterhin an einer geklonten Super-Milla basteln, wozu auch immer. Spannung? Fehlanzeige.
Immerhin ist das Setting gelungen, vor allem im post-apokalyptischen Las Vegas. Der Plot lebt von einzelnen Situationen, in denen sich Milla gegen Zombie-Hunde und Zombies zur Wehr setzt, oder worin sie ihre wachsenden, mentalen Superkräfte einsetzt. Dadurch entsteht noch ein unterhaltsamer Eindruck, aber mehr als Stückwerk ist das kaum.
Kurz gesagt: 'Exiled' (2006) ist eine dieser asiatischen Gangsterballaden, die nur von der starken Atmosphäre und vom gegenseitigen Belauern der Mafia-Killer lebt, wobei es schwierig wird, manche Gesichter auseinander zu halten. Dazu kommt dieser typisch asiatische Kasperle-Humor, der sich aber zum Glück in Grenzen hält.
Streckenweise erinnert das an Jarmusch, auch vom Score her: kaum Handlung, langatmiger Vortragsstil, und man blickt stellenweise nicht, warum etwas geschieht. Zwischendurch wird ordentlich geballert..... so etwas wie Neo-Noir auf Asiatisch. Irritierend ist das viel zu helle Filmblut, das aussieht wie die früher verwendete Farbe in den 70ern. So billig?
Der Film fängt mit dem gegenseitigen Belauern seiner Protagonisten stark an, was als Einführung passend wäre. Doch es geht de facto so bis zum Ende weiter: für meinen Geschmack ist das inhaltlich viel zu dünn und in der Erzählform zu zäh, um unterhalten zu können.
Peter Jackson auf dem Kino-Olymp. Nachdem er mit der 'Herr der Ringe-Trilogie' (2001-2003) aus einem Produktionbudget von insgesamt 281 Mio.$ sagenhafte 2,9 Mrd. an den Kassen holte, gab man ihm bedenkenlos ein ähnliches Budget für nur einen Film: King Kong (2005), wobei die Angaben von 207-273 Mio. schwanken. Häufig hält man sich bei den Kosten bedeckt, wenn es an der Kasse nicht so gut läuft: mit "nur" 550 Mio. blieb 'King Kong' deutlich hinter den Erwartungen zurück und dürfte einen Verlust in Höhe der Marketingkosten eingefahren haben, die zu einem Blockbuster dieser Kategorie damals bei etwa 100 Mio. lagen.
Auch die MP-Community zeigt sich wenig begeistert: nur 6,6 für diese epische drei Stunden-Verfilmung des Horror-Abenteuer-Klassikers? Dabei legte Jackson sein Herzblut in diesen Film und schaffte ein absorbierendes Leinwandspektakel, das neue Maßstäbe setzte und in den technischen Kategorien drei Oscars holte. Auch gelang ihm eine einnehmende und zuweilen witzige Anfangsphase bis zum Erreichen von Skull Island. Jack Black, Adrien Brody und Naomi Watts harmonieren wunderbar in der 1930er-Atmosphäre New Yorks und auf dem Schiff während der Überfahrt. Vor allem Black überzeugt als skrupelloser Filmemacher. Ein starkes Hors d'Oeuvre für das Hauptgericht: die Begegnung mit Kong auf der Insel.
In dieser Phase sind die Kritiken durchaus nachvollziehbar. Jackson bemüht sich um möglichst spektakuläre Urwelt-Tierauftritte mit ausgiebigen Dino-Verfolgungen und verwendet viel Screentime darauf, wobei das meiste in einer Schlucht passiert. Das geht jedoch mit der Zeit etwas in Richtung CGI-Overkill und lässt die Spannungskurve wegen zu häufiger Wiederholung solcher Szenen und der Location absacken. Hier wäre weniger mehr gewesen, z.B. Suspense-Horror anstelle von Brute Force-Monstereinsatz. Vor allem im letzten Drittel fällt zudem auf, dass die Hintergrund-CGI in einigen Szenen sehr nach Computer-Modellbausatz aussieht, als ob das Budget knapp geworden wäre.
Doch das ist Jammern auf hohem Niveau: Jacksons Werk bietet packendes Abenteuer-Action-Kino, das selbst drei Stunden wie im Flug vergehen lässt. Nahezu perfekte Popcorn-Unterhaltung, die jedoch für einen guten Teil des Publikums zu Greenscreen- und CGI-lastig daherkommt.
Eines muss man ihm lassen: 'Butch Cassidy und Sundance Kid' (1969) bricht tatsächlich mit den Traditionen des US-Westerns der 50er und 60er Jahre, der schon lange in einer Sackgasse steckte. Immer mehr oder weniger dieselbe Story, natürlich todernst, und am Ende retten John Wayne & Co den Tag - ich kann diese traditionellen Western nicht mehr sehen.
Diesen Bruch vollzog auch der Italo-Western mit großem Erfolg, doch anders ist nicht immer gleich besser. Hier finde ich es durchwachsen - der Film ist aus heutiger Sicht ein Crossover aus Western-Parodie und Buddy-Movie, worin natürlich nichts ernst gemeint ist. Die Buddies Paul Newman und Robert Redford bilden ein Gauner-Duo, das Züge und Banken mit lockeren, zynischen Sprüchen überfällt. Im ersten Drittel ist das durchweg amüsant, und parodistisch mit einigen starken Plotideen gelungen (z.B. der Fahrradverkäufer). Dafür 8,0.
Doch damit scheint man das Pulver an guten Ideen bereits verschossen zu haben. Das Mitteldrittel besteht fast nur aus einer öden Verfolgung, wobei Newman & Redford sich in die Prärie flüchten und ein kleiner Trupp immer im selben Abstand folgt. Mehr passsiert nicht - der parodistische Aspekt kommt völlig abhanden, während man versucht, ausschließlich vom Buddy-Auftritt der beiden zu leben. Der ist jedoch eher von albernen Dialogen begleitet, während die Handlung in die inhaltliche Ödnis driftet. Dafür 4,5.
Erst im letzten Drittel besinnt man sich wieder der anfänglichen Qualitäten, wenn auch das Niveau nur noch phasenweise erreicht wird. Das Ende muss man jedoch als einfallslos bezeichnen - keine Finte, kein doppelter Boden, keine parodistische Idee, völlig witzlos. Wollte man damit doch wieder an die Stereotypie der traditionellen Western anknüpfen? Dafür 6,5.
Damals machte dieser Film sicher Eindruck, weil er etwas neuartig Unterhaltsames im Genre brachte, was mit einem grandiosen Kassenerfolg einher ging (6 Mio.$ Kosten, 102 Mio.$ eingespielt, und dies Ende der 60er!). Der Mut zu Neuem wurde verdient belohnt, doch wirklich überzeugend ist das nur zur Hälfte.
Die Anarcho-Gallier mischen das Colosseum auf XD
Die Comic-Vorlagen erreicht die Zeichentrick-Verfilmung 'Asterix - Sieg über Cäsar' (1985) nicht, aber allein schon durch die inhaltliche Qualität der beiden hier verarbeiteten Asterix-Bände kann nicht viel schief gehen.
Man bekommt allerdings den Eindruck, dass das vor allem in der ersten Hälfte etwas schlampig gezeichnet ist, und auch dramaturgisch nicht gut für die Leinwand aufbereitet. Doch der Film steigert sich kontinuierlich und wetzt seine Scharte in H2 wieder aus. Allerdings ist die Musik fürchterlich bieder und einfallslos, so dass es doch nicht ganz für 7 Punkte reicht.
Alain Delon hatte seinen Durchbruch als "talentierter Mr. Ripley" im französischen Original 'Plein Soleil' (1960). Die Story des mordenden Hochstaplers ist sehr gut und wird auch im Original ansprechend umgesetzt. Im Gegensatz zum amerikanischen Remake mit Matt Damon (1999) hat der Plot jedoch keine Einführung um die Situation mit dem reichen Vater des Playboys, der Tom Ripley anheuert, um den nichtsnutzigen, geldverprassenden Sohn vom Mittelmeer-Jet-Set in die USA zurück zu holen. Man erfährt das quasi on the run, während die Beziehung des mittellosen Ripley zur Welt der Reichen dargestellt wird. Das Leben in Saus und Braus weckt Begehrlichkeiten.....
Delon tritt sehr stark auf und bringt die Spannung des Psycho-Spiels eindringlich an den Zuschauer: zunächst in der Auseinandersetzung mit dem Reichensohn, der merkt, was Delon im Sinn hat, es aber nur für ein Gedankenspiel hält. Danach in seinen Bemühungen und Vorkehrungen, nicht als Hochstapler aufzufliegen, wobei sich die Situation mehrmals so zuspitzt, dass es brenzlig für ihn wird, wodurch wiederum Spannung entsteht.
Es ist die Kombination aus einer starken Story und starkem Schauspiel, die diesen Film trotz seines hohen Alters und trotz phasenweise schleppender Inszenierung auch für heutige Sehgewohnheiten interessant und spannend hält. Wenn man bedenkt, dass in dieser Zeit aus Europa hauptsächlich Edgar Wallace-Krimis und dergleichen kamen, dürfte 'Plein Soleil' zusammen mit 'Psycho' (1960) das Genre-Highlight aus dem Jahr sein.
'Charged: The Eduardo Garcia Story' (2017) ist die Doku zu einem Mann, der einen Hochspannungs-Stromschlag mit hoher Stromstärke überlebte. Wie der zustande kam, wird allerdings nur ungenügend erklärt: ein rostiges Fass mitten im Wald, worin ein toter Bär liegt, wird als vernachlässigte 'electrical junction box' bezeichnet(??). Was auch immer: er langte hinein - und zapp.
Die Strom-Austrittswunden an Kopf, Arm, Brustkorb und Oberschenkel entstanden mit solcher Wucht, dass es ihm das Fleisch bis auf den Knochen und eine Hand wegriss. So ging er tatsächlich noch aus dem Wald und wurde aufgegriffen. Der interessanteste Teil ist anfangs die Dokumentation seines Zustandes im Krankenhaus. Danach wird vor allem seine Lebens-/Familiengeschichte erzählt und der Heilungsprozess begleitet.
Will ich mir die detaillierte Geschichte von einem beliebigen Typ ansehen, der zufällig einen harten Stromschlag überstanden hat? Ganz klar: nein, und so wird diese Doku schnell uninteressant. Doch für das erste Viertel lohnt es sich, wenn man erfahren will, was ein Mensch überleben kann.
Ein Old School Heist-Movie mit prominenter Darstellerriege. Doch auch Hackman, de Vito & Rockwell konnten den Kassenflop nicht verhindern - vielleicht zu Old School, selbst für ein Publikum vor 17 Jahren?
In der Tat erinnert hier einiges an das 70er-Kino, als Hackman seine erfolgreichste Zeit hatte. Da sind die stereotypen, ausgiebigst beleuchteten Charaktere, wobei Rockwell sich als Jungspung zwischen den erfahrenen Haudegen natürlich dezidiert dämlich verhalten muss. Die Aktionen werden lang und breit vorbereitet, und danach lang und breit in Szene gesetzt, wobei die Handlung nur Genre-Standard ist. Sie hat zwar ein paar gute Ideen, steht aber im Hintergrund nach den Auseinandersetzungen der Charaktere und den z.T. hektisch geführten Dialogen.
Filme dieser Machart können einfach nicht genug Spannung aufbauen, um den weniger geneigten Zuschauer an den Bildschirm zu fesseln. Zu sehr liegt der Fokus auf den Charakteren und Dialogen, und nicht umsonst taucht 'Heist' (2001) in Listen wie "Neo-Noir: The Gloomy World of Modern Noir" auf. Von daher mag das für (Neo-)Noir-Fans oder solche von 70er-Thrillern interessant sein, aber für ein breiteres nach-2000-Publikum ist das inhaltlich zu mager, zu langatmig und zu dialoglastig.
'Lieber leben' (2016) punktet mit seiner Botschaft, die Hoffnung nie aufzugeben, auch wenn das Schicksal einen hart trifft und in den Rollstuhl oder die dauerhafte körperliche Behinderung schickt. Es beginnt stark mit einem Patienten, dessen Eindrücke direkt nach dem Aufwachen (nach schwerem Unfall) visuell aus seiner Perspektive wiedergegeben werden.
Doch der Plot ist danach fast nur darauf gerichtet, Smalltalk zwischen den sich anfreundenden Reha-Patienten zu inszenieren, sowie Beziehungen zu konstruieren, während ihre körperliche Verfasssung sich allmählich bessert. Mehr passiert nicht, und eine Story entwickelt sich auch nicht.
Bei der Auseinandersetzung der Charaktere darf natürlich auch eine Art Liebesbeziehung nicht fehlen, die aber nicht zustande kommt, weil der Typ meint, es würde (körperlich) sowieso nicht funktionieren. So etwas bescheuert Konstruiertes. Erstens zielt die Reha darauf ab, dass die Betroffenen hinterher wieder gehen können, und zweitens: wo liegt das Problem, sich auch im Rollstuhl in den Arm zu nehmen, wenn einem danach ist? Aber Hauptsache, man hat in bester Soap-Manier ein Beziehungsproblem eingebaut.....
Über die Dialoge und Beziehungen, von denen 'Lieber leben' zu leben versucht, ist der Film uninteressant und wirkt daher langatmig, doch mit einem Bonus für seine Grundaussage reicht es noch für ein "geht so".
Es ist wieder einmal Endzeit: das überschuldete Frankreich wird von Großkonzernen aufgekauft, die eine düstere Regierungsform ausüben und den Verfall der Gesellschaft ins Barbarische fördern. Doping und Käfig-Boxkämpfe sind offizialisiert, werden landesweit ausgestrahlt, und Tötungen im Ring gelten als Trophäe.....
In diesem Setting wird ein Mann zum Spielball der Mächtigen, weil er ein neuartiges Doping verträgt, das ihn allen anderen Kämpfern überlegen macht. Nebenher gibt es noch etwas Familiendrama und die Story um eine Untergrundbewegung, die gegen Polizeistaat und Willkür antritt, doch es bleibt alles im oberflächlichen Bereich.
'Ares' (2016) ist eine typische Direct-to DVD-Produktion: ordentlich gemacht, aber nichts Besonderes, schon gar kein Blockbuster. Man bewegt sich mit der Handlung um die angerissenen Themen nur im Genreüblichen, bringt kaum gute Plotideen, setzt aber das Ganze flüssig und interessant genug um, damit es für den Eindruck solider Unterhaltung mit einiger Härte bei den Fights reicht. Dass hier kein weiterer Anspruch besteht, ergibt sich auch aus der kurzen Laufzeit von 77 min.
Trotz allem: unterhaltsamer als gedacht.
Robert Redford, der Pferdemagier - eine schöne Story, die weniger von der Therapie eines traumatisierten Pferdes handelt, sondern eher von der unbeabsichtigten Selbstfindung oder Selbstheilung abseits des Großstadt-Alltagstrotts. In dieser Rolle überzeugen Kristin Scott-Thomas und ihre widerspenstige Teen-Tochter Scarlett Johansson, die Redford in der tiefsten Provinz mit ihrem verstörten Pferd aufsuchen. In 'Der Pferdeflüsterer' (1998) ist die Prominenz mit Sam Neill und Chris Cooper sogar bis in die Nebenrollen vertreten.
Redford, der auch Regie führt, schafft mit einer einnehmenden Natur-Atmosphäre genau den richtigen Rahmen für einige bewegende Momente in seinem Film, die von der Auseinandersetzung mit dem Pferd kommen, aber auch im Auskommen bzw. Zusammenfinden der Protagonisten liegen.
Leider nimmt er sich durch eine langatmige Erzählweise und dem daraus resultierenden zähen Fluss selbst den Wind aus den Segeln. Das große Epos wird über die Handlung nicht geboten, eher schon lange Unterhaltungen über Schicksal und Beziehungen, teilweise vor beeindruckender Naturkulisse, mit denen sich der Plot vor allem in H2 auf über zweieinhalb Stunden dehnt. Wer das willkommen heißt, z.B. eine ausgiebige Beleuchtung der Mutter-Tochter-Beziehung, mag hier ins Schmachten geraten, doch weniger edelkitsch-orientierte Filmfans sehen darin eher den größten Schwachpunkt, der den Spannungsbogen wiederholt kollabieren lässt.
Trotz der überflüssigen Längen, ein interessantes und stellenweise berührendes Drama von Redford, das nach dem zweiten Mal allerdings kaum mehr zur Wiederauflage kommen wird.
1991 brach in den Medien der Hype zu einem Jahrhundertfund in der europäischen Archäologie aus: eine etwa 5200 Jahre alte Mumie steckte im Eis auf dem Gebirgskamm der Alpen. Das Frappierende: Kleidung und Ausrüstung waren beinahe komplett erhalten - ein einzigartiger Blick in die ferne Vergangenheit unserer Zivilisation. Ötzi, wie die Mumie fortan genannt wurde, faszinierte mich, und so verschlang ich Bücher und wissenschaftliche Artikel zu seiner Erforschung. Natürlich stattete ich ihm auch einen Besuch in seinem Museum in Bozen ab und blickte ihm direkt in die Augenhöhlen. Das hat schon etwas Magisches.
'Der Mann aus dem Eis' (2017) nahm sich des Themas an und startet interessant. Ähnlich wie in Mel Gibsons 'Apocalypto' (2006) lässt man die kupferzeitlichen Bewohner der Gegend in einer eigenen Sprache sprechen, und auch die allgegenwärtige Gewalt und Bedrohung in dieser Gesellschaft wird gut dargestellt. Ötzi hat eine Pfeilspitze im Rücken stecken - es ist wohl kein Zufall, dass die einzige Mumie aus dieser Zeit gleich mit so einem Befund aufwartet. Auch seine Kleidung und Ausrüstung im Film wirken den Funden nach authentisch.
Doch damit erschöpft sich das Positive. Man baut darauf lediglich ein simples Rachedrama auf und lässt Ötzi nach der Zerstörung seines Dorfes durch die Alpentäler und den Schnee stapfen, wobei er ab und zu einen erwischt. Das ist an Einfallslosigkeit kaum noch zu überbieten und zieht sich in Langamtigkeit. Dazu kommen hanebüchene, überkonstruierte Szenen, die kaum einen Sinn ergeben (SPOILER): Der Feind stürzt ohne Not, einfach so in die Schlucht? Am Ende taucht in der unwirtlichsten Einöde im Schneesturm plötzlich einer auf, der im ganzen Film noch nicht zu sehen war und jagt Ötzi den Pfeil in den Rücken?
(SPOILER ENDE)
Dabei wurde so viel über Ötzi und seine Gesellschaft herausgefunden, dass allein damit ein ausgezeichnetes Drama gezeichnet werden könnte. Z.B. legt die hohe Arsen-Konzentration in seinen Haaren nahe, dass er mit Kupferverhüttung zu tun hatte. Kupfer ist das erste Metall, das die Menschen aus Stein zu schmelzen vermochten und hatte damals extremen Wert - Ötzis Beil hat eine Kupferklinge, ein Statussymbol, das nahelegt, dass er der unangefochtene Chef war. Vermutlich explorierte er seine Umgebung auf Kupferadern, deren leuchtend grünes Gestein an der Oberfläche kaum zu übersehen ist, und kannte das Geheimnis, die Erzbrocken in einem primitiven Ofen zu verhütteten. Kupfer war ein lohnendes Ziel für neidische und aggressive Nachbarn........ Zudem hat er an einigen Körperstellen Tätowierungen, die möglicherweise eine magische Bedeutung besaßen, oder evtl. zu Heilzwecken angebracht wurden.
Nichts davon ist im Film zu sehen - nur eine Gesellschaft primitiver Wilder. Drehbuch und Regie sind mit Felix Randau fest in deutscher Hand - da überrascht es nicht, dass die Einfallslosigkeit quasi vorprogrammiert ist. Es wird ein bisschen von 'Apocalypto' abgeschaut, mehr von 'The Revenant' (2015), und das zu einer billigen Handlung zusammengestöpselt, ohne auch nur im entferntesten an diese Vorbilder heranzukommen. Das nicht enden wollende Trauerspiel der deutschen Filmlandschaft.
Schach verband ich bis in die 2000er vor allem mit russischen Weltmeistern wie Gary Kasparov, oder vor ihm Anatoly Karpov. Die Russen schienen unbesiegbar und ein Abonnement auf diesen Titel zu haben. Aus den Nachrichten zu den großen Sportevents war Schach verschwunden, vielleicht auch, weil Schach-Computer schon seit über 20 Jahren stärker spielen als die Weltmeister. Tatsächlich wurde die russische Ära 2007 vom Inder V. Anand beendet, der fünfmal Weltmeister war. Er wurde 2013 vom norwegischen Wunderkind Magnus Carlsen abgelöst, der heute noch Weltmeister ist und dem die Doku 'Magnus' (2016) gewidmet ist.
Es ist die spannende Story eines Jahrhundertalentes mit enormen geistigen Fähigkeiten. Im Alter von 13 Jahren (2004) schlug er bereits Gary Kasparov, als der noch Weltmeister war. In einer späteren Szene spielt er blind auf einem Stuhl sitzend gegen zehn renommierte Spieler gleichzeitig und gewinnt alle Partien. Welch ungeheure Gedächtnisleistung.
Wenn Magnus sich gut fühlte, war er schon als Teenager praktisch unbesiegbar. Doch das Hauptproblem ist in diesen Sphären nicht die Spielstärke, sondern die Nervosität und die Fähigkeit, sich selbst im Griff zu haben. Das Schachgenie Bobby Fischer scheiterte daran, und auch Magnus hatte damit Probleme, was gut herauskommt. Doch er stabilisierte sich genügend und schlug den Weltmeister 2013 in seiner indischen Heimatstadt. Anand war chancenlos und konnte nicht eine Partie gewinnen.
Für Schachfans kommt hier natürlich kaum Neues, doch wer sich für Schach eher am Rande interessiert, wird mit dieser informativen, unterhaltsamen und irgendwie auch erhebenden Doku bestens bedient.