smartbo - Kommentare

Alle Kommentare von smartbo

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    smartbo 30.07.2021, 17:04 Geändert 01.08.2021, 10:08

    Überraschenderweise findet man bei Netflix in der Flut von grottenschlechten und peinlichen Billig-Serien und Filmen, die derzeit dort, im TV sowie auch auf anderen Plattformen zu sehen sind und offenbar lediglich die politisch „korrekte“ Gesinnung bedienen sollen, doch noch eine solch gute und anspruchsvolle Film-Perle. Es wird jedoch immer weniger, deshalb ist es mir einer expliziten Erwähnung wert.

    Wenn man den Filmtitel liest, ist man geneigt zu meinen, es ist ein Kriminalfilm, der die Lebensgeschichte eines Mörders erzählt. Aber weit gefehlt. Es ist ein Film in dem die dramaturgischen Akzentuierungen, die Charakterausarbeitung und der Kampf zwischen Gut und Böse im Vordergrund stehen. Es ist ein Drama, wie es im Buche steht. Geschildert wird die Geschichte aus der Sicht eines bitterarmen Landarbeiters, der darunter leidet, dass er von den Mitmenschen diskriminiert, ausgebeutet, erniedrigt und ausgegrenzt wird. Es ist also auch eine gesellschaftskritische Studie und eine Reise in die Gedankenwelt eines von der Umwelt ausgestoßenen Menschen.

    Die Geschichte spielt in den 1930er Jahren in Schweden. Sven ist ein junger Mann, der sein ganzes Leben lang unter seiner Behinderung leidet. Da er leicht reizbar ist und an der Lippe eine Hasenscharte hat, fällt es ihm schwer, sich verständlich auszudrücken. Das führt dazu, dass er von der Außenwelt wie ein Idiot behandelt wird. Svens Gedanken im Film werden jedoch durch eine normale Stimme aus dem Off ausgedrückt, die hilft, sich der Figur zu nähern und zu erkennen, dass er nicht dumm ist, wie die meisten Leute denken. Als seine Mutter stirbt, muss Sven in der Fabrik des reichen und bösartigen Fabrikanten Höglund arbeiten. Dort wird er von ihm wie ein Tier behandelt. Er arbeitet ohne Entlohnung und schläft im Stall. Als er flieht, um bei einer Familie zu leben, die ihn freundlich und menschlich behandelt und er sich in deren an den Rollstuhl gefesselte Tochter verliebt, tut der Fabrikant alles, um ihm das Leben zu ruinieren. Von da an nehmen die tragischen Ereignisse ihren Lauf.

    Das Besondere an dem Film ist, dass alles aus der Perspektive von Sven gesehen wird. Das hat zufolge, dass man als Zuschauer Verständnis dafür aufbringt, was ihn letztendlich dazu getrieben hat, sich zu rächen. Sven besitzt ein einziges Buch, eine Bibel, die er immer wieder liest, um der Realität zu entfliehen. Inspiriert von den biblischen Geschichten sieht Sven Offenbarungen und Engel. Er fühlt sich von Gott als den Verfechter des Guten auserwählt. Die mystischen Effekte und die Szenen mit den drei Engeln wissen im Film wahrlich zu gefallen. Untermalt wird die orphische Atmosphäre der mystisch angehauchten Sequenzen durch die düstere Musik aus „Requiem“ (katholische Trauermesse) von Giuseppe Verdi. Mit ihren kräftigen Farben und delphischen Kulissen erinnern diese Szenen somit ein wenig an ein religiöses Gemälde aus dem Mittelalter. In einer Szene brennt eine Scheune, und als die Kamera in den dunklen Himmel schwenkt, glaubt man als Zuschauer dort das spöttische Gesicht des Brandstifters zu erkennen. Die Spezialeffekte funktionieren immer noch gut, obwohl der Film fast schon 40 Jahre alt ist.

    Die Schauspieler sind hervorragend, insbesondere Stellan Skarsgard in der Hauptrolle. Aber auch der Regisseur des Films, Hasse Alfredson, trägt sowohl als Verantwortlicher für die Inszenierung und auch als böser Fabrikant Höglund entscheidend zu der guten Filmqualität bei.

    Fazit: Der Film wird wohl nicht jedermanns Geschmack treffen. Spannung, fesselnde Momente, überraschende Twists oder Action wird man hier nicht finden. Und dass es ein Arthouse-Film ist, meine ich keineswegs negativ, gibt es doch in dieser Sparte zahlreiche Filme, die -wie dieser hier - wirklich zu gefallen wissen. Für Zuschauer, die sich zur Abwechslung von der Massenware „Mainstreamproduktionen“ mal einen Ausflug in dieses Genre gönnen und einen besonderen Film anschauen möchten, ist der Film einer Empfehlung als sehenswert wert.

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    • smartbo 26.07.2021, 10:32 Geändert 26.07.2021, 10:43

      Die Szenen im Trailer sehen schon mal super aus. Der Score ist top. Aber Trailer und Vorankündigungen reichen nicht aus. Es wird Zeit, dass es bald wieder losgeht. 😊

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        smartbo 23.07.2021, 16:34 Geändert 23.07.2021, 21:38

        Nach langer Zeit des Hinausschiebens habe ich mir den Film angeschaut. Und ich habe es nicht bereut. Die anfangs vorhandene Skepsis verflog mit der Spieldauer allmählich und am Ende war ich angenehm überrascht. Kurz und bündig: ich habe einen guten Film gesehen. Warum, das schildere ich in meinem nachfolgenden Kommentar.

        Wir sind im Jahr 2045 in Columbia, Ohio. Das Waisenkind Wade Watts, gespielt von Tye Sheridan, lebt mit seiner Tante Elise in „The Stacks“, einem aus gestapelten Containern bestehenden Wohnpark in einer dystopischen Welt. Um seinen Sorgen und dem Alltag zu entfliehen, verliert er sich täglich in der virtuellen Spielumgebung OASIS, entworfen vom Computergenie James Halliday. Er trifft dort auf zahlreiche andere Mitspieler, denn OASIS ist ein sogenanntes MMORPG: ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game. Jeder nimmt seinen eigenen „Avatar“, d.h. eine künstliche Grafikfigur, mit, um in der virtuellen Welt nach der ultimativen Belohnung, dem Easter Egg, zu suchen. Wades Avatar ist Parzival, der in der Legende über König Artus nach dem Heiligen Gral gesucht hat.

        „Ready Player One“ basiert auf Ernest Clines gleichnamigem Science-Fiction-Roman aus dem Jahr 2011 und steckt voller Bezüge zur westlichen Pop-, Film- und Spielkultur der 80er Jahre. Es ist deshalb von Vorteil, wenn man sich darin etwas auskennt. Aber auch ohne dieses Wissen und ohne Gaming-Kenntnisse, ist der Film allein schon wegen der Optik einer Sichtung wert. Von Anfang an wird der Zuschauer mit CGI-Effekten verwöhnt und nach zwei Stunden und zwanzig Minuten Spieldauer ist man von den überwältigenden und fulminanten Bildern geflasht. Angereichert wird die futuristische Atmosphäre mit einem guten Soundtrack, der aus Songs der 1980er Jahre besteht.

        Im Handlungsverlauf wird der Zuschauer mit popkulturellen Bezügen überhäuft. Welche Referenzen kommen vor ? Hier nur einige: King Kong, Godzilla, Super Mario, Duran Duran, Michael Jackson, Rubik's Würfel, Freddy Krueger, Batman, John Travoltas Tanzbewegungen aus Saturday Night Fever und viele, viele andere mehr. Das Sahnehäubchen ist aus meiner Sicht die virtuelle Reise zu den berühmten Szenen aus „The Shining“.

        Einen kleinen Wermutstropfen sehe ich allerdings. So ist die Handlung überschaubar und die Charakterzeichnung, die für mich normalerweise wichtig ist, lässt zu wünschen übrig. Erklären lässt sich dies jedoch mit dem spezifischen Sci-Fi-Plot, der diese Ausarbeitungen nicht unbedingt erforderlich macht. Ohnehin liegt der Fokus hinsichtlich der Figuren auf den Avataren in der virtuellen Welt und nicht auf den Protagonisten in der realen Welt. Und die vortrefflich inszenierten Referenzen und Andeutungen, die exzellente Optik und die beeindruckenden CGI-Effekte gefallen so gut und dominieren im Film so stark, dass diese Schattenseiten kaum ans Licht kommen und in meiner Gesamtwertung nur mäßig ins Gewicht fallen. Regie-Meister Steven Spielberg hat alles mit viel Hingabe und Detailtreue arrangiert. Jede Szene, sowohl die virtuelle als auch die in der realen Welt, ist perfekt inszeniert.

        Fazit: Der Film wird nicht jedermanns Sache sein. Von Vorteil ist sicherlich, wenn man die Pop-Kultur der 80er Jahre kennt. Denn dies ist die Voraussetzung für die vergnüglichen Aha-Effekte beim Zuschauen, die man erlebt, sobald man einen inszenierten Bezug erkennt. Aber auch ohne diese Kenntnisse wird man mit einer guten Unterhaltung belohnt. Und dass der Film zu 100% seine optimale Wirkung erst auf einem qualitativ hochwertigen und großen Bildschirm entfalten kann, versteht sich bei diesem Plot von selbst. „Ready Player One“ ist nach meiner Einschätzung bereits jetzt schon, wie „ET“ oder auch „Jurassic Park“, ein Filmklassiker. Chapeau Mr. Spielberg vor der großartigen Leistung, so viel Kreativität und Mut zur Innovation. Top.
          

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          smartbo 17.07.2021, 17:26 Geändert 17.07.2021, 21:17

          Den Film hatte ich schon lange auf dem Zettel. Da Geduld nicht gerade zu meinen hervorstechendsten Eigenschaften zählt, hat mich anfangs die ca. 3stündige Laufzeit etwas abgeschreckt. Aber mit einer Splittung ging es prima. Nachfolgend beginne ich, wie immer, mit einer groben Skizzierung, worum es in dem Film im Kern geht. In den nächsten Abschnitten nehme ich die einzelnen Kriterien unter die Lupe und schildere meine Meinung. Das Fazit fasst kurz das Ergebnis meiner Wertung zusammen.

          „Blade Runner 2049“ basiert auf einer literarischen Vorlage von Philip K. Dick und führt uns ins Jahr 2049 in ein dystopisches Sci-Fi-Universum. Unter den echten Menschen gibt es auch künstliche Humanoide. Die sogenannten „Replikanten“ sind klug und stark und der Spezies Mensch daher als Diener sehr nützlich. Officer K ist Replikantenjäger und arbeitet für das LAPD. Ihm wird die Aufgabe übertragen, alte Modelle der „Replikanten“ aufzuspüren und anschließend zu vernichten. Doch als er eines Tages etwas Geheimnisvolles entdeckt und tiefer darin bohrt, beginnt er daran zu zweifeln, ob die Grenze zwischen Mensch und Replikant so klar ist. Officer K geht als Blade Runner in dieser gefährlichen und morbiden Umwelt auf die Suche nach Antworten.

          Das Charakteristische an dem von Denis Villeneuve inszenierten Science-Fiction-Film ist aus meiner Sicht, dass -im Vergleich zu vielen anderen Sci-Fi-Filmen – der Fokus nicht auf übertriebenen, spektakulären Spezialeffekten oder überzogener Action liegt, sondern auf einer intelligente Story. Wichtig bei diesem Film ist deshalb, dass man sich als Zuschauer primär auf diese einlässt und keine überbordenden visuellen oder lautstarken akustischen Effekte erwartet. Die Handlung wird sukzessive aufgebaut und ohne Längen weiterentwickelt, so dass sie in ihrer Gesamtheit von A bis Z plausibel, logisch und überzeugend rüberkommt. Die lange Spieldauer ist schon eine Hürde, aber die lässt sich leicht umschiffen, indem man - wie bereits weiter oben erwähnt- die Sichtung des Filmes aufteilt.

          Angesiedelt ist die Geschichte an einem düsteren und aufwendig inszenierten Setting. Die durchgehend finstere Atmosphäre ist einnehmend und fesselnd. Verantwortlich dafür zeichnen neben dem Setting und den Charakteren die gut ausgearbeiteten Lichteffekte, welche die Kulissen nebelig-trüb und die Figuren oft halb im Licht und halb im Schatten erscheinen lassen, was eine enorm düstere und kalte Wirkung erzeugt.

          Aber nicht nur diese Filmelemente wissen zu gefallen. Der Film punktet in allen Kriterien: Der Soundtrack von Hans Zimmer, die brillante Action-Choreografie, die perfekt dosierten Spezialeffekte, die überwältigende Optik und die Charaktere sorgen dafür, dass man vom Film gefangen bleibt. Von „Officer K“ bis Joi, von Joshi bis Luv… das sind alles Figuren, die perfekt in die Story und das bedrückende Setting passen. Da stimmt bis ins kleinste Detail alles. Und wie ist der Cast? Ryan Gosling übertrifft sich mal wieder selbst und Ana de Armas kann auch als Joi überzeugen. Robin Wright, Sylvie Hoeks und auch Harrisson Ford, alle sind schauspielerisch in Top-Form.

          Fazit: Denis Villeneuve hat einen großartigen und fesselnden Science-Fiktion-Film geschaffen, der sich ohne Weiteres in die vorderste Reihe der Blockbuster einordnen kann. Top. Absolut sehenswert.

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          • smartbo 17.07.2021, 13:24 Geändert 17.07.2021, 13:27

            "American Crime Story" und "Dexter" können kommen. Bin gespannt :)

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              smartbo 13.07.2021, 11:18 Geändert 13.07.2021, 18:37

              Angesichts der zahlreichen positiven Wertungen und Kritiken war meine Erwartung groß. Der Plot und der Trailer verstärkten im Vorfeld noch weiter meine Vorfreude. Der Film hat mich allerdings nicht überzeugt, um das schon mal vorwegzunehmen. Mein größtes Problem ist die zu lange Spieldauer von 137 Minuten. Die Handlung ist im Prinzip recht überschaubar und nicht komplex genug, um gänzlich die 137 Minuten mit einer stringenten Story zu füllen, ohne Lücken zu hinterlassen. So bleibt es nicht aus, dass man im Film Sequenzen vorfindet, die erhebliche Längen aufweisen. Eine weitere Schwäche für mein Dafürhalten ist, dass die Qualität im Filmverlauf allmählich abnimmt.

              Meinen Gesamteindruck sowie den Punkt „abnehmende Qualität“ möchte ich ausführlich ausarbeiten indem ich den Film nachfolgend in zeitliche Abschnitte splitte und im Einzelnen einschätze.

              Der Film beginnt mit einer wahrlich begeisternden 20minütigen Einführung, die in Bhutan angesiedelt und vielversprechend ist. Die düstere Atmosphäre ist enorm beeindruckend und die Spannung vorzüglich aufgebaut.

              Die darauffolgenden ca. 40 Minuten, die im mittleren Westen der USA spielen und in denen andere Charaktere zu sehen sind, sind immer noch spannend und faszinierend. Der Handlungsaufbau an diesem neuen Setting ist in dieser Sequenz überzeugend und erzeugt Neugier. Die gruseligen Szenen sind gut dosiert gesetzt.

              Danach folgt allerdings die zweite Stunde, in der die Qualität deutlich absackt. Der Plot tritt auf der Stelle und wird nur mühselig weiterentwickelt. Der Film verliert sich in langwierigen und überflüssigen Szenen und Dialogen. Und sogar die zunehmend einsetzenden Gruselszenen vermögen den mageren Eindruck nicht zu verbessern. Auf die im Film vorhandene überzeugende und einnehmende Atmosphäre sowie die Spannung hat dieser Filmabschnitt eine Killerwirkung, so dass zwangsläufig Langeweile aufkommt.

              Erst die 20 Minuten dauernde Endsequenz schafft es, dem Film wieder Tempo und Würze zu geben und die Handlung hin zu dem auflösenden Ende voranzutreiben. In Anbetracht dessen, dass der Film 2 Stunden lang auf das Ende und die Auflösung hinarbeitet und somit die Erwartung beim Zuschauer enorm hochschraubt, finde ich allerdings das Finale nicht gerade berauschend und originell. Die überraschende Wendung im Plot ist sicherlich nicht schlecht, aber Anleihen aus anderen Filmen sind meines Erachtens deutlich zu sehen.

              Fazit: Bei meiner Gesamtwertung spielen die geschilderten Einschätzungen eine entscheidende Rolle. Eine Kürzung der Spieldauer auf kompakte 1 ½ Stunden würde dem Film bei mir sicherlich eine wesentlich bessere Wertung einbringen. Schade, ich habe mehr erwartet, aber so reicht es aus meiner Perspektive nur zu einem mageren „geht so.“

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                smartbo 11.07.2021, 16:25 Geändert 11.07.2021, 20:33

                In der fünfteiligen Dokumentation wird der Zuschauer durch das Cebu Provincial Detention and Rehabilitation Center (CPDRC) auf den Philippinen geführt. Bekannt wurde das Gefängnis 2007 durch ein weltweit vielbeachtetes YouTubeVideo, in dem die Insassen zu Michael Jacksons „Thriller" tanzten. Die „tanzenden Gefangenen“ traten monatlich sogar für Besucher auf, unter anderem für Papst Franziskus.

                Die Handlung der Doku ist im Jahr 2016 angesiedelt, und der Tanz steht immer noch im Mittelpunkt der Aktivitäten der Insassen. In dem heillos überfüllten Gefängnis wird er zur Rehabilitation eingesetzt. Doch die Fröhlichkeit und der Zusammenhalt untereinander, die man in der Doku bei dem Gruppentanz sieht, offenbaren nur einen Teil der rauen Wirklichkeit. Die tägliche Realität der Gefangenen, die meisten wegen Drogendelikten inhaftiert, wird deutlich, wenn man Bilder rund um die Zellen zu sehen bekommt. Es ist alles schmutzig, laut, stickig und die Menschen liegen eng aneinandergepresst auf den Fluren, ohne der kleinsten Privatsphäre.

                Im Kern der Handlung wird geschildert, wie der offiziell vom Gouverneur der Provinz Cebu eingesetzte Gefängnisberater Marco Toral, ein ehemaliger Häftling, seine Autorität über die Gefängnisinsassen ausübt. Da er auch im selben Gefängnis inhaftiert war, weiß er, wie das Leben im Gefängnis funktioniert. Trotz seiner teilweise groben Methoden, z.B Schläge mit dem Paddel, ist er beliebt, und seine Gefängnisführung kommt bei den Inhaftierten gut an. So hat er zum Beispiel den „Dalaw“ eingeführt, der Besuchern erlaubt, eine oder mehrere Nächte zu bleiben. Er gestattet auch Handys, weil er es für wichtig hält, dass die Gefangenen mit ihrer Familie und ihren Angehörigen in Kontakt bleiben. Doch seine Arbeit im Gefängnis wird in den Medien und insbesondere von seinem Vorgänger, Byron Garcia, kritisch verfolgt. Besonders aktiv dabei ist Garcias Schwester Gwendolin (heute Gouverneurin der Provinz Cebu), die damals als Kongressabgeordnete tätig war. Seine Gegner haben nur darauf gewartet, dass er sich angreifbar macht. Und der Fall ist eingetreten, als sich ein Gefangener bei einem Dalaw als Besucher ausgibt und flüchtet.

                Die Macherin von „Das etwas andere Gefängnis“, eine Regisseurin mit philippinischen Wurzeln, hat in der Doku das Klima und vor allem den politischen Wandel des Landes im Jahr 2016 zur richtigen Zeit eingefangen, um eine fesselnde Geschichte über das Gefängnis zu erzählen. Seit dem „Krieg gegen Drogen“, den der psychopathische philippinische Präsident, Rodrigo Duterte 2016 ausgerufen hat, werden Menschen, die Drogen konsumieren und mit Drogen handeln, als Abschaum dargestellt. Unzählige Menschen wurden bereits getötet, viele von der Nationalpolizei. Die Serie gibt den Menschen, die Duterte jagt, eine Stimme und ein Gesicht, indem sie diese auf humane Weise darstellt.

                Deutlich wird in der Doku das fatale Versagen des philippinischen Rechtssystems geschildert. Es gibt Szenen, in denen man nur ungläubig mit dem Kopf schütteln kann. So wartet einer der Insassen seit drei Jahren auf seine Anklage. Als es endlich soweit ist, stellt sich heraus, dass er noch drei Jahre warten muss, weil der Anwalt eines seiner Mitgefangenen, der ebenfalls angeklagt wird, nicht anwesend ist. Dies, kombiniert mit Interviews mit Insassen des Gefängnisses, Aufnahmen mit Marco Toral und Stimmen der Politiker der lokalen Regierung, ermöglicht der Doku ein vortreffliches Bild über das Gefängnis und über die korrupte und kränkelnde philippinische Justiz zu zeichnen.

                Ein Wort noch zu dem Namen der Doku „Das etwas andere Gefängnis“: wer ist denn auf die Idee gekommen, der Doku einen solch spröden Titel zu geben? Man hätte es bei dem englischen Titel „Happy Jail“ belassen sollen.

                Fazit: Zweifellos eine sehenswerte und beeindruckende Doku, die handwerklich vorzüglich inszeniert ist und fesselnd erzählt wird. Sie ist nicht nur für Zuschauer mit einer Vorliebe für Gefängnisfilme einer Empfehlung wert.  

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                  smartbo 05.07.2021, 10:16 Geändert 05.07.2021, 19:05
                  über Quarry

                  Wir sind im Jahr 1972 in Memphis, Tennessee. Mac Conway und sein Freund Arthur sind nach ihrem Dienst in Vietnam nach Hause zurückgekehrt. Sie versuchen, in der Gesellschaft Fuß zu fassen und Arbeit zu finden. Allerdings sind Jobs für Vietnam-Veteranen schwer zu bekommen. Conway wird von einem Mann kontaktiert, der „The Broker“ genannt wird. Er rekrutiert Auftragskiller und glaubt, dass Conway in Anbetracht seiner Vietnam-Vergangenheit bestes für diesen Job geeignet wäre. Conway zögert, lässt sich aber in die kriminellen Machenschaften hineinziehen als er feststellt, dass Arthur, sein Freund aus seinen Vietnam-Zeiten, bereits ein ähnliches Angebot von „Broker“ angenommen hat. Nachdem sie sich in einem Steinbruch getroffen haben, erhält Conway das Pseudonym "Quarry". Von da an versinkt er immer tiefer in den kriminellen Sumpf von Memphis ...

                  Es ist eine düstere und kurzweilige Mini-Serie, die dezent mit bitterbösem Humor gewürzt ist. Sie benötigt aber etwas Zeit, um sich auf den Kern des Plots einzupendeln und ihren Rhythmus zu finden. So schwankt der Schwerpunkt der Handlung von Krimi-Elementen hin zu Ehe-Drama, Vater-Sohn-Beziehung, streut dann auf dem Hintergrund des damals besonders schlimm grassierenden Rassismus in Tennessee einige gesellschaftliche und politische Akzente, schildert zwischendurch die Gräueltaten des Protagonisten im Vietnamkrieg, um dann immer wieder zu dem eigentlichen Kern der Handlung, nämlich Krimi-Story, zurückzukehren. Selbstverständlich ist gegen einen Genremix nichts einzuwenden, allerdings sollten dann die einzelnen Akzentuierungen sowie alle Handlungsstränge als Gesamtpaket gut und überzeugend ausgearbeitet sein. Aber dies gelingt der Serie nicht lückenlos und nicht im vollsten Umfang.

                  Doch im Verlauf der Handlung gelangen die geschilderten Holprigkeiten langsam in den Hintergrund, denn die finstere Atmosphäre fesselt und erzeugt permanent Neugier. Und schaue ich mir die weiteren Bewertungskriterien im Einzelnen an, dann sieht es im Gesamtergebnis ganz gut aus. Das Schwergewicht der Serie sind der Cast und die zahlreichen originellen Charaktere. „Fargo“ als Ideengeber ist hier sicherlich unverkennbar. Conways desillusionierter und wortkarger Charakter, exzellent gespielt von Logan Marshall-Green, entwickelt sich peu a peu zu einer Antihelden-Figur, für die man allmählich Sympathie entwickelt. Schauspielerisch weiß ebenso Damon Harriman zu überzeugen, der den psychopathischen Killer Buddy darstellt. Und Peter Mullan versteht es glänzend die Figur des zwielichtigen „Brokers“ authentisch finster zu spielen. Auch der übrige Cast und sogar die Nebenrollen sind super besetzt.

                  Die Actionszenen sind eher rar gesät, aber sie werden mit enormer Intensität und mit gehöriger Brutalität präsentiert. Ganz besonders hervorzuheben sind die Memphis-Vorstadt-Kulissen, das vorzüglich eingefangene Südstaatenflair der 70er Jahre sowie der klasse Bluessound, der direkt ins Ohr geht und die Handlung vortrefflich untermalt.

                  Fazit: Zu einem Binge-Watching-Level langt es aus meiner Sicht nicht ganz. Die von mir beschriebenen positiven Einschätzungen vermögen jedoch den partiell etwas unausgegorenen Handlungsablauf und die anfangs schwankenden Schwerpunktakzentuierungen durchaus zu kompensieren, so dass die Gesamtwertung unter dem Strich bei mir keineswegs schlecht ausfällt und es locker zu einem verdienten sehenswert reicht.

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                    smartbo 01.07.2021, 19:46 Geändert 01.07.2021, 20:38

                    Die australische Dokumentation handelt von dem sogenannten Dingo-Mord und beruht auf wahren Begebenheiten. Worum geht es in der Doku? 17. August 1980. Lindy und Michael Chamberlain und ihre drei Kinder, darunter das neun Wochen alte Baby Azaria, genießen einen Familiencampingausflug in Zentralaustralien, ohne sich bewusst zu sein, dass sich ihr Leben an diesem Tag für immer mit dramatischen Folgen ändern würde. An diesem Tag vermissen die Eltern Azaria, und im trüben Abendlicht sieht die Mutter einen Dingo aus dem Zelt kommen, in dem sie geschlafen hat. Lindy und Michael Chamberlain berichteten später der Polizei, dass ihr Baby von einem Dingo aus ihrem Zelt verschleppt wurde. Lindy wurde jedoch wegen Mordes angeklagt. Es war im Jahr 1982 in Australien der Prozess des Jahrhunderts, als Lindy Chamberlain vor Gericht beschuldigt wurde, ihr eigenes Töchterchen Azaria, ermordet zu haben. Der Fall hat jahrzehntelang die Nation gespalten. Und am Ende wurde es eines der größten Justizirrtümer des Landes.

                    Vierzig Jahre später bereitet die Dokumentation mit umfangreichen Filmmaterial den Fall auf und folgt chronologisch den Geschehnissen von Azarias Tod, der Anklage, Verurteilung, Inhaftierung bis zur Freilassung der Mutter Lindy. Es ist keineswegs eine typische Krimi-Doku, wie der Filmtitel vielleicht suggerieren könnte, sondern vielmehr eine Geschichte über Liebe, Verlust, Sensationsgier, Vorverurteilung, Justizversagen, Familientragödie und insbesondere auch über die sensationsgierigen Boulevardmedien.

                    In der Doku sprechen Lindy und ihre Kinder ausführlich über die erschütternde Nacht und die verheerenden Jahre danach. Unterstützt von Rückblicken auf ihr familiäres Leben schildern sie , wie dieses traumatische Ereignis ihr Leben für immer beeinflusst hat. Kritisch wird in der Doku insbesondere die Rolle der Boulevardmedien beleuchtet, die mit ihrer sensationslüsternen und vorverurteilenden Berichterstattung einen entscheidenden Einfluss auf die Meinungsbildung in der australischen Bevölkerung und wohl auch auf die Gerichtsentscheidungen hatten. Zu Wort in der originellen Dokumentation kommen darüber hinaus Augenzeugen, Freunde der Familie, Richter des Obersten Gerichtshofs, Forensiker, Anwälten, Medienvertretern, Geschichtsprofessoren sowie Kirchenvertreter.

                    Fazit: die Dokumentation ist handwerklich tadellos inszeniert und bietet eine hochinteressante und fesselnde Story. Es ist eine unglaubliche Geschichte, die mich wieder mal zu der Feststellung verleitet, dass die besten und spannendsten Drehbücher nicht die gescripteten sind, sondern die, welches das Leben selbst schreibt. Die Einstufung als sehenswert ist aus meiner Sicht in jedem Fall angebracht.

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                      smartbo 29.06.2021, 11:10 Geändert 30.06.2021, 10:53

                      In der außergewöhnlichen und investigativen Dokumentation von Sonia Kennebeck (Regisseurin) und Wim Wenders (Produzent) werden drei ehemalige Veteranen der US Air Force porträtiert. Heather, Daniel und Lisa waren jahrelang an den Drohnen-Kriegseinsätzen beteiligt und betätigen sich nach ihrer aktiven Zeit in der US-Army als Kritiker der US-Drohnen-Politik, als Whistleblower und Friedensaktivisten. Heather, die ehemalige Drohnen-Analystin, wird zu Whistleblowerin auf der Web-Seite des Guardian und berichtet über ihre Erfahrungen. Ihr Ex-Kollege Daniel nimmt an Anti-Kriegsdemos teil und kritisiert öffentlich den Drohnenkrieg der USA. Die US-Administration verklagt ihn daraufhin wegen Spionage. Und Lisa trifft sich in Afghanistan mit den Überlebenden und Angehörigen der Opfer des Uruzgan-Drohnen-Anschlags, um den Menschen wenigstens symbolisch die Hand zu reichen und um Verzeihung zu bieten. Auf diesen Anschlag werde ich nachfolgend noch ausführlich eingehen.

                      Bemerkenswert ist, dass die porträtierten Protagonisten gar nicht wie taffe Soldaten wirken, sondern eher unauffällig und wie gewöhnliche Menschen wie du und ich. Sie mussten damals bei der Einstellung keine besondere Qualifikation nachweisen, um den Job im Drohnen-Programm zu bekommen. Daniel z.B war obdachlos und Heather hatte keinen Beruf und wusste nicht, was sie beruflich mit sich anfangen sollte. In der US Air Force erhielten sie ihre Ausbildung zu Drohnenexperten und wurden spezialisiert als Drohnenpilot, Bildanalytiker oder Signal Intelligence Analyst.

                      Wie sah ihr Büroalltag und ihre Tätigkeit aus? Ihr Büro war äußerlich unspektakulär normal ausgestattet, halt wie das eines einfachen Angestellten. Sie waren tätig an ihrem Stammarbeitsplatz ein paar Kilometer von zu Hause aus entfernt irgendwo in einem kleinen Kaff in den USA und beobachteten am Bildschirm den ganzen Tag das Geschehen fernab in Afghanistan, Jemen oder Irak. Fiel ihnen etwas Verdächtiges oder Gefährliches auf, benachrichtigten sie die Kollegen oder -je nach Aufgabestellung- sie führten den Drohnenangriff selbst aus. Drohnen erledigten den Rest und ließen „feindliche Kämpfer“ und Terroristen in einer Explosion oder Staubwolke irgendwo weit entfernt in einem Teil der Welt verschwinden, den sie nur von ihren Computerbildschirmen kannten.

                      Dass dabei tragische Irrtümer, die zum Tod von unschuldigen Zivilisten führten, nicht ungewöhnlich waren, verdeutlicht insbesondere der Uruzgan-Drohnenanschlag , der in der Doku anhand von Protokollen der Geschehnisse und des Original-Funkverkehrs unter der Drohnen-Crew-Besatzung ausführlich geschildert wird. Am 21. Februar 2010 geriet eine große zivile Personengruppe, darunter Frauen und Kinder, die in einem Fahrzeugkonvoi durch die Täler der Provinz Uruzgan, Afghanistan, unterwegs war, in das Visier einer Predator-Drohnenbesatzung, die von einer Base in Nevada aus operierte.

                      Nachfolgend gebe ich den Ablauf der Ereignisse entsprechend der Schilderung in der Doku und auszugsweise anhand der Funkverkehr-Protokolle wieder.

                      ----------- Protokoll Anfang ----------

                      „Dieser Truck wäre ein wunderbares Ziel“, hört man einen Mann sagen. Die Drohnen-Crew ist unsicher, scheint den Konvoi zu analysieren und diskutiert, ob Kinder anwesend sind. „Ich bezweifle wirklich diesen Kinderruf, Mann. Ich hasse diesen Scheiß wirklich, verdammt.“

                      Die Fahrzeuge halten am Straßenrand an. Die Menschen steigen unter den permanenten Blicken der Drohnen-Crew aus, um zu Beten. Nach der Pause steigen sie wieder in ihre Autos und setzen ihre Fahrt fort, immer noch nicht ahnend, dass sie von oben verfolgt werden.

                      Die Drohnencrew, die offenbar zufrieden ist, ein legitimes Ziel im Visier zu haben, trifft die notwendigen Vorbereitungen für den Einsatz von Gewalt. „Die Party sollte beginnen“ hört man einen Mann sagen.

                      Als die Autos die Straße entlangrollen, eröffnen die Soldaten das Feuer.

                      „Und … oooh … das ist es!“ ruft einer der Piloten. Das erste Auto des Konvois, von einer Rakete getroffen, verschwindet in einer riesigen Staubwolke. Kurz darauf explodiert das zweite Auto. Die Menschen rennen aus dem verbliebenen Fahrzeug und winken dem darüber fliegenden Flugzeug zu, um das Schießen einzustellen. Sie schwingen Stofffetzen in den Himmel, um anzuzeigen, dass sie keine Kämpfer sind. Zu sehen ist eine Frau mit einem Kind. Doch es nutzt nichts, die Drohne ballert weiter, und am Ende überleben nur wenige diesen Anschlag.

                      ---------- Protokoll Ende ----------

                      Verstörend ist, dass die Gespräche unter den Soldaten, die man in der Doku während des Anschlags hört, sich anhören wie Gespräche unter pubertierenden Jugendlichen, die gerade ein spannendes Ballerspiel spielen. Insgesamt 23 Menschen wurden bei dem Anschlag auf den Konvoi getötet, alles unschuldige Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Eine Untersuchung offenbarte später, dass die Drohnencrew die Hinweise, dass es sich um einen zivilen Konvoi handelte, ignorierte oder nicht ausführlich genug prüfte.

                      Dieser und zahlreiche andere Vorfälle, die großteils von der US-Air-Force vertuscht werden, zeigen, dass es ein unerträglicher Zynismus ist, die unschuldigen zivilen Opfer von Drohnenangriffen achselzuckend als notwendige Kollateralschäden zu bezeichnen. Und wie ein Hohn klingen die Aussagen des ehemaligen Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Barack Obama, unter dessen Amtszeit das Drohnen-Programm massiv ausgebaut wurde, dass die US-Drohnen Terroristen töten, ohne Zivilisten zu verletzen.

                      Auf der Seite der „Soldaten“ der US Air Force, die in den Drohnen-Einsätzen involviert sind, scheint ja diese Art der Kriegsführung auf den ersten Blick risikolos zu sein. Das perfide an Drohnenangriffen ist, dass der Feind zu einem abstrakten zufälligen Bösewicht aus einem Ballerspiel reduziert wird, den man sehr bequem per Knopfdruck außer Gefecht setzen kann. Dadurch entsteht eine trügerische moralische Rechtfertigung, die jedoch auf Dauer durch nichts gerechtfertigt ist. Der psychische Druck ist enorm. Und so bleibt es nicht aus, dass die Soldaten, die die Bildschirme bedienen, regelmäßig mit Depressionen, Selbstmordgedanken sowie Alkohol- und Drogenkonsum kämpfen. Sie mussten wirklich nicht an die Front in den Irak oder in Afghanistan, um eine posttraumatische Belastungsstörung zu bekommen.

                      Fazit: Die handwerklich vorzüglich inszenierte Doku, regt an, über den militärischen Einsatz von Drohnen und die damit verbundenen ethisch-moralischen Aspekte nachzudenken. Leider ist derzeit der Kriegseinsatz von Drohnen in Deutschland kaum ein Thema für die Headlines in den Medien. Die eindringlichen und verstörenden Bilder des Films bringen jedoch das nur scheinbar fernes Thema in unsere unmittelbare Nähe, und machen seine vordringliche Relevanz deutlich. „National Bird“ zeigt, dass nicht nur die USA, sondern auch wir in Deutschland dringend eine Diskussion über den militärischen Einsatz von Drohnen benötigen. Denn schneller als wir denken, könnten diese morbiden Dinge auch über unseren Köpfen schweben. Wegen der von mir hoch einzuschätzenden Relevanz der Thematik bewerte ich die Doku mit einer 8 (=ausgezeichnet) und kann sie nicht nur politisch Interessierten wärmstens empfehlen.

                      P.S.: Die Dokumentation ist per dato (29.6.21) auf YT verfügbar.

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                        smartbo 25.06.2021, 14:04 Geändert 25.06.2021, 16:50

                        John Carpenter bewies 1981, dass man für relativ wenig Geld spannende Filme drehen kann. In seiner Glanzzeit erschuf der Kultregisseur einen Klassiker nach dem anderen, unter anderen die „Halloween-Reihe“, mit der er Filmgeschichte schrieb. „Die Klapperschlange“ ist jedoch sicherlich auch eines der unbestrittenen filmischen Highlights von Carpenter.

                        Der dystopischer Sci-Fi-Film spielt -aus der Sicht des Jahres 1981- in der Zukunft im Jahr 1997(!). Die Verbrechensrate stieg enorm und der Regierung gelang es nicht, die Kriminalität in den Griff zu bekommen. Deshalb wurde Manhattan abgesperrt und in ein abgeschottetes Gefängnis umgebaut. Die dort eingesperrten Häftlinge haben das Kommando übernommen. Es herrschte Gewalt und Anarchie. Auf dem Höhepunkt der grassierenden Kriminalität wird der amerikanische Präsident von den Häftlingen als Geisel genommen. Der Kriminelle Snake Plissken, gespielt von Kurt Russel, soll den Präsidenten befreien. Dafür wird ihm Straffreiheit zugesagt. In einem Wettlauf gegen die Zeit wird Plissken mit einer Giftspritze infiziert, die innerhalb von 24 Stunden explodiert, wenn es ihm nicht gelingt, den Präsidenten aus den Fängen der marodierenden Häftlinge zu befreien …

                        Trotz des partiell veraltetet wirkenden Flairs lässt sich der Film immer noch sehen. Von der nicht mehr ganz zeitgemäßen Ausstrahlung sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen. Denn rasch zieht der Film den Zuschauer in seinen Bann und am Ende wird man mit einer durchgehend fesselnden Unterhaltung belohnt. Carpenter hat einen finsteren apokalyptischen Actionfilm gedreht, der von einer bedrückenden, deprimierenden, düsteren und melancholischen Stimmung geprägt ist. Das Setting, ausgestattet mit zahlreichen Statisten, ist schmuddelig, schmutzig und sieht trostlos und kalt aus. Gestärkt von der kühlen Atmosphäre erzählt der Film eine spannende Geschichte, die einige überraschende Wendungen für den Zuschauer bereit hält. Die Filmmusik ist nach meinem Dafürhalten nicht gerade die beste, aber immerhin sorgt der etwas veraltet wirkende Synthesizer-Sound für eine im Großen und Ganzen durchaus passende Untermalung der Action.

                        Interessant finde ich, wie die Charaktere im Film gezeichnet sind: die Protagonisten sind weder überwältigend sympathisch noch unsympathisch. Alle scheinen ein zwiespältiges Gesicht zu haben, und Niemanden kann man trauen. Für Heldentum ist im Film kein Platz, die Protagonisten, auch Snake Plissken, handeln hauptsächlich aus Egoismus. Die Rolle des einäugigen Antihelden Snake Plissken gehört ohne Zweifel zu Russells besten Rollen. Mit seinem Aussehen und seinem Schauspiel erschuf Russell einen harten, wortkargen und ausdrucksstarken Charakter, der in der Filmwelt einen echten Kultstatus erreicht hat. Neben Russell haben mir schauspielerisch auch Lee van Cleef und Isaac Hayes glänzend gefallen.

                        Ein Wort noch zu dem deutschen Filmtitel „Die Klapperschlange“. Meistens sind die deutschen Filmtitel von englischsprachigen Filmen Fehlgriffe, misslungen und oft sogar grotesk schlecht. Bei diesem Film mit dem Originaltitel „Escape from New York“ finde ich den deutschen Filmtitel Klapperschlange jedoch vortrefflich gelungen. Dafür hebe ich meinen Daumen. Top.

                        Fazit: trotz seines Alters bleibt der Kultklassiker ein sehr unterhaltsamer Film, den ich ohne weiteres als sehenswert einstufe. Und für Fans von Actionfilmen ist er ohnehin ein Muss. Top. Daumen hoch.

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                          smartbo 23.06.2021, 12:03 Geändert 23.06.2021, 20:33
                          über Blow

                          Der Film basiert auf wahren Begebenheiten und schildert den Aufstieg und Fall des Drogendealers George Jung von den Anfängen in der Hippiezeit Ende der 60er Jahre in Kalifornien bis zum bitteren Ende Anfang der 90er Jahre. Der Film zeigt die turbulenten Geschehnisse, die Jung und seine Weggefährten erleben und zeichnet sensibel nach -teilweise mit Rückblenden in seine Kindheit - das Verhältnis zu seinem gutmütigen Vater.

                          Der Film imponiert unter der Regie von Ted Demme zuvorderst mit seiner erstklassigen Inszenierung, die eine ausgezeichnet aufgebaute Handlung, authentische Atmosphäre und eine überzeugende Charakterzeichnung der Protagonisten bietet. Demme ist es hervorragend gelungen, „Blow“ nicht moralisierend zu verfilmen. Dem Zuschauer wird George als sympathischer und menschlicher Charakter gezeigt und nicht als rein böser Drogenbaron. Von zentraler Bedeutung sind die Beziehungen zwischen George und seinem geliebten Vater Fred und die zwischen George und seiner Tochter Kristina. Das Tragische ist, dass er die beiden belügt, Menschen, die er am meisten liebt. Gekonnt wird sein kontinuierliches Versagen skizziert, Beziehungen aufrechtzuerhalten. Gefangen im Spannungsfeld zwischen seinen Drogendeals, die ein skrupelloses Verhalten verlangen, und den Beziehungen zu den Menschen, die ihm am nächsten sind, bleibt es nicht aus, dass sein starker Charakter, der er einmal war, langsam zerbröckelt. So endet der Film in einer bedrückenden Stimmung mit einer emotional berührenden Szene, in der es um den Besuch seiner Tochter Kristina während seines Gefängnisaufenthaltes geht, und mit seinem traurigen Monolog, in dem er verbittert auf sein verpfuschtes Leben zurückblickt. Diese Schlusssequenz ist brillant inszeniert und hinterlässt einen tiefen Eindruck.

                          Johnny Depp zeigt im Film, dass er ein erstklassiger Schauspieler ist. Vorzüglich und überzeugend spielt er den unbekümmerten Zwanzigjährigen und ebenso gut den gebrochenen Fünfzigjährigen. Das gelingt ihm ohne Zweifel großartig. Der übrige Cast lässt sich ebenfalls sehen. Ray Liotta ist die ruhige und gutmütige Vaterfigur. Penelope Cruz spielt seine aufgedrehte Freundin und Rachel Griffiths seine eiskalte und egoistische Mutter. Auch Franka Potente in der kurzen Rolle seiner Freundin hat mich auf ganzer Linie überzeugt.

                          Last but not least darf natürlich der Soundtrack nicht unerwähnt bleiben. Er ist perfekt zusammengestellt und kennzeichnet vortrefflich den Zeitabschnitt, in dem die jeweilige Handlungssequenz angesiedelt ist. Zu hören sind: Bob Dylan, Manfred Mann’s Earth Band, Rolling Stones und viele andere mehr.

                          Leider starb der Regisseur und Produzent des Filmes Ted Demme völlig unerwartet im Jahr 2002 im Alter von nur 37 Jahren nach einem Prominenten-Basketballspiel an einem Herzstillstand. Mit "Blow" hat er gezeigt, dass er sehr viel Talent hatte. Hätte er länger gelebt, wäre er wohl in die Fußstapfen seines Onkels Jonathan Demme getreten, der 1992 für "Das Schweigen der Lämmer" einen Oscar erhielt. Sicherlich hätte er die Filmwelt mit weiteren Blockbustern bereichert.

                          Fazit: „Blow“ ist ein außergewöhnlicher Film, der mit einer kurzweiligen Unterhaltung aufwartet und bei mir ordentlich zu punkten weiß. Nach meiner Zweitsichtung ist er in die Riege meiner Lieblingsfilme -mit einem Herzchen aufgewertet- aufgestiegen. Aus meiner Sicht fällt die Einschätzung des Filmes ganz klar als sehenswert aus. Absolut top. Beide Daumen hoch.

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                            smartbo 18.06.2021, 12:36 Geändert 20.06.2021, 20:42

                            Was in der Serie vor allem hervorsticht, ist die Performance der Protagonistin Kate Winslet. Evident scheint bereits nach den ersten Szenen, dass die Rolle ihr auf den Leib geschrieben wurde. In allen Facetten, egal ob als Mutter, Freundin, Detektivin, Tochter, Partnerin, und einerlei, was sie tut oder sagt, es soll eine glänzende und positive Wirkung erzeugen. Dieser Aspekt, der sich eigentlich recht wenig mit der Authentizität einer Rolle verträgt, tritt jedoch rasch in den Hintergrund und wird irrelevant, beeindruckt doch in der Serie primär ihre geniale schauspielerische Leistung. Ihre Performance, mit dem sie den Zuschauer unübertroffen einfängt, ist fabelhaft. So hat sie es nicht mal ansatzweise nötig zu overacten oder großartig, theatralisch mit ihrer Sprache oder mit ihren Händen das Schauspiel zu verdeutlichen. Eine sprachliche Untermalung ist bei ihr meistens gar überflüssig. Nein, sie spielt dezent aber ausdrucksstark mit ihrer Gesichts-Mimik sowie mit den Augen und zwar so vortrefflich, dass der Zuschauer sofort weiß, was sie sagen will. Ihre Leistung ist sehr imponierend und hat mich tief beeindruckt. Chapeau, Mrs. Winslet.

                            Kate Winslet gibt definitiv ihr Bestes, und sicherlich ist es richtig, dass sie die Serie trägt. In der Relation zu ihrer schauspielerischen Leistung fällt aber bei mir die Einschätzung des Drehbuches und der Handlung weniger gut aus. Der Plot ist ja sicherlich nicht schlecht, ganz klar, aber zu einem „sehr gut“ reicht es aus meiner Perspektive dann doch nicht aus. Warum? So sieht man in der Serie eine brillante Kate und viele bekannte Schauspieler, aber wir haben die Geschichte tausendmal in anderen Krimiserien gesehen: Provinz-Städtchen-Setting, stereotypes Kleine-Leute-Milieu, ein Mädchen verschwindet, ungelöster Mord in einer Kleinstadt, eine Ermittlerin, deren chaotisches Privatleben voller Probleme und persönlicher Tragödien ist, eine sich anbahnende Liebesbeziehung. Implementiert in den Handlungsablauf sind zahlreiche Standard-Twists, die ziemlich durchsichtig und offensichtlich sind, so dass sie einen auch nicht gerade vom Hocker hauen. Es fehlt eben an Kreativität sowie Originalität, und der Plot hätte definitiv besser entwickelt werden können. Die Dialoge sind mittelmäßig, die Spannung ist nur partiell vorhanden und für meine Begriffe gibt es zu viele Klischee-Verdächtige, (Vorsicht vor nachfolgenden ***** SPOILERN ***** ) z.B. den aggressiv auftretenden Jugendlichen oder den katholischen Priester. (*** SPOILER Ende***)

                            Fazit: In der Gesamtbetrachtung fällt die Einschätzung differenziert aus. Das Schauspiel von Kate Winslet ist zweifelsohne super und – wie dargelegt – die Handlung allerdings mittelmäßig. Es wäre jedoch unangemessen, die Serie als schlecht zu bezeichnen. Gewichte ich die Bewertungskriterien im Einzelnen und berücksichtige den Gesamteindruck, der stark von Kate Winslet geprägt wird, dann komme ich auf eine Wertung „ganz gut“. Zu mehr reicht es auch meiner Sicht nicht.

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                              smartbo 15.06.2021, 15:28 Geändert 16.06.2021, 17:35
                              über Angst

                              Der unter der Regie von Gerald Kargl 1983 entstandene österreichische Kultfilm handelt von einem Serienkiller und beruht auf dem Lebenslauf des real existierenden Mörders Werner Kniesek. Nachdem er seine Mutter getötet hat und nach 10 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird, sucht er sofort nach neuen Opfern und bricht in ein abgelegenes Haus ein. Die Bewohner sind nicht da, und als sie nach Hause kommen, schlachtet er sie barbarisch ab.

                              „Angst“ ist ein sehr brutaler und bedrückender Film, um das schon mal vorwegzuschicken. Es sind nicht nur die blutigen und schockierenden Szenen, die verstörend echt im Stil einer Home Invasion die Morde zeigen und den brutalen Effekt des Filmes erzeugen. Verstärkt wird diese Wirkung zusätzlich durch die besondere Art der Inszenierung, die wie eine trockene, emotionslose und sachliche Reportage und eine schockierende Konfrontation mit einem gefährlichen Verrückten rüberkommt. Beeindruckend für mich sind die Monologe des Mörders, die eine Art Logik und Rechtfertigung der Verbrechen hinter dem dahintersteckenden Wahnsinn liefern sollen. Erwin Leder in der Rolle des Serienkiller spielt den Psychopathen mit großer Überzeugung. Er hinterlässt auf dem Hintergrund des grausamen und unberechenbaren Verhaltens des Killers verblüffend real einen verstörenden Eindruck, was die Authentizität noch weiter verstärkt. Bemerkenswert finde ich, dass während der Morde keine dieser nervigen Hollywood-Geschreie zu hören sind. Auch das unterstreicht die Originalität der Inszenierung.

                              Der Film ist nicht nur ein Porträt eines geistesgestörten Killers, sondern auch cineastisch etwas Besonderes. So hat mir die Kameraarbeit des polnischen Kameramannes Zbigniew Rybczynski sehr gut gefallen, der zusammen mit der Regisseur Kargl das Drehbuch schrieb. Die Eröffnungssequenz, als die Kamera vom Dach des alten Gefängnisses ganz nach unten fährt, ist für mich beeindruckend. Die vielen Kamerafahrten und wackeligen Bilder lassen den Film sehr modern wirken, obwohl er fast schon 40 Jahre alt ist. Die Szenen sehen so aus, als ob sie mit einer Steadicam aufgenommen wurden. Darüber hinaus gibt es sehr schön aufgenommene Nahaufnahmen. Auffallend gut ist ebenso der Score. Der starke Soundtrack stammt von dem deutschen Komponisten Klaus Schulze, der vorwiegend elektronische Musik komponiert. Die Synthesizer-Musik ist perfekt dosiert und platziert und reichert die ohnehin schon vorhandene Originalität des Filmes noch zusätzlich an.

                              Fazit: Der Film wird wegen seiner Brutalität sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen. Und in die Riege meiner Lieblingsfilme wird er sicherlich nicht aufsteigen. Dennoch hat er das Prädikat „originell und gut“ aus meiner Sicht zweifellos verdient. Ob der Film sehenswert ist hängt primär davon ab, ob man bereit ist, sich auf den grausamen und verstörenden Plot einzulassen. Aber schon alleine wegen der außergewöhnlichen Inszenierung, der vorzüglichen Kameraarbeit und des Soundtracks sollte man aus meiner Perspektive einen Blick wagen.

                              @Der Dude von Nebenan: danke für den Tipp

                              P.S.: Ist auf YT mit spanischen Untertiteln verfügbar.: Angst, 1983, Dirección Gerald Kargl (Versión del director)

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                                smartbo 09.06.2021, 11:14 Geändert 13.06.2021, 21:40

                                Die HBO-Dokumentation hat in den USA hohe Wellen geschlagen. Bei uns ist der Betrugsfall, um den es in dem Film geht, so gut wie unbekannt. Im Mittelpunkt steht die ehemalige Unternehmerin Elizabeth Holmes. Bis zum Jahr 2015 war sie eine wahre Heldin im Silicon Valley, wurde gefeiert wie ein Pop-Star und sogar der neue Steve Jobs genannt. Sie gründete das Start-Up-Unternehmen Theranos, das neuartige Bluttests entwickelte, bei denen nur ein einziger Tropfen Blut benötigt wurde, um sofort viele Erkrankungen oder Anomalien diagnostizieren zu können. Sie hat es geschafft, prominente Namen für sich zu gewinnen, darunter Bill Clinton, Henry Kissinger und den ehemaligen Außenminister Schulz. Im Jahr 2015 war Theranos mehr als 10 Milliarden US-Dollar wert. Es wurde erwartet, dass die Firma eine Revolution im medizinischen Bereich auslösen würde.

                                Wie in der Dokumentation ausführlich geschildert, hat Holmes jedoch gelogen, um Investoren anzulocken. Die Technologie ihrer Tests funktioniert nicht. Die Doku legt dar, dass Holmes alles erfunden hat und die Idee von einem einfachen und preiswerten Bluttest ein einziger Betrug war. Gegen sie ist nun ein Strafverfahren wegen Betruges und Irreführung von Anlegern anhängig, das nach meinen Recherchen am 31. August dieses Jahres begonnen werden soll. Das Unternehmen ist keinen Dollar mehr wert. Zahlreiche Investoren, darunter auch Kleinanleger, die für ihre Altersversorgung gespart haben, haben ihr Geld verloren

                                Es ist eine der unzähligen irren Geschichten, die wieder mal zeigt, wie leicht es ist, die komplette Welt, auch die angesagtesten Experten, hinters Licht zu führen. Das Unternehmen hat Investoren, Politiker, Geschäftspartner, Wissenschaftler, Ärzte, Patienten und die gesamte Medizinbranche in die Irre geführt. Walgreens zum Beispiel, eine der größten Apothekenketten in den USA, hat in 40 Filialen Theranos-Bluttestkabinen installiert und bei Theranos einen Vertrag abgeschlossen, bevor es irgendwelche wissenschaftlich fundierte Ergebnisse gab und ohne etwas Konkretes in der Hand zu haben. Wenn Walgreens Theranos besucht hätte, hätte die Apothekerkette -wie die Mitarbeiter von Theranos in dem Film schildern- zerbrochene Teile, explodierte Zentrifugen und mit klebrigem Blut verklebte Mechanismen und Menschen vorgefunden. Es herrschte das reinste Chaos. Bemerkenswert war, dass dies in einem der am stärksten regulierten Sektoren in den USA geschehen konnte, nämlich der Medizin und dem Gesundheitswesen.

                                Nun fragt man sich schon während der Sichtung, wie konnten so viele Leute so lange getäuscht werden? Die Antwort ist im Prinzip sehr einfach: es ist kein Einzelfall, nichts Neues und verblüffende Parallelen zur Gegenwart -und nicht nur zur Wirecard- sind ja keineswegs zufällig. Man muss es nur richtig anpacken, dann funktioniert es schon: mit eiskalten Lügen, hartnäckiger Täuschung der Öffentlichkeit, geschickter Außendarstellung, direkter bzw. indirekter Korrumpierung von Wissenschaftlern, der Veröffentlichung von falschen statistischen Zahlen, dem Einsatz von irreführenden Marketingkampagnen/Propaganda , der Instrumentalisierung von Medien, mit juristischer Positionierung durch Einschaltung von Anwälten und last but not least mit Angstverbreitung.

                                Wie hat aber Holmes das konkret angestellt? Nun, sie war sehr gut darin, mit ihren weit geöffneten Augen, mit denen sie kaum blinzelte, und mit ihrer tiefen Stimme die Menschen zu täuschen. Es gibt Kenner der Vorgänge, die behaupten, dass das mit den Augen und der Stimme nicht echt und nur ein Trick war, um überzeugender zu wirken. Und sie hat von Anfang an namhafte Investoren und Unternehmer unter Vertrag genommen, darunter den Medienmogul Rupert Murdoch und den Gründer des Computerriesen Oracle Larry Ellison , obwohl sie nichts, absolut gar nichts, präsentieren konnte. Als Berater wurde Channing Robertson, Wissenschaftschef bei Stanford, gewonnen, und zum ersten Vorstandsmitglied ernannt. Zu den Aufsichtsratsmitgliedern gehörte auch Henry Kissinger, und sie freundete sich mit Bill Clinton an. Sie trat in zahlriechen TV-Shows auf, in denen Sie umjubelt wurde, und 2014 prangte sie auf dem Titelblatt des angesehenen Magazins "Forbes". Das alles reichte schon aus, um der ganzen Welt die Augen einzuseifen. Obwohl viele Mitarbeiter von Theranos schon sehr früh wussten, dass der Apparat nicht gebaut werden konnte und alles nur Betrug war, drang nichts nach Außen, weil sie firmenintern mit juristischen Schritten eingeschüchtert wurden und Angst um ihren Arbeitsplatz hatten. Erst die hartnäckige Recherche des mutigen und investigativen US-Journalisten John Carreyrou im Jahr 2015 entlarvte die Technologie als nicht funktionsfähig und brachte das Lügengebäude zum Einsturz.

                                Fazit: Die Macher der Doku haben aus dem umfangreichen Videomaterial einen insgesamt sehr guten und handwerklich einwandfrei inszenierten Dokumentarfilm auf die Beine gestellt, der eine überzeugende und glaubwürdige Recherchearbeit vorweisen kann. Aus meiner Perspektive ist die Doku nicht nur für politisch interessierte Menschen einer Sichtung wert.

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                                  smartbo 07.06.2021, 18:22 Geändert 08.06.2021, 18:18

                                  „Kagemusha“ spielt im feudalen Japan des 16. Jahrhunderts. Es ist die Zeit großer japanischer Kriegsherren, wie z.B. Ieyasu Tokugawa und Nobunaga Oda. „Kagemusha“ handelt von dem mächtigen Kriegsherrn Shingen. Shingen wird verwundet, und auf seinem Sterbebett befiehlt er seinem Clan, für ihn einen Doppelgänger zu finden, um seinen Tod geheim zu halten und seine Feinde zu täuschen. Der Kagemusha (übersetzt: der Schattenkrieger) ist ein Dieb, der in den großen Anführer verwandelt werden muss, um Tausende von treuen Samurai-Krieger anführen zu können. Gelingt die raffinierte Täuschung?

                                  Akira Kurosawa hat mit diesem bildgewaltigen Kriegsdrama ein beeindruckendes Samurai-Epos geschaffen und die Zeit des feudalen Japans atmosphärisch meisterhaft inszeniert. Wie wir es aus den Kurosawa-Klassikern „Die sieben Samurai“ und „Ran“ kennen, bestechen im Film ganz besonders das aufwendige Setting und die opulente Kostümierung, die unglaublich detailgetreu und historisch authentisch gestaltet sind. Bunte Rüstungen, verzierte Kimonos, unzählige Extras machen den Film zu einem bemerkenswerten Werk. Diese prächtige und farbenfreudige Optik macht den Film zu einem wahren Leckerbissen. Einer positiven Erwähnung sind ebenfalls die mit unzähligen Statisten inszenierten Schlachtszenen wert, die zusammen mit den imposanten Kulissen und der bestechenden Kostümierung als Gesamtbild einen wahren visuellen Augenschmaus darstellen. Der Cast ist auf ganzer Linie hervorragend, insbesondere Tatsuya Nakadai in der Doppelrolle des Shingen und des Kagemusha. Er schafft es vortrefflich, den Wandel von einem einfachen Dieb zu einem großen und geachteten Kriegsherren darzustellen.

                                  Fazit: Auch wenn Kurosawa mit "Kagemusha" seine Werke wie "Die sieben Samurai" und "Ran" qualitativ nicht ganz erreicht, verdient der Film es doch ohne weiteres, dass man ihn in die Riege der beeindruckenden Samurai-Epen einreiht. Großes Kino, dass ich als sehenswert empfehlen kann.

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                                    smartbo 21.05.2021, 17:16 Geändert 21.05.2021, 23:18

                                    Jaaa, hurrraaa. Kommentar № ⋙ 𝟏𝟎𝟎𝟎 ⋘ ist erreicht. Dieses Jubiläum widme ich mit einer Neuauflage der Kommentierung einem meiner Lieblingsfilme „Angel Heart.“ Die Beschreibung fällt nach einem Rewatch ausführlicher und detaillierter aus. Na, und ganz klar: an meiner 10er-Bewertung ändert sich natürlich nichts, die bleibt.

                                    Der erfolglose und heruntergekommene Privatdetektiv Harry Angel (Mickey Rourke) erhält in seinem Büro in New York im Jahr 1955 den Telefonanruf von einem Anwalt namens Herman Whinesap. Er teilt ihm mit, dass sein Klient Louis Cyphre (Robert de Niro) für ihn einen lukrativen Auftrag hat. Wie er kurze Zeit später bei einem Treffen mit den unheimlich wirkenden Louis Cyphre erfährt, soll er den Schnulzensänger Johnny Favorite ausfindig machen. Cyphre berichtet ihm, er habe mit dem Sänger einen Vertrag, der nach einer Krankenhausbehandlung in einer Klinik vor 12 Jahren spurlos verschwunden sei. Da er seinen Vertrag mit ihm nie erfüllt und ihn hintergangen habe, müsse Johnny aufgespürt werden. Harry stimmt zu und beginnt seine Suche, die ihn ins schwülheiße New Orleans führt. Je tiefer er in dieser geheimnisvollen Sache ermittelt, desto mehr rätselhafter Todesfälle gibt es und die mysteriöse Geschichte wird zu einem blutigen Horrortrip.

                                    Der Film basiert auf der Novelle „Falling Angel“ von William Hjortsberg. Regisseur und Drehbuchautor ist Alan Parker, der im Jahr 2020 leider verstorben ist. Er inszenierte die verstörenden und beklemmenden Bilder, die mit Religion, Okkultismus und Hexerei subtil gefärbt sind und mit schrill einsetzenden, perfekt platzierten akustischen Effekten sowie dem vortrefflichen New-Orleans-Sound angereichert werden. Diese Akzentuierungen verleihen „Angel Heart“ seine surreale und beängstigende Wirkung. Jazzmusik, schwarze Magie, Schweiß, Blut und Mord sind die Gewürze dieses fesselnden Thrillers. Die Charaktere und der Plot sind im Film außergewöhnlich gut ausgearbeitet, was ihn zu einem großartigen Filmerlebnis macht.

                                    „Angel Heart“ wird zweifellos vor allem von Mickey Rourkes Schauspiel getragen. Vortrefflich verkörpert er Harry Angel, den unrasierten, schlampigen Typen, so um die 35, der Kette raucht und regelmäßig unter übermäßigem Schweiß leidet. Er versteht es, den schmuddeligen Harry einnehmend und ungezwungen dazustellen. Und er schafft es, seine spontanen Dialoge so zu vermitteln, als würde er sie soeben aus dem Ärmel schütteln. Was auch immer er tut oder sagt, wie auch immer er sich durch die Szenen bewegt, er strahlt eine hohe Authentizität und Natürlichkeit aus. Gute Leistung bietet ebenso die bildhübsche Lisa Bonet, die die Epiphany verkörpert und die hier wahrlich zu gefallen weiß. Die „rote“ Sex-Szene in einem Hotelzimmer zwischen ihr und Rourke ist zutiefst beeindruckend und Filmgeschichte. Und Robert de Niro spielt seine Rolle so dämonisch und so düster, dass es unheimlich wird. Er ist zwar nur paar Minuten lang zu sehen, er hinterlässt jedoch mit seinen Kurzauftritten einen finsteren und mysteriösen Schatten auf die gesamte Handlung. Legendär ist seine Szene, in der er ein ganzes gekochtes Ei pellt und runterschluckt.

                                    So einfach die Handlung auch klingen mag, sind die Verwicklungen, die in der Geschichte stecken, alles andere als leicht zu interpretieren. Die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit wird immer diffuser, bis Harry sich fragt, was zum Teufel los ist. Beginnt er verrückt zu werden? Gibt es spirituelle Kräfte, von denen er nichts weiß? Es sind Voodoo-Szenen und makabre Rituale zu sehen. Dies kommt der mysteriösen und düsteren Atmosphäre zugute und wirft unentwegt Fragen auf, die permanent die Spannung und die Neugier speisen. Was hat es mit den grausamen Morden auf sich, die seinen Weg bei der Suche nach Johnny Favorite pflastern? Wer ist eigentlich Louis Cypher? Wie wurde Epiphany schwanger, wer ist der Vater ihres Sohnes ? Und worum geht es in Harrys Albtraumbildern? Findet er Johnny Favorite? Die Geschichte scheint durchgehend kompliziert zu sein, aber am Ende, wenn das Blut vergossen ist und sich der Staub gelegt hat, kommt es zu der explosiven überraschenden Auflösung, die den Zuschauer in ein ungläubiges Staunen versetzt und einen heftigen Mindfuck in Gang setzt.

                                    Fazit: Es ist ein Film mit hohem Erkennungswert, den man nie vergisst. Auch nach der Sichtung bleibt man von der intensiven Atmosphäre des Filmes und dem unerwarteten irren Twist am Ende eine Weile gefangen. Obwohl ich „Angel Heart“ schon mehrmals gesehen habe und die Story kenne, ist dies einer der wenigen Filme, den ich mir immer wieder gerne ansehe. Absolut top. Beide Daumen hoch.

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                                      smartbo 16.05.2021, 19:04 Geändert 17.05.2021, 14:37

                                      Die Handlung der Komödie ist auf Zypern in der geteilten Hauptstadt Nikosia angesiedelt. Im Norden befindet sich der von den Türken besetzte Teil. Auf der griechischen südlichen Seite der Stadt lebt der 45-jährige Yiannis, der Hauptdarsteller. Er ist arbeitslos, pleite, als Musiker ist er gescheitert, er hat Schulden, wird von einem kriminellen Kredithai verfolgt und seine Freundin hat ihn verlassen. Er hat aber noch ihren Hund Jimi (benannt nach dem berühmten Gitarristen Jimi Hendrix), um den er sich liebevoll kümmert. Yiannis ist der typischer Looser und Tagträumer. Seine Lebensfreunde und Optimismus hat er aber nicht verloren. So will er in drei Tagen in die Niederlande übersiedeln. Was ihn auszeichnet ist, dass er super sympathisch ist und zu den Menschen gehört, denen man nie böse sein kann.

                                      Als er eines Tages mit Jimi Gassi geht, läuft ihm der Hund an der Grenze in die UN-Pufferzone weg. Yiannis gelingt es mit Mühe und Not, den Hund zu finden. Doch am Grenzübergang gibt es Probleme wegen Jimi: der Hund darf nicht aus einem außereuropäischen Land nach Europa importiert werden. Dafür muss Yiannis unzählige, unüberbrückbare bürokratische Hürden überwinden. Hilfe findet er bei Hassan, der im türkischen Teil der Stadt wohnt. Die beiden versuchen Jimi irgendwie über die Grenze zu bringen. Von da an beginnt eine regelrechte Lawine von witzigen und absurden Ereignissen.

                                      „Smuggling Hendrix“ ist ein humorvoller Film, der die Absurditäten von bürokratischen Gesetzen und EU-Vorschriften vortrefflich auf die Schippe nimmt. Die Inszenierung ist an einigen Stellen etwas behäbig, aber insgesamt unter dem Strich gut gelungen. Der Regisseur Marios Piperides ist im griechischen Teil der Insel aufgewachsen und hat die Konflikte mit den von den türkischen Truppen besetzten Teil mitbekommen. Es wäre daher vielleicht naheliegend, dass er die zypriotischen Türken im Film negativ, böse und unsympathisch darstellt. Aber nichts dergleichen. Hassan wird im Film wie ein gutherziger sympathischer Nachbar von nebenan gezeigt, der ebenfalls mit unsinnigen Gesetzen konfrontiert ist, die gleichermaßen viel Leid auf beiden Seiten bringen, egal ob für die griechischen oder für die türkischen Zyprioten. Diese symbolische, freundschaftlich ausgestreckte Hand, die für eine Aussöhnung plädiert, ist unübersehbar. Das hat mir ausgezeichnet gefallen.

                                      Die Handlung ist durchgehend heiter, amüsant und mit zahlreichen Spitzen gegen die Politik und gegen die kleinen gehorsamen Beamten, die stur ihren Dienst an der Grenze verrichten, gespickt. Angesichts der vorherrschenden Spannungen und Konflikten auf der Insel einen solchen versöhnlichen und humorvollen Film zu drehen, das finde ich schon bemerkenswert. Chapeau Marios Piperides. Naja, einen kleinen Wermutstropfen habe ich doch noch. Das sind die nicht gerade erstklassigen Schauspieler. Ausnahme ist Adam Bousdoukos, der den Yiannis spielt und eine überzeugende Performance bietet. Geboren wurde er in Hamburg und hat in zahlreichen deutschen Filmen mitgewirkt, u.a. in „Der goldene Handschuh“ unter der Regie von Fatih Akin.

                                      Fazit: der große Wurf ist es sicherlich nicht. Aber man muss bedenken, dass es das Spielfilmdebüt des Regisseurs ist. Gleichwohl bietet die liebevolle und amüsante Low-Budget-Produktion eine Menge Spaß und Unterhaltung. Von meiner Seite aus hat der Film eine Qualifizierung als „sehenswert“ in jedem Fall verdient.

                                      @Chionati: ich denke, dass er etwas für Dich sein müsste :)

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                                        smartbo 15.05.2021, 09:50 Geändert 15.05.2021, 14:57

                                        Als ich die Beschreibung zum Film vorab gelesen habe, habe ich mir die Hände gerieben: ja, der ist sicherlich gut, dachte ich mir. Und angesichts der großen Namen stieg meine Erwartung: Brian de Palma Regisseur und Drehbuchautor, Kamera Stephen H. Burum, (einer der besten auf seinem Gebiet) und dann noch Melanie Griffith in der Hauptrolle. Was soll denn da noch schief gehen? Umso enttäuschter war ich nach der Sichtung. Der Film schneidet fast in allem Kriterien, die ich standardmäßig bei der Bewertung zugrunde lege, wenig überzeugend ab. Da ist zuvorderst die löcherige und leicht vorhersehbaren Handlung, die unglaubwürdig ist. Ich gehöre ganz sicher nicht zu denjenigen, die auf den Millimeter genau nach Logiklöchern oder Holprigkeiten im Plot suchen. Aber so viele glückliche Zufälle, Klischees und unglaubwürdige Szenen wie hier, sind sogar mir zu viel. Was besonders negativ auffällt, ist das unlogische und lebensfremde Verhalten der Protagonisten. Das ist in meinen Augen und nach meiner Einschätzung so ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

                                        Nicht überzeugend ist für mich der Cast, der insgesamt eine gerade noch durchschnittliche schauspielerische Performance erreicht. Ausnahme ist hier natürlich Melanie Griffith, die immer ein Pfund ist und mir ausgezeichnet gefällt. Das reicht jedoch für eine gute Bewertung bei weitem nicht aus. Von einer überzeugenden Atmosphäre und Spannung habe ich ebenfalls kaum etwas verspürt. Stattdessen habe ich mich gelangweilt und auf das erlösende Ende gewartet.

                                        Fazit: Ein guter Film ist aus meiner Sicht etwas anderes. Für mich war es die reinste Zeitverschwendung. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Und so kommt er eben aus meiner Sicht über ein „Uninteressant“ nicht hinaus.  

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                                          smartbo 10.05.2021, 18:28 Geändert 11.05.2021, 11:33

                                          Die Dokumentation, inszeniert von dem Schriftseller Jonathan Littell, schildert mit Interviews, aktuellen Aufnahmen und Rückblenden, wie ehemalige Kindersoldaten der ugandischen paramilitärischen Rebellenarmee LRA, Lord‘s Resistance Army (Widerstandsarmee des Herrn) nach ihrer Amnestie und ihrer Resozialisierung in ihrem Alltag in Uganda mehr schlecht als recht zurechtkommen und wie sie mit ihren traumatische Kriegserfahrungen fertig werden. Für ein besseres Verständnis der Handlung ist es hilfreich, die historischen Begebenheiten zumindest in groben Umrissen zu kennen. Deshalb erläutere ich im nachfolgenden Abschnitt vorab den geschichtlichen Hintergrund, auf dem die Doku basiert.

                                          Die LRA wurde von Joseph Kony, aus dem Stamm der Ancholi, 1987 in Norduganda gegründet, um gegen das damalige Unrechtsregime von Yoweri Musevini in Uganda zu kämpfen. Joseph Kony war Christ, hat aber seinen Glauben mit alten afrikanischen Geistesbeschwörungen vermengt. Die Bezeichnung „Wrong elements“ ist zweideutig und stammt von Kony. Damit meinte er im politischen Sinne das Musevini-Regime und auf dem Hintergrund seines Geistesglaubens auch die „bösen Geister“. In Wahrheit ging es ihm jedoch nicht um einen gerechten Kampf und auch nicht um religiöse Ziele, sondern nur darum, sich zu bereichern, zu plündern, zu morden und zu vergewaltigen. Er entführte gewaltsam in 20 Jahren über 60.000 Jugendliche, Mädchen und Jungen, um sie zu zwingen, in seiner Armee zu kämpfen. Sie dienten ihm als Killer und Sexsklavinnen. Nur die Hälfte der Jugendlichen überlebte bis heute das Grauen im Dschungel. Nachdem die ugandische Armee die LRA im Jahr 2006 aus Uganda vertrieb, marodierte danach ein Teil der LRA-Kämpfer noch weiter in den Nachbarländern Süd-Sudan, in der zentralafrikanischen Republik und in Kongo. Heute sind nach Schätzungen von Experten nur noch ca. 100-200 LRA-Soldaten aktiv. Trotz eines hohen Kopfgelds ist Kony aber noch immer auf freiem Fuß.

                                          Im Mittelpunkt des Filmes stehen die zwei jungen Frauen Nighty und Lapisa sowie die jungen Männer Geofrey und Mike. Sie wurden mit 12 Jahren verschleppt und mussten der LRA zu Diensten sein. Die Mädchen wurden als Sexsklavinnen missbraucht und die Jungen zu brutalen Killern abgerichtet. Nach ihrer Resozialisierung durch die ugandische Regierung versuchen die vier heute, ein normales Leben zu führen. Geofrey und Mike schlagen sich als Motorradtaxifahrer durch und Nighty lebt mit einem ugandischen Soldaten zusammen. Lapisa leidet heute unter psychischen Störungen. Sie kommt mit ihrem Leben gar nicht klar. Ganz besonders ihr Schicksal ist emotional stark berührend.

                                          Der Film begleitet die jungen Protagonisten auf den Fahrten zu den Orten, an denen sie die grauenhaften Morde und Massaker verübt haben. Deutlich wird, dass sie von ihren alptraumhaften Erinnerungen immer noch gefangen sind. Die psychischen Wunden sind nicht verheilt, denn sie versuchen das Schrecken mit lustigen Neckereien zu überspielen, in die sie ausweichen, um die Erinnerungen an die fürchterlichen Ereignisse nicht allzu nah an sich kommen zu lassen.

                                          Die Regierung in Kampala spricht von Resozialisierung, jedoch davon kann keine Rede sein, denn Unterstützung z.B. in Form von aktiven Hilfs-Programmen oder finanziellen Mitteln erhalten sie nicht. Sie müssen selbst zusehen, wie sie klar kommen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie gesellschaftlich kaum akzeptiert werden und bis heute noch in Uganda Fremdkörper sind.

                                          Die Doku ist handwerklich sicherlich kein Meisterwerk. So sind Längen und rudimentäre Szenenwiederholungen zu sehen. Mit 2 Stunden 15 Minuten ist sie zu lang. Eine Komprimierung auf ca. 1 Stunde 30 Minuten wäre hier aus meiner Sicht perfekt. Aber angesichts dessen, dass der Doku-Macher eigentlich Schriftsteller und dies seine erste Doku ist, ist sie zweifelsohne ordentlich gemacht. Ich bin desweiteren der Meinung, dass hier primär das Thema der Doku im Vordergrund stehen sollte und nicht die filmischen Feinheiten. Der Film hat mich emotional stark mitgenommen. Er ist verstörend, ergreifend und bewegt zum Nachdenken. So wechselte mein Befinden während der Sichtung zwischen tiefer Gerührtheit, Entsetzen, Nachdenklichkeit und auch Unverständnis darüber, dass solche schrecklichen Ereignisse von der Weltöffentlichkeit so ungerührt und gleichgültig hingenommen werden.

                                          Fazit: die Zerschlagung der LRA war nur ein Tropfen auf heißem Stein, denn das Thema Kindersoldaten hat nichts an Aktualität verloren. Nach einer vorsichtigen Schätzung durch die UNICEF gibt es gegenwärtig heute weltweit ca. 250 000 Tausend Kindersoldaten.
                                          („https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/kindersoldaten-in-afrika-und-weltweit/72156 )
                                          Mit dieser Doku trägt Jonathan Littell dazu bei, das Problem „Missbrauch von Kindersoldaten als eine der schrecklichsten Formen der Gewalt“ wieder ins Bewusstsein zu rufen. Alleine schon wegen der Relevanz des Themas ist sie nach meiner Auffassung einer Sichtung und Empfehlung in jedem Fall wert.

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                                            smartbo 09.05.2021, 17:50 Geändert 11.05.2021, 11:33
                                            über Tenet

                                            Wenn mich ein Film von Anfang an permanent mit verschachtelten, gezielt “überintellektualisierten Rätseln oder Sudokus“ überzieht, mit dem latenten „Auftrag“, diese zu lösen und unmittelbar verstehen zu müssen, ansonsten würde ich den Anschluss verlieren, dann, ja dann wird er für mich anstrengend. Mir fehlen spätestens dann die entscheidenden Zutaten und Gewürze für eine gute Filmbewertung, nämlich, dass mich ein Film fesselt, mich unterhält, mir etwas Interessantes erzählt und eine Grundneugier auf Weiter/Mehr erzeugt. Das hat der Film bei mir nur äußerst schwerlich bewirkt. Denn die Handlung, die bei mir eine gewichtige Rolle spielt, war für mich erst nach einer Zweitsichtung und das auch nur zum großen Teil nachvollziehbar. Und ich scheine ja mit meiner Kritik nicht der Einzige zu sein, was aus unzähligen Kommentaren explizit zu ersehen ist.

                                            Exzellent sind natürlich die Action mit den fulminanten Stunts sowie die visuellen und akustischen Effekte, die einen vorzüglichen Gesamteindruck hinterlassen. Erstklassig sind auch die beeindruckenden Locations, die prima eingefangen wurden. Zu den Pluspunkten zähle ich ebenso den Sound von Ludwig Göransson, der den ganzen Film lang so richtig um die Ohren wummert, das Pacing vorantreibt und die düstere Sci-Fi-Atmosphäre anreichert. Ein prima Actionsoundtrack. Diese Einschätzung reicht aber für eine herausragende Gesamtbewertung nicht aus. Dazu ist mir eine gute und verständlich ausgearbeitete und einnehmende Geschichte zu wichtig.

                                            Fazit: Der Film hat überaus gute bis sehr gute Kritiken/Bewertungen erhalten. Dafür zolle ich Respekt. Bei mir kommt der Film jedoch an eine überzeugende gute Wertung wegen der schwer zugänglichen Handlung nicht heran.

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                                              smartbo 06.05.2021, 18:19 Geändert 06.05.2021, 21:23

                                              Endlich wieder mal eine True-Crime-Serie, die ordentlich punket und zu gefallen weiß. Sie basiert auf wahren Begebenheiten. Geschildert wird in der 8-teiligen inszenierten Mini-Serie das kriminelle Treiben des Serienkillers Charles Sobhraj, der sich in den 70er Jahren in Thailand als seriöser Juwelenhändler ausgibt und Hippie-Touristen umbringt, nachdem er sie vorher mit Getränken betäubt und ausgeraubt hat.

                                              Auf den Fersen ist ihm Herrman Knippenberg, ein Mitarbeiter der niederländischen Botschaft in Bangkok, der ein als vermisst gemeldetes holländische Pärchen sucht. Er ist auf sich alleine gestellt, Unterstützung von der thailändischen Polizei bekommt er nicht, als er diese naiv um Hilfe bittet. Bezeichnend für seine Situation ist, was ein belgischer Diplomaten-Kollege zu ihm sagt: „Sie haben aber einen „deutschen Glauben“ in die Behörden“. (Welch köstliche und zugleich traurige, weil zutreffende Charakterisierung.)

                                              Was in der Serie ganz besonders beeindruckt, ist das enorm authentische Schauspiel von Tahar Rahim, der den eiskalten Psycho und Killer Charles Sobhraj spielt. Ein top Schauspiel. Gut weiß auch die Figur des Herrmann Knippenberg zu gefallen, der nicht klischeehaft und überzeichnet als Held oder Anti-Held präsentiert wird, sondern etwas hilflos und naiv, jedoch um so authentischer rüberkommt. Aber auch der übriger Cast, der mir unbekannt ist, braucht sich nicht zu verstecken, bietet er doch eine überdurchschnittlich gute Leistung.

                                              Die Atmosphäre ist abwechselnd gemischt: teilweise von dem heiteren groovy Hippie-Leben geprägt, vom Urlaubsflair in den Touristen-Orten gefärbt und dann wieder von einer düsteren, brutalen und morbiden Wirkung gekennzeichnet. Das gilt vor allem für die Morde, die zwar nicht explizit gezeigt werden, aber dennoch einen schauderhaften und verstörenden Eindruck hinterlassen. Unter anderem die Szene, als sich Marie-Andrée, die Freundin des Killers, in einem Zimmer aufhält und das Radio aufdreht, damit sie die Schmerzensschreie eines Pärchens nicht hört, das von dem Killer und seinem Paladin in dem Nebenzimmer umgebracht wird.

                                              Die Serie ist handwerklich gut inszeniert. Spannung und fesselnde Momente sind ausreichend vorhanden. Ansprechend ist das sonnige Setting in Thailand der 70er Jahre inszeniert sowie die Outfits der Darsteller. Ein Wort noch zu den häufig kritisierten Zeitsprüngen: anfangs wirkten sie auch auf mich eher etwas verwirrend und störend, aber schnell habe ich mich an sie gewöhnt, so dass ich sie sogar als Qualität anreichend bezeichnen würde. Das einzige, was ich kritisch anmerken möchte, ist, dass die Serie mit 8 folgen etwas zu lang ausgefallen ist. Eine Komprimierung der Handlung auf fünf Folgen wäre meines Erachtens die perfekte Dosierung. Weniger wäre hier mehr, und hätte bei mir sicherlich einen weiteren Plus-Punkt gebracht.

                                              Fazit: die Serie ist ein fesselnder und verstörender Trip in das sonnige Thailand der 70er Jahre, auf dem man als Zuschauer die brutalen und unfassbaren Verbrechen authentisch miterlebt. Die Serie ist bestens zum Bingen geeignet und nicht nur für True-Crime-Fans einer Empfehlung wert.

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                                                smartbo 04.05.2021, 18:07 Geändert 15.05.2021, 22:32

                                                Jeff Taylor, gespielt von Kurt Russel, und seine Frau Amy, dargestellt von Kathleen Quinlan, sind mit ihrem PKW nach San Diego unterwegs und müssen auf ihrer Reise die Wüste von New Mexiko durchqueren. Auf halbem Weg erleben die beiden einen wahren Schrecken: eine Panne im kargen Niemandsland. Weit und breit nichts zu sehen. Doch ein LKW nähert sich und hält an. Der Truckfahrer Red Barr (J.T. Walsh) bietet seine Hilfe an und nimmt Amy zur nächsten Raststätte mit, damit sie dort aus Hilfe organisiert. Währenddessen gelingt es Jeff jedoch, selbst den Wagen zu reparieren und in den nahegelegenen Ort zu fahren. Was mit einer simplen Autopanne beginnt, eskaliert bald zu einem Albtraum und einem spannenden Schocker….

                                                Die Idee zum Plot ist ja nicht gerade völlig neu oder gar originell. Irgendwann und irgendwo hat man die gleiche oder ähnliche Story schon gesehen. Die Geschichte wirkt partiell etwas konstruiert und wenig authentisch. Zweifelsohne ist sie jedoch von Jonathan Mostow , dem Regisseur, erstklassig umgesetzt. Und wenn man sich mit der Handlung anfreundet und sie akzeptiert, spätestens dann weiß der Film in der Gesamteinschätzung zu überzeugen, Neugier zu streuen und mit einer packende Spannung zu fesseln. „Breakdown“ bietet einen Genremix und ist ein Film, der wie ein rätselhafter purer Thriller beginnt, allmählich in eine nervenaufreibende Action übergeht und mit einem fulminanten Showdown endet. Angereichert wird die gute Filmqualität mit überraschenden Wendungen, die dem Film einen zusätzlichen Kick verleihen.

                                                Die Figur des Protagonisten Jeff, bei dem die Gefühle der Ohnmacht und Verzweiflung dominieren, ist sehr gut gezeichnet. Seine Charakterentwicklung von einem ruhigen, biederen und anständigen Mann zu jemandem, der es versteht, alle Skrupel zurückzustellen und zu kämpfen, ist herausragend skizziert. Schnell solidarisiert man sich als Zuschauer mit Jeff, fiebert und sympathisiert mit ihm. Dies ist sicherlich auch auf die hervorragende schauspielerische Leistung von Kurt Russell zurückzuführen, der sich wieder mal als sehr guter Schauspieler erweist.

                                                Fazit: Überschaubare Geschichte, aber ein vorzüglich inszenierter und spannender Film-Klassiker, der zeitlos ist und eine kurzweilige Unterhaltung bietet. Top.

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                                                  smartbo 30.04.2021, 18:12 Geändert 30.04.2021, 20:20

                                                  Es ist ja schon so viel, partiell sehr kontrovers über den Film geschrieben worden. Nachfolgend schildere ich meine eigene Einschätzung und stelle dabei die aus meiner Perspektive wesentlichen Aspekte des Filmes heraus.

                                                  Dazu gehört zuvorderst die Erwartungshaltung. Damit der Film gefällt, sollte man an ihn mit einer angemessenen und richtigen Erwartung rangehen. Na ja, auf den ersten, oberflächlichen Blick fällt der Eindruck mager aus. So bietet er keine Action, keine Spannung und auch keine raffiniert ausgearbeitete Handlung an. Nein. Der Plot ist ja eher dürftig, denn er beschränkt sich im Prinzip darauf, das Zusammenleben und die tägliche Arbeit von zwei Leuchtturmwärtern in einem beengten, schmuddeligen Raum in einem Leuchtturm Ende des 19ten Jahrhunderts zu schildern. Das sparsame Setting und die Ausstattung ragen ebenfalls nicht besonders heraus, alleine schon deshalb, weil es die Handlung nicht hergibt. Gedreht wurde der Film in einem ungewöhnlichen, fast quadratischen 1,19:1-Format, was nicht jedermanns Geschmack sein dürfte. Auch die Genrezuordnung bedarf einer Klarstellung, denn es ist kein Horror- oder Mystery-Film, als welcher er verschiedentlich bezeichnet wird. Der Film lässt sich schon eher dem Genre Drama zuordnen.

                                                  Nun, das sieht ja bis jetzt dürftig aus. Was hat denn der Film zu bieten, und wie kommt meine sehr gute Bewertung zustande? Er punktet zuvorderst mit seiner brillanten, von Robert Eggers kreierten Inszenierung, die es versteht, in beeindruckender Manier atmosphärisch die komplette Klaviatur der dramaturgischen Akzentuierungen zu präsentieren, die sich zwischen den beiden Männern in der klaustrophobischen Enge des Leuchtturmes abspielt. So sind in filmisch exzellenter Qualität abwechselnd Freude, Wut, Misstrauen, Streit, Aggressionen, Fröhlichkeit, Trauer, Hass, Zuneigung, Gewalt, Paranoia zu sehen. Untermauert wird dieses beeindruckende, surreal anmutende Schauspiel dadurch, dass in jeder Szene stets etwas Geheimnisvolles und Mystisches schwebt. Dieser Effekt fesselt und erzeugt permanent Neugier, so dass von Langeweile keine Rede sein kann.

                                                  Die Atmosphäre ist durchgehend düster und bedrückt. Die Umgebungsgeräusche, die schrill einsetzenden, verstörenden, lautstarken Soundeinlagen sowie die Schwarz-Weiß-Bilder des Films intensivieren noch zusätzlich die finstere und unheimlich anmutende Wirkung. Es ist ein Film mit einer bemerkenswert starken Ausstrahlung, was primär zweifelsohne -neben der vorzüglichen Inszenierung- der exzellenten schauspielerischen Leistung der beiden Protagonisten Willem Dafoe und Robert Pattinson zu verdanken ist. Eine Top-Performance, die wahrlich zu beeindrucken weiß. Für den Film sollte man sich Zeit nehmen und vor allem etwas Geduld mitbringen. Denn anfangs macht er schon einen etwas lethargisch Eindruck, und es dauert halt, bis das grandiose Schauspiel der beiden Protagonisten und die packende Atmosphäre den Zuschauer so richtig mitzureißen und zu fesseln vermögen.

                                                  Fazit: Der Film ist sicherlich keine lockere, seichte Hollywood-Unterhaltung für Jedermann mit dem üblichen Schnickschnack. Wer sich diesen anspruchsvollen, ungewöhnlichen Film anschauen möchte, der bekommt keine Hausmannskost aus der Tageskarte serviert, sondern ein Spezial-Menü a la carte. Top. Daumen hoch.

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                                                    smartbo 28.04.2021, 18:19 Geändert 29.04.2021, 11:02

                                                    „Rockstars haben meinen Sohn entführt!" platzt es plötzlich laut aus der erzkonservativen College-Professorin Elaine Miller, (gespielt von Frances McDormand), während ihrer Vorlesung in Anwesenheit der verdutzten Studenten heraus. Irritiert und etwas erschrocken über ihren emotionalen Ausbruch schaut sie sich im Hörsaal um. Es herrscht betretenes Schweigen. Was ist geschehen ? Sie macht sich Sorgen. Ihr 15jähriger, etwas naiver Sohn, William (Patrick Fugit), ein begeisterter Rockmusik-Fan, wurde von dem freien Lebensstil der 70er Jahre und dem wilden Leben der „fast berühmten“ Band „Stillwater“ angesteckt und hat sich ihr angeschlossen. Es sind die freien und liberalen 70er Jahre, in denen allerdings die Kluft zwischen der Eltern-Generation und der Generation der Kinder immer noch groß ist. Für seine Mutter kommt das fast schon einem Kidnapping durch Aliens gleich.

                                                    William begleitet die Band in ihrem eigenen Tourbus quer durch die USA, ist bei den Konzerten dabei, bekommt die Konflikte innerhalb der Band mit und erlebt den Back-Stage-Rummel mit all den „Sex, Drugs and Rock and Roll“- Eskapaden. Er verliebt sich in Penny Lane, (dargestellt von Kate Hudson, Tochter von Goldie Hawn) die ein Groupie der Band ist. William genießt das wilde Leben mit der Band. Er ist mit dem Musikjournalisten Lester Bangs (Philip Seymour Hoffman) befreundet und auch er möchte Journalist werden. Als das Musik-Magazin „Rolling Stone“ ohne sein Alter zu kennen zufällig mit ihm telefonisch Kontakt aufnimmt und ihm eine Cover-Story über „Stillwater“ anbietet, schwebt er auf Wolke sieben. Doch wie geht die Geschichte, die so rosig und vielversprechend beginnt, aus? Wird die Story im „Rolling Stone“ der Grundstein für seine journalistische Karriere? Und wie geht es mit Penny weiter? Wird sie seine Gefühle erwidern? Gelingt es der Band berühmt zu werden oder zerbricht sie an ihren Streitigkeiten? Findet er noch den Weg nach Hause zu seiner Mutter? …

                                                    Die Handlung ist fiktiv, sie ist aber so authentisch von Cameron Crowe inszeniert, dass sie glaubhaft das Lebensgefühl der 70er Jahre vermittelt. Dazu tragen sicherlich auch die durchgehend guten Schauspieler bei, die die reale Atmosphäre anreichern. Aus dem Cast möchte ich besonders die wunderbare und fantastisch aufspielende Kate Hudson herausstellen, die als Penny Lane die treibende Kraft der Handlung ist und für einen herausragenden Eindruck des gesamten Films sorgt. Gelungen ist ebenso die feinfühlige Charakterzeichnung von William, dessen Naivität und Unbeholfenheit schauspielerisch glaubwürdig und überzeugend rüberkommen.

                                                    „Almost famous“ ist nicht nur eine Coming-Of-Age-Geschichte, sondern darüberhinaus auch eine stimmige Studie über die Gegenkultur der 70er Jahre. Die Atmosphäre ist überwiegend heiter und mit schwarzhumorigen Einlagen gewürzt. Im Verlaufe der Handlung sind aber auch dramaturgische Passagen zu sehen, die emotional berührend sind. Dieser gelungene atmosphärische Mix ist grandios inszenatorisch komponiert und macht den Film qualitativ so gut.

                                                    Und last but not least: der Soundtrack ist top. Er gibt den Zeitgeist wieder und intensiviert vortrefflich den reale Flair der 70er Jahre. So ist eine Vielzahl von damaligen Hits zu hören, wie z.B. von Black Sabbath, Led Zeppelin, Simon & Garfunkel, Elton John, und vielen anderen. Die Song-Placements und Dosierungen sind perfekt. So ist zu jedem Anlass der passende Sound zu hören.

                                                    Fazit: „Almost famous“ ist ein außergewöhnlicher Film, der bei mir in allen Filmbewertungskriterien zu punkten weiß. Ein schönes Filmerlebnis, und einfach nur klasse. Der Film ist zu einem meiner Lieblingsfilme mit Herzchen avanciert, was wahrlich Seltenheitswert besitzt. Top.

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