smartbo - Kommentare

Alle Kommentare von smartbo

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    smartbo 17.09.2021, 10:22 Geändert 17.09.2021, 17:54

    Der Film spielt in den 1830er Jahren in England und erzählt die Geschichte der armen Kleinbauern, die auf dem Land einer wohlhabenden Familie leben und arbeiten. Es ist eine Geschichte der brutalen Ausbeutung und der mutigen Menschen, die einen Aufstand gegen die unterdrückenden reichen Landbesitzer auslösen. Dieses Ereignis kann als die Geburtsstunde der Gewerkschaften angesehen werden und ist in England als die Geschichte über die „Sechs Märtyrer von Tolpuddle“ bekannt..

    Die Qualität des Filmes ist vorzüglich. Es ist ein aufwendig inszeniertes, fast 3 Stunden laufendes Werk, das vor allem mit seinem brillanten Setting beeindruckt. So wirken die Kulissen, Kostüme, Ausstattung, Szenenbilder sehr detailgetreu und sogar bis auf den letzten Schuhschnürsenkel bemerkenswert echt. Beeindruckt haben mich gleichermaßen die dichte und fesselnde Atmosphäre, die verblüffend authentisch das 19te Jahrhundert wiedergibt sowie das brillante Schauspiel der Protagonisten. Und klar: es ist vor allem das ansprechende politische Statement des Filmes, das Gefallen findet, weil es für Freiheit, Menschlichkeit und gegen die Herrschaft von Menschen über Menschen plädiert. Themen, die heute aktueller denn je sind.

    Fazit: Daumen hoch, ein (unverdientermaßen) ziemlich unbekannter Film, der einen nicht gleichgültig lässt und den ich ohne Wenn und Aber empfehlen kann. 

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    • smartbo 10.09.2021, 12:52 Geändert 10.09.2021, 16:06

      Die Messer sind gewetzt. Folien, Metzgerschürze, Handschuhe, Abfallsäcke, Utensilien für eine Blutprobe liegen bereit. Mir juckt es schon langsam in den Fingern. Wird Zeit, dass es bald losgeht. 😇

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      • 7
        smartbo 10.09.2021, 10:27 Geändert 10.09.2021, 16:11
        über Giant

        Arzadun: „Martin, du musst Dich anpassen, passe Dich an. Die Anpassungsfähigkeit ist doch die beste Eigenschaft, die die Menschen haben“
        Martin: „Nein, Arzadun, das Gegenteil ist der Fall. Dass sich die Menschen ständig anpassen, das ist die schlimmsten Eigenschaft der Menschen“
        (Eine von vielen subtil und geschickt in den Dialogen verschleierten Allegorien.)

        Der Film, der Mitte des 19ten Jahrhunderts spielt, basiert auf wahren Ereignissen und erzählt die Story über eines der größten Mythen in der baskischen Geschichte: es geht um Miguel Joaquin, den Riesen von Altzo.

        Als der junge Martin aus dem spanischen Bürgerkrieg (Karlistenkriege) mit verkrüppelter Hand in sein Dorf Altzo im ländlichen Baskenland heimkehrt, muss er feststellen, dass sein Bruder Joaquin zu einem Riesen gewachsen ist und immer noch weiter wächst. Verursacht wird das Phänomen durch einen meist gutartigen Tumor, der zu einer hormonellen Störung führt, die für das ungebremste Wachstum verantwortlich ist. In der Medizin wird die Krankheit als Akromegalie bezeichnet. Da beide für die Arbeit auf dem väterlichen Hof nutzlos sind, begeben sie sich in die europäischen Hauptstädte, um "Joaquin den Riesen" als Sensation zu verkaufen und so für die Familie Geld zu verdienen. Sie treten auf öffentlichen Plätzen, in Zirkussen und in Theatern auf. Sie haben mit ihren Auftritten Erfolg. Doch können sie den Erfolg dauerhaft halten ?

        Es ist ein Film über Toleranz, Sensationsgier, Empathielosigkeit, Sehnsucht nach Liebe, Fürsorge, Ausgrenzung, Wunsch nach Akzeptanz, Heimat, Opfer und Familie. Davon handeln die intelligenten Dialoge, die alle etwas zu sagen haben und voller Anspielungen sind. Das Erzähltempo ist ruhig und langsam. Doch keine Sorge, mit Langeweile ist das nicht verbunden. Denn das gleicht der Film mit einer einnehmenden Atmosphäre und einem Erzählstil vortrefflich aus, der permanent neugierig macht, so dass eine fesselnde Wirkung durchgehen vorhanden ist. Der Sprecher, der aus dem Off die Geschichte aus Martins Perspektive in baskischer Sprache erzählt, macht seine Sache gut und verstärkt mit seiner ruhigen Stimme das düstere Ambiente des Filmes.

        Die subtil eingebauten Spezialeffekte, die den 2,40 Meter großen Riesen zeigen, sind unspektakulär und dienen lediglich als unterstützende Elemente, ohne den Zuschauer zu blenden. Spektakel und Pracht spielen im Film ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Das bewerte ich positiv. Okay, die dramaturgischen Akzente fallen nicht so stark aus und könnten etwas mehr betont werden. Dennoch ist die Dramaturgie insgesamt keineswegs schlecht, und emotional berührend ist die Handlung in vielen Passagen in jedem Fall. Besonders hervorzuheben ist die großartige Optik, die mit exzellenter Kameraarbeit aus den undenkbarsten Perspektiven beeindruckende Aufnahmen und wunderschöne Landschaften liefert.

        Fazit: Ein wahrlich schöner Film, der vor allem mit einem originellen Plot, exzellenter Inszenierung und einer dichten und authentischen Atmosphäre punktet. Er kann sich ohne Weiteres mit David Lynchs brillantem Film „Der Elefantenmensch“ aus dem Jahr 1980 messen, der eine ähnliche Plotausrichtung aufweist. Eine Einstufung als „sehenswert“ ist jedenfalls aus meiner Sicht gerechtfertigt.

        *** Ist in baskischer Sprache mit dt. UT auf „VerFLIXt“ unter dem Titel „Handia“ zu sehen.

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        • 5 .5
          smartbo 05.09.2021, 16:36 Geändert 06.09.2021, 13:17

          Die 21-jährige Dani Ramos (Natalia Reyes) lebt in Mexiko-Stadt und arbeitet als Fließbandarbeiterin in einer Autofabrik. An einem gewöhnlichen Arbeitstag wird Danis Welt auf den Kopf gestellt, als sie mit zwei Fremden konfrontiert wird: einer futuristischen und unzerstörbaren Terminator-Maschine ("Rev-9") aus der Zukunft, gespielt von Gabriel Luna, die zurück aus der Zukunft angereist ist, um sie zu töten. Und Grace, gespielt von Mackenzie Davis, einem futuristischen Supersoldaten, der ebenfalls zurückgeschickt wurde, um Dani zu beschützen. Bei den rasanten Verfolgungsjagden werden sie in ihrem Kampf von Sarah Connor (Linda Hamilton) unterstützt. Sarah jagt seit Jahrzehnten mithilfe einer mysteriösen Quelle Terminatoren. Später gesellt sich zu dem Trio noch der alt gewordene Terminator T-800, genannt Carl, gespielt von Arnold Schwarzenegger.

          Nun, wie sehen die Zutaten von Dark Fate aus? Also, wir nehmen die ersten drei Episoden der Terminator-Saga, fügen ein neuartiges Setting und paar neue Gesichter hinzu, setzen Arnie und Linda ein, mischen das ganze durch und voila: fertig ist Dark Fate. Leider trägt der Film so gut wie gar nichts zu der Terminator-Saga bei. Der Film wirkt fast wie eine einzige Kopie der Vorgänger. Die Story ist kaum ausgearbeitet und wenig originell. Was mir ebenfalls gefehlt hat, ist eine überzeugende Charakterzeichnung, die bei allen Figuren ziemlich oberflächlich und zu skizzenhaft ausfällt.

          Dani, die junge Mexikanerin, die von einem gefährlichen Terminator verfolgt wird, erinnert an Sarah Connor, die auch in den Vorgängern von einem Terminator bedroht wird. Und der Terminator Rev-9 mit seiner Zusammensetzung aus flüssigen Metall und seiner Fähigkeit sich ständig zu regenerieren ist eine Mischung aus den Vorgänger-Terminatoren. Schon die Eingangsszene ist ebenfalls aus den Vorgänger-Filme der Terminator-Reihe bekannt, als Grace, begleitet von Blitzen und Donner, vom Himmel nackt herunterfällt und Klamotten stiehlt. Und weil Skynet schon in den Vorgänger-Episoden zerstört wurde, und es nunmehr wieder benötigt wird, wird es umbenannt in Legion. Ich könnte jetzt Szene für Szene weitermachen, aber es soll genügen. Um die Terminator-Saga zu erneuern, hätte die Story viel besser, innovativer und kreativer ausfallen müssen.

          Unverkennbar ist die ausgerichtete „politisch korrekte“ Akzentuierung des Filmes: drei Frauen bilden die Frauenpower. Grace, eine geschlechtsneutrale, nicht-feminine Figur aus der Zukunft mit einer zackigen Kurzhaar-Frisur. Dani, ein Mädchen aus Mexiko, also eine „Nicht-Amerikanerin“ und eine ältere Frau, Sarah, aus Irgendwo, die hier wohl aus Nostalgiegründen in den Plot eingebaut wurde. Diese drei Frauen müssen sich einem bösen männlichen Roboter aus der Zukunft stellen. Auf halbem Weg holen sie sich die Hilfe eines männlichen Roboters, der allerdings akzeptiert wird, obwohl er männlich ist, weil er zu einem weichgespülten Softie-Terminator in kurzen Hosen mutiert ist.

          Evident ist, dass hier, und auch in zahlreichen anderen Filmen, die derzeit gedreht werden, Positionierungen eingearbeitet wurden, die den politisch „korrekten“ Mainstream bedienen sollen. Dieser zunehmenden Instrumentalisierung der Filmkunst stehe ich kritisch gegenüber. Im Vordergrund muss nämlich immer die künstlerische Freiheit stehen, die unbeeinflusst ist von irgendwelchen gerade aktuellen beherrschenden, aber vergänglichen gesellschaftlichen Strömungen. Dieser Aspekt steht zwar bei meiner Wertung nicht gerade an erster Stelle, wichtig genug ist er jedoch, um ihn explizit zu erwähnen.

          Das war bisher eine wenig schmeichelhafte Sicht auf den Film. Aber der Film hat auch Szenen zu bieten, die absolut beeindruckend sind. Ich meine natürlich die Action, die in Dark Fate fantastisch ist. Zu den Highlights zählen der Kampf in der Fabrik, die Bulldozer-Truck-Verfolgung, die Flugzeugszene und der Kampf im Wasserkraftwerk auf dem Damm. Die Action wird zudem von einem super Soundtrack untermalt, so wie wir ihn aus „Terminator 1“ und „Terminator 2“ kennen. Die Action ist so spektakulär und die Spezialeffekte so realistisch, dass sie nahezu einen Adrenalinkick verursachen und beinahe schon aus dem Bildschirm springen. Das beflügelt die Qualität des Filmes und, klar, verbessert meine Gesamtwertung.

          Fazit: Mit einer gut ausgearbeiteten Story, mehr innovativer Ideen und Kreativität hätte der neue Terminator sicherlich in der Gesamtwertung besser abgeschnitten. Mit dem zweiten Teil aus dem Jahr 1984 kann sich der Film ohnehin nicht messen. „Terminator 2“ ist und bleibt bis heute in seiner Qualität unerreichbar. Für die Puristen und eingefleischten Actionfans ist Dark Fate sicherlich einer Empfehlung wert. Unter dem Strich war das bei mir unter Berücksichtigung der Bewertungskriterien, die ich zugrunde lege, für eine Wertung, die über ein „geht so“ hinausgeht, jedoch zu wenig.

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          • 7 .5
            smartbo 31.08.2021, 15:01 Geändert 01.09.2021, 12:39

            Die 3-teilige Miniserie beruht auf historischen Begebenheiten. Im Mittelpunkt der Handlung stehen Maximilian, der österreichischer Kaiser aus dem Hause Habsburg und Maria, die Tochter des burgundischen Herzogs. Worum geht es? 1477 wurde Karl der Kühne, Herzog des reichen und mächtigen Burgund, in der Schlacht von Nancy getötet. Das historische Burgund bestand damals (ganz grob zur Orientierung) geografisch aus drei Landesteilen: im heutigen belgischen Flandern rund um die Stadt Gent, im heutigen Ost-Frankreich rund um die Stadt Dijon und im heutigen Herzogtum Luxemburg. Maria, seine einzige Tochter, erbt als Alleinerbin das Herzogtum.

            Aber als Frau kann sie nicht regieren. Gemäß den damaligen Gepflogenheiten muss der Herrscher ein Mann sein. Maria muss also heiraten. Am Wiener Hof glaubt Friedrich III., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der ständig in Geldnöten steckt, dass der unermessliche Reichtum Burgunds ihm im Spiel der damaligen europäischen Großmächte um die Macht nützlich sein könnte. Er verlangt deshalb von seinem Sohn Maximilian, dass er Maria einen Heiratsantrag macht. Auch sein Gegner, Ludwig XI,. König von Frankreich, hat vor, seinen 12-jährigen Sohn, dem Dauphin Charles, mit der jungen Herzogin zu verheiraten, um die Einverleibung Burgunds an Frankreich zu besiegeln …

            Für alle, die Game of Thrones mögen: dies ist das echte GoT, weil es auf realen Tatsachen beruht. Außer Drachen gibt es hier alles zuhauf, was auch in GoT zu sehen ist: Liebe, Verrat, Lügen, Betrug, Verschwörungen, Morde, Hinrichtungen, Folter, Kampfszenen und vieles mehr. Das Setting, die Kostümierung, die Waffenausrüstung und die Ausstattung sind bis ins kleinste Detail perfekt und geben sehr authentisch die damalige Zeit wieder. Man wird als Zuschauer regelrecht in die damalige Zeit versetzt. Insgesamt ist die historische Authentizität – bis auf Kleinigkeiten – vorhanden.

            Auch wenn der Handlungsablauf für meinen Geschmack etwas zu gemächlich ist, ist es dem Regisseur, Andreas Prochaska, gut gelungen, die spätmittelalterliche düstere Atmosphäre glaubhaft zu inszenieren. Am Vorabend der Renaissance und des in Italien aufkommenden Humanismus ist die damalige Zeit immer noch in den veralteten Einstellungen gegenüber Frauen, der Herrschaft, den Essgewohnheiten, der Hygiene und den Gesetzen gefangen. Mädchen werden im Alter von 10 Jahren verlobt. Es ist das Recht des Ehemannes, seine Frau zu schlagen. Ein Junge kann mit 12 Jahren heiraten und einen Thron erben. Und es geht nur um eins: um Macht, Geld und Ländereien. Der Einzelne gilt nichts. Es war eine finstere und menschenverachtende Zeit.

            Die etwas schwächeren Seiten des 3-Teilers fallen zwar bei meiner Bewertung nicht so stark ins Gewicht, sie sollen jedoch nicht unerwähnt bleiben, vor allem um ein breiteres Gesamtbild von der Serie zu skizzieren. So bin ich der Meinung, dass die Handlung durch Kürzung der Gesamtlänge hätte gestrafft werden können, um den Verlauf kompakter zu gestalten. Die schauspielerischen Leistungen sind durchwachsen. So zeigt z.B. Christa Theret in der Rolle der Maria eine super Performance. Das gleiche gilt für Tobias Moretti als Kaiser Freidrich III. Weniger überzeugend fand ich jedoch Janis Niewöhner, der den Maximilian darstellt und etwas blass bleibt. Sein Schauspiel ist für meine Begriffe etwas zu hölzern. Und last but not least: die musikalische Untermalung hätte nach meiner Einschätzung etwas besser ausfallen können, um dem Handlungsverlauf etwas mehr Schmackes zu verleihen.

            Fazit: die Serie ist trotz der beschriebenen kleinen Wermutstropfen kurzweilig und vor allem optisch ein Augenschmaus. Wegen des guten Unterhaltungsfaktors ist sie nicht nur für Mittelalterfans empfehlenswert. Daumen hoch.

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            • 7 .5
              smartbo 27.08.2021, 22:25 Geändert 28.08.2021, 10:45

              Eine tolle und aufregende historische Reise mit den Stones in die Vergangenheit. Der Film ist gespickt mit Interviews, großartigen Rückblenden sowie historischen Archiv-Aufnahmen. Untermalt wird die Musik-Doku mit den größten Hits der Band. Gut gefallen hat mir, wie ausführlich das außergewöhnliche musikalische Talent von Brian Jones, damals der eigentliche Kopf der Band, herausgestellt wird. Er gab der Band die musikalischen Impulse und reicherte die Songs mit dem Klang zahlreicher origineller Instrumente an, die in der damaligen Rock- und Pop-Musik unüblich waren. Dazu zählten Mundharmonika, Flöte, Sitar, Harfe, Cembalo, Akkordeon, Klavier, Saxophon, Klarinette, Banjo usw. Leider verstarb er viel zu früh im Jahr 1969.

              Vereinzelt erntet die Rockumentary Kritik, weil sie mit der 81er-Tour endet. Ich finde jedoch, dass die Band ihre beste und erfolgreichste Zeit ohnehin nur bis Mitte der 70er Jahre hatte. Danach kam musikalisch sowieso nur Mist.

              Die Doku ist ein Stück Musikgeschichte. Nicht nur für Fans der Stones sehenswert.

              Derzeit (27.8.2021) in der ARTE Mediathek verfügbar.

              ✝︎ Charlie Watts, der Schlagzeuger der Stones, verstarb am 24.8.2021 in
              London. RIP Charlie Watts.

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              • 7
                smartbo 27.08.2021, 16:18 Geändert 28.08.2021, 09:50

                Die Geschichte ist angesiedelt in einer wohlhabenden und privilegierten New Yorker Familie. Grace Frazer ist eine erfolgreiche Psychotherapeutin und glücklich mit Jonathan, einem Arzt, verheiratet. Der gemeinsame Sohn, Henry, macht keine Probleme und ist gut in der Schule. Die Familie führt ein sorgenfreies Leben. Doch Graces Leben wird plötzlich durch einen Mord an Elena, der Mutter eines Schulkameraden von Henry, und eine Reihe schrecklicher Enthüllungen, die danach folgen, verändert. Ihr eigener Ehemann wird von der Polizei verdächtigt, den Mord begangen zu haben. Während sie für andere Hilfesuchende therapeutisch tätig ist, muss sie bald feststellen, dass viele in der Therapie an sie gestellten Fragen, nunmehr ihr eigenes Leben und ihre Ehe betreffen. Und sie macht sich daran, diese zu untersuchen und zu beantworten. Ist ihr glückliches Familienleben eine Fassade? Ist ihr Mann schuldig? Wer ist der Mörder?

                Die Handlung ist ziemlich simpel, und man hat sie in zahlreichen Serien und Filmen sicherlich schon Mal gesehen. Dennoch kann von Langeweile keine Rede sein. Die Serie ist eine Art Achterbahnfahrt, die jedes Mal eine neue Wendung nimmt. Sobald man sich des Täters sicher ist, gibt die Handlung einen kleinen Hinweis, der den Zuschauer unsicher werden lässt und dazu bringt, den Verdacht wieder zu ändern. Und das macht diese Serie vorzüglich, denn es ist kaum vorherzusagen, wer Elena getötet hatte. In jeder Episode klebt man eine Stunde lang vor dem Bildschirm, weil man keine Ahnung hat, in welche Richtung es weitergeht. So bleibt es nicht aus, dass die Serie permanent fesselnde Akzente und Neugier streut, was ihre Qualität ordentlich beflügelt.

                Nicole Kidman spielt die Hauptrolle der Grace und Hugh Grant den Jonathan. Grant spielt seine Rolle überzeugend. Da gibt es aus meiner Sicht nichts zu meckern. Dasselbe gilt für Nicole Kidman, auch wenn ihr mumienhaft anmutender Gesichtsausdruck dazu führt, dass die Mimik und somit die notwendige emotionale Ausstrahlung fehlen. Es wirkt etwas unecht und manchmal auch nervig. Das tut ihren schauspielerischen Fähigkeiten jedoch keinen Abbruch, denn unter dem Strich macht sie einen guten Job. Erwähnenswert aus dem Cast ist sicherlich neben dem Charakterkopf Donald Sutherland und der super aufspielenden Noma Dumezweni ebenso Lily Rabe, die mich in „Asylum“, der so einzigartigen und brillanten 2. Staffel von „American Horror Story“, so richtig begeistert hat. Und auch die Performance der weiteren Darsteller weiß zu gefallen.

                Ja, und wie fast bei jeder Serie, habe ich auch her etwas zu mosern. „The Undoing“ wirkt partiell wie eine Soap. So macht die Serie, was das Setting und Styling anbetrifft, einen wenig realen Eindruck und fühlt sich aufpoliert an. Alle sind ständig perfekt gestylt und geschminkt. Das gilt vor allem für Grace. Okay, vielleicht liegt es auch daran, dass die Familie zu Oberschicht gehört, in der viel Wert auf das Äußere gelegt wird. Aber es geht ein wenig auf Kosten der Glaubwürdigkeit, wenn eine Figur frühmorgens aufwacht und bereits picobello frisiert und komplett geschminkt ist. Das dämpft aus meiner Sicht etwas die Authentizität und somit auch die Gesamtwertung.

                Mein Hauptkritikpunkt liegt jedoch in der Auflösung der Geschichte und dem Serienende, das nach meiner Einschätzung misslungen ist. Das Finale wirkt unglaubwürdig und gibt wenig Anlass für ein Wow- oder Aha-Effekt. Vor allem habe ich die Ausarbeitung und Darlegung der Motivation der Person vermisst, die den Mord begangen hat. Das war viel zu dünn und aus meiner Perspektive zu oberflächlich. Absolut nichts Innovatives oder Originelles. Vergleichbar mit einem mehrgängigen kulinarischen Essen für Feinschmecker bei dem als Nachspeise eine Banane serviert wird. Typischer Fall einer Serie also, die mit einem biederen Ende ihre gesamte sehr gute Qualität eintrübt.

                Fazit: Lohnt sich eine Sichtung? Ja, trotz der vorgebrachten Kritik, doch. „The Undoing“ ist ein Psychothriller der eine kurzweilige Unterhaltung bietet. Dafür sorgen schon allein die raffiniert gestreuten Fragen, die neugierig machen: Wer hat es getan, warum und wie ? Wäre das Ende besser ausgefallen, hätte es bei mir sicherlich für ein „herausragend“ gereicht. Dennoch ist „The Undoing“ definitiv einer Sichtung Wert.

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                • 5
                  smartbo 24.08.2021, 11:45 Geändert 24.08.2021, 11:47

                  Wir sind in New York in den 1980er Jahren. Auf den ersten Blick scheint der erfolgreiche Broker Patrick Bateman ein perfekter Mann zu sein. Er ist gutaussehend, intelligent, schick gedresst und verdient eine Menge Geld. Für seine Umgebung wirkt er wie ein normaler Mann. Nachts jedoch verwandelt sich Patrick zu einem brutalen Killer, der unschuldige Menschen auf grausame Weise tötet. Eifersucht, Hass, Wut, ihm ist jeder Anlass, auch der geringste, Grund genug, um Fremde oder Freunde zu töten. Die Polizei ahnt nichts von seinem Gemetzel, bis ein Detektiv Wind von seinen Taten bekommt.

                  Der Film ist ein Klassiker, und es sind schon unzählige Kommentare über ihn verfasst worden. Langsam wurde es Zeit, dass ich ihn mir auch mal anschaue und meinen Senf dazu gebe. Die Wertung fällt allerdings zwiespältig aus, denn ich habe von „American Psycho“ mehr erwartet. Klar, damit meine ich natürlich nicht Christian Bale, der die gespaltene Rolle des seriösen Geschäftsmannes und des gerissenen psychopathischen Monsters erstklassig darstellt. Seiner exzellenten schauspielerischen Performance ist zu verdanken, dass der Film eine prima gezeichnete Charakterstudie abgibt.

                  Womit der Film punktet, ist die überzeugende inszenatorische Ausarbeitung der tiefen Ambivalenz zwischen Batemans glänzender Außendarstellung, die gesellschaftlich hohe Akzeptanz findet und der verborgenen inneren Verkommenheit, die böse ist und permanent nach Blut und Brutalität nur so giert. Der Wechsel zwischen den beiden Welten und das raffinierte Spiel mit den moralischen Grauzonen verleiht dem Film eine gute Qualität.

                  So weit, so gut. Kommen wir aber zu den nach meiner Einschätzung weniger guten Seiten. Ich hatte gehofft, dass es eher ein Psychothriller wird. Dies ist jedoch nur sehr sporadisch der Fall. Von Spannung und einem kontinuierlichen Handlungsaufbau habe ich nicht viel gesehen. Auch fehlt der Handlung eine atmosphärische Tiefe. So wirkt der Film ziemlich oberflächlich, und von einer emotionalen Ausstrahlung, die der Plot sicherlich zuhauf hergibt, habe ich ebenfalls kaum etwas verspürt. Hinzu kommt, dass der Film dazu neigt, einen saloppen und sogar komödiantischen Ansatz zu verfolgen, und das hat mir -insbesondere auf dem Hintergrund des blutigen Plots- nicht so gut gefallen. Ohnehin tue ich mir mit einem solchen filmischen Ambiente etwas schwer.

                  Die partiell vorgebrachte Meinung, dass der Film ein Stück Gesellschaftskritik enthält und dass der Protagonist Bateman allegorisch die amerikanische Gesellschaft verkörpert, für die Materialismus und eine tadellose Außendarstellung wichtig sind und die innerlich wenig Interesse an moralische Werten hat, finde ich etwas zu überzeichnet. Gänzlich von der Hand weisen lässt sich diese Ansicht jedoch nicht. Da mir aber die reine Filmqualität am wichtigsten ist und ich der gerade derzeit zunehmenden Instrumentalisierung der Filmkunst für politische oder andere ideologische Zwecke kritisch gegenüber stehe, spielt dieser Aspekt bei meiner Bewertung keine Rolle. Gänzlich unerwähnt lassen wollte ich ihn jedoch nicht.

                  Fazit: Der Film hat sicherlich gute Merkmale vorzuweisen. Er hat aber gleichermaßen Schattenseiten, die die Wertung dämpfen. Schlecht ist er nach meiner Einschätzung keineswegs. Alles in allem reicht es deshalb nach Abwägung aller Pro- und Contra-Punkte nur zu einem „geht so“.

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                    smartbo 20.08.2021, 10:57 Geändert 21.08.2021, 18:20

                    Die Handlung der Mini-Serie ist im Schwulenmilieu und in der Modebranche angesiedelt. Ambiente, die der Staffel starke Akzente verleihen, zu denen ich aber als hetero und einfacher T-Shirt-Typ eigentlich keinen Bezug habe. Dennoch ist die Staffel aufgrund ihrer brillanten Qualität zu einer meiner absoluten Lieblingsstaffeln avanciert. Es handelt sich um die 2. Staffel der Anthologie-Serie „American Crime Story“, die den Titel „The Assassination of Gianni Versace“ trägt. Im Mittelpunkt steht die Ermordung des berühmten Modezaren Gianni Versace im Juli 1997 am Eingang seiner Villa in Miami/Florida durch Andrew Cunanan. Es geht aber nicht nur um den Mord. Das wäre für eine Staffel mit 9 Episoden zu wenig. Sie zeichnet ausführlich Andrew Cunanans Leben nach und beleuchtet, wie es zu dem Mord kommen konnte.

                    Aktuell ist es eine Zweitsichtung, die meine Bewertung sogar noch um einen ½ Punkt nach oben auf glatte 10 Punkte verbessert hat. Die 10 Punkte haben bei mir bisher nur zwei Serien geschafft, und zwar „Game of Thrones“ und „Breaking Bad“. Dass sich diese Staffel auf gleiche Höhe nunmehr zu den beiden anderen gesellt, das hat sie wegen ihrer exzellenten Qualität absolut verdient. Die vorliegende Neu-Kommentierung basiert in Grundzügen auf meinem ursprünglichen Kommentar, den ich überarbeitet und in einigen Passagen erheblich erweitert habe.

                    Es ist wahrlich eine fesselnde Story, in der vor allem der fantastische Darren Criss schauspielerisch brilliert. Er stellt den homosexuellen Mörder des ebenfalls schwulen Gianni Versage dar und steht im Mittelpunkt der Geschichte. Er ist der Sohn eines philippinischen Einwanderers und einer aus Italien stammenden Mutter. Meisterlich schildert die Handlung die subtile Wandlung des Hochstaplers Cunanan vom notorischen, aber gutmütigen Lügner und Betrüger zum eiskalten, psychopathischen Serienkiller. Rückblicke auf seine Kindheit und insbesondere auf den Einfluss seines Vaters Modesto Cunanan, genannt Pete, auf seine Erziehung und Charakterentwicklung runden das Gesamtbild vortrefflich ab.

                    Andrew Cunanans vom Geltungswahn geprägtes Leben ist ein verzerrtes Bild der Realität und die reinste Fassade, die aus Lügen, Illusionen, Selbsttäuschungen und Träumen besteht. Das ist vor allem das Ergebnis der Erziehung seines Vaters, vordergründig ein seriöser Börsenmakler, in Wahrheit jedoch ein notorischer Schaumschläger, ein Lügner und Scharlatan. Als Andrews Träume platzen, bricht die fragile Fassade zusammen und er ermordet gnadenlos all diejenigen, die er dafür verantwortlich macht, zu denen er vor allem Gianni Versage zählt. Die Staffel glänzt mit einer herausragend inszenierten Charakterzeichnung des Mörders. Andrew Cunannan hat meines Erachtens Ähnlichkeiten mit Patrick Bateman aus dem Film „American Psycho“, den ich soeben gesichtet habe. Bewertung und Kommentierung des Filmes folgen in Kürze.

                    Dezente Seitenhiebe auf den amerikanischen Way of Life, dem sich Andrews Vater Modesto so verschrieben hatte, sind unübersehbar. So musste ich schmunzeln als Modesto sich gegenüber Andrew für seine unseriösen Machenschaften als Börsenmakler rechtfertigte. Sinngemäß sagt er:….. Ja, ich habe mal hier mal da tausend Dollar gestohlen. Stimmt. Und eben DAS! war mein großer Fehler. Ich hätte mal hier eine Milliarde, mal da eine Milliarde klauen sollen, dann hätten sie mich nicht erwischt, und sie hätten es gar nicht mal versucht, weil es zu groß wäre….. Köstlich, und ach wie wahr.

                    Der nicht chronologische Erzählstil und die abrupten Zeitsprünge im Handlungsverlauf sind anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Rasch präsentiert die Serie jedoch ein leicht nachvollziehbares ganzes Bild, so dass sich der meist rückwärtsgewandte Erzählstil nicht negativ auswirkt, sondern meiner Meinung nach den Spannungseffekt verstärkt, und somit positiv zu der herausragenden Qualität der Serie beiträgt.

                    Fazit: „The Assassination of Gianni Versace“ überzeugt auf ganzer Linie. Zurecht wurde die Serie bei der Emmy-Verleihung 2018 als beste Mini-Serie ausgezeichnet, und Darren Criss erhielt den Preis als bester Hauptdarsteller. Von meiner Seite aus ist die Wertung lupenrein: es ist eine brillante und absolut sehenswerte Serie. TOP. Beide Daumen hoch. Auf die bereits fertiggestellte 3.Staffel der Anthologie-Serie ACS mit dem Titel „Impeachment“, in der es um den Skandal rund um Bill Clinton und Monica Lewinsky geht, bin ich schon gespannt.

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                    • 6 .5
                      smartbo 17.08.2021, 10:38 Geändert 17.08.2021, 11:09

                      Lange Zeit habe ich die Sichtung des Films hinausgeschoben, da ich aufgrund des Plots ziemlich skeptisch war, ob der Film mich überhaupt erreichen wird. Aber nachdem ich mir den Film angeschaut habe, überwog am Ende dann doch mein Eindruck, dass es keine Zeitverschwendung war. Für gewöhnlich macht es auf mich keinen großen Eindruck, wenn Filme, wie dieser hier, von der professionellen Kritik und von den Mainstreammedien gehypt werden. Bei mir lautet die Maxime: immer erst selbst schauen und sich eine eigene Meinung bilden. Aber bei dem Film sind nach meiner Einschätzung die positiven Stimmen alles in allem nicht unverdient, und die Sichtung hat sich unter dem Strich durchaus gelohnt.

                      Worum geht es? Familie Kim lebt beengt in einem kleinen Keller und ist arm. Sie zapfen das WLAN ihrer Nachbarn an und falten Pizzakartons, um über die Runden zu kommen. Nicht wirklich eine beneidenswerte Existenz. All dies ändert sich, als Sohn Ki-woo die Gelegenheit bekommt, die Tochter der wohlhabenden Familie Park zu unterrichten. Um ihrer Armut zu entkommen, schleicht sich die Familie Kim mit gewieften Methoden nach und nach in die Familie Park und somit in die obere Schicht der koreanischen Gesellschaft ein.

                      Im Film werden jede Menge Genres miteinander vermischt, aber Joon-ho Bong, der Regisseur, schafft es dennoch, daraus ein Ganzes zu kreieren. Was besonders hervorsticht, ist natürlich der bitterböse rabenschwarze Humor. Die Handlung erzeugt Neugier, und man ist als Zuschauer gespannt, mit welchen raffinierten Mitteln die wackelige Fassade erhalten bleibt. Gut gefallen haben mir die Ausarbeitung und Zeichnung der einzelnen, so grundverschiedenen Charaktere aus den beiden Familien, was dem Film zusätzliche Würze verleiht.

                      Das etwas maue Erzähltempo nimmt dem Film allerdings einen durchgehend dauerhaften Schwung, so dass die Handlung an paar Stellen Eintönigkeit aufweist und so ziemlich dahinplätschert. Mit über zweistündiger Laufzeit ist der Film darüberhinaus zu lang geraten. Punkteabzug gibt es ebenso wegen des missratenen Filmendes, das dramaturgisch übertrieben ausfällt und nur wenig vereinbar ist mit der vorangehenden Filmhandlung.

                      Trotz des phasenweise gemächlichen Erzähltempos gelingt es dem Film jedoch, in subtilen Schritten den Spannungsbogen recht gut aufzubauen und den Zuschauer mit absurden Wendungen, die unerwartet wie ein Blitz aus heiterem Himmel kommen, zu überraschen. Der Handlungsablauf erzeugt im Gesamtergebnis einen originellen Mix aus schrägen humoresken und dramaturgischen Akzentuierungen. Der Film enthält aus meiner Sicht auch eine gehörige Portion Gesellschaftskritik und zeigt die harte Realität einer kapitalistischen Klassengesellschaft. In einer solchen Gesellschaft müssen sich die Armen wie Parasiten nach oben kämpfen und die Reichen schauen auf sie arrogant herab. Von daher auch der metaphorische Titel des Filmes „Parasite“.

                      Fazit: Alles in allem eine durchaus gelungene Gesellschaftssatire. Für ein „Sehr gut“ reicht es bei mir jedoch nicht aus. Mit etwas Ausdauer und Toleranz gegenüber den partiell vorhandenen Längen ist es aber nach meiner Einschätzung ein Film, der einer Sichtung ohne weiteres wert ist.

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                        smartbo 06.08.2021, 13:04 Geändert 06.08.2021, 13:55

                        Ich bin kein eingefleischter Beatles-Fan, paar spätere Songs von ihnen gefallen mit jedoch ganz gut. Aber ich finde die Doku handwerklich ausgezeichnet inszeniert und sehr unterhaltsam. Die Dokumentation zeigt die Anfänge ihrer Kariere und umfasst die Zeit zwischen 1962 und 1967 bis zur Veröffentlichung von "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" und endet leider danach. Schade, denn die weitere Geschichte der Beatles und die Zeit nach ihrer Trennung ist biografisch und musik-historisch sicherlich genauso interessant und spannend. Daher wäre ein 2. Teil der Doku, der diese Zeit und den weiteren Werdegang der einzelnen Bandmitglieder schildert, super.

                        Für alle Hardcore-Beatles-Fans sicherlich ein Muss. Ist derzeit auf ARTE verfügbar und wird heute Abend (6.8.21) gesendet.

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                          smartbo 04.08.2021, 17:29 Geändert 04.08.2021, 18:07

                          Um das schon mal vorwegzuschicken: der Film ist keine Bollywood-Produktion, vielmehr lässt er sich in die Kategorie „Indisches Independent-Kino“ einordnen. Er hatte im Jahr 2014 seine Premiere auf dem Sundance Film Festival. Der Film wird sicherlich nicht bei jedem Interesse wecken. Mir hat er jedoch ganz gut gefallen. Worum geht es im Plot und wie ist meine Einschätzung?

                          In einem abgelegenen und verschneiten Dorf in der Bergregion Himachal Pradesh nahe der indisch-tibetischen Grenze hat sich die junge Kamala lange genug Sorgen gemacht. Seit fünf Monaten hat sie nichts von ihrem Mann Harud gehört, der irgendwo in einer Großstadt einen Job auf dem Bau angenommen hat, um die bitterarme Familie zu ernähren. Wurde er bei einem Unfall verletzt? Lebt er noch? Ist er mit einer anderen Frau abgehauen? Die eigenwillige Frau will es wissen, was los ist, und ist gegen den Willen der Dorfältesten entschlossen, ihn zu suchen. Sie macht sich in der gefährlichen Bergregion mit ihrer kleinen Tochter Manya und einer kleinen Ziege auf den beschwerlichen Weg. Unterwegs treffen sie auf einen Deserteur der Armee namens Nawazuddin. Er macht einen unsympathischen und geheimnisvollen Eindruck. Widerstrebend erklärt er sich gegen Bezahlung bereit, ihr zu helfen und begleitet das Trio in die Hauptstadt der Region, Shimla, und dann weiter nach Delhi auf der Suche nach dem Ehemann Harud.

                          Der Erzählstil ist etwa gemächlich. Die intensive Ausstrahlung des Filmes erzeugt jedoch eine solch beeindruckende und einnehmende Atmosphäre, dass von Langeweile keine Rede sein kann. Es dominiert beim Zuschauen die Neugier, ob und wo sie ihren Mann findet. Da es kein Bollywoodfilm ist, sind Tanz- und Trommlereinlagen sowie das nervige Overacting der Schauspieler nicht zu befürchten. Die schauspielerische Performance der Darsteller ist erstklassig. Das gilt vor allem für die Protagonistin Geentanjali Thapa, die die Kamala spielt und für Nawazuddin Siddiqui in der Rolle des Nawazuddins. Aber auch Manya Gupta als Manya leistet für ihr Alter einen super Job. Der Film endet für mein Dafürhalten etwas zu abrupt. Angesichts dessen, dass die Handlung von Anfang an auf das Auffinden des vermissen Ehemannes ausgerichtet ist, hätte das Ende etwas ausführlicher und tiefer ausgearbeitet werden können.

                          Fazit: Der Film ist sicherlich kein Knüller und auch kein heißer Tipp. Das wäre zu übertrieben. Schlecht ist er jedoch keineswegs. In Anbetracht dessen, dass es ein Low-Budget-Film und für die Regisseurin Geetu Mohandas ihr Erstlingswerk war, lässt er sich zweifellos sehen.

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                            smartbo 02.08.2021, 09:43 Geändert 02.08.2021, 19:02
                            über A Sun

                            Als ich vor Kurzem etwas über den Film gelesen habe, hat mich das nicht besonders gereizt. Da ich aber bisher aus Taiwan nur einen einzigen Film ("Monga") bewertet habe, habe ich doch noch eine Sichtung gewagt, ohne allerdings viel zu erwarten, zudem meine Einschätzung zu "Monga" nicht gerade gut ausfiel. Dieser hier hat mich allerdings positiv überrascht, denn ich habe einen guten Film gesehen. Hinter dem Film, 2019 von dem Regisseur Mong-Hong Chung inszeniert, verbirgt sich ein vortreffliches Familiendrama, in dem nichts so ist und so bleibt, wie es auf den ersten Blick scheint. Wie in einer griechischen Tragödie, folgt ein familiärer Schicksalsschlag nach dem anderen.

                            Vater und Mutter, er arbeitet als Fahrlehrer, sie als Friseurin, sind stolz auf ihren ältesten Sohn A-Hao, einen brillanten Medizinstudenten. A-Hao ist gutherzig, introvertiert und scheint irgendwelche Geheimnisse mit sich zu tragen, die er nur mit seiner Freundin teilt. Der jüngere Sohn A-Ho ist ganz anders. Er ist aufbrausend, leicht reizbar und ist auf die schiefe Bahn geraten. Die wuchtige und brutale Eröffnungsszene, die an die Atmosphäre von Martin Scorseses Gangsterfilm „Goodfellas“ erinnert, zeigt A-Ho mit einem gestohlenen Motorrad, einer Machete und eine mit einem Hieb abgetrennte blutende Hand in einem Restaurant. Dafür bekommt A-Ho Jugendknast aufgebrummt. Auch wenn er hinter Gittern sitzt, werden seine Eltern immer noch mit seinen Taten konfrontiert. Zu allem Überdruss stellt sich heraus, dass A-Hos fünfzehnjährige Freundin schwanger ist.

                            Und gerade als man als Zuschauer denkt, das Drama sei vorbei, beginnt die Geschichte und die nach Taipeh verlegte und im Kain- und Abel-Stil inszenierte Handlung gibt erst so richtig Gas. Der Film wirft ständig neue Fragen auf, die fesseln und Neugier erzeugen. Was sind das für Geheimnisse, die der ältere Sohn A-Hao mit sich trägt? Und ist der jüngere Sohn tatsächlich so ein Taugenichts? Kann der Vater, der A-Ho ablehnt, seine Meinung über ihn ändern? Und was ist mit der eigenen Rolle als Vater? Hat er A-Ho nicht vernachlässigt? Gelingt ein Happy-End, und findet die Familie zueinander? Dem Regisseur Mong-Hong Chung ist es gelungen, vortrefflich die stark ausgeprägten dramaturgischen Akzentuierungen zu inszenieren und die so grundverschiedenen Charaktere aus der vierköpfigen Familie zu zeichnen. Der Film wechselt in seiner Ausrichtung zwischen Drama und Komödie, zwischen Familie und Krimi, und weiß von Anfang bis zum Ende zu beeindrucken.

                            Fazit: der Film wurde als Kandidat für die Oscar-Verleihung 2021 in der Kategorie nicht englischsprachigen Film gehandelt und feierte in Taiwan großen Erfolg. „A Sun“ ist ein Kleinod auf dem Streamingdienst Netflix, der dort versteckt zwischen den zahlreichen anderen Filmen und Serien schlummert. Ich selbst habe ihn nur zufällig entdeckt und die Sichtung genossen. Aus meiner Sicht hat er eine Einstufung als sehenswert in jedem Fall verdient.

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                              smartbo 30.07.2021, 17:04 Geändert 01.08.2021, 10:08

                              Überraschenderweise findet man bei Netflix in der Flut von grottenschlechten und peinlichen Billig-Serien und Filmen, die derzeit dort, im TV sowie auch auf anderen Plattformen zu sehen sind und offenbar lediglich die politisch „korrekte“ Gesinnung bedienen sollen, doch noch eine solch gute und anspruchsvolle Film-Perle. Es wird jedoch immer weniger, deshalb ist es mir einer expliziten Erwähnung wert.

                              Wenn man den Filmtitel liest, ist man geneigt zu meinen, es ist ein Kriminalfilm, der die Lebensgeschichte eines Mörders erzählt. Aber weit gefehlt. Es ist ein Film in dem die dramaturgischen Akzentuierungen, die Charakterausarbeitung und der Kampf zwischen Gut und Böse im Vordergrund stehen. Es ist ein Drama, wie es im Buche steht. Geschildert wird die Geschichte aus der Sicht eines bitterarmen Landarbeiters, der darunter leidet, dass er von den Mitmenschen diskriminiert, ausgebeutet, erniedrigt und ausgegrenzt wird. Es ist also auch eine gesellschaftskritische Studie und eine Reise in die Gedankenwelt eines von der Umwelt ausgestoßenen Menschen.

                              Die Geschichte spielt in den 1930er Jahren in Schweden. Sven ist ein junger Mann, der sein ganzes Leben lang unter seiner Behinderung leidet. Da er leicht reizbar ist und an der Lippe eine Hasenscharte hat, fällt es ihm schwer, sich verständlich auszudrücken. Das führt dazu, dass er von der Außenwelt wie ein Idiot behandelt wird. Svens Gedanken im Film werden jedoch durch eine normale Stimme aus dem Off ausgedrückt, die hilft, sich der Figur zu nähern und zu erkennen, dass er nicht dumm ist, wie die meisten Leute denken. Als seine Mutter stirbt, muss Sven in der Fabrik des reichen und bösartigen Fabrikanten Höglund arbeiten. Dort wird er von ihm wie ein Tier behandelt. Er arbeitet ohne Entlohnung und schläft im Stall. Als er flieht, um bei einer Familie zu leben, die ihn freundlich und menschlich behandelt und er sich in deren an den Rollstuhl gefesselte Tochter verliebt, tut der Fabrikant alles, um ihm das Leben zu ruinieren. Von da an nehmen die tragischen Ereignisse ihren Lauf.

                              Das Besondere an dem Film ist, dass alles aus der Perspektive von Sven gesehen wird. Das hat zufolge, dass man als Zuschauer Verständnis dafür aufbringt, was ihn letztendlich dazu getrieben hat, sich zu rächen. Sven besitzt ein einziges Buch, eine Bibel, die er immer wieder liest, um der Realität zu entfliehen. Inspiriert von den biblischen Geschichten sieht Sven Offenbarungen und Engel. Er fühlt sich von Gott als den Verfechter des Guten auserwählt. Die mystischen Effekte und die Szenen mit den drei Engeln wissen im Film wahrlich zu gefallen. Untermalt wird die orphische Atmosphäre der mystisch angehauchten Sequenzen durch die düstere Musik aus „Requiem“ (katholische Trauermesse) von Giuseppe Verdi. Mit ihren kräftigen Farben und delphischen Kulissen erinnern diese Szenen somit ein wenig an ein religiöses Gemälde aus dem Mittelalter. In einer Szene brennt eine Scheune, und als die Kamera in den dunklen Himmel schwenkt, glaubt man als Zuschauer dort das spöttische Gesicht des Brandstifters zu erkennen. Die Spezialeffekte funktionieren immer noch gut, obwohl der Film fast schon 40 Jahre alt ist.

                              Die Schauspieler sind hervorragend, insbesondere Stellan Skarsgard in der Hauptrolle. Aber auch der Regisseur des Films, Hasse Alfredson, trägt sowohl als Verantwortlicher für die Inszenierung und auch als böser Fabrikant Höglund entscheidend zu der guten Filmqualität bei.

                              Fazit: Der Film wird wohl nicht jedermanns Geschmack treffen. Spannung, fesselnde Momente, überraschende Twists oder Action wird man hier nicht finden. Und dass es ein Arthouse-Film ist, meine ich keineswegs negativ, gibt es doch in dieser Sparte zahlreiche Filme, die -wie dieser hier - wirklich zu gefallen wissen. Für Zuschauer, die sich zur Abwechslung von der Massenware „Mainstreamproduktionen“ mal einen Ausflug in dieses Genre gönnen und einen besonderen Film anschauen möchten, ist der Film einer Empfehlung als sehenswert wert.

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                              • smartbo 26.07.2021, 10:32 Geändert 26.07.2021, 10:43

                                Die Szenen im Trailer sehen schon mal super aus. Der Score ist top. Aber Trailer und Vorankündigungen reichen nicht aus. Es wird Zeit, dass es bald wieder losgeht. 😊

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                                  smartbo 23.07.2021, 16:34 Geändert 23.07.2021, 21:38

                                  Nach langer Zeit des Hinausschiebens habe ich mir den Film angeschaut. Und ich habe es nicht bereut. Die anfangs vorhandene Skepsis verflog mit der Spieldauer allmählich und am Ende war ich angenehm überrascht. Kurz und bündig: ich habe einen guten Film gesehen. Warum, das schildere ich in meinem nachfolgenden Kommentar.

                                  Wir sind im Jahr 2045 in Columbia, Ohio. Das Waisenkind Wade Watts, gespielt von Tye Sheridan, lebt mit seiner Tante Elise in „The Stacks“, einem aus gestapelten Containern bestehenden Wohnpark in einer dystopischen Welt. Um seinen Sorgen und dem Alltag zu entfliehen, verliert er sich täglich in der virtuellen Spielumgebung OASIS, entworfen vom Computergenie James Halliday. Er trifft dort auf zahlreiche andere Mitspieler, denn OASIS ist ein sogenanntes MMORPG: ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game. Jeder nimmt seinen eigenen „Avatar“, d.h. eine künstliche Grafikfigur, mit, um in der virtuellen Welt nach der ultimativen Belohnung, dem Easter Egg, zu suchen. Wades Avatar ist Parzival, der in der Legende über König Artus nach dem Heiligen Gral gesucht hat.

                                  „Ready Player One“ basiert auf Ernest Clines gleichnamigem Science-Fiction-Roman aus dem Jahr 2011 und steckt voller Bezüge zur westlichen Pop-, Film- und Spielkultur der 80er Jahre. Es ist deshalb von Vorteil, wenn man sich darin etwas auskennt. Aber auch ohne dieses Wissen und ohne Gaming-Kenntnisse, ist der Film allein schon wegen der Optik einer Sichtung wert. Von Anfang an wird der Zuschauer mit CGI-Effekten verwöhnt und nach zwei Stunden und zwanzig Minuten Spieldauer ist man von den überwältigenden und fulminanten Bildern geflasht. Angereichert wird die futuristische Atmosphäre mit einem guten Soundtrack, der aus Songs der 1980er Jahre besteht.

                                  Im Handlungsverlauf wird der Zuschauer mit popkulturellen Bezügen überhäuft. Welche Referenzen kommen vor ? Hier nur einige: King Kong, Godzilla, Super Mario, Duran Duran, Michael Jackson, Rubik's Würfel, Freddy Krueger, Batman, John Travoltas Tanzbewegungen aus Saturday Night Fever und viele, viele andere mehr. Das Sahnehäubchen ist aus meiner Sicht die virtuelle Reise zu den berühmten Szenen aus „The Shining“.

                                  Einen kleinen Wermutstropfen sehe ich allerdings. So ist die Handlung überschaubar und die Charakterzeichnung, die für mich normalerweise wichtig ist, lässt zu wünschen übrig. Erklären lässt sich dies jedoch mit dem spezifischen Sci-Fi-Plot, der diese Ausarbeitungen nicht unbedingt erforderlich macht. Ohnehin liegt der Fokus hinsichtlich der Figuren auf den Avataren in der virtuellen Welt und nicht auf den Protagonisten in der realen Welt. Und die vortrefflich inszenierten Referenzen und Andeutungen, die exzellente Optik und die beeindruckenden CGI-Effekte gefallen so gut und dominieren im Film so stark, dass diese Schattenseiten kaum ans Licht kommen und in meiner Gesamtwertung nur mäßig ins Gewicht fallen. Regie-Meister Steven Spielberg hat alles mit viel Hingabe und Detailtreue arrangiert. Jede Szene, sowohl die virtuelle als auch die in der realen Welt, ist perfekt inszeniert.

                                  Fazit: Der Film wird nicht jedermanns Sache sein. Von Vorteil ist sicherlich, wenn man die Pop-Kultur der 80er Jahre kennt. Denn dies ist die Voraussetzung für die vergnüglichen Aha-Effekte beim Zuschauen, die man erlebt, sobald man einen inszenierten Bezug erkennt. Aber auch ohne diese Kenntnisse wird man mit einer guten Unterhaltung belohnt. Und dass der Film zu 100% seine optimale Wirkung erst auf einem qualitativ hochwertigen und großen Bildschirm entfalten kann, versteht sich bei diesem Plot von selbst. „Ready Player One“ ist nach meiner Einschätzung bereits jetzt schon, wie „ET“ oder auch „Jurassic Park“, ein Filmklassiker. Chapeau Mr. Spielberg vor der großartigen Leistung, so viel Kreativität und Mut zur Innovation. Top.
                                    

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                                    smartbo 17.07.2021, 17:26 Geändert 17.07.2021, 21:17

                                    Den Film hatte ich schon lange auf dem Zettel. Da Geduld nicht gerade zu meinen hervorstechendsten Eigenschaften zählt, hat mich anfangs die ca. 3stündige Laufzeit etwas abgeschreckt. Aber mit einer Splittung ging es prima. Nachfolgend beginne ich, wie immer, mit einer groben Skizzierung, worum es in dem Film im Kern geht. In den nächsten Abschnitten nehme ich die einzelnen Kriterien unter die Lupe und schildere meine Meinung. Das Fazit fasst kurz das Ergebnis meiner Wertung zusammen.

                                    „Blade Runner 2049“ basiert auf einer literarischen Vorlage von Philip K. Dick und führt uns ins Jahr 2049 in ein dystopisches Sci-Fi-Universum. Unter den echten Menschen gibt es auch künstliche Humanoide. Die sogenannten „Replikanten“ sind klug und stark und der Spezies Mensch daher als Diener sehr nützlich. Officer K ist Replikantenjäger und arbeitet für das LAPD. Ihm wird die Aufgabe übertragen, alte Modelle der „Replikanten“ aufzuspüren und anschließend zu vernichten. Doch als er eines Tages etwas Geheimnisvolles entdeckt und tiefer darin bohrt, beginnt er daran zu zweifeln, ob die Grenze zwischen Mensch und Replikant so klar ist. Officer K geht als Blade Runner in dieser gefährlichen und morbiden Umwelt auf die Suche nach Antworten.

                                    Das Charakteristische an dem von Denis Villeneuve inszenierten Science-Fiction-Film ist aus meiner Sicht, dass -im Vergleich zu vielen anderen Sci-Fi-Filmen – der Fokus nicht auf übertriebenen, spektakulären Spezialeffekten oder überzogener Action liegt, sondern auf einer intelligente Story. Wichtig bei diesem Film ist deshalb, dass man sich als Zuschauer primär auf diese einlässt und keine überbordenden visuellen oder lautstarken akustischen Effekte erwartet. Die Handlung wird sukzessive aufgebaut und ohne Längen weiterentwickelt, so dass sie in ihrer Gesamtheit von A bis Z plausibel, logisch und überzeugend rüberkommt. Die lange Spieldauer ist schon eine Hürde, aber die lässt sich leicht umschiffen, indem man - wie bereits weiter oben erwähnt- die Sichtung des Filmes aufteilt.

                                    Angesiedelt ist die Geschichte an einem düsteren und aufwendig inszenierten Setting. Die durchgehend finstere Atmosphäre ist einnehmend und fesselnd. Verantwortlich dafür zeichnen neben dem Setting und den Charakteren die gut ausgearbeiteten Lichteffekte, welche die Kulissen nebelig-trüb und die Figuren oft halb im Licht und halb im Schatten erscheinen lassen, was eine enorm düstere und kalte Wirkung erzeugt.

                                    Aber nicht nur diese Filmelemente wissen zu gefallen. Der Film punktet in allen Kriterien: Der Soundtrack von Hans Zimmer, die brillante Action-Choreografie, die perfekt dosierten Spezialeffekte, die überwältigende Optik und die Charaktere sorgen dafür, dass man vom Film gefangen bleibt. Von „Officer K“ bis Joi, von Joshi bis Luv… das sind alles Figuren, die perfekt in die Story und das bedrückende Setting passen. Da stimmt bis ins kleinste Detail alles. Und wie ist der Cast? Ryan Gosling übertrifft sich mal wieder selbst und Ana de Armas kann auch als Joi überzeugen. Robin Wright, Sylvie Hoeks und auch Harrisson Ford, alle sind schauspielerisch in Top-Form.

                                    Fazit: Denis Villeneuve hat einen großartigen und fesselnden Science-Fiktion-Film geschaffen, der sich ohne Weiteres in die vorderste Reihe der Blockbuster einordnen kann. Top. Absolut sehenswert.

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                                    • smartbo 17.07.2021, 13:24 Geändert 17.07.2021, 13:27

                                      "American Crime Story" und "Dexter" können kommen. Bin gespannt :)

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                                        smartbo 13.07.2021, 11:18 Geändert 13.07.2021, 18:37

                                        Angesichts der zahlreichen positiven Wertungen und Kritiken war meine Erwartung groß. Der Plot und der Trailer verstärkten im Vorfeld noch weiter meine Vorfreude. Der Film hat mich allerdings nicht überzeugt, um das schon mal vorwegzunehmen. Mein größtes Problem ist die zu lange Spieldauer von 137 Minuten. Die Handlung ist im Prinzip recht überschaubar und nicht komplex genug, um gänzlich die 137 Minuten mit einer stringenten Story zu füllen, ohne Lücken zu hinterlassen. So bleibt es nicht aus, dass man im Film Sequenzen vorfindet, die erhebliche Längen aufweisen. Eine weitere Schwäche für mein Dafürhalten ist, dass die Qualität im Filmverlauf allmählich abnimmt.

                                        Meinen Gesamteindruck sowie den Punkt „abnehmende Qualität“ möchte ich ausführlich ausarbeiten indem ich den Film nachfolgend in zeitliche Abschnitte splitte und im Einzelnen einschätze.

                                        Der Film beginnt mit einer wahrlich begeisternden 20minütigen Einführung, die in Bhutan angesiedelt und vielversprechend ist. Die düstere Atmosphäre ist enorm beeindruckend und die Spannung vorzüglich aufgebaut.

                                        Die darauffolgenden ca. 40 Minuten, die im mittleren Westen der USA spielen und in denen andere Charaktere zu sehen sind, sind immer noch spannend und faszinierend. Der Handlungsaufbau an diesem neuen Setting ist in dieser Sequenz überzeugend und erzeugt Neugier. Die gruseligen Szenen sind gut dosiert gesetzt.

                                        Danach folgt allerdings die zweite Stunde, in der die Qualität deutlich absackt. Der Plot tritt auf der Stelle und wird nur mühselig weiterentwickelt. Der Film verliert sich in langwierigen und überflüssigen Szenen und Dialogen. Und sogar die zunehmend einsetzenden Gruselszenen vermögen den mageren Eindruck nicht zu verbessern. Auf die im Film vorhandene überzeugende und einnehmende Atmosphäre sowie die Spannung hat dieser Filmabschnitt eine Killerwirkung, so dass zwangsläufig Langeweile aufkommt.

                                        Erst die 20 Minuten dauernde Endsequenz schafft es, dem Film wieder Tempo und Würze zu geben und die Handlung hin zu dem auflösenden Ende voranzutreiben. In Anbetracht dessen, dass der Film 2 Stunden lang auf das Ende und die Auflösung hinarbeitet und somit die Erwartung beim Zuschauer enorm hochschraubt, finde ich allerdings das Finale nicht gerade berauschend und originell. Die überraschende Wendung im Plot ist sicherlich nicht schlecht, aber Anleihen aus anderen Filmen sind meines Erachtens deutlich zu sehen.

                                        Fazit: Bei meiner Gesamtwertung spielen die geschilderten Einschätzungen eine entscheidende Rolle. Eine Kürzung der Spieldauer auf kompakte 1 ½ Stunden würde dem Film bei mir sicherlich eine wesentlich bessere Wertung einbringen. Schade, ich habe mehr erwartet, aber so reicht es aus meiner Perspektive nur zu einem mageren „geht so.“

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                                          smartbo 11.07.2021, 16:25 Geändert 11.07.2021, 20:33

                                          In der fünfteiligen Dokumentation wird der Zuschauer durch das Cebu Provincial Detention and Rehabilitation Center (CPDRC) auf den Philippinen geführt. Bekannt wurde das Gefängnis 2007 durch ein weltweit vielbeachtetes YouTubeVideo, in dem die Insassen zu Michael Jacksons „Thriller" tanzten. Die „tanzenden Gefangenen“ traten monatlich sogar für Besucher auf, unter anderem für Papst Franziskus.

                                          Die Handlung der Doku ist im Jahr 2016 angesiedelt, und der Tanz steht immer noch im Mittelpunkt der Aktivitäten der Insassen. In dem heillos überfüllten Gefängnis wird er zur Rehabilitation eingesetzt. Doch die Fröhlichkeit und der Zusammenhalt untereinander, die man in der Doku bei dem Gruppentanz sieht, offenbaren nur einen Teil der rauen Wirklichkeit. Die tägliche Realität der Gefangenen, die meisten wegen Drogendelikten inhaftiert, wird deutlich, wenn man Bilder rund um die Zellen zu sehen bekommt. Es ist alles schmutzig, laut, stickig und die Menschen liegen eng aneinandergepresst auf den Fluren, ohne der kleinsten Privatsphäre.

                                          Im Kern der Handlung wird geschildert, wie der offiziell vom Gouverneur der Provinz Cebu eingesetzte Gefängnisberater Marco Toral, ein ehemaliger Häftling, seine Autorität über die Gefängnisinsassen ausübt. Da er auch im selben Gefängnis inhaftiert war, weiß er, wie das Leben im Gefängnis funktioniert. Trotz seiner teilweise groben Methoden, z.B Schläge mit dem Paddel, ist er beliebt, und seine Gefängnisführung kommt bei den Inhaftierten gut an. So hat er zum Beispiel den „Dalaw“ eingeführt, der Besuchern erlaubt, eine oder mehrere Nächte zu bleiben. Er gestattet auch Handys, weil er es für wichtig hält, dass die Gefangenen mit ihrer Familie und ihren Angehörigen in Kontakt bleiben. Doch seine Arbeit im Gefängnis wird in den Medien und insbesondere von seinem Vorgänger, Byron Garcia, kritisch verfolgt. Besonders aktiv dabei ist Garcias Schwester Gwendolin (heute Gouverneurin der Provinz Cebu), die damals als Kongressabgeordnete tätig war. Seine Gegner haben nur darauf gewartet, dass er sich angreifbar macht. Und der Fall ist eingetreten, als sich ein Gefangener bei einem Dalaw als Besucher ausgibt und flüchtet.

                                          Die Macherin von „Das etwas andere Gefängnis“, eine Regisseurin mit philippinischen Wurzeln, hat in der Doku das Klima und vor allem den politischen Wandel des Landes im Jahr 2016 zur richtigen Zeit eingefangen, um eine fesselnde Geschichte über das Gefängnis zu erzählen. Seit dem „Krieg gegen Drogen“, den der psychopathische philippinische Präsident, Rodrigo Duterte 2016 ausgerufen hat, werden Menschen, die Drogen konsumieren und mit Drogen handeln, als Abschaum dargestellt. Unzählige Menschen wurden bereits getötet, viele von der Nationalpolizei. Die Serie gibt den Menschen, die Duterte jagt, eine Stimme und ein Gesicht, indem sie diese auf humane Weise darstellt.

                                          Deutlich wird in der Doku das fatale Versagen des philippinischen Rechtssystems geschildert. Es gibt Szenen, in denen man nur ungläubig mit dem Kopf schütteln kann. So wartet einer der Insassen seit drei Jahren auf seine Anklage. Als es endlich soweit ist, stellt sich heraus, dass er noch drei Jahre warten muss, weil der Anwalt eines seiner Mitgefangenen, der ebenfalls angeklagt wird, nicht anwesend ist. Dies, kombiniert mit Interviews mit Insassen des Gefängnisses, Aufnahmen mit Marco Toral und Stimmen der Politiker der lokalen Regierung, ermöglicht der Doku ein vortreffliches Bild über das Gefängnis und über die korrupte und kränkelnde philippinische Justiz zu zeichnen.

                                          Ein Wort noch zu dem Namen der Doku „Das etwas andere Gefängnis“: wer ist denn auf die Idee gekommen, der Doku einen solch spröden Titel zu geben? Man hätte es bei dem englischen Titel „Happy Jail“ belassen sollen.

                                          Fazit: Zweifellos eine sehenswerte und beeindruckende Doku, die handwerklich vorzüglich inszeniert ist und fesselnd erzählt wird. Sie ist nicht nur für Zuschauer mit einer Vorliebe für Gefängnisfilme einer Empfehlung wert.  

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                                            smartbo 05.07.2021, 10:16 Geändert 05.07.2021, 19:05
                                            über Quarry

                                            Wir sind im Jahr 1972 in Memphis, Tennessee. Mac Conway und sein Freund Arthur sind nach ihrem Dienst in Vietnam nach Hause zurückgekehrt. Sie versuchen, in der Gesellschaft Fuß zu fassen und Arbeit zu finden. Allerdings sind Jobs für Vietnam-Veteranen schwer zu bekommen. Conway wird von einem Mann kontaktiert, der „The Broker“ genannt wird. Er rekrutiert Auftragskiller und glaubt, dass Conway in Anbetracht seiner Vietnam-Vergangenheit bestes für diesen Job geeignet wäre. Conway zögert, lässt sich aber in die kriminellen Machenschaften hineinziehen als er feststellt, dass Arthur, sein Freund aus seinen Vietnam-Zeiten, bereits ein ähnliches Angebot von „Broker“ angenommen hat. Nachdem sie sich in einem Steinbruch getroffen haben, erhält Conway das Pseudonym "Quarry". Von da an versinkt er immer tiefer in den kriminellen Sumpf von Memphis ...

                                            Es ist eine düstere und kurzweilige Mini-Serie, die dezent mit bitterbösem Humor gewürzt ist. Sie benötigt aber etwas Zeit, um sich auf den Kern des Plots einzupendeln und ihren Rhythmus zu finden. So schwankt der Schwerpunkt der Handlung von Krimi-Elementen hin zu Ehe-Drama, Vater-Sohn-Beziehung, streut dann auf dem Hintergrund des damals besonders schlimm grassierenden Rassismus in Tennessee einige gesellschaftliche und politische Akzente, schildert zwischendurch die Gräueltaten des Protagonisten im Vietnamkrieg, um dann immer wieder zu dem eigentlichen Kern der Handlung, nämlich Krimi-Story, zurückzukehren. Selbstverständlich ist gegen einen Genremix nichts einzuwenden, allerdings sollten dann die einzelnen Akzentuierungen sowie alle Handlungsstränge als Gesamtpaket gut und überzeugend ausgearbeitet sein. Aber dies gelingt der Serie nicht lückenlos und nicht im vollsten Umfang.

                                            Doch im Verlauf der Handlung gelangen die geschilderten Holprigkeiten langsam in den Hintergrund, denn die finstere Atmosphäre fesselt und erzeugt permanent Neugier. Und schaue ich mir die weiteren Bewertungskriterien im Einzelnen an, dann sieht es im Gesamtergebnis ganz gut aus. Das Schwergewicht der Serie sind der Cast und die zahlreichen originellen Charaktere. „Fargo“ als Ideengeber ist hier sicherlich unverkennbar. Conways desillusionierter und wortkarger Charakter, exzellent gespielt von Logan Marshall-Green, entwickelt sich peu a peu zu einer Antihelden-Figur, für die man allmählich Sympathie entwickelt. Schauspielerisch weiß ebenso Damon Harriman zu überzeugen, der den psychopathischen Killer Buddy darstellt. Und Peter Mullan versteht es glänzend die Figur des zwielichtigen „Brokers“ authentisch finster zu spielen. Auch der übrige Cast und sogar die Nebenrollen sind super besetzt.

                                            Die Actionszenen sind eher rar gesät, aber sie werden mit enormer Intensität und mit gehöriger Brutalität präsentiert. Ganz besonders hervorzuheben sind die Memphis-Vorstadt-Kulissen, das vorzüglich eingefangene Südstaatenflair der 70er Jahre sowie der klasse Bluessound, der direkt ins Ohr geht und die Handlung vortrefflich untermalt.

                                            Fazit: Zu einem Binge-Watching-Level langt es aus meiner Sicht nicht ganz. Die von mir beschriebenen positiven Einschätzungen vermögen jedoch den partiell etwas unausgegorenen Handlungsablauf und die anfangs schwankenden Schwerpunktakzentuierungen durchaus zu kompensieren, so dass die Gesamtwertung unter dem Strich bei mir keineswegs schlecht ausfällt und es locker zu einem verdienten sehenswert reicht.

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                                              smartbo 01.07.2021, 19:46 Geändert 01.07.2021, 20:38

                                              Die australische Dokumentation handelt von dem sogenannten Dingo-Mord und beruht auf wahren Begebenheiten. Worum geht es in der Doku? 17. August 1980. Lindy und Michael Chamberlain und ihre drei Kinder, darunter das neun Wochen alte Baby Azaria, genießen einen Familiencampingausflug in Zentralaustralien, ohne sich bewusst zu sein, dass sich ihr Leben an diesem Tag für immer mit dramatischen Folgen ändern würde. An diesem Tag vermissen die Eltern Azaria, und im trüben Abendlicht sieht die Mutter einen Dingo aus dem Zelt kommen, in dem sie geschlafen hat. Lindy und Michael Chamberlain berichteten später der Polizei, dass ihr Baby von einem Dingo aus ihrem Zelt verschleppt wurde. Lindy wurde jedoch wegen Mordes angeklagt. Es war im Jahr 1982 in Australien der Prozess des Jahrhunderts, als Lindy Chamberlain vor Gericht beschuldigt wurde, ihr eigenes Töchterchen Azaria, ermordet zu haben. Der Fall hat jahrzehntelang die Nation gespalten. Und am Ende wurde es eines der größten Justizirrtümer des Landes.

                                              Vierzig Jahre später bereitet die Dokumentation mit umfangreichen Filmmaterial den Fall auf und folgt chronologisch den Geschehnissen von Azarias Tod, der Anklage, Verurteilung, Inhaftierung bis zur Freilassung der Mutter Lindy. Es ist keineswegs eine typische Krimi-Doku, wie der Filmtitel vielleicht suggerieren könnte, sondern vielmehr eine Geschichte über Liebe, Verlust, Sensationsgier, Vorverurteilung, Justizversagen, Familientragödie und insbesondere auch über die sensationsgierigen Boulevardmedien.

                                              In der Doku sprechen Lindy und ihre Kinder ausführlich über die erschütternde Nacht und die verheerenden Jahre danach. Unterstützt von Rückblicken auf ihr familiäres Leben schildern sie , wie dieses traumatische Ereignis ihr Leben für immer beeinflusst hat. Kritisch wird in der Doku insbesondere die Rolle der Boulevardmedien beleuchtet, die mit ihrer sensationslüsternen und vorverurteilenden Berichterstattung einen entscheidenden Einfluss auf die Meinungsbildung in der australischen Bevölkerung und wohl auch auf die Gerichtsentscheidungen hatten. Zu Wort in der originellen Dokumentation kommen darüber hinaus Augenzeugen, Freunde der Familie, Richter des Obersten Gerichtshofs, Forensiker, Anwälten, Medienvertretern, Geschichtsprofessoren sowie Kirchenvertreter.

                                              Fazit: die Dokumentation ist handwerklich tadellos inszeniert und bietet eine hochinteressante und fesselnde Story. Es ist eine unglaubliche Geschichte, die mich wieder mal zu der Feststellung verleitet, dass die besten und spannendsten Drehbücher nicht die gescripteten sind, sondern die, welches das Leben selbst schreibt. Die Einstufung als sehenswert ist aus meiner Sicht in jedem Fall angebracht.

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                                                smartbo 29.06.2021, 11:10 Geändert 30.06.2021, 10:53

                                                In der außergewöhnlichen und investigativen Dokumentation von Sonia Kennebeck (Regisseurin) und Wim Wenders (Produzent) werden drei ehemalige Veteranen der US Air Force porträtiert. Heather, Daniel und Lisa waren jahrelang an den Drohnen-Kriegseinsätzen beteiligt und betätigen sich nach ihrer aktiven Zeit in der US-Army als Kritiker der US-Drohnen-Politik, als Whistleblower und Friedensaktivisten. Heather, die ehemalige Drohnen-Analystin, wird zu Whistleblowerin auf der Web-Seite des Guardian und berichtet über ihre Erfahrungen. Ihr Ex-Kollege Daniel nimmt an Anti-Kriegsdemos teil und kritisiert öffentlich den Drohnenkrieg der USA. Die US-Administration verklagt ihn daraufhin wegen Spionage. Und Lisa trifft sich in Afghanistan mit den Überlebenden und Angehörigen der Opfer des Uruzgan-Drohnen-Anschlags, um den Menschen wenigstens symbolisch die Hand zu reichen und um Verzeihung zu bieten. Auf diesen Anschlag werde ich nachfolgend noch ausführlich eingehen.

                                                Bemerkenswert ist, dass die porträtierten Protagonisten gar nicht wie taffe Soldaten wirken, sondern eher unauffällig und wie gewöhnliche Menschen wie du und ich. Sie mussten damals bei der Einstellung keine besondere Qualifikation nachweisen, um den Job im Drohnen-Programm zu bekommen. Daniel z.B war obdachlos und Heather hatte keinen Beruf und wusste nicht, was sie beruflich mit sich anfangen sollte. In der US Air Force erhielten sie ihre Ausbildung zu Drohnenexperten und wurden spezialisiert als Drohnenpilot, Bildanalytiker oder Signal Intelligence Analyst.

                                                Wie sah ihr Büroalltag und ihre Tätigkeit aus? Ihr Büro war äußerlich unspektakulär normal ausgestattet, halt wie das eines einfachen Angestellten. Sie waren tätig an ihrem Stammarbeitsplatz ein paar Kilometer von zu Hause aus entfernt irgendwo in einem kleinen Kaff in den USA und beobachteten am Bildschirm den ganzen Tag das Geschehen fernab in Afghanistan, Jemen oder Irak. Fiel ihnen etwas Verdächtiges oder Gefährliches auf, benachrichtigten sie die Kollegen oder -je nach Aufgabestellung- sie führten den Drohnenangriff selbst aus. Drohnen erledigten den Rest und ließen „feindliche Kämpfer“ und Terroristen in einer Explosion oder Staubwolke irgendwo weit entfernt in einem Teil der Welt verschwinden, den sie nur von ihren Computerbildschirmen kannten.

                                                Dass dabei tragische Irrtümer, die zum Tod von unschuldigen Zivilisten führten, nicht ungewöhnlich waren, verdeutlicht insbesondere der Uruzgan-Drohnenanschlag , der in der Doku anhand von Protokollen der Geschehnisse und des Original-Funkverkehrs unter der Drohnen-Crew-Besatzung ausführlich geschildert wird. Am 21. Februar 2010 geriet eine große zivile Personengruppe, darunter Frauen und Kinder, die in einem Fahrzeugkonvoi durch die Täler der Provinz Uruzgan, Afghanistan, unterwegs war, in das Visier einer Predator-Drohnenbesatzung, die von einer Base in Nevada aus operierte.

                                                Nachfolgend gebe ich den Ablauf der Ereignisse entsprechend der Schilderung in der Doku und auszugsweise anhand der Funkverkehr-Protokolle wieder.

                                                ----------- Protokoll Anfang ----------

                                                „Dieser Truck wäre ein wunderbares Ziel“, hört man einen Mann sagen. Die Drohnen-Crew ist unsicher, scheint den Konvoi zu analysieren und diskutiert, ob Kinder anwesend sind. „Ich bezweifle wirklich diesen Kinderruf, Mann. Ich hasse diesen Scheiß wirklich, verdammt.“

                                                Die Fahrzeuge halten am Straßenrand an. Die Menschen steigen unter den permanenten Blicken der Drohnen-Crew aus, um zu Beten. Nach der Pause steigen sie wieder in ihre Autos und setzen ihre Fahrt fort, immer noch nicht ahnend, dass sie von oben verfolgt werden.

                                                Die Drohnencrew, die offenbar zufrieden ist, ein legitimes Ziel im Visier zu haben, trifft die notwendigen Vorbereitungen für den Einsatz von Gewalt. „Die Party sollte beginnen“ hört man einen Mann sagen.

                                                Als die Autos die Straße entlangrollen, eröffnen die Soldaten das Feuer.

                                                „Und … oooh … das ist es!“ ruft einer der Piloten. Das erste Auto des Konvois, von einer Rakete getroffen, verschwindet in einer riesigen Staubwolke. Kurz darauf explodiert das zweite Auto. Die Menschen rennen aus dem verbliebenen Fahrzeug und winken dem darüber fliegenden Flugzeug zu, um das Schießen einzustellen. Sie schwingen Stofffetzen in den Himmel, um anzuzeigen, dass sie keine Kämpfer sind. Zu sehen ist eine Frau mit einem Kind. Doch es nutzt nichts, die Drohne ballert weiter, und am Ende überleben nur wenige diesen Anschlag.

                                                ---------- Protokoll Ende ----------

                                                Verstörend ist, dass die Gespräche unter den Soldaten, die man in der Doku während des Anschlags hört, sich anhören wie Gespräche unter pubertierenden Jugendlichen, die gerade ein spannendes Ballerspiel spielen. Insgesamt 23 Menschen wurden bei dem Anschlag auf den Konvoi getötet, alles unschuldige Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Eine Untersuchung offenbarte später, dass die Drohnencrew die Hinweise, dass es sich um einen zivilen Konvoi handelte, ignorierte oder nicht ausführlich genug prüfte.

                                                Dieser und zahlreiche andere Vorfälle, die großteils von der US-Air-Force vertuscht werden, zeigen, dass es ein unerträglicher Zynismus ist, die unschuldigen zivilen Opfer von Drohnenangriffen achselzuckend als notwendige Kollateralschäden zu bezeichnen. Und wie ein Hohn klingen die Aussagen des ehemaligen Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Barack Obama, unter dessen Amtszeit das Drohnen-Programm massiv ausgebaut wurde, dass die US-Drohnen Terroristen töten, ohne Zivilisten zu verletzen.

                                                Auf der Seite der „Soldaten“ der US Air Force, die in den Drohnen-Einsätzen involviert sind, scheint ja diese Art der Kriegsführung auf den ersten Blick risikolos zu sein. Das perfide an Drohnenangriffen ist, dass der Feind zu einem abstrakten zufälligen Bösewicht aus einem Ballerspiel reduziert wird, den man sehr bequem per Knopfdruck außer Gefecht setzen kann. Dadurch entsteht eine trügerische moralische Rechtfertigung, die jedoch auf Dauer durch nichts gerechtfertigt ist. Der psychische Druck ist enorm. Und so bleibt es nicht aus, dass die Soldaten, die die Bildschirme bedienen, regelmäßig mit Depressionen, Selbstmordgedanken sowie Alkohol- und Drogenkonsum kämpfen. Sie mussten wirklich nicht an die Front in den Irak oder in Afghanistan, um eine posttraumatische Belastungsstörung zu bekommen.

                                                Fazit: Die handwerklich vorzüglich inszenierte Doku, regt an, über den militärischen Einsatz von Drohnen und die damit verbundenen ethisch-moralischen Aspekte nachzudenken. Leider ist derzeit der Kriegseinsatz von Drohnen in Deutschland kaum ein Thema für die Headlines in den Medien. Die eindringlichen und verstörenden Bilder des Films bringen jedoch das nur scheinbar fernes Thema in unsere unmittelbare Nähe, und machen seine vordringliche Relevanz deutlich. „National Bird“ zeigt, dass nicht nur die USA, sondern auch wir in Deutschland dringend eine Diskussion über den militärischen Einsatz von Drohnen benötigen. Denn schneller als wir denken, könnten diese morbiden Dinge auch über unseren Köpfen schweben. Wegen der von mir hoch einzuschätzenden Relevanz der Thematik bewerte ich die Doku mit einer 8 (=ausgezeichnet) und kann sie nicht nur politisch Interessierten wärmstens empfehlen.

                                                P.S.: Die Dokumentation ist per dato (29.6.21) auf YT verfügbar.

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                                                  smartbo 25.06.2021, 14:04 Geändert 25.06.2021, 16:50

                                                  John Carpenter bewies 1981, dass man für relativ wenig Geld spannende Filme drehen kann. In seiner Glanzzeit erschuf der Kultregisseur einen Klassiker nach dem anderen, unter anderen die „Halloween-Reihe“, mit der er Filmgeschichte schrieb. „Die Klapperschlange“ ist jedoch sicherlich auch eines der unbestrittenen filmischen Highlights von Carpenter.

                                                  Der dystopischer Sci-Fi-Film spielt -aus der Sicht des Jahres 1981- in der Zukunft im Jahr 1997(!). Die Verbrechensrate stieg enorm und der Regierung gelang es nicht, die Kriminalität in den Griff zu bekommen. Deshalb wurde Manhattan abgesperrt und in ein abgeschottetes Gefängnis umgebaut. Die dort eingesperrten Häftlinge haben das Kommando übernommen. Es herrschte Gewalt und Anarchie. Auf dem Höhepunkt der grassierenden Kriminalität wird der amerikanische Präsident von den Häftlingen als Geisel genommen. Der Kriminelle Snake Plissken, gespielt von Kurt Russel, soll den Präsidenten befreien. Dafür wird ihm Straffreiheit zugesagt. In einem Wettlauf gegen die Zeit wird Plissken mit einer Giftspritze infiziert, die innerhalb von 24 Stunden explodiert, wenn es ihm nicht gelingt, den Präsidenten aus den Fängen der marodierenden Häftlinge zu befreien …

                                                  Trotz des partiell veraltetet wirkenden Flairs lässt sich der Film immer noch sehen. Von der nicht mehr ganz zeitgemäßen Ausstrahlung sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen. Denn rasch zieht der Film den Zuschauer in seinen Bann und am Ende wird man mit einer durchgehend fesselnden Unterhaltung belohnt. Carpenter hat einen finsteren apokalyptischen Actionfilm gedreht, der von einer bedrückenden, deprimierenden, düsteren und melancholischen Stimmung geprägt ist. Das Setting, ausgestattet mit zahlreichen Statisten, ist schmuddelig, schmutzig und sieht trostlos und kalt aus. Gestärkt von der kühlen Atmosphäre erzählt der Film eine spannende Geschichte, die einige überraschende Wendungen für den Zuschauer bereit hält. Die Filmmusik ist nach meinem Dafürhalten nicht gerade die beste, aber immerhin sorgt der etwas veraltet wirkende Synthesizer-Sound für eine im Großen und Ganzen durchaus passende Untermalung der Action.

                                                  Interessant finde ich, wie die Charaktere im Film gezeichnet sind: die Protagonisten sind weder überwältigend sympathisch noch unsympathisch. Alle scheinen ein zwiespältiges Gesicht zu haben, und Niemanden kann man trauen. Für Heldentum ist im Film kein Platz, die Protagonisten, auch Snake Plissken, handeln hauptsächlich aus Egoismus. Die Rolle des einäugigen Antihelden Snake Plissken gehört ohne Zweifel zu Russells besten Rollen. Mit seinem Aussehen und seinem Schauspiel erschuf Russell einen harten, wortkargen und ausdrucksstarken Charakter, der in der Filmwelt einen echten Kultstatus erreicht hat. Neben Russell haben mir schauspielerisch auch Lee van Cleef und Isaac Hayes glänzend gefallen.

                                                  Ein Wort noch zu dem deutschen Filmtitel „Die Klapperschlange“. Meistens sind die deutschen Filmtitel von englischsprachigen Filmen Fehlgriffe, misslungen und oft sogar grotesk schlecht. Bei diesem Film mit dem Originaltitel „Escape from New York“ finde ich den deutschen Filmtitel Klapperschlange jedoch vortrefflich gelungen. Dafür hebe ich meinen Daumen. Top.

                                                  Fazit: trotz seines Alters bleibt der Kultklassiker ein sehr unterhaltsamer Film, den ich ohne weiteres als sehenswert einstufe. Und für Fans von Actionfilmen ist er ohnehin ein Muss. Top. Daumen hoch.

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                                                    smartbo 23.06.2021, 12:03 Geändert 23.06.2021, 20:33
                                                    über Blow

                                                    Der Film basiert auf wahren Begebenheiten und schildert den Aufstieg und Fall des Drogendealers George Jung von den Anfängen in der Hippiezeit Ende der 60er Jahre in Kalifornien bis zum bitteren Ende Anfang der 90er Jahre. Der Film zeigt die turbulenten Geschehnisse, die Jung und seine Weggefährten erleben und zeichnet sensibel nach -teilweise mit Rückblenden in seine Kindheit - das Verhältnis zu seinem gutmütigen Vater.

                                                    Der Film imponiert unter der Regie von Ted Demme zuvorderst mit seiner erstklassigen Inszenierung, die eine ausgezeichnet aufgebaute Handlung, authentische Atmosphäre und eine überzeugende Charakterzeichnung der Protagonisten bietet. Demme ist es hervorragend gelungen, „Blow“ nicht moralisierend zu verfilmen. Dem Zuschauer wird George als sympathischer und menschlicher Charakter gezeigt und nicht als rein böser Drogenbaron. Von zentraler Bedeutung sind die Beziehungen zwischen George und seinem geliebten Vater Fred und die zwischen George und seiner Tochter Kristina. Das Tragische ist, dass er die beiden belügt, Menschen, die er am meisten liebt. Gekonnt wird sein kontinuierliches Versagen skizziert, Beziehungen aufrechtzuerhalten. Gefangen im Spannungsfeld zwischen seinen Drogendeals, die ein skrupelloses Verhalten verlangen, und den Beziehungen zu den Menschen, die ihm am nächsten sind, bleibt es nicht aus, dass sein starker Charakter, der er einmal war, langsam zerbröckelt. So endet der Film in einer bedrückenden Stimmung mit einer emotional berührenden Szene, in der es um den Besuch seiner Tochter Kristina während seines Gefängnisaufenthaltes geht, und mit seinem traurigen Monolog, in dem er verbittert auf sein verpfuschtes Leben zurückblickt. Diese Schlusssequenz ist brillant inszeniert und hinterlässt einen tiefen Eindruck.

                                                    Johnny Depp zeigt im Film, dass er ein erstklassiger Schauspieler ist. Vorzüglich und überzeugend spielt er den unbekümmerten Zwanzigjährigen und ebenso gut den gebrochenen Fünfzigjährigen. Das gelingt ihm ohne Zweifel großartig. Der übrige Cast lässt sich ebenfalls sehen. Ray Liotta ist die ruhige und gutmütige Vaterfigur. Penelope Cruz spielt seine aufgedrehte Freundin und Rachel Griffiths seine eiskalte und egoistische Mutter. Auch Franka Potente in der kurzen Rolle seiner Freundin hat mich auf ganzer Linie überzeugt.

                                                    Last but not least darf natürlich der Soundtrack nicht unerwähnt bleiben. Er ist perfekt zusammengestellt und kennzeichnet vortrefflich den Zeitabschnitt, in dem die jeweilige Handlungssequenz angesiedelt ist. Zu hören sind: Bob Dylan, Manfred Mann’s Earth Band, Rolling Stones und viele andere mehr.

                                                    Leider starb der Regisseur und Produzent des Filmes Ted Demme völlig unerwartet im Jahr 2002 im Alter von nur 37 Jahren nach einem Prominenten-Basketballspiel an einem Herzstillstand. Mit "Blow" hat er gezeigt, dass er sehr viel Talent hatte. Hätte er länger gelebt, wäre er wohl in die Fußstapfen seines Onkels Jonathan Demme getreten, der 1992 für "Das Schweigen der Lämmer" einen Oscar erhielt. Sicherlich hätte er die Filmwelt mit weiteren Blockbustern bereichert.

                                                    Fazit: „Blow“ ist ein außergewöhnlicher Film, der mit einer kurzweiligen Unterhaltung aufwartet und bei mir ordentlich zu punkten weiß. Nach meiner Zweitsichtung ist er in die Riege meiner Lieblingsfilme -mit einem Herzchen aufgewertet- aufgestiegen. Aus meiner Sicht fällt die Einschätzung des Filmes ganz klar als sehenswert aus. Absolut top. Beide Daumen hoch.

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