Sonse - Kommentare

Alle Kommentare von Sonse

  • 8

    Sicher einer meiner liebsten Woodys. Ein kleines Juwel, liebenswert und witzig. Bedauerlich nur, dass Mia Farrow die Hauptrolle spielt.

    Es ist die Zeit der Großen Depression. Cecilia flüchtet vor der traurigen Realität eines öden Jobs und einer lieblosen Ehe ins Filmtheater "Jewel". Dort zeigt man gerade den titelgebenden Film "Purple Rose of Cairo" und sie hat ihn sich schon mehrmals angesehen. Bei einer Vorstellung dreht sich plötzlich einer der Charaktere im Film, Tom, zu ihr. Er schaut sie direkt an und sagt: "You must really love this movie, don't you?" Dann steigt er von der Leinwand und in ihr Leben. Nun sind die anderen Figuren des Films aufgeschmissen und wissen nicht was sie tun sollen, schließlich brauchen sie Tom, um die Geschichte des Films weiterzuerzählen. Sie vertreiben sich die Zeit, indem sie Karten spielen und Kinozuschauer beleidigen. Der Produzent des Films wird alarmiert, angeblich versucht der Charakter Tom auch in anderen Kinos aus dem Film zu entkommen. Gil, der die Figur in dem Film gespielt hat, wird alarmiert. Er fürchtet um seine Karriere und soll sein Leinwand-Alter Ego wieder einfangen. Cecilia wird auch ihm begegnen und muss sich für einen der beiden entscheiden. Tom: "I love you. I'm honest, dependable, courageous, romantic, and a great kisser." Gil: "And I'm real." :)

    Ein zartbitterer Liebesbrief von Woody Allen an das Kino, ganz besonders das Kino vergangener Tage, die Romantik des einfachen Eskapismus in Schwarz-Weiß, als Film noch nicht als x-beliebiges Konsumgut verkauft wurde. So hat er die Kinoszenen in einem Filmtheater auf Coney Island gedreht, in welchem er als Kind selbst oft saß.

    Nachdem er angeblich nach zehn Tagen Michael Keaton feuern musste, da dieser einfach zu modern wirkte, sagte ihm das Studio, er solle die männliche Haupt- und Doppelrolle selbst spielen oder sie Kevin Kline geben. Er besetzte schließlich Jeff Daniels, der hervorragend den naiven Tom gibt, aber als zynischer Schauspieler Gil nicht ganz so zu überzeugen vermag.
    Viggo Mortensen, der hier auf der Seite als Darsteller aufgeführt wird, hatte angeblich eine kleine Rolle im Film, fiel aber komplett dem Schnitt zum Opfer.

    Das beste des Films ist sein Drehbuch. Allein die Idee ist wunderbar und ich wundere mich warum das tatsächliche Durchbrechen der "vierten Wand" nicht schon häufiger genutzt wurde. Als einzig weiterer Film fällt mir nur noch "Last Action Hero" ein. Schließlich sind noch die herrlichen Dialoge zu nennen. Wenn Woody eins kann, dann ist das Schreiben^^:

    Tom: "You make love without fading out?"
    ...
    Cecilia: "I just met a wonderful new man. He's fictional but you can't have everything."
    ...
    Tom: "I don't get hurt or bleed, hair doesn't muss; it's one of the advantages of being imaginary."
    ...
    Schauspieler im Film-im-Film: "What are you people doing here? We can't continue the story 'til Tom gets back."
    Zuschauer: "Oh, we don't mind observing you all."
    ...
    Anderer Schauspieler im Film-im-Film (zum Filmvorführer): "No! No! Don't turn the projector off! No! No! It gets black and we disappear!"

    4
    • 7

      Danny Boyle kombiniert in seinem bisher erfolgreichsten Film steinalte Themen, die über genügend "Mass-Appeal" verfügen, um seine Beliebtheit und den Preisregen zu erklären: Boy-Meets/Loses/Meets-Girl + die klassische Underdog-Story verpackt in eine Vom-Tellerwäscher (bzw. hier: Teeschubser)-Zum-Millionär Rahmenhandlung. Eine überzuckerte Charles Dickens-Geschichte im heutigen Mumbai.

      Wenn man die Geschichte als Märchen bezeichnet, kann man ihre höchst kalkuliert-konstruierte Geschichte entschuldigen. Ebenso den schmalen Grat, auf dem sich der Film in der Darstellung der Slums bewegt: Ein brutaler Dschungel aus Armut, Gangs, Kinderarbeit, Prostitution... und gleichzeitig ein Wunder voller Leben, Farben und Musik.

      Gerade weil es ein Märchen ist, war es für mich trotz raffiniertem Plotting eben auch komplett vorhersehbar und die Formelhaftigkeit der (ebensowenig glaubwürdigen) Liebesgeschichte, sowie der Rags-to-Riches-Story, führten dazu, dass ich kaum in die Geschichte gesogen wurde, keinen wirklich emotionalen Draht zu den Hauptfiguren fand. Vielmehr saß ich im Kino und bewunderte wie Boyle den Plot umsetzte.

      Filmisch ist "Slumdog Millionär" gut gemacht. Die Kamera versucht die Dynamik des Orts einzufangen, ist in den Rückblenden konstant in Bewegung und erstarrt in den Verhör- und Quiz-Handlungen. Zusammen mit dem Bollywood-Hip Hop-Soundtrack ergibt sich dadurch in den schnelleren Sequenzen eine Musikclip-Ästhetik. Die Schauspieler sind alle entsprechend ihrer Möglichkeiten gut, inklusive der Kinder. Dev Patels "unschuldiger, verliebter Junge mit dem reinen Herzen" ist manchmal ein wenig zu dick aufgetragen. So gefiel mir die Szene, in welcher er dem Moderator (gelungen schleimig-beleidigend: Anil Kapoor) misstraut und damit eine andere Dimension jenseits der naiven Reinheit zeigt, am besten. Freida Pinto hat außer hübsch auszusehen und verliebt-verzweifelt zu kucken nicht allzu viel zu tun und der tolle Irrfan Khan kommt als Inspektor etwas zu kurz.

      Die Tanznummer zum schicken Abspann hat mir übrigens wiederum gefallen. Da hätte ich jedoch für vollen Eskapismus plädiert und absolut alle Schauspieler tanzen lassen (inkl. Moderator, Bösewichter etc.) und nicht nur jene von Jamal und Latika mit irgendwelchen unbekannten jungen, hippen Bahnpassagieren. Da hab ich es schon bedauert, dass mich der Film nicht gefesselt hat.

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        • 5 .5

          Frisch aus dem Knast kommt Pacinos Johnny und angelt sich sofort (!) einen Job als Koch in einem Diner und bezirzt alle mit Shakespeare-Zitaten. Yeah, sure... Dort arbeitet auch Frankie (Pfeiffer) als Kellnerin. Sie ist eine Einzelgängerin und teilt sich ihre Wohnung mit ihrem schwulen besten Freund (Nathan Lane ist gut, kann einem aber schon Leid tun, wenn man sich anschaut, das er immer die gleichen Rollen bekommt). Wie originell... Johnny frisst einen Narren an ihr - ist halt Pfeiffer - und gräbt und gräbt und gräbt und gräbt... solange bis Frankie eben mitmacht. Dann schubst sie ihn wieder weg, er kommt wieder angerobbt, sie schmeißt ihn raus, er ruft tausende Male an, sie will offensichtlich nicht, er aber... Und wie endet das Ganze *not much Spoiler there* mit gemeinsamen Zähneputzen und Löffelchen...

          Moral: Hartnäckigkeit bringt dich überall hin. Johnnys dauerndes Gebaggere und Stalking ist jedenfalls eher beängstigend, nervig und nicht so charmant, wie es vermutlich sein soll. Denn Frankie lehnt ihn ja nur ab, weil sie (natürlich!) eine harte Vergangenheit hatte, mieser Dreckstyp, Fehlgeburt und so... Ja, die Klischees stapeln sich hier auf Wolkenkratzerhöhe, wie ihr sicher bereits bemerkt habt. Im Grunde keine Wunder, denn der Regisseur des Films ist Garry Marshall. Genau, der "Pretty Woman"(*würg*)-Macher, der seitdem sonst nur noch mit hartem und vielfältigem Stoff wie "Runaway Bride" oder "The Princess Diaries" - Teil 1 und 2 - aufgefallen ist. Ganz in diese Mottenkiste versinkt "Frankie and Johnny" glücklicherweise dank seiner Schauspieler nicht, aber sehr viel Besseres bekommt man auch nicht geboten.

          Seltsam, basiert der Film doch auf einem Stück des relativ guten Bühnenautors Terrence McNally. Mit Blick auf das Stück und dessen Grundkonzept, eine Art Kitchen Sink-Love Story zwischen zwei "einfachen" Menschen mit angeblich harten Wahrheiten über Liebe und Sex..., sind die Stars im Film auch gleichzeitig ein Problem. Auf der Bühne wurden die beiden von Kathy Bates und Kenneth Welsh gespielt, die diese Rollen für den Film natürlich abtreten mussten. Man gibt sich zwar Mühe Pfeiffer den Glamour zu nehmen, aber bitte..., letztlich sieht es eben doch aus wie Hollywood. Dabei ist Pfeiffer trotz Fehlbesetzung noch das mit Abstand beste am Film und trotz aller Klischees noch am glaubhaftesten. Pacino übertreibt sein Prince Charming-Getue und sein Text wirkt absolut geschrieben und unecht.

          Letztlich handelt es sich hierbei also um eine gewöhnliche Hollywood-Romanze. Sie ist klischeehaft und ein wenig langweilig, aber in diesem Genre wohl dennoch eine der erträglicheren. Wer sowas mag, der wird hier sicher ganz zufrieden sein. Ansonsten empfehle ich den Film allen, die sehen wollen wie Pfeiffer Pacino Gegenstände an den Kopf wirft.

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          • 7 .5

            Hat mir im Alter von 14 J. damals im Kino sehr gefallen... Seitdem hatte ich immer einen "Soft Spot" für diesen Film, selbst wenn es jetzt schon wieder einige Zeit her ist, als ich ihn das letzte Mal sah.
            Wir schreiben das Jahr 2259. Die Erde wird vom ultimativ Bösen (*g*) bedroht, das nur durch das Fünfte Element besiegt werden kann. Nur keiner weiß genau was das eigentlich ist... Taxifahrer Korben Dallas (Willis) und Priester Cornelius (Ian Holm) werden es rausfinden, wenn sie dem Klon Leeloo "Multipass" (Milla Jovovich) begegnen.

            Luc Besson ist für mich eigentlich schon lange durch. Nach diesem Film kam doch nichts nennenswertes mehr, oder? Okay, "Die Purpurnen Flüsse" sind noch ganz passabel. Hier liefert er ein schrilles Sci-Fi Universum ab, fernab der düsteren, apokalyptischen Zukunftsvisionen à la Blade Runner. Durch New York schwirren abertausende fliegende Autos in schwindelerregenden Höhen, gemeinsam mit chinesischen Fast-Food-Dschunken. Das ist es auch was diesen Film einmalig und sehenswert macht: die Optik. Jean-Paul Gaultier konnte sich hier richtig austoben und dieser Designer-Look ist so speziell, dass der rund 13 Jahre alte Film erstaunlich gut gealtert ist. Die CGI-Effekte sind noch gut erträglich und die Aliens bestehen ganz charmant aus Menschen in Kostümen.
            Das wichtigste "Element" des Films ist ansonsten Bruce Willis, der hier einfach den John McClane der Zukunft gibt, sogar mit zerrissenem Unterhemd - wenn auch Designer-Fetzen. "Die Hard" auf einem interstellaren Kreuzfahrtschiff.

            In Sachen Story befinden wir uns im lächerlichen Sci-Fi-Action-Comedy-Einerlei. Ernsthaft, die Wale bzw. Walgesänge in Star Trek IV waren ein bei weitem intelligenterer MacGuffin als das ominöse fünfte Element, welches am Ende droht den Film im Kitsch ersticken zu lassen. Na ja, dafür gibt es ein Ende wie aus einem alten Bond-Film... Jovovich hat ihre Filmkarriere wohl allein auf diesem Film aufgebaut, aber das "höhere Wesen", dessen orangerote Haar-Färbung wohl teil der Gene war (sieht man in diversen Szenen doch die eigentliche Farbe deutlich am Haaransatz...), spielt sie schon ganz nett. Einmalig enervierend ist natürlich der DJ Ruby Rhod. Aus Eddie Murphys Exkrementen wart uns ein Chris Tucker geboren... Dafür fügt Gary Oldman eine weitere Figur in sein Kabinett durchgeknallter Fieslinge hinzu: "You're a monster, Zorg." Oldman: "I know." Was mich natürlich an den berühmten "The Empire Strikes Back"-Dialog zw. Leia und Han erinnerte^^: "I love you." - Han: "I know." :)

            Die beste Szene ist sicher Plavalagunas 'Lucia di Lammermoor'-Arie. Überhaupt mag ich Eric Serras Soundtrack. Ich persönlich hab jedoch eine Szene ganz am Anfang am liebsten. Da watscheln die metallenen Mondoshivan auf den Professor zu, der eben noch an ein paar ägyptische Hieroglyphen geputzt hat, er erschreckt und stottert die Aliens an: "A-a-a-are you German?" Und die Mondoshivan schütteln die Köpfe. In der Synchro wurde das für mich unverständlich und humorlos in ein "S-s-sind Sie hier von der Erde?" (...).

            Insgesamt ist der Film ein sich selbst nicht allzu ernstnehmendes Guilty Pleasure und ich finde er macht auch heute noch Spaß. Allerdings hat er mich beim erneuten Schauen mehr gelangweilt als ich es in Erinnerung hatte. Mein Alter, vermutlich... ;-)

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            • Da fällt mir ein... Was macht eigentlich Urkel? Der aus "Alle unter einem Dach" oder wie die Cosby-ähnliche Sitcom hieß?

                • "Wer gewinnt bei Euch den Fight der Woche?"
                  Jeder, dem es gelingt beide erfolgreich zu ignorieren.
                  Mit diesem Kommentar habe ich dann wohl schon verloren.

                  • Ja, Proyas wäre auch für mich der eigentliche Grund sich diesen Film anzusehen. Cage wegdenken ist vermutlich nicht so leicht, fiel mir schon beim Sichten des Trailers schwer, der mich nicht gerade umgehauen hat.

                    • Man möchte heutzutage schon fast von Typecasting sprechen, oder? ;-)
                      In "Collateral" fand ich ihn auch recht gut. Der Film hier interessiert mich bisher nicht.

                      • Sehr nett, vor allem wenn bei der Nennung von Will Smith das Poster von der Wand fällt. :)
                        Batz, hast du "Ferres" vorgesagt?^^
                        Gerne mehr davon, auch wenn ich was 'Die drei ???' angeht wohl etwas zu puristisch bin, um mir die Filme anzuschauen. In meinem alten Kinderzimmer bei meinen Eltern stapeln sich noch immer die Bücher und alten Hörspiele - natürlich Kassetten und keine CDs^^ - inkl. Der Super-Papagei.

                        • 8

                          Eastwood tritt mit einem Lächeln und einem Song ab, wer hätte das gedacht? :)
                          Dirty Harry parodiert sein Alter Ego - "Get off my lawn!" - in dieser Tragikomödie hervorragend. Dabei gelingt es dem alten Haudegen, wie erwartet, den Film gänzlich allein zu tragen und Schwächen des Drehbuchs sowie der unerfahrenen Nebendarsteller gekonnt zu überspielen. Man weiß schon sehr früh wie der Film enden wird, wie er enden muss... Den Weg dahin gestalten Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion so lustig und dramatisch wie möglich. Eigentlich eine ideale letzte Rolle für Eastwood, der uns hoffentlich hinter der Kamera noch lange erhalten bleiben wird.

                          • Danke dafür dass ihr "Sarsgaard" und nicht "Scarsgaard" (Skarsgård, anyone?) wie die Nulpen der NY Times geschrieben habt. ;-)

                            • Capo di tutti capi... und eine Calzone dazu, bitte. ;-)

                              • 10

                                Was für ein sagenhaft liebenswerter, überdrehter und im besten Sinne fantastischer Film. Lange hab ich auf ihn warten müssen. 2006 lief "The Fall" bereits auf einem Filmfestival in Toronto, erst letztes Jahr kam er in den USA in die Kinos - und nun läuft er doch noch in Deutschland. Die Wartezeit hat sich gelohnt - meine Erwartungen wurden bei weitem übertroffen.

                                Roy, ein depressiver Stuntman ist ge"fall"en und hat sich das Rückgrat verletzt. Er liegt im Bett eines Krankenhauses in L.A. im Jahr 1918 und trauert Verflossenem nach. Er gibt vor sich mit einem etwa 5-jährigen rumänischen Mädchen, Alexandria, anzufreunden. Sie ist ebenso ge"fall"en und hat sich den Arm gebrochen. Er erfindet mit ihrer Hilfe eine wirre Fantasiegeschichte, in die er Personen aus dem Krankenhaus und aus seinem eigenen und ihrem Leben einbaut später auch sich selbst und seine Zuhörerin, und gewinnt ihr Vertrauen. Er erzählt mit ihr die Geschichte und Tarsem visualisiert für uns die Bilder, die die Kleine sich ausmalt (das und die Konsequenzen daraus zu begreifen ist essentiell). Roy erzählt eine Zeit nur um Alexandria mit dem Weitererzählen der Geschichte zu erpressen, ihm eine große Ladung Pillen zu stibitzen... Während sich die beiden Handlungsstränge entwickeln, reflektiert das gesponnene Märchen immer mehr die Wirklichkeit...

                                Eine Schande, dass Regisseur Tarsem Singh mit "The Cell", einem visuell einmaligen, aber leeren Serienkiller-J.Lo-Vehikel sein Spielfilm-Debüt gab. Für "The Fall" wurde scheinbar sein kreativer Geist nicht mehr in Hollywood-Schubladen gezwängt. Der Film ist ein gelungenes Herzensprojekt: zehn Jahre war Tarsem mit Location-Scouting beschäftigt, fünf Jahre brauchte er um die richtige Hauptdarstellerin zu finden und vier Jahre verbrachte er mit dem eigentlichen Dreh - dabei finanzierte er sein Projekt größtenteils aus eigener Tasche. Für ein solch eigenwilliges Indie-Projekt sieht der Film einfach unglaublich großartig aus - und das fast komplett ohne CGI, nur mit klassischen Special-Effects.

                                Was dem Film vereinzelt an Spannung für manche fehlen mag, macht er durch seine Geschichte wieder wett - wer aufpasst, sich auf den Film einlässt und mitdenkt wird belohnt, wer sich nur von den Bildern berauschen lässt, wird den Film nicht verstehen. Die Fantasiesequenzen sind ganz bewusst kaum zusammenhängend, die Dialoge darin teils hanebüchen... Roy ist nun mal ein Stuntman und kein Drehbuchschreiber, außerdem ist ihm zu Beginn die Geschichte sowieso gleichgültig. Er beginnt z.B. mit einer Story über Alexander den Großen und merkt, dass das eine blöde Geschichte für ein kleines Mädchen ist, selbst wenn es Alexandria heißt. Das Märchen soll letztlich interessieren, aber nicht von den eigentlichen Geschehnissen in beider Realität ablenken. Wie Tarsem seiner Crew während des Drehs einbläute: "If the hospital won't work, it will be only like a bad music video." Das Krankenhaus funktioniert. Wen Roy und Alexandria berühren, der wird sich dem Charme dieses Films nicht entziehen können.

                                Die beiden Hauptdarsteller tragen den Film. Lee Pace (wohl mittlerweile vor allem aus "Pushing Daisies" bekannt) ist wunderbar, seine enorme Leistung wird von Catinca Untaru in den Schatten gestellt. Das Mädchen ist einfach phänomenal. Die meisten Szenen mit ihr improvisierte Tarsem und sie wirken sehr echt. Wenn wir sie das erste Mal mit ihrem eingegipsten Arm, mit der Schatulle, die ihre Habseligkeiten beisammen hält, in der Hand, durch die Korridore laufen sehen... Ein Wunder, dass der Film vor soviel "Ohhh, wie süß!" keineswegs in Sentimentalitäten abdriftet. Im Gegenteil, er ist locker, verspielt und nimmt sich selbst nicht so ernst, was zu seinem Zauber beiträgt.

                                Tarsem hat sich für das Plotgerüst von einem obskuren bulgarischen Film von 1981 mit dem Titel "Yo ho ho" inspirieren lassen - zu gerne würde ich den mal sehen. In Sachen Optik hat er sich von Frickes "Baraka" mehr als nur inspirieren lassen..., aber man findet z.B. auch Referenzen zu "The Wizard of Oz", "Baron Münchausen", Tarkovsky und Kieslowski. ;-)

                                Dieser Film ist zweifellos nicht fehlerfrei, aber ein so unwiderstehlich außergewöhnlicher, abenteuerlicher, fantasievoller und bewegender Augenschmaus, ein Tribut an alle Stuntman, das Kino und den Wert des Lebens, dass ich auch bereit bin mich selbst aus dem Fenster zu lehnen - ich fall schon nicht - und seltene 10 Punkte zu geben.

                                ***UPDATE: Habe mir den Film mittlerweile als UK-Import zugelegt (in Deutschland erscheint er erst im Herbst auf DVD) und nochmals gesehen: Er hält dem stand. Ich liebe ihn nach mehrmaligem Schauen nur noch mehr. Viele Bezüge der beiden Ebenen zueinander, die man evtl. nach dem ersten Sehen gar nicht bemerkt hat, werden noch deutlicher.
                                Ich habe mir auch am Stück das wunderbare zweiteilige ("Wanderlust" & "Nostalgia") einstündige Featurette angesehen, sowie beide Audiokommentare. Sehr gefreut hat mich dabei, dass der Film für mich exakt so funktioniert hat wie Tarsem seine Intentionen und die jeweilige Wirkung der einzelnen Szenen beschreibt. Durch die ganzen Hintergrundinfos ist vor allem mein Respekt für Regisseur und Hauptdarsteller gewachsen. Alle fanden das Drehbuch toll, aber keiner wollte einen Film finanzieren und versichern, der von einem Kleinkind abhängt, darum verkaufte Tarsem alles bis auf sein Haus, um den Film zu machen. Einige Geschichten von den Locations sind auch reichlich abenteuerlich - und er bezahlte nach eigener Aussage "kommunistisch" - alle Beteiligten erhielten den gleichen Lohn.
                                Mir war auch nicht klar wie viel Einfluss Catinca Untaru auf "das Drehbuch" bzw. die Filminhalte letztlich hatte. Ein paar anstrengende Szenen mit Catinca mussten zig mal wiederholt werden (nämlich jene, in denen andere laut wurden und ihr nicht klar war, dass das nur geschauspielert ist). während die meisten anderen nur aus einem Take bestehen. Catinca hat oftmals nicht direkt geschauspielert, sondern einfach reagiert und Lee Pace musste extrem schnell schalten und sich ihr anpassen. Die Krankenhaus-Storyline wurde zuerst und quasi in Sequenz (Reihenfolge wie im Film) gedreht, d.h. in der Szene, in welcher Alexandria Roy erstmals begegnet, begegnet auch Catinca erstmals Lee. Sie war so schüchtern, dass sie ihm zunächst nicht zu Nahe kommen wollte. Was mir auch nicht bewusst war, Pace hat während der vier Wochen Dreharbeiten im Krankenhaus nicht nur vor der Kamera gespielt. Tarsem hatte von ihm verlangt als gelähmter Schauspieler "Roy" im Rollstuhl aufzutauchen. Der gesamte Cast und die Crew, bis auf eine Handvoll Leute waren nicht eingeweiht, er war damals noch sehr unbekannt, allen wurde erzählt er hätte einen Motorradunfall gehabt. Am Ende der Krankenhaus-Dreharbeiten in Südafrika wurde das Geheimnis nach dem Dreh der letzten Szene der beiden für alle gelüftet - der Moment mit unzähligen erstaunten Gesichtern findet sich auch im Featurette.

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                                • 6 .5

                                  Es ist heute und du liest meine Kritik. Es ist März 2009 und du sitzt im Kino und schaust "Watchmen". Es ist 1986 und es steht die erste Ausgabe von Alan Moores "Watchmen" in den Regalen. Es ist Februar 2009 und Alan Moore sagt seinem Interviewer von "Wired", die Adaption von Comics sei eine reine Zeitverschwendung und der einzige Grund weshalb es dennoch getan wird sei reine Geldmacherei. Es ist 1991 und Terry Gilliam gibt sein Projekt das hochgelobte Graphic Novel für die Leinwand zu adaptieren auf, dies sei nur als Mini-Serie und nicht als Film möglich. Es ist April 2007 und ich verlasse das Park Hostivař Kino in Prag und kann nicht glauben was für einen Dreck ich eben gesehen habe: 300 geairbrushte, lächerliche, schreiende Affen. Es ist 2005 und Paul Greengrass gibt seine Pläne "Watchmen" als 9/11-Moralstück zu verfilmen auf. Es ist nach US-Zeitangabe 03-06-09 und "Watchmen" kommt weltweit in die Kinos. Es ist Sommer 2008 und in ein paar Tagen verschlinge ich begeistert das Graphic Novel. Es ist 2007 und Zack Snyder beginnt die Produktion der ersten "Watchmen"-Verfilmung. Es ist der 08. März 2009 und ich verlasse das Kino. Es ist Januar 2009 und Fox und Warner einigen sich im Rechtsstreit um die fertige Adaption. Es ist der 16. März 2009 und ich komme endlich dazu meine Gedanken niederzuschreiben.

                                  Nach Jahren der "Development Hell", der Unverfilmbar-Predigten, des juristischen Hin und Hers, der Verachtung Alan Moores wurde "Watchmen" also endlich auf die große Leinwand gebracht. Doch handelt es sich dabei nun um eine gelungene Verfilmung?

                                  Ja und nein, so frustrierend das klingt. Ich habe nun ein paar Tage, nachdem ich den Film im Kino gesehen habe, über mein Urteil gebrütet und kann nicht anders als mich zwischen die Stühle setzen. Was vermutlich auch der großen Unausgewogenheit des ganzen Films entspricht.

                                  Snyder packt in knapp 165 Minuten einen Großteil der Plotlines und Charaktere der Vorlage, sowie Dialoge und Bilder, dass man den Eindruck gewinnt, die Panels des Graphic Novels wurden für viele Szenen als Storyboards verwendet. Wem es also genügt die Figuren aus der Vorlage sich bewegen zu sehen und zu sprechen, wenn das der Maßstab für eine gelungene Adaption ist, dann wird man vermutlich äußerst zufrieden sein. Snyder hat der großen Fangemeinde fast schon sklavische Werktreue geschworen. Visuell ist ihm das weitgehend auf beeindruckende Weise gelungen. Wer sich jedoch von der Adaption verspricht, wie vom Buch herausgefordert und bewegt zu werden, der wird enttäuscht sein. Denn Snyder trifft mal den Ton der Vorlage und mal nicht, was den Film widersprüchlich erscheinen lässt. Wer sich schließlich der Vorlage unkundig auf die Verfilmung einlässt, wird von ihr teilweise ausgeschlossen, verwirrt und etwas für dumm verkauft - und oftmals werden zentrale Aspekte der Vorlage daher missverstanden.

                                  Viele Kritiken merken an, dass Snyders vermeintliche Werktreue auch gleichzeitig das Problem des Films ist. Das stimmt nur zum Teil. Dramaturgisch ist dies korrekt, da die Flashback-Struktur, die im Comic großartig funktioniert, den Film permanent ausbremst. Die Vorlage war als zwölfteilige Comicreihe angelegt und erschien erst später in einem Band mit zwölf Kapiteln. In diesem Episoden-Format fallen Unterbrechungen, Sprünge und Abschweifungen nicht annähernd so negativ auf wie im Film, der, wenn er denn gerade mal wieder beginnt Fahrt auf zu nehmen, über einen dieser Aspekte stolpert.
                                  Gleichzeitig tut die Werktreue dem Film inhaltlich gut, denn die besten Szenen, Bilder, Dialoge sind direkt aus dem Buch entnommen und verfehlen ihre Wirkung nicht, wenn, ja wenn Snyder den Ton trifft.

                                  Die Vorlage galt nicht aufgrund ihrer Bilder als "unverfilmbar", sondern aufgrund der Dichte ihrer Erzählung. Die Ausdruckskraft und Genialität des Graphic Novel hängen eng mit seinem Medium zusammen: eine lange, verzweigte Geschichte, Erzählung in Panels, die spezielle Sprache, die Konstruktion in zwölf Kapitel, Bezüge zur damaligen Welt der Comics... Snyders "Watchmen" gelingt der Transfer ins Medium Film - mit seinem Schwerpunkt auf Bewegung, relativ festen Handlungsbögen, der wiederum eigenen Sprache, den Schauspielern und der Welt des Kinos - nur teilweise.

                                  Beinahe alles, das geändert bzw. hinzugefügt wurde, passt schlicht nicht zu Moores "Watchmen". Der vielleicht einzige wirklich gelungene eigene interpretative und sehr schön gelöste Zusatz sind die Opening Credits des Films. Zu Bob Dylans "The Times They Are A’Changin" wird uns die Geschichte des "Watchmen"-Paralleluniversums erzählt und der Einfluss von kostümierten Helden gezeigt: The Comedian erschiesst Kennedy, der vorher noch Dr. Manhattan die Hand geschüttelt hatte etc. Dabei deckt man die Geschichte der Minutemen in Nite Owl I/Hollis' Buch "Under the Hood" sowie ein paar Charakter-Rückblenden ab. Visuell hervorragend zeigt Snyder uns individuelle Shots, durch Slow Motion beinahe eingefrorene Bilder, die fast wie eine Dia-Show mit Ken Burns-Effekt aussehen. Die meisten der Einstellungen werden durch das Aufblitzen der Kamera eines Fotografen unterbrochen. Eine gelungene Metapher für Snyders Job: das Bewegen berühmter Bilder.

                                  Snyder mag der emotionale Kern eines hervorragenden Regisseurs fehlen, tolle Montagen kann er jedoch filmen. Ebenso gelungen ist nämlich die Umsetzung von Dr. Manhattans Marstrip und seinem zeit-relativen Stream of Consciousness-Flashback. Hier übersetzt der Film das Comic ausgezeichnet in bewegte Bilder. Die lange Sequenz ist im Film ebenso bewegend wie im Buch, auch dank des gelungen Einsatzes von Philip Glass' "Prophecies" aus "Koyaanisqatsi". Man kann nachvollziehen wie es sich anfühlt, wenn alle Momente der Zeit, der gleiche Moment sind - Dr. Manhattans Gleichgültigkeit gegenüber der Menschheit verstehen.
                                  Der Tod des Comedian ganz zu Beginn funktioniert ebenfalls einigermaßen, ja fast besser als im Buch, gewinnt die Szene hier doch deutlich durch Bewegung und Musik - gute Wahl, "Unforgettable" hier und nicht an anderer Stelle wie im Buch zu verwenden.

                                  Generell funktionieren die ersten 80 Minuten von "Watchmen" besser als die zweiten, was daran liegen mag, dass nach der Hälfte des Films gerade mal ein Drittel des Comics erzählt war. Die Zeit, die Snyder hier investiert, verliert er immer mehr gegen Ende. Das Resultat ist ein Film, der infolge seines unausgewogenen "Pacings" sich einerseits zu lang anfühlt und gleichzeitig zu kurz, da haufenweise bedeutende Handlungsstränge entfernt wurden. Ein Film so unausgewogen im Ton, das er eben noch eine kinematische Höchstleistung vollbracht hat und jetzt in der folgenden Szene wirkt wie die lächerliche Parodie einer Parodie.

                                  Eine Szene, die von vielen garantiert missverstanden wird - "dank" der uneinheitlichen, schnellen Sprünge im Ton - ist die Sexszene zwischen Laurie und Dan. Wir lernen nun, dass der Kostüm- & Helden-Fetisch Dan von seiner Impotenz befreit. Eine auch im Buch bewusst witzige Szene, die einen Schmunzeln lässt, wenn Laurie erneut versehentlich den Flammenwerfer-Knopf drückt und damit die üblichen lächerlichen orgiastischen Metaphern à la Wasserfontäne parodiert werden und dem Bild des kostümierten Helden noch eine weitere Brechung versetzt. Snyder möchte genau dies auch erreichen, übertreibt es mit Weichzeichner und breitem Slow-Motion Gestöhne vorm Vollmond, plus seiner hier absolut misslungenen Songwahl (Leonard Cohens "Hallelujah"), leider maßlos.

                                  Am weitesten vom Graphic Novel entfernt Snyder sich in einem Punkt, in dem er erneut jegliche Subtilität vermissen lässt und durch falsche Schwerpunktsetzung die Adaption beinahe komplett an die Wand fährt: Die Gewalt. Im Buch wird zwar an ähnlichen Stellen Gewalt gezeigt, doch dort wo sie besonders betont wird, existiert sie um uns die Brutalität der Gewalt in ihren Konsequenzen zu zeigen. Anders als in vorangegangenen Comics ist Gewalt in "Watchmen" ein armseliges Resultat von Angst und Verzweiflung. Im Film existiert die Gewalt um "cool" auszusehen. Snyder hält die Kamera an jedem schmerzhaften Stoß an, zieht Kampfszenen gänzlich unnötig in die länge und zeigt sie nur um sich daran scheinbar aufzugeilen. Statt dass er sie nutzt, um den Superhelden-Mythos zu demontieren, glorifiziert er das Gemetzel. Das widerspricht vollkommen der Verankerung der "Helden" in der Realität. Nicht nur dass er seinen "Helden", die bis auf Dr. Manhattan eigentlich völlig frei von Superkräften sein sollten in einigen Szenen scheinbar doch übermenschliche Kräfte verleiht, wenn sie umherspringen wie Grashüpfer und Schläge einstecken, die eine zähe Elefantenkuh erlegen würden... Snyder nutzt einen eigentlich überraschenden Überfall auf Laurie und Dan in einer Gasse, um mal so richtig Spaß am Knochenbrechen zu haben, auf Kosten der Zeit, die für wirkliche Charakterzeichnung hätte genutzt werden können. Dieser Moment verängstigt die beiden eigentlich und sie sind dazu gezwungen sich zu verteidigen. Es ist nichts auf dass sie stolz sind und worüber sie grinsen. Ebensowenig kämpfen sie sich in der Gefängnisszene den Gang hinunter. Das wiederholte Gehacke mit dem Beil durch Rorschach, war das wirklich nötig um die Message rüberzubringen, dass Rorschach labil, gefährlich und durchgeknallt ist? Hätte ein Schlag nicht gereicht? Oder hätte nicht auch die Originalhandlung funktioniert? Rorschach kettet den Mann an und lässt ihm eine simple Säge, zündet sein Haus an, geht hinaus und sagt: "Bin eine Stunde da gestanden. Keiner kam raus." Nicht blutig genug, oder? Mir ist klar, dass die Übertreibung uns sagen soll, dass Rorschach kein Held zum Bewundern ist. Mir ist aber ebenso klar, dass Snyder diesen Punkt als Chance genutzt hat, um den Horror- u. Gore-Fan anzuziehen. Damit erlaubt er es jedoch gleichzeitig dem Publikum Rorschachs Aktion zu beklatschen. Kam in meinem Kinosaal vor - war das gleiche Pack, dass auch bei der Vergewaltigungsszene gejubelt hat. Nicht nur eklig, sondern auch komplett am Buch vorbei.
                                  Statt uns die Konsequenzen von Gewalt zu zeigen, stilisiert, ja fetischisiert Snyder sie wie zuletzt in "300" - weniger um zu kritisieren nach Vorbild der Vorlage, sondern um die Zuschauer zu begeistern, die in den langen Dialogen (und das Buch besteht nun mal hauptsächlich aus Unterhaltungen) dahingedämmert sind...

                                  *SPOILER in den folgenden drei Absätzen*
                                  Noch gravierender ist dabei die Tatsache, dass er die Gewalt an falscher Stelle betont. Die übelsten, weil brutalsten Seiten im Graphic Novel sind die mehreren einseitigen Panels im Buch, nachdem der Angriff auf New York erfolgt ist. Große unkommentierte Aufnahmen der blutüberströmten Leichenberge, die die Menschheit ihren selbsternannten "Helden" zu verdanken hat. Im Film sieht man nur ein paar Menschen "verpuffen" und dann einen eher "sauberen", menschenleeren Krater. Erschwert wird das Ganze dadurch, dass die Handlung auf der Straße, rund um den Kiosk, die der normalen Menschen, die uns im Buch einigermaßen nahe gebracht werden, im Film komplett entfernt wurde. Dem Zuschauer fehlt somit ein emotionaler Bezug zu den hunderttausenden Opfern. Man erhält nie das Gefühl der Angst, Unsicherheit, das Grauen vor dem Untergang der Menschheit. Nachrichtersprecher und eine sagenhaft miese Nixon-Karikatur können das nicht ausgleichen. Dadurch verschiebt sich die Beurteilung der Tat gewaltig. Dies mag sich verbessern, wenn uns irgendwann für weiteres Geld der Director's Cut angedreht wird, aber ich habe da noch meine Zweifel.

                                  Das Schöne am Comic, ist u.a. wie diverse Parallelgeschichten wichtige Aspekte der Handlung und der Charaktere kommentieren. So ist ein weiterer Schlag gegen das Herz des Buchs in Bezug auf das Ende des Films, dass Ozymandias/Veidts Hintergrund zu kurz kommt. Denn ein weiterer Subplot der Vorlage, die Comicgeschichte "Tales of the Black Freighter" ist relevant im Hinblick auf Veidt und seine Tat, sie verleiht ihm eine Dimension, die der Film vermissen lässt (ob auch hier der Cut mit dem Animationsfilm, den Snyder gedreht hat, auf einer weiteren DVD-Edition *Augenrollen* helfen wird, vermag ich nicht zu sagen). Black Freighter ist eine Metapher für Veidts Tat und ihren Konsequenzen mit denen er nun leben muss - zusätzlich zu einer Szene, in der er Zweifel und Bedauern zeigt. Der Film-Ozy ist somit kein "Held", der seine Moral geopfert hat, sondern genau das was er verneint: Ein Comic-Bösewicht, ein Mad Scientist, der vielleicht etwas Gutes getan hat mit dem Abschlachten von Millionen!? Gleichzeitig kommt die Auflösung von Veidt als Drahtzieher beim ersten Lesen des Buchs überraschend, im Film wird er von Anfang an als Bösewicht vorgeführt.

                                  Das berüchtigte veränderte Ende... Nun ja, ob der Manhattan-Plot genauso gut funktioniert wie "The Squid" (oder die Tentakel-Vagina, wie ich das "Alien" gerne nenne) ist diskutabel. Wenn "The Squid" als evtl. zu haarsträubend weggelassen wurde, warum zieht er dann andere Szenen unnötig ins lächerliche?Wenn Snyder schon dies verändert, wo bleibt dann die Konsequenz: Was bitteschön hat Bubastis dann noch für eine Funktion? Im Buch treffen wir ihn inkl. Karnak bereits recht früh an. Der genetisch veränderte Luchs ist für den Leser ein Hinweis auf Veidts Experimente und damit auf "The Squid". Seine Anwesenheit macht ohne Squid keinen Sinn und da er auch nicht erklärt wird, fragen sich logischerweise alle Nicht-Leser im Film: Was zur Hölle ist das für ein Viech?
                                  *SPOILER Ende*

                                  Die Schauspieler trifft am Scheitern des Films nicht die Schuld. Jackie Earle Haley ist ein hervorragender Rorschach, Crudup + CGI-Anzug ist perfekt als Dr. Manhattan und Patrick Wilson gelingt es tatsächlich ein überzeugender Dan. Morgan hat zwar nur wenige Szenen, in denen macht er als Comedian jedoch auch eine gute Figur. Matthew Goode ist ein gute Schauspieler und er bemüht sich redlich, seine Figur leidet jedoch wie bereits angesprochen im Film an Eindimensionalität und so kann er nicht mehr als den arroganten Klugscheißer geben. Malin Akerman ist keine Katastrophe, lässt sich dennoch als weiteres Beweisstück für die Snydersche Grundregel des "Style over Substance" anführen. Es scheint als war er hier zu sehr damit beschäftigt jemanden zu finden, der im noch sparsameren Silk Spectre-Kostüm etwas her macht, statt eine Schauspielerin zu finden, die auch das Können hat mit wenigen Szenen möglichst viel Charaktertiefe zu schaffen. Gleichzeitig bin ich für Snyders Casting doch größtenteils dankbar, vor allem wenn man sich anschaut, wer in den gescheiterten Filmprojekten für die jeweiligen Rollen vorgesehen war: Schwarzenegger als Dr. Manhattan? Robin Williams als Rorschach? Kevin Costner als Dreiberg? Oder lieber Joaquin Phoenix? Gary Busey hätte sich als Comedian vermutlich nur selbst spielen müssen...

                                  Die Musikwahl ist wie bereits angedeutet durchwachsen. Manche Titel passen gut, andere weniger. Ein Zitat aus einem Songtext am Ende eines Kapitels zu lesen ist nun mal immer noch etwas anderes als Musik zu unpassender Szene einzusetzen. Snyders Mangel an Subtilität ist jedenfalls an Titelwahl und Platzierung erneut erkennbar. Ob ich das musikalische Apocalypse Now-Zitat in der Vietnamszene okay finde oder nicht, kann ich immer noch nicht sagen. Was auf alle Fälle grausam war, war dieses sagenhaft schreckliche Cover von "Desolation Row". Dabei hatte man doch so ausgezeichnete Titel für die Trailer gewählt. Nicht nur "Take a Bow" von Muse hätte man verwenden können, sondern auch "Time is running out" und "Invincible"... Nur so als Anregung.

                                  Sicher, ich zolle Snyder Respekt, dafür dass er geschafft hat, was Gilliam, Greengrass und Aronofsky nicht gelungen ist. Dennoch hat er für mich bewiesen, dass er über reine Visualisierung nicht hinaus kommt. Dies mag im hohlen "300" für manche noch funktioniert haben, aber mit "Watchmen" hat er sich eine extrem komplexe Story aufgehalst und leider bewiesen, dass er sie nicht bändigen kann. Er profitiert dabei enorm von der Vorlage, deren faszinierende Ideen auch im Film noch funktionieren, wenn Snyder sie nicht über weite Strecken verpfuschen würde. Natürlich war der Film eine Lose-Lose-Situation für seinen Regisseur, doch das entschuldigt nicht dafür, dennoch nicht das Beste daraus gemacht zu haben. Der Subtext, die Nuancen und die gelungene Dekonstruktion des Superhelden-Mythos der Vorlage wurden leider weitestgehend eingetauscht, um einen möglichst düsteren und brutalen Superhelden-Film zu machen. Der angeblich so werkgetreue Film wird leider oftmals dem Comic-Klassiker nicht gerecht.

                                  Der Film mag so aussehen wie das Graphic Novel, er fühlt sich aber nicht so an. Schade.

                                  Ich gebe dem Film im Grunde zwei Wertungen:
                                  - 6.5 für alle, die das Comic gelesen haben und sich freuen es doch, zumindest in Auszügen filmisch umgesetzt zu sehen und denen es möglich ist die narrativen Lücken und Untiefen beim Schauen selbst zu füllen. Dazu zähle ich mich und bin somit in meiner Kritik viel härter als in meiner Punktwertung.
                                  - 4.5 für alle, die das Comic nicht gelesen haben. Zwar habe ich schon mit einigen gesprochen, die aus dem für sie leider eher unzugänglichen Film herauskamen und die Ideen dahinter dennoch erkannten und ganz interessant fanden... Einer Vielzahl wird die Geschichte jedoch verschlossen bleiben, wofür diese Zuschauer nur wenig können. Traurig um jeden, der aufgrund des Films das Comic verurteilt und es deshalb nicht lesen wird.

                                  Es ist jetzt mindestens eine halbe Stunde später und du hast vermutlich schon lange aufgehört zu lesen.... ☺

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                                  • @annaberlin: Coulrophobie... Oh ja. Nach dem Film erst recht. Meine Mum hat ihn mir aber bewusst grinsend gezeigt... Fies, oder?

                                    • Solange nur Fox (furchtbares Studio) das macht... ;-)
                                      Nee, also es gibt viele interessante Audiokommentare. Die sind oft weit besser als Making Ofs, da diese, wie Batzman ja schon sagte, oft dieses öde PR-It is such an honor-He is so great!-Zeug ist, das meist fürs TV gemacht wurde (aber da gibt es auch Gegenbspe.). Wenn du nen Film schaust und dir z.B. gerade denkst "Was zur Hölle haben die sich nur dabei gedacht?!", erfährst du das mit ein bisschen Glück auf einem Audiokommentar.
                                      Texttafeln, die dürfen sie sich gerne sparen!^^

                                      • Albtraum meiner Kindheit...
                                        Der Zweiteiler war nicht gerade der beste Film, aber Tim Curry und die Kinder haben einiges rausgerissen. Ich fürchte dass man jetzt auf (billige) Effekte setzen wird und womöglich traut sich niemand in die großen Fußstapfen Currys zu treten und wir bekommen womöglich noch nen CGI-Clown... Mit dem Verschieben um 25 Jahre macht man es sich jedenfalls schon leicht. Das Ende war in der ersten Verfilmung eine Katastrophe, das kann also eigentlich nur besser werden, oder?

                                        • 7

                                          Sehr sympathischer Film: ein bunter Mix aus Konzertfilm, Komödie und Experimental-Doku, dem man seinen Einfluss auf Gondrys "Be Kind Rewind" deutlich ansieht. Wer die Musik oder zumindest Dave Chappelle mag, der wird sicher seine Freude hiermit haben und auch sonst verbreitet er gute Laune. :)

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                                          • Bitte nicht. Hab gestern abend im Kino schon genug geseufzt...
                                            Ich bezweifele jedoch, dass es soweit kommen wird, da er bestimmt nicht annähernd soviel einspielen wird wie erhofft.
                                            Letztlich ist das Einzige, das theoretisch machbar wäre (und es tut schon weh, das überhaupt zu schreiben), eine Art Prequel oder Minutemen-Spin-off... Dann sollte sich aber keiner mehr wundern, wenn Moore statt mit Beleidigungen in Hollywood mit Brandbomben um sich wirft. ;-)

                                            • 7 .5
                                              über Fargo

                                              Ein verzweifelter Autoverkäufer (Macy) engagiert zwei Ganoven (Buscemi und Stormare) um seine Frau zu entführen und mit der vom Schwiegervater erpressten Kohle seine Schulden abzubezahlen bzw. sich etwas eigenes aufzubauen. Natürlich geht alles schief und das ganz besonders als Marge Gunderson (McDormand), die schwangere Kleinstadtpolizistin zu ermitteln beginnt...

                                              Die Coens haben ihre Kindheit und Jugend in Minnesota verbracht, Ort der Handlung dieses Films. Würde ich ein schwarzhumoriges Krimidrama in meiner Heimat drehen, es würde vermutlich ähnlich aussehen. Die Figuren würden Hämmerle, Merkle und Schwaderer heißen und nicht wie hier Lundegaard, Gustafson und Grimsrud. Abspielen könnte sich alles in der Gegend um das kleine Örtchen, das von allen nur "Cleverich" genannt wird und nicht wie hier "Brainerd". Die Ureinwohner würden wohl anstelle von "Oh, jeez" so etwas wie "Hailandzagg" und "Ha no" sagen... Der Ton wäre wie bei den Coens eine herablassender Blick der Zuneigung - nur müsste ich mit weniger Schnee auskommen und dann käme das Blut ja nicht so schön zur Geltung. Ich lass das also lieber mal, halte aber fest, dass ich die Coens hier gut verstehen kann.

                                              Erstmals sah ich den Film vor über 10 Jahren und außer der berühmten Häcksler-Szene blieben mir über die Jahre kaum weitere Erinnerungen an den Film. Auch der zweite Blick auf diesen Film vor kurzem bestätigte nur meine vorherigen Empfindungen: Ein ordentlich bis guter, ja wirklich typischer Coen-Film. Sehenswert ob seiner tollen Besetzung - Macy ist mir in fast allen Rollen willkommen und McDormand passt ebenso; überhaupt scheinen es die Coens zu ihrer Aufgabe erkoren zu haben Buscemi in jedem ihrer Filme auf kreative Art abzumurksen... - der originellen, weil in ihrer Absurdität alltäglich wirkenden Geschichte und des schrägen Humors, angefangen beim hier ironischen Stilmittel "based on a true story" in den Opening Credits und dem unweigerlich folgenden "The persons and events in this motion picture are fictitious" zum Ende des Abspanns. Allerdings wird er in meinen Augen allgemein doch etwas überschätzt.

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                                              • 5 .5

                                                Ein etwas eingerosteter Baseballspieler tritt aufs Spielfeld für ein letztes Spiel, das seine Zukunft entscheiden könnte.
                                                Die Detroit Tigers haben eine mittelmäßige Saison hinter sich und ihr alternder Starpitcher Billy Chapel wird von seinem Date am Abend im Hotel versetzt, am nächsten Morgen kommt der Inhaber der Tigers vorbei und sagt ihm, dass er einerseits das Team verkaufen wird und dass Chapel der erste sein wird der ausgetauscht wird (ausgerechnet zu den Yankees, gegen die das letzte Spiel der Saison ansteht) und dann setzt seine Freundin Jane noch einen drauf: Toller Job in London und so - ich bin dann mal weg - du wirst mit deinem Baseball schon glücklich werden... Midlife-Crisis? Ach was! Lebenskrise... Da zieht ein Mann schon mal Bilanz und das macht Chapel nun auf dem Spielfeld, während des letzten Spiels, das nun die Rahmenhandlung bildet, für Flashbacks, welche groß und breit die Entstehung und Entwicklung seiner Lovestory mit Jane erzählt. Er wirft nen Ball... und flugs sind wir in der Kennlernphase, noch nen Ball, gegenseitige Liebesbekundungen, Wurf und erste Armschmerzen, erste Beziehungskrise...

                                                Zum gleichen Zeitpunkt in der Gegenwart befindet sich Freundin/Ex-Freundin Jane in der Flughafenhalle und muss ihren eigenhändig in die Tonne getretenen verflossenen auf allen scheinbar unausweichlichen TV-Geräten beobachten, während dieser sich mit jedem Wurf einem "Perfect Game" nähert... Was wohl soviel bedeutet (meine Baseballkenntnisse gehen nicht allzu weit über die Grundbegriffe des schulischen Brennballspielens hinaus) wie, kein Gegner hat in Folge von Billys Würfen es geschafft auch nur einen Punkt zu erzielen... Ihr ahnt es aber vermutlich schon... Baseball ist hier größtenteils nur ein Vorwand, um eine völlig klischeebeladene (wenn auch glücklicherweise nicht gänzlich unsympathische) Liebesgeschichte zu erzählen. Himmel, sie endet quasi sogar am Flughafen! Was meint ihr? wird Billy sein "Perfect Game" machen und auch noch seine Herzdame vor den fiesen Cricket spielenden Briten retten?

                                                So und jetzt ratet bitte auch noch wer hier Regie geführt hat...? Ich wette es wird euch überraschen: Sam Raimi. Mr. Evil Dead bzw. für die etwas mainstreamigeren Mr. Spider-Man persönlich. Für ihn ist dies definitiv ungewohntes Territorium und er macht zumindest nichts falsch, eine eigene Note hat der Film an seinen meiner Ansicht nach filmisch interessantesten Stellen, wenn Chapel versucht kurz vor dem Wurf alles um sich auszublenden und sich zu konzentrieren. Das Raimi hiermit etwas zu tun hat bemerkt man spätestens, wenn man seinen Bruder Ted in einer kleinen Nebenrolle entdeckt...

                                                Aufklärung verschafft jedoch eher der Blick auf die Filmografie der Drehbuchautorin Dana Stevens. Aus ihrer Feder stammen noch "Blink", "City of Angels" und "Life or Something Like It" - da dürfte dieses Skript wohl sogar noch ihr bestes sein...

                                                Costner hörte "Baseball" und war mit an Bord, wenn er nicht sogar das Projekt selbst vorangetrieben hat. Von seinen drei Filme umfassenden Baseball-Liebeserklärungen, habe ich nun nur "Bull Durham" nicht gesehen. "Field of Dreams" ist schon lange her, doch habe ich positive Erinnerungen an ihn und würde sagen, dass er mir im Vergleich zu "For Love of the Game" deutlich besser gefallen hat. So bleibt dies ein Film, den Costner 1999 ganz klar "Aus Liebe zum Spiel" gemacht hat... Es sei ihm gegönnt, doch etwa zur gleichen Zeit entstand ein hervorragendes Stück Kino mit ihm: Thirteen Days.

                                                Die anderen Schauspieler sind alle ordentlich: Kelly Preston ist meines Wissens über das Spielen der "Freundin von..." nie hinausgekommen - wirklich zu bedauern bzw. überraschend ist dies nicht. Filmtöchterchen Jena Malone gönne ich da schon mehr. John C. Reilly und J. K. Simmons habe ich mich gefreut zu sehen, doch auch sie haben nicht viel zu tun - der Film gehört ganz Costner. Seinen Fans und jenen, die Hollywood-Lovestorys für Erwachsene mögen, sei er also durchaus ans Herz gelegt. Mir waren es einfach zu viele Klischees und der Film war mit über zwei Stunden viel, viel zu lang.

                                                Trivia-Nachtrag: Zwischenzeitlich dachte ich kurz ein Eisbär müsste gleich durchs Bild rennen und Richard Alpert mit vier Zehen auftauchen. Denn zu meiner Überraschung hatten zwei "Lost"-Helden hier winzige Kurzauftritte: Hi Jin! Hi Ben! ;-)

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                                                • Die ausgesprochen guten Trailer dürften vermutlich auch genügen, liest man doch permanent: "Ich bin eigentlich kein Star Trek-Fan, aber den Film will ich sehen..."

                                                  • Dafür hat er "Hero" im Namen und nicht "Witz"... ;-)
                                                    Ernsthaft, wer nennt sein Kind denn "Hero"? Ist zwar nicht so schlimm wie Sossamon's "Audio Science" und Jason Lee's "Pilot Inspektor"..., aber man kann die hohen Erwartungen in die Brut auch echt übertreiben.