Bandrix - Kommentare

Alle Kommentare von Bandrix

  • 1
    • 7

      Nelson Mandela ist mit Sicherheit einer der größten Persönlichkeiten der letzten hundert Jahre. Sein Leben inspirierte Millionen und ermöglichte das Ende der Apartheid in Südafrika. Ende 2013 ging er mit inzwischen 95 Jahren von uns. Doch sein Tod wurde fast vom tödlichen Unfall des Schauspielers Paul Walker überschattet, der, so schien es zumindest, ein größeres Medienecho hervorrief. Nun hat Regisseur Justin Chadwick Mandela nichtsdestotrotz ein letztes Denkmal in Form einer (für filmische Verhältnisse) vollständigen Biographie geschaffen.
      Statt sich, wie beispielsweise Clint Eastwood in „Invictus“, nur auf einen einzelnen Lebensabschnitt zu beschränken, versucht Chadwick das große Ganze zusammenzufassen. Natürlich fallen dafür einige Informationen unter den Tisch, oder werden auf ein Mindestmaß gestutzt. So unterschlägt „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“ einige weitere Familientragödien(der vorzeitige Tod mehrerer Kinder, sein abenteuerliches Studium) und widmet sich ganz den elementaren Ereignissen. Das soll aber kein Vorwurf sein, immerhin ist Mandelas Leben nicht alltäglich oder gar langweilig gewesen.
      So begleitet Chadwick Mandela vom jungen Stammesmitglied, über seine Anwaltskarriere bis hin zu seinem 27-jährigen Gefängnisaufenthalt. Besonders neue Einblicke gewährt der Film allerdings nur selten, obwohl die meisten unter uns mit Mandela wohl nur das Gesicht eines gebrechlichen und doch willensstarken, grauhaarigen Menschen in Verbindung bringen. Wer sich allerdings mit den Geschehnissen rund um Apartheid und Rassentrennung in Afrika etwas auskennt, wird hier keine neuen Erkenntnisse finden. Erst im weiteren Verlauf gelingt es Regisseur Chadwick neue Einblicke zu gewinnen. Sobald sich das Skript Winnie Mandela annimmt (zweite Ehefrau von Nelson Mandela) und sich der Fokus ein wenig verschiebt, erlebt der Zuschauer auch die Kehrseite des Kampfes gegen die weiße Obrigkeit. Äußerst eindrucksvoll entwickeln sich Szenen, in denen aus Hass nur noch mehr Hass entsteht und Afroamerikaner schlussendlich sogar gegen „ihre“ Landsleute zu Felde ziehen. Das Schicksal Winnies ist dabei enorm wichtig und zeigt, was ohne Nelson Mandela aus Afrika geworden wäre. Ein Land im Bürgerkrieg, ohne Hoffnung, jemals zueinanderzufinden. Regisseur Chadwick hat erkannt, dass die Ehefrauen der Mitglieder der ANC (African National Congress) die eigentliche Last zu tragen hatten, während ihre Ehemänner (wie Nelson Mandela eben) im Gefängnis von alltäglichen Demütigungen und Erniedrigungen verschont blieben. Indem Chadwick und Drehbuchautor William Monaghan diese beiden Wege gegenüberstellen, entsteht ein faszinierendes Bild Südafrikas, das am Scheideweg steht. Auf der einen Seite Winnie und ihre auf Rache sinnenden Gefolgsleute und auf der anderen Seite Nelson Mandela, der bereit war, seinen Peinigern alles zu vergeben. Wer gewonnen hat, wissen wir jetzt. Doch auf der großen Leinwand zu sehen, wie unsicher und brüchig das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß doch war, setzt Mandelas Errungenschaften noch einmal in ein völlig neues Licht.
      Da passt es auch, dass niemand Geringeres als Idris Elba diese Hauptrolle spielen darf. Er verkörpert den ehemaligen Boxer im Schwergewicht Mandela mit enormer physischer Präsenz. Wenn er zu den Massen spricht, reißt er sie und den Zuschauer gleich mit. Diese Rolle dürfte für ihn, auch ohne Oscarnominierung, den Durchbruch bedeuten. Wenn es einer verdient, dann er. Schließlich eroberte er mit Serien, wie „The Wire“ und „Luther“ schon den Serienmarkt. Auch seine Filmpartnerin Naomie Harris überzeugt ebenso als ruchlose und harte Winnie Mandela. Für weitere Authentizität sorgt das Drehen an Originalschauplätzen, mit Menschen, die damals wirklich vor Ort waren. Trotz Sicherheitsbedenken ist „Mandela – Ein langer Weg zur Freiheit“ fast komplett in Afrika entstanden, vollkommen unabhängig von Hollywoods Studioriesen. Weniger authentisch wirkt die Maske Elbas um Mandelas Aussehen so nahe wie möglich zu kommen. Hin und wieder ähnelt der Schauspieler eher einer Puppe aus dem Wachsfigurenkabinett Madame Toussauds, anstelle eines echten Menschen.
      Im Großen und Ganzen ist „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“ trotzdem ein gelungenes Biopic, das dem Zuschauer einen Einblick in das Leben Nelson Mandelas liefert. Allerdings ist der Film selten originell und erzählt auf konventionelle Art und Weise von Mandelas Weg zur Freiheit. Wer sich aber für seine Person interessiert, sollte sich das Werk von Regisseur Justin Chadwick zu Gemüte führen. Sehenswert ist er allemal.

      10
      • 8 .5

        „Lizenz zum Töten“ stellt nun die endgültige Entmystifizierung der Person Bond dar. Kein anderer Bond vor ihm und nur teilweise nach ihm war je wieder so kompromisslos und schonungslos. Rein auf den stetig steigenden Adrenalinspiegel bedacht – mit einem teils grausam vorgehenden Bond.
        Weniger Gags, weniger Gadgets, weniger Bondallüren - „Lizenz zum Töten“ scheint ganz auf seine wichtigsten Elemente geeicht zu sein.
        Dalton geht über Leichen um seinen einzigen Freund zu rächen, lässt den Zuschauer noch tiefer in die Abgründe seines Charakters blicken und erahnen, was die Jahre im Dienste Ihrer Majestät mit ihm angestellt haben.
        Da passt es vollkommen, dass es sich nicht um einen verrückten Welteneroberer handelt, den Bond zur Strecke bringen muss. Sein bisher persönlichster Auftrag führt ihn mitten hinein in das Haifischbecken des brandgefährlichen Drogenboss Franz Sanchez, gespielt von Robert Davi. Der ist nicht weniger zimperlich als unser aller Lieblingsagent, weswegen „Lizenz zum Töten“ ohne Zweifel der brutalste Film der Reihe ist. Das passt jedoch absolut zum düsteren Grundton, sagt sich Bond doch sogar von Befürworter M und damit dem MI6 los.
        Carey Lowell bringt als taffe Pam Bouffier frischen Wind in die Riege der oftmals bemitleidenswerten Bondgirls. Die wenigen witzigen Szenen sind ihr zuzuschreiben, da das Zusammenspiel mit ihr und Dalton – ähnlich wie die Kombination Q/Bond – sehr pointiert in Szene gesetzt ist. Anders verhält es sich schon mit Talisa Soto alias Lupe, die an sich ja ein einigermaßen interessanter Charakter ist, sich nur mit der Aussage „Ich liebe ihn über alles!“ nach dem zweiten Treffen mit Bond selbst ins Aus befördert. Langweilig, unnötig und der einzige Minuspunkt im ansonsten packenden Bondstreifen.
        Mit dem blutjungen Benicio Del Torro hat „Lizenz zum Töten“ dafür mal wieder ein absolutes Handlangerhighlight. Der Kampf zwischen ihm und Bond – vor allem Dingen sein Ableben – bleibt in Erinnerung. Generell sind die Actionszenen auf den Punkt inszeniert. Ohne allzu viel Firlefanz, schön übersichtlich und teilweise knüppelhart. Letzten Endes führt Bond seine Vendetta natürlich zu Ende und das auf höchst spannende, druckvolle und vor allem sehenswerte Weise.
        „Lizenz zum Töten“ hat nicht nur einer der besten Songs der Bondgeschichte, er ist auch ohne Zweifel der Beste. Wirklich unheimlich schade, dass Timothy Dalton kein drittes Mal sämtliche Bondklischees über den Haufen fahren durfte. Ohne Zweifel waren seine Filme seiner Zeit voraus und es brauchte 20 Jahre, bis sich wieder an solch ein Experiment herangewagt wurde. Nur leider ohne Dalton und Regisseur John Glen….

        9
        • 6 .5

          Der iranische Regisseur Asghar Farhadi ist wohl das, was gemeinhin unter dem Label Ausnahmetalent verstanden wird. 2009 schon erhielt er für seinen Film „Alles über Elly“ auf der Berlinale den silbernen Löwen für die beste Regie. Sein Durchbruch gelang ihm 2011 mit dem Erfolg „Nader und Simin – Eine Trennung“, wofür er nun sogar den goldenen Bären in Empfang nehmen durfte. Nun hat er mit „Le Passé“ einen weiteren Film vorgelegt. Zum ersten Mal filmte er außerhalb des Irans und wählte Frankreich bzw. Paris zu seinem Handlungsort.
          Hier widmet sich Farhadi einer Familie, die eigentlich keine mehr ist. Marie Brisson (Berenice Bejo aus „The Artist“) bittet ihren Ex-Mann Ahmad (Ali Mosaffa) nach Paris zurückzukehren um die Scheidung auch offiziell zu vollziehen. Solange die Formalitäten geregelt werden, soll er im selben Haus, wie Marie und die drei Kinder wohnen. Allerdings läuft einiges nicht so wie geplant, denn Marie hat inzwischen wieder einen Freund (Tahar Rahim), was vor allem für die älteste Tochter schwer zu verdauen ist. Die Spannungen zwischen sämtlichen Parteien wachsen und wachsen, die Vergangenheit köchelt vor sich hin und steht kurz davor, die Familie zu entzweien.
          Keine Frage, Asghar Farhadi versteht es, die komplexen Beziehungen seiner Figuren zu vertiefen und sie zum Ende hin auseinanderzureißen. In seinen Filmen gibt es kein Kampf Gut gegen Böse. Hier hat jeder sein eigenes Päckchen zu tragen, was im weiteren Verlauf des Films schon fast epische Ausmaße annimmt. Farhadi beleuchtet sämtliche Charaktere ausführlich, gewährt ihnen genügend Raum um mehr zu sein, als bloße Schablonen und Stichwortgeber. Die eigentliche Hauptperson Ahmad wird zeitweise vom übrigen Ensemble verdrängt. Jedoch nicht, weil seine Entwicklung nicht interessiert, sondern weil sämtliche Menschen (die Bezeichnung Figuren würde den Realismus des Skriptes nur schmälern) ihre Daseinsberechtigung haben.
          Dabei kommen dem Film die hervorragenden Darsteller nur zu Gute. Die bezaubernde Berenice Bejo, die schon in „The Artist“ die Herzen höher schlagen ließ, erlebt der Zuschauer nun auf eine wohltuend andere Art und Weise. Auch ihr Filmpartner Tahar Rahim („Ein Prophet“) gefällt durch sein zurückgenommenes Schauspiel. Allen die Show stiehlt jedoch Ali Mosaffa, der durch seine ruhige, gefasste und menschliche Art, das Publikum sofort für sich einnimmt. Das Drehbuch macht es ihnen allerdings auch einfach. Schließlich sind die Dialoge famos geschrieben, was nicht verwundert, denn Regisseur und Perfektionist Farhadi hat auch hier die volle künstlerische Kontrolle. Da passt es auch, dass er für kleine Szenen manchmal einen ganzen Drehtag aufwendete, weil beispielsweise eine Haarsträhne falsch fiel, oder eine Handbewegung nicht seiner Vorstellung entsprach.
          So ganz kann Farhadi allerdings nicht von seiner Heimat Iran lassen. Nicht nur, dass Hauptfigur Ahmad gebürtiger Iraner ist, nein, auch die Story hat seinen Ursprung im Umgang seines Heimatlandes mit der Vergangenheit. Die Wahrheit wird verdrängt und verleugnet, nur um weiter zu machen und auf diesem schwankenden Gebilde der Verdrängung nicht einzustürzen. Eben das passiert auch in „Le Passè“. Die Beteiligten sprechen ihre Probleme nicht aus, leben weiter und versuchen zu vergessen. Doch die Erinnerungen bleiben und setzen sich fest, bis es zu spät ist. Hier entwickelt der Film eine gewisse Sogkraft, der man sich nicht enziehen kann.
          Allerdings, das muss gesagt werden, ist „Le Passè“ mit seinen 130 Minuten ein Stück zu lang. Manche Szenen wirken ein wenig in die Länge gezogen und bringen das Drama um ein Stückchen mehr Durchschlagskraft. Der Sinn hinter diesen bestimmten Passagen erschließt sich dem Betrachter recht schnell, doch zwanzig Minuten weniger hätten nicht geschadet. Vielleicht ist „Le Passè“ aber auch einfach kein Film, den man sich spät abends ansehen sollte und benötigt die vollste Konzentration des Zuschauers. Nicht auszuschließen ist eine Aufwertung nach Zweitsichtung, denn Farhadis Art, Szenen zu arrangieren und seine Darsteller zu führen, sollte ein weiteres Mal genossen werden.

          Publikumswertung: 2,7

          8
          • Bitte die Artus-Reihe von Bernard Cornwell. Das wäre auf der Leinwand ein Fest!

            • Witzigerweise hatte ich dieselbe Erfahrung im selben Film. Nur statt einem älteren Pärchen war es gleich eine ganze Gruppe. Natürlich ganz elitär mit Weinglas in der Hand. Habe nach zehn Minuten (nicht ganz so) höflich darauf hingewiesen, dass der Film angefangen hat. Schlimm, so Leute.

              2
              • 8 .5

                So ganz will mir der Aufschrei um Daniel Craigs Antibond nicht in den Kopf. Schließlich versuchte sich schon Darsteller Timothy Dalton zwanzig Jahre vorher in einer ernsteren und weitaus realistischeren Version des britischen Agenten James Bond. Zusammen mit dem fabulösen Bondregisseur John Glen kommt Dalton der Person James Bond um einiges näher. Endlich erfahren wir etwas über Bonds Innenleben, seine Ängste und zum allerersten Male wirkt Bond nicht so souverän wie in seinen vorherigen Abenteuern.
                Eingeleitet wird „Der Hauch des Todes“ von einer spektakulären Pre-Titel-Sequenz, die den Vergleich mit heutigen Actionfilmen nicht scheuen muss und einigen modernen Vertretern zeigt, wo der Hammer hängt. Spektakuläre Stunts, Spannung, Adrenalin – alles vorhanden.
                Zwar braucht die Story rund um einen übergelaufenen KGB- Agenten etwas um in Fahrt zu kommen, schlussendlich überzeugt sie jedoch auf ganzer Linie. Die Bösewichte sind stark und das Bondgirl ist endlich einmal kein naives Dummchen. Dadurch wirkt die sich langsam zwischen Bond und ihr aufbauende Beziehung echt und glaubwürdig. Es entwickelt sich tatsächlich eine Art Chemie zwischen den Beiden, was in Bondfilmen vielleicht alle paar Jubeljahre zu bestaunen ist.
                Dalton ist hierbei perfekt besetzt. Zwar ist „Der Hauch des Todes“ noch nicht ganz so nihilistisch wie sein Nachfolger, doch der spürbar ernstere Ton des Films ist allgegenwärtig. Es scheint sogar beinahe unpassend, sobald hier und da ein Gag eingestreut wird, wobei die Verfolgungsjagd im Cellokoffer ein amüsantes Highlight ist.
                Sobald gegen Ende auch noch orientalisches Feeling miteingebaut wird und „Der Hauch des Todes“ in eine etwas abenteuerliche und exotische Richtung geht – in Verbindung mit einem sehr starken Finale – ist mein Fanherz genährt und sich eines bewusst:
                Timothy Dalton ist nicht nur in Anbetracht seines Talents der beste Darsteller, den die Reihe bisher hatte, sondern auch in sämtlichen anderen Punkten der bestmögliche Bond.
                PS: „Im Auftrag ihrer Majestät“ mit Dalton statt Lazenby. Das wär’s gewesen.

                9
                • 3 .5

                  Es gibt Filme, da fehlen schlicht die Worte. Das kann einerseits an zu vielen Ansätzen und Thematiken liegen, die ein Film anspricht, oder aber an seiner schlichten Unterdurchschnittlichkeit. Im Falle des nun gestarteten „I, Frankenstein“ ist letzteres der Fall. Zur Hölle, aber was soll hier positiv hervorgehoben werden?
                  Hollywood bedient sich mal wieder am reichhaltigen Fundus der Fantasyliteratur und versucht aus „Mary Shelley’s Frankenstein“ einen neuen Actionblockbuster zu zimmern. An und für sich nicht sonderlich verwerflich, wenn denn die richtigen Leute daran arbeiten und nicht bloß seelenloses Effektegewitter auf den Zuschauer niederprasselt. Frankenstein(Aaron Eckhart) bahnt sich seinen Weg durch Dämonen- und Gargoylehorden und ist selbstverständlich das zornige und missverstandene Kerlchen. Eigentlich will er nur in Ruhe gelassen werden, doch der furchtbare Dämonenprinz Naberius verfolgt ihn über die Jahrhunderte hinweg. So muss er schlussendlich doch in den ewig währenden Kampf zwischen den Höllenkriegern und Engelslakaien eingreifen und ist durch seine übermenschliche Kraft ein gefürchteter Gegner. Mitten hinein rasselt noch die schöne Wissenschaftlerin Terra (Yvonne Strahovski), die natürlich mehr in ihm sieht, außer das Monster.
                  „I, Frankenstein“ hätte durchaus das Zeug zu simpler und infantiler Unterhaltung. Eine durch und durch dämliche Story, trashige Masken und Effekte, sowie Logikfehler in Hülle und Fülle bieten eigentlich eine zufriedenstellende Ausgangslage. Leider aber nimmt sich der Film dermaßen ernst, dass der erste freiwillige vom Skript gewünschte Lacher kurz vor Schluss vom Stapel gelassen wird. Vorher versinkt der Film ganz in unfreiwilliger Komik. Von offensichtlichen Ungereimtheiten, dämlichen Handlungen sämtlicher(!) Akteure bis hin zu geklauten Storyelementen sämtlicher Vorbilder ist alles dabei. Vom düsteren Look her erinnert „I, Frankenstein“ an Filme, wie zum Beispiel „Underworld“ oder „Van Helsing“. Kein Wunder, stand doch dasselbe Produzententeam hinter der „Underworld“-Reihe. Doch wo beide Beispiele noch wenigstens durch stimmungsvolle Atmosphäre Spaß machten, versagt der neueste Vertreter mit seinem Helden auf ganzer Linie. Er braucht sogar dermaßen viel Hilfe, dass sich die Drehbuchautoren einfach den letzten Akt von „Van Helsing“ einverleiben und neu verfilmen. Allerdings mit schlechteren Effekten und einem langweiligeren Look. Da hilft es auch nichts, dass Kameramann Ross Emery hin und wieder schicke Bilder auf die Leinwand zaubert und die eine oder andere Kampfszene aufgrund der Choreographien schön anzuschauen ist. Während „Van Helsing“ aber eine spürbar ironische Note mit ins Spiel brachte und sich seiner überbordenden Fantasy-Elementen stets bewusst war, bleibt „I,Frankenstein“ weiter ernst und trocken.
                  Da können auch eigentlich namhafte Darsteller nichts ändern. Aaron Eckhart, von dessen Können sich ein breites Publikum in „The Dark Knight“ überzeugen konnte, wäre der Aufstieg in die A-Riege Hollywoods durchaus vergönnt. Er hat das Zeug zum Star, besitzt Talent und die nötige Coolness. Doch mit solchen Filmen dürfte er weiterhin auf Nebenfiguren angewiesen sein. Auch Miranda Otto(Eowyn in „Herr der Ringe“) muss wohl ihre Miete bezahlen. Der Einzige, der wirklich Spaß macht, ist Bill Nighy. Niemand gibt den Bösewicht auf solch ironische Art und Weise, wie er. Selbst, wenn es das Skript und der Regisseur gar nicht wollen. Er zieht sein Ding einfach durch, kann aber durch höchstens 5 Minuten Screentime keinerlei Wirkung entfalten.
                  „I, Frankenstein“ ist leider ein völliger Flop. Die Masken erinnern an die 90er Serie „Buffy – The Vampire Slayer“(ohne auf inhaltlicher Ebene an ihre Brillanz heranzukommen) und generell scheint es eher so, als hätte man einige bekannte Genrenachbarn bunt gemischt. Herausgekommen ist dann eben dieses seelenlose(wie passend!) Stück Zelluloid, das ohne ein paar Bier und/oder Freunde im Kino keinerlei Spaß bereiten wird. Schade.
                  PS: Die 3D-Konvertierung ist, wie nicht anders zu erwarten, komplett gescheitert.

                  14
                  • 2
                    • Bin mal gespannt. Die Buchreihe sackt ja mit dem letzten Teil vollkommen ab.

                      • 8

                        In der Filmwelt scheint sich gerade ein Trend zu entwickeln. Seit Hollywood mit „The Expendables“ die Helden der 80er aus ihren Grüften befreite und das Alter salonfähig machte, widmen sich immer mehr Filmemacher dem Älterwerden. Gerade Genres, die mit dieser Thematik nicht (oft) in Verbindung gebracht werden, scheinen plötzlich interessant zu sein. So erwischt es mit „The Worlds End“ auch den Bereich Komödie.
                        Wohl niemand hat in Hinblick auf Regisseur Edgar Wrights neuestem Werk mit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Verlauf des Lebens, Midlife Crisis und dem Beschreiten neuer Wege gerechnet. Umso irritierter waren nun die Zuschauer, die einen ähnlichen Spaß im Sinne von „Hot Fuzz“ oder „Shaun of the Dead“ erwarteten. Zwar schlägt „The Worlds End“ oftmals einen lustigen, spöttischen Ton an, im Kern präsentiert sich der Film allerdings erstaunlich ernst.
                        Gary King(Simon Pegg) lebt mehr oder weniger in der Vergangenheit. Seine ehemaligen Freunde sind alle seit zwanzig Jahren weggezogen, haben einen Job, eine Familie – nur er ist scheinbar stehen geblieben. Da kommt ihm eine herrliche Idee: Er versammelt die alte Truppe in ihrem Heimatkaff „New Haven“ um die „Golden Mile“ zu beenden. Das ist eine Tour durch die zwölf Pubs der Stadt, mit der Kneipe „The Worlds End“ als Zielpunkt. Widerwillig sagen sie alle zu und es entwickelt sich eine Reise in die Vergangenheit, die so einiges zum Vorderschein bringt, was längst vergessen oder verdrängt worden war.
                        Wright und Co-Autor/Hauptdarsteller Simon Pegg überraschen mit ihrem Abschluss der gefeierten Cornetto-Trilogie ungemein. Natürlich sind wieder sämtliche Eigenschaften der Vorgängerfilme enthalten. Englisches Lokalkolorit, Pubs, Bier, Dialoge im Stakkato-Format und schnelle, moderne Schnitte. Mittendrin wieder einmal Pegg und zweite Standardbesetzung Nick Frost als beste Freunde. Verstärkt wird das Ensemble dieses Mal durch Martin Freeman(Bilbo Beutlin in „Der Hobbit“), Eddie Marsan(„Sherlock Holmes“) und Paddie Considine(„Hot Fuzz“). Zusammen bilden sie die einstmals eingeschworene Truppe, die sich aufgrund verschiedener Lebensstile wieder zusammenraufen muss und nebenbei noch in der Pflicht ist, die Welt zu retten.
                        Selbstverständlich gibt es auch in „The Worlds End“ wieder einiges zu lachen. Seien es diverse urkomische Wortspiele, Situationskomik oder die Alien-Invasion an sich. Letztere ist im Übrigen erstaunlich originell und beinhaltet einen klugen Kommentar zur Franchise-Kultur unserer Gesellschaft in der sich die Helden hier behaupten müssen. Besonderen Stellenwert nehmen allerdings die Kampfszenen ein. Diese wirken in ihrer Machart wie eine Parodie auf den Großteil aller Kung Fu-Filme. Obwohl sämtliche Darsteller sichtlich wenig von Kampfsport verstehen, erscheinen sie durch virtuose Kamerafahrten und Choreographien wie (Halb-)Profis. Das macht ungemein viel Spaß mitanzusehen.
                        Seine wirkliche Größe offenbart sich allerdings erst in den ruhigen, dunklen Szenen. Wenn für Gary King offensichtlich wird, wie sehr sich die Zeiten doch geändert haben. Das Leben, das fast vollständig an ihm vorüberzieht und er immer noch derselbe ist, wie zu Schulzeiten. Die Notwendigkeit des erwachsen werden vollzieht sich im Rahmen des Weltuntergangs – wie passend. Hier findet Wright das richtige Gespür für gehaltvolle Dialoge, die den Zuschauer komplett überraschen. Sämtliche Charaktere, oberflächlich witzig, sind eigentlich komplexe Figuren, die auf den zweiten Blick viel Gehaltvolles zu sagen haben. So berührt „The Worlds End“ doch tatsächlich, anstatt bloß auf den nächsten Gag zu zusteuern. Im Grunde ist der Film zu Teilen ein Drama, das den Charakter King beleuchtet und davon erzählt, wie er der schönsten Zeit seines Lebens hinterhertrauert. Das ist dermaßen aus dem Leben und real, dass es das Publikum unvermittelt trifft. Somit ist „The Worlds End“ Peggs/Wrights reifster und ausgewogenster Film, auch wenn Viele aufgrund der ernsten Töne abgeschreckt sein könnten. Der Abschluss der Cornetto-Trilogie ist tatsächlich auch der Höhepunkt der Reihe. Wie schön.

                        10
                        • 5
                          • 8

                            Die Oscarsaison ist angebrochen und die Favoriten sind zahlreich vertreten. Der vielleicht aussichtsreichste Kandidat „12 Years A Slave“ heimste sogleich 9 Nominierungen ein. Auf den ersten Blick könnte man der Academy fehlenden Mut unterstellen. Filme, die eher dunkle Kapitel der amerikanischen Geschichte behandeln(z.B. zuletzt „The Help“) und gemeinhin als „Betroffenheitsfilme“ abgeschrieben werden, stehen hoch im Kurs. Wer allerdings „12 Years A Slave“ als typischen Film dieses Pseudo-Genres betitelt, tut ihm unrecht.
                            Nachdem Quentin Tarantino letztes Jahr mit „Django Unchained“ schon erste Debatten über afroamerikanische Sklavenhaltung in den USA auslöste(und das obwohl deutlich ironisch überspitzt dargestellt!), dürfte das Werk von Regisseur Steve McQueen deutlich höhere Wellen schlagen. Das Schicksal des Solomon Northup ist in seiner Brutalität schlicht unglaublich und wahnsinnig intensiv.
                            Basierend auf dem Bestseller „12 Years A Slave“ aus dem Jahre 1855 erzählt der Film die Leidensgeschichte des Afroamerikaner Northup, der seiner Freiheit beraubt und in den Süden verschleppt wird. Frau und Kinder sieht er nicht wieder, stattdessen muss er für weiße Plantagenbesitzer unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Die Jahre vergehen und langsam aber sicher verliert Northup jegliche Hoffnung…
                            Der Ausgang dieser Geschichte mag bekannt sein, schließlich ist Northup selbst der Autor des biographischen Buches, doch nichtsdestotrotz ist das Geschehen ungemein mitreißend. Regisseur McQueen verpackt Northups Leidensweg in überirdisch schöne Bilder, die im schrecklichen Kontrast zu seinen Erlebnissen stehen. Der äußerst renommierte Cast reiht sich überraschend problemlos in den Film ein. Seien es Paul Giamatti, Benedict Cumberbatch, oder Michael Fassbender. Vor allem Letzterer ist schier angsteinflößend und sorgt in Zusammenspiel mit Chiwetel Ejiofor alias Northup für gebanntes Schweigen im Kinosaal. Beide dürfen zurecht auf einen Goldjungen hoffen und vor allem Ejiofor ist mit seiner ergreifenden Darbietung wohl endlich in der ersten Riege angekommen. Nur Brad Pitt in seiner Rolle als blonde Jesus-Figur hätte ein wenig mehr Screentime vertragen können. So wirkt sein Charakter einfach schnell eingeworfen.
                            „12 Years A Slave“ dürfte im Mainstreamkino wohl die ehrlichste Abhandlung über Sklaverei in Amerika sein. Die Brutalität, mit der die Plantagenbesitzer ihre Nutzmenschen ausbeuteten, das Leben, das diesen Namen eigentlich nicht verdient hatte. McQueen scheut sich nicht davor, sämtliche unangenehmen Seiten dieses dunklen Kapitels amerikanischer Geschichte zu beleuchten. Er lässt das amerikanische Publikum, das bekanntermaßen patriotisch und stolz ist, tief in den Abgrund blicken. Mit aller Kraft stößt er den Finger in diese einigermaßen frische Wunde und stochert mit Hilfe Northups darin herum. Das tut weh, ist in höchstem Maße unangenehm und doch wert, erzählt zu werden. Besondere Kraft entwickelt der Film durch gelungene Bildmontagen. So lässt McQueen seinen Hausdarsteller Fassbender vor seinen Sklaven aus der Bibel predigen, während der niederträchtige Vorsteher das Lied „Run, Nigger, Run“ im Hintergrund singt. Diese Doppelmoral lässt den Zuschauer oftmals erschauern.
                            Ob der Film denselben Einschlag haben wird, wie das gleichnamige Buch, wird sich noch zeigen. Nach Erscheinen entwickelte es sich zu einem Bestseller und entfachte landesweite Diskussionen über Sklaverei. Northup reiste durch das gesamte Land um Vorträge darüber zu halten. Einige Jahre später begann der amerikanische Bürgerkrieg, der bekanntlich die Sklavenhaltung verbot. Northups Buch hatte dies vielleicht nicht ermöglicht, aber zumindest geholfen, der afroamerikanischen Minderheit im Norden Gehör zu verschaffen.
                            Der Film selbst ist zumindest eine ehrliche und schonungslose Abrechnung mit einer Zeit, in der Menschenleben wenig zählten. Zumindest diejenigen, die zu schwach waren, um sich zu wehren. In seinen Schlussminuten entfaltet er noch einmal sämtliches Potenzial und berührt, ohne auf Teufel komm raus auf die Tränendrüse drücken zu wollen. Aber für einige dürfte das sowieso wieder unter „Betroffenheitsfilm“ und „Amerika feiert sich selbst“ laufen. Ist klar.

                            14
                            • 8 .5

                              Gesneaked.
                              Während gerade Robert De Niro und Sylvester Stallone in „Zwei vom alten Schlag“ im Kino ihre ganz eigene Version des Älterwerdens zelebrieren, schickt sich der Regisseur Alexander Payne („The Desccendants“) an, leisere Töne anzuschlagen.
                              Dafür lässt er Charakterdarsteller Bruce Dern vortreten, der zwar in den 60ern und 70ern zahlreiche Erfolge verbuchen konnte, heutzutage jedoch nicht mehr vielen ein Begriff ist. Auch er hat also seine goldenen Zeiten schon längst hinter sich und spielt in „Nebraska“ mit grimmiger Entschlossenheit dagegen an. Gegen das Vergessen, gegen die Belanglosigkeit und gegen den Tod an sich.
                              Der schon etwas demente Familienvater Woody Grant reißt eines Tages von zu Hause aus. Zu Fuß macht er sich auf den Weg nach Nebraska, wo angeblich ein Lottogewinn auf ihn wartet. Da ihn weder die Polizei, noch seine Familie davon abbringen können, entschließt sich sein Sohn David Grant, ihn zu fahren. Gemeinsam machen sie sich also auf nach Nebraska, fahren Tausende Meilen und lernen sich so das erste Mal richtig kennen.
                              Das erstaunliche an „Nebraska“ ist, wie viel er zu sagen hat, ohne zu viele Worte zu verlieren. Im Drehbuch von Bob Nelson lassen sich immer wieder interessante Ansichten über das Älterwerden, aber auch über das Verständnis von Familie und Verbundenheit finden. Nebenbei lässt er noch einen kleinen Kommentar zur gegenwärtigen Lage der amerikanischen Wirtschaft miteinfließen. Dabei verankert Regisseur Alexander Payne seinen Film stets in realitätsnahen Alltagssituationen, die den Zuschauer sehr oft zum Lachen bringen. Die Familientreffen sind sogar so nah an der Realität, dass das Publikum hin und wieder selbst Einiges wiedererkennt.
                              Haben Regisseure, wie zum Beispiel Martin Scorsese oder Quentin Tarantino ihren eigenen Stil in formalen Aspekten, so muss man bei Payne von einem gewissen Gefühl sprechen. Schon sein hochgepriesener „The Descendants“ zeichnete sich durch eine angenehme Atmosphäre aus, die das Zuschauen erleichterte und trotz wenig vorantreibender Handlung bei der Stange hielt. Nicht anders verhält es sich mit „Nebraska“. Die Odyssee Woodys und Davids strotzt nicht mit aufsehenerregenden Wendungen oder phänomenalen Gimmicks. Viel mehr offenbart sich dem Zuschauer ein Roadtrip über zwei Menschen, die sich trotz familiärer Zusammengehörigkeit nicht kennen und erst auf den letzten Metern Vertrauen zueinander aufbauen. Unter der Oberfläche brodelnde Konflikte brechen aus, die Vergangenheit wird bewältigt und Fehler versucht wieder gerade zu rücken. „Nebraska“ setzt sich in aller schwarz-weißen Bescheidenheit ein großes Themenfeld vor und beackert es mühelos.
                              Die Figur des Bruce Dern entwickelt sich vom engstirnigen Sturkopf zum Sympathieträger und gleichsam stellt der Film wichtige Fragen. War das Leben bedeutungslos? Hinterlasse ich etwas für meine Familie? Auf was kommt es eigentlich an?
                              Fragen, die der Film im kleinen Rahmen beantwortet und dabei der alt gewordenen Generation um Dern und Co. ein flammendes und zugleich angenehm zurückhaltendes Portrait widmet. Besondere Erwähnung verdient Schauspielerin Jane Squibb in der Rolle von Woodys Ehefrau Kate Grant. Sie stiehlt mit ihrer herrlich aufgeschlossenen Art sogar Dern die Show und ist der heimliche Star des Films. Die unerwartet bissigen Kommentare ihrerseits und ihr wechselhaftes Verhältnis zu ihrem Mann bilden das Herzstück des Films. Doch während sich die meisten Rentner im Filmbusiness auf alte Erfolge berufen und versuchen, sie zu wiederholen, verschafft Regisseur Payne seinem Ensemble etwas viel wertvolleres. Einen Film, der den Umstand ihres Alters nicht für Späße auf eigene Kosten missbraucht, sondern erst daraus seine wahre Größe und Stärke zieht. Oder auch anders gesagt: Er verhilft ihnen zu neuer Würde, geboren aus der Vergesslichkeit Hollywoods und dessen Konsumenten.

                              17
                              • 6 .5

                                Zwei Legenden stehen sich gegenüber. Die beiden Boxer The Kid und Razor befinden sich auf der Höhe ihrer Zeit, sind die unangefochtenen Könige ihrer Disziplin und absolute Stars. In zwei Kämpfen treffen sie aufeinander und der jeweils andere gewinnt. Es steht unentschieden. Doch zum Entscheidungskampf kommt es nie, was vor allem The Kid niemals los lässt. 40 Jahre nach ihrer offiziellen Karriere wagen sie nun ein Comeback. Für längst vergangenen Ruhm, dem Hinterherlaufen eines alten Ideals und dem Wissen, wer von ihnen der Beste ist.
                                Da passt es doch ungemein, dass diese beiden Box-Urgesteine auch von Dinosauriern im Kinogeschäft dargestellt werden. Sylvester Stallone tritt an gegen Robert DeNiro. Ein Fest für Fans, die sich freudig die Hände reiben. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Situation ihrer Figuren auch ein wenig ihr eigenes Leben reflektiert. Stallone galt vor einigen Jahren schon als abgeschrieben, ehe er sich seiner Wurzeln besann und zum neuerlichen König des Action-Genres avancierte. Auch DeNiro, der zweifellos ein Ausnahmetalent ist, hechelt alten Erfolgen hinterher. Natürlich zehrt er von seinem alten Ruhm, doch die wirklich großen Rollen(und Filme) blieben ihm in den letzten Jahren verwehrt. Sein Name prangt immer öfter auf Direct-to-DVD-Veröffentlichungen, was dem Filmfan in der Seele weh tut. So verwundert es nicht, dass auch „The Kid“ in seinem hauseigenen Restaurant alten Zeiten nachtrauert und immer wieder Geschichten längst vergangener Tage zum Besten gibt. Kein Wunder, dass DeNiro für dieses Projekt zugesagt hat, schließlich dürfte er einiges im Skript wiedererkannt haben.
                                Mit „Zwei vom alten Schlag“ gelingt insbesondere DeNiro ein kleines Comeback zu früherer Form. Zwar ist der Film immer noch weit von zurückliegenden Ruhmestaten entfernt, allerdings steht ihm die Selbstironie gut zu Gesicht. Viele Gags treffen ins Ziel, auch wenn es schwer ist Stallones aufgeblähten Körper in Großaufnahme zu sehen. Inzwischen sieht er doch ziemlich verbraucht aus, selbst wenn seine Muskeln für sein Alter immer noch beachtlich hervorstechen.
                                Regisseur Peter Segal gelingt ein sympathisches Techtelmechtel mit der Vergangenheit, was sicherlich auch mit dem Rest des Casts zusammenhängt. Kim Basinger ist als Frau zwischen den Fronten wunderbar besetzt und Jon Bernthal scheint im Moment groß im Kommen zu sein. Von „The Walking Dead“ über „Mob City“ bis hin zu „The Wolf of Wall Street“ ist er in jedem Medium vertreten. Einzig und allein Kevin Hart in der Rolle des quirligen Managers übertreibt es ein wenig und macht klar, dass er in Klamauk-Attacken a la „Scary Movie“ besser aufgehoben ist.
                                Storytechnisch bewegt sich „Zwei vom alten Schlag“ auf geradlinigem Wege. Wirklich überraschend ist nichts, sämtliche Charaktere entwickeln sich wie vorgesehen. Dennoch stellt sich vor allem gegen Ende eine gewisse Rührung mit ein. Denn „Zwei vom alten Schlag“ wirkt wie ein Abgesang auf eine gesamte Ära, die im Aufeinandertreffen zweier (ehemaliger) Kolosse ihren Abschluss findet. Der „Italian Stallion“ gegen den „Raging Bull“. Zwei Kinolegenden, die langsam aber sicher vom großen Rampenlicht zurücktreten müssen. Die Jugend währt leider nicht ewig.

                                4
                                • 4 .5

                                  Für den typischen Hollywoodblockbuster war 2013 kein sonderlich gutes Jahr. Einige hochbudgetierte Filme mussten als Millionengrab herhalten, auch wenn sie das gar nicht verdient hatten(„Lone Ranger“). Im Falle von „R.I.P.D.“ muss allerdings gesagt werden: Der Flop ist berechtigt. Mit einem ungefähren Budget von 130 Millionen(Marketing NICHT miteinbezogen) konnte der Actionkracher gerade mal 78 Millionen weltweit für sich verbuchen. Nur zur Erinnerung: Ein Film gilt erst dann als Gewinn, wenn er mindestens das Zweieinhalbfache seiner Kosten einspielt.
                                  Doch woran liegt das?
                                  Der deutsche Regisseur Robert Schwentke, der 2010 noch eine Horde Rentner auf das Kinopublikum losließ(„RED“), gibt sich völlig dem hollywoodschen Blockbusterschema hin. Ablauf der Story nach Schema F, Monsterdesign von der Stange und Schauspieler, die (fast) durchgehend schon bessere Zeiten gesehen haben.
                                  Ryan Reynolds gibt dabei den Cop Nick Walker, der nach seinem plötzlichen Ableben im „R.I.P.D.“ anheuern muss. „R.I.P.D.“ steht für Rest in Peace Department und soll dafür sorgen, dass sämtliche Dämonen auch gefälligst zur Hölle fahren. Walker bekommt den erfahrenen Partner Roy Pulsipher (Jeff Bridges) zur Seite gestellt, der ihm das (Ab-)Leben ein wenig zur Hölle macht. Zusammen machen sie auf der Erde Jagd auf Untote und decken naturgemäß eine unglaubliche Verschwörung auf.
                                  Nun, ein wenig bekannt kommt das Schema dem Zuschauer doch vor. Man nehme eine Geheimorganisation, von der niemand etwas weiß. Dann würze man diese mit zwei ungleichen Partnern und lasse sie im Laufe des Films zueinander finden. Selbstverständlich gibt es noch zahlreiche Gadgets und Waffen, die ein gehörig futuristisches Aussehen besitzen. Fehlen noch die schwarzen Anzüge, das „Blitzdings“, sowie Aliens und was erwartet uns? Genau, ein neues Abenteuer im Universum der „Men in Black“. So einfach macht es sich „R.I.P.D.“ natürlich nicht und tauscht Aliens gegen sogenannte Deados aus. Das ist dann aber auch der einzige nennenswerte Unterschied zu „Men in Black“, denn Schwentkes Film wirkt oftmals wie ein bloßes Rip Off.
                                  Das wäre gar nicht mal schlimm, wenn wenigstens Spannung, gelungene Gags oder Bindung zu den Charakteren vorhanden wären. Aber nein, Fehlanzeige. „R.I.P.D.“ ist der filmgewordene Blockbusterdurchschnitt, der nur dank einiger optischer Spielereien phasenweise Aufsehen erregt. Trotzdem ist nicht ersichtlich, wohin das immense Budget geflossen ist. Die Tricks sind nämlich nicht sonderlich erwähnenswert und wirken stets künstlich. Vor allem die „Deados“ hat es schlimm erwischt. Hier wäre echtes Make Up vielleicht von Vorteil gewesen.
                                  Reynolds ist dabei blass wie immer und kann kaum Akzente setzen. Dafür sorgen Jeff Bridges als nuschelnder Cowboy und vor allem Mary Louise Parker(„Weeds“) als Chefin der Polizei für amüsante Momente. Das macht aber leider noch keinen guten Film und schon lange keine erfolgreiche Filmreihe. Mit ein wenig mehr Pfiff wäre hier garantiert mehr drinnen gewesen. So lässt sich „R.I.P.D.“ unglücklicherweise nur als berechtigter Flop verbuchen und wird es Ryan Reynolds noch schwerer machen weiterhin prestigeträchtige Hauptrollen zu ergattern.

                                  8
                                  • 7

                                    Ein Mann, eingesperrt in seinem Segelboot. Die Wellen tosen über die Reling, verwandeln das Schiff in einen Spielball, der hin und her geschleudert wird. Bang blickt der Seemann zur Decke, hofft, dass sie hält. Da hört er von weitem schon das Brüllen der nächsten Welle, die sein Boot bald treffen wird. Er schließt die Augen. Hat er aufgegeben? Betet er?
                                    Der Zuschauer weiß es nicht. Unser Mann, wie er in den Credits genannt wird, spricht wenig. Viel mehr lässt er Taten für sich selbst sprechen. Regisseur J. C. Chandor zeichnet mit wenigen effektiven Pinselzügen den Charakter eines Mannes, der stur ums Überleben kämpft. Ohne Worte, ohne Tränen – stattdessen voller Pragmatismus und dem Willen Durchzuhalten.
                                    Natürlich braucht Chandor in dieser One Man Show einen verlässlichen Darsteller. Den hat er im inzwischen 77-jährigen Robert Redford auch ohne Zweifel gefunden. Er mimt den stoischen Überlebenskünstler mit Würde und einer Intensität, der es keine überflüssigen Dialoge mehr bedarf. Es reicht völlig, Redford immer wieder in den Abgrund blicken zu lassen, damit das Publikum mitfiebert.
                                    Dabei sei nicht vergessen, dass „All is Lost“ in seinen 106 Minuten doch ein wenig lang erscheint. In die tägliche Routine eines Schiffbrüchigen schleicht sich hier und da eine gewisse Monotonie ein. Was aber wiederum den Realismus der Situation unterstützt, schließlich befindet sich ein Schiffbrüchiger mehrere Tage auf hoher See und das ohne Ansprechpartner oder einem Tiger, der zufällig im Boot gelandet ist.
                                    Umso erstaunlicher, wie effektiv „All is Lost“ mit den Erwartungen des Zuschauers spielt und ihm den Charakter des Robert Redford langsam aber sicher immer näher bringt. Da nichts über ihn bekannt ist und sich das Geschehen zu jeder Zeit auf seinem Boot stattfindet, hat das Publikum keinerlei Anhaltspunkte wer er ist, oder was er überhaupt im indischen Ozean zu suchen hat. Der alte Mann und das Meer. Regisseur Chandor nimmt den Titel der berühmten Geschichte Ernest Hemmingways nur zu deutlich. Dank hervorragendem Sounddesign gelingt es ihm, die Angst und Einsamkeit Redfords noch weiter zu verdeutlichen. Das Knarzen der Reling, das Aufbäumen der Wellen. Auf akustischer Ebene ist „All is Lost“ ein wahres Meisterstück, da der Film oftmals allein aus Geräuschen seine Spannung bezieht. Dazu gesellen sich noch wohlgefilmte Bilder, die im Kopf haften bleiben. Fast schon poetische Bilder zaubert die Kamera auf die Leinwand, die im krassen Gegensatz zum eigentlich ernsten Thema stehen und den Gegensatz Natur in schön/gefährlich nur umso deutlicher werden lassen.
                                    Ob „All is Lost“ tatsächlich als „Metapher aufs Leben an sich“ gedacht ist, sei dahin gestellt. Sicher können einige Handlungen demzufolge interpretiert werden. Ein Aufbäumen gegen das Vergessen werden, der Drang weiter zu machen und nicht aufzugeben. Eines allerdings ist sicher: „All is Lost“ packt auf angenehm unaufgeregte Art und Weise und lässt nicht mehr los. Redford gibt buchstäblich alles, lässt den Schmerz und das Leid auf seinem Gesicht und anhand seiner Körpersprache deutlich werden. Die Hoffnung versiegt, alles ist verloren. Er ist körperlich und mental gebrochen. Gibt er auf? Kann er sich retten? Nun, das sollte jeder selbst gesehen haben.

                                    7
                                    • 6

                                      2013 ist das Jahr, in dem sich die USA gleich zweimal einer direkten Bedrohung im weisen Haus ausgesetzt sah.
                                      Einmal in Antoine Fuquas „Olympus has fallen“, der nordkoreanische Terrorristen zur Tat schreiten lies und im mehr als doppelt so teuren „White House Down“.
                                      Während Ersterer sich auf patriotische Plattitüden beruft und demnach schon fast einer Karikatur seiner Selbst gleicht, ist Regisseur Roland Emmerich mehr auf spaßige Action aus. Geholfen hat ihm das an den amerikanischen Kinokassen leider nicht, denn sein Film floppte. Woran das gelegen hat?
                                      Zum einen geht hier die Gefahr von Amerika selbst aus. Keine fremde Nation wird für den Verlust der politischen Infrastruktur verantwortlich gemacht. Verräter in den eigenen Reihen, ach so patriotische Amerikaner, überfallen das weiße Haus und versetzen die USA in einen Schockzustand. Da hat es „Olympus has fallen“ um Längen leichter, schließlich kann das zutiefst patriotische Volk jedwede Schuld von sich weißen. Sind ja immerhin die bösen, bösen Nordkoreaner aus ihrem abgeschotteten Land.
                                      Autor James Vanderbilt, dessen Skript für Sage und Schreibe 3 Millionen Dollar eingekauft wurde, verpackt in diesen Mix aus „Stirb Langsam“ und „Independence Day“ einen kleinen Schuss Kritik an amerikanischer Politik. Er lässt Präsident James Sawyer, natürlich Afroamerikaner, in überlanger Exposition über den Truppenabzug aus Afghanistan reden. Im gleichen Zug verdeutlicht er die Unzufriedenheit der amerikanischen Rüstungsindustrie seitens der drohenden Auftragseinbrüche. An diesem Punkt ist „White House Down“ etwas mehr als purer Actionkracher.
                                      Allerdings sorgt die halbstündige Anfangsphase auch dafür, dass „White House Down“ niemals auf der sicheren Seite steht. Mal gibt er sich spürbar ernst und bestrebt, nur um einen Moment später wieder in komödiantische Muster zu verfallen. Ein durchgezogener Ton hätte dem überlangen Film merklich gut getan.
                                      Die Action selbst ist allerdings meist übersichtlich gestaltet, auch wenn durch das hohe Budget (150 Millionen Dollar) fast komplett auf eine härtere Gangart verzichtet wurde. Trotzdem übertreibt es Emmerich immer wieder hinsichtlich großangelegter und CGI-basierter Explosionsstafetten. Immer wieder krachen schlecht animierte Hubschrauber ins Bild oder explodieren offensichtlich dem Rechner entstammte Flugzeuge. Das ist schade, denn sobald sich das Geschehen wieder dem engen Raum im weißen Haus zuwendet, erhöht sich automatisch der Spaßgehalt. Mehr „Stirb Langsam“ und weniger „Independence Day“ wäre angebracht gewesen.
                                      Mit Channing Tatum und Jamie Foxx hat Emmerich allerdings ein glückliches Händchen bewiesen. Zusammen ergeben sie ein gutes Team und die lockeren Sprüche tun „White House Down“ merklich gut. Tatum überzeugt als einsamer Streiter für Recht und Ordnung, während Foxx den Jay-Z unter den Präsidenten mimt. Hat was. Warum allerdings wieder ein nerviges Kind in die Story integriert werden musste, weiß wohl auch niemand. Das Skript präsentiert sich nämlich vorhersehbar von A bis Z. Was Charakterdarstellerin Maggie Gyllenhal hier verloren hat, ist auch eine gute Frage. Irgendwie müssen die Rechnungen wohl auch bezahlt werden.
                                      Bei all der Häme ist „White House Down“ allerdings ein ordentlicher Actionkracher geworden. Zwar sind die Effekte für 150 Millionen Dollar auf einem niedrigen Niveau, sobald sich der Film aber auf seine Stärken besinnt, macht er Spaß. Da verzeiht der Zuschauer auch eine gewisse Unbestimmtheit in der Ausrichtung und dem einen oder anderen Aussetzer in Richtung Pathos. Vor allem im letzten Drittel versucht Emmerich alles, um sein Publikum wieder Pro Amerika einzustellen. Das lässt sich bei dieser Art von Film wohl wirklich nicht vermeiden.

                                      11
                                      • 7 .5

                                        Martin Scorsese liebt es großkalibrige Portraits mieser Typen auf die Leinwand zu zaubern. Mit Filmen, wie „Goodfellas“ und „Casino“ hat er sich auf ewig einen Schrein in Hollywood gebaut, dem ihm niemand jemals wieder streitig machen kann. Doch wo andere Regiegrößen mit fortschreitendem Alter an Biss verlieren, ist Scorsese immer noch oben auf. Film auf Film liefert uns der Meister wunderbare Werke, die vielseitiger nicht sein könnten. Sein neuestes Werk, „The Wolf Of Wall Street“, ist dabei so etwas wie die Rückkehr zu seinen Wurzeln, eine Art Rückbesinnung. Denn die modernen Gangster sind nicht jene, die mit Schlägertruppen durch die Straßen einer amerikanischen Großstadt laufen, sondern jene, die am Telefon ihr Geld verdienen. Seit der Finanzkrise vor ein paar Jahren hat sich das Bild sogenannter Brooker in der Öffentlichkeit gewaltig verändert. Geldhaie, die sich auf Kosten anderer bereichern und ihrem hedonistischen Lebensstil frönen.
                                        Hauptcharakter Jordan Belfort ist einer dieser Leute. Aus ärmlichen Verhältnissen baut er aus dem Nichts ein Millionenimperium auf, das alsbald das FBI und die Börsenaufsicht auf den Plan ruft. Belfort vergnügt sich derweil mit allem, was für Geld käuflich ist. Autos, Yachten, Designerklamotten, Nutten, Drogen und mit seiner Frau. Sein Leben gleicht einer Achterbahn von einer Orgie zur Nächsten. Nichts ist ihm heilig und das Wörtchen Respekt scheint er nicht zu kennen. Natürlich sind seine Machenschaften nicht legal und langsam aber sicher entgleitet ihm das Feiern im täglichen Exzess.
                                        Das Unfassbare an „The Wolf Of Wall Street“ ist: Er beruht auf Tatsachen. Die Person des Jordan Belfort hat es wirklich gegeben und sein Lebensstil ist keine bloße Erfindung. Orgien im Büro, im Flugzeug und auf Partys und nebenbei noch Betrug in Millionenhöhe auf Kosten von jedermann. Außer sich selbst. Für den Zuschauer eher unglaublich mitanzusehen, doch für Belfort und seine Kollegen damals Alltag.
                                        Scorsese vertraut dabei klassischen Erzählmotiven des Aufstiegs und Falls. Der Film verfolgt Belforts Werdegang, seine Höhen und Tiefen. Soweit bleibt Scorsese eher konventionell und berechenbar. Was allerdings in der Art nicht zu erwarten war, sind die horrenden Exzesse, denen „The Wolf Of Wall Street“ gute zwei Stunden widmet und dabei blendend unterhält. Partyfilme a la „Project X“ können sich beschämt in die Ecke stellen, denn „The Wolf Of Wall Street“ schlägt sie alle in Sachen Wahnsinn und Spaß. Einige Szenen dürften das Zeug zum Instant Classic haben, denn sie sind so absurd, dass der Zuschauer vor Lachen beinahe vom Stuhl fällt. Generell ist „The Wolf Of Wall Street“ mit einem beißenden Sinn für Humor gesegnet. Tiefschwarz, bitterböse und politisch herrlich unkorrekt. Kein Wunder, dass sämtliche Darsteller auf eine Art agieren, wie man sie noch nie gesehen hat.
                                        Alle überstrahlend, tritt natürlich Leonardo DiCaprio ins Licht. Der spielt seine Hauptrolle derart inbrünstig, dass sich der Zuschauer nicht fragt, ob er während der Dreharbeiten nicht auch Zugang zu bewusstseinserweiternden Mittelchen hatte. Seine Performance ist ungemein kraftvoll und herrlich komisch. Auch Jonah Hill ist nun endgültig oben angekommen. Zusammen mit DiCaprio teilt er sich viele denkwürdige Augenblicke, die man in der Art noch nie auf der Leinwand gesehen hat. Sogar die klassische Schönheit Margot Robbie kann unter Martin Scorsese tatsächlich Akzente setzen. Matthew McConaughey drückt dem Film in seiner kurzen Screentime nicht nur durch sein interessantes Summen seinen Stempel auf. Oftmals begleitet DiCaprio per Voice Over das Geschehen, was einige Szenen noch um ein Vielfaches witziger werden lässt.
                                        Wendet sich „The Wolf Of Wall Street“ nach zwei Stunden Dauerparty allerdings den eher ernsten Tönen zu, hapert es ein wenig. Zwar ist der Film weit davon entfernt in Langeweile zu versinken, allerdings geht ihm emotionale Tiefe doch etwas ab. Dank der hervorragenden Darsteller bleibt der Zuschauer natürlich am Ball, so richtig Wirkung zeigt Belforts Fall allerdings kaum. Das macht aus „The Wolf Of Wall Street“ keinen schlechten Film, nein, aber den Status eines Meisterwerks bleibt ihm auch verwehrt. Die ersten zweieinhalb Stunden höchst vergnügliches Kino, dem auf dem letzten Meter etwas die Puste ausgeht. Trotzdem eine klare Empfehlung!

                                        17
                                        • 6 .5

                                          Walter Mitty ist das, was man gemeinhin als Tagträumer bezeichnen würde. Seinem eintönigen Leben verleiht er regelmäßig Würze, indem er sich in seine eigene Fantasie flüchtet. Dort ist er Superheld, Charmebolzen, Frauenheld und Abenteurer – alles zugleich. Im wahren Leben sieht das allerdings ganz anders aus. Als Archivar der Negative des renommierten „Life“-Magazins ist es seine Aufgabe Fotos zu entwickeln. Die Printausgabe der Zeitschrift wird allerdings eingestellt und Entlassungen nehmen überhand. Es ist Walters Aufgabe das letzte Cover der Zeitung zu entwickeln, das Starfotograf Sean O’Connell ausgewählt hat. Doch das Negativ lässt sich nirgends finden. Walter muss nun all seinen Mut zusammennehmen und dem Phantom O’Connell durch die ganze Welt folgen. Alles, um die letzte Ausgabe zu vollenden und gleichzeitig sich selbst neu kennenzulernen.
                                          Die Erwartungen an „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ hätten nach dem großartigen Trailer letztes Jahr nicht höher sein können. Er versprach eine fantastische Reise gleichwohl durch die Welt, als auch hin zu elementaren Fragen, die den Menschen Zeit seines Lebens beschäftigen. Wundervolle Bilder, gepaart mit passender Musik und einer Geschichte, die zu Herzen geht. Nun, so ganz kann das der fertige Film leider nicht einhalten.
                                          Regisseur Ben Stiller, der sich jetzt in einem Alter befindet, in dem bloße Kalauer nicht mehr reichen, wagt sich mehr und mehr an ernstzunehmende Themen heran. „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ ist dabei sein bisher anspruchvollstes und ambitioniertestes Werk. Es besteht auch kein Zweifel, dass in Walter Mitty ein wenig von ihm selbst steckt. Immer wieder packt er Verweise auf seine eigene Jugend, bzw. sein eigenes Leben mit ein. Wenn Walter von seinen Skate-Erfahrungen spricht, ist es Stiller, der ihm jene Worte in den Mund legt. Schließlich bewegte sich Ben Stiller selbst früher in der Szene. Auch der Soundtrack, zumeist bestehend aus 80er Jahre Songs, zeugt von Stillers Verbundenheit zu seiner eigenen Vergangenheit. Für ihn ist es wichtig, sich an vergangenen Dingen festzuhalten, sie mit sich zu tragen. Das überträgt sich voll und ganz auf seinen Film. Walter Mitty ist ein Mann mit einem aussterbenden Beruf, der im Verlauf der Handlung wieder an einen bestimmten Punkt seiner Jugend springt und dadurch erkennt, wer er wirklich ist. Auch der Fotograf Sean O’Connell wird zu einem Relikt aus vergangenen Tagen stilisiert. Schließlich verwendet er weder Handy, PC oder Digitalkamera. Hier schreit Stiller dem Publikum seine Botschaft förmlich ins Gesicht: Fortschritt ist nicht besser. Technik beschleunigt die Welt und der Mensch verliert das Bewusstsein für den Augenblick.
                                          Subtil ist das gewiss nicht, aber das sei „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ verziehen. Was mehr stört, ist die fehlende charakterliche Bindung. Selten fiebert der Zuschauer mit. Er verfolgt Walters Werdegang ohne in Jubelstürme auszubrechen oder gerührt zu sein. Die besten Szenen gab es schon im Trailer, weswegen manch anderer Tagtraum ein wenig seltsam wirkt. Dafür belohnt Stiller den Zuschauer mit schlicht umwerfenden Panoramen. Der Film dürfte für Grönland und Island denselben Effekt haben, wie „Der Herr der Ringe“ für Neuseeland. Wer nach Ansicht von „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ nicht dieselben Orte besuchen will, sollte sich untersuchen lassen. Einfach wunderschön. Natur pur und frei von jeglicher Technologie, womit wir wieder bei Stillers Botschaft wären.
                                          Erst gegen Ende, sobald Walter sein Ziel erreicht hat, schafft es der Film auch auf emotionaler Ebene zu berühren. Wenn Walter und Sean still dasitzen, den Moment genießen und das gesamte Kino schweigt – ja, dann versteht der Zuschauer Ben Stiller ein wenig besser und der Film wirkt nicht nur als bloße Tourismuswerbung. So bringt Stiller seinen Film doch noch zu einem versöhnlichen Abschluss, auch wenn die vorangegangenen Minuten einen schalen Nachgeschmack hinterlassen.

                                          6
                                          • 7 .5

                                            Auch Roger Moores letzter Bond „Im Angesicht des Todes“ präsentiert sich, wie seine Vorgänger unter John Glens Aufsicht, überaus routiniert und unterhaltsam.
                                            Die Story rund um den verrückten Industriellen Christopher Walken nimmt das aufkeimende Computerzeitalter augenzwinkernd naiv- charmant aufs Korn und sorgt für angenehme Kurzweil.
                                            Neben der kongenialen Besetzung des noch jungen Christopher Walken ist auch der mysteriös androgyne Sidekick May Day gespielt von Grace Jones ein gelungener Coup.
                                            Zwar reicht „Im Angeicht des Todes“ nicht ganz an meinen Lieblingsmoore „In tödlicher Mission“ heran, allerdings gibt es wieder jede Menge einfallsreich gefilmter Actionsequenzen zu bestaunen, die nicht gerade mit waghalsigen Stunts geizen.
                                            Besonders hervorzuheben hierbei die interessante Pferderennszene, sowie das absolut in Erinnerung bleibende Finale auf der Golden Gate Bridge.
                                            Moore selbst merkt man die Spielfreude an. Trotz seines hohen Alters gibt er den gewitzten Gentleman mit Bravour, auch weil der frauenfeindliche Ton seiner ersten Filme mit bzw. durch Regisseur John Glen glücklicherweise fast gänzlich verschwunden ist.
                                            „Im Angesicht des Todes“ ist ein würdiger Abgesang und auch für sich alleinstehend einer der besseren Bond-Filme. Kaum zu glauben, dass sein Nachfolger sogar noch eine Schippe drauflegen kann.

                                            3
                                            • 7 .5

                                              Ambitioniert. Das ist das Wort, das dem Zuschauer in Hinblick auf „Der Medicus“ einfällt. Seit langer Zeit erlauben sich deutsche Filmemacher eine große Produktion mit internationalen Darstellern, großen Bildern und beeindruckendem Aufwand.
                                              Die Verfilmung des Bestsellers von Noah Gordon bietet dem Publikum eine nette Abwechslung im Kino-Einerlei. Vor imposanten Bauten und Synagogen eröffnet sich dem Zuschauer der Blick in eine fremde Welt, eine fremde Kultur, in die er nur zu gerne eintaucht. Der Film steht ganz in der Tradition altmodischer fernöstlicher Klassiker, wie „Lawrence von Arabien“ oder „Die vier Federn“. In seinen besten Momenten atmet er die Luft jener Filme, auch wenn er nicht ganz die Klasse der genannten Meisterwerke besitzt.
                                              Regisseur Philipp Stölzl lässt den jungen Rob Cole aus dem zerrütteten England gen Osten aufbrechen. Ausgebildet zum Bader (damals eine Art wandernder Arzt) reicht ihm dieses Wissen nicht aus. Er will mehr wissen, mehr können und bei dem größten Heiler der Welt lernen. Ibn Sina.
                                              Er überquert Weltmeere, trotzt Sandstürmen und tödlichen Krankheiten. Doch hat sein Abenteuer am Ziel seiner Reise gerade erst begonnen...
                                              Stölzl trifft vor allem in der ersten Hälfte den richtigen Ton. Robs Erwachsenwerden packt er in dreckige Bilder voller Schmutz und Hässlichkeit. Gleichzeitig gesellt sich mit dem Charaktermimen Stellan Skarsgard als Mentor eine witzige Figur hinzu, die das Geschehen mit sarkastischem Humor kommentiert. So stellt sich ein lockerer Erzählfluss ein, der die erste Stunde wie im Fluge vergehen lässt. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, die umfangreiche Buchvorlage musste hier oftmals Federn lassen. Da ist es dem Autoren Jan Berger umso mehr anzurechnen, dass für den unwissenden Zuschauer keine Lücken entstehen und jegliche Szene nachvollziehbar bleibt.
                                              Ein wenig sprunghaft ist allerdings Robs lange Reise hinüber zu Ibn Sina inszeniert. Aus einer qualvollen Odyssee wird eine 10-minütige Karawane quer durch die Wüste. Da bleibt wenig Zeit, Robs große Liebe Rebecca ausreichend vorzustellen. Dadurch leidet deren Liebesgeschichte im weiteren Verlauf ein wenig.
                                              Hat Rob allerdings sein Ziel erreicht, sind die bisherigen Schwächen fast vergessen. Regisseur Stölzl wirft das Publikum hinein in einen Schmelztiegel aus Muslime und Juden, religiösen Fanatikern und weltoffenen Gelehrten. Ibn Sinas Universität wird zum Inbegriff des Wissens, während lediglich der Herrscher der Stadt zwischen ihnen und dem wütenden Mob steht. Hier zeigt „Der Medicus“ durchaus interessante Ansätze als Parabel über Gleichberechtigung aller Religionen und einem Ort, an dem keine Unterschiede existieren. Jeder Mensch ist gleich, ganz egal, wen er anbetet oder wie reich er ist. Diese Themen werden immer wieder angesprochen und es ist offensichtlich, dass die Produzenten kein Actionfeuerwerk, sondern etwas Nachhaltiges erschaffen wollen.
                                              Das sorgt aber auch dafür, dass „Der Medicus“ nun mit relativ wenigen Höhepunkten auskommen muss. Kein Spektakel und kein zur Schau stellen der Pixel-Muckis. Das ist im Grunde genommen kein Nachteil, schließlich hebt ihn das ein wenig von der hollywoodschen Konkurrenz ab. Schließlich zeigt Stöltz in wunderschönen Panoramen immer wieder, dass sich „Der Medicus“ optisch nicht hinter anderen Vertretern verstecken muss. Kostüme, Sets und Effekte vermischen sich zu einem gelungenen Potpourri, das um einiges realistischer wirkt, als der ungleich teurere „Der Hobbit: Smaugs Einöde“.
                                              Da verzeiht man auch mal das Heiland-Ende, welches vollkommen von der Buchfassung abweicht. Immerhin gibt sich Sir Ben Kingsley die Ehre und überzeugt allein durch seine Präsenz in einer für ihn perfekten Rolle als Lehrmeister Ibn Sina. Auf deutscher Seite steht Elyas M'Barek, der sogar in einem Mittelalter-Film den Proll spielen muss. Business as usual eben. Schönling Tom Payne in der Hauptrolle macht einen überraschend guten Job und ist weit weniger blass, als befürchtet. Die wunderschöne Emma Rigby hat wenig Zeit um zu glänzen, weshalb lediglich ihr Aussehen positiv ins Gewicht fällt.
                                              Man kann nur hoffen, dass der große Erfolg in den Kinos deutschen Produzenten wieder Mut macht, dass auch großangelegte Genrefilme beim Publikum funktionieren. „Der Medicus“ ist hierfür das leuchtende Beispiel. Sicherlich nicht frei von Fehlern, unterhält der Film über die gesamte Laufzeit hinweg und eröffnet dem Zuschauer auf der Leinwand eine ihm fremde Welt. So, wie es eigentlich immer sein soll.

                                              7
                                              • 7 .5

                                                Es dürfte wohl dieses Jahr keinen anderen Film geben, der die (europäischen)Kritiker so einhellig begeisterte, wie „Blau ist eine warme Farbe“.
                                                In Cannes gab es für das mutige Werk nicht umsonst die goldene Palme und eben jene euphorischen Filmkritiker.
                                                Basierend auf der Graphic Novel „La Vie D'Adele“ erzählt der Film aus dem Leben der jungen Frau Adele. Sie studiert gerade und ist fasziniert von Literatur. Später einmal möchte sie Lehrerin werden und Kinder haben. Vollkommen unvermittelt wird sie aus ihrem geordneten Leben gerissen, als sie ahnungslos eine Straße überquert. Ihr Blick kreuzt den einer Frau mit blauen Haaren. Ihr Herz beginnt zu rasen, geschockt bleibt sie einfach stehen. Die Unbekannte läuft an ihr vorbei, ähnlich verwirrt und entfernt sich wieder. Adele, völlig benommen, weiß nicht, was mit ihr passiert ist. Stockend setzt sie wieder einen Fuß vor den Anderen. Im Wissen, dass gerade etwas Elementares passiert ist, allerdings zu unmittelbar, als dass sie diesen Moment gänzlich erfassen könnte. Ihr Leben beginnt sich nun um 180 Grad zu drehen und dem Zuschauer eröffnet sich in den folgenden drei Stunden eine wunderschöne Liebesgeschichte.
                                                Man muss Regisseur Abdella Kechiche hoch anrechnen, dass in der immensen Laufzeit von 180 Minuten keine einzige Länge zu finden ist. Der Charakter der Adele wirkt einfach so echt und plastisch, als würde der Zuschauer gerade einem echten Menschen zusehen. Dieser Effekt wird durch die an den Darstellern förmlich klebende Kamera noch unterstützt. Stets nah am Geschehen, vermittelt sie das Gefühl, einem Dokumentarfilm beizuwohnen. Das Publikum bekommt jeden Makel, jede Eigenheit – einfach den gesamten Menschen Adele auf schonungslose Art und Weise mit. Das ist zuweilen wunderschön, dann schmerzhaft und später äußerst unangenehm. Eben wie das richtige Leben. Menschen begehen nun mal Dummheiten, reißen sich selbst das Herz heraus und versuchen es selbst wieder zusammenzuflicken. Hier besitzt „Blau ist eine warme Farbe“ eine unglaubliche Strahlkraft.
                                                Kechiche kann allerdings von Glück reden, dass er mit Newcomerin Adele Exarchopoulus und Lea Seydoux zwei Darstellerinnen gefunden hat, die sich die Seele aus dem Leib spielen können. Sie beweisen immer wieder Mut zur Hässlichkeit. Kein Make Up, oftmals schlimme Augenringe, fettige Haare, Pickel und Hautunreinheiten. Weinen, Schmatzen, Lachen, lieben. Alles zugleich. Dazu gesellen sich noch explizite Sexszenen, die Seydoux und Exarchopolous alles abverlangen. Sie präsentieren sich der Kamera (also uns) komplett nackt, geben sich vollkommen hin. So gut wie echter, unchoreographierter Sex, oftmals in minutenlangen Einstellungen. Hut ab für soviel Mut. Kein Wunder, dass beide Darstellerinnen beteuerten, sie würden niemals mehr mit Kechiche zusammenarbeiten wollen. Wobei Exarchopoulus dies wieder revidierte.
                                                Sei es wie es sei. „Blau ist eine warme Farbe“ präsentiert die Liebe zweier Frauen als etwas vollkommen Normales. Lediglich zu Beginn wird Adeles Coming Out thematisiert, was sich in einer besonders packenden Szene mit ihren ehemaligen Freundinnen manifestiert. Doch ihre Homosexualität rückt mit fortschreitender Laufzeit immer weiter in den Hintergrund. Es geht nur noch um die Liebe zwischen zweier Menschen. Ganz gleich, ob schwul, lesbisch oder hetero. In Zeiten, in denen allerorten noch für gleiche Rechte gekämpft werden muss, ist die Herangehensweise Khatifs an diese Themen ungemein beruhigend und originell.
                                                „Blau ist eine warme Farbe“ zeichnet ein vordergründig realistisches Bild einer Beziehung zweier Frauen, die sich bedingen. Sobald Beide eine Szene teilen ist die Luft wie elektrisiert. Ihre Blicke, grenzenloses Verlangen und die Lust im Anderen zu versinken, sich komplett fallen zu lassen – ja – in diesen Momenten ist der Film am Besten.
                                                Allerdings scheint die Autorin der Vorlage Julie Maroh von der Umsetzung gar nicht überzeugt zu sein. Vor allem die Sexszenen beschreibt die bekennende Lesbe als unglaubwürdig und pornographisch.
                                                Den Vorwurf der Unglaubwürdigkeit kann der Autor dieser Zeilen als Hetero (und Mann) nicht entkräften. Deshalb bleibt ein schaler Nachgeschmack in Bezug auf den Realismus des Films. Dennoch ist „Blau ist eine warme Farbe“ ein beachtliches Stück Film geworden. Er fängt die Liebe zwischen zwei Personen auf eine Weise ein, wie selten zuvor. Adele und ihre Geliebte Emma wirken in ihrem Verhalten dem wirklichen Leben entsprungen. Inwieweit Julie Maroh die lesbischen Themen in diesem Film verpackt sieht, steht auf einem anderen Blatt. Aber darum(also das Leben als Lesbe) ging es dem Exzentriker Kechiche wohl auch nie.

                                                9
                                                • Aua, da fehlt aber wirklich sehr viel. 'The Congress' bekommt meine Stimme.

                                                  • 6

                                                    „Kick Ass“ überraschte 2010 Kritiker als auch Publikum mit kaltschnäuzig präsentierter Action und einem Konzept, dass dem Superhelden-Film ein Schnippchen schlägt und schonungslos karikiert. Nun, 2013, erblickt das Sequel das Licht der Welt.
                                                    Leider kann „Kick Ass 2“ nur selten an seinen herausragenden Vorgänger anknüpfen. Was sich mit dem verschenkten Ende des Erstlings schon ankündigte, wird nun traurige Gewissheit. Dem Film fehlt einfach der Mut sein Ding durchzuziehen. Zwar orientiert er sich im Großen und Ganzen an der Vorlage, kann aber selten dessen Atmosphäre übernehmen. Zu hell und fröhlich die Bilder, als das ein Abgesang auf selbsternannte Superhelden möglich wäre.
                                                    In der einen Szene werden die Superhelden noch stilisiert, während ein paar Minuten später wieder über sie gelacht werden soll. Dabei entscheidet sich „Kick Ass 2“ leider nie eindeutig für eine Seite. Das ist unheimlich schade, denn genügend Material UND Gründe für eine Fortsetzung sind gegeben.
                                                    Regisseur Jeff Wadlow weiß seinem Vorreiter Matthew Vaughn wenig entgegenzusetzen. Zwar stand ihm mehr Geld zur Verfügung, doch das ist „Kick Ass 2“ nie anzusehen. Das Finale ist teilweise deutlich vor Green Screen gedreht und generell fehlen erfrischende Kamerafahrten oder originelle Kampfchoreographien. Das wäre ja gar nicht weiter schlimm, wenn denn die Besetzung denselben Charme aus Teil 1 besitzen würde.
                                                    Aaron Tyler-Johnson in der titelgebenden Hauptfigur passt überhaupt nicht mehr in seine Rolle. Aus der schüchternen Bohnenstange wird ein muskelbepackter Frauenheld, der so gar nicht zu seiner Comicvorlage passen will. Auch Chloe Grace Moretz ist ihrer Rolle deutlich entwachsen. Das liegt natürlich nicht an ihr Selbst. Viel mehr an ihrem fortschreitenden Alter, das Hit Girl deutlich weniger interessant erscheinen lässt, als noch in Teil 1. Lediglich Christopher Mintz-Plasse gibt als „The Motherfucker“ eine wunderbare Show ab, auch wenn er Drehbuch bedingt kaum an die Skrupellosigkeit des Comics heranreicht.
                                                    Sind die Comics zu „Kick Ass“ vor allem durch ihre Kompromisslosigkeit aufgefallen, die seine Hauptcharaktere an den Rand des Wahnsinns und darüber hinaus führt, so sind die Verfilmungen mit Teil 2 im Kommerz angekommen.
                                                    Der stets zynische Unterton ist fast gänzlich verschwunden und statt Ernst prägen Gags das Bild. Das ist natürlich auf seine Art unterhaltsam, lässt den Film aber unter seinen beträchtlichen Möglichkeiten bleiben. So ergeben sich 103 Minuten anspruchslose Unterhaltung, die zwar einige brauchbare Ideen auffährt(Justice Forever, Justiz gegen Superhelden), davon allerdings nichts ausführt. Schade.

                                                    10