Beeblebrox - Kommentare
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Alle Kommentare von Beeblebrox
Der verblüffendste Moment in Burning findet etwa zur Hälfte des Films statt, wenn die Ungewissheit am größten ist und die Sonne untergeht. Jongsu (Yoo Ah-in) sitzt gemeinsam mit Ben (Steven Yeun) und Haemi (Jun Jong-seo) auf seinem ländlichen Grundstück nahe der Grenze von Südkorea zu Nordkorea. Wo auf der einen Seite die Propaganda eines unterdrückenden Regimes mit Lautsprechern ganze Landstriche verpestet, ertönt auf der anderen die schwerelose Musik von Miles Davis, der mit dem Klang seiner Trompete alle Mauern zum Einsturz bringt. Drei Fremde vereint in der Einsamkeit des Ortes, von Freundschaft kann trotzdem keine Rede sein. Stattdessen schlummern eine tragische Sehnsucht und gefährlicher Hunger in den Körpern der durch eine Verkettung unerwarteter Ereignisse zusammengekommenen Menschen, die sich schon bald nie wieder in dieser Konstellation begegnen sollen. Der Himmel verfärbt sich, während Lee Chang-Dongs Kamera einer hypnotisierenden Bewegung folgt, die schließlich in einem Tanz von Freiheit endet, wie er in dieser Welt gar nicht existieren dürfte. [...]
Nur wenige Filme von der Berlinale 2018 hallen dermaßen nach wie Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot. Nicht aufgrund der plötzlichen Gewaltausbrüche, die vor allem die zweite Hälfte von Philip Gröning jüngstem Werk dominieren, sondern wegen der goldenen Feldern zuvor, die von der (untergehenden) Sonne verzaubert werden und von einer gewissen Unendlichkeit künden. Unendlichkeit in einem Film, der in jeder seiner 174 Minuten mit dem Wesen der Zeit spielt, handelt und diskutiert. 48 Stunden trennen Elena (Julia Zange) und ihren Zwillingsbruder Robert (Josef Mattes) von dem Übergang in ein neues Leben. Nur eine Tankstelle als Fluchtwerg kann sie vor dem Ende ihrer Unschuld bewahren, während sie sich in der Hitze des Sommers und einer Welt voller Widersprüche verlieren. [...]
Willkommen im New York der 1920er Jahre. Die Stadt qualmt und pulsiert, ist gefüllt von Leben und dennoch ein Ort, an dem sich ein Fremder mutterseelenallein in den unendlichen Straßenzügen fühlen kann. Überall herrscht Bewegung, selbst in den langen Schlangen, in denen die Neuankömmlinge nervös warten und ihre Papiere sortieren. Empfangen werden sie von der Freiheitsstatue auf dem amerikanischen Kontinent, ehe die Behörden über die Einreise und das nächste Kapitel ihres Abenteuer entscheiden. Ein ganzes Leben kann hier mit einem Stempel verändert werden, der wiederum nur Teil von Routine ist, wodurch sich ein ungeheuerliches Machtgefälle offenbart. Diesem Ungleichgewicht sieht sich ebenfalls Newt Scamander (Eddie Redmayne) ausgesetzt, der aus London mit dem Schiff gekommen ist und dank eines Zaubertricks die Schranken schlussendlich doch ohne weitere Probleme passieren kann. Erlebt hat er ihn trotzdem, den Übergang in eine neue Welt und die Ungewissheit kurz zuvor – ähnlich wie Jacob Kowalski (Dan Fogler), der kurze Zeit später ebenfalls eine für ihn neue Welt entdecken soll.
Bevor es jedoch so weit ist, finden sich beide Männer auf einer Bank in einer Bank wieder – eine unwahrscheinliche Begegnung, die dafür umso schicksalhafter ausfällt. Jacob, ein Arbeiter, der seine eigene Bäckerei eröffnen will und auf einen Kredit hofft, vermag es nicht, sich eines Zaubertricks zu bedienen, um die reichen Herren glücklich zu stimmen. Sein Amerikanischer Traum endet an den Stufen des Palasts, in dem die Geldgeschäfte geregelt werden und nur der Profit zählt. Die tobende Effizienz der 1920er Jahre bricht dem kleinen Mann das Genick, der an die Handarbeit glaubt und etwas Besonderes schaffen will, dessen Geheimnis und Wert niemals von einem Fließband ersetzt werden kann. Doch aus dem Träumer wird ein Versager, der keine Luft mehr kriegt in der Gesellschaft, die ihn verächtlich mit Füßen tritt. Für einen solch reinen, unschuldigen Geist ist kein Platz in diesem brodelnden New York, das seine Ressourcen längst verteilt hat. Sowohl in der Zaubererwelt als auch der Muggelwelt führt kein Weg an den unumstößlichen Hierarchien vorbei. Newt und Jacob fallen sich gewissermaßen als Außenseiter des Systems in die Arme und bewegen sich fortan zwischen den Grenzen ihrer Welt(en).
Da laufen sie nun durch die die Metropole, während die Zeitungen in schwarz-weißen Lettern die Regeln diktieren. Ob sich die Bilder zwischen den gedruckten Zeilen bewegen oder nicht, spielt schon bald keine Rolle mehr. Schnell wird verurteilt in diesem New York, wo binnen kürzester Zeit ganze Wolkenkratzer entstehen, ehe eine schwarze Wolke einen Graben in die Straßen reißt. Nur die verspielte, jazzige Musik lockert die Anspannung des rastlosen Ortes auf, schafft Raum zu atmen und kündet von den Träumen, die vielleicht doch in Erfüllung gehen. Solange die Menschen in diesen Atempausen in ihre gezeichneten Gesichter blicken, besteht Hoffnung auf einen Dialog, der nicht in dunklen Gassen stattfindet, wo der Schatten die Gesichter verbirgt. Kein Wunder, dass später die Identitäten wechseln und unklar ist, wer auf wessen Seite steht. Jeder jagt in diesem New York etwas anderem hinterher, sei es der Magizoologe seinen entlaufenen Tierwesen oder der zwielichtige Gangster im Untergrund der nächsten lukrativen Möglichkeit. Was sie verbindet, ist ein ewiger Drang, der sie nie zur Ruhe kommen lässt, weil sie Angst haben, sich einordnen zu müssen und einen Teil ihrer selbst in diesem dampfenden Labyrinth zu verlieren.
Nach Freiheit für die eigenen Ideale ringend stolpern die Figuren durch Fantastic Beasts and Where to Find Them, obgleich die meisten von ihnen in den finalen Minuten wieder loslassen müssen. Ein Großteil steht gar völlig unfreiwillig im Regen, der das Vergessen beschwört. All der Staub, der vom geschäftigen Treiben zuvor kündete, wird weggespült in die Kanalisation, das geheime, vergessene Unterbewusstsein der Stadt. Im Verborgenen lagern die Erinnerungen des Fantastischen, das sich kaum beschreiben und erst recht nicht greifen lässt. Es ist ein einmaliges Erleben dieses New York, in dem jeder Suchende fündig wird, wenn er nur lange genug den Pflastersteinen folgt und sich nicht von dem verführerischen Brummen und Surren ablenken lassen. Der Abschied zum Schluss ist trotzdem unvermeidlich: So viel es in der neuen Welt zu entdecken gibt, so wenig dürfen sie behalten. Newt und Jacob müssen beide zurückkehren, in die Welt, aus der sie gekommen sind, während sie insgeheim am liebsten inmitten des Chaos stehengeblieben wären, denn in diesem ist alles möglich und nichts muss ausgesprochen werden. Stattdessen kann man sich einfach mitreißen lassen, vom Puls der Stadt.
[...] Loro ist ein Zeugnis von Exzess und lässt die Poesie, Eleganz und Menschlichkeit vermissen, die sich bisher wie ein roter Faden durch Paolo Sorrentinos Schaffen gezogen haben. Zwar blitzen sie manchmal auf, diese meisterlichen Momente, die Filme wie La Grande Bellezza in eine geheimnisvolle wie faszinierende Reise durch die Straßen Roms verwandelt haben, doch die meiste Zeit über driftet Loro verloren durch enttäuschende Leere. Nicht einmal im Grotesken findet der Film zu sich. Stattdessen gestaltet sich das Biopic als mühsame Erzählung von Mythen und Legenden, die den Überfluss an leicht bekleideten Frauen im Pool und frisch gedruckten Geldscheinen in der Tasche gar nicht genug betonen können. Den Reichtum zelebriert Loro mit begeisterter Geste, schlussendlich hat aber keiner der ineinander übergehenden Handlungsstränge etwas Bedeutendes, Erkenntnisreiches zu sagen. [...]
Als hätte sie sich in einem Gesellschaftsroman verirrt, läuft Írisz Leiter (Juli Jakab) durch die Straßen von Budapest im frühen 20. Jahrhundert. Golden leuchtet der Himmel im neuen Film von László Nemes, der vor zwei Jahren mit seinem Holocaust-Drama Son of Saul den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film gewinnen konnte. Nun taucht der ungarische Regisseur erneut ein, in die europäische Geschichte, und inszeniert den Vorabend des Ersten Weltkriegs als faszinierende Gratwanderung aus verträumten Sonnenstrahlen und düsteren Schatten. In Sunset werden die Bilder stets von warmen Farben durchdrungen und dennoch lassen sich die Abgründe hinter der formvollendeten Fassade nicht leugnen. Die Gesellschaft kurz vor dem Zusammenbruch, klammert sich an selbst auferlegten Regeln und verdrängt damit eigentlich nur, was längst hätte ausgesprochen werden sollen. Auch Írisz treibt es immer wieder in dieses beängstigende Pulverfass zurück – und die Kamera folgt ihr unerschütterlich durch die Menschen, die kurz davor sind, sich in Gewalt zu verlieren.
[...] Was folgt, ist ein Schatten, der größer ist, als es die Fantastic Beasts-Filme bisher erahnen ließen. Parallel zur Weltgeschichte baut J.K. Rowling ihre zweite große Erzählung im Harry Potter-Universum in ein angsteinflößende Richtung aus und sorgt dabei nicht selten für Gänsehaut, wenn sich die historischen Ereignisse mit den magischen vermischen. Am besten ist Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald dennoch, wenn sich das Drehbuch auf die Figuren fokussiert und über die Rollen nachdenkt, die sie innerhalb des sich fortlaufend vergrößernden Gefüges spielen. Die von Zoë Kravitz verkörperte Leta Lestrange entpuppt sich in dieser Hinsicht als wertvollster Neuzugang und vermag es, mehr von den heimlichen Monstern zu erzählen, denen Newt entgegen aller Niederlagen jedes Mal aufs Neue mit der gleichen Aufrichtigkeit begegnet. Gezeichnet von Wunden und Schmerzen der Vergangenheit versucht Leta, ihren Weg durch die dunklen Gassen der Gegenwart zu finden. Begleitet wird sie dabei von James Newton Howards verzaubernder Musik, die eine zerrissene Gefühlswelt schafft und Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald schlussendlich doch zu einem packenden Film werden lässt.
[...] Mit oberflächlichen Erinnerungen will Bohemian Rhapsody ein unvergessliches Leinwanddenkmal schaffen, während in erster Linie nur der Mythos Freddy Mercury ausgebaut und abgestaubt wird. Glänzen sollen sie, die Bilder, in allen Farben, besonders dann, wenn im – zugegebenermaßen wirklich packenden Finale – Queens legendärer Live-Aid-Auftritt nachgestellt wird. Dass die Wiedergabe der Songs mitreißend ist, daran besteht kein Zweifel. Allerdings verdient sich Bohemian Rhapsody dieses mitreißende Gefühl in keinem Moment, da der Film kaum Zeit investiert, um wirklich hinter das Geheimnis der Musik zu blicken. Im Gegensatz zum tollen Brian Wilson-Biopic Love and Mercy, das sowohl den Schmerz des Beach Boys-Architekten auf die Leinwand bannte als auch das Genie, das sich hinter seinen Kompositionen versteckte, (be-)greifbar machte, setzt Bohemian Rhapsody sein Publikum schlicht vor gesetzte Tatsachen. Da kann jedes Detail im Hintergrund noch so aufmerksam nachgestellt werden wie etwa die Pepsi-Becher auf dem Flügel bei besagter Live-Aid-Performance. Am Ende offenbart sich Bohemian Rhapsody trotzdem als Film, der nichts zu sagen hat, sondern bloß konservieren will.
[...] The Nutcracker and the Four Realms erweist sich als durchdachter Märchenfilm, der seine parabelförmige Geschichte in einem angemessen modernem Gewand präsentiert und mit großen wie kleinen Ideen begeistert. Dominiert auf der einen Seite der Überfluss, prägen auf der andere Seite ausgewählte Details den Hintergrund dieser überbordenden Märchenwelt, in der sich nicht zuletzt Keira Knightley als Sugar Plum Fairy nach Herzenslust austoben darf. Wo sich Mackenzie Foy nach ihren Auftritten in Interstellar, The Conjuring und dem Abschluss der Twilight-Saga einmal mehr als einer von Hollywoods vielversprechendsten Nachwuchsschauspielerinnen beweist, liefert Knightley eine Performance ab, die sich jenseits von Gut und Böse wiederfindet, schlussendlich aber für einige der herrlichsten Momente des Films verantwortlich ist. Diese unerwartete Schönheit des Widerspruchs gehört genauso wie die Diskussion über Künstlichkeit und Wirklichkeit zu den Stärken von The Nutcracker and the Four Realms.
[...] Ollivanders leuchtende Augen, mit denen er Harry vor sieben Jahren in der Winkelgasse seinen Zauberstab überreichte, sind alt und müde geworden. Verloren sitzt er in der Ecke und weiß um die Bürde seines Wissens, seiner Erfahrung. Griphook verbündet sich derweil nur mit dem Meistbietenden, der Auseinandersetzung mit dem Dunklen Lord entkommt er trotzdem nicht. Zwei tragische Gestalten am Wegesrand, während im Hintergrund die Vereinbarkeit von Zweck und Freundschaft in solch schwierigen Zeiten diskutiert wird. Zu dieser Diskussion gehört weiterhin auch Dumbledore, der ein letztes Mal mit der Bedeutung von Worten spielt und damit gleichermaßen ein rätselhaftes wie forderndes Monument aus bruchstückhaften Anweisungen und Beobachtungen hinterlässt, die selbst nur Teil eines Prozesses sind. Doch was ist der Preis dafür, sich der größeren Sache hinzugeben? Harry Potter and the Deathly Hallows - Part 2 findet erschütternde wie konsequente Antworten auf diese Frage, die von David Yates auf bildlicher Ebene eindrucksvoll gespiegelt werden. Neben den unbeschreiblichen Opfern entdecken seine Bilder auch etwas ungemein Hoffnungsvolles. Am Ende stehen Harry, Hermine und Ron auf der Brücke, die zu den Toren von Hogwarts führt. Gemeinsam.
[...] Verträumt gestalten sich der nächste Teil des Films, ehe eine unerwartete Wendung die glücklichen Momente, die Marlo mit Tully erlebt, komplett in den Schatten stellt. Zum Geheimnisvollen gesellt sich plötzlich etwas Ungeheuerliches, etwas Bedrohliches. Tully, dem Film, gelingt es danach nie wieder so recht, Fuß zu fassen und ein beruhigendes Ende zu finden. Die Gefühle, die Jason Reitman und Diablo Cody provozieren, sind dennoch überwältigend und versetzen in eine eigenartige Stimmung, die sehr schön den Zwiespalt aus Geborgenheit und Unsicherheit einfängt. Und dann wären da noch Charlize Theron und Mackenzie Davis, die Tully ein faszinierendes Eigenleben einhauchen, mit jedem Blick, den sich sich neugierig wie skeptisch zuwerfen.
[...] Das nimmt die Spannung aus einem Film, dessen wertvollster Treibstoff die Atemlosigkeit des Informationszeitalters ist. Unendliche Datenströme bestimmten die Welt von The Girl in the Spider’s Web und ermöglichen einen spannenden Diskurs der Grenzenlosigkeit. Wo mit einem Klick ganze Gebäudekomplexe lahmgelegt werden können, gelangen die Menschen innerhalb weniger Stunden von San Francisco nach Stockholm – und dennoch gibt es Ländergrenzen, die der internationalen Expansion der Geschichte im Weg stehen. Wenn Lisbeth Salander im gleichen Atemzug Überwachungskameras aufstellt, wie sie sich vor ihnen versteckt, überzeugt ihr neu geformtes Kinoabenteuer mit den gleichen Mechanismen, wie sie in den Jason Bourne-Filmen zu finden sind. Dazu gehören auch denkwürdig inszenierte Passagen von hektischen Bewegungen und unscheinbaren Übergängen. Im Fall von The Girl in the Spider’s Web avanciert so etwa ein Flughafen zum ergiebigen Schauplatz, um die Figuren durch das selbst geschaffenen Labyrinth aus altem Beton und digitaler Technologie zu jagen. [...]
[...] "O Children. Forgive us now for what we’ve done." In der hoffnungslosesten Stunde beschwört Harry Potter and the Deathly Hallows - Part 1 den zerbrechlichsten, den kostbarsten Moment der gesamten Reihe. Harry und Hermine tanzen schüchtern zum Gesang von Nick Cave, der vorsichtig aus dem Radio tönt, wo zuvor nur Meldungen von Angst und Schrecken zu vernehmen waren. Eine Bewegung, eine Drehung am Ende aller Tage: Mit der puren Magie des Kinos schafft David Yates diesen unendlichen Augenblick, in dem gleich mehrere Welten kollidieren und aus den Kinderaugen die von Erwachsenen werden. Schließlich findet die Musik ihren Weg aus dem Film heraus, sprengt den Rahmen und umarmt die bewegten Bilder mit bedingungsloser Wärme und Liebe, die sich selbst im Angesicht größter Unsicherheit nicht von der zerstörerischen Macht eines Horkruxes beirren lässt. Leise findet der Protest gegen die Dunkelheit statt, bevor Harry Potter and the Deathly Hallows - Part 1 in seinen finalen Minuten etwas unheimlich Rohes, aber ebenso Versöhnliches entdeckt. Nasser Sand und ein Begräbnis ohne Magie vereinen sich mit den unvoreingenommen Klängen einer Flöte, die behutsam wie die ersten Sonnenstrahlen am Morgen von Hoffnung und Zuversicht kündet. Nicht einmal der Tod kann diesen Funken zum Erlöschen bringen. "Rejoice, rejoice."
[...] Die Unruhe, die Luca Guadagnino in den ersten Minuten seines Films etabliert, spielt dem provozierten Unbehagen wunderbar in die Karten. Suspiria ist ein Fest von Verfremdung und Entfremdung, das in jeder Szene mindestens ein verführendes Element mit einem abstoßenden vereint. Eine Taktik, die sich besonders im Hinblick auf das abartige, gewaltige Finale auszahlt. Hier bannt Luca Guadagnino einen Albtraum auf die Leinwand, dem wir hilflos ausgeliefert sind. Die Bewegung der tanzenden Körper überträgt sich mit erschütternder Gewalt auf den Film selbst, der sich nach quälenden Beobachtungen plötzlich überschlägt und im Fassungslosen endet. Und dann der Regen. Regen, der unaufhörlich auf die Erde dieses brüchigen Berlins prasselt und all den Schlamm und Dreck von der Straße spült, sodass am nächsten Morgen nur sichtlich mitgenommene Gesichter von dem Grauen zeugen, das sich in der Nacht im Verborgenen zugetragen hat. Wer also erinnert sich in dieser Welt, die ihre eigene Geschichte verdrängt? Bei all den Fragen, die Luca Guadagnino in Suspiria stellt, gelingt es leider nur bedingt, im Rahmen seiner Antworten wieder elegant den Bogen zum Anfang zu schlagen. [...]
[...] Harry und Draco (Tom Felton) verschwinden abwechselnd im Schatten des kalten Steins, während sie sich gegenseitig verfolgen und in der Finsternis verstecken. David Yates isoliert seine Figuren in poetischen Bildern, die selbst nach einer humorvollen Passage der Glückseligkeit innerhalb weniger Sekunden die tragische, zerreißende Einsamkeit eines düsteren Korridors heraufbeschwören können. Kameramann Bruno Delbonnel erweist sich folglich als größte Bereicherung von Harry Potter and the Half-Blood Prince. Den intensiven Farben des Vorgängers entgegnet er mit verträumten Weichzeichner und einer faszinierenden Kühle, die Hogwarts genauso im Nebel versinken lässt, wie sie in absoluter Dunkelheit von einem unbändigen Feuerinferno durchbrochen wird. Als verlängerter Arm dieser wunderschönen, feinen Bilder, die sowohl ein Gefühl für die Intimität als auch die Größe der Geschehnisse transportieren, dient Nicholas Hooper, dessen Musik in ihren besten Momenten die Unendlichkeit von Trauer und Leid in packende Melodien verwandelt, ohne den heimlichen Hoffnungsschimmer zu vergessen, der sich sogar im Angesicht der größten Niederlage gegen die schwerfälligen Streicher durchsetzt. [...]
[...] Wenn sich das Monster schließlich offenbart, ragt eine Kreatur der Finsternis aus dem Wasser, die mit ihren toten Augen, ihrem weit aufgerissenen Maul und den unzähligen Zähnen nicht nur den gestandenen Männern im Boot, sondern auch uns Zuschauer einen Schauer über den Rücken jagt. Selbst der eingangs erwähnte Meg würde sich in diesem Moment ungeachtet seiner Größe am liebsten in dem Loch verkriechen, aus dem er gekommen ist. Auf unterschiedlichstem Wege haben wir dieses archaische Filmmonster kennengelernt, ja, sogar seine Perspektive haben wir eingenommen. Erst zum Schluss blicken wir aber in sein Angesicht. Dann offenbart sich auch das komplette, vernichtende Ausmaß der Lage. Eine gewisse Ordnung stellt Steven Spielberg in den letzten Minuten seines Films trotzdem wieder her: Seine Filmwelt leidet, während sich für den Zuschauer alle zuvor ausgemalten Fantasien erfüllen.
[...] Im Verlauf der nachfolgenden 90 Minuten treffen diese fünf Figuren in unterschiedlichen Konstellationen aufeinander, während nebenbei der große Schmerz verhandelt wird, den sich die Protagonisten nur bedingt eingestehen wollen. Viel zu oft lenkt einer der Gesprächsteilnehmer von den gewichtigen Themen ab, wenn er nicht sogar komplett aus dem Film verschwindet und erst nach einiger Zeit wieder auftaucht, als wäre nichts gewesen. Herrlichen Humor findet Hong Sang-soo nach wie vor im Elend seiner Protagonisten. Hotel by the River bietet ihm außerdem eine weitere Möglichkeit, seine eigene Persona in den Film zu projizieren. Wenn von einem unentschlossenen Auteur die Rede ist, reflektiert er fraglos die eigene Vita, was generell ein wiederkehrender Bestandteil seiner Filme ist, jedoch in jüngster Vergangenheit deutlich intensiviert wurde. Schonungslos bis verspielt zieht Hong Sang-soo mit sich selbst und seinen Figuren ins Gericht, schlussendlich überwiegt aber eine unheimliche Tragik. [...]
[...] Ein alter Teil des Landes erinnert sich ein letztes Mal an das erste Auto, die einst unschlagbare Basketball-Mannschaft und eine Zeit, in der der Dollar noch etwas wert war. Selbst bei einer feierlichen Freimaurer-Zeremonie ist trotz Aufrechterhaltung des bedeutungsvoll angelegten Protokolls jeder Glanz erloschen. Es ist bizarr, dieses Ereignis zu verfolgen, das wie kaum ein anderer Moment des Films zwischen Relevanz und Bedeutungslosigkeit schwankt. Dafür laufen im Hintergrund andere Prozesse nach wie vor reibungslos ab, sei es die Ernte der prächtigen Felder oder die Zubereitung der Speisen in einem sich großer Beliebtheit erfreuenden Lokals. Sogar die Niederlassung des Sarges erfolgt einer gewissen Routine, ohne die die Zukunft Amerikas nicht möglich ist. Verändern muss sich trotzdem etwas. Daran lässt Monrovia, Indiana keinen Zweifel.
[...] Und genau an diesem Punkt kommt A Star Is Born wieder bei seiner inneren Ungeduld an, die keine zwei Erfolge zulässt, als wäre es ein ungeschriebenes Gesetz. Das Universum befeuert die Liebe von Ally und Jack, im gleichen Atemzug sorgt es aber auch dafür, dass die beiden zunehmend auseinanderdriften. Besonders Jacks toxische Gewohnheiten beschwören diesen Untergang, ganz egal, wie sehr beide Seiten versuchen, dem drohenden Ende entgegenzuwirken. A Star Is Born begegnet dem Scheitern mit aufrichtigem Interessen, ist dafür sogar bereit, die Magie der ersten Hälfte zu opfern, wenn Jacks Probleme die Überhand gewinnen. Es ist durchaus bemerkenswert, wie gewillt Bradley Cooper ist, seinen verträumten Film einzureißen, um eine aufwühlende Auseinandersetzung mit den Figuren zu ermöglichen. Das Wagnis zahlt sich aus und meistert den Spagat schlussendlich mit Bravour: A Star Is Born anno 2018 kann verzaubern, aber ebenso mit niederschmetternden Entscheidungen ein emotionales Loch hinterlassen.
Auf der Suche nach dem Herz des Ozeans, einem verschollenen Diamantcollier, findet die Crew des russischen Forschungsschiffes Keldysh etwas bedeutend Wertvolleres als einen Gegenstand, der sich im Wrack der Titanic verstecken soll: Eine Geschichte, die das Verlorene ein letztes Mal in Erinnerung ruft, bevor es für immer in der Tiefe des Nordatlantiks versinkt. Dann existiert nicht einmal mehr ein Bild von ihrer große Liebe, erzählt die gealterte Rose (Gloria Stuart) den ungläubigen Gesichtern am Ende eines Films, der fast 200 Minuten lang das Vergangene wieder lebendig hat werden lassen. Einen faszinierenden, poetischen Widerspruch fängt James Cameron mit seiner Verfilmung des Untergangs der Titanic ein und taucht dafür sprichwörtlich mit dem U-Boot in die ewige Finsternis herab, um den Mythos zu bergen, der dem Lauf der Zeit ausgeliefert ist. [...]
[...] Das angsteinflößende Element im neuen Halloween-Film sind dementsprechend längst nicht mehr die extrem brutalen Morde, sondern die Obsession der Menschen, die den Geistern der Vergangenheit nicht entkommen wollen. Auch Laurie Strode ist davon betroffen, ihre Tochter Karen (Judy Greer) ebenso. Und dann wäre da noch Allyson (Andi Matichak), Karens Tochter, die in einer zerrütteten Familie aufgewachsen ist und mit der Unschuld der Jugend die Generationen zu vereinen hofft. Bevor der Konflikt jedoch am Esstisch geklärt werden kann, ist die Nacht des 31. Oktobers angebrochen und der unheilvolle Schatten bewegt sich wieder durch die vermeintliche Vorstadtidylle, angetrieben von John Carpenters ikonischem Halloween-Thema, das sich völlig unabhängig der vereinzelt eingestreuten Updates nach wie vor als eines der effizientesten, kraftvollsten Musikstücke der Filmgeschichte erweist. [...]
[...] Selbst Kameramann Matthew Libatique, der wie geschaffen für einen solch angsteinflößenden Stoff ist, der davon handelt, Welten und Körper zum Einsturz zu bringen, findet in diesem Wust zurechtgestutzter und unglücklich verbundener Ereignisse keine Bilder, die dem körperfressendem Albtraum gerecht werden. Der visuell unterwältigende Venom findet keine eigene Sprache, sondern lässt sich von hellblauen Lens flairs ablenken, die Licht ins Dunkel dieses überwiegend bei Nacht spielenden Films bringen sollen. Später wird das Motiv in Form von Explosionen bei einer rasanten, wenn auch wenig mitreißenden Verfolgungsjagd durch San Francisco wieder aufgegriffen. Ein durchdachtes Konzept ist dahinter aber nicht zu erkennen. Stattdessen reihen sich die Bilder in die gleiche Palette der vielen austauschbaren Elemente dieses vermeintlichen Antiheldenfilm, der verzweifelt auf der Suche nach einem Superhelden ist.
[...] Da Roma aber nicht nur ein liebevolles Schwelgen in Erinnerungen, sondern auch eine Reflexion selbiger ist, verändern sich die Beziehungen und Verhältnisse im Film, wie auch das Wasser eine neue Rolle einnimmt. Wurde anfangs nur der Hof gereinigt, gilt es später, ein sich rasant ausweitendes Feuer zu löschen, dessen Flammen drohen, die friedliche Natur zu vernichten. Ebenso tritt das Wasser als zerstörerische Kraft auf, sogar als Gegenbewegung in einer der wohl mitreißendsten Szenen des Films, wenn sich Cleo selbstlos ins Meer stürzt, um die Kinder zu retten, die nicht ihre eigenen sind. Die ganze Welt hat sich gegen sie verbündet, peitscht ihr sprichwörtlich ins Gesicht. Doch Cuaróns Kamera folgt ihr beständig auf ihrem Weg in das unbarmherzige Rauschen, das im Bruchteil einer Sekunde alles Leben verschlucken kann, ohne dass es je wieder gefunden wird. Eine Erfahrung, die zusammenschweißt, wie keine andere. [...]
[...] Hoopers Kompositionen balancieren dabei – wie schon die von John Williams und Patrick Doyle – geschickt zwischen den schwermütigen wie den leichtfüßigen Motiven der Geschichte. Insgesamt wirkt Harry Potter and the Order of the Phoenix trotzdem beschwingter als andere Teile der Reihe, was nicht zuletzt an David Yates wahnsinniger Inszenierung liegt, die dank beispielloser Montagen mit dem temporeichen Drehbuch Schritt halten kann und nicht müde wird, die vielen verschiedenen Gänge dieses Films zu erkunden. Neben der eingangs erwähnten Unterführung gehören dazu auch ein Korridor in Hogwarts, der im Raum der Wünsche mündet, sowie das bedrohliche Labyrinth im verdorbenen Herzen des Zaubereiministeriums, das die letzte Prüfung des Trimagischen Turniers spiegelt, ehe ein Orkan aus Scherben durch die Dunkelheit fegt. Feuerregen und Wasserfluten treffen in furiosen Bildern aufeinander, bevor die Verletzlichkeit der Kämpfenden im Staub der Vernichtung auf die Probe gestellt wird. Der Schatten der Vergangenheit hat von der Gegenwart Besitz ergriffen und will die Zukunft an sich reißen. Doch mit diesem Schatten kehren auch vergessene Erinnerungen an Liebe und Freundschaft zurück.
[...] Damit unterscheidet er sich weiterhin von Utøya 22. Juli, der lediglich mit seinen abschließenden Texttafeln auf die politischen Hintergründe des Attentats verweist. Paul Greengrass betreibt deutlich mehr Kontextualisierung und pickt sich aus jeder Ecke des Spektrums eine Figur heraus, die zeitweise ins Zentrum der Geschichte rückt, um das Ausmaß zu verdeutlichen. Dennoch kehrt er immer wieder zu Breivik zurück und verfolgt – viel zu fasziniert – dessen Aussagen. Das Resultat ist ein großes Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Parteien, die zu Wort kommen (wollen), wodurch sich der Film entgegen seines eigenen Anspruchs auf Vollständigkeit in eine fragmentarische Irrfahrt durch öffentlichen Gerichtsanhörungen und persönlichen Schicksalsgeschichten verwandelt. Greengrass scheitert im Angesicht der eigenen Ambition. Das verwundert durchaus, wussten seine bisherigen Werke sowohl mit wahren als auch fiktiven Hintergründen effektiv politische Brennpunkte aufzuzeigen. Mit 22 July verrennt er sich jedoch in einer semi-dokumentarischen Zusammenfassung der Geschehnisse. [...]
Wie fühlt sich eine Grenzüberschreitung an? In seinem Neil Armstrong-Biopic First Man findet Regisseur Damien Chazelle auf diese Frage gleich mehrere Antworten, vorzugsweise zusammengestellt in den vibrierenden Bildern eines Testflugs, der den Protagonisten der Geschichte Richtung Weltraum katapultiert. In seiner X-15 sitzt der von Ryan Gosling verkörperte Pilot, der später als erster Mensch auf dem Mond seinen Fußabdruck hinterlassen sollte. „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit“, steht inzwischen in den Geschichtsbüchern geschrieben. Der Weg zu dieser ultimativen Grenzüberschreitung gestaltet sich jedoch als ein gefährlicher wie beschwerlicher, so unkontrollierbar wird das Fluggerät in den Himmel geschleudert. Es klappert und flackert im Cockpit, sodass die Kamera kein einziges klares Bild findet, während Neil Armstrong hektisch die unzähligen Knöpfe und Hebel in Bewegung setzt, um die Maschine zu stabilisieren. Nur für den Bruchteil einer Sekunde offenbart sie sich, die ungeahnte Stille, Schönheit und Unendlichkeit der Grenzüberschreitung, bevor der Sturzflug ein weiteres Inferno aus polternden Geräuschen, heulenden Winden und aufleuchtenden Warnsignalen beschwört. [...]