Beeblebrox - Kommentare
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Alle Kommentare von Beeblebrox
Eine der verblüffendsten Szenen in Jurassic Park ist heute wie vor 25 Jahren der Moment, in dem sich Dr. Alan Grant (Sam Neill) seine Sonnenbrille abnimmt, um das Wunder zu bestaunen, dessen Zeuge er soeben geworden ist. Womöglich ist dieser kurze Augenblick zitternder Ungläubigkeit heutzutage sogar noch ein Stück beeindruckender, weil wir uns im Blockbuster-Kino in den vergangenen Jahren geradezu daran gewöhnt haben, uns hinter dem dunklen Filter einer 3D-Brille zu verstecken, um das Wunder auf der großen Leinwand in seiner vermeintlich ganzen Pracht entdecken und erfassen zu können. Der Kontrast ist faszinierend, vielleicht auch bizarr: Das Verlangen, mehr zu erleben, indem wir in die Tiefe des Bildes eintauchen, erfordert eine unmittelbare Barrikade, während sich Dr. Alan Grant gar nicht schnell genug von seiner Brille trennen kann, um in der endlichen Leinwandtiefe- und -weite einen leibhaftigen Dinosaurier auszumachen. [...]
[...] Erst zum Ende des Auftakts arbeitet Jesse Armstrong sein bisher stärkstes Motiv mit fieser Präzision heraus: die Familie als geschäftliche Institution. Plötzlich werden Eltern zu Konkurrenten, Geschwister zu Geschäftspartnern und der gemütliche Austausch beim Kaffeetrinken zum kalkulierten Risiko, über das im Anschluss am besten sofort mit dem eignen Anwalt gesprochen wird. Giftig und herzlich begrüßen sich die Roys, wünschen sich gegenseitig den Tod und ein langes Leben. Wer in dieser toxischen Umgebung überleben will, darf auf keinen Fall seine Maskerade fallen lassen. Dennoch überwiegen in den finalen Minuten der Episode echte Tränen, die sich nicht verstecken lassen und größere Unsicherheit provozieren, die womöglich noch schlimmere Abgründe offenbart. In dieser Hinsicht könnte Succession in den nächsten Wochen beides werden: unwiderstehlich und ermüdend.
[...] Im Gegenteil: J.A Bayona scheitert fast genauso oft wie der verzweifelte Versuch, einen noch gefährlicheren Dinosaurier zu schaffen, der sich vorzugsweise als Mischform bestehender Kollegen erweist. Je weiter der Film voranschreitet, desto mehr verirrt er sich in einem Labyrinth aus Gedankenspielen, die auf einer metaphorischen und symbolischen Ebene durchaus ihre Reize haben, vom wenig durchdachten Drehbuch aber kaum zusammengehalten werden. Wenn Jurassic World: Fallen Kingdom begeistert, dann resultiert dieser Umstand aus den sagenhaften Bildern, die J.A. Bayona auf die große Leinwand bannt und für Gänsehaut sorgen. Diese Bilder entstehen, wenn sich die Knochen einer längst ausgestorbenen Spezies durch ihren genetisch identischen Klon bohren. Oder wenn ein Dinosaurier hilflos und verlassen seinen Hals ein letztes Mal majestätisch in den Himmel streckt, ehe er von einer Wolke aus Staub und Asche vor dem Hintergrund fließender Lava als Silhouette verblasst und für immer verschwindet.
[...] Dann erscheint plötzlich ein Wookiee, ehe ein Weltraummonster für Angst und Schrecken sorgt, während sich die Figuren durch gewohnt detaillierte Kulissen mitsamt hinreißend designter Kreaturen schlängeln und beständig versuchen, aller unvorhergesehenen Ereignisse zu Trotz die Überhand zu wahren. Solo: A Star Wars Story strotzt vor Niederlagen und steuert auf einen gewaltigen Bruch zu, der zunehmend den Spaß des Abenteuers vergessen lässt und in der drohenden Gefahr seine größte Stärke entdeckt. Wenn Han mit seinem Speeder durch die trostlosen Straßen von Corellia rast und Kessels giftig-gelblich-braunen Mienen die schlammigen Gräben von Mimban ablösen kreiert Solo: A Star Wars Story seinen eigenen Vibe, der zudem ungeahnt zwischen der Original-Trilogie und den Prequels schwankt. Es folgt ein dreckiger Farbensturm, der sich mit der bläuliche Frische eines im Grunde mehr als vertrauten Gefährts wie dem Millennium Falcon schneidet, von gleich mehreren (!) Liebesgeschichten ganz zu schweigen, die Solo: A Star Wars Story irgendwo auch in einen hoffnungslos romantischen Film verwandeln.
[...] Das verschwendete Talent in der Deadpool-Reihe nimmt von Minute zu Minute zu, während ebenso rasant Versprechen gebrochen und Chancen vertan werden. Niemals verwandelt sich der Film in eine anarchische Bestie, die sich in den Bereich des Bodenlosen wagt und wirklich dafür sorgt, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Zwar mag Deadpool 2 oberflächlich anecken, tief in seinem Inneren verfolgt er aber doch die Harmonie einer klassischen Superhelden-Geschichte inklusive dem Streben nach einem moralischen Kompass. Im Zusammenspiel mit den derben Gewaltausbrüchen resultiert daraus ein extrem uneinheitliches Bild, das im besten Fall irritierend, im schlimmsten Fall verklärend und bedenklich ist. Von Konsequenz ist hier keine Spur zu entdecken. Stattdessen lässt sich die Handlung biegen und dehnen, bis jeglicher Anspruch auf das eingangs erwähnte Image verloren ist. Deadpool 2 ist nicht frech und auch nicht ungezogen, sondern höchstens ein Missverständnis, das sich trotzdem feiert.
Wie aus einem stylischen Werbeclip wirkt die Welt in Revenge, dem Spielfilmdebüt von Coralie Fargeat. Die Sonne brennt, während sich im Pool einer prächtigen Villa mitten in der Wüste der strahlend blaue Himmel spiegelt. Es folgen warme Steine, üppige Glasfenster und ein Gefühl der Abgeschiedenheit: Hier, an diesem abgelegenen Ort, der nur mittels Helikopter erreichbar ist, können all die verborgenen Fantasien ausgelebt werden, für die in der echten Welt aufgrund von Familie und anderen Verpflichtungen kein Platz ist. Geschützt vom Wall der flimmernden Hitze gibt es keine Grenzen mehr, sodass ausschließlich die Lust das nachfolgende Geschehen prägt. Es ist der Luxus, der im unverschämten Ausmaß dominiert. Der Schweiß, der langsam triefend über nackte Haut rinnt. Und natürlich die perfekt geformten Körper, die sich mit verführerischer Eleganz durch vermeintlich transparente Gebäudestrukturen bewegen und versuchen, sich in ihrer Makellosigkeit zu übertreffen. [...]
[...] Als spontane wie liebenswerte Unternehmung offenbart sich Visages Villages aber vor allem als verblüffende Zusammenstellung vieler kleiner Porträts, die episodisch aufeinandertreffen und manchmal gänzlich unvorbereitet im Hintergrund entstehen. Visages Villages ist ein Film, dem der vage Traum von einer Zukunft zu lange dauert. Stattdessen werden verrückte Pläne und Ideen sofort in die Tat umgesetzt – ein Ehrgeiz, der inspiriert und kaum abgelehnt wird, was sicherlich nicht selbstverständlich ist. Fast alle Menschen lassen sich auf Agnès Varda und JRs umangekündigte Besuche ein, wodurch Visages Villages besonders im Moment der Überraschung berührt. Nur Jean-Luc Godard will nicht vor die Tür treten und erweist sich als Geist heimlicher Bösewicht dieser Reise, der trotzdem Eindruck hinterlassen hat. [...]
[...] Als radikaler Gegenentwurf zu Reagenzgläsern und einem kühlen CEO wie Claire Wyden (Malin Akerman) pflegt Davis eine außergewöhnliche Beziehung mit einem Silberrücken-Gorilla, den er liebevoll George nennt und vermutlich stetes einem Date mit einem anderen Menschen vorziehen würde. Mit beruhigenden Worten und Gesten nähert er sich seinem Gegenüber an, ehe ein Dialog aus Gebärden entsteht, der zumindest für den Moment das zerbrechliche Verhältnis zwischen Mensch und Tier bemerkenswert in einen größeren Kontext setzt. Leider währt dieser Moment keine Ewigkeit, sondern erweist sich geradezu als Rarität im folgenden Geschehen, das den Fokus auf die leeren Zwischenräume des Krawalls legt. Gestaltet sich Rampage für den Bruchteil einer Sekunde als behutsame Annäherung aus Rise of the Planet of the Apes und Jurassic Park geht Brad Peyton wenige Minuten später das Gespür für die Bestien seines Films komplett verloren, ebenso für den Einsatz einer eigendynamischen Kraft wie Dwayne Johnson. [...]
Wie einen Dornenkrone legen sich seine feuchten Haare übers Gesicht, bilden gewissermaßen einen Schutzwall vor der Welt da draußen, beugen sich aber dennoch gefährlich nach innen. Immer wieder blinzelt Joe (Joaquin Phoenix), um sich zu vergewissern, dass das nicht alles ein Albtraum ist, aus dem er schweißgebadet erwachen wird. Doch wie könnte er in dieser kompromisslosen Geschichte zwischen Traum und Realität unterschieden? Die Flucht in andere Welten scheint unmöglich. Gleichzeitig befindet sich Joe unlängst an einem jener surrealen Orte, die zwar in Form von Silhouette den vertrauten Anblick der New Yorker Skyline mit sich bringen, in Wahrheit jedoch alle in einem komplett entfremdeten Universum stattfinden. Lynne Ramsey fängt verschwommene Bilder dieser Metropole und ihrer Menschen ein. Mit ihrer entschlossenen Inszenierung verwandelt sie You Were Never Really Here in der in das kompromisslose Porträt eines Auftragskillers und der urbanen Umgebung, durch die er sich niedergeschlagen schleppt. [...]
[...] Ausgerechnet in seinen letzten Minuten trifft der Film seine mutigste Entscheidung und verabschiedet sich von all dem Getöse im Hintergrund. Entgegen der stumpfen Aufnahmen von Massenschlachten, die ihren vermeintlich mitreißenden Effekt weit verfehlen, treten auf einmal wieder die weit aufgerissenen Augen der Superhelden in den Vordergrund und eine ultimative Stille breitet sich aus. Keine Stille im Sinne von absoluter Ruhe, sondern eine Stille, die sich in schwebender Unendlichkeit entfaltet und komplett mit der überhöhten Mythologie der Geschichte verschmilzt. Wo Joss Whedon bisher den denkwürdigsten Weg gefunden hat, um eine Splash-Page in bewegte Bilder zu übersetzen, scheiterten die Russo-Brüder bisher mit dem trostlos-grauen Flughafenkampf in Civil War an vergleichbarer Pracht. Mit dem letzten Gemälde in Avengers: Infinity War haben sie vielleicht aber doch ihren großen MCU-Moment geschaffen, der für immer bleiben wird.
[...] Was bei Jungs für gewöhnlich mit einer anerkennenden Gest abgesegnet wird, sorgt bei den Mädchen für einen Aufschrei, der aus gesellschaftlicher Doppelmoral resultiert. Genau diese Widersprüche macht sich Regisseurin Kay Cannon mit ihrem Debüt zum Thema und exerziert sie herrlich in ihrem frechen Coming-of-Age-Film durch. Hier treffen die Geschlechter und die Generationen aufeinander. Dazwischen erfolgt im gleichen Maße eine liebevolle Annäherung an die Figuren wie ein ausloten des abwechslungsreichen Humors. Angefangen bei exzessiv ausgelebten Gross-out-Moment bis hin zum fein balancierten Slapstick: Blockers erweist sich als kurzweiliges Vergnügen, das vieles ausprobiert, wenngleich schlussendlich wenig Innovation in der Geschichte steckt. Dafür konzentriert sich Kay Cannon auf ein emotionales Fundament und versteht es, ihr Ensembles großartig einzusetzen. [...]
[...] Transite, Visa: Wenn die Welt im Begriff ist, auseinander zu brechen, sind es die Papiere, die als letzte Instanz Ordnung im Chaos schaffen und die Menschen in einer gemeinsamen Sprache, einer gemeinsamen Sehnsucht vereinen. Gleichzeitig sind sie es, die schlussendlich aber auch wieder dafür verantwortlich sind, dass die Menschen auseinandergetrieben werden und ein Schatten am Fenster vorbeieilt, der an das Vergangenen erinnert, vor dem Gegenwärtigen flüchtet, aber zu unentschlossen ist, um jemals das zu erreichen, was in der Zukunft liegt. Verloren in den Übergängen, den Identitäten und den Spiegelbildern fasziniert Christian Petzold dabei vor allem die Ungeduld des Menschen, der sich unabhängig seiner Zeit bewegt, stolpert und trotzdem irgendwo ankommt. Ein Gefühl von Sicherheit begleitet in Transit niemanden. Lediglich die Stimme von Matthias Brandt weiß von einer fremden Geborgenheit zu berichten, denn er hat das Ende der Geschichte als stummer Beobachter bereits erlebt und den Überblick über die Identitäten behalten, obwohl ihn das zu einem der Parasiten macht, denen Georg entkommen will.
[...] Wenn die Figuren erkennen, wie tief sie sich tatsächlich in den düsteren Gängen der von Flammen umschlungenen Häuser verirrt haben, läuft es auch uns Zuschauer eiskalt den Rücken hinunter, dass es kein Zurück mehr gibt. Es reicht der Tritt über die Türschwelle, die Überquerung einer Straße oder gar der schiere Blick aus dem Fenster, der unseren Blick auf die Leinwand widerspiegelt: Im Bruchteil einer Sekunde werden sämtliche Regeln der Zivilisation außer Kraft gesetzt, sodass ein unerbittlicher Überlebenskampf die folgenden zwei Stunden dominiert, bei dem die Vermischung von Blut und Schweiß die einzige Sprache ist, die jeder versteht, selbst wenn es dafür längst zu spät sein könnte. Exakt diesen Punkt arbeiten Kathryn Bigelow und Mark Boal jedoch in all der Hektik mit stechender Präzision heraus. Dann fallen Schüsse und es passiert, was nie mehr rückgängig gemacht werden kann, obwohl eben noch die Überzeugung herrschte, die Lage im Griff zu haben.
[...] Die Sehnsucht nach einen Ausbruch aus diesem Sumpf der Hoffnungslosigkeit scheint unmöglich, da die sonst so schützende Familie zunehmend zur Geisel wird. Wer das Gemeinschaftsgefühl im Clan missachtet, bringt sich in Verlegenheit. Gleichzeitig positioniert Jonas Carpignano seinen Protagonisten immer wieder als einen der wenigen, die zwischen den verhärteten Fronten wandeln können, ohne sich zu verstellen. Stattdessen schlummert tief in Pios Innerem ein Gedanke an die Zukunft, der sämtliche Konflikte der Gegenwart hinter sich zurückgelassen hat. Umso niederschmetternder ist die Erkenntnis, wenn nach knappen zwei Stunden im Gedränge dieses erbarmungslosen Mikrokosmos selbst der letzte Funken Idealismus erloschen ist, weil er nie wirklich als solcher erkannt wurde. Für den Bruchteil einer Sekunde geraten sie dennoch in Vergessenheit, die staubigen Straßen, wenn sich Dan Romers im Funkenflug steigert.
[...] Dadurch inspiriert der Film im gleichen Maße, wie er frustriert - ausbalancierte Passagen finden bloß sehr selten ihren Weg in die sprunghaft erzählte Geschichte. Wo eben noch die großen philosophischen Fragen der Existenz an den entlegensten Orten des Universums - sogar im Herzen des eingangs erwähnten finsteren Etwas - diskutiert werden, bleibt die Kamera im nächsten Augenblick träumerisch in glitzernden Gesichtern hängen und erfreut sich der alleinigen Präsenz der tollen Schauspielerinnen und Schauspieler, die entgegen aller Unstimmigkeiten kein Problem damit haben, souverän durch Raum und Zeit zu gleiten. Gleichzeitig ist A Wrinkle in Time mit dieser tonalen Zerrissenheit wieder ganz bei seiner Grundthematik: dem Akzeptieren der eigenen Schwächen. Denn das ist es, was normal ist, und von keiner dunklen Macht des Universums verschlungen werden kann.
[...] Ständig findet sie sich zwischen den Fronten wieder und muss sich gegenüber anderen beweisen, während sie es ist, die unter physischem wie psychischem Missbrauch leidet und versucht, gegen das Trauma anzukämpfen. Nur auf dem Eis vergisst sie die Welt um sich herum und beginnt, für wenige kostbare Minuten zu schweben. Wenn sich die Musik steigert und die Kamera sowohl die Geschwindigkeit als auch die Bewegung dieses furiosen Schauspiels einfängt und imitiert, beginnt I, Tonya wahrlich zu fliegen und atemberaubende Schönheit zu offenbaren. Ewig währt er aber nicht, dieser Traum. Denn sobald das Unmögliche geschafft ist, zerschellt er am Kliff der Hässlichkeit.
[...] Diese Meditation über den Körper verläuft sich irgendwann allerdings – wie so viele Themen des Films – in einem weniger sorgfältig ausgerollten Finale, das zwar emotional alle Register zieht, viele der vorherigen Gedanken aber achtlos über den Haufen wirft. Dazu gehört ebenfalls die im Titel manifestierte Stille, die zwar regelmäßig ihren Weg in den Film findet, aber nicht als der ultimative Terror erkannt wird. Stattdessen lässt sich A Quiet Place im entscheidenden Augenblick vom konventionellen Dröhnen auf der Tonspur verführen. Marco Beltramis Soundtrack soll an dieser Stelle gar nicht zu sehr in die Kritik geraten, immerhin fungiert als eine der vielen Sprachen des Films. Unglücklich hingegen ist der weniger überlegte Einsatz seiner Kompositionen, der den stärksten Szenen die Möglichkeit raubt, sich roh und schonungslos zu entfalten. Besonders schade ist das, da A Quiet Place ansonsten sehr effektiv mit seinem Konzept umzugehen weiß, das in erster Linie aus Einschränkungen besteht. [...]
[...] Entgegen der überspitzenden Elemente und einem reichen Pool an abwechslungsreichen Karikaturen gelingt es The Death of Stalin nur bedingt, die rücksichtslosen Machenschaften ins Lächerliche zu ziehen. Immer wieder offenbart der Film eine ernste Ader, die im Widerspruch zum sonstigen Tonfall des Gezeigten steht und für irritierende Lücken im Gesamtkunstwerk sorgt. Trotzdem weiß Armando Iannuccis Vision über weite Strecken zu überzeugen und begeistert nicht zuletzt mit einem durchdachten Farbschema, das insbesondere durch den wiederkehrenden Kontrast roter und weißer Flächen im Szenenbild zur Geltung kommt.
[...] Dabei fehlt in der Inszenierung vor allem ein Gefühl für das Ausmaß des Gezeigten, die Dynamik der gewaltigen Zweikämpfe und die sterblichen Figuren dazwischen, die sich im ständigen Konflikt mit den Größenverhältnisse befinden, sowohl im Hinblick auf die Kaijus als auch auf die von Menschenhand geschaffenen Jaeger. Zwar versucht Hauptdarsteller John Boyega so viel Leben wie möglich in den Film zu bringen. Gegen das über weite Strecken unkonzentrierte Drehbuch, das vorzugsweise daran interessiert ist, Charlie Days gleichermaßen zerstreute wie aufgedrehte Performance zu imitieren, kann er mit all seiner Energie jedoch nicht anspielen. Pacific Rim: Uprising will keine Risiken eingehen und verirrt sich zunehmend im grellen Tageslicht, dem nicht einmal die massig vorhandenen Spezialeffekte gewachsen sind. Unbeholfen stehen sich die Giganten dann gegenüber, während die meisten Bezugspunkte zur Geschichte längst unter den Trümmern der angerichteten Zerstörung begraben liegen. Selbst die Entstehung eines noch größeren Kaijus als ultimative Bedrohung im finalen Akt provoziert nicht mehr als Gleichgültigkeit. [...]
[...] Steven Spielberg beschwört futuristische Panoramen, die gekonnt das Gewicht der Erzählung balancieren und trotzdem nie verlegen sind, sich im Gezeigten auszutoben und das Abenteuer mit hemmungsloser Begeisterung auszuleben. Ungeachtet all der Referenzen hinsichtlich popkultureller Meilensteine aus vergangenen Dekaden fasziniert Steven Spielberg vielmehr die Verlagerung der kostbaren Güter in die Gegenwart und Zukunft. Sein Film bleibt von den verklärenden Posen nostalgischer Erinnerungen unbeeindruckt. Dafür benutzt er die Verweise auf das Altbekannte als Bausteine, um seine eigene Vision der Geschichte voranzutreiben. Diese Vision beschäftigt sich etwa auch mit der Idee des Kinos selbst und wie sich diese im digitalen Zeitalter wandeln und verändern lässt - vorzugsweise mit waghalsigem CGI-Einsatz, der mitunter an das undurchschaubare Gefühl des in bläulichen Lichtern schwimmenden Minority Report erinnern. [...]
Am faszinierendsten ist Mary Magdalene, der neue Film von Lion-Regisseur Garth Davis, dann, wenn er die biblische Erzählung komplett in den Hintergrund verfrachtet und sich darauf konzentriert, wie sich die Menschen bewegen. Ganz beiläufig tritt hier plötzlich Jesus von Nazareth (Joaquin Phoenix) ins Bild, findet sich am Rand einer Gruppe wieder und beginnt, seine Gedanken mit den Menschen um ihn herum zu teilen. Die Kraft der Worte kommt jedoch keineswegs durch deren Lautstärke zu tragen, im Gegenteil: Dieser Jesus, den die junge Maria Magdalena (Rooney Mara) vorsichtig beobachtet, redet ruhig, geradezu zurückhaltend – und dennoch sammelt sich eine Menschentraube um ihn, die ihren Blick nicht mehr abwenden kann. [...]
[...] Roar Uthaug versteht es, ganze Bewegungsabläufe der jüngeren Videospiele zu adaptieren, diese mit ihrer eigenen Dynamik auszustatten und dadurch mitreißende Actionsequenzen zu entwerfen. Packend ist sein Film allerdings nicht aufgrund der ergiebigen Set pieces, sondern weil Lara eine komplexe, vollwertige Figur ist, die nicht bloß unbesiegbar wie ein ausgestellter Körper in Zeitlupe über Abgründe springt, sondern voller toller Kratzer und Wunden ist, auch im übertragenen Sinn. Wenn Lara schließlich im apokalyptischen Regen bei Nacht ihr Gegenüber aus Notwehr tötet und im Schlamm liegen lässt, folgt keine coole Pose, sondern ein erschrockener Blick und Tränen. In diesen wertvollen Augenblicken entpuppt sich Tomb Raider als unerwartet aufmerksamer Film mit einer verletzlichen Heldin, die nur durch Überwindung am Leben bleibt. Spätestens an dieser Stelle hat das Reboot nichts mehr mit einem lieblosen Speedrun nichts mehr zu tun, sondern erweist sich als wahrhaftige Angelegenheit, die den physischen sowie den psychischen Schmerz begreifbar macht. [...]
[...] Dies ereignet sich sowohl mit furchteinflößenden Gesten als auch in Momenten verblüffender Schönheit, die dem Grusel eine Facette von Erhabenheit abgewinnen. Alex Garland fängt mit seinen Bildern eine außergewöhnliche Stimmung ein, die manchmal genauso feindselig wirkt, wie die dissonanten Verführungen in Under the Skin und David Cronenbergs Body Horror. Manchmal veranlasst sie aber auch zum puren Staunen, wenn sich das Ende etwa in Form der titelgebenden Auslöschung unerbittlich ankündigt oder eben jenes Licht durch die Baumkronen fällt, als hätte Terrence Malick einen Science-Fiction-Film gedreht. Gerade dieses Licht ist es, das Annihilation wahrlich zu etwas Außergewöhnlichem macht, das eigentlich gar keiner Referenz benötigt, um Geltung zu erfahren. Das Licht in diesem Film ist von solch sonderbarer Eigenschaft, dass es fesselt und verstört. Dass es entführt und verlorengehen lässt. Und dass es wirklich nie zu greifen ist. [...]
Sie war Frances Ha und Mistress America – vor allem aber sie die in New York: Greta Gerwig. Unter der Regie von Noah Baumbach irrte sie durch die unendlichen Straßenzüge jener Metropole, mit der so viele verschiedene Assoziationen einhergehen. Für Lady Bird, den ersten Film, den sie nach ihrer Zusammenarbeit Nights and Weekends mit Mumblecore-Kollege Joe Swanberg komplett alleine als Drehbuchautorin und Regisseurin umgesetzt hat, ist sie dennoch in ihre Heimat zurückgekehrt und hat somit das beschauliche Sacramento zum Ort des Geschehens auserkoren. Hier lebt die 17-jährige Christine McPherson (Saoirse Ronan), die lieber Lady Bird genannt werden möchte und von den unbegrenzten Möglichkeiten der Großstadt träumt. „I wanna go where culture is“, jammert sie gegenüber ihrer Mutter Marion (Laurie Metcalf) bei einer gemeinsamen Autofahrt, ehe sie sich als Zeichen der Demonstration aus dem Auto wirft und einmal mehr beweist, dass sie ihr eigener Kopf ist. Doch genau dieser entschlossene Eigensinn ist es, der Lady Bird zu einem der wundervollsten Coming-of-Age-Filme vergangener Jahre macht. [...]
Selten fühlten sich New Yorks Straßen so rau und trostlos an wie in Good Time, dem jüngsten Film von Ben und Josh Safdie. Angesiedelt in den Schluchten der Metropole sowie jenem Ödland, das sich außerhalb der glänzenden Bauten befindet, die in den Himmel ragen, dominieren hier die Hinterhöfe, umringt von Zäunen und Barrikaden. Der Asphalt ist nass und erbarmungslos. Er hinterlässt seine Spuren – vor allem dann, wenn man auf ihm ausrutscht, die Knie aufschürft und Dreck in die glühende Wunde gerät. Genau von diesem brennenden Gefühl erzählt Good Time mit unglaublicher Energie, die aus den nächtlichen Aufnahmen genannter Metropole resultiert und dabei insbesondere an den schwindelerregenden Abgründen interessiert ist, die sich unerkannt in der Finsternis verstecken. [...]