Beeblebrox - Kommentare
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Alle Kommentare von Beeblebrox
[...] Der schützende Wall ist verschwunden, es existiert keine Anonymität mehr. Areum muss nach den observierenden, neugierigen Blicken den nächsten Schritt wagen, sich mit den Objekten ihrer Faszination wahrhaftig auseinandersetzen und dabei womöglich ihr eigenes Spiegelbild betrachten. Auf der Meta-Ebene steht da Hong Sang-soo mit einer Kamera anstelle eines MacBooks und diskutiert Beziehungen zwischen Resignation und Neuanfang. Die Reflexion des Vergangenen war schon immer ein entscheidender Teil seiner Filme. Zuletzt - und besonders in Grass - wirken die Themen jedoch deutlich schwerer und düsterer. Trotz der nach wie vor eleganten, leichtfüßigen Inszenierung, kann ein einziger Schwenk die Welt sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne ins Wanken bringen. Den Trost findet Areum dennoch in einer hoffnungsvollen Geste zum Schluss. Sie muss nur den Tisch im von Musik durchströmten Café wechseln.
[...] Inszeniert von Fruitvale Station– und Creed-Regisseur Ryan Coogler entführt der Film in die geheimnisvolle Welt von Wakanda und beschäftigt sich mit den verheerenden Auswirkungen von Captain America: Civil War. Gleichzeitig besinnt er sich auf die Erschaffung einer eigenen Mythologie, einer eigenen Identität. Dabei offenbart sich Black Panther als aufregende wie geistreiche Erweiterung des MCU, nachdem zuletzt wieder Routine und Enttäuschung Einzug in das Franchise erhalten haben. [...]
[...] Wo sich viele Krimiserien im Angesicht ihres spektakulären Verbrechens in eine Sackgasse verleiten lassen, in der ausschließlich die Lösung des Falls diskutiert wird, entwirft Steven Soderbergh ein kleines Gesellschaftsporträt, das sich nicht nur seiner Figuren, sondern ebenfalls deren Umgebung bewusst ist. Wenngleich die Kamera am liebsten lange Zeit in einem Raum verweilt, um präzise Beobachtungen anzustellen, offenbart sich im Hintergrund der Serie ein Amerika-Panorama, das sich fortwährend ausbreitet und somit stets größere Dimensionen annimmt. Dann tauchen plötzlich die finalen Credits auf und künden vom Ende einer Geschichte, die zufriedenstellend, auf gewisse Weise sogar erfüllend zu einem Schluss gekommen ist. Gleichzeitig aber bleibt das unbehagliche Gefühl eines Abschieds aus einer Welt, die sich wohl oder übel weiterdrehen wird.
[...] Gerade im Zusammenspiel mit der angesprochenen, ambivalenten Thematik erweist sich diese Nachlässigkeit als wirkliches Problem. Martin McDonagh will mit Argumenten argumentieren, die er selbst nicht ernst nimmt. Immer wieder flüchtet er sich in ironische Brüche, blickt aus satirischer Perspektive auf das Geschehen und sabotiert mit willkürlichen Wechseln auf stilistischer wie tonaler Ebene munter die dramaturgische Kontinuität, bloß, um einen vermeintlich raffinierten Kommentar in seine Inszenierung zu schleusen. Subtil geht dabei nichts vonstatten, so penetrant und ignorant schmettert Martin McDonagh seine Botschaft zwischen die Zeilen, während er die Schlagfertigkeit seiner One-liner maßlos überschätzt. Trotzdem erweckt Three Billboards Outside Ebbing, Missouri oftmals den Eindruck, gar nicht zu wissen, was eigentlich schief läuft. Eifrig werden die Konflikte ausgerollt, als ginge es darum, jeden Schicksalsschlag in einen grotesken Streich zu verwandeln, der die Menschen erst entblößt und dann mit versöhnender Geste zusammenführen soll. [...]
[...] Als Detective Nick Flanagan (Gerard Butler) am nächsten Morgen die Sauerei in Augenschein nimmt, ist er gar nicht glücklich, denn die mysteriösen Umstände bedeuten für ihn und sein Team vor allem eines: Arbeit. Schlecht gelaunt und in unerträglicher Macho-Pose marschiert der Boss durch die Gegend, während er achtlos die Menschen in seiner Umgebung herumkommandiert, um sich in wirklich jedem noch so unscheinbaren Augenblick als harter Kerl zu profilieren. Regisseur Christian Gudegast hat sichtlich Spaß daran, in eine Welt zu entführen, in der es ausschließlich um Testosteronschübe und echte Männer geht, die bloß ihren Mund aufreißen und fest zuschlagen können. Den of Thieves sonnt sich unverschämt genüsslich in diesem Proll-Verve, liefert jedoch keinen Grund, um sich auf das Gezeigte einzulassen. Stattdessen offenbart sich der Film vorzugsweise als ätzende Angelegenheit. [...]
Ein verstecktes Königreich unter dem Regenbogen: Das Magic Castle in The Florida Project scheint jeden Traum vom Märchenland zu erfüllen. Getaucht in sattes Lila ragt das Schloss aus dem grünen Boden ins ewige Blau des Himmels, während strahlend die Sonne auf- und untergeht, nie nie verlegen, die Landschaft in ihr magisches Licht zu hüllen. Ein Idyll vor den Toren des Walt Disney World Resort in Orlando – und dennoch findet Sean Baker in seinem jüngsten Werk wenig von dem unbeschwerten Gefühl eines Disney-Märchens, das trotz fieser Hürden zuversichtlich auf ein Happy End zusteuert, sodass sich Prinzessin und Prinz in die Arme fallen können, ehe der lang ersehnte Kuss in den Abspann überleitet. Stattdessen offenbart sich das Magic Castle als 35-Dollar-Motel, das zwar Erinnerungen an eine heile Welt weckt, in Wahrheit jedoch längst als trostlosen Bestandsaufnahme eines heruntergekommenes Amerikas fungiert. [...]
[...] Selbst Memes finden in aller Ausführlichkeit Einzug in das Drama, das so viel mehr über Hollywood, das Filmgeschäft und seinen Protagonisten erzählen könnte. Ein gewisser Reiz sei dem ganzen Hin und Her gar nicht abgesprochen, immerhin birgt die Entstehungsgeschichte von The Room wahrlich ein paar irrwitzige Momente. Dass The Disaster Artist am Ende aber keinerlei Position dazu beziehen will, enttäuscht sehr. Darüber kann leider auch nicht das Engagement aller Beteiligten hinwegtäuschen – nicht einmal dann, wenn Zac Efron und Josh Hutcherson im Zeichen der Hanswursterei durchs Bild stürmen und für frischen Wind sorgen. Was bleibt, ist ein fragwürdiges Denkmal, das zwar unterhält, allerdings keineswegs in Erinnerung bleibt. Verzweifelt auf der Suche nach einem versöhnlichen Happy End gibt The Disaster Artist schließlich das letzte bisschen Distanz zu seiner Thematik auf, als könne man diesen Tommy Wiseau tatsächlich nur ideenlos imitierend abfeiern.
[...] Zum Punkt kommen – das will Downsizing trotzdem nicht. In jeder Szene verstecken sich gleich mehrere eifrige Think pieces, die sich um Politik und Umwelt sorgen, während gleichzeitig ein überaus unstimmiges Porträt der Spezies Mensch entsteht, deren einzelne Vertreter Alexander Payne wie Außerirdische unter die Lupe nimmt und im Rahmen der Miniaturanlagen bildlich zum Objekt seiner Faszination erklärt. Dieses Mal gelingt es ihm allerdings nicht, den stimmungsvollen Bogen vor dem drohenden Ende zu schlagen, der zuletzt vor allem das Trübsal in Nebraska auszeichnete. Stattdessen purzeln seine Figuren munter durch die Gegend und erfreuen sich des Obskuren. Wenigstens eine Konstante findet Downsizing zum Schluss, wenn das Ensemble unbeschwert zusammenspielt. Allen voran glänzen Hong Chau und Christoph Walz im exzentrischen Chaos, das gelegentlich der gleichen Willkür folgt, mit der sich Udo Kier ins Szenenbild schleicht, ehe er es kurz darauf wieder verlässt, als hätte er sich im Set geirrt.
[...] Dabei führt die erste Einstellung entschlossen in den Schlund der Politik: Mit einer schwindelerregenden Kameradrehung taucht Joe Wright von oben herab ins britische Parlament ein, wo sich die Conservative Party mit der Opposition, der Labour Party, ein verbales Gefecht sondergleichen liefert. Es wird geraunt, gemurmelt und verächtlich das Gegenüber fixiert. Dann folgen aufgebrachte Rufe und wildes Gebrüll: So eloquent die verschiedenen Redner in den vorherigen Minuten ihre Anliegen vorgebracht haben, so unbeherrscht wettert nun eine Partei gegen die andere. Ganz entfernt ist die Aufbruchsstimmung spürbar, vorerst regiert allerdings geiferndes Chaos, resultierend aus eifrigem Geschrei und unbändigen Gestikulationen, als würde jeder Lord im Raum mit den Armen um sein Überleben rudern. Dennoch findet Joe Wright in diesem nervenaufreibenden Brausen konzentrierte Ruhe und fängt mit Kameramann Bruno Delbonnel als stärksten Verbündeten selbst die unscheinbaren Staubkörner im einfallenden Tageslicht ein. Ein Tageslicht, das stets von einer bedrohlichen Kühle kündet. [...]
[...] Dabei schwankt Princess Cyd elegant zwischen schwerelosen und melancholischen Momenten, findet großes Glück im erlösendem Augenblick der Trauer, schreckt aber ebenfalls nicht davor zurück, die unangenehmen Facetten dieser Welt auf einer versteckten Ebene anzudeuten, bevor der Schlag in die Magengrube erfolgt – allerdings überhaupt nicht penetrant und reißerisch, sondern taktvoll im Geist der Figurenentwicklung. Stephen Cone besitzt ein unglaubliches Gefühl dafür, sein Ensemble natürlich zusammenzuführen und ins Gespräch zu verwickeln. Princess Cyd vertritt stets eine offene, aufrichtige und interessierte Haltung, die manchmal besorgt und manchmal zu voreilig zum Ausdruck kommt, am Ende aber immer wieder versöhnend wirkt. [...]
Verträumt eröffnen die ersten Töne des Soundtracks eine magische Welt, in der Wunder möglich sind und vor allem die Schönheit im Vordergrund steht. Jonny Greenwood, der im Rahmen seiner bisherigen Kollaborationen mit Paul Thomas Anderson aus dem eigenwilligen Zusammenspiel von Harmonien und Disharmonien unvergleichliche Musikwelten erschaffen hat, setzt in Phantom Thread auf ungewohnt melodische Klangbewegungen, die schwärmerisch aus dem London der Nachkriegszeit erzählen und das House of Woodcock gleichermaßen elegant wie erhaben zum Leben erwecken. Gerahmt in Bildern, die schlicht und prächtig zugleich unendliche Räume des Kinos entwerfen, folgt ein Drama, das ganz gefangen ist vom Anblick seiner Figuren und keinen Moment versäumen will, um tiefer in ihre Psyche einzudringen, die sich vorzugsweise hinter der Fassade höflicher Umgangsformen versteckt. Ein Film voller Regeln, doch die Gefahr, das Ungewisse schwebt über allem: Zusammen mit seinem eingespielten Team, darunter Oscar-Preisträger Daniel Day Lewis, der mit Phantom Thread seine Abschlussvorstellung vor der Kamera gibt, hat Paul Thomas Anderson erneut ein meisterhaftes Werk geschaffen. [...]
[...] Da wäre zum Beispiel die Hektik der Großstadt, die nach und nach der verborgenen Suburbia-Idylle weicht. Wo sich anfangs die Menschen dicht an dicht ins Abteil quetschen, um nach Feierabend den ersten Zug nach Hause zu erwischen, leeren sich die filmischen Räume im Verlauf der Zeit und die Hochhäuser weichen dem Anblick von Bäumen, die von der untergehenden Sonne vergoldet werden. Die Schein der Übersicht täuscht allerdings, denn Jaume Collet-Serra nimmt nicht das Tempo aus der Erzählung, sondern weiß dieses geschickt zu variieren, sodass The Commuter ungeachtet der Besatzung stets unter Strom steht. Im Großen peitscht die Suche nach der zum MacGuffin deklarierten Person die Spannungskurve nach oben. Im Kleinen sind es die konkreten Auseinandersetzungen, die Michael von einem Abteil ins andere stolpern lassen, als wären die geradlinig aneinandergereihten Wagons ein unendliches Labyrinth, aus dem es kein Entkommen gibt. Dafür schlummern hier die vielen heimlichen Geschichten der Wegbegleiter, die als Komplizen, Gegenspieler und unerwartet Verbündete auftreten. [...]
Da liegen sie ausgebreitet, die schmutzigen Geheimnisse der Nation, im Zimmer eines schäbigen Motels. Die Türen sind verschlossen, ebenso die Jalousien. Ein geheimes Treffen, das die Welt verändern könnte – und dennoch bleibt eine Entscheidung, die getroffen werden muss, bevor die erhoffte Kettenreaktion in Gang gesetzt werden kann. Ob er die Papiere, die den zwielichtigen Machenschaften der USA in Vietnam ein Gesicht verleihen, wirklich veröffentlichen wird, will der Whistleblower von dem ihm gegenüberstehen Journalisten wissen, der sich in einem kurzen, unscheinbaren Moment des Nachdenkens flüchtet, ehe er mit entschlossener Stimme eine positive Antwort gibt, fest überzeugt, von der Richtigkeit und Notwendigkeit der Sache. The Post strotzt geradezu von solch hoffnungsvollen wie idealistischen Augenblicken. Dass er den anstrengenden Kampf dahinter nicht vergisst, macht den neuen Film von Steven Spielberg zu einem zeitlosen Polit-Drama, das sich facettenreich und elegant inszeniert den großen, komplexen Themen einer Welt annähert, die sich zunehmend schneller dreht. [...]
[...] Bei all den Schauplätzen, die wir im Zuge dieser LA-Odyssee zu Gesicht bekommt, ist es erschreckend, wie wenig Motive David Ayer in seiner Fantasiewelt entdeckt. Gänge, die in Düsternis ersticken: Wären da nicht marginale Lichtquellen, wie etwa eine Taschenlampe, die hoffnungslos gegen das Schwarz der Nacht antritt, würde Bright wohl komplett in einem undefinierbaren Einheitsbrei untergehen, der sich am ehesten mit der Trostlosigkeit von schwarzem Teer auf der Straße vergleichen lässt. So durchgeknallt sich Bright präsentiert, am Ende entblößt sich der Film als müde, lustlose Angelegenheit, der die Sehnsucht nach Netflix-Originalen wie Okja, The Meyerowitz Stories und First They Killed My Father weckt.
Feuerrot erstrahlte der Schriftzug von Star Wars: The Last Jedi, als Anfang des Jahres der Titel der achten Episode des vor vier Dekaden von George Lucas geschaffenen Weltraummärchens verkündet wurde. Ein ungewohnter Blick auf die allzu vertraute Reihe an Sternenkriegsabenteuern, glänzen an dieser Stelle für gewöhnlich gelbe Lettern, die wie Sterne strahlend die Dunkelheit des Weltraums durchbrechen und für den Hoffnungsschimmer am Horizont sorgen. „As long as there’s light, we’ve got a chance“, verkündete zuletzt Resistance-Pilot Poe Dameron (Oscar Isaac), als die First Order in Star Wars: The Force Awakens im Begriff war, die letzten Überbleibsel der Rebellen-Allianz zu vernichten. Auch nach der verheerenden Niederlage von Anthologie-Ableger Rogue One: A Star Wars Story war die Hoffnung der letzte Schlussgedanke, ehe sich die Leinwand der Dunkelheit des Abspanns beugte. In Star Wars: The Last Jedi dominiert jedoch das Rot, ein gewaltiges Rot, das sich durch Trailer, Poster und Bilder zieht und im fertigen Film im wahrsten Sinne des Wortes für eine Erschütterung der Macht verantwortlich ist. [...]
[...] Ben Ripleys Drehbuch folgt einer gemächlichen Formelhaftigkeit, die entweder die spannenden Aspekte der Nahtoderfahrungen hartnäckig ignoriert oder sich überhaupt nicht im Bilde ist, welch transzendente Geschichte mit Flatliners erzählt werden könnte. Das philosophische Gedankengut verkommt im Operationssaal, während sich der Film heimlich eine Parabel über gesellschaftlichen Druck und die Fehler der Menschen erzählen will. Auf gewisse Weise ist es Kiefer Sutherland selbst, der die nächste Generation an Flatlinern ins Verderben stürzt. Als alteingesessener Dr. Barry Wolfson zehrt er nicht von der Weisheit des Alters, sondern entblößt sich als Terror-Mentor, der seine Student_innen zu Höchstleistungen zwingt, da sie ansonsten dem ewigen Konkurrenzkampf nicht standhalten können. Kaum ist das dramatische Potential der Problematik ausgesprochen, lehnt sich Niels Arden Oplev entspannt zurück und überlässt den Rest der glühenden Ästhetik hässlicher Serien-Intros.
Aus Cannes kam dieses Jahr keine leichte Kost, sondern unangenehme Dramen wie etwa Michael Hanekes Happy End und Ruben Östlunds The Square. Während der österreichische Regisseur routiniert eine Familie durch den moralischen Fleischwolf drehte, legte sein schwedischer Kollege mit einer noch bissigeren Gesellschaftssatire nach. Vermutlich hatte aber keiner er beiden damit gerechnet, im gleichen Jahr mit The Killing of a Sacred Deer zu laufen, dem neuen Film von Giorgos Lanthimos, der zuletzt mit The Lobster eine eigenwillige Meditation über das Leben, den Tod und die Liebe abgeliefert hat. Inspiriert durch die Tragödie Iphigenie in Aulis des griechischen Dramatikers Euripides inszenierte Giorgos Lanthimos nun ein kaltes Werk, das seine Figuren in sterile Ecke drängt und trotzdem verlangt, dass sie sich ihre Hände schmutzig machen. [...]
[...] Das ewige Aufwiegen von Gegenteilen verkommt derweil zur ermüdenden Disziplin, da die meiste Zeit investiert wird, um altbekannte und direkt aus dem Vorgänger übernommene Nummern mit neuer Figurenkonstellation zu spiegeln. Nicht einmal der motivierte Cast, er sich für keine Blödelei zu gut ist, kann schlussendlich verhindern, dass Daddy’s Home 2 keine begrüßenswerten Entscheidungen trifft, sondern sich blindlings auf sein eintöniges Konzept verlässt und dabei so gleichgültig über die Leinwand flimmert, dass trotz ausgestellter Feierlichkeiten nicht einmal die kolportierte Weihnachtsstimmung aufkommt.
„Life is what happens while you are busy making other plans.“ So das Zitat eines nicht ganz unbekannten Musikers, das als Texttafel zu Beginn von Whatever Happens erscheint. Der kurz darauf eingeblendete Titel unterstreicht die Einstellung des Films, der eine Geschichte des Lebens erzählen will und sich dafür exemplarisch eine junge Familie herausgesucht hat, die gleichermaßen in einem Zustand des Entstehens wie des Zerbrechens befindet. Als Hannah (Sylvia Hoeks) bei einer Wohnungsbesichtigung zum ersten Mal auf Julian (Fahri Yardım) trifft, ahnt keiner der beiden, dass sie sieben Jahre später diese am Silvesterabend neu streichen müssen, während gleichzeitig der Vermieter Druck macht und der Polterabend der besten Freunde stattfindet. Fast wie in einem Theaterstück baut sich Whatever Happens in räumlicher Knappheit auf und entwirft ein Problem nach dem anderen, was anfangs ein befremdendes Gefühl von Konstruktion hervorruft. Erst im Lauf der Zeit, wenn sich die einzelnen Puzzleteile zusammenfügen, verdient sich der von Niels Lauert geschriebene und inszenierte Film seine Wendungen. [...]
[...] Fatih Akin investiert sehr viel Zeit, um die Situation aus allen Blickwinkeln möglicher Argumentationen zu beleuchten. Besonders Haberbeck (Johannes Krich), der Verteidiger des Neonazi-Pärchens, provoziert dabei in seiner dreisten Gelassenheit die Eskalation der Ereignisse. In einem System, das Regeln unterlegen ist, weiß er genau, welche Knöpfe er drücken muss, um maximal unfassbare Behauptungen auszusprechen und dennoch von der Staatsanwaltschaft Zuspruch zu erhalten. Dann passiert es und Aus dem Nichts stürzt sich begierig auf jenen Moment, an dem Katja nach all der mühsamen Disziplin die Beherrschung verliert und von ihren Emotionen überwältigt ist. Infolgedessen lässt sich auch Fatih Akin vom angestauten Frust mitreißen und entgleist mit seiner Inszenierung in eine unangenehme wie bizarre Rachefantasie. [...]
[...] Kumail soll verheiratet werden. Die arrangierte Ehe mit einer pakistanischen Frau genießt neben dem Islam die oberste Priorität in seinem Elternhaus. Was folgt, ist eine unangenehm inszenierte Begegnung nach der anderen – ganz im Gegensatz zum Ablauf der Ereignisse von The Big Sick. Nach einem Drehbuch von Emily V. Gordon und Hauptdarsteller Kumail Nanjiani, das auf der eigenen, gemeinsamen Geschichte der beiden Autoren basiert, schafft Regisseur Michael Showalter einen Film, der federleicht auf dem schmalen Grat zwischen sorglosem Feel-Good-Movie und ernstem Drama balanciert und dabei im Gegensatz zu sämtlichen Bemühungen von Kumails Mutter alles andere als gewollt und erzwungen wirkt. Selten waren die Figuren und ihre Beziehungen in einer romantischen Tragikomödien so greifbar wie in The Big Sick. Alles wirkt echt, obwohl sich niemand darum bemüht. [...]
Superman ist tot. Umringt von Batman, Wonder Woman und Lois Lane lag er zuletzt in den Trümmern des Weltuntergangs, ehe eine Montage der Trauer den gottgleichen Superhelden zu Grabe trug. Unvergessen sind die letzten Minuten aus Batman v Superman: Dawn of Justice, die sich kühn aus dem Fenster lehnten und ein Cinematic Universe in ihren Grundfesten erschütterten, obgleich dieses erst im Begriff des Entstehens war. Zack Snyders umstrittene Interpretation der Figuren hinterließ eine Schneise der Zerstörung, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne, die sich nun ebenfalls wie ein roter Faden durch den Nachfolger Justice League zieht. Während der dunkle Ritter die titelgebende Gruppe um sich scharrt, verarbeitet die Welt den Verlust einer Ikone, die all der Vernichtung zum Trotz als Symbol der Hoffnung über den Trümmern schwebte. Ausgerechnet zu dieser düsteren Stunde kündigt sich am feurigen Horizont ein weiterer Weltuntergang an – groß in seinem Motiven, ungehalten in der Vision. Das erste Klassentreffen im DC-Universum vermag seine einzelnen Bestandteile dennoch kaum zu einer Einheit zu verbinden. [...]
Elisa (Sally Hawkins) wohnt über einem Kino. Durch die Decke kann sie die Stimmen der Schauspielerinnen und Schauspieler vernehmen, die dort in großen Epen im glanzvollen Licht des ratternden Projektors erstrahlen. Von nebenan, aus der Wohnung ihres besten und Freundes Giles (Richard Jenkins), ertönt sogar die Stimme eines sprechenden Pferdes, das vom grausigen Geschehen der echten Welt ablenkt und im Fernsehen von einem schwarz-weißen Paradies erzählt. Nur ihre eigene Stimme – die versagt. Elisa ist stumm, kann nicht sprechen und gerät somit zur aussenstehenden Beobachterin, während vor ihren Augen unglaubliche Dinge passieren. Anfang der 1960er Jahre bezeugt sie nicht nur den Höhepunkt des Kalten Kriegs am eigenen Leib, sondern auch im Zuge ihrer Arbeit kommt sie mit den außergewöhnlichen Fantasien jener Zeit in Kontakt, die vom roten Telefon über unterirdische Geheimanlagen bis hin zu mysteriösen Kreaturen reichen. [...]
[...] Ausschlaggebend dafür ist der Schmerz einer zerbrochenen Liebe, die selbst Jahrzehnte später noch für Trubel und so manche Entdeckungen sorgt. Coco erzählt einfühlsam von Erinnerungen, Verlust und Trauer - und das stets auf einer subtilen Ebene, die erst nach und nach ihre gesamte Größe entfaltet und somit wirkungsvoll zum Tragen kommt. Dass der Rahmen des Films für Pixar-Verhältnisse recht konventionell ausfällt, ist angesichts des Umgangs mit den angesprochenen Themen schnell vergessen. Coco verzaubert mit aufmerksamen Blicken, die in Emotionen weit mehr sehen, als die Möglichkeit, den Verbrauch von Taschentüchern zu steigern. Regisseur Lee Unkrich und sein Kreativteam interessieren sich dafür, was sich unter der Oberfläche befindet - und das ist eine ganze Menge an aufwühlenden Ereignissen. [...]
„What is it you like about this house so much?“, fragt M (Rooney Mara) ihren Mann C (Casey Affleck), während die Kamera im 4:3-Format wie ein alter Super 8-Film den Innenraum der Wohnung in Betracht nimmt, in der sich ein Großteil von A Ghost Story abspielt. „History“, lautet die schlichte Antwort in dem Film, der sich vorzugsweise im Schweigen und im Beobachten übt. Geschichte ist es, die verbindet. Auch M und C verbindet eine Geschichte, so fragmentarisch die Einblicke auch bleiben, die uns Regisseur und Drehbuchautor David Lowery in das gemeinsame Leben der Figuren gewährt. Schon bald sitzt M alleine in ebenjener Wohnung, die sich nicht ausstehen kann, stopft Kuchen in sich und versucht, über den Schmerz des Verlusts von C hinwegzukommen. Was folgt, ist eine intime Meditation über Existenz und Trauer, gepaart mit dem Wunsch, dass etwas bleibt. [...]