der cineast - Kommentare

Alle Kommentare von der cineast

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    der cineast 28.04.2023, 19:46 Geändert 05.05.2023, 01:28

    Wie der Startbildschirm eines Mario-Spiels, ohne, dass man das Spielen begonnen hätte.

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      der cineast 28.04.2023, 04:19 Geändert 28.04.2023, 05:00

      Der Gendarm von St. Tropez - oder eben Südkorea - ermittelt hasenfüßig, slapstickartig und ausgestellt klamaukig in einer pikanten Besessenen-Affäre rund um ein verschlafenes Dorf. Ein Film, der in seiner blödelnden Durchgeknalltheit gehörig die Schrauben locker hat, aber wie der Nebel in den Bergketten auch mal gehörig durchhängt. Umso mehr verwundert ein wahrlich einnehmender Schlussakt, der von Könnerschaft zeugt und eine von Spannung und Erwartung geschwängerte Intensität heraufbeschwört, die das übergeschnappte Gestolpere und Gekreische in Überlänge zuvor nicht hätten vermuten lassen; ein bewusst unverfroren bedepperter Schamanen-Stuss - mit einem gespenstischen Ende versehen.

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        der cineast 25.04.2023, 23:39 Geändert 27.04.2023, 03:10

        Ein Regisseur, der das Gefühl eines alles verändernden Sommers so präzise, detailreich und romantisch beschreiben kann, muss ein großer Filmemacher sein; die Zaghaftigkeit eines verstohlenen Sommerwindes, der klebrige Geruch von Mückenspray, die unendliche Kostbarkeit neuer Bekanntschaften und flüchtiger Begegnungen, das verlegene Glühen von verliebten Wangen, alles ist in einem sanften und doch alles erschütternden Beben. Ein Film für Menschen, die sterben, wenn sie lieben. Unter einem roten Himmel.

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          der cineast 22.04.2023, 20:19 Geändert 28.04.2023, 04:36

          Ein mit rabiaten Geldmengen versorgter Super-Blockbuster, der mit der legendären Kranwagenverfolgungsjagd eines der beeindruckendsten Action-Set-Pieces der Neuzeit im Gepäck hat und auch sonst nicht mit schwergewichtigen Schauwerten geizt; das ikonische Momentum in dieser endlosen Sause hat aber Kristanna Loken in ihrem weinroten Fetischfit, der beim Lecken von John Connors Blut vor Lust die Augen wegdrehen und die sich bei einer zünftigen WC-Prügelei mit Arnie kurzeitig im Spiegel abcheckt; Mostow führt die Abstraktionen der Maschine keck und hintersinnig fort und lässt den Film in der zweiten Hälfte sogar von einem Sommerblockbuster der Sensationen in einen pessimistischen und grimmigen Sci-Fi-Thriller kippen; ein phänomenaler Film.

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            der cineast 12.04.2023, 04:41 Geändert 12.04.2023, 04:51

            Die fünfzehnminütige Eröffnung ist inszenatorische Primetime im Geiste des Originals; in reichen, kontrastreichen Farben und von überlegter und sicherer Hand geführt, wird eine tödlich eskalierende Achterbahnfahrt auf einem strahlenden Rummel in tiefster Nacht vorbereitet, die in den digital getricksten Abschnitten sicherlich nicht perfekt geraten ist, aber in dieser Budgetklasse - gerade in den praktischen Teilen - schwindelig machende und formidable Katastrophenaction verheißt; James Wongs Regierückkehr verspricht eine Synthese aus der düsteren und verträumten Anmut des ersten Teils und den actionreichen Eventkaskaden des zweiten Teils, die einzig und allein im Mittelteil ein wenig durchhängt.

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              der cineast 11.04.2023, 04:23 Geändert 11.04.2023, 18:58

              Das Sequel zu FINAL DESTINATION stellt die Schauwerte weitaus mehr heraus als der Überraschungshit von 2000 und versucht durch diese besondere Betonung einen filmischen Kern von Spektakel und Event zu formen, mit dem sich die Reihe gut fortführen lässt, findet dabei aber noch nicht ganz die richtige Tonlage; eingeleitet von einem für die Reihe sicherlich legendären und großartigen Highway-Crash als Opener, versucht der Film danach eine richtige Mischung aus den kunstvollen Tötungsszenarien des Erstlings und neuen krachenden Sensationen zu finden; dabei trifft FINAL DESTINATION 2 aber bei weitem nicht die verglaste Schönheit und den düsteren, hundsgemeinen und einfallsreichen Rhythmus des Vorgängers und wirkt etwas hilflos bei dem Versuch eine Geschichte weiterzuerzählen, sich aber gleichzeitig auch wirkungsvoll zu positionieren.

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                der cineast 10.04.2023, 23:52 Geändert 11.04.2023, 19:18

                Alle Figuren, die dem Tod eines Flugzeugabsturzes entkommen sind, wandeln leichenblass, schwermütig, irgendwo unsympathisch und ziemlich unzugänglich durch einen Film, der sich dem garstigen Zelebrieren von Tötungsszenen verschrieben hat und diese zuweilen als virtuose und begnadet montierte Set-Pieces inszeniert; eine tricktechnische Offenbarung ist nicht nur ein ohrenbetäubender und knalliger Flugzeugabsturz am Anfang, sondern auch ein wildgewordenes Stromkabel (!), das in seiner unermüdlichen Mordlust im Finale fast so etwas wie einen morbiden Charakter entwickelt und alles in einen Funkenflug schlägt, der einer Augenweide gleichkommt, nicht nur das Finale ist ein optischer Palast.

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                  der cineast 05.04.2023, 01:26 Geändert 08.04.2023, 20:08

                  In seiner labyrinthischen Struktur, aus hyperrealistischem Höhlenhorror und geisterbahnartiger Jahrmarktsattraktion, dessen inszenatorisches Desorientierungsgewirr - aus Entsetzensschrei und deftiger Gewalteskalation in blanker Dunkelheit zusammengesetzt - nur von den prächtigen Farben des schimmernden Leuchtfeuers aufgelöst werden kann, nahezu beispiellos. Ein Film an dem sich bis heute jeder Horrorfilm misst, der seine Figuren in eine klaustrophobische Extremsituation bringt; erst weit unter der Erde können wir uns dem Schrecken stellen, der gut geschützt tief unter unserer Haut verborgen geblieben ist; eine grün-rot flammende Katharsis.

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                    der cineast 03.04.2023, 19:15 Geändert 03.04.2023, 19:17

                    Dem Regisseur Frank Oz geht man hier ganz schön auf den Leim; erst wundert man sich, warum THE SCORE so ereignislos und langwierig erzählt ist, der Film wirkt wie aus einer anderen Zeit, das Heistmotiv hat etwas Langbärtiges und der Film mäandert, hier hat jemand Zeit. Im Zuge der hervorragenden letzten halben Stunde, die exzellentes Spannungskino bereithält, erklären sich aber auch die vorangegangenen zwei Drittel Ruhepuls; Oz spielt eine - locker aus dem Ärmel geschüttelte - Easy-Listening-Platte ab, um seinen fesselnden Schluss vorzubereiten; eine gewitzte Fingerübung.

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                      der cineast 31.03.2023, 21:06 Geändert 31.03.2023, 21:08

                      Kein gänzlich herzlos wegproduzierter Fantasybudenzauber, sondern ein - in seinen Effektsequenzen - ziemlich fantasiereich bebilderter und aufwendiger Heistfilm aus dem Hause Paramount, der die spielerischeren Aspekte einer Gameadaption erfrischend trickreich betont und ausstellt. Der Film hat Freude am Fantastischen und will blumiger Eskapismus sein. Dem entgegen steht eine zu große Welt, die alles und nichts beherbergt, eine zu ausladende Lauflänge, die aber keiner Figur genügen kann, zu viel nerdige Reddit-Ironie, für den bescheidwissenden Ellenbogenstoß in die Seite und eine zu diffuse Bedrohung, die es nicht schafft die Welt - nicht nur als digitalen Trick - auch mal auf den Kopf zu stellen.

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                        der cineast 29.03.2023, 02:51 Geändert 08.04.2023, 20:11
                        über Jumanji

                        Die Kindheit ist nichts Unbeflecktes, Behütetes, Unschuldiges. Alan Parrishs herrischer Vater will ihn auf ein Internat schicken, in seine Fußstapfen zwingen. Vor der Fabrik seines erfolgreichen Vaters wird Alan von Jugendlichen drangsaliert, Blut rinnt an seiner Nase hinab, nachdem er von ihnen verprügelt wird, da hört er das Pochen und Klopfen eines Spiels in der von Wurzeln durchzogenen, freigelegten Erde einer Baustelle. Die Baustelle der nahenden Pubertät und des Erwachsenwerdens hat den Boden offengelegt und den Kern freigegeben, sie ruft nach ihm; eine Erd- und Blutkruste gleichermaßen sozusagen. Doch nicht das unglückliche Kindsein ist des Schreckens Höhepunkt, aus dem es sich - ganz fantastischer Kinderfilm - übersinnlich zu befreien gilt, sondern es ist das brandgefährliche, eigensinnige und tödliche Brettspiel, das fantastische Element, dass die Hölle erst richtig entfacht. Es ist dann eben nicht so, dass die junge Identifikationsfigur, der Schlechtes widerfährt, einen zauberhaften Gegenstand findet, der sie rettet oder beschützt, sondern hier wird sie von dem verschlungen, was eigentlich positiven Eskapismus verheißt. Die Drastik dieses Verschlingens kann es locker mit dem Fall von Bastian Balthasar Bux in die Unendliche Geschichte aufnehmen. Denn die erste halbe Stunde von JUMANJI ist wohl einer der beängstigendsten und gruseligsten Anfänge, die ein Kinder- und Jugendfilm nur haben kann. Hat man diesen fantastisch inszenierten, von James Horner brillant vertonten, Beginn erst einmal überstanden, trifft man durch einen Zeitsprung auf einen merklich gealterten und verwirrten Alan Perrish, der Jahrzehnte im Brettspiel verbracht hat und der von Robin Williams als liebevoll-tapsige Version eines kindlichen Erwachsenen verkörpert wird; das geprügelte Kind ist nun ein Mann mit Bart, ohne Eltern, traumatisiert und noch geschlagener als zuvor. So wie die Spielfiguren am Brett kleben, so klebt Perrish noch an seinen Ängsten, jedes Mal wieder muss sich an das Brett gesetzt werden, jedes Mal wieder ein Kampf mit der imaginierten Stärke von irrationaler Furcht; exekutiert durch eine frisch und lebendig gespielte, rasant bebilderte und hochgefühlvolle Achterbahnfahrt ohne Halt, aus hydraulischen Attraktionen gebaut und mit betont künstlichen und deswegen faszinierend merkwürdigen digitalen Effekten versehen. Der Sog ist einfach zu stark. Die Würfel sind gefallen. Das Märchen obsiegt. Jumanji.

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                          der cineast 25.03.2023, 03:33 Geändert 25.03.2023, 03:43

                          Die erste Hälfte ist berückendes Kaugummi für die Augen; üppige Farbwelten, aber auch mal diesige Nebelschwaden in absaufenden Hintergründen. Worldhopping und Sightseeing in alter und hübscher Kinotradition. Die Action ist immer noch nicht gut; ein alter Mann mit fettigen Strähnen strauchelt, humpelt und quält sich mit schweren Knochen durch drucklose Gun-Gefechte, die ohne Einschusslöcher daherkommen und mit digitalem Blut leben müssen - in immergleicher Puff-Peng-Tot-Manier; in One-Take-Totalen gedreht und ohne kinetische Schnitte, Details und Tempowechsel. Und geile Stunts. Die neonfarbenen, mit perlenden Wassermassen, akzentuierten Bilderwelten der ersten Hälfte gehen mit dieser stocksteifen und ärmlichen Stagechoreographie der Action aber immerhin noch eine merkwürdige Form der hypnotischen Symbiose ein; traumähnlich ziehen sie an einem vorüber. Dann aber verlässt John Wick diesen mondsüchtigen Pfad und will auf die adrenalingetriebene Rambazamba-Zielgrade: Am Arc de Triomphe fährt Wick dann mit seinem Auto Scooter wie auf der Kirmes; saudigital, schief gedreht und völlig budgetarm. Ein Finale auf einer Treppe (!!) soll das dann aber noch toppen; purzelnde Zeitlupenfighter trudeln und rollen die Stufen hinab und erinnern eher an eine filmische Seitengasse aus dem rumänischen Bukarest-Oeuvre eines Steven Seagal. Ein dickes Hopsala von hundert Millionen Dollar.

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                            Bitte kein Movie-Meta-Franchise-Requel-Sequel-Geschwurbel mehr, sonst geben sich selbst Nerds die Kugel! Sogar der Killer im nicht übel geschriebenen, aber nicht wirklich gut inszenierten Opener sagt folgerichtig: who cares about movies? Endlich! Also stick to the plan und schmeißt doch endlich mal alles raus und über Bord, auch Gale Weathers, wenn euch so gar nichts mehr zu ihr einfällt! Ansonsten eine große Entwarnung: Der Film ist viel besser als der grausame 5. Teil, hat viel mehr Druck und versucht sich auch mal wieder an einem vernünftigen Set-Piece; die knallharte WG-Attacke von Ghostface ist ein drastisches Fest der langen Messer und eine Halloween-Bahnfahrt wird fast zu sinnlichem Suspense. Ein furchtbar albernes Finish ist dann die Parodie von einer Parodie, aber schon beachtlich schräg und doof, dass es fast Freude macht. Altlasten beschweren den Genuss, frische Ideen sind ungenügend inszeniert, aber manchmal knallt es dann doch noch ganz hübsch; ich habe ihn fast ein bisschen gerne gehabt.

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                              Irgendetwas Freies und Wagemutiges findet sich in dieser grellen und simpel gestrickten Haudrauf-Satire, die von den Doofen super clever gefunden wird und von den noch Dooferen super doof; der Film ist in seiner drallen und frivolen Einfachheit ein köstlicher Spaltpilz, der die Rezipienten in jene Lager splittet, die auch der Film politisch um seinen Kometeneinschlag herum aufbaut. Der Humor oszilliert zwischen super lustig und hartem Cringe und die Performances verhalten sich ähnlich; Blanchett ist nur Gesicht, Leo hingegen legt wieder alles auf das Parkett, was er hat, eine Wahnsinnsparade; irgendwo steckt da ein ganz aufrichtiger Film drin, abseits der Satire, weit weg von allem Lauten, in den letzten Freezeframes der Hauptfiguren zum Beispiel, da wird der Schrecken ziemlich wahr und der Film zu wunderschönem Kintopp, zu einem richtigen Event eben.

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                                THE FABELMANS hat nichts Nostalgisches, nichts Verklärendes, nichts Seichtes. Spielbergs Kino ist hier ein faszinierender Bewältigungsapparat, ein Apparat, der Wahrheit formen, erzeugen und verschwinden lassen kann, nicht selten verschließt selbst Spielbergs Alter Ego Sam die Augen vor der Leinwand, denn filmisches Erleben bedeutet, so klar war Spielberg selten, auch Schmerz. Und gerade in dieser Auseinandersetzung mit dem Schmerz, der im Bild liegt, steckt diesmal die filmische Magie; Spielberg verschließt die Augen nicht, weil seine Figuren die Augen verschließen. Das Kino ist eine wirkungsmächtige Hoheit von Deutung, vor dessen Kraft der junge Spielberg zurückschreckt, sich ihrer aber auch bedient. Und das ist erstaunlich, denn Spielbergs vermeintlich harmlose und privilegierte Kindheit ist durchzogen von ödipalen Erweckungserlebnissen, antisemitischen Attacken, einer Erkenntnis vom Kino als Droge und (Re)Konstruktion vom familiären Leben und Leiden. Zum Beispiel, wenn Sam für seinen Vater einen Campingausflug als Familienfilm für die Mutter anfertigen soll, der, was der Vater nicht weiß, aber ahnt, seine Mutter in einem Liebesverhältnis zum besten Freund der Familie zeigt, dann ist Film für den Vater ein Illusionsinstrument und für Spielberg, den Kinomagier und eigentlichen Illusionisten, ein Stück schmerzhaftes Zelluloid. Umso mehr rührt schlussendlich, dass es die Eltern dennoch schaffen, ihren Sohn auf den Weg von egoistischer Selbsterfüllung zu schicken, die in einer meisterhaften Schlussszene auf den Punkt gebracht wird: Junge, geh raus in die Welt und verpiss dich!

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                                  der cineast 14.03.2023, 15:55 Geändert 15.03.2023, 03:15

                                  Für Bondfans gibt es SKYFALL in der Netflix-Lightvariation; ein alberner Superserienkiller mit Riesentoupet, mit dem Geld und technischen Know-How eines klassischen Bondbösewichts, terrorisiert England und fordert DCI Luther heraus, der sich mit ihm ein Laufduell im Londoner Underground liefert. Der Showdown findet dann im ewigen Eis statt, wo eine verlassene Schneevilla dem Böswatz als Unterschlupf dient. Nicht nur ein finales Duell, auf einem zugefrorenen See, erinnert erstaunlich stark an die letzten Criag-Adventures. Die Kohle reicht aber nicht für ein dickes Actionpackage, dafür gibt es aber reichlich treibenden Blödsinn zu bestaunen und der Film gibt wirklich eine vortreffliche Ahnung davon, wie Bond mit Elba hätte sein können. Banaler Fernseh-Unfug ist das, der aber ständig versucht am Rad zu drehen und dabei nie zum Stehen kommt.

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                                    Dem wahrlich herzzerreißenden Ende der tollen und unbestreitbar besten dritten Staffel von STRANGER THINGS folgt eine zum großen Fantasy-Blockbuster-Popanz aufgeblasene vierte Staffel, die mit grotesker Episodenüberlänge, unnötig dickpinseligen Rückblenden, ausgewalzten Handlungssträngen und zum großen Teil auserzählten Figuren kämpfen muss; in seinen schlimmsten Passagen erinnert STRANGER THINGS SEASON 4 an das Superheldenkino von Marvel, in seinen gelungensten vielleicht an einen Freddy-Krueger-Film. Alles in allem ist die aufgebauschte Plot- und Erzählwut völlig überflüssig: Ein einnehmendes Finale vereint schlussendlich wieder Gefühl und Spektakel und weiß an alte und stärkere Zeiten anzuknüpfen; vielleicht ist die Serie doch noch nicht ganz verloren.

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                                      der cineast 08.03.2023, 00:03 Geändert 08.03.2023, 00:07

                                      Es ist so, als würde Captain Willard nicht durch Vietnam, sondern die verlassenen Sümpfe Amerikas schreiten, durch Sümpfe der Traurigkeit, Sümpfe, die so tief sind, dass jede Form von Wirklichkeit bereits in blubbernden und stinkenden Blasen zerplatzt ist; erst erlebt Willard den Krieg als ein wahnsinniges Spektakel, als eine Freizeitparkattraktion, die sich auch als solche zu erkennen gibt, in einem ohrenbetäubenden und virtuosen Set-Piece, das von Wagners Walkürenritt eingeleitet wird, dann als eine schon mehr ins Dunkle gerückte Las-Vegas-Show, in der Playboy-Bunnies nicht mal mehr dazu kommen ihren erotischen Tanz zu vollführen, als eine letzte Lichtquelle vor der Hölle, um dann am Ende in einem amerikanischen Fiebertraum der Verrotteten und Ausgestoßenen zu landen. Der Brillanz der ersten zwei Stunden kann dieses experimentelle und unzugängliche Finale nicht mehr genügen, aber als konzeptioneller Schlusspunkt schieren Wahns ist er dennoch folgerichtig und gelungen.

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                                        der cineast 06.03.2023, 20:15 Geändert 06.03.2023, 20:15
                                        über Tár

                                        Aufhören mit dem Gedudel! Heftiger Bildungsbürgerfusel in brutaler Überlänge, der zu schlimmstem Schauspielcringe einlädt; Blanchett und dem Film fehlt der Mut zu graziösem Camp und so mündet die äußerst äußerliche Performance von Blanchett - an die sich der gesamte Film heftet - stets in penetrantem und peinlichem Oscar-Gezappel, das als großes und vor allem seriöses Schauspiel verstanden werden will, aber dabei nur ganz wenige Töne trifft. Ansonsten setzt der Film stilistisch auf die im Arthouse-Blockbuster üblichen drastischen Atmo-Cuts und auf eine Kamera, die, wenn es mal mystisch und von Bedeutung sein soll direkt an den Decken von langen Tunneln klebt. Eine richtig alte Omma neben mir, die schon recht früh eingeschlafen war, fing irgendwann an zu schnarchen und eine andere nicht minder alte Omma vor mir, die dauernd versuchte ihr Handy zu entsperren, fusselte dann als es geklappt hatte, an ihrem strahlend hell erleuchteten Phone herum. Ein Lichtblick. Der Film hatte es verdient.

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                                          der cineast 03.03.2023, 02:17 Geändert 03.03.2023, 02:33

                                          Edler und saftiger Super-Schlock aus der Traumfabrik, der von einer grandios inszenierten und angespannten Suspense-Sexszene zu einem waschechten Mystery-Thriller wechselt, um dann wieder zum Hollywood-Feelgood-Movie zu werden, dabei aber nie seine angeschrägt wirkenden und galligen Perspektiven vernachlässigt, die von vulgär bis klug alle Gedanken gleichermaßen berücksichtigen und zulassen, weil der Film stets in alle Richtungen auszuschlagen scheint und dabei eine ungehörige Freude entwickelt. Beobachtungen, die diesen Film immer wieder zu einem vollen Blumenstrauß filmischen Könnens machen; vor allem aber ist es ein Genuss zu hören, wie Ennio Morricone versucht den häufigen Genrewechseln des Films musikalisch beizukommen.

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                                            Der gut ausgestattete Pinewood-Studios-Zweiteiler neigt zu einer recht schamlosen Form der Geschwätzigkeit und zu einer mitunter gemütlichen Betulichkeit, die wohl an einer stolzen Länge von über drei Stunden liegen mag; entschuldigt werden einige Längen aber von einem spannenden und emotionalen Finale, das Michael Caine in Hochform zeigt und einen historisch ungelösten Fall befriedigend-unbefriedigend zu lösen weiß.

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                                              Furioses Fernsehspiel des hessischen Rundfunks nach Agatha Christie, das von Kurt Früh als lebendige, wenngleich auch gefährliche Liebesromanze mit einem Serienkiller erzählt wird und dabei Akzente von Morbidität und Unbehagen setzt, sich aber erst im grandiosen Schlussakt als absoluter Kampf ums Überleben entpuppt; das finale Psychoduell von Heinz Bennent und Gertrud Kückelmann muss sich vor keinem Hitchcock dieser Welt verstecken. Großes Tennis.

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                                                Der purpurne Flunsch-Kopp Thanos war ein schlichter, höchsthässlich getrickster und prolliger Ökofaschist, der in der Ausrottung der Hälfte aller Wesen irgendein Gleichgewicht wiederherstellen wollte, der Space-King Kang hingegen ist eine Art destruktiver Nihilist, der die Zeit und das Sein verneint; dem gut gespielten, aber schlecht geführten Jonathan Majors als Kang kann Ant-Man intellektuell deswegen auch nichts entgegensetzen, so wie der Film auch nicht im Stande ist, sich mit ihm auseinanderzusetzen, weswegen am Ende wieder nur die Fäuste fliegen und sich auch der Film aufgibt - in ein planloses CGI-Gekrabbel und x-mal gesehenes Schlachtengetümmel. Davor aber ist ANT-MAN 3 freundliches, sogar lustiges und ziemlich unbeschwertes Sci-Fi-Kino, das sich direkt ins Quantenreich begibt. Wie aus ein anderen Zeit, recht bunt und ziemlich fröhlich, mit einem Hauch STAR TREK und einer Prise STAR WARS. Nach THOR 4 ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

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                                                  der cineast 16.02.2023, 03:41 Geändert 16.02.2023, 04:23

                                                  Die ersten 6 Minuten dieses High-Concept-Krimi-Kammerspiels sind von Kameramann und Oscarpreisträger Sven Nykvist aus der Ego-Perspektive des Serienmörders geschildert. Immer wieder greift Regisseur Helmut Ashley zu diesem Stilmittel, denn die erstaunlich moderne Fotografie sorgt dafür, dass MÖRDERSPIEL nicht einen Millimeter Staub angesetzt hat und ungemein frisch wirkt; 75 Minuten sind wir in der Gedankenwelt eines Frauenkillers - hören sogar seine Gedanken (!) - der versucht seinen letzten Mord auf einer Party zu vertuschen und sich des lästigen Zeugen, gespielt von Götz George, zu entledigen, der ihn auffliegen lassen könnte. Ein hochkonzentriertes Kriminalstück, das eigentlich das Zeug zum Klassiker hätte.

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                                                    der cineast 13.02.2023, 16:44 Geändert 13.02.2023, 16:45

                                                    Die routinierte Regie von Frank Tashlin setzt den Schwerpunkt fast ausschließlich auf Komik und so bekommt man leider so gar nichts mehr mit von Agatha Christies Kriminalgeschichte, die dank dem Tohuwabohu skurrilen Slapsticks ständig ausgebremst wird und nie wirklich zur Geltung kommt; der Running Gag, im wahrsten Sinne des Wortes, der sich um den Versuch des Einfangens von Hercule Poirot seitens der Polizei dreht, wird bis zur Schmerzgrenze ausgereizt, da können gelungene Anflüge von Surrealität und ein - das Publikum begrüßender und die vierte Wand durchbrechender - Tony Randall auch nicht mehr viel retten.

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