Dergestalt - Kommentare
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Alle Kommentare von Dergestalt
Sag mal, wo kommt die denn her?
Für alle, die gerne einen vertieften Einblick in den neuen Bond haben wollen, empfehle ich diesen Artikel in meinem liebsten Hipsterblog:
http://blogs.taz.de/popblog/2015/10/27/james-bond-007-spectre-regie-sam-mendes/
Der Autor erörtert den neuen Bond dort als "Meta-Bond" und nimmt ihn präzise auseinander. Sehr lesenswert.
Bis auf den Blutknorpel poliertes Oberflächenkino mit Mut zum narrativen Totalaus. Heißt also: Sehr empfehlenswert!
1. Only God Forgives
2. Drive
3. Walhalla Rising
4. Pusher
Lost in Adaption.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #13]
So klein und konzentriert "A Walks Home Alone At Night" wirkt, so ausfallend war das Pressecho auf diesen Film. Und natürlich, nicht unberechtigt. Schließlich ist ein iranisch-amerikanischer Genrefilm zu Recht eine Überraschung auf jeden Filmfest. Und wenn er dann auch noch feministisch ist, die typischen Genrekonstellationen umdreht, am Ende weniger Horror als unkategorisierbarer Kunstfilm bleibt, muss das doch etwas bedeuten! Und ja, Ana Lily Amirpours Debüt ist definitiv ein besonderer, sehenswerter Film, wenn in seinem hetereogenen Aufbau auch kaum mehr als klares Genrewerk zu fassen. Es wundert schließlich nicht, dass der Film neben all dem Lob auch als Hipsterfilm verschrieen ist. Leichtfüßig und selbstbewusst positioniert er sich zwischen allen Stühlen, nutzt die unterschiedlichsten Tonfälle, bleibt am Ende aber ein erstaunlich organischer Film.
Die namenlose und entsprechend schweigsame Protagonistin des Films hält dem Zuschauer ihre wahre Identität nicht lange zurück. Auch geht es dem Film kaum um die Schaffung irgendeines Geheimnisses, irgendeiner (sublimen) Spannung, wie man sie im Horror gemeinhin erwartet. Vielmehr sind die Grundkonstellationen früh bekannt, die möglichen, schrecklichen Geheimnisse schnell beiläufige Normalität, die man auch verhandeln kann. Denn entsprechend dem Hauptmotiv des freien Willens zeigt der Film, dass er sich, entgegen aller patriarchal-fixen Strukturen, als postmodern versteht. Der Vampir erscheint zwar als regelbrechend und, gerade auf sexuell-sozialer Ebene, als gesellschaftlich-subversiv, bedeutet aber keinen Kollaps, sondern vielmehr eine Befreiung. Indem tradierte Werte im Akt des Vampirischen aufgelöst werden, zerfallen, werden sie gleichsam verhandelbar. Der Horror wird hier trotz schmerzvoller Tendenz zum positiven, konstruktiven Moment.
"A Walks Home Alone At Night" ist kein x-Film, sondern bedient sich verschiedener Genres, entspricht darin ganz seiner freiheitlichen Haltung. Er ist insofern tatsächlich feministisch, emanzipatorisch, da er die unverrückbare Bestimmung durch Stand oder Geschlecht im Akt der frei-sexuellen Bemächtigung auflöst. Erst im Zusammenkommen der Liebenden, im Moment der gegenseitig akzeptierten Selbstbestimmung tritt anstelle des Befreiungskampfs die selbstgewählte Hingebung. Der Horror gilt nur für jene, welche die Freiheit nicht kennen, welche diese nur als Schmerz, schließlich Tod spüren können. Der Film dürfte gerade im Iran als leiser, aber schmerzhafter Stich zu verspüren sein. Ein subversives, aber auch herrlich freies Werk. In seinem heterogenen Aufbau und seiner ruhigen Beobachtungslage kein packender, in seiner positiven Haltung aber doch entgegenkommender Film.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #12]
Ti West dürfte jedem gut informierten Horrorfreund ein Begriff sein. Ti West steht für bedächtige, atmosphärische und kluge Horrorfilme, wird allgemein als Heilsbringer des modernen Horrors gesehen. Jeder Filmkenner hasst das heutige Horrorkino selbstverständlich als flaches Effektkino, folglich ist diese Parteinahme nur konsequent.
Als ich "The Innkeepers" gesehen hatte, war ich etwas überrascht. Einerseits in Überstimmung mit all den Ti-West-Fans, da sich der Film wunderbar mit seinen Charakteren befasst, sich viel Zeit für Stimmungsmache nimmt. Andererseits aber auch überrascht, dass er dann doch in konventionelle Buh-Genremechanismen abrutscht und seine sehr eigene Stimmung so nicht mehr beibehalten kann.
"The House of the Devil" ordnet sich nun in dieselbe Problematik zwischen Atmosphäre und Buh-Kino ein, jedoch noch in weit verschärfterem Ausmaß.
Während "The Innkeepers" ein sehr eigener, postmodern lockerer Horrorfilm war, tritt "The House of the Devil" als hochreferentieller Retroflick auf den Plan. Schon die entsättigten Farben, der Soundtrack, die grellgelbe Schriftart der Credits wecken Erinnerungen an Wes Craven und Co., an die Zeit, da sich das Horrorkino noch den Subkulturen, Gesellschaftsentwürfen, purem Lifestyle widmete und all das auch ausladend zelebrierte. Lauter liebevolle Details wie Anmerkungen über eklige Pizza oder der lässige Tanz im bösen Teufelshaus runden dieses Filmerlebnis, das wie aus der Zeit gefallen wirkt, ab. Ebenso oldschool ist der Spannungsaufbau. Zwar gibt es innerhalb der ersten 60 Minuten ein paar blutige Vorausdeutungen, die durchaus Schockcharakter besitzen, die aber auch folgenlos im Raum gelassen werden. Zielvolle Nadelstiche im alltäglichen Warten auf das Grauen. Zudem spielt der Film klug mit den Erwartungen (heutiger?) Horrorzuschauer. Oft lässt der Einstellungsraum viel Platz für eine gruselige Gestalt, die Musik rumort bedrohlich, aber nichts passiert. Das wirkliche Grauen lässt lange, sehr lange auf sich warten und das ist gut so. Denn die subtile Spannung pflegt Ti West in den ersten zwei Dritteln souverän.
Ja, das Grauen erscheint vor allem im letzten Drittel und zeigt die Genrehuldigungen des Ti West noch deutlicher als alle Detailverweise zuvor. Leider wird die Referenz dabei zur Klischeefalle. Ohne erkennbaren Eigenwert wird dabei zusammengesetzt, was man schon tausende Male gesehen hat. Und das schlimmste: Man sieht das alles kommen, wirklich gar nichts bleibt überraschend. Wobei der beinahe unfreiwillig komische, weil heutzutage toterzählte Twist am Ende dies alles noch einmal toppt.
Einfach schade, wie Ti West wieder beweisen muss, dass es ihm nicht reicht, neue Maßstäbe für den heutigen Grusel zu setzen, klug seine Referenzen zu nutzen. Nein, er muss, wohl für den großmütigen Genrefreund und selbstherrlichen Filmkenner, sein Genre ausladend zelebrieren. Dass der Film damit selbst zu dem Effektkino wird, gegen das er gerne ins Feld geführt wird, ist dann blanke Ironie.
"The House of the Devil" ist am Ende so meta wie jeder andere ideenlose Billiggrusel aus heutigen Tagen und taugt so leider nicht zur Genreerneuerung. Da der Großteil des Films aber angenehm zurückhaltend und liebevoll gestaltet ist, bleibt Ti Wests Retroshow für Horrorfreunde eine Empfehlung. Durch den Schluss muss man dann eben durch.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #11]
Wie macht man aus einer naturwissenschaftlich greifbaren Erscheinung, einem natürlichen Lebewesen eine fremdartige, weil ungreifbare Horrorgestalt? Zum einen lässt man sie im Ungewissen verschwinden, dem weiten, tiefen Ozean und zum anderen nimmt man ihr jegliche Ähnlichkeit zu dem, was wir noch Tier, vielleicht also biologischen Weggefährten nennen. Der Hai wird zur Killing Machine.
Es dürfte schwer werden, den Imageschaden zu fassen, den Spielbergs Tierhorror dem Hai gebracht hat. Natürlich, bereits zuvor war der Hai eine bedrohliche, weil kraftvolle und zugleich ungreifbare Gestalt, doch erst unter Spielbergs effektvoller Inszenierung konnte dem Grauen erstmals ein markantes Gesicht gegeben werden.
Ja, "Jaws" ist ein effektiver Film. Die Haiangriffe auf das Strandparadies werden gerade durch ihre Uneinsehbarkeit spannend. Überall stehen die Menschen im Wasser, was unter ihnen vor sich geht, weiß nur die Kamera, sie bildet aber auch den Kiefer (Jaw) des Hais. Kaum, da man das Grauen begreift, ist es bereits zu spät, das Grauen greift selbst zu. Auch wenn man den Hai kaum sieht, ist dessen unmenschliche Gewalt immer wahrnehmbar: Blutteppiche im Wasser, abgetrennte Gliedmaßen, die gewaltige Silhouette, die unter dem Opfer entlangzieht.
Dieses effektive Grauen, das unser geliebter Spielberg überraschend kompromisslos (als Statement darf zu Beginn ein Kind zerfleischt werden) darstellt, wird mit den gelungen skizzierten Figuren stimmig reflektiert: Der kritisch-wachsame Cop, der sture Draufgänger und, von Richard Dreyfuss besonders lebendig verkörpert, der gewitzte Wissenschaftler. Spielberg bleibt kaum bei einer Gesellschaftsspiegelung, wie etwa Hitchcock angesichts des Vogelangriffs, sondern verschiebt den Fokus auf diese verschiedenen Individuen, die schließlich auch die einzigen Kämpfer gegen den Hai werden. Eine echte Heldenstory!
Der Kampf gegen den Hai lässt dessen Gesicht endlich sichtbar werden, was jedoch mitnichten zu einer Psychologisierung führt. Es bleiben, wie Quint ausführt, schwarze Augen, die nur größer werden, wenn die Beute gefasst ist.
Der Film wird in seiner zweiten Hälfte zum langgestreckten Actionshowdown, immer kurz vor der Eskalation und mit der typischen Konfrontation von natürlicher Urgewalt und menschlicher Technik. Es wird ein langer und ausgesprochen harter Kampf. Spielberg nutzt die Dynamik des Meeres, fokussiert mal die unmittelbare Enge des Boots, mal die Weite des Ozeans - das ist gekonnt, entbehrt als pointiertes Jagdgeschehen jedoch des desorientierenden Horrors, der genau dann entsteht, wenn sich die ungewisse Gefahr einer uneingrenzbaren Menge von Opfern, den Badegästen, nähert. Hier setzt "Jaws" einen ganz eigenen Akzent jenseits jeden Kammerhorrors - die Angst vor dem tiefen Wasser, der Unmöglichkeit, das Grauen und dessen Schaden noch fassbar zu machen. Es gibt kein Entkommen!
Leider, leider hat Guillermo del Toro irgendwann auch einmal einen besonderen Film wie "Pans Labyrinth" gedreht. Natürlich, daneben gab es auch Blockbuster wie "Hellboy", aber auch die waren überdurchschnittlich kunstvoll gestaltet und haben mich so positiv überraschen können. Bombastkino wie "Pacific Rim" habe ich mir dann nicht mehr angesehen, aber die Erwartungshaltung tendiert angesichts eines verspielt-klassischen Schauersettings wie das von "Crimson Peak" auch eher gen obiger Kandidaten.
Und zu Beginn des Films darf man diese auch bestätigt fühlen: Großartige Sets, satte Farben - tiefe Kontraste, verspielte Metaphern, liebevoll ausgestaltete Charaktere und, oh Gott, das Anwesen mit seinem laubverträumen Eingangsbereich! Del Toro ist ein echter Ornamentalist des Kinos und man kann ihm nicht vorwerfen, dass er seine Kunst hier vernachlässigt: "Crimson Peak" sieht großartig aus, atmet in jeder Minute.
Leider tut er aber nicht großartig, sondern ist letztlich doch nur verwaschen totgetaktetes Hollywood-Blockbuster-Kino. Das muss man bald bemerken, wenn abstruse Bösewichts-Motivationen, gnadenloses Overacting, psychologische Unstimmigkeit und ein verkopftes Actionfinale entgegen jeden schönen Gruselkinos gehen. Als wären Inszenierung und Drehbuch unabhängig voneinander gestaltet worden, fallen visueller und inhaltlicher Anspruch breit auseinander. Es ist einfach schade, wie del Toros Bildtalent für einen so faden, hanebüchenen Plot verbraten wird. Vielleicht einen Stummfilm draus machen, denn der Soundtrack ist ebenso schön, feinsinnig wie die Bilder des Films. Vielleicht auch ein Ballett...aber was solls, der Film ist als Erzählkino einfach misslungen.
6 überaus gnädige Punkte für die visuelle Kraft und die tolle Einführung. Wäre ich kein so großer Freund der visuellen Suggestionskraft des Kinos, wären es sicher ein paar Purzelpunkte weniger.
Nur eins, das von "Holy Motors"!
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #10]
Einen so merkwürdigen Film wie "Jacob's Ladder" habe ich tatsächlich selten gesehen. Adrian Lyne gelingt eine düster-verschrobene Imaginationswelt mit manch einer surrealen Szene, aber auch einer erdenden Gefühlsebene. Denn bei aller dramaturgischen Schwierigkeit bleibt der Film vor allem ein Charakterdrama in äußerster Konsequenz und damit größter Dramatik. Horror als heftiger, letzter Gefühlsausdruck.
„Und ihm [Jakob] träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder.“
(Mose 1, 28)
Man mag angesichts der unheimlichen Ereignisse in "Jacob's Ladder" weniger an einen Himmels- als einen Höllentraum denken. Immer wieder brechen Dämonen, verzerrte Gesichter, Gliedmaßen in die Gedankenwelt Jacobs ein. Ein Himmel bleibt kaum erkennbar. Vielmehr verdichtet sich das Höllenpanorama, nimmt immer mehr Facetten auf und scheint selbst bald kaum mehr greifbar. Da ist der Plottwist am Ende mit seiner großen Enthüllung beinahe etwas ernüchternd geraten, greift die Perspektivik der Frage Himmel oder Hölle aber gelungen auf.
Denn es ist doch die Frage, inwiefern eine Leiter nicht auch aus dem dichten Dschungel hinausführen kann, inwiefern der Schock des Dämonen nicht auch der Schein des Engels bedeuten kann. Die Metaphysik öffnet sich dem subjektiven Zugriff, der Kontrolle über den eigenen Tod.
Ja, "Jacobs Ladder" ist kein einfacher, leicht verständlicher Film. Überall lauern Chiffren und nicht selten ist man gespannt, vielleicht sogar verängstigt, da sich die Schocks hier unmittelbar und eng im Realen ereignen. Überhaupt wird die Trennung von Realem und Unrealem, Leben und Tod bald müßig. Der Film funktioniert, wie viele (hier allerdings nur vordergründig) assoziativ arbeitende Filme, am besten, da man sich von seiner inneren Spannung einfach mitnehmen lässt. Dann wird auch er zu einem Horrorfilm, denn das Denken Jacobs nimmt oft unerwartete Wendungen, bricht nicht selten ein und lässt den Zuschauer hinabfallen. Das Unsichere, Ungewisse wird zum maßgeblichen Gegenstand, um den sich der Film windet, dabei immer mehr Blut verliert und dem Zuschauer in einer grässlich-surrealen Irrenhausszene (sic!) schließlich alle Koordinaten nimmt. Aber dann, man lasse sich nur vom Film führen, nimmt er einen auch wieder bei der Hand und zeigt, wo sich die biblische Szene doch wiederfinden lässt. Nicht umsonst lautet der Name des Sohns Gabe (= Gabriel). Er erscheint als Engel und durchleuchtet schließlich den Film, der totgeblutet hinter dem Zuschauer verschwindet.
Schön! Endlich jemand, der den durchaus als lakonisch wertbaren Alltagssurrealismus eines Buñuel wieder aufleben lässt. Das verbunden mit durchaus popartig-comedyhaften Darstellungsweisen bringt gute, frech-subversive Unterhaltung für den Weirdhouse-Zuschauer. Da stört es auch nicht, dass seine Filme in ihren zurückgenommenen Darstellungen und ihren Metastrukturen teils arg ähnlich wirken.
1. Wrong
2. Rubber
3. Réalité
4. Steak
5. Wrong Cops
6. Nonfilm
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #9]
Man soll bloß nicht sagen, man sei nicht gewarnt worden! Die Skurrilität des zweiten Teils der "Evil Dead"-Reihe ist nur konsequent, bedenkt man den konfrontativen Grusel des ersten Teils. Schon dort provozierten die Monster mit derben Beleidigungen, Spott und viel Gekicher. Da ist es nur konsequent, dass dieses Element hier aufgegriffen und sogar weiterentwickelt wird. Dessen Verabsolutierung gibt es dann im dritten Teil, der dann jenseits jeglichen Horrors beinahe Monty Python-Qualitäten besitzt. Aber zurück zum Zwischenstück, das sich mal besser, mal schlechter zwischen Horror und Witz verortet.
"Evil Dead II" möchte dort anfangen, wo der erste Teil geendet hatte: Mitten im Monsterwahn. Darum dauert es kaum mehr als fünf Minuten und schon ist (wenn auch rückblickend) das erste Todesopfer zu vermelden, kurz darauf dessen groteske Auferstehung inklusive flottem Totentanz. Gerade der Anfangsabschnitt wird zu Ashs One-Man-Show und die hat er auch verdient. Denn die lachenden Tischlampen, Bücher und Tiertrophäen brauchen ja eine Entsprechung und einen, der sie zurecht weist. Darum lacht Ash erst mit und legt dann richtig los; anders als im ersten Teil will er nicht bloß Gejagter sein. Bruce Campbells Auftritt inklusive Grimassenselfie ist zu Recht Kult geworden - es ist einfach eine Freude, ihm dabei zuzusehen, wie er vom überdreht hysterischen Menschen zum Irren und dann zum irrsinnig schnetzelnden Menschenretter wird.
Die Monsterideen sind gerade im ersten Abschnitt noch großartiger als im ersten Teil, vor allem Ashs selbstständige, kichernde (!) Hand setzt das Groteskenlevel hoch an und lässt erahnen, warum die Freaks von 366weirdmovies den Film auf ihre Liste gesetzt haben.
Es bleibt aber leider bei der Ahnung, denn sobald Ash Besuch bekommt, verliert der Film deutlich an Irrsinn und wird in seinem eher typischen Horrorfilmverlauf nur durch einzelne Monsteroffenbarungen durchbrochen, auch wenn dort immer wieder großartige Ideen aufscheinen. Vor allem die Kameraführung mit ihren diversen Bewegungsmodi sorgt bisweilen für ein ziemlich abgedrehtes Filmerlebnis, das den Grusel nicht selten mit (w)irrer Action durchbricht.
Ja, gruselig ist der zweite Teil kaum. Zwar bahnt sich immer wieder eine schlimme Monsterbegegnung an, doch geschockt wird man nie. Generell: Anders als der erste Teil macht sich der zweite erst gar nicht die Mühe eine unheimliche Stimmung zu schaffen. Das Böse ist gleich da, es will rein und am besten stemmt man alles dagegen. Eher eine Aufgabe für die Muskeln als für den Geist. Entsprechend war ich auch etwas enttäuscht, dass im Vergleich zum blutrünstigen ersten Teil ziemlich wenig Splatter zu sehen war. Klar, es gab Blutfontänen, aber mehr Gliedmaßen und zermatschte Körper wären toll gewesen. Damit hatte mich der erste Teil noch wunderbar unterhalten.
Überhaupt ist der Unterhaltungsgrad trotz toller Szenen insgesamt doch eher beschränkt. Der Film macht ohne Frage Spaß, aber gerade den durchgehenden Irrsinn des Anfangs vermisst man im weiteren Verlauf doch. Zwar ist die kettensägenkreischende Coolness eines Ash durchaus zu würdigen, aber ein bisschen mehr Trash-Zugeständnisse wären schon nett gewesen. Stattdessen gibts schicke Effektorgien, die sich nur selten in echter Matschphysis entladen. Dagegen hatte der erste Teil noch einen gelungen ekligen Schlusspunkt gesetzt. So lässt sich der zweite Teil auch weniger splatteraffinen Leute empfehlen, Freunde der ursprünglichen "Evil Dead"-Gewalt könnten womöglich aber enttäuscht werden.
Oder auch nicht, denn der beliebteste Teil der Reihe ist wohl Teil Nr. 2. Ich schließe mich dem zwar nicht an, kann den Film als kreative Horroraction aber bedenkenslos weiterempfehlen.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #8: Dracula-Double-Feature, Pt. 2]
Natürlich - von Francis Ford Coppola war sicher kein dezenter Gruselstreifen zu erwarten. Anders als die morbide-zurückgenommene Dracula-Fassung von 1931 [1] ist Coppolas Interpretation des bekannten Stoffes ein opulent-sinnliches Spektakel und bestmöglichstes Hollywoodkino zwischen Anspruch und Unterhaltung, Horror und Leidenschaft.
Gute 60 Jahre Kinogeschichte später ist aus dem fahlen, diffus umherschreitenden Dracula eine blutvolle Gestalt geworden. Nein, so tot wirkt er nicht, wenn ein großartig aufspielender Gary Oldman mit leidenschaftlicher Geste auf die nicht minder überzeugende, schöne Winona Ryder trifft. Natürlich ist Dracula auch hier eine Figur, die ihre Ziele verfolgt, anders als jene Lugiosi-Gestalt ist sie aber mindestens genauso lebendig gezeichnet wie die menschlichen Charaktere im Film. Sie besitzt eine eigene Biografie, eine menschliche Grundexistenz, aus dem sich auch ein menschliches Leiden an der Vergänglichkeit, dem Tod ergibt. So kann Dracula auch nicht mehr souverän über die Menschen gebieten, denn sein Bedürfnis nach Liebe bindet ihn an ihre Welt.
Diese Dualität von Grauen und Liebe spielt Coppola nicht nur als Facette, sondern anhand der vielgestaltigen Beziehung zwischen Dracula und Mina über die ganze Spielzeit großzügig und überzeugend aus. Die psychologische Komponente garantiert nicht nur eine Stimmigkeit des Szenarios, sondern auch eine große Konsumierbarkeit. Das Böse hat ein Gesicht, aber so kann man mit ihm fühlen. Beinahe ohne Kitsch bleibt "Dracula" immer zugänglich und dadurch ein klarer Genuss.
Dies ist auch Coppolas großartiger Inszenierung zu verdanken. Mit seinen farblich kraftvoll ausgeleuchteten Szenen pulsiert der Film förmlich, strahlt sein zauberhaft überzeichnetes Setting in jeder Filmminute aus. Symboliken zwischen Speise und Körper, Schmerz und Erotik, Genuss und Leiden werden immer wieder aufgegriffen und mit souveräner Hand, wie man sie vom Regisseur des "Paten" oder "Apocalypse Now" gewohnt ist, zusammengefasst. Nie wirkt der Film gewollt, die Leinwandillusion ist perfekt. Lediglich der Schluss ähnelt dem üblichen Hollywoodkino mit seinem obligatorischen Wettlauf gegen die Zeit, den rollenden Wägen, Kampfszenen und der ausbuchstabierten Melodramatik etwas zu sehr und lässt Coppolas eigene, kraftvolle Inszenierung etwas abhanden kommen. Zudem: Neben allen anderen Figuren wirkt der Charakter Keanu Reaves, was ja keine Überraschung ist, sehr farblos und stellt der übermenschlichen Liebe Draculas keinen überzeugenden menschlichen Gegenpart. Dem gegenüber passt Anthony Hopkins als zynisch-gewitzter Dr. Helsing ideal in seine Rolle und gibt dem Zuschauer die einzigen Lacher in einem sonst eher dramatisch-düsteren Film.
Und damit zum letzten und für den Horrorctober besonders relevanten Punkt: Funktioniert "Dracula" überhaupt als Horrorfilm?
Tatsächlich hat der Film einige wirklich unheimliche Szenen. Wirklich gruselig wird er zwar nicht, aber gerade zu Beginn wartet Coppola mit einigen sehr fiesen Kreaturen auf. Und auch im weiteren Verlauf sind die vampirischen Gestalten, allen voran natürlich Dracula, oft unberechenbar und spielen gekonnt mit der Erwartung des Zuschauers, der zwischen sinnlichen und morbiden Eindrücken gehalten wird und so nie sicher sein kann. Auch ist London um 1897 hier ein dunkler, kaum gezeichneter Ort, der zwischen industriellem Fortschritt, lichtdurchfluteten Räumen und dunklen Zellen gebrochen und teils unwirklich erscheint. Atmosphärisch ist der Film enorm stark und es würde nicht schaden, ihn im Kerzenlicht anzusehen. Ja, so prachtvoll und sinnlich ist Coppolas Tribut an den vielleicht größten Horrormythos.
[1] Die Kritik zum Dracula-Double-Feature, Pt. 1:
http://www.moviepilot.de/movies/dracula-2-2/comments/1414114
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #7: Dracula-Double-Feature, Pt. 1]
"Children of the Night!"
Der Horror ist ohne den Charakter Draculas undenkbar. Die usurpierende Gestalt des bluttrinkenden Vampirs ist eng an die Figur des transsilvanischen Grafen gebunden. Und diesen verkörpert, trotz aller Christopher Lees und Gary Oldmans, letztlich vor allem Bela Lugiosi, vermutlich die größte Horrorikone aller Zeiten. Entsprechend richten sich alle Erwartungen an "Dracula" an den namensgebenden Hauptdarsteller und seine unheimliche Aura des Vampirischen.
Lugiosi gelingt es auch tatsächlich eine ganz eigentümliche Rolle zu schaffen. Anders als in der eher losen Dracula-Adaption "Nosferatu" erscheint hier keine grauenerregend halbanimalische Gestalt, die ihre außerweltliche Erscheinung kaum mehr verhüllen kann. Lugiosis Dracula ist zuvorderst ein Graf, ein eleganter Gentleman, der sich seiner Umgebung charismatisch und distinguiert mitteilen kann. Geschickt verwendet er das Mittel der Ironie, um seine eigentlichen Machenschaften zu verschleiern. Anders als Nosferatu ist er eine Figur der Gesellschaft, welche deren Mechanismen an den entscheidenden Punkten jedoch anzugreifen weiß. Das macht diesen Dracula so gefährlich, denn er ist subversiv.
In den richtigen Momenten gelingt es Lugiosi, hoch suggestiv mit beleuchteten Augen inszeniert, seine wahren, animalischen Motive zu zeigen, punktuell zuzuschlagen, nur um dann entweder in die Nacht oder in seinen Anzug zu verschwinden. Nie wirkt er schwächlich, immer bestimmt und souverän. Nie wird er handgreiflich, immer bewahrt er das Unheimliche als ungreifbare Aura.
Auch, indem er leise seine Diener heranzieht, gelingt es ihm, immer einen Schritt jenseits der Geschehnisse zu stehen, andere für ihn arbeiten zu lassen. Lugiosis Vampir ist raumgreifend charismatisch, aber nie greifbar. Das bedeutet seine Macht.
Die Inszenierung des Films folgt diesem Schema. Gekonnt werden Licht und Schatten gegeneinander abgewogen. In den ungreifbaren Zwischenräumen, dem Zwielicht und Nebel, schält sich das Grauen hervor. "Dracula" gelingt es meisterhaft, den Horror als das Diffuse, schließlich kaum Greifbare, sowohl im Spiel des Hauptdarstellers als auch der Inszenierung zu präsentieren.
Alles jenseits dessen bleibt jedoch eher enttäuschend. Obwohl der zwischen Irren-Groteske und wahrem Grauen changierende Renfield (gekonnt gespielt von Dwight Frye) einen belebenden und schließlich auch tragischen Aspekt in die Handlung einbringt, sind die restlichen Charaktere der rationalen Aufdeckung des Grauen zweckhaft ungeordnet und können selbst kaum Akzente setzen. Auch wenn Edward Van Sloan als Dr. Helsing stark wirkt, bleibt er als Figur doch blass. Dracula scheint auch hier das Geschehen mühelos zu dominieren, was zum Topos der Machtlosigkeit passt, die Dramaturgie jedoch schwächeln lässt, sobald Lugiosi einmal nicht zu sehen ist. Und da die Distanzierung eines seiner Kennzeichen ist, ist dies oft der Fall, womit "Dracula" in seinem fortwährenden Erklärungsduktus gegenüber den Ereignissen eher zäh wirkt und den Horror so stark vernachlässigt.
Trotzdem: Der Film hat zurecht seinen Platz in der Filmgeschichte und dies ist vor allem Lugiosi und der Inszenierung zu verdanken. Kongenial fügen sich Bild und Schauspiel zu einer einzigartigen Darstellung des Horrors. In seiner zähen Dramaturgie ist "Dracula" zwar keineswegs packend, in seinem zeitlosen Schauspiel aber immer noch eindringlich. Es ist einfach Lugiosis Film und den nimmt ihm keiner - nicht einmal ein Ed Wood, der sich darum auch redlich bemüht hat.
Freut mich sehr, dass "Hausu" berücksichtigt wurde. Der geht als (verdienter) Kultgrusel immer viel zu sehr unter und ist nie in solchen Listen vorhanden.
Zwar nicht der naheliegendste haunted-house-Horror, aber für mich auch in die Spalte passend ist "Suspiria", vermutlich einer der besten (und schönsten) Horrorfilme aller Zeiten.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #6]
Wenn man den stilvollen Horror sucht, darf man sich bei Dario Argento geborgen fühlen. Angesichts der Bildkunst des Giallo-Meisters meint man die Krimiplots oft aus den Augen zu verlieren; an deren Stelle treten obskure Begebenheiten, Mörder mit den exotischsten Motiven, unverhüllter Okkultismus. Es eröffnet sich eine Verbindung zum Unbewussten, Ungreifbaren, der tiefsten Quelle des Horrors.
Daher sind gerade Filme wie "Suspiria" und "Inferno" noch heute packendes Psychokino an den Grenzen der Rationalität. So manche Cineasten geraten da gerne in Streit. Für die einen ist Argento ein radikal-genialer Schöpfer, für die anderen ein geschmackloser Schaulustiger ohne Talent für Geschichten. Unbezweifelt bleibt aber sein Talent beunruhigend schöne Bilder zu schaffen, die an den Wurzeln der menschlichen Wahrnehmung ansetzen, Grauen und Faszination erregen. Zeitloses Kino. In ein solches Feld ordnet sich auch der passend betitelte "Phenomena" ein. Obgleich visuell weit weniger einnehmend als die genannten Filme, gräbt Argento auch hier tief und schafft Szenarien von beeindruckender Intensität.
Wie bereits in "Suspiria" findet sich die Protagonistin an einem Ort jenseits ihrer Heimat ein. Statt einer sichernden Großstadtumgebung ist es hier die zivilisationsferne Schweizer Berglandschaft, die zur leeren Spielfläche des Unbewussten wird. Nur indem es der Protagonistin gelingt mit der Natur, dem Tier in Verbindung zu treten, kann sie sich diesem Horror schließlich stellen und dagegen ankämpfen. Sonst wäre sie nur ein weiteres Mädchen, das umherirrend den grausamen Tod finden würde. Sonst wäre sie selbst bloß ein Opfer der Insekten statt deren Seelenmeisterin. Bereits dieser Ansatz verrät, dass man dem Film nicht beikommt, folgt man lediglich seiner Handlung. Sonst mag vieles überspitzt, effekthascherisch und dumm wirken.
Tatsächlich gelingt es Argento hier auch nur mäßig eine durchgehende Spannung zu entwickeln, wie er sie vor allem in "Suspiria" noch perfektioniert hatte. Seine Filme funktionieren über ihre geschlossen-eindringliche Atmosphäre und die wird hier nur punktuell erreicht. Eben dann, wenn der Mensch alleine durch die Berglandschaft läuft oder in finstere, verschachtelte Häuser eindringt, kurz: Die Kontrolle verliert. Die Unentrinnbarkeit als wichtiges Element des absoluten Horrors fordert Argento leider erst gegen Ende des Films wirklich ein. Hier gelingt es ihm, dem Horror ein schreckliches, wiederkehrend albtraumhaftes Gesicht zu geben. Ansonsten bleibt "Phenomena" ein motivisch spannender, dramaturgisch allerdings nur mäßig fesselnder Mystery-Thriller. Auch die Bildkompositionen empfinde ich als weniger auffallend als in anderen Filmen Argentos, vor allem die spannende Farbgebung habe ich doch vermisst. Nicht einmal das Blut darf richtig kleksen!
Zudem, um bei der Kritik zu bleiben, verschenkt Argento viel Atmosphäre, da er zwei dramatische Szenen mit flach-bretternder Heavy Metal-Musik unterlegt, die dem argentotypischen Synthie-Geklimper seiner Hausband Goblin krass entgegensteht und so einige Spannungsnuancen frisst.
Nimmt man diese Schwächen beiseite, bleibt ein ordentlicher Thriller mit herausragenden Szenen, einer spannenden Behandlung des Horrors zwischen Unbewusstsein und konkretem Schrecken und, das mag ich nicht unterschlagen, einer sehr süßen und einnehmenden Jennifer Connelly. Für den Horrorfreund sicher empfehlenswert, alle anderen sollten mit den eingangs genannten Filmen beginnen.
Stimme VisitorQ zu. Wenns im TV schon einmal so ein krass-faszinierendes Filmexperiment zu sehen gibt, muss man einfach einschalten. :D
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #5]
Sinngemäß heißt es an einer Stelle im Film, dass wir doch Weihnachten und nicht Halloween hätten. Das zeigt nicht nur, dass ich mir die falsche Jahreszeit zur Sichtung ausgesucht habe, sondern auch, dass man den Film erwartungsgemäß besser nicht ins Horrorfach packt. Zwar hat er mit seiner Jekyll/Hyde-Konstellation der Gremlins großes Potential dazu, jedoch gestaltet er daraus vielmehr eine wilde Actionkomödie mit klaren Helden, großen Momenten, aber auch einem kultverdächtigen Schuss Anarchie. Man wundert sich schließlich nicht, dass der Film von einem Spielberg präsentiert wird. "Gremlins" ist großes, aber auch ideenreiches Hollywoodkino für ein breites Publikum. Die FSK 16 ist also weniger angebracht als wohl schlicht einnahmeschädigend.
Die Welt, die "Gremlins" entwirft ist eine beinahe burtoneske: Es gibt tapfere Außenseiter, groteske Bösewichte, aber auch liebevolle Momente und natürlich eine Moral. Burtonesk daran ist auch, dass der ganze Film äußerst charismatisch und glücklicherweise auch ziemlich kantig gestaltet ist. So schreckt die böse Ruby Deagle anfangs etwa nicht davor zurück, dem aufmüpfigen Hund des Protagonisten einen qualvollen Tod anzudrohen. Die ganze samtene Weihnachtswelt, inklusive Erzählerstimme, bleibt so vom echten Kitsch verschont. Auch die obligatorische Liebesgeschichte ist angenehm zurückhaltend inszeniert und bestimmt nicht moralinsauer die komplette Handlungsentwicklung.
Diese gesunde Mischung zeigt sich vor allem an den Gremlins selbst. In ihrer Mogwai-Form sind sie wirklich niedlich, aber man sieht auch schon einen zweiten E.T. nahen. Dann aber gibt es den herrlichen Verwandlungstwist mit wunderbar ekligen Glibberkokons und den irre dreinblickenden Gremlins. Daran zeigen sich nicht nur die gelungenen Special-Effects (qualitativ mit denen aus "The Thing" vergleichbar!); auch die kantige Note tritt mit diesen rücksichtslos agierenden Kreaturen perfekt hervor.
Man merkt, wie viel Freude die Filmcrew am Gremlinchaos gehabt haben musste. Als eindeutige und zudem überzogene Bösewichte markiert, können sie rauchen, saufen, pöbeln und sogar einmal morden, wobei es dann natürlich die "richtige" Person trifft und dies auch sehr indirekt geschieht. So gelingt es dem Film herrlich abgedreht-freche Momente zu schaffen, ohne irgendein Unbehagen zu erzeugen.
"Gremlins" ist kein schlimmer, aber auch kein biederer Film. Hier darf auf die Kacke gehauen werden und so macht das Ding auch Spaß. Böse Überraschungen gibt es allerdings keine, denn der grotesk-anarchische Karneval bleibt als solcher beschränkt. Es bleibt eben ein wildes Fest. Vermutlich eignet sich der Film gerade deshalb als kultiger Standardweihnachtsfilm - er ist rund und tut in keiner Sekunde weh, ohne allerdings mit unnötiger Sanftheit zu langweilen.
Mir war der Film mit seinen 106 Minuten allerdings doch zu viel kunterbunte Blockbusteraction und trotz toller Ideen zu routiniert in seinen Handlungsabläufen. Spaß hat er insgesamt trotzdem gemacht und sympathisch ist er allemal.
Horror gibts für mich also hoffentlich wieder beim nächsten Horrorctober-Kandidaten, vom weihnachtlichen Karneval habe ich fürs erste genug. Ist ja auch Oktober.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #4]
Spiralen, das stellt "Uzumaki" bereits früh fest, zwingen einen ins Innere zu blicken. Aber was gibt es dort noch zu sehen, im Punkt der absoluten Konzentration? Gibt es dort überhaupt noch Raum für Vorstellungen, Lösungen, Erklärungen? Oder ist die Spirale nur eine Bewegung und verheißt am Ende gar nichts?
Higuchinsky zeigt den Horror als zwingende, aussichtslose Bewegung und damit, anders als in vielen Horrorfilmen, nicht als etwas Gegenständliches. Gründe, Ursprünge sind klar überbewertet! So wird "Uzumaki" zum Grenzfall eines jeden Horrorfreundes und zum Genuss aller Weirdhouse-Zuschauer, denn selten beschrieb der Verleihtitel einen Film besser: "Out of the World".
Aber warum "Out of the World" und warum die Wahn-Liste?
Zunächst einmal wirft "Uzumaki" so viele Fragen auf, eröffnet so viele Möglichkeiten, dass es bald unmöglich scheint, ihnen filmimmanent noch entsprechen zu können. Viele Figuren treten markant auf, bleiben darin im weiteren Verlauf aber unberücksichtigt. Manche verschwinden auch einfach und überhaupt wird eigentlich nichts so richtig erklärt. Ein einziger Wirbel aus merkwürdigen Folgeerscheinungen.
Dazu tritt die Kamera, die immer wieder merkwürdige Bewegungen erzeugt, welche sehr suggestiv, aber letztlich unerklärlich bleiben. Das abnorme Verhalten mancher Charaktere, das weit bis ins groteske Overacting hineinreicht, streift stückweise gar das Trashkino. Dann folgen aber bereits mystisch-philosophisch aufgeladene Szenen und wieder darf der Zuschauer raten, an welchem Punkt der Spirale er sich gerade befinden mag und ob er denn auch irgendwann ankommt. Das macht den Film teils wirklich anstrengend.
Entlohnt wird man, wenn man auf absurdes Kino steht, denn dann gibt es großartig irreale bis surreale Bilder, die jegliche Erklärungsansätze von vornherein ausschließen und ungemein faszinierend wirken. Eben wie das Thema des Films.
Das Thema also, die Spirale also und warum ist das eigentlich ein Horrorfilm? Zum einen ist "Uzumaki" stückweise wirklich gruselig. Manche Szenen bahnen wirklich scheußliche Momente an und bisweilen bekommt man auch einen hübschen Schrecken. Aber das ist nicht alles. Die Prämisse des Films, das ungreifbare Grauen im Menschen erscheinen und diesen wahnsinnig werden zu lassen, ist ein Urtopos des Horrors. Das Unheimliche, weil Ungreifbare wird materiell. An diesem Transfer scheitern viele Horrorfilme, denn kaum hat das Grauen ein klares Gesicht, wird dessen unheimliche Aura bedroht. "Uzumaki" umgeht dieses Problem leichtfüßig, indem er dem Zuschauer zum einen viele, auch visuell schwer fassbare Gesichter des Bösen bietet und zum anderen gar kein nachvollziehbar Böses präsentiert. Schließlich geht es um keine schreckliche Tat, kein bestimmtes Monster, sondern um eine Spirale, eine Bewegung, etwas Natürliches, die Natur selbst! Und somit gibt es kein Entrinnen, ein weiteres Element des Horrors. Auch dafür bleibt die Spirale ein gelungenes Sinnbild.
Kazuya Tsurumakis erstes Eigenwerk besitzt durchaus eine Handlung, die vor allem gegen Ende auch halbwegs greifbar wird, den ganzen bildlichen Rausch jedoch kaum fassen kann. "Fooly Cooly" fällt aus jedem Rahmen, so rücksichtslos feiert sie ihren Irrsinn. Plötzlichkeit ist dabei das Stichwort. Handlungsmotivation mag man in vielen Animes vergeblich suchen, hier ist sie aber rettungslos verloren. Nicht selten verliert man den Überblick in diesem Chaos an Gefühlen, Beziehungen, Aktionen.
Häufigste Reaktion: Ich sehe, was hier passiert, aber warum passiert es?
Anstrengend wird "Fooly Cooly" trotzdem nicht, da die Serie auf den Punkt gestaltet ist. Durch die flotte Inszenierung und den lockeren Dauersoundtrack bleibt sie immer leichtfüßig und kippt nie in irgendein Extrem. Vielleicht die einzig kluge Möglichkeit den offensichtlichen Abfuck verträglich zu gestalten. Durch den geringen Umfang fällt auch ihre häufig wiederholte Grundstruktur (Alltagsgeschehen - Mutation - Kampf) kaum ins Gewicht.
Die Charaktere wiederum bleiben zwar skizziert, dies über ihre einprägsamen Eigenheiten aber gelungen, was sie rundum sympathisch werden lässt. Größtenteils ist die Serie einfach süß und trotz teils derbem Humor und einem guten Schuss Gewalt absolut liebenswert.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #3]
Ich muss doch zugeben, dass mich dieser Cronenberg ziemlich geängstigt hat - gute Wahl also für meine Horror-Liste. Ansonsten ist Cronenberg ja eher intellektuell unterwegs und unternimmt so manches Mal eher beiläufig Ausflüge zum Horror hin. Hier hingegen findet er zur unangestrengten Balance zwischen psychoanalytischer Beziehungstheorie und ordentlichem Grusel.
"The Brood" entwickelt so eine interessante Dynamik, die über die gesamte Laufzeit packend wirkt, wenn auch der etwas forcierte Schlussteil mit seiner blank ausformulierten und damit doch krude wirkenden Theorie teils anstrengend ausfällt.
Durch die konfliktreiche Grundsitation der Familie des Protagonisten, die durch den großartig gespielten, undurchsichtigen Mediator Dr. Hal Raglan noch zusätzlich verschärft wird, gelingt es Cronenberg von Beginn an eine Spannungssituation zu gestalten, in welche der effektiv platzierte Horror kongenial hineinbricht. Teils lese ich hier von Trash und natürlich, der Film ist mit seiner teils ungelenken Schockästhetik etwas angestaubt. Das tut dem bestehenden Unheimlichen, das Cronenberg nur stückweise enthüllt, jedoch keinen Abbruch. Er versteht es, den Erkenntnisgewinn der Charaktere konsequent mit dem Auftreten des Grauens zu verbinden. Nur selten fallen intellektueller und emotionaler Anspruch auseinander. Gerade, da uns Cronenberg ein reiches Kabinett an widersprüchlichen, sogar gestörten Charakteren liefert. Hier ist niemand wirklich sicher und so bricht das Grauen ungehindert hervor.
Aber auch jenseits reiner Spannungsfragen kann "The Brood" überzeugen. Wenngleich die überladene Aufklärung gegen Ende (ein typisches Problem anspruchsvoller Horrorfilme) die zuvor gelungen suggerierten psychomorphen Zusammenhänge (Psychoplasma!) arg hanebüchen abhakt, bleiben doch spannende Implikationen. Das herrlich explizit-ekelhafte Finale stellt dazu einen guten Kontrapunkt. Also auch hier: Gut komponiert!
Wenn auch mit Abstrichen muss man Cronenberg doch anrechnen, dass er mit "The Brood" einen packenden und zugleich sehr interessanten Psychohorror geschaffen hat, der unübersehbar seine Handschrift trägt. Auch wenn seine wirklich großen Ideen in anderen Filmen stecken und dort schließlich auch souveräner präsentiert werden, zeigt er bereits 1979, wie packend fordernder Horror sein kann.
Ryan Gosling bleibt nicht der einzige Schauspieler, der den treuen Fan mit der eigenen Filmkunst ordentlich verschreckt haben dürfte, auch Anthony Hopkins schließt sich dem, in noch weit verschärfterem Rahmen, an. Was er uns präsentiert ist nichts anderes als die absolute Vernichtung jeglichen Sinnzusammenhangs, den wir für den Bilderfluss, den "Stream" der Filmhandlung, oft bequem voraussetzen.
Was Lynch im weiteren Verlauf seiner Filme gern erprobt, Hélène Cattet / Bruno Forzani sehr schnell beginnen, setzt bei Hopkins direkt an. Der Wahn zeigt sich hier nicht rückblickend, sondern unmittelbar und in extremer Zerrsicht, schließlich auch in purer Zerstörung. Wer ein zerfallenes Gehirn in Filmform gepresst erleben möchte, dem sei "Slipstream Dream" also sehr empfohlen.
Obwohl Hopkins seinem Film, als einziges Zugeständnis, die pathologische Deutung beilegt, lässt er es sich nicht nehmen, diese Pathologie bis zum Exzess zu feiern. Enorm häufige Schnitte, Spiegelungen, Farbfilter, Zeitbeschleunigungen und -Sprünge, dazu plötzliche Identitätswechsel, Brüche im Raum- und Handlungskontinuum - Hopkins nutzt jede erdenkliche filmische Technik, um den Zuschauer nicht nur zu verwirren, sondern schlicht fertig zu machen.
Ich liebe solche bildgewaltigen Torturen, pure Flashs, die hochkonzentrierte Filmphysis, kann jedoch nicht nur Epileptiker davor warnen, diesen Film zu genießen. Was Lynchs "Inland Empire" in seiner zähen Kreisform bereits heftig angemahnt hatte, bringt Hopkins hier zu einem verspulten, enorm penetranten, penetrierenden Ende:
Get fucked by a movie.
"Noisy Requiem" ist ein monoton schwarzer Klumpen, als solcher aber gar nicht einmal unattraktiv.
Die verschiedenen Figuren und ihre Vorlieben lassen sich mit "abartig" nur ansatzweise beschreiben, zu sehr bricht der Film mit der bloßen Darstellung fetischhafter Sexualität und Zerstörung zugunsten eines elliptisch-assoziativen Erzählflusses. Zwar kann man den Handlungen chronologisch einermaßen folgen, erklärbar werden sie aber nicht. Dies liegt vor allem daran, dass die Charaktere niemals eingeführt, sondern immer nur in ihren extremsten Momenten angerissen, dann aber wieder allein gelassen werden. So wird "Noisy Requiem" besonders verstörend - dem Zuschauer wird nichts geschenkt. Interpretationen scheinen jenseits psychosexueller Implikationen unmöglich, Denkmodelle ebenfalls. Das Ding zuckt, springt, pulsiert dabei, lässt sich gehen.
Kein Wunder, dass der Film, gerade auch in seiner Überlänge, anstrengend ist. Faszinierend bleibt aber, was hier entsteht, wie die abstrusesten Dinge zusammenkommen. Ein schwarzes Fest, das sich lediglich selbst feiert.
Viel Freude mit "Singapore Sling"! Als Freund vom bösen "Dogtooth" habe ich den beinahe genauso gefeiert. Abstrus, düster, sehr böse.
[Dergestalts Horrorctober 2015 | #2]
Vom sanft-bombastischen "Poltergeist" rutscht mein Horrorctober direkt in die Untiefen des perversen Folterhorrors. Die Idee von "Human Centipede" dürfte vielen, sogar weniger horroraffinen Menschen bekannt sein. Gibt man "human" (inklusive Leerzeichen) bei Google ein, schlägt die Suchmaschine bereits an dritter Stelle den hochkontroversen Streifen von Tom Six vor. Und auch das zitierselige "South Park" lässt es sich nicht nehmen, aus der Idee des menschlichen Tausendfüßlers ein "HUMANCENTiPAD" zu gestalten. Darin zeigt sich auch gleich die Dualität einer solch kreativ-abartigen Idee: So grausig sie auch sein mag, so komisch-grotesk mutet sie gleichzeitig an. Soll man das nun ernst nehmen oder doch lieber darüber lachen? Man will es wohl, denn wenn man sich auf die Vorstellung einlässt, kommt man aus dem Grausen kaum mehr heraus.
Unentrinnbarkeit, Auswegslosigkeit sind überhaupt wesentliche Begriffe, welche das Schockpotential der Idee charakterisieren. Vollkommen machtlos an ein Bett gefesselt müssen sich die Opfer zu Beginn die aberwitzigen Pläne des Dr. Heiter anhören. Für mich als Zuschauer die schrecklichste Szene, denn das Kopfkino spielt hier verrückt. Das maßlose Overacting von Dieter Laser, welches die komisch-groteske Komponente der Idee treffend auffängt, mag dabei zunächst wenig helfen.
"Human Centipede" übersteigt in seiner immanenten Drastik viele Terrorfilme, da er den menschlichen Körper nicht gegen ein feindliches Element setzt und so auch eine Distanzierung, Abkehr offenlässt, sondern ihn selbst zum autodestruktiven Folterinstrument degradiert. Der natürliche Vorgang des Fortlebens durch Nahrung wird hier zu einem Prozess der eigenen Belastung. Das subversiv-grenzwertige Potential der Idee eröffnet Pforten, die manch einer zuvor nicht mal erahnt hätte. Als Freund des grenzwertigen Kinos muss ich das, jenseits ethischer Grundsätze, erst einmal honorieren: Six trifft nicht nur einen Nerv, sondern zieht regelrecht daran. Aber, und da hat der Herr dann doch ein Nachsehen, er macht es mit sanfter Hand.
Denn "Human Centipede" vermeidet es schließlich einem hemmungslosen Herzeigecharakter zu verfallen. Was man sieht, lässt sich ertragen, die schmerzvolle Dynamik des Widermenschlichen wird nur selten greifbar gemacht. Vor allem bleibt das Menschgetüm statisch oder im Gleichtakt und entzieht sich damit dem zwangsläufig schmerzhaften Prozess. So pendelt sich der Film ein und gibt damit vor allem dem großartig aufspielenden Laser genügend Spielraum, das groteske Potential der Idee ausreichend einzulösen. Wie Laser zwischen kühler Präzision, leichtem Spott und tierischem Wahn changiert, ist schon gekonnt und lässt den Film nie zu einer bloßen organic-exploitation werden. Neben Laser wird aber auch eine weitere spannende Komponente deutlich, welche eng mit dem Moment der Unentrinnbarkeit zusammenhängt: die der Sprachlichkeit.
Indem Six seinen grundsätzlich englischsprachigen Film mit langen deutschen und japanischen Dia- und Monologen ausstattet, bleibt es dem Durchschnittszuschauer wie auch den Charakteren verwehrt, in eine vermittelnde Kommunikationssituation zu treten. Die Figuren hängen als Menschen, hier auch als Tausendfüßler, zusammen, können sich aber nicht verstehen. Besonders pointiert ist dabei, dass der Japaner als einzige Person, der noch der Mund gelassen wird, von kaum einer Person im Film verstanden wird. Die Hilflosigkeit eines Babylon wird auf grausige Weise deutlich.
"Human Centipede" ist also insofern ein gelungener Horrorfilm, da er dessen Prämisse, das inhärente und damit ungreifbare Grauen im menschlichen Bewusstsein als körperliche Physis greifbar macht und so tatsächlich einen einzigartigen Beitrag zum totgesplatterten Terrorfilmgenre leistet. Indem er nicht in blanke Schauwerte verfällt und sein Kopfkinopotential ausspielt, schöpft er sein Potential auf kluge Weise selbstreflexiv aus. Auch, da er die ihm innewohnende Groteske durch Dr. Heiter (alleine der Name!) kongenial berücksichtigt.
So gelungen das alles klingt, so wenig unterhaltsam ist der Film letztlich aber auch. Ab einem gewissen Punkt ist alles gesagt und wirklich fesseln kann einen der "Tausendfüßler" dann auch nicht mehr. Ein Kurzfilm hätte ihn zum dreckigen Juwel gemacht, so aber verliert er sich im, zudem auch noch genretypisch dumm gespielten, Katz-und-Maus des Horrorgenres.
Dass dann auch noch zwei Fortsetzungen folgen mussten, zeigt, dass man Six letztlich doch überschätzen würde, würde man sein Händchen für den Horror allzusehr hervorheben. Letztlich bleibt auch er gewaltgeil wie ein Laser vor dem Spiegel stehen. Schade drum, aber den Erststreich nimmt ihm keiner.