Dergestalt - Kommentare

Alle Kommentare von Dergestalt

  • Mal so und mal so. Schön finde ichs, wenn neben den üblichen Zutaten auch Kurzfilme dabei sind oder wirklich problematisierende Dokus zu bestimmten Aspekten des Films, Interpretationen etc. Sowas findet man in der Regel aber nur in irgendwelchen bestimmten Editionen (Arthouse, Rapid Eye Movie), ansonsten bleibts bei den Standardzutaten.
    Kleines Highlight abseits davon: Die tatsächlich ausgestrahlte Fake-Doku zu "Blair Witch Project" als Bonus auf der DVD - das nenne ich ein tolles, sogar leicht-gruseliges Extra! Man sieht hier: Extras können als Fußnoten sogar das Filmerlebnis verstärken.
    Ansonsten nerven mich solche "Wir-lieben-uns-alle"-Making-Ofs auch, mit der Ausnahme von "Herr der Ringe", da sind die Anekdoten und Spielereien hinterm Set einfach großartig.

    • Okay - das Poster soll in mein Zimmer.

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        Dergestalt 05.09.2015, 12:48 Geändert 05.09.2015, 12:50

        Habe da mal zwischendurch reingeguckt und nicht mehr gesehen als TV-qualitätsträchtige, spektakelheischende Zoom-in-and-out-Kameraführung, überbeleuchtete Bilder, ein bisschen Fleisch (malträtiert und befriedigt und beides) und widerlich plakative Schwarzkuttenpathosklangflächen. Alles enorm lahm und selbstverliebt präsentiert. Das also auf 165 Minuten und Tiersnuff dazu - I'm definitely out of it.

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        • Habe deine Liste noch gar nicht angeguckt! Jetzt aber nachgeholt - feine Sache. Einziger Skandal: "Ein Andalusischer Hund" nicht auf 10 + fünf Lieblingsfilmherzen. Ganz schwierig. :P

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            Dergestalt 29.08.2015, 10:18 Geändert 14.04.2020, 11:46

            "High Tension" ist eigentlich ein gut gemeinter Horrorfilm: Er hat eine gelungen komponierte düstere Stimmung mit kargen Schauplätzen und atmosphärischer Musik, einen direkt aufgenommenen Spannungsbogen und bisweilen eine böse "bad-ass"-Stimmung, was den überzeichneten Killer und später die Revenge-Handlung betrifft. Dazu kommen pointiert eingesetzte Goresequenzen, die dem ganzen die Creme geben und einen unterhaltsamen Horrorabend versprechen. Nur leider steckt zunächst ein wenig und bald sehr ein Wurm darin.
            Zunächst musste ich mich wundern, dass der Film trotz kompromissloser Konfrontation von Beginn an nie so wirklich packend wird. So düster der Film auch tut, so banal wirkt sein Ursprung des Grauens.
            Philippe Nahon war als Metzger in "Seul contre tous" schon einmal deutlich beängstigender, weil tatsächlich gezeichnet. Hier bleibt er als mordender astreiner Backwood-Triebtäter nur eine halbskizzierte, wandelnde Genrereferenz, die für sich niemals wirklich Bedrohlichkeit entfaltet und daher immer die effektvolle Inszenierung Ajas braucht. Entsprechend sind die einzig wirklich gruseligen Szenen (Toilette, Gewächshaus) nie auf Psychoduelle mit dem Killer angelegt, sondern auf den klugen Einsatz von Raum, Perspektive und Licht. Man fürchtet mehr den Jumpscare als den Killer. Eine fiese Kinderkrankheit, die Aja da mit sich herumträgt.
            Bald kommt aber noch mehr dazu. Ich muss mich den Kritikern leider anschließen und die große Wendung, die den Film wohl fernab aller Genrereferenz als absoluten mindfuck-Terrorfilm auf tiefenpsychologischer Ebene platzieren will, als ziemlichen Quatsch werten. Ich werde hier nicht spoilern, denn jedem Zuschauer sollte beim Sehen direkt klar sein, wie unendlich unlogisch diese Wendung tatsächlich ist. [1]
            Der Kritiker Roger Ebers fasst die Problematik polemisch-bündig, indem er das entstehende Handlungsloch als "not only large enough to drive a truck through, but in fact does have a truck driven right through it" [2] bezeichnet.
            Wer wirklich schocken will, muss die Grundlagen hierfür schaffen. Das hat Aja verpasst und lässt den Film damit leider als vollkommen over-the-top und unfreiwillig komisch enden.
            Die Strömung des Terrorkinos hat mit "Inside" einen spannenden, mit "Martyrs" einen ambitionierten und "A Serbian Film" schockierenden Film geliefert. "High Tension" ist daneben nur der nett gemeinte, aber vollkommen kindisch misslungene Versuch effektvoll "Buh!" zu sagen. Das Adjektiv hierfür lautet: Süß.

            [1] Die Kritik auf Filmstarts.de fasst die Logikfehler schön zusammen:
            http://www.filmstarts.de/kritiken/40509-High-Tension/kritik.html
            [2] Quelle:
            http://www.rogerebert.com/reviews/high-tension-2005

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              Dergestalt 28.08.2015, 09:48 Geändert 14.04.2020, 11:42

              Die archaische Schönheit eines "Il racconto dei racconti" wird man im heutigen (Kunst-)Kino vergeblich suchen. Denn der Film ist im rückläufigsten Sinne zeitgemäß - er scheint getreu seiner Vorlage dem Geist einer vergangenen, fremden Epoche verhaftet.
              Matteo Garrones Werk nimmt sich Zeit, verzichtet auf ordnende autoriale Kommentare, konfrontiert den Zuschauer mit einem Reigen dekadent-verschrobener, mitunter grotesker Bilder. Psychologie, Logik und was nicht alles als wichtig für einen packenden Streifen gesehen wird bleiben meist am Rande, eben zugunsten plötzlicher Einfälle, die nicht selten in dunkler Färbung erscheinen. Die Handlung kreist um diese Momente und zeigt selten die Kraft, wirklich treibend nach vorne zu gehen. Die Gelassenheit des Films nötigt dem Zuschauer nicht selten Atem ab.
              Klassisch archetypisch treten die Charaktere auf, gleichzeitig aber jenseits bekannter Wertmaßstäbe und so nur schwerlich moralisch fassbar. Eher durchzieht sie alle eine stumme Verzweiflung, an der ein heutiger Zuschauer nur selten, wie Falle des verschleppten Mädchens, wirklich teilhaben kann. Meist bleiben die Charaktere ferne Figuren, die in verschlüsselten Bildern irrationale Handlungen begehen. So erstaunt das Märchen der Märchen vor allem in seiner Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Betrachter.
              Denn das bleibt selten bis beinahe einmalig: Großartige, entgegenragende Bilder und ein vollkommen verloren dahintreibender Film. Anstrengend wundervoll.

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              • Dergestalt 27.08.2015, 14:07 Geändert 27.08.2015, 14:17

                Tatsächlich interessant, im Film selbst aber zu wenig reflektiert, als dass es intendiert wirkt. Zudem ist die CGI-Optik nicht schmuckhaft oder schön, sondern billig und profillos. Passt wiederum überhaupt nicht zum wunderschön-detailverliebten Stil, mit dem Bilbo sein Buch entwirft (zu sehen im ersten HdR-Teil).

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                  Dergestalt 20.08.2015, 15:10 Geändert 16.10.2019, 22:28

                  "A Field in England" ist ein ganz schwieriger Kandidat, was Kategorien und überhaupt Verarbeitung angeht. Was soll man mit einem Film, der über weite Strecken so kahl wirkt wie sein Schauplatz? Was soll man mit Fragmenten von Handlung, die sich bald wieder auflösen? Was soll man mit diesem abstrusen Pilztrip gegen Ende anfangen? Was will dieser Film?
                  Ich war selbst sehr am Hadern, ob Wheatleys Experimentalfilm in meine "Wahn"-Liste passt, denn - wie hier schon angemerkt - zeigt sich die offensichtliche Weirdness des Films kaum und wenn, dann erst deutlich gegen Ende. Zuvor fühlt sich der Film wie ein verwirrter Bruder des mäandernden "Dead Man" an: Ziellos, wirr, aber auch harmlos. Dann aber treten immer mehr mystische Elemente, irreale Standbilder, merkwürdige Handlungsschwerpunkte aus der kahlen Landschaft hervor.
                  Die Surrealität des Films bildet sich gerade darin ab: dem plötzlich Irrealen innerhalb des Grauen, Fahlen, Antriebslosen. Tatsächlich wie eine starke, drogeninduzierte Dissoziation: Der Körper liegt apathisch, der Geist frisst sich durch bunte Prismen davon. Diese heterogene Dynamik zwischen Mattheit und Schrillem lässt den Film merkwürdig, irritierend merkwürdig werden und macht ihn so definitiv sehenswert, wenngleich man jeden Anspruch an einen Unterhaltungsfilm sofort aufgeben sollte.
                  Vielleicht bedeutet der Film Nichts. Vielleicht bedeutet Nichts etwas. Dazwischen keine Vermittlung. Willkommen auf einem Feld in England.

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                    Ohne Frage, eine wunderbare Grundidee, aber so stinklangweilig und uninspiriert runtergedreht. Wenn ich Elvis vs. the Undead erwarte, will ich keinen grundsolide inszenierten Rätselspuk mit netten Kommentaren sehen.
                    Nachdem die enorm skurrile Grundkonstellation zwischen Nachahmer-Nachahmer-Elvis und schwarzem Kennedy offengelegt wurde, bleibt eigentlich nicht mehr als ein paar nette Posen, unnötig-langwieriges Rätselraten um die Untotenherkunft, hochreduzierte Action (und das bloß innerhalb der letzten 20 Minuten!) und etwas durchaus ernst formulierte Altersmelancholie, wie man sie im staubigen Texas gern zelebriert oder so.
                    Es wäre doch so einfach: Was auf dem Papier steht, darf man gerne auch so verfilmen. Heißt hier: Trash ohne Kompromisse, sonst bleiben eben nur enttäuschte Erwartungen.

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                    • Dergestalt 19.08.2015, 11:04 Geändert 19.08.2015, 11:19

                      "Sinister" mit seinem tollen Konzept fehlt hier definitiv, "Insidious" als sehr effektvoller Grusel auch. Immerhin ist "The Conjuring" in der Top-21-List. Ansonsten mag ich die Liste, weil sie einen sehr offenen und reflektierten Zugang zum Horrorgenre zeigt. Das geht nicht nur weitab vom typischen Jumpscare-Konzept, sondern zeigt auch das Potential eines Genres auf, das per definitionem unglaublich tief und damit weiter als manch anderes Genre reicht. Ich sage ja immer wieder gern: Das Horrorgenre ist das Genre mit dem meisten Potential.

                      Für ein bisschen mehr Ausführung habe ich hier noch etwas geschrieben:
                      https://nebendwo.wordpress.com/2015/08/19/die-21-besten-horrorfilme-des-21-jahrhunderts/

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                      • Erinnert mich an Orlando Bloom, zumindest dachte ich beim üblen Trailer von "Hitman" ständig an den. Nein, ich habe Friend sogar für Bloom gehalten!

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                          Dergestalt 05.08.2015, 18:23 Geändert 05.08.2015, 22:55

                          Hier kommen die "Natural Born Killers" für Horrorfans. Der Nerd reibt angesichts der vielen Anspielungen und der überdrehten Ästhetik vielleicht die Hände, der Freund spaßigen Kinos dürfte den Hüttenzauber bald friedlich verschlafen. Denn wenn Rob Zombies schrilles Debut eines ist, dann ist es profillos. Extravagant-provokant in der Machart, allerdings ohne den Mut, das trashig-rohe Grundpotential wirklich auszunutzen. "Burn this flag" - Ein guter Witz. Zerstört wird hier gar nichts, allerhöchstens auf Sparflamme aufgekocht. Zutaten sind ein bis aufs letzte Fleisch ausgereizter Hinterwäldlerplot, der nur durch die lebendigen Kulissen und seine popkulturell überformten Killerfiguren etwas Leuchtkraft erhält, vollends gesichtslose Opferfiguren und jede Menge Popkultur. Am Ende der Referenzen steht allerdings keine Wirkung. Der Film ist nicht gruselig, nicht herausragend blutig, bis auf den großartigen Anfangsdialog an der Tankstelle nicht witzig und schließlich auch nicht wirklich aggressiv. Er bläht eine riesige Blase an gewollter Brutalität, füllt die dann aber kaum aus, belässt es vielmehr bei Andeutungen, übertriebenen Gesten. Jahrmarktsspuk nennt man das.
                          "House of 1000 Corpses" ist also genau das, was es filmintern bereits reflektiert: eine schicke, aber billige Geisterbahn. Nach mehr als 40 Jahren "Texas Chainsaw Massacre" reicht das hier Gezeigte nichtmal als netter Witz. Wer sehen will, was man mit einer Hommage so alles anstellen kann, sehe sich "Scream", "The Cabin in the Woods" oder "You're Next" an. Was alle drei Filme vereint: Die Gespenster darin sind echt. Und bereiten Schmerzen.

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                            Dergestalt 03.08.2015, 18:26 Geändert 04.08.2015, 17:50

                            Was "Nightmare" so überzeugend macht, ist seine bedingungslose Liebe zum Irrationalen und damit zum Kern dessen, was Horror ausmacht. Ein Film also, der nicht bloß mit Traumschablonen hantiert, sondern das skurril-Überdrehte des Traums als genau solches aufgreift und ohne Firlefanzen als Angstquelle festlegt. Lacht man in einer Szene noch über die groteskten Erscheinungen eines theatralischen Freddy, ist er in ebendieser Erscheinung in der nächsten Szene schon ziemlich beunruhigend, weil nicht bloß fremdartig, sondern als solcher ungreifbar gefährlich. So oft man ihn im Film vielleicht sehen mag, bleibt er dank seiner merkwürdigen Zwischenexistenz eigentlich unsichtbar für ein Auge, das an Realitäten und Kontinuitäten gewohnt ist.
                            Für diese Realitäten hat der Film als surreal-überdrehtes Machwerk starke Bilder gefunden. Trotz leicht angestaubter, synthielastiger 80er-Atmosphäre sind die Bilder von Badewannenlöchern, Blutlöchern und gestreiften Cabriolets sicher zeitlos intensiv, weil von uneindeutig-bewusstseinsfremder Kraft.
                            "Nightmare" ist ein karnevalesk-düsterer Spaß, der sich klaren Kategorien wie "Horror" oder "Horrorkomödie" spielend entzieht und zu etwas ganz Eigenem wird. Bis heute berunruhigend uneindeutig.

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                            • Fand das Buch gar nicht so leidig wie es hätte sein können. Und auch der Teaser hier sieht ganz nett aus, trifft durchaus den Ton des Buchs. Wird also wahrscheinlich nicht besonderer als das nette Buch, aber vielleicht endlich mal ein Film, der nicht flachgeschliffener ist als seine Vorlage. Wobei die nun auch nicht besonders tiefgehend ist.

                              • Dass "Meshes of the Afternoon" nicht nur auf der Liste ist, sondern auch noch in der vorderen Hälfte liegt, macht die Liste schon ein bisschen außergewöhnlich. Gut so, gut so.

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                                  Dergestalt 13.07.2015, 23:31 Geändert 16.10.2019, 22:23
                                  über Rubber

                                  "Reine Willkür". Der Film scheint es dem Zuschauer von Beginn an leicht zu machen, man ist ja auf alles gefasst. Den hochskurrilen Plot dürfte man schon im Voraus kennen, dann hat man noch eine schöne Einleitung, sogar Filmfiguren, die die Rolle des Zuschauers einnehmen und das Geschehen quasi unterstützend kommentieren. Aber Dupieux ist nun mal kein Mann des einfachen, fassbaren Irrsinns, wie er vor allem in "Wrong" noch herausstellen wird: er nutzt Rahmenhandlungen und mögliche Erklärungen nur, um seinen Wahn weiter auszubreiten, neue Opfer für dessen Bilder zu finden. Der Zuschauer kann also unmöglich ein solcher bleiben, wenn der Wahnsinn immer näher rückt und es dann keinen objektiven Betrachtungsstandpunkt mehr gibt. Wo Subjekt und Objekt ein wenig und dann sehr verdreht werden, gibt es keine sichere Erzählung, keinen klaren Erzählfilm mehr, nur Experiment. Ein echter Angriff auf Hollywood also, da hat der Film in seiner famosen Schlusseinstellung ganz recht.
                                  Bloße 7 Punkte bekommt dieses herrlich kühne Filmprojekt, weil letztlich nicht so viel passiert, als dass es wirklich unterhaltsam würde. Insofern bleibt der Zuschauer durch eine gewisse emotionale Unbefangenheit gegenüber dem Geschehen vielleicht doch zu distanziert, er bleibt Zuschauer genug und das Experiment somit nur bis zu einem gewissen Grad erfolglich.

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                                    Dergestalt 12.07.2015, 20:06 Geändert 10.10.2015, 12:53

                                    Eine schöne Schau über den musikalisch-künstlerischen Schmelztigel Westberlin.
                                    Die Aufnahmen stimmen, die Musik natürlich auch, die Atmosphäre insgesamt leider nur bedingt. Der Erzähler ist darum bemüht der Stadt eine erdfarben-sympathische Ausstrahlung zu geben und nimmt den Aufnahmen über sein bestimmendes Narrativ so einiges an Freiheit. So richtig traut man sich nicht, den irren Berliner Künstlern Wort und Regie in die Hand zu geben, immer springt der Film heiter von einem Schauplatz zum nächsten, bleibt immer in zufriedener Distanz zum Geschehen, und ist, wie sein Erzähler, trotz provokanter Bilder am Ende viel zu brav. Man muss da rhetorisch fragen: Aber war Westberlin denn brav?

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                                      Oh, oh - schlägt der deutsche Film nach "Der Samurai" wieder in eine experimentelle Richtung aus? Zu wünschen wäre es.

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                                        Dergestalt 27.06.2015, 00:09 Geändert 16.10.2019, 22:39
                                        über Wrong

                                        Endlich darf wieder Riss sein! Riss ins Vorgärtchen, vage entgegen palmischer Symmetrie, so erwuchert ein Tännlein. Riss darf wieder Kino sein! Die fruchtbare Erde zum Haufen und dazwischen ein Kind, denkender Kot ruft es gebärmuttergleich heraus, drängt sich heraus und erleuchtet an falscher Stelle ein wahres Delikt. Wahrheit als klügelndes Verbrechen, Verbrechen als System, Symmetrie als falsche Flucht.
                                        Gewollt wie "Wrong" sind auch die etlichen Vorgärten, Quentin macht uns den schönsten filmgleich. Ein Fehler als felliger Mantel, aber No Animals Were Harmed.

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                                          Dergestalt 24.06.2015, 00:23 Geändert 10.10.2015, 12:53

                                          Erst einmal braucht ein Film Farbe. Gosling steht im Grünfeld und versteht. Gosling gibt sich als Kind hin und versteht. Wo er die Farben zusammenwirft, spritzt bald Blut empor, aber das soll so, es soll System sein. Hier darf es, wo die Fantasie Film, Film zur Fantasie wird. Gosling rollt sich in seinem eigenen System, kodiert vorsichtig mit Kinderhand, lässt erste Skizzen farbenfroh werden.
                                          Doch wo die Kinderhand bunte Kritzelei schafft, bleibt sie bald an dieser hängen. Der blassblaue Kopf der einen Skizzenfigur, er will doch weg vom puren Weißfleck, hin zum tieferen Rot einer anderen Figur. Liebe! Vielleicht durch einen tiefen See tauchen, damit es dann wasserfeste, echte Charaktere, Beziehungen werden.
                                          Die Kinderhand mags nicht können, aber vielleicht können es die Elemente, das verkehrende Durcheinander, das Unheimliche als Triebkraft. Mit der ließ schon Lynch seinen Blue Velvet befeuchten, dann herrlich im Wind flattern.
                                          Gosling bleibt Kinderhand, kleiner Fantast. Kühn wirft er zusammen, was Farbe werden soll, aber Farbe ist nicht Kontur und ohne Kontur bleibt das System Wasserfarbkasten. Und zerfließt kindhaft richtungslos.

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                                            Dergestalt 19.06.2015, 00:02 Geändert 22.06.2015, 20:55

                                            Das pulsierend-warme Nachtwerk "Victoria" setzt genau dort an, wo andere Filme enden, auslassen oder raffen. Menschliche Zwischenräume als Wärmezonen, diffuse Annäherungen, Andeutungen - hier alles in gewaltige Breiten hochgetrieben und mit Asphalt bestrichen.
                                            "Victoria" kocht an den richtigen Stellen auf, fährt durch Wärme in Hitze, lässt Asphaltspuren aufbrennen und Narbenwerk entstehen. Die Architektonik der Sehnsucht, des Versuchs, Nähe zu weiten wird jedoch schwach, als die Charaktere beginnen Kriminalplotgestalten zu werden. Die Logikfehler türmen sich an vielen Stellen und selbst die Polizei weiß nicht mehr effektiv zu handeln. International-Jungberlin schlägt sich frei, in radikal-romantischer Widerlogik. Vielleicht der Versuch des Nachtwerks sich gegenüber dem strukturierten Genre zu behaupten, dem Tagwerk filmischer Alltäglichkeit. Romance gegen stille Fahrstühle und einen leisen Gruß an "Léon", den Profi.

                                            [Siehe auch bei nebendwo: https://nebendwo.wordpress.com/2015/06/22/das-pulsierend-warme-nachtwerk/]

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                                              über Kaboom

                                              Ja, was will "Kaboom" jetzt eigentlich? Irgendwie bekommt man hinter der trashigen Verpackung keine ernstzunehmenden Inhalte mit. Bis zu einem gewissen Punkt geht der Film zwar noch als schnappschussartige "That's my crazy queer-life"-TV-Komödie durch, die ihre sympathischen Momente hat, fährt mit seinem vollkommen verspekulierten Ende aber bei weitem zu tief in den Trash und stellt alles Vorhergegangene somit als gleichgültiges Zwischenspiel heraus. Insofern kann ich den Film auch nicht als irgendeine Allegorie auf Geschlechterverhältnisse lesen, auch wenn er das mit seinen vielen Ambitionen manchmal zu suggerieren scheint. Dafür wirkt er mit seinen willkürlichen Stimmungs- und Themenwechseln viel zu unfokussiert und beliebig.
                                              Zu allem Überfluss prahlt der Film auch noch mit seiner Indieness, indem er seine (zugegebenermaßen tolle) Musik wahllos in den Hintergrund oder über einen Konzertbesuch im Film sogar ohne weiteren Kontext in den Vordergrund drängt. Klar, moderner shoegaze und post-punk sollten schon mal gehört werden, idealerweise aber in irgendeinem Zusammenhang zum Film. Aber hey, vielleicht passt das ja zur legeren Hipsterness der Charaktere. Die leben halt wie sie sind: ohne echtes Profil (bezeichnenderweise braucht es für die tiefere Charakterisierung einen Mysteryplot), dafür aber enorm selbstbezogen, sexuell selbstbewusst und natürlich gutaussehend. Bilder und Kameraarbeit bewegen sich passenderweise auf TV-Filmniveau, sodass der Film zumindest inhaltlich-formal stimmig wirkt.
                                              Soweit könnte man meine Kritik natürlich abschlagen und auf den klaren Trashfaktor des Films verweisen. Nur gibt es eben unterhaltsamen und öden Trash, wesentliches Unterscheidungsmerkmal: Die Kreativität der Ideen. Und hier schmiert "Kaboom" leider ebenso ab.
                                              Der ganze Weltuntergangs-/Voodoo-Kram, der hier mühsam und ohne echtes Timing herausgeholt wird, hat mich in keiner Sekunde überrascht. Klar, die Ambition uralte Genres mit neueren Geschlechterdiskursen zu vermengen hat eine kreative Note, aber irgendwie sollte das Resultat dann auch irgendwie eine Mischung ergeben. Hier bleibt allerdings alles hoch heterogen (pun intended) nebeneinander. Queerness failed.

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                                              • Ich stimme Val Vega durchaus zu. Zuerst ist es tatsächlich schön anzusehen, dass mit Boll ein bisschen Spannung ins Filmbusiness kommt. In dieser Form bleibt es natürlich (un-)freiwillig komisch, aber immerhin. Stil & Inhalt sind schräg und abgedroschen, aber hauptsache, es drischt überhaupt mal wer. Denn an einem Punkt hat Boll ja Recht: das ganze Oscar-Business ist eine einzige inzestuöse Bestätigungsmühle, auch wenn nicht jeder Oscarstreifen Schrott bedeutet.

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                                                • Auf "Yakuza Apocalypse: The Great War of the Underworld" freue ich mich schon. Der Trailer war ultra-famos!