J.F.Lannister - Kommentare

Alle Kommentare von J.F.Lannister

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    Trashmob 2

    Ich würde "The Time Travelers" wegen seiner Billigproduktion gar nicht als Trash bezeichnen, vielmehr handelt es sich im Prinzip um eine als Spielfilm ausgelagerte Episode einer der damals so populären SciFi-Mysteryserien aus dem Fernsehen. Das Problem des Films sehe ich mehr darin, dass er nach der spannenden Exposition der Zeitreisethematik und der zeitgenössischen Urangst vor einem Atomkrieg narrativ stagniert und nur noch wenig zu bieten hat, ich habe mich beim Sehen dabei ertappt, wie ich an besser geschriebene und aussagekräftigere Werke wie den ein paar Jahre später erschienenen "Planet der Affen" denke.

    Interessante Randnotiz: Bei "The Time Travelers" handelt es sich um einen der ersten US-amerikanischen Filme des Kameramannes und späteren Oscar-Preisträgers Vilmos Zsigmond nach dessen Flucht aus Ungarn.

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      Was ein Rewatch nach ca. 15 Jahren nicht alles bewirken kann, ich gehe von 5,5 auf 10 von 10 Punkten hoch. Der Trailer zu Martin Scorseses "Killers of the Flower Moon" hat für mich vorgestern endlich den Ausschlag zum Retwach gegeben.

      Von Anfang bis Ende und in jedem filmischen Teilbereich meisterhaft, das reift auch noch nach, wenn man sich nach dem Sehen nochmal gedanklich mit dem Werk beschäftigt und dadurch manche Ereignisse besser einordnen kann.

      Paul Thomas Andersn zeichnet hier auf persönlicher Ebene ein Bild der Genese der modernen USA, ein Ringen um die Macht über die Gesellschaft zwischen Religion, Familie und Landwirtschaft auf der einen Seite, sowe Kapitalismus und Industrialisierung auf der anderen Seite, begleitet von Liberalisierungsprozessen. Der Wilde Westen und die egalitäre Pionierzeit atmen ihre letzten Atemzüge, wenige Pioniere haben ihr Glück gefunden und zu Reichtum und/oder einem Unternehmen verdelt, die restlichen Pioniere sitzen verbittert auf ihrem kargen Boden, lassen sich mehr und mehr auf die Heilsversprechen von Kapitalismus und Industrie ein und sehen in ihm eine erträglichere Zukunft. Hier kulminieren deren Vor- und Nachteile.

      Die Auseinandersetzung zwischen einer alten und einer neuen Weltanschauung, zwischen altem und neuem Glauben, bereits im Intro wird der spätere H.W. Plainview metaphorisch mit Erdöl getauft. Sowohl Daniel Plainview als auch Eli Sunday agieren dabei als Priester und (falsche) Propheten, beide bauen dem Volk einen Tempel und stellen eine Erlösung in Aussicht, beide agieren wie Anderson selbst quasi als Regisseure ihrer eigenen Welt. Für Daniel kommt das Geschäft einer Religion gleich und für Eli die Religion einem Geschäft, Daniel tauft Eli gewaltsam und demütigend in einer Erdölpfütze, Eli tauft Daniel gewaltsam und demütigend in der Kirche mit Wasser. Sie sind Brüder im Geiste, "There Will Be Blood" lässt sich von daher als neuzeitliche Version der biblischen "Kai und Abel"-Erzählung verstehen.

      Ferner scheint es so, als habe sich der Monolith aus "2001" verflüssigt, um den Menschen in Form von Erdöl technischen Fortschritt zu ermöglichen und sie in eine neue - zweifellos ambivalente - Zeit zu führen. Allein das für sich stehende und herausragende Intro weist mit seinen kargen Wüsten- und Hügellandschaften, seinen wortkargen Individuen und seiner unbehaglichen Musikatmosphäre bereits klare Parallelen auf.

      "There Will Be Blood", das sind 158 Minuten, die ich mir immer wieder ansehen könnte. Ein Film, der in den Bestenlisten der 2000er Jahre oder des bisherigen 21. Jahrhunderts ganz weit oben anzusiedeln ist.

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        McDonagh steht sich auch in seinem vierten Spielfilm mit seinem albernen und makaberen Humor leider wieder selbst im Weg, schade um den eigentlich sehenswerten Film mit seinen verhandelten Themen (habe gerade nicht die Muße, die Stärken zu erläutern, lässt sich in diversen anderen Reviews nachlesen). Wobei ich mich schwer damit tue, wie McDonagh den irischen Bürgerkrieg 1923 als Sinnlosigkeit entpolitisiert, das können dann wahrscheinlich auch nur Leute behaupten, die wie in "Banshees" auf einer abgelegenen Insel leben und deren Lebensinhalt daraus besteht, zu Hause oder im Pub Bier zu trinken oder Geige zu spielen.

        Ferner würde ich sagen, dass "Banshees" mehr wie eine Kurzgeschichte wirkt, die man auf 120 Minuten aufgebläht hat, den Film hätte man locker um 30 Minuten kürzen können. Und allgemein mehr wie eine Fingerübung, weder McDonagh als Autor noch die Schauspieler laufen hier im Vergleich mit früheren Werken zu Hochtouren auf.

        Andererseits mochte ich die irischen Eigenheiten der Charaktere sehr, den Dialekt und das Kulturelle, die Sticheleien gegen Protestanten und Engländer. In einem Alternativuniversum existiert eine irische Version von "Asterix und Obelix" mit Colin Farrell und Brendan Gleeson in den beiden Hauptrollen.

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          https://www.youtube.com/watch?v=rLATO8tYNxc

          Wolfgang M. Schmitt mal anders. Oder auch nicht :D

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            J.F.Lannister 15.05.2023, 21:04 Geändert 16.05.2023, 20:28

            "GotG Vol. 3" ist der Film, der "Endgame" hätte sein sollen. Ein nahezu perfekter und runder Abschluss für die Reihe, für die Geschichte, für den Cast und für die Charaktere. Top 3 im MCU nach dem ersten "GotG" und "Thor: Ragnarok".

            Dank James Gunns Talent für Albernheit, Trashigkeit und Situationskomik inklusive eines Hauchs von Douglas Adams´ Anhalter-Romanen zündet der Humor wie gewohnt (ein paar Peinlichkeiten sind zu verschmerzen), die haptischen, ansehnlich choreographierten und jeden Charakter einbindenden Actionsequenzen fetzen und machen Bock. Diese Art der Actionkomödie kombiniert Gunn mehr noch als in den beiden Vorgängern mit einer dramatischen, berührenden und erschütternden Heldenreise über die Erfahrung und Verarbeitung von Kindesmissbrauch sowie über die positiven Werte von (Ersatz-)Familienbindungen. Die distanzierte Beziehung zwischen der alternativen Gamora und den Guardians (innig hingegen jene zu den Ravagers), die Integration des unreifen und ungeholfenen Adam Warlock, Rocket Racoons tragische Originstory - vor dem Abschluss schlägt Gunn den Bogen erst einmal weit zurück und fängt mit seiner Teambildung im Prinzip nochmal von vorne an, innerhalb der immer größer werdenden, schauspielerischen wie fiktiven Truppe herrscht eine unglaubliche Harmonie und Dynamik. Als Antagonist steht den Guardians dabei mit dem High Evolutionary ein szientistisch-faschistoider Evoutionsbiologe und Genetiker gegenüber, bedrohlich in Szene gesetzt und fantastisch gespielt von Chukwudi Iwuji, das Ausmaß seiner Taten entfaltet sich in schrecklicher und grausamer Gänze.

            James Gunn scheint diesmal auch noch größere kreative Freiheiten genossen zu haben als zuvor, in Tradition seiner früheren Filme und seiner Troma-Herkunft reizt er die Grenzen eines PG13-Blockbusters gehörig aus und konfrontiert das MCU-Publikum mit mehreren fiesen und abstoßenden Body-Horror-, Splatter- und Gorespitzen, welche die narrativen Themen visuell unterstützen. Wenn in der Rezeption explizit darauf hingewiesen wird, dass ein MCU-Film nicht für Kinder geeignet ist, dann macht dieser Film schon etwas anders und unterläuft die Regeln des Franchises.

            Negatives:

            SPOILER

            Rockets Storyarc folgt dem Women-in-Refrigerators-Syndrom, das hätte James Gunn schon eleganter oder anders schreiben können.

            Wenn man schon Todesszenen andeutet, dann sollte man zumindest eine davon auch umsetzen. Der schwerverletzte Drax während des Orgocorp-Gefechts, Rockets Nahtoderfahrung zwischen Diesseits und Jenseits kurz vor dem Herzstillstand, Peter Quill erfroren im Weltraum nach der Rettung seines Walkmans. Für Peter Quill wäre es, auch im Bezug auf James Gunns Humorverständnis, sogar ein passender Abgang gewesen. Und mal ernsthaft, selten fällt die Tatsache einer Wiederbelebung in Filmen dämlicher aus als hier.

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            • 4 .5
              J.F.Lannister 14.05.2023, 14:32 Geändert 18.08.2023, 19:55

              Staffel 1 - 6/10 Punkten

              Mir hatte ein Arbeitskollege die Serie empfohlen, die Handlungsprämisse empfand ich wegen der "Lost"-Schnittmengen (Flugzeug-Ereignis, Drama um die Passagiere mit veränderten Lebensbedingungen, Flashbacks zum Leben vor dem Ereignis, übernatürliche Mysteryelemente) und wegen eines theoretischen Dramas nach dem Blip in "Avengers: Endgame" als sehr spannend.

              Um eine hochklassige Dramaserie (Drehbuch, Schauspieler) handelt es sich bei "Manifest" bisher (Staffel 1) zwar nicht, die Bezeichnung als Soap kann ich nachvollziehen, zum Abschalten, Bügeln o.Ä. ist sie aber schon perfekt geeignet. Die Schilderung der persönlichen Einzel- oder Familienschicksale sowie der veränderten Lebensbedinungen geht schon nahe, das (Mystery)Szenario hält bei der Stange. Die Sichtweise der NSA, die Kontrolle über die Situation erlangen möchte, finde ich ebenfalls spannend.

              2022 war "Manifest" für mehrere Wochen die populärste Serie auf Netflix, hatte damals also "Stranger Things" von Platz 1 der Charts verdrängt.

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                J.F.Lannister 13.05.2023, 23:57 Geändert 14.05.2023, 00:03

                Ein Kinofilm-Spin-Off zur Serie "The Office" (UK) von und mit Ricky Gervais, welches die charakteristische Machart und Qualität der Serie beibehält. Im Stil einer Dokumentation gehalten, gewohnt gespickt mit zahlreichen Fremdschämmomenten und entsprechendem Humor. David Brent arbeitet in einem neuen Büro (andere Leute, leider niemand aus der Serie), im Fokus der Handlung steht seine Bandtour unter dem alten Namen "Foregone Conclusion" mit einer neuen Gruppe. Als Bandleader verhält sich David gegenüber seinen Bandmitgliedern und seinem Publikum genauso wie als Regionalmanager gegenüber seinen Mitarbeitern und Kunden.

                Davids Lebensweg und Werdegang finde ich zugleich faszinierend und traurig. Er pfeifft auf alles, lebt seinen persönlichen Traum einer Musikkarriere und bläst dafür - auch aufgrund von Eitelkeit und Geltungsbedürfnis - sein gesamtes Geld in den Wind. Scheitern ist für ihn zweitrangig, es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Freilich spielt für David auch seine Suche nach Aufmerksamkeit eine Rolle, er lässt sogar extra eine zweite Dokumentation produzieren. Er möchte seinem Leben einen Wert und Sinn verleihen, möchte dass Menschen ihn mögen, innerlich ist David ein zutiefst einsamer Mensch. Die zu Herzen gehende Beobachtung einer tragischen Figur.

                Als Musikfilm profitiert das Werk klar von Ricky Gervais' Gesangstalent und außerdem vom Abwechslungsreichtum und der Eingängigkeit der Lieder. Schöne Lieder im Allgemeinen, die Texte laden natürlich bewusst zum Fremdschämen ein. David möchte mit seiner Musik gegenüber Minderheiten politisch korrekt und inklusiv auftreten, was jedoch immer furchtbar nach hinten losgeht.

                Im Abspann gibt sich Ricky Gervais als Produzent der "Der Herr der Ringe"-Filme aus, der kleine Schlingel :D

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                  J.F.Lannister 13.05.2023, 16:19 Geändert 13.05.2023, 16:20

                  Aus dem Grund, weil das "Angry German Kid" auch hier verarbeitet wurde:

                  Ausgerastet und abgestürzt: Der Fall des Angry German Kid | ZAPP | NDR
                  https://www.youtube.com/watch?v=h4_n67-2bm4

                  Ob als Unreal Tournament Kid, KeyboardCrasher oder Angry German Kid: Fast überall auf der Welt kennt man dieses Video eines Jugendlichen, der beim Computerspielen ausrastet und seine Tastatur zerstört. Viele teilen es auch heute noch als Meme beim Chatten, ohne zu wissen, dass es inszeniert war.

                  Außerdem: Der Jugendliche Norman Kochanowski hat das Video nie selbst hochgeladen. Er musste machtlos mit ansehen, wie es unzählige Male verbreitet und verfälscht wurde - wie es ein Teil seines Lebens zerstörte. Nun spricht Norman Kochanowski erstmals mit ZAPP über seine Geschichte und die Folgen von Viralität.

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                    coldmirror - Pørnbots

                    Texte von Tumblr-Pornbots vom Google Übersetzer auf Deutsch übersetzt. Das Video erschien vor drei Monaten, ich beömmel mich zum zigsten Mal darüber^^

                    #der König der Löwen 2

                    https://www.youtube.com/watch?v=-nEhBtIuUEg

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                      J.F.Lannister 03.05.2023, 19:04 Geändert 03.05.2023, 19:21

                      Der Weltenaufbau fasziniert mich ungemein. Wir bewegen uns hier in einer Zukunft, in der sich die Biologie, die Menschen, die menschliche Gesellschaft und die Technik weiterentiwckelt haben und ihren ureigenen, natürlichen Gesetzen folgen. Das ist eine Welt, die aus unserer gegenwärtigen Sicht nicht wirklich oder nur zum Teil greifbar und verständlich ist, aber sich dennoch natürlich anfühlt. Die Erschaffung dieser Welt birgt einen großen kreativen Geist in sich, das Potential inklusvie der mannigfaltigen Themenkomplexe ist enorm. "Crimes of the Future" wirkt so, als hätte Cronenberg hier einen Science-Fiction-Romanklassiker (wahlweise von Philip K. Dick) verfilmt und verdichtet, diesen theoretischen Roman würde ich liebend gerne lesen, locker könnte man den Film auch auf Serienformat ausweiten.

                      Spannend finde ich, wie Cronenberg Körperkunst und Erotik weiterdenkt. Und insbesondere, wie er hier die evolutionären und politischen Aspekte mit einer christlichen Lesart verquickt (Paulus von Tarsus, Märtyrertod, Hostien, Glaubensüberzeung und Erleuchtung). Bei "Crimes of the Future" handelt es sich um die Betrachung der Genese eines neuen Menschen und einer neuen Weltanschaung.

                      Howard Shores würdevoller Score veredelt den Film.

                      Mir fehlt aktuell leider die Zeit, um mir im Detail Gedanken über den Film zu machen und diese zu verschriftlichen.

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                        Ein sehr schönes und berührendes Ende für die Serie und viele der Charaktere, der Weg dorthin mal wieder extrem unangenehm anzusehen mit Fremdschämfaktor hoch 10.

                        Als großes Manko im Vergleich mit dem US-Remake ist nun nach Abschluss der Serie jedoch das Fehlen einer tiefergehenden Charakterisierung der Nebenfiguren zu nennen, über seine vier Hauptfiguren kommt "The Office UK" nie hinaus. Und dort, wo die UK-Version endet, fängt "The Office US" im Prinzip erst richtig an.

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                        • Der Regisseur und Schauspieler Til Schweiger ist einer der größten deutschen Kinostars. Nun berichten mehrere Mitarbeiter von mutmaßlicher Schikane und Gewalt bei einem Filmdreh. Schweiger widerspricht der Darstellung.

                          "Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichten, Schweiger habe an diversen Filmsets regelmäßig alkoholisiert gewirkt. Mal habe Schweiger ab elf Uhr morgens ein Weißweinglas in der Hand gehalten, mal schon um »zehn nach acht«. Dem SPIEGEL liegen außerdem Nachrichten vor, in denen sich Schweiger bei Betroffenen für Beschimpfungen entschuldigt. In einer sagt er, er habe schon früh am Tag angefangen zu trinken, irgendwann sei er »so besoffen« gewesen, dass er sich an nichts erinnern könne. Videoaufnahmen, die der SPIEGEL gesichtet hat, zeigen, wie Schweiger an einem Filmset offenbar stark alkoholisiert ist. Er wirkt benommen, man versteht ihn kaum. Trotzdem dreht er."

                          https://www.spiegel.de/kultur/kino/til-schweiger-mitarbeiter-erheben-vorwuerfe-gegen-den-star-sie-nennen-ihn-den-imperator-a-f8a5dadd-b717-4156-971b-ec6a99590677

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                            Zu sehen auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=wMnC665fP7s

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                            • J.F.Lannister 25.04.2023, 21:20 Geändert 26.04.2023, 12:19

                              Hans Zimmer Konzert

                              Als großer Fan seiner Musik hatte ich bereits mehrere Jahre mit dem Gedanken gespielt, mir eines seiner Konzerte anzusehen. In den ersten Jahren war ich nicht bereit, die horrenden Ticketpreise zu bezahlen, dann kam Corona dazwischen, jetzt am Sonntag war es in Oberhausen dann endlich soweit. Zwei Tickets, für meinen Bruder und mich. Laut eigenen Angaben spielte Zimmer zuletzt in Oberhausen an dem Tag, als Prince starb, das war 2016, lang ist es her.

                              Nun kommt das für meinen Bruder und mich sehr Überraschende, wir waren beide vom Konzert enttäuscht.

                              Zu einem guten Konzert kann sicherlich auch eine gute Show beitragen, nur ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem eine Show das Maß einer sinnstiftenden, unterstützenden Funktion überschreitet und von der Musik ablenkt, ein Punkt, an dem eine Show mehr um ihrer selbst willen existiert. "Sich aufspielen" oder "protzen" heißt im Englischen passenderweise "to show off". Das geschieht hier bei Hans Zimmer. Der Lichteinsatz bei "The Dark Knight" gestaltete sich ohne Sinn und Verstand, anstatt eine harmonische Lichtchoreographie auszuarbeiten, scheint man den Lichttechnikern lediglich die Anweisung gegeben zu haben, dass sich möglichst viele Scheinwerfer schnell über das Publikum bewegen sollten. Bei "Interstellar" kam mit einer Discokugel eine überkandidelte Requiste zum Einsatz, zu allem Überfluss folgte daraufhin sogar noch eine Seiltänzerin über der Bühne. Allgemein wurde enervierend viel getanzt, bei "Dune" hatten sie mehrere Tänzerinnen quer in der Arena verteilt. Streckenweise wirkte es mehr wie eine Tanzshow oder wie Zirkus, nicht wie ein Konzert.

                              Außerdem habe ich am Sonntag die Erfahrung gemacht, dass von Hans Zimmers Musik live vor Ort viel von ihrer Faszination und Magie verloren geht. Einerseits sieht man, wie seine Musik im Orchester in ihre einzelnen Elemente auseinanderdividiert wird, man betrachtet nicht mehr das Gesamtwerk sondern die Einzelteile, nicht mehr das Kunstwerk, sondern den Produktions- und Arbeitsprozess. Andererseits funktionieren die meisten seiner schlagzeug- und gitarrenlastigen Musikstücke live vor Ort kaum bis gar nicht, weil Schlagzeug und Gitarre zu deutlich hervorstechen. Einige Gitaristen kamen auf die peinliche Idee, Bewegungen und Aktionen klassischer Rockbandgitaristen zu imitieren, machten damit stattdessen aber den Eindruck einer Rentner-Hobbyband. Einer der Gitaristen fühlte sich darüberhinaus wie auf einem Rock- oder Metalkonzert mehrfach zu improvisierten Soloeinlagen veranlasst, was für meinen Geschmack mit der Filmmusik nicht harmonisierte.
                              Funktionierende Ausnahmen unter den Schlagzeug-Gitarren-Stücken waren das "Top Gun"-Theme, "He´s a Pirate" und "He lives in you" aus "König der Löwen 2", bei letzteren handelt es sich schließlich aber auch um einen normalen Song und keine klassische Filmmusik. Im Allgemeinen funktionierten die Musikstücke mit Piano- und Streicherfokus am besten.

                              Ein weiteres Problem stellt die Tatsache dar, dass es sich bei Hans Zimmer um keinen professionellen Bühnenmusiker oder gar Dirigenten handelt. Das sind nicht meine Worte, das hat er beim Konzert selbst von sich behauptet. Dementsprechend spielt Zimmer gelegentlich auf Piano, Keyboard oder Gitarre mit, steht ansonsten aber nur wie ein fünftes Rad am Wagen auf der Bühne und beobachtet sein Orchester beziehungsweise feiert es ab.

                              Umso bereichernder sind dafür Zimmers Wortbeiträge und persönlichen Geschichten zwischen den Stücken. "Interstellar" hält er für seine gelungenste Filmmusik, an dieser würde er in der Theorie nachträglich am wenigsten verändern. Bei "Time" handelt es sich um sein persönlichstes Stück, für seine Frau, seine Kinder und seine Freunde, in Gedenken an seiner verstorbene Mutter und sonstige Verstorbene im privaten Umfeld. Sein Mitwirken an "Top Gun: Maverick" ist als Gedenken an seinen Freund Tony Scott zu verstehen. Unabhängig vom Inhalt der Wortbeiträge kann man sich vortrefflich über Zimmers Deutsch amüsieren, er spricht mit US-amerikanischem Akzent und zudem nicht mehr zu 100% fließend, er musste oft nachdenken, wie englische Wörter auf Deutsch heißen. Vor dem Konzert in Oberhausen hatte Zimmer zwei Jahre lang überhaupt kein Deutsch gesprochen.

                              Für Fans seiner Musik war des weiteren erfreulich, dass Lisa Gerrard (Gladiator) und Lebo M (König der Löwen) anwesend waren und gemeinsam mit Zimmer und dem Orchester musizierten. Als Zugabe spielte Zimmer merkwürdiger- und witzigerweise das "James Bond"- Thema. Es hätte schon was, würde er durch dieses Stück seine Beteiligung am nächsten Film der Reihe ankündigen; aber ich glaube, es handelt es "nur" um einen normalen Überraschungsbeitrag außerhalb seines eigenen Repertoires, wie es diverse andere Bands auf Konzerten ebenfalls tun.
                              EDIT: Zimmer komponierte "No Time To Die", das war mir gar nicht mehr bewusst, von daher gehört natürlich auch "James Bond" zu seinem Repertoire.

                              Die aktuelle Jahrestour spielt Zimmer übrigens mit einem ukrainischen Orchester, mit dem er eigentlich bereits vor der Coronapandemie und vor dem Krieg auf Tour gehen wollte. In diesem Zusammenhang hat er jedenfalls auch noch deutliche politische Zeichen gesetzt, das "Wonder Woman"-Medley widmete er ukrainischen Soldatinnen, während des Stücks lief eine Montage auf der Leinwand, zum Schluss des Konzerts schwenkte Zimmer eine übergroße Flagge der Ukraine auf der Bühne.

                              Fazit zum Konzert: Viel für die Augen, wenig für die Ohren und das musikalische Herz. Lieber höre ich mir Zimmers Musik direkt im Film oder als Studioproduktion an; wenn schon live, dann gut abgemischt auf einem Tonträger und nicht live vor Ort in einer Arena. Aber wer weiß, vielleicht hatte ich auch einfach einen schlechten Tag oder wir saßen in der Arena auf der Seitentribüne falsch, im bin aktuell am Überlegen, ob ich mir für nächstes Jahr Karten für den Innenraum oder die Mitteltribüne direkt gegenüber der Bühne hole. Wobei ich auf anderen Konzerten auf der Seitentribüne bisher nie falsch für die Akkustik saß, also keine Ahnung...

                              Müsste ich das Konzert bewerten, wäre es eine 4 von 10.

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                              • In Hollywood wächst die Sorge vor einem Streik der Drehbuchautoren. Die Mitglieder der "Writers Guild of America" (WGA) stimmten mit überwältigender Mehrheit von knapp 98 Prozent für einen Arbeitskampf, sollten die laufenden Vertragsverhandlungen bis zum 1. Mai kein Ergebnis bringen. Das teilte die Gewerkschaft mit.

                                https://www.sueddeutsche.de/medien/usa-hollywood-drehbuchautoren-streik-1.5805783

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                                  J.F.Lannister 16.04.2023, 22:29 Geändert 16.04.2023, 22:53
                                  über Old

                                  Ein unangenehmes und nachdenklich stimmendes Mystery(horror)drama über Existentialismus und Vergänglichkeit. Mit der Alterungsthematik hat der Film bei mir aktuell mit 30 Jahren aber auch einen wunden Punkt getroffen, man denkt mehr an und über die Zukunft und die Uhr kann auch ich nicht mehr zurückdrehen.

                                  Den für so ein Mysterysetting unnötig erklärenden Twist hätte Shyalaman allerdings weglassen sollen, zumindest bekommt er im Bezug auf die inhumanen Praktiken in der letzten Szene noch gerade rechtzeitig die Kurve.

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                                    J.F.Lannister 15.04.2023, 23:44 Geändert 16.04.2023, 00:07

                                    Ich komme leider etwas enttäuscht aus dem Kino.
                                    Der Trailer vor ein paar Monaten sah echt nicht schlecht aus und ich hatte die Hoffnung, das wird wieder so eine Actionkomödie im Vergleich mit dem MCU zu seinen besten Zeiten Mitte der 2010er Jahre, sowas wie GotG Vol. 1 & 2 oder Thor: Ragnarok. Im Prinzip sind auch alle Zutaten vorhanden (Cast, Charaktere, Witz, Story), nur hat mich nichts davon wirklich gepackt oder nur teilweise, gerade der Humor wurde zu häufig und zu oft unpassend eingebaut. Nichtsdestotrotz, besser als viele MCU- oder allgemein Franchise-Filme der letzten Jahre ist "Dungeons and Dragons" allemal.

                                    Erfreut habe ich mich wahrlich an den Kulissen, dem Szenenbild und den Effekten, es sah und fühlte sich alles echt an, kein reiner CGI-Matsch, die Bebilderung der Fantasywelt hat man hier echt gut hinbekommen. Ferner hat Chris Pine als Barde sowohl einen schönen als auch einen extrem witzigen "Toss a coin to your Witcher"-Moment, leider hat Paramount den Song nicht separat veröffentlicht.

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                                      J.F.Lannister 12.04.2023, 22:37 Geändert 12.04.2023, 23:33

                                      Der Film hätte so gut sein können, gäbe es die misanthropische und würdelose Mittelpassage mit der Kotzerei und Scheißerei nicht. Die Passage kann man auch überspringen und verpasst nichts Inhaltliches, dafür wohl aber einen genialen Woody Harrelsen als besoffenen, marxistischen Kapitän, der sich mit einem ebenfalls besoffenen, kapitalistischen und reichen Russen Wortgefechte liefert und rumalbert.

                                      Allgemein funktionieren die beiden Filmhälften mit ihrer satirisch-tragikomischen Erzählung über Klassismus, Geschlechterrollen und Machtstrukturen wunderbar als Spiegelung voneinander.

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                                      • Nächster Halt, der Abgrund. Na dann, Kinder, erforscht mal die Gegend, aber bleibt mir ja in der Nähe!

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                                          Als ob "Game of Thrones" nie weg gewesen wäre, es war sofort wieder alles da <3

                                          "House of the Dragon" knüpft nahezu nahtlos an die Stärken der GoT-Anfänge an, ein sich Zeit nehmendes, charakterlastiges und charakternahes Fantasymittelalterdrama, ein Komplex, in dem die Handlung von den Figuren bestimmt wird, in dem jede Tat und jedes Ereignis persönliche oder politische Konsequenzen nach sich ziehen kann. Schauspielerisch sind speziell Paddy Considine und Rhys Ifans Gold wert, mit einer kleinen Abstufung auch Matt Smith. Dessen Daemon Targaryen steht spannenderweise in Tradition seines Prinz Philip aus den ersten beiden Staffeln "The Crown".

                                          Das Daemon-Crabfeeder-Finale in der dritten Episode enttäuscht allerdings, Action mit Daemon-Plotarmor und dann bekommt man nichtmal den Kampf zwischen den beiden zu sehen. Zwar handelt es sich beim Krieg auf den Trittsteinen für Daemon sprichtwörtlich tatsächlich nur um einen Trittstein für seinen Aufstieg, aber dem Crabfeeder hätte man schon mehr Profil und mehr Screentime schenken können.

                                          Die Episoden 4 und 5 sind wieder durchgehend große Klasse, das ist Martin durch und durch, insbesondere das gesamte, politische und charakterliche Drama am Hof, "The Green Wedding" insbesondere. Da bekomme ich fast schon wieder Lust, "Fire and Blood" weiterzulesen^^

                                          Episode 8: König Viserys' Powermove im Thronsaal trotz oder gerade wegen seiner schweren Krankheit und dann das Familienessen am Ende mit dem Motiv der Harmonie (Wenn schon nicht für das Reich, dann wenigstens für den sterbenden Vater, Bruder, Ehemann und Großvater), selten war die GoT-HotD-Gesamtgeschichte so ergreifend und emotional. In Kombination mit der siebten Episode, Viserys als Stimme der Vernunft innerhalb der Targaryen-Velaryon-Hightower-Großfamilie voller Zwistigkeiten, die drohen, das Reich ins Chaos zu stürzen. Ganz große Klasse.

                                          Am Ende der achten Episode und in die neunte Episode hineinführend werde "Game of Thrones" und "House of the Dragon" endgültig miteinander verquickt, grandios geschrieben. Im Sterben liegend verwechselt Viserys Alicent mit Rhaenyra und erzählt ihr kurz vor seinem Tod versehentlich vom Drachentraum Aegons I., aus dieser Schilderung Alicent daraufhin das legitime Thronerbe ihres Sohnes Aegon ableitet. So einfach und banal erscheinend, und doch so folgenschwer für die kommenden Ereignisse. Der Traum über das Lied von Eis und Feuer und den Prinzen, der verheißen wurde, leitet den Tanz der Drachen endgültig ein. Aegons I. valyrischer Dolch mit der eingravierten Prophezeihung, der, gewalttätig von Alicent geführt, Rhaenyra bereits mit einer Narbe zeichnete, wandert nach nun in die Hände des gekrönten Aegons II.

                                          Mit dem aufreibenden Drachen-Actionfinale in Episode 10, welches (gleichzeitig) die Zweifel der ersten Episoden ob der zukünftigen CGI-Qualität wegbläst, setzt die Staffel als Abschluss noch einen Meilenstein, der einen Vorgeschmack auf Kommendes preisgibt.

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                                          • Wenn dir die MoCAs Zitronen geben, mach Limonade draus? Mit "The Batman" kann ich besser leben als mit "EEAaO", dennoch fühlt es sich weiterhin merkwürdig und falsch an.

                                            Mit dem Rest der Auszeichnungen gehe ich weitestgehend d'accord, besonders freut es mich für Paul Mescal, Ana de Armas, "Naatu Naatu" und die Filmmusik von "Bones and All". Speziell für das Abräumen von "Better Call Saul", wenn es schon nicht bei den offiziellen Awards funktioniert hat!

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                                            • Unser kleines, aber feines Team braucht Verstärkung und da kommst DU ins Spiel: Bewirb dich als MJ-Redakteur:in!

                                              https://www.moviejones.de/news/news-mach-mit-bei-mj-wir-suchen-neue-redakteurinnen_46685.html

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                                              • Portrait of God (Short Horror Film)
                                                https://www.youtube.com/watch?v=BI9fKfX5V68

                                                A religious girl prepares a presentation about a painting titled "Portrait of God". What she sees challenges her beliefs.

                                                Hier hat jemand den Kurzfilm auch noch gut besprochen:
                                                https://www.youtube.com/watch?v=k3Q1hcpBHCU

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                                                  J.F.Lannister 30.03.2023, 18:55 Geändert 30.03.2023, 18:58

                                                  Unglaublich gut geschrieben und mit Ausnahme von Katharine Houghton bis in alle Nebenrollen hinein überragend bis großartig besetzt. Dramatisch, ernsthaft und emotional, zugleich auch zum Brüllen komisch, das Ende trumpft mit einer der besten Monologe der Filmgeschichte auf. Darüberhinaus fängt die Kamera dieses Kammer- und Figurenspiel im Haus, in den Zimmern, im Garten und durch die Türen sehr geschickt ein.

                                                  Inhaltlich beschreibt der Film, wie schnell liberale und progressive Einstellungen bröckeln können, wenn diejenigen Menschen erstmal wirklich direkt und persönlich damit konfrontiert werden. Gleichzeitig erkennt "Rat mal, wer zum Essen kommt" jedoch auch die Sorgen der Eltern an, das Paar könne in einer Gesellschaft zerrieben werden, die für eine ethnisch gemischte Ehe noch nicht bereit ist. Außerdem speziell die Sichtweise des afroamerikanischen Vaters, der eben noch aus einer Zeit der klaren Rassengesetze stammt und unbewusst deren Ideologie verinnerlicht hat, während es für den Sohn schon keine Trennung zwischen Weißen und Schwarzen mehr gibt beziehungsweise er diese Trennung vollumfänglich sprengen möchte.

                                                  Allgemein handelt es sich hier um einen sehr harten, aber ehrlichen Vater-Kinder-Konflikt. Väter, die Hörigkeit verlangen, die Kinder als Besitz betrachten und meinen, die Kinder müssten die Schuld für die eigene Aufopferung den Eltern zurückzahlen. Ich habe hier leider auch viel des Verhaltens und der Konflikte von Teilen meiner eigenen Familie wiedergesehen, was sich von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart zieht.

                                                  "Rat mal, wer zum Essen kommt" wird oft Sentimentalität, Naivität und Idealismus vorgeworfen, dieser Auffassung möchte ich widersprechen, weil der Film klar universelle und zeitlose Werte vermittelt. In dem Film geht es auch nicht darum, Menschen zum Antirassismus zu bekehren, sondern darum, wie man einer noch rassistischen Gesellschaft entgegentreten kann. Partnerliche Liebe und familiärer Zusammenhalt als Hilfsmittel, nicht als Heilmittel.

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                                                  • 6 .5

                                                    Ein aussagekräftiger und unangenehmer Horrortake über das kindliche Ausloten von Macht und Grenzen, über das Auflehnen gegen die Eltern, über die Entwicklung von Moral und Empathie. Speziell in diesem Fall bezogen auf von den Eltern vernachlässigte oder misshandelte Kinder aus teils sozial prekären Verhältnissen. Je mehr ich nach dem Sehen über "The Innocents" gelesen und nachgedacht habe, desto besser wurde der Film. Im letzten Drittel driftet er bedauerlicherweise mehr in eine eindimensionale Güt-Böse-Superhelden-Dramaturgie ab.

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