J.F.Lannister - Kommentare

Alle Kommentare von J.F.Lannister

  • "The Letter Room"
    https://www.arte.tv/de/videos/101840-000-A/der-briefwechsel/ (bis 10.11.2021)

    "Hunger Ward"
    https://www.youtube.com/watch?v=S8I6H4uKhJQ
    via: https://www.sueddeutsche.de/kultur/film-hunger-ward-oscar-stream-1.5269361

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      J.F.Lannister 22.04.2021, 21:34 Geändert 22.04.2021, 22:45

      Ihr Kraftgesang soll himmelan / Mit Ungestüm sich reißen
      Und jeder rechte deutsche Mann / Soll Freund und Bruder heißen.

      Eiserne Soldatenmütter für das Vaterland. "Mädchen in Uniform" schildert und kritisiert den entmenschlichenden Alltag in einem Mädcheninternat nach alter preußischer Schule, nach der Erziehung und Drill fließend ineinander übergehen. Der Militarismus wird gelebt, Militärmärsche erklingen zur musikalischen Untermalung und Soldatenlieder werden gesungen, Exerzieren, Hunger und harte Strafen sollen die Disziplin, Ordnung, Eintracht und Autoritätshörigkeit stärken. Die gekühskalte und herrische Oberin erscheint dabei als Inkarnation Friedrichs II., was bezeichnend ist, weil Friedrich II. eine wichtige Heldenfigur des Weimarer Kinos darstellt und in seinen Fridericus-Rex-Filmen normalerweise als Ideal charakterisiert wird.

      Den preußischen Tugenden stellt "Mädchen in Uniform" Sexualität und sexuelles Erwachen der Mädchen gegenüber, was sich in zwei verschiedenen Mädchenfiguren kanalisiert, zum einen in der extrovertierten, rebellischen, kecken und frivolen Ilse von Treischke und zum anderen in der introvertierten und sensiblen Manuela von Meinhardis. Manuela verliebt sich heftig in die junge Lehrerin Fräulein von Bernburg, die den Mädchen als einzige Lehrerin mit Rücksicht und menschlicher Wärme begegnet. Im Folgenden spitzt sich der Konflikt zwischen der Oberin und der liberalen Lehrerin immer weiter zu, parallel dazu leidet Manuela immer mehr unter der preußischen Erziehung und ihrer unmöglichen, unerwiderten homosexuellen Liebe. *SPOILER* Der Konflikt gipfelt schließlich in einem Selbstmordversuch Manuelas durch Sturz aus dem Treppenhaus, der im Verlauf der Handlung durch eine filmisch kluge Exposition des Treppenhauses effektiv vorbereitet wird. *SPOILER*

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        J.F.Lannister 20.04.2021, 12:47 Geändert 20.04.2021, 12:54

        Der Bergfilm, in der ursprünglichen Bedeutung ein charakteristisches Genre des deutsch-österreichischen Kinos, welches sich während der Weimarer Republik allgemeiner Popularität erfreute und während der NS-Zeit dann mythologisch und nationalistisch aufgeladen sowie zu Propagandazwecken genutzt wurde. Aus heutiger Sicht dürften die meisten Leute wohl Leni Riefenstahl mit dem Bergfilm verbinden, bedeutende Regisseure und/oder Schauspieler waren allerdings auch Arnold Fanck und - wie zum Beispiel hier - Luis Trenker.

        Bei "Berge in Flammen" handelt es sich um einen Kriegsactionfilm angesiedelt im Ersten Weltkrieg, Österreicher und Italiener bekämpfen sich in den Alpen, wobei sich zwei gute Freunde auf der jeweils gegnerischen Seite wiederfinden. Der Film lebt insbesondere vom beeindruckenden Alpensetting, der anspruchsvollen Arbeit der Kameraleute und der ungewöhnlichen Art der Kriegsführung. Bergsteigen, Tunnel in die Berge graben, Schützengräben im Schnee, Märsche durch den Schnee und Skifahren, das kennt man aus "James Bond"-Filmen, in einem klassischen Kriegsfilm hatte ich das bisher noch nicht gesehen. Zeitlose Action aus dem Jahr 1931.

        Luis Trenkers Antikriegsintention - die beiden Freunde nehmen nach dem Krieg die Freundschaft wieder auf und wandern in Frieden über den ehemaligen Kriegsschauplatz - habe ich nicht sonderlich ernstgenommen, dafür geht "Berge in Flammen" zu wenig auf die Freundschaft ein und durchdacht ist dieser Drehbucheinfall ebenfalls nicht. Eine Kritik am Kriegsdienst fürs Vaterland wird nicht geübt, die beiden Freunde würden jederzeit erneut in den Krieg ziehen und danach wie normal die Freundschaft wieder aufnehmen.

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          J.F.Lannister 15.04.2021, 00:01 Geändert 15.04.2021, 07:34

          Im Verlauf der 1920er und 1930er Jahre emigrierten diverse (jüdische) deutsche und österreichisch-ungarische Filmschaffende in die USA (teils aus politischen Gründen, teils weil sie zur Schwächung der deutschen Filmindustrie bewusst abgeworben wurden) und übten dort größeren Einfluss auf das Hollywoodkino der 1920er bis 1960er Jahre aus. "The Last Command", dessen Drehbuch vom Ungarn Lajos Biró geschrieben wurde, beschreibt diese Emigration vor dem Hintergrund der Russischen Revolution am Beispiel des sozialistischen Regisseurs Lev Andreyev, die Hauptrolle des aristokratischen Militärgenerals Sergius Alexander wird mit dem Deutschen Emil Jannings besetzt. Analog zu seinem Filmcharakter emigrierte auch Emil Jannings, ein Star des Weimarer Kinos, letztendlich in die USA. Wie um den Einfluss der Emigranten auf das US-Kino perfekt zu machen und zu bestätigen, wurde "The Last Command" bei der ersten Oscarverleihung 1929 für das Beste Originaldrehbuch nominiert, Emil Jannings wurde als Bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Der erste und bisher letzte Deutsche, der diese Auszeichnung erhielt. Mittlerweile betrachte ich Jannings als meinen Lieblingsschauspieler des Kinos zu Zeiten der Weimarer Republik, hier spielt er abermals fantastisch.

          "The Last Command" bekundet Sympathien für die Russische Revolution, ordnet dabei die Verdienste der Revolution allerdings im Hinblick auf genuin US-amerikanische Werte ein und gewichtet jene Verdienste entsprechend dieser US-amerikanischen Werte. Der sozialistisch-kollektivistische Aspekt hat innerhalb der Dramaturgie nur die Funktion eines Zwischenkapitels, der Film stellt dagegen das Individuum in den Vordergrund, im Kern geht es um den Sturz der Monarchie und Aristokratie, die Ablehnung von Kriegstreiberei, die Errichtung einer Republik, Nationalgefühl, sowie den Wert der Freiheit und der freiheitlichen Entfaltung. Dies gelingt "The Last Command" auf hevorragende Art und Weise, indem Sergius Alexander, Lev Andreyev sowie die ebenso sozialistisch-revolutionäre Schauspielerin Natalie Dabrova in Beziehung zueinander gesetzt und deren Lebensläufe geschildert werden.

          Sergius Alexanders Weg ist der eines kompletten Abstiegs. Während des Ersten Weltkrieges ist er von majestätischer, glanzvoller und autoritärer Gestalt, ein Befehliger von Heeresscharen im Krieg und äußerst brutaler Bekämpfer der Revolution, er wird als ein Mann charakterisiert, der alles tut, um Russland zu schützen. Lev Andreyev wird von Alexander ausgepeitscht und eingesperrt, später wird Andreyev jedoch entkommen. In Natalie Dabrova verliebt sich Sergius Alexander derweil, trotz der ideologischen Widersprüche verbindet beide die unbedingte Liebe zu Russland. Im Zuge der Revolution wendet sich das Blatt, nun wird Alexander systematisch erniedrigt, *SPOILER* wegen der Revolution und eines tragisches Unfalls verliert er alles, was er liebt. *SPOILER* Als psychisches Wrack mit PTBS gelangt er nach einer Flucht schließlich in die USA und hält sich komplett verarmt mit Gelegenheitsjobs über Wasser, ausgerechnet vom mittlerweile ebenfalls emigrierten Lev Andreyev wird er dann bewusst als General in Andreyevs Verfilmung des Weltkrieges und der Revolution gecastet.

          Hier stellt sich jetzt die Frage, warum Andreyev überhaupt in die USA emigrierte. Im Kaiserreich wurde er politisch und künstlerisch unterdrückt, also muss man annehmen, dass er auch im sozialistischen Russland nicht mit voller Zufriedenheit als Regisseur arbeiten konnte. In den USA erscheint Andreyev nun jedenfalls als gemachter, eleganter Mann und kann sich künstlerisch frei entfalten, die Rollen sind vertauscht, als Regisseur ist er Herrscher seiner Welt und Alexander als Schauspieler einer kleinen Nebenrolle Teil des einfachen Filmvolks. Dies wird insbesondere deutlich in der Szene, in der Andreyev Alexander seine Rolle erklärt, Alexander steht dabei im Schützengraben und muss zu Andreyev hochblicken, der im Regiestuhl an der Grabenkante sitzt und über ihm thront. In seiner Rolle als zaristischer General durchlebt Alexander noch einmal sein früheres Leben als tatsächlicher General und wähnt sich erneut auf dem Schlachtfeld, zum einen in Form eines großangelegten Flashbacks (siehe Absatz zuvor) und zum anderen als Folge eines psychischen Wahns und Zusammenbruchs. *SPOILER* Alexander gibt schließlich vollkommen illusioniert seinen Soldaten den Befehl zum Sturm und stirbt. *SPOILER* Wie schon Natalie Dabrova zeigt sich nun auch Lev Andreyev bewegt von Alexanders Willen, für Russland zu kämpfen, auch wenn sie komplett unterschiedlicher Ansicht sind, was für Russland das beste ist.

          Die republikanisch-freiheitliche Revolution des Volkes (exemplarisch Lev Andreyev) hat über die repressive Herrschaft von Monarchie und Aristokratie sowie über das Kriegstreiben (exemplarisch Sergius Alexander) gesiegt, was sich nicht nur in Form des umgekehrten Herrschaftsverhältnisses und des Filmendes am Set offenbart, sondern auf mehreren Bedeutungsebenen vermittelt wird. Alexanders Leben wird nicht chronologisch erzählt, sein Leben als zaristischer General wird innerhalb des gegenwärtigen USA-Handlungsstrangs als Flashback präsentiert, Monarchie, Aristokratie und Krieg werden dramaturgisch also als bereits vergangen und überholt dargestellt. Lev Andreyev gibt als Regisseur realen Menschen reale Anweisungen, Sergius Alexander spielt den General nur noch als Schauspieler bzw. sein Verhalten wird in einen fiktionalen Kontext gesetzt, Monarchie, Aristokratie und Krieg sind in dieser republikanisch-freiheitlichen Welt nur noch Fiktion. Alexanders authentische Performance als General begründet sich durch seinen psychischen Wahn, auf psychologischer Ebene werden Monarchie, Aristokratie und Krieg - im Vergleich mit dem psychisch gesunden Andreyev - als Krankheit charakterisiert.

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            J.F.Lannister 11.04.2021, 18:30 Geändert 11.04.2021, 19:09

            "Und täglich grüßt das Murmeltier" mit einem jungen Afroamerikaner - stellvertretend für George Floyd und zahlreiche andere Opfer, deren Namen am Ende des Kurzfilms aufgelistet werden - und einem rassistischen Cop. Der Afroamerikaner versucht über 100mal vergeblich, sein Verhalten zu verändern, um dem Mord und der Zeitschleife zu entgehen; die Bedeutung dessen ist sehr heikel, je nachdem, wie man diesen Kurzfilm interpretiert. Das US-amerikanische Polizeiwesen ist so von Rassismus gegenüber Afroamerikanern durchsetzt, dass man es komplett mit der Wurzel herausreißen müsste, man könnte "Two Distant Strangers" allerdings genauso gut Victim Blaming vorwerfen, denn gerade der rassistische Cop wird hier nicht aktiv zu einer Verhaltensveränderung aufgefordert, sondern es geschieht umgekehrt.

            Diese "Und täglich grüßt das Murmeltier"-Variation ist eine nette und gut gemeinte Idee, rein filmisch und schauspielerisch auch kompetent und unterhaltsam umgesetzt, fällt aus zeitgenössischer Sicht womöglich aber zu unsensibel aus und ist hinsichtlich der Bedeutungsebene eben alles andere als durchdacht. Gegen Ende wird der Afroamerikaner sogar noch auf Blutebene mit dem afrikanischen Kontinent assoziiert (eine Blutlache nimmt die Form von Afrika an), der Kurzfilm bekräftigt somit eben jene rassistische Ideologie, die er eigentlich anprangern möchte. Mag der (in den 90ern geborene) Afroamerikaner sozial und kulturell ein US-Amerikaner sein, im Blut ist er weiterhin ein Afrikaner.

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              J.F.Lannister 11.04.2021, 16:11 Geändert 11.04.2021, 16:16

              Die palästinensische Realkurzfilm-Nominierung bei den Oscars 2021.

              Westjordanland: Im Haushalt einer palästinensisch-arabischen Familie geht der Kühlschrank kaputt und der Vater muss zusammen mit der kleinen Tochter über die Grenze, um im israelischen Elektronikgeschäft einen neuen Kühlschrank zu kaufen. An der Grenze werden sie auf dem Hin- und Rückweg von israelischen Soldaten kontrolliert und aufgehalten, die sich gegenüber dem Araber gefühlskalt, herablassend und rassistisch verhalten, den Soldaten werden dabei noch weitere palästinensisch-arabische Zivilisten gegenübergestellt, wobei sich der Fokus der Kamera mehrmals auf unschuldige Kindergesichter richtet. Das Bedrohungsszenario wird des Weiteren dadurch heraufbeschworen, dass die Kamera auch die Perspektive des Kindes einnimmt und dabei lediglich die unpersönlichen Militärstiefel und Uniformen der Soldaten zu sehen sind. "The Present" begreift die Israelis als staatliche Institution, die den arabischen Bürgern das Alltagsleben mit Absicht schwer macht. Der Kurzfilm bemüht während des Einkaufs im israelischen Supermarkt sogar den metaphorischen Vergleich mit im Käfig gefangen gehaltenen Vögeln, die Tochter betrachtet die Vögel und befreit sie aus dem Käfig.

              "Fuck your [Israeli] system!"

              Wenn man sich des Konflikts zwischen den Palästinensischen Autonomiegebieten und dem Staat Israel annimmt, ist es die wohl denkbar schlechteste Entscheidung, dies auf so einseitige und suggestive Weise zu tun.

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                J.F.Lannister 10.04.2021, 20:48 Geändert 10.04.2021, 20:52

                Eine Kurzdoku über die 15-jährige Latasha Harlins, deren Erschießung 1991 zu den Hauptursachen der Unruhen in Los Angeles 1992 zählt. Ein Überblick über ihr Leben und ein Nachruf, in dem ihre Cousine Shinese und ihre beste Freundin Ty zu Wort kommen. Aufgrund der kurzen Laufzeit bleibt es bei diesem groben Überblick, was wohl aber auch dem Umstand geschuldet ist, dass so gut wie kein Videomaterial über Latasha Harlins existiert. Weil sich die Doku rein auf Latasha konzentiert, ist sie des Weiteren dem gesellschaftlichen Kontext enthoben, die Unruhen in LA 1992 werden erst am Ende in den Texttafeln erwähnt.

                2017 erschien der zweistündige Dokumentarfilm "LA 92", den ich sehr empfehlen kann, der Dokufilm läuft zum Beispiel auf Youtube, Amazon oder Disney+. "A Love Song for Latasha" dürfte am besten funktionieren, wenn kann diese Kurzdoku als Zusatzkapitel von "LA 92" betrachtet.

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                • Abermals ein Dankeschön für das Aufmerksam Machen auf einen Film von Khyentse Norbu.

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                  • Das Gute an den Wachowskis ist, selbst mit einem mittelprächtigen Space-Opera-Film weisen sie den Großteil der populären und erfolgreichen CGI-Blockbuster aus der heutigen Zeit hinsichtlich audiovisueller Ausarbeitung, Action und Kreativität noch locker in die Schranken. Außerdem: Channing Tatum <3

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                      J.F.Lannister 10.04.2021, 01:29 Geändert 10.04.2021, 11:33

                      Nepal kommt im 21. Jahrhundert in der Moderne an und wird immer mehr von westlichen Medien, Kultur und Technologie beeinflusst. Smartphones sind Alltagsgegenstände, es erklingt ein englischsprachiger Song via Plattenspieler, in Kathmandu sieht man einen Mann im Bayern-Trickot und - was ich weniger als Realitätsbezug sondern mehr als filmisches Ausdrucksmittel verstehe - die Charaktere wechseln rein zufällig zwischen nepalesischer und englischer Sprache hin und her. Das gefällt nicht jedem, so mancher buddhistischer Mönch wettert gegen die sogenannten "blond-haired people" und beklagt die bedingungslose Ergebenheit gegenüber dem Rationalismus.

                      Der Unternehmer Tenzin steckt in einer Sinn- und Lebenskrise, die Ersparnisse seiner Mutter hat er für sein Kaffeehaus aufgewendet, ihren Ansprüchen an sein Privatleben wird im Gegenzug jedoch nicht gerecht; verstärkt leidet Tenzin unter Halluzinationen. In seiner Not wendet er sich an einen Mönch. Dieser Mönch, der mit Spiegelsonnenbrille und stylischen Kopfhörern weniger wie ein Geistlicher sondern mehr wie ein cooler Poser aussieht, weissagt Tenzin obendrein, er werde in einigen Tagen sterben. Um zu überleben, müsse er sich auf die spirituelle Suche nach Dakinis - Geistwesen in Frauengestalt - begeben.

                      Ich selbst bin kein spiritueller Mensch, dieses elegisch-atmosphärische Umhertreiben zur Stärkung des Selbstbewusstseins sowie zur Krisenbewältigung hat mir dennoch sehr zusagt. Der Film ist durchzogen von leichter Melancholie, dezentem Humor und einer insgesamt hoffnungsvollen Stimmung, es ist eine kleine Reise durch Kathmandu und ländliche Regionen Nepals, eine Begegnung mit den Menschen und ihrer Kultur. Regisseur und Drehbuchautor Khyentse Norbu ("Hema Hema", "Spiel der Götter: Als Buddha den Fußball entdeckte") liegt es auch gar nicht daran, dogmatische Religiösität zu fördern oder Rationalismus zu überwinden, er möchte lediglich befreiende Spiritualität als sinnvolle Ergänzung des Rationalismus wieder mehr in den Fokus rücken.

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                        J.F.Lannister 07.04.2021, 23:35 Geändert 07.04.2021, 23:51
                        über Shooter

                        Mark Wahlberg fühlt sich als guter US-Amerikaner, verteidigt Land und Verfassung mit Waffengewalt und macht reinen Tisch mit Verrätern von außen und von innen. Schon wieder so eine vollkommen patriotische, reaktionäre, unhinterfragte und auf cool getrimmte Actiongülle, ich bin es sowas von leid. Antoine Fuqua sollte aufhören, (Action)Filme zu drehen, seit "King Arthur" kam nichts Gutes mehr von ihm.

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                          Paul Ritter, Schauspieler des stellvertretenden Chefingenieurs Anatoly Dyatlov, ist gestern im Alter von 55 Jahren an den Folgen eines Hirntumors gestorben. Not great, but terrible...

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                            J.F.Lannister 05.04.2021, 23:30 Geändert 06.04.2021, 18:13

                            In 48 Minuten um die Welt.
                            Ein deutscher Dokumentarfilm von Walter Ruttmann ("Berlin – Die Sinfonie der Großstadt") in Zusammenarbeit mit Großbritannien, Frankreich, Italien, der Niederlande, Griechenland, den USA, Panama, Cuba, Libyen, Syrien, Saudi-Arabien, Israel/Palästina, Indien, Sri Lanka, Thailand, Myanmar, Singapur, Taiwan, China, Japan, den Philippinen und Indonesien.

                            Diese Dokumentation ist eine einzige Montage, per Parallelschnitt von Bild und Ton vereint "Melodie der Welt" Menschheit und Kultur in aller denklichen Form und unabhängig von Nationalität, Ethnie, Religion, Gesellschaftsstand, Geschlecht und Alter. Aufgrund der Montage pulsiert die Doku vor Leben, sie umarmt die Welt und träumt von einem friedlichen und gemeinschaftlichen Zusammenleben rund um den Globus. Dieser Optimismus mag naiv und utopisch sein, egal, dieser Optimismus beeindruckt und steckt an.

                            Denn gleichzeitig wird dieses Werk aus dem Jahr 1930 auch ein Aufbäumen gegen den aufstrebenden Nationalsozialismus gewesen sein, das Militär-Unterkapitel sticht hier in negativer und formaler Hinsicht hervor. Harmlos erscheinende und feierliche Militärparaden gehen fließend in Aufnahmen von Kriegsgefechten über, eine Frau träumt dies, erwacht mit lautem Schreien aus diesem Albtraum und hat einen Friedhof voller Kriegsgräber vor den Augen. Für dieses Unterkapitel macht Ruttmann eine Ausnahme von der Dokumentation und bedient sich des mittels der Fiktion.

                            Link zum Film:
                            Schlechte Bildqualität mit Originaltonspur und Originalmusik:
                            www.youtube.com/watch?v=kT6Wzc8Tvxw

                            Gute Bildqualität ohne Tonspur und mit neuer Musik:
                            https://vimeo.com/494991966

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                              J.F.Lannister 05.04.2021, 16:45 Geändert 05.04.2021, 16:49
                              über Spione

                              Fritz Lang stellt mit "Spione" die Weichen für das Genre des Spionage(action)thrillers und etabliert diverse Charakteristiken und Motive, die sich später bei Alfred Hitchcock und in der "James Bond"-Reihe wiederfinden lassen und von diesen populär gemacht wurden. Interessanterweise lässt Lang zudem noch einige expressionistische und architektonische Stilelemente aus seinen früheren Werken einfließen, "Spione" stellt also eine Art Verbindungsstück zwischen dem Kino der Weimarer Republik und dem Spionagethriller späterer Jahre/Jahrzehnte dar. Abseits davon ist der Orient-Express als Teil des Settings noch erwähnenswert, für mich zumindest ist es das erste Mal, dass ich den Orient-Express künstlerisch in einem Kontext erlebe, der nichts mit dem Agatha-Christie-Werk zu tun hat.

                              Dennoch kann die Innovation nicht darüber hinwegtäuschen, dass die reichlich auf 150 Minuten aufgeblasenene Geschichte aus meiner Sicht nichts wirklich Spannendes zu erzählen hat. Der Geheimdienst und die Verbrecherorganisation jagen einen MacGuffin nach dem nächsten, die Handlung dreht sich nur um sich selbst und es geht nie um etwas wirklich Konkretes, die Figurenzeichnungen und Figurenkonstellationen sind derweil zu einfach gehalten, als dass sie jenes kompensieren könnten. Dramatik exisitert nur innerhalb der Liebesbeziehung zwischen dem protagonistischen Nummern-Agenten und einer antagonistischen Spionin. Politische Hintergründe sind in "Spione" mehrfach vorhanden (bezüglich Russland, Jugoslawien und Japan) und hätten dem Film Tiefe und Spannung verleihen können, verbeiben aber eben auf dem MacGuffin-Niveau der vagen Andeutungen.

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                                J.F.Lannister 04.04.2021, 19:21 Geändert 04.04.2021, 20:04

                                Helene Sommer arbeitet in einem Café und als sie dort von einem Gast belästigt wird, kommt ihr Ehemann Franz zu Hilfe, der den Gast im Affekt tötet und deshalb zu drei Jahren Freiheitsstafe verurteilt wird. Helene verliert aufgrunddessen ihren Job im Café. Franz Sommer sitzt in Untersuchungshaft zusammen mit dem Fabrikbesitzer Rudolf Steinau, der sich auf Franz' Bitte nach dessen Entlassung um Helene kümmert und ihr einen neuen Job in seiner Fabrik anbietet.

                                Bei "Geschlecht in Fesseln" handelt es sich um einen Gefängnisfilm, der es sich zur Aufgabe macht, den Wert der Freiheit und die Konsequenz der Freiheitsstrafe herauszuarbeiten und zugleich ein Plädoyer für die Menschenwürde zu halten. Im Grunde genommen ist der Film dabei mit "Die Verurteilten" vergleichbar, wobei "Geschlecht in Fesseln" klar ohne dessen kitschige Gefühlsduselei auskommt. "Geschlecht in Fesseln" veranschaulicht Freiheit, Freiheitsstrafe und Menschenwürde am Beispiel der Sehnsucht nach emotionaler und körperlicher Nähe zum Partner und des daraus folgenden Sexualfrustes. Unbeaufsichtigter Besuch ist verboten, Sex wegen der Sittengesetze erst recht. Die Insassen verzweifeln und brechen psychisch zusammen, auch wegen des überholten Strafvollzugs, der dringend eine Reform benötigt. "Bestrafung sollte kein Racheakt der Gesellschaft sein, sondern eine notwendige Belehrung im Zusammenleben mit Menschen."

                                Helene Sommer fühlt sich in ihrer Einsamkeit zu Rudolf Steinau hingezogen, in Franz Sommer wiederum werden homosexuelle Gefühle und Gelüste gegenüber einem Mithäftling wach. Auch wenn es hier nur bei Andeutungen bleibt, stellt sich das im Bezug auf die 1920er Jahre doch schon als äußerst bemerkenswert heraus, "Geschlecht in Fesseln" ist einer der ersten Filme mit queerem Inhalt.

                                Über die Jahre hinweg lebt sich das Ehepaar Sommer aufgrund der Freiheitsstrafe trotz der Sehnsucht nacheinander auseinander, auch bedingt durch die beidseitig empfundene Schuld des Fremdgehens beziehungsweise des Fremddenkens. Obwohl sich Helene und Franz ein unbeobachtetes Treffen im Gefängnis erkämpfen können, haben sie sich nichts mehr zu sagen, geschweige denn kommt es zum Sex. SPOILER Die Autofahrt nach Franz' Entlassung zurück zum Haus des Paares ist ebenfalls bestimmt von peinlichem Schweigen, der Film endet (in großer Melodramatik) mit einem gemeinsamen Selbstmord, ihr Leben miteinander ist zerstört, nur noch im Tod können sie zusammen sein. SPOILER ENDE

                                Auf symbolischer Ebene wird die Freiheit durch einen Vogel dargestellt, was aus heutiger Sicht sicherlich abgedroschen erscheinen mag. Hier spielt jedenfalls ein Vogel eine wiederkehrende Rolle, der regelmäßig in die Zelle hineinfliegt und sich von den Insassen füttern lässt; als Franz Sommer schließlich entlassen wird, fliegt auch der Vogel davon.

                                Wenig verwunderlich stießen der queere Inhalt und die Kritik am Justizsystem auf staatliche Gegenwehr. 1928 kam der Film mit einem Jugendverbot in die deutschen Kinos, 1930 wurden auf Antrag des bayerischen Innenministeriums "sexuell anstößige Szenen" zensiert, im März 1933 wurde der Film auf Antrag der bayerischen NSDAP und des bayerischen Justizministeriums komplett verboten.

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                                  J.F.Lannister 04.04.2021, 17:01 Geändert 04.04.2021, 17:01

                                  Der erste Trailer ist da, "Space Jam 2" wird also ein WarnerMedia-Multiversum der Marke "The Lego Movie" oder "Ready Player One". Ich erwarte dabei jetzt nichts qualitativ Hochwertiges, aber wegen der Referenzen hooked mich das gerade schon irgendwie^^

                                  https://www.youtube.com/watch?v=0H2cIbUGJJc

                                  Folgende Referenzen (abseits der Looney Tunes) sind mir aufgefallen und das wird bei der Masse an Zuschauern im Publikum nur ein Bruchteil sein:
                                  - Game of Thrones
                                  - Der Zauberer von Oz
                                  - King Kong
                                  - The Iron Giant
                                  - DC Superhelden
                                  - Der Herr der Ringe
                                  - Die Flintstones
                                  - Scooby Doo
                                  - Yogi Bär
                                  - A Clockwork Orange

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                                    Ein zeitgenössisches US-Drama von D.W. Griffith über die Nachkriegszeit Anfang der 1920er Jahre in Deutschland, charakterisiert anhand einer polnischen Flüchtlingsfamilie und deutscher Arbeiter in Berlin. Die Gesellschaft ist gebeutelt von Inflation, Arbeitslosigkeit, Armut und Hungersnot. Häuser werden aus den Brettern der Kriegsmunitionskisten gefertigt, die Warteschlangen an den Lebensmittelläden verwandeln sich in Chaos und Anarchie, weil stündlich der Geldwert sinkt. In der Not bauen die Menschen privat Kartoffeln und Gemüse an, nur um dann von anderen Hungernden beraubt zu werden. In solchen Krisenzeiten bleibt den Menschen nur der familiäre Zusammenhalt und die partnerliche Liebe.

                                    D.W. Griffiths Stärke liegt hier in der Darstellung des existienziellen (Über)Lebenskampfes, Kritik an den Verantwortlichen für die gesellschaftlche Lage äußert er speziell in einer Szene gegen Ende nach einem Kartoffelraub. "Yes, beasts we are; beasts they have made us. Years of war and hell; beasts they have made us." Der Finanzierungsplan des Ersten Weltkrieges war schließlich die Ursache für die Inflation und deren Folgeerscheinungen. Griffiths naiver Optimismus, dass die Liebe obsiegt und allen Widrigkeiten trotzt, ist dagegen ein zweischneidiges Schwert. Dass man sich schlicht und ergreifend über das Überleben der Geliebten freuen muss, deutet schon klar auf die bittere Realität hin, andererseits verfolgt Griffith auf diese Weise keinerlei Lösungsansätze. Bezeichnenderweise erfolgt zum Schluss ein einjährger Zeitsprung hin zum Happy End für das Liebespaar, wie das Paar die Krise jedoch letztendlich gemeistert hat, bleibt im Dunkeln.

                                    Wider der zeitgenössischen US-Erwartungen wurde "Isn't life wonderful?" nicht in Hollywood und nicht im Filmstudio gedreht, sondern vor Ort in Deutschland - in Berlin und in der freien Natur. Der Cast setzt sich aus US-amerikanischen und deutschen Schauspielern zusammen. Dass es sich bei den Protagonisten des Films um polnische Flüchtlinge handelt, begründet sich durch die damalige antideutsche Stimmung in den USA.

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                                    • Herzlichen, lieben Dank für die Mühe, @Batman und Leinzi!

                                      Die größte positive Überraschung: "Sword of God" beim Besten Design.

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                                      • 9
                                        J.F.Lannister 27.03.2021, 19:17 Geändert 27.03.2021, 19:19

                                        Das hier ist kein "gut geschriebes" oder strukturiertes Review, nur Gedanken meinerseits, die ich mir nach dem Film machte. Mir fehlt aktuell die Muße, das umzuschreiben, daher hier einfach so, um die Gedanken öffentlichkeitswirksam abzulegen.

                                        Einer der besten Antikriegsfilme. Allgemein antinationalistisch und antimilitaristisch, vom menschlichen Blickwinkel aus humanistisch, vom kriegerischen Blickwinkel aus nihilistisch.

                                        Der Film beginnt mit einem euphorischen und gefeierten Parademarsch der Deutschen durch die Straßen und geht fließend in ein Klassenzimmer über (Kamera filmt die Parade, bewegt sich dann rückwärts durch das Fenster in das Klassenzimmer rein, bis zur Rückwand, sodass man die ganze Klasse und im Hintergrund die Parade sieht. Die Marschmusik übertönt auch erst noch den Lehrer.) Der nationalistische Lehrer knüpft daran an und treibt seine Klasse in den Krieg.

                                        Danach folgt eine 15-minütige, militaristische Drillsequenz, ähnlich wie in "Full Metal Jacket", die den Rekruten schonmal die erste Begeisterung nimmt. Der Drillsergeant ist eine Witzfigur, der sich nur über seine Uniform, seine Drillbefugnis und das Exerzieren definiert, an der Front selbst aber ein Feigling und Versager ist.

                                        Die Rekruten werden dann an der Front und im ewigen Stellungskampf physisch und psychisch zermürbt.

                                        Ein sterbender Rekrut vermacht seine Stiefel einem Freund und dann folgt eine Montage mit Kamerafokus auf die Stiefel, die immer wieder den Besitzer wechseln, sobald ein Soldat verletzt wird oder stirbt.

                                        Die großangelegteste Szene ist ein Sturm der Franzosen auf den Schützengraben der Deutschen. Die Kamera fährt den Schützengraben entlang, schneidet dann entweder zur Sicht der Franzosen auf die deutschen MGs im Dauerfeuer oder zur Sicht der Deutschen auf die anstürmenden Franzosen, die entweder niedergemäht werden oder in den Graben springen. Dann wieder zurück zur Draufsicht auf den Schützengraben und Weiterfahrt entlang des Grabens mit Nahkampf Mann gegen Mann im Graben. Diese Kriegsszene ist niederschmetternd.

                                        Es gibt eine Szene, in der der Protagonist einen Franzosen verwundet, mit ihm wegen des Vorrückens der Franzosen zum Schutz die Nacht im Krater verbringen muss und versucht, den Franzosen am Leben zu erhalten.

                                        Es gibt aber auch schöne und witzige Szenen, zum Beispiel eine, in der sich drei deutsche Soldaten und drei Französinnen miteinander vergnügen, woraus sich in Friedenszeiten sicherlich noch mehr entwickelt hätte.

                                        Der Hauptprotagonist geht gegen Ende in den Heimaturlaub, ist der Heimat mittlerweile aber ziemlich entfremdet. Der Vater und dessen Freunde verstehen den Stellungskrieg nicht und gehen 1918 weiterhin von einem einfachen taktischen Sieg aus. Der nationalistische Lehrer predigt weiterhin den Krieg für Volk und Vaterland, als der Protagonist dann tatsächlich mal von dem realen Krieg erzählt, wird er von der Klasse als Feigling und Verräter beschimpft.

                                        Zurück an der Front, ist dann der Großteil seiner alten Truppe bereits gefallen und durch noch jüngere Rekruten ersetzt worden, die teilweise gerade mal 16 Jahre alt sind. Der Krieg beziehungsweise Deutschland verbrennt dort eine gesamte Generation.

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                                        • 5

                                          "Die Leuchte Asiens" ist Historienbiopic von 1925 über Siddharta Gautama, eine deutsch-indische Koproduktion, die erste indische internationale Koproduktion überhaupt. In Szene gesetzt wurde der Film von einem deutschen Drehteam, gedreht wurde komplett in Indien mit einem rein indischen Cast.

                                          Mir persönlich hat "Die Leuchte Asiens" jetzt leider weniger gegeben, ich empfand den Film mit Ausnahme der Ausstattungsszenen (Elefanten ❤️) als recht trocken und unspektakulär. Als filmisches Zeitdokument ist das aber natürlich dennoch außergewöhnlich.

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                                          • 3
                                            J.F.Lannister 23.03.2021, 17:30 Geändert 27.03.2021, 17:39

                                            Was für ein Enttäuschung nach der ersten Episode. Da erwartet man eine seriöse Historiendokuserie über das feudale Japan des 16. Jahrhunderts (Wiedervereinigung Japans und Wiedererrichtung des Shogunats, an sich ziemlich interessant) und erhält stattdessen eine extrem reißerische Aufarbeitung mit billigen nachgestellten Szenen. Gegen geringbudgetierte Nachstellungen wie z.B. in "Terra X" spricht definitiv nichts, dort dient dies aber eben der visuellen Informationsvermittlung, in "Age of Samurai" dagegen wird das als auf episch und cool getrimmte Splatter- und Goreaction verstanden. Noch schlimmer als das fällt die Diskrepanz zwischen den Nachstellungen und den Historikerinterviews aus, die sich entgegen der sonstigen billigen, reißerischen Aufmachung für sehr wichtig nehmen und mit merkwüdigen Kameraeinstellungen und höchstprätentiös in Schwarz-Weiß daherkommen. Achtung, historisch!

                                            Sowas wäre früher höchstens auf N24 gelaufen, heutzutage wird das von Netflix produziert und veröffentlicht. Netflix24.

                                            Ich bin mal gespannt, ob sich das noch bessert, eigentlich habe ich nach der ersten Episode keine Lust mehr.

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                                            • 6 .5

                                              "Wunder der Schöpfung" zählt zum Genre des sogenannten Kulturfilms, fiktionalisierte Dokumentar- und Lehrfilme, die in der Weimarer Republik große Popularität genossen und zur damaligen Zeit in der westlichen Welt als eines der Aushängeschilder des deutschen Films galten. In diesem Film hier wird beispielsweise der Dokumentar- und lehranspruch mit Abenteuer und Science Fiction angereichert. Dabei zieht "Wunder der Schöpfung" alle Register des damaligen Standes der Technik und vermittelt das damalige naturwissenschaftliche Wissen über die Erde, den Mond, die Sonne, die Sterne, die restlichen Planeten des Sonnensystems und den Weltraum. Aus heutiger Sicht ein alter bis veralteter Hut, wenn man aber das Erscheinungsjahr 1925 bedenkt, kommt man nicht umhin, davon fasziniert und beeindruckt zu werden. Und gerade das Veraltete lädt mitunter auch zum Schmunzeln ein.

                                              Fünf Beispiele für diese Schmunzel-Highlights:
                                              - Im Jahr 1925 blickte man sehnsüchtig dem Jahr 1999 entgegen, der nächsten in Deutschland beobachtbaren, totalen Sonnenfinsternis.
                                              - Die Existenz von Marskanälen und deren Erschaffung durch höhere Lebensformen war noch Teil der Forschung.
                                              - Die Schwerkraft auf dem Mars wurde im Film offensichtlich per Trampolin Springen dargestellt.
                                              - Die Existenz des Pluto war noch nicht bekannt (erst 1930 entdeckt), man ging - wie heute - von acht Planeten aus.
                                              - Im Film ist es mit einem Fernseh-Apparat möglich, von den Tiefen des Universums aus auf die Erde zu blicken bzw. wegen des langen Lichtwegs auf die Vergangenheit der Erde. So sieht man in der Vorzeit dann Moses mit den Zehn Geboten (lol) und einen ziemlich knuffigen, stop-motion-animierten Sauropoden.

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                                              • 5 .5

                                                Der Running Gag "Six seasons and a movie" ist natürlich ein Argument für die Existenz dieser Staffel, täuscht für mich aber nicht darüber hinweg, dass die sechste Staffel bis auf wenige Episoden (z.B. Paintball, Inzest-Hochzeit, Finale) und eine Handvoll guter Ideen echt nicht mehr so toll ist. Zu viel hat sich in den Staffeln 4-6 verändert, zu viele Charaktere sind gegangen (selbst Nebenrollen wie Professor Ian Duncan), und dafür in Staffel 6 neue hinzugekommen (Frankie, Elroy), die über kein tiefes Profil verfügen. Die Community der ersten fünf Staffeln war das für mich nicht mehr, der Humor wirkte oft auch nur noch gewollt und nicht gekonnt.

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                                                • 8
                                                  J.F.Lannister 21.03.2021, 12:22 Geändert 21.03.2021, 12:23

                                                  Der ehemals populäre Trapezkünstler Huller (Emil Jannings) befindet sich nach einem Unfall in einer heruntergekommenen und zugleich geerdeten Position, ist Besitzer einer Reeperbahn-Showbühne und Vater einer Familie. Als Huller auf die junge Tänzerin Berta-Marie (Lya de Putti) trifft und sich in sie verliebt, träumt er davon, aus dem Alltagstrott, der Familienbindung und dem derben Reeperbahnumfeld auszubrechen und sich wieder selbst in die Höhe zu schwingen. Er verlässt Frau und Kind, schließt sich mit Berta-Marie und einem anderen Trapezkünstler namens Artinelli (Warwick Ward) zu einem Trio zusammen, als das sie wie in früheren Zeiten im renommierten Berliner Varietétheater Wintergarten auftreten.

                                                  "Varieté" ist absolut berauschendes, leidenschaftliches, lebendiges und affektives Kino, der Blick auf den Jahrmarkt der Reeperbahn, die Tanzeinlagen auf der Bühne und die Trapezkunststücke im Varietétheater sind durchdrungen von einer ungemeinen Kinetik. Die Cutter und Kameramänner haben hier ganze Arbeit geleistet, die Kamera hängt dabei teilweise - für das Jahr 1925 geredazu revolutionär (?) - in den Jahrmarktsattraktionen oder am Trapez und schwingt selbst hin und her. Die Deutlichkeit dieser Wahrnehmung begründet sich allerdings auch durch die Klasse der Filmrestauration (die beste, die ich bisher kenne) und die musikalische Neuinterpretation. Das Bild ist gestochen scharf und plastisch, Filmmusik und Gesang spiegeln mit ihrem schnellen Rhythmus und Temparament das Visuelle auf auditiver Ebene wieder. Die musikalische Neuinterpretation scheint nicht allzu beliebt zu sein, zeitgenössisch hätte man einen Film so auch definitiv nicht umgesetzt, Musik und Gesang entsprechen stilistisch jedoch klar dem 1920er Jahren, daher sehe ich hier kein Problem.

                                                  Abseits des Kinos der Bewegung ist "Varieté" ebenso ein Kino der Blicke, Blicke der Liebe und des Verlangens einerseits und Blicke der Eifersucht und der Geringschätzung andererseits. Huller (Jannings) hat auch einen Hang dazu, Nebenbuhler mit Todesblick niederzustarren, was in einer Szene besonders witzig ausfällt, als ein besoffener, ekliger, notgeiler Mann die Reeperbahnbühne stürmt, um sich an Berta-Marie ranzumachen. Im Verlauf der Handlung verlieben sich Berta-Marie und Artinelli ineinander und das bisher so gut harmonierende Trio entwickelt sich zu einer labilen Dreiecksbeziehung, die Spannung wird in schauriger Erwartung eines absichtlichen Unfalls hochgetrieben. Zugleich handelt es sich bei "Varieté" um den erotischsten Film aus der Zeit der Weimarer Republik, den ich bisher kenne, einmal die Gelegenheit haben, von Emil Jannings' kräftigen Armen umschlungen zu werden, sich an seine breite Brust zu schmiegen und von ihm innig geküsst zu werden!

                                                  Die in "Varieté" erzählten Lebens- und Liebesgeschichten gleichen sich in ihrer Leidenschaft, Affektivität und Ausbruchsmentalität, leider kommt auch dieser Film nicht ohne moralische Bestrafung aus. Immerhin lässt sich das hier wenigstens halbwegs als ausgleichende Gerechtigkeit interpretieren, auf die Schuld folgt die Sühne, Huller bezahlt dafür, Frau und Kind im Stich gelassen zu haben, einen (viel zu hohen) Preis.

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                                                  • 7

                                                    Ein kraftvolles Kurzfilmdrama über das Zusammentreffen eine obdachlosen Teenagers und eines taubblinden Mannes.

                                                    https://www.youtube.com/watch?v=h1CqzntEZZ8

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