JackoXL - Kommentare

Alle Kommentare von JackoXL

  • 7
    über Gravity

    Über „Gravity“ lässt sich sicher vortrefflich streiten. Auf inhaltlicher Ebene. Zwischen Banalität und Sinnsuche in der Leere des Weltraums dürften da viele Standpunkte und Meinungen vorhanden sein, wobei die Tendenz ganz klar in eine Richtung geht. Das Werk (in dem Bereich) als banal abzutun ist etwas zu drastisch, wobei die Stärke, Kraft und Einzigartigkeit natürlich in der Inszenierung liegt. Technisch ist „Gravity“ das Maß der Dinge, Stand heute, keine Kompromisse. Damit ist nicht nur CGI und 3D gemeint, das ist das perfekte Beispiel dafür, wie moderne Technik als Geschichtenerzähler fungieren kann. Nicht nur als Eye-Catcher, als Jahrmarktsattraktion, sondern als essentieller Teil eines Films, eines Erlebnisses. So wurde, selbst bei Kubrick, das Unbeschreibliche des Weltraums noch nie präsentiert und wiedergegeben. Das dieser Film bei der diesjährigen Oscar-Verleihung in den technischen Kategorien der große Abräumer war ist selbstverständlich, doch Alfonso Cuarón gleichzeitig als besten Regisseur auszuzeichnen ist mindestens ebenso verdient.

    Denn was der gute Mann hier abruft, ist atemberaubend und von einer Klasse, wie sie es im modernen Kino (auf Grundlage von Effekten) noch nie zu sehen und sogar zu fühlen gab. Die Plansequenz zu Beginn, so unendlich scheinend wie sein Handlungsort und mit einer schwerelosen Kamera eingefangen, ist visuelles, handwerklich perfektes Kino, welches künstlerisch kaum zu toppen ist. Das muss man erlebt haben, so wie „Gravity“ allgemein. Selbst in der abgespeckten 2D-Version zieht einen die Komposition aus Bildern, Effekten und nicht zu Letzt dem grandiosen Sound-Design dermaßen in seine eigene Umlaufbahn, schier unglaublich und vorher wohl kaum zu erahnen. Im Weltraum hört die niemand schreien, wussten wir schon, doch das am eigenen Leib zu erfahren (gefühlt) ist ein Ding für sich. Wo bei anderen Filmen die Boxen aufgrund von Getöse explodieren würden, zaubert Cuarón in der Stille der Unendlichkeit ein Spektakel auf den Bildschirm, dass man sich als Zuschauer selbst wie lost in space fühlt. Das wollte er, das ist seine Intention und das macht er in einer Perfektion, die sich nicht genug loben lässt. Wenn er dieses stille Feuerwerk von Impressionen und Stimmung jetzt noch mit einer tieferen Geschichte veredelt hätte, meine Fresse, selbst „2001 – Odyssee im Weltraum“ hätte Konkurrenz bekommen.

    Da liegt der Hase im Pfeffer: Denn Cuarón erzählt seine rudimentäre Geschichte ausschließlich über seine audio-visuelle Darbietung. Sandra Bullock gibt sich sichtlich Mühe und überzeugt deutlich mehr als sonst, doch sie ist letztendlich Mittel zum Zweck. Sie ist da. Jemand muss halt da sein. So wie eine Geschichte halt da sein muss. Das spielt für die beeindruckende Wirkung kaum eine Rolle, doch was wäre „Gravity“, wenn dem Rausch noch eine echte, gute Basis zugrunde liegen würde? Etwas, das sonst noch erwähnenswert wäre? Richtig, einer der Film des neuen Jahrtausends, eventuell mehr. Schade, doch wenn das mal relativ egal sein soll, dann hier. „Gravity“ sollte man gesehen, gefühlt und erlebt haben. Eventuell nur einmal, aber das sollte man sich gönnen. An Darbietung und Stimmung nur schwer zu überbieten. Wenn eines, im wahrsten Sinne des Wortes, mal „sehenswert“ war, dann wohl das. Der Rest steht mal in zweiter Reihe, ab und zu ist das erlaubt.

    27
    • 3

      [...] Das Making-Of kommt einem nach Sichtung des Films wie ein schlechter Scherz vor. Das sich der Regisseur und sein Co-Autor (wie Darsteller) Antonio Tentori gegenseitig in den Himmel loben, gut, was sollen sie auch machen? Wenn einer hinter diesem Film stehen muss, dann wohl sie. Die Krönung ist – jetzt wird es bitter – Seniore Argento höchstpersönlich, der einleitend nicht müde wird zu betonen, wie eindrucksvoll und interessant er diesen dilettantischen Hommage-Krepierer doch findet. Nicht zu fassen... [...]

      [...] Planlos peitscht Pastore von einem bluttriefenden Mord zum nächsten, lässt die rote Suppe ordentlich fließen, die betörende Ästhetik und soghafte Stimmung seines großen Vorbilds wird nicht mal angekratzt. Selbst wenn dem Mann mehr Mittel zur Verfügung gestanden hätten lässt sich nur schwer glauben, dass er damit besser gearbeitet hätte. Lediglich – bei dem lausigen Gesamtbild muss man schon sagen immerhin – die Musik ist recht gelungen. Der rotzige Retro-Rock hat gewisse Ohrwurmqualitäten und wenn dazu nicht so schäbige Bilder präsentiert werden würden, könnte gut wirken. Einfach die Augen schließen und sich den Film ausmalen, der wohl gemacht werden sollte. Wenn eine Szene mal auf ganz geringem Niveau überzeugt, dann weil sie praktisch aus einem Argento kopiert wurde, dafür in schlechter. Herzlichen Glückwunsch. Eine ganz interessante (wenn auch nicht total neue) Idee lässt sich dann doch noch finden: Die Handpuppen, die zwischendurch als so was wie Kommentatoren der Geschichte dienen. Bringt den Käse zwar nicht voran oder macht ihn besser, zumindest ist das mal was. Irgendwas. [...]

      11
      • 8

        Paul Greengrass ist verglichen mit Michael Bay wie Entrecote mit Tofu. Augenscheinlich identisch, man muss nur gut würzen...natürlich (alle Vegetarier dürfen jetzt gerne meckern).

        Greengrass beweißt nicht zum ersten Mal, diesmal allerdings so deutlich wie nie, wie Popcorn-Kino aussehen kann, abseits von künstlich erzeugten Spektakel und alberner Selbstverliebtheit. „Captain Phillips“ roch nach typischen Oscar-Material für die Tränendrüse und ist tatsächlich einer der besten Filme 2013, mit einem breitem Zielpublikum. Wer einen spannenden Großstudiofilm sehen will, liegt goldrichtig, wer einen spannenden Film ohne die unerträglichen Zutaten eben dessen sehen will noch mehr. „Captain Phillips“ gelingt die (leider) ausgesprochen seltene Kombination aus Unterhaltung, Anspruch, weltbildlicher Aktualität und Emotion, bedient alles und macht eigentlich nichts falsch, um auf allen Hochzeiten zu tanzen.

        Es beginnt mit der enorm nüchternen Inszenierung von Greengrass, das kennt und mag man (in der Regel) von ihm. Er verlässt sich auf seinen Ausdruck, auf die pulsierende Anspannung, die seinen Captain von Anfang an dominiert. Man dürfte über die Story normalerweise grob informiert sein, daraus bezieht dieser Film nicht seine Spannung. Es ist dieses Ding, was man entweder beherrscht oder nicht. Greengrass beherrscht es. Er vermischt gängige Methoden so gekonnt, feiert sich nie selbst, verzichtet auf übliche schwarz-weiß Malerei und gewinnt daraus die Quintessenz: Spannung, Drama, Unterhaltung, Emotion, hochwertiges Drumherum. So, nicht anders, muss ein sehr guter Grenzgänger zwischen Anspruch und Entertainment heute aussehen, was kaum jemand zu verstehen scheint.

        Man lernt die „Guten“ wie die „Bösen“ kurz kennen, nicht zu intensiv, aber gut genug. Es reicht, um ihre Motivationen zu verstehen und das steigert sich extrem. So gut, das die Grenzen verwässern, weil gut und böse immer nur ein Standpunkt ist. Wann bist du der Gute, wann der Böse, sind wir oft nicht alle die Guten, wenn man mal die Situation berücksichtigt? Natürlich ist Piraterie und das was mit ihr einhergeht moralisch verwerflich, aber was, wenn du keine Wahl hast? Warum machst du das? Greengras schleimt nicht rum, er zeigt, druckvoll wie grauzönig, zelebriert keinen Pathos, aber lässt beide Seiten verständlich, menschlich, ohne zu dämonisieren. Man möge sich diesen Film mal unter einer anderen Regie vorstellen, sicher ganz furchtbar.

        Davon ist „Captain Phillips“ Seemeilen-weit entfernt. Die oft schreckliche Kamera ohne Stativ und Plan verkommt nicht zum dämmlichen Stilmittel, sie funktioniert. Sie trägt so zielgerichtet und effektiv eingesetzt zur semi-dokumentarischen Stimmung bei, es wird nützlich damit gearbeitet und nicht nur rumgeeiert. Die Spannung drückt enorm, schon auf dem Schiff wird es dicht und eng, später umso intensiver, getragen von grandiosen Darstellern. Tom Hanks, einst der Liebling der seichten Unterhaltung und nur selten aus einer Wohlfühlgruft gekrochen, darf endlich mal wieder sein Talent zeigen, voll und ganz, bis zum Schluss. Barkhad Abdi hält da erstaunlich mit, zurecht ins große Rampenlicht gerückt. Fast Kammerspiel-artig fesselt „Captain Phillips“ speziell in der zweiten Hälfte, umschifft eventuelle Sandbänke mühelos und lässt einem mit dem beruhigenden Gefühl zurück, dass heute nicht alles schlechter ist. Wenn man denn mal den Mut beweist, Unterhaltung und Anspruch zu vermischen. Das sind Filme, die in die Kinos locken (sollten), da ist für jeden was dabei. So geht das. Wunderbar.

        29
        • 7 .5

          Ein hochinteressantes, partiell großartiges – sogar meisterhaftes – Kleinod. Drei namenhafte Regisseure verfilmen drei Geschichten von Edgar Allan Poe, zusammengefasst unter dem eher unspektakulären Titel „Außergewöhnliche Geschichten“. Wie so oft sind nicht alle Teile gleichwertig, was eine Bewertung insgesamt erschwert und besonders denen nicht gerecht wird, die herausstechen. In diesem speziellen Fall fällt leider die erste Episode von Roger Vardim („Barbarella“) etwas aus dem qualitativen Rahmen, sonst wäre das ein wirklich außergewöhnlicher, fantastischer Film. Louis Malle („Fahrstuhl zum Schaffot“) steigert sich bei seiner Episode deutlich und Federico Fellini („La strada“) veredelt das Werk mit seinem finalen Beitrag, der nicht weniger ist als ein Meisterwerk und allein schon das Ansehen mehr als nur rechtfertigt.

          1. Metzengerstein.
          Eine junge, bildhübsche Gräfin regiert grausam über ihr Reich. Jane Fonda strahlt mit ihrem (von Ehemann Roger Vardim) lassiv in Szene gesetzten Sexappeal eine enorme Kraft aus, eine weibliche Version des Caligula, zwischen purem Sadismus und sündhaften Orgien. Als sie ihr Cousin (Peter Fonda) zurückweist, schlägt die verwöhnte Göre zurück, geht einen Schritt zu weit und beschwört damit ihr eigenes Ende herauf, welches in Form eines mysteriösen, schwarzen Hengstes sie symbolträchtig ins Fegefeuer führt.

          Die Vorlage ist unverkennbar ein typischer Stoff von Poe (wie auch die weiteren Folgen des Films). Die Hauptfigur – in dem Fall Jane Fonda – ist voller Sünde und erntet am Ende das, was sie einst gesäht hat. Eingeholt von den Geistern der Vergangenheit, von der Schuld, kommt das Schicksal auf geheimnisvollen Sohlen (oder eher Hufen) daher. Die Story hat was, nur gelingt Vardim nicht eine so packende Umsetzung. Die verspielte Ausstattung, der schön bizarre Score und die Präsenz der Fonda stechen hervor, der surreale Touch wird leider nicht so effizient und verstörend ausgearbeitet wie bei Malle und besonders Fellini. Der leicht verruchte Look der Episode sowie sein schmuddeliger Tango von Sex, (sehr) dezentem Grusel und gerechter Strafe üben einen nicht zu leugnenden Reiz aus, der große Funke wird dabei trotzdem nicht entfacht. Ein ganz netter Auftakt, der allerdings nur bedingt Lust auf mehr macht.

          2. William Wilson.
          Der verzweifelte William Wilson gesteht im Beichtstuhl, einen Mord begangen zu haben. Er erzählt dem Pater seine Lebensgeschichte, in der er seit Kindertagen von einem Doppelgänger verfolgt wird.

          Schon der Beginn der Episode steckt „Metzengerstein“ locker in die Tasche. Louis Malle begeistert mit einer effektvollen, ausdrucksstarken Inszenierung, hat mit Alain Delon ein wahres Ass im Ärmel und zudem eine deutlich bessere Geschichte erwischt. Das Duo Malle/Delon, unterstützt von einer betörenden Brigitte Bardot, setzt die psychologisch wie moralisch hochinteressante Geschichte um das andere Ich, den bösen oder guten Zwilling, Engelchen und Teufelchen, der fleischgewordenen Antimaterie packend und handwerklich seht stark um. Eine verstörende, clevere Geschichte, die so auch locker einen ganzen Film tragen könnte und von einem Hitchcock nicht besser hätte verfilmt werden können. Hitchcock und Poe, das wäre was gewesen...

          3. Toby Dammit.
          Ein ehemaliger Shakespeare - Schauspieler kommt nach Rom, um seine gefallene Karriere mit einem religiösen Italo-Western endgültig zu begraben. Er erlebt einen Trip zwischen Wahn und Wirklichkeit, um am Ende den Teufel persönlich zu treffen.

          Die mutigste, extravaganteste und eindeutig beste Episode liefert Federico Fellini ab. Er interpretiert die Vorlage von Poe sehr eigen, transportiert sie in die Gegenwart und macht daraus einen dellirischen Fiebertraum, der auf einem kaum wahrnehmbaren Grat von verzerrter Realität, wunderschön-verstörendem Wahnsinn und psychologischer Dekonstruktion tanzt. Ein surrealer Horrortrip wie bissige Entlarfung und Abrechnung mit dem selbstverliebten, wohl oft idiotischen Zirkus des Filmgeschäfts, das Fellini hier genüsslich und künstlerisch auf höchtem Niveau ohrfeigt. Terence Stamp spielt, als hätte er seine Seele an den Teufel verkauft, Fellini inszeniert es, als wäre er eben dieser. Bilder, Beleuchtung, Einstellungen, Ausstattung, Schnitt, Setdesign, jeder Nebendarsteller und Komparse, alles scheint nicht von dieser Welt. Voller Symbolik und Metaphern schwelgt Fellini in seiner Komposition, kompromisslos und unnachahmlich brennt er ein diabolisches Höllenfeuer ab, welches einen aufsaugt, mitreißt und mit einem grandiosen Ende belohnt. Ein unfassbarer Ritt, ein Genuss auf allen Ebenen, für sich isoliert gesehen ein zweifelloses Meisterwerk.

          Am Ende steht das Gesamtwerk: Episode eins schwächelt, zwei gefällt sehr, drei zieht einem die Schuhe aus und gibt sie nicht zurück. Wenn der Auftakt besser wäre, großartig ohne jeden Zweifel. So steigert sich der Film von okay bis famos. Klare Empfehlung und wenn man etwas in seinem Leben gesehen haben sollte, dann Fellinis abartig geile Poe-Variante, die so wohl niemand auch nur versucht hätte. Chapeau.

          22
          • 6

            [...] Trotzdem funktioniert das angestaubte Ding aus den 50ern noch recht gut, dank eines begrenzten Szenarios, der guten Idee (mit zeitbedingten Anleihen) und manchen Momenten, die immer noch „zünden“. Charmant ohne Ende und mit extrem guten Ansätzen, nur nicht immer auf den Punkt gebracht, ein wirkunsvolles Stück Genre-Kino mit Kultpotenzial, welches rückwirkende veredelt wurde. Allein deshalb einen Blick wert. Man möge nur die Punkte beachten, die bei Carpenter liebe- und effektvoll verbessert und verändert wurden (die Huskies). Hawkes lieferte die Grundlage für einen der besten Genrefilme bis heute und man mag verstehen, warum Carpenter an diesem Film so einen Narren gefressen hat.

            Ein schönes, semi-gut gealtertes Werk, welches für Fans dennoch unverzichtbar ist. Zwischen Klasse, Anspruch, Trash und echtem Witz ist da alles drin, nur die Aufteilung ist wohl Ansichts- und Wahrnehmungssache.

            15
            • 0

              Das hat kein Film verdient. Alles hat ein Ende, selbst die Wurst müsste sich schämen und die hat sogar die Wahl. Friedberg & Seltzer, das Ende der Wurst. Der Kommentar ist auf dem Niveau der Filme, ich bin nicht schuld.

              28
              • 2

                [...] Da ist unsere Heldin, Violet, „wunderbar“ gespielt von Piper Perabo (warum die nicht die ganz große Karriere gemacht hat, unfair), die ganz süß ist, etwas sehr naiv (die weibliche Version von Nicolas Cage, mit besserer Frisur), leicht dämlich, die wunderbar Keyboard auf dem Dach spielen kann...wenn keiner guckt. Sonst nur im Dunkeln oder so...hach, tragisch. ABER: Die tolle Kneipe, wo der Putz von der Decke fällt, weil alle so dufte drauf sind, kein Bier auf der Theke stehen darf, weil da halt enorm eingeschüchterte Schnuckis ihre Passion finden, auch wenn der dicke Pappa (der keinen Wäschetrockner bedienen kann) oder der eifersüchtige, enorm schmalzige Boy-Friend vorbeischauen, das macht ein Mädchen zur Frau. Warum? Keine Ahnung. Ist auch egal, am Ende ist eh alles schön. Probleme hin oder her. Papa tanzt die Theke kaputt, LeAnn Rimes darf ihren Song vermarkten, John Goodman und Maria Bello sich schämen, und jeder halbwegs interessierte Zuschauer gleich mit, aber die konnten das Skript vorher nicht lesen. Ganz billiges Love-Story-Kasperletheater ohne Höhepunkte, nur mit den üblichen Zutaten, mit ganz viel Gekreische, eine grässlichen Piper Perabo und einer glatten Story-Null. [...]

                14
                • 8

                  [...] So raubt man stilvoll und vor allem „cool“ (das Wort schwebt praktisch über dem Film) ein Casino aus. Der (leider) nicht in Würde zur Ruhe gekommene Charles (Jean Gabin) und seine in vollem Saft stehende Marionette Francis (Alain Delon) haben den Masterplan schlechthin, können selbst kleine Fehler mühelos ausbügeln, aber am Ende des Tages zählt nur der Erfolg. Der perfekte Coup hat Fehler, nur in Details, aber die brechen in der Regel das Genick. An Details scheitert nur der Plan, nicht der Film. Ganz im Gegenteil. Verneuil gelingt ein Meilenstein seines Genres, der von einer perfekten Inszenierung und einem großartigen, erschlagend-charismatischen Duos lebt, eine Kombination, wie es sie heute selten bis nie gibt. [...]

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                  • 6 .5

                    Hochgelobt damals wie heute und nachvollziehen lässt sich das punktuell absolut. Nur der ganz große Hit ist „Auf der Flucht“ nun wirklich nicht, mal ganz nüchtern und ohne Nostalgie-Bonus betrachtet. Natürlich gelingt Andrew Davis eine an sich gelungene Umsetzung des Straßenfegers aus den 60ern, dank eines straffen Tempos und zwei äußerst charismatischen Hauptfiguren, mit Everybody’s Darling Harrison Ford und dem grantigen Knitter-Gesicht Tommy Lee Jones sehr treffend und effektiv besetzt.

                    Das ist grundsolides Thriller-Kino der 90er, dem es letztendlich (mit Ausnahme der damals wirklich spektakulären Crash-Sequenz am Anfang) an den Momenten fehlt, die ihn so richtig durch die Decke drücken. Langweilig wird das Katz-und-Maus-Spiel niemals, nur gelingt dem zweckdienlichen Handwerker Davis es nicht, sehr markante Momente zu setzen. Viele Filme mit deutlicheren Mängeln haben dieses gewisse Etwas, diese Situationen, diese inszenatorischen oder narrativen Kniffe, die sie klar abheben und nachhaltig wirken lassen. So komisch das klingt, „Auf der Flucht“ wirkt zu stabil und sicher, als das er länger auffälllt. Das wird klassisch runter gespielt, erlaubt sich keine großen Fehler, wagt aber eben auch kaum was. Selten hat man das Gefühl, als könnte die Flucht vorzeitig beendet werden. Egal, wie eng sich das Netz um Richard Kimble zieht, der kommt da schon raus. Wie und warum ist relativ egal. Das dürfte eh klar sein, aber mit einer weniger auf Nummer sicher gehenden, dadurch eventuell angreifbareren Inszenierung, mehr Mut zum Risiko, würde das vielleicht richtig zünden. So kann man sich problemlos ordentlich unterhalten lassen und auch mal voll mitgehen, doch gibt und gab es etliche Thriller, die trotzdem mehr fasziniert und gepusht haben.

                    Ich wurde und werde wohl nie so richtig warm mit dem Film, eigentlich schade. Sehr nett auf hohem Niveau, dem irgendwie trotzdem Eier fehlen.

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                    • 2

                      [...] In diesem vor sich hin krepierenden Versuch einer Komödie geben Hügelnasen-Grinsekatter Owen Wilson und der erneut schreckliche Jason Sudeikis zwei unglaublich unsympathische Möchtegern-Hengste, irgendwo in einem Lebensphasen- und Entwicklungsstandgrenzgebiet von Midlife-Crisis und pubertären Samenerguss unter der Bettdecke, die sich in ihrem ach so schrecklich öden Eheleben gar nicht mehr wohlfühlen und deshalb – natürlich – von ihren erstaunlich scharfen Ehefrauen (ja, die Beiden können einem ECHT leid tun) einen Freifahrtsschein bekommen. Ruhig mal ne Woche rumvögeln, alles easy, stoßt euch den Schorf von den Hörnern, wir sehen uns dann. Bitte?! Ja Ladys, nehmt euch daran mal ein Beispiel. Man kann doch UNMÖGLICH von einem Kerl – vor allem von so zwei Prachtexemplaren – ernsthaft verlangen, immer nur das selbe Feld zu pflügen. Männer müssen jagen im Land der unbegrenzten Muschis, ihre naturgegebenen Charme ausspielen und wenn nach einer Woche Sack und Magen leer sind, docken sie wieder ans Mutterschiff an und ihr backt ihnen am besten noch einen Kuchen. Ach du liebe Güte... [...]

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                      • 7 .5

                        [...] Handwerklich erstaunlich versiert, lediglich beim Schnitt hapert es leicht, wirkt manchmal sehr abgehakt. Nur Schönheitsfehler, denn die Bilder, die Musik, die Szenen (Supermarkt und besonders Kino!) sprechen eine ganz andere Sprache. Das ist 70er-Genre-Kino auf hohem Niveau. Ein beängstigender, leicht abstrakter, dabei nicht zu unzugänglicher Trip, bei dem sich die markantesten Kinder dieser Zeit die Klinke in die Hand geben. Okkultismus, Zombies, Mystery-Italiano, alles in einem. Schön vermengt und sauber abgeschmeckt, ohne zu sehr in eine Richtung zu kippen. Wäre an und für sich auch nicht schlecht, nur so wirkt „Messias des Bösen“ dennoch individuell, trotz deutlicher Anleihen, entwirft sein eigenes Ding und zieht das klasse durch. Die Stimmung wird früh entfesselt und reißt niemals ab, steigert sich sogar deutlich, alles behutsam und trotzdem markant. Das sich der Streifen auch heute nicht direkt in eine Sub-Genre-Schublade stecken lässt, zeitgleich aber einige entsprechend bedient, ist eine deutliche Ansage. [...]

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                        • 5

                          [...] Deutlich verkackt das Remake im Revenge-Part. Was damals die große Stärke war und diesen eigentlichen „Schmuddelfilm“ sogar bei einigen Feministinnen beliebt machte, verkommt zur reinen Folter-Show im Stil der späteren „Saw“-Filme. Statt sich ihrer Weiblichkeit als Waffe zu bedienen, quasi mit den vorherigen „Schwächen“ bzw. Angriffsflächen gnadenlos zurück zuschlagen, mutiert das Opfer plötzlich zur sadistischen Domina. Da ist mehr Genuss als Vergeltung zu spüren. Statt perfide und nachvollziehbar-effektiv Rache zu üben, werden wahrhaft kranke Fallen gestellt, das Leid zelebriert und man könnte fast glauben, Madame wird dabei richtig geil. Das beißt sich so eklatant mit dem, wofür das Original stand und bis heute steht. Eine auf 108 Minuten (übrigens, etwas sehr lang) ausgedehnte Gore-Parade, die kaum noch den Geist der Vorlage atmet und trotz aller Brutalität nie so in die Eier tritt.

                          Immerhin, handwerklich ist das voll okay. Die Darsteller sind bemüht, Kamera und Schnitt teils richtig gut, im Kern existiert noch dieses exploitative Etwas, nur anders vorgetragen. [...]

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                          • 7

                            [...] Wer der vielen Menschen, in deren Leben wir im Verlauf der Handlung einen kurzen Einblick erhaschen, hat direkt oder indirekt Schuld daran, dass am Ende des Tages vier Leben ausgelöscht wurden? Alle...keiner...einige...und warum genau? Who knows. Die Möglichkeit besteht, Interpretationen wird freiem Lauf gelassen. Eingefangen in Hanekes typisch ruhigen, beobachtenden, auf den ersten Blick knochentrockenen und oftmals als emotionslos abgehakten Stil. Ruhig und beobachtend ist das zweifellos, im allgemeinen Sinn auch trocken, doch eins bestimmt nicht, emotionslos. Daher kann es eigentlich auch nicht trocken sein... Nüchtern, das trifft es. Nüchtern, niemals erheiternd, auf direkte Wahrnehmung kalkulierend, niemals mit gängigen Mitteln manipulierend, was nicht grundsätzlich eine schlechte Sache sein muss. Klar wollen wir – gerade bei Filmen – gerne auch manipuliert werden. Wir wollen zum Lachen, Fürchten, Mitfiebern und auch Weinen und Leiden eingeladen werden, nur Haneke lädt nicht ein und bittet um die Teilhabe. Er verlässt sich darauf, dass jeder selbst erkennt, was er aus seiner Vorlage erfasst. Hier werden wahre, ungefilterte Emotionen gezeigt, nichts dem Zufall überlassen, ganz im Gegensatz zu dem Thema des Films. Die Plansequenzen sind bis ins Letzte durchdacht, Haneke ist ein Perfektionist durch und durch. Er zeigt Leben, halt nur selten die erheiternden Momente. Er lässt einem die Wahl, was er daraus zieht und mitnimmt, wie fern einen gewisse Szenen fesseln, berühren oder total kalt lassen. Planlos ist das dabei niemals, im Gegenteil. Selbst die oftmals nicht zusammenhängenden Geschehnisse in diesem Film verfolgen unverkennbar ein Ziel. Und wenn es nur der Weg dorthin ist. [...]

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                            • 7 .5

                              [...] Das das Ganze nicht nur zur Gewaltschose verkommt und man sich als Zuschauer nicht schlechter fühlen muss als es die diabolischen Spielleiter eigentlich sollten, liegt an der glaubhaften Story- und Figurenentwicklung. Man hat nicht das Gefühl, dass hier rein voyeuristische Zwecke erfüllt werden sollen, sondern Katz ein schauderhaftes, aber auch spannendes, teils tiefschwarz-humoriges und hinterfragends Szenario kreiert, welches sich mit menschlichen Abgründen beschäftigt. Die Grenzen von Moral, Ethik, Gier und der Bestie Mensch in Extremsituationen (die tatsächlich nachvollziehbar wirken, zumindest aus der Opferperspektive) werden ausgelotet, bewusst überschritten und alles mit dem dicken Stinkefinger den Leuten vor den Latz knallt, die diesen Film wohl leider nie sehen werden. Die, die hier von Sara Paxton und David Koechner in den Rollen des vom unbeschwerten Leben im Wohlstand angeödeten Ehepaars dargestellt werden, für die die Menschen mit echten Problemen, mit Existenzsorgen nur arme Schlucker sind, zur persönlichen Belustigung und Befriedigung der kranken Phantasien eine Daseinsberechtigung haben, mehr auch nicht. Das sitzt, ganz gewaltig. Besonders die letzten Minuten sind von eindringlicher Intensität, die letzte Szene von Paxton und Koechner setzt dem perversen Treiben noch die Krone auf, die letzte Szene des Films generell wirkt ähnlich heftig, als Resultat einer Nacht des Wahnsinns. [...]

                              18
                              • 7

                                [...] Nuanciert, eindringlich und bis auf das kleinste Detail der Körpersprache perfekt glänzt er in der Rolle eines Manns, der nicht nur durch seine geistige Beeinträchtigung, sondern viel mehr durch seine traumatische Lebensgeschichte seinen Platz in der Welt abseits von Anstaltsmauern nie finden konnte. Wie ein Alien auf einem fremden Planeten muss er sich nun erstmals in der Gesellschaft zurecht finden. Thornton spielt das schön zurückgenommen, übertreibt es nicht mit Behinderten-Klischees oder zerstört seine wunderbare Leistung durch affektiertes Overacting. Diese geschickte Gratwanderung gelingt ihm (oftmals) auch bei seinem Skript. Mühelos könnte da unzähligen Stellen in einen sehr kitschigen und unglaubwürdigen Bereich kippen. Wenn die Tendenz mal ganz kurz dorthin geht, fängt Thornton es rechtzeitig auf und kann durch viel Empathie, teils wunderbare Dialoge und viel Herz wie Verstand für seine Figuren wie die Geschichte alles in die richtigen Bahnen lenken. Eine ausgewogene Melange aus Melancholie, leisen Humor, dramatischen Tiefgang und immer Lichtblicken in einer menschlichen Tragödie, die nicht im Elend ertrinkt, obwohl dem Zuschauer jederzeit klar sein sollte, auf welches logische Ende alles zusteuert. Das Skript lebt und gefällt durch dieses sensible Timing, hat leider nur dezente Schwächen in der leicht stereotypischen Figurenskizzierung (der Nebenrollen) sowie der etwas üppigen Laufzeit, die der Film nicht unbedingt gebraucht hätte. So gibt es leichte Längen, die zu erkennen sind, dabei aber nicht besonders stören. Dafür ist der Rest schlicht zu gut gemacht, die Stimmung nimmt einen durchgehend mit und die starken Momente gleichen dies problemlos aus. [...]

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                                • 4 .5

                                  Optisch perfekt vorgetragende Langeweile. In 3D und überhaupt sicher wunderbar, sogar auf dem Bauern-Kino beeindruckend, aber was ist das denn bitte sonst? Tiger sind auch nur Menschen, wer alle Götter mag liegt nie verkehrt und am Ende wird eine nette Idee ENDLICH auf den Punkt gebracht. Schön und gut. Bis dahin ist das Schiffbruch mit Tiger, Inder und 3D, schön aber belanglos. Klar, voll wichtig, ausdrucksstark und meta, eher ein Augenschmaus der unendlichen Müdigkeit, schade, aber sicher ganz wertvoll, bin wohl zu doof. Bin halt nicht multi-religiös und auf hoher See gekentert, was weiß ich schon...

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                                  • 8 .5

                                    [...] Lange vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs zeigt uns die ersten Umsetzung von Erich Maria Remarques Roman den Wahnsinn ungeschminkt, fast visionär, im Hinterkopf und mit dem Blick in die Zukunft noch das, was folgen sollte. Damals wurde schon erkannt, was Jahre später multipliziert wurde. Grausamer Schwachsinn, ausgetragen auf den Rücken der Jugend, die für Ideologie, Faschismus und merkwürdige Wertevorstellungen durchs Feuer rennen musste und oftmals nicht mal wusste, für was sie sich gerade den Bauchschuss einfangen musste. Kluge, junge Menschen als Kanonenfutter verheizt, so werden Herrschaften und Königreiche erschaffen. Beklemmend, bemerkenswert ehrlich und für seine Zeit enorm drastisch trägt Lewis Milestone das alles vor, erzeugt das vor Augen, was die Buchvorlage nur im Kopf schaffte. Ein erschreckendes Abbild von Leid, Tod und blinden Herdentrieb. Druckvoll, erschütternd und niemals nur annährend mit falscher Glorifizierung geschmückt, das ist ein Anti-Kriegsfilm, der diese immer grenzwertige Bezeichnung mit vollem Recht verdient. Für seine Zeit in Inszenierung und Aussage unfassbar und heute noch ein mehr als wertvolles Zeitdokument, welches an Dringlichkeit, Wertschätzung und Wichtigkeit kaum verlieren kann. Und wenn, stimmt etwas nicht... [...]

                                    16
                                    • 7
                                      JackoXL: Moviebreak 14.03.2014, 16:55 Geändert 19.02.2021, 22:14

                                      [...] Jewison beginnt seinen Film recht locker und unterhaltsam, der satirische Ansatz kommt eher überdreht und komödiantisch daher, wenn Jack Warden als Richter für Ruhe im Saal sorgt, in dem er die Knarre aus dem Halfter zieht und mit Schüssen in die Decke für Autorität sorgt („Meine Herren, ich muss sie daran erinnern, dass sie in einem Gerichtssaal sind.“). Erst im weiteren Verlauf bekommt seine Farce einen erschreckenden Antrich, nicht in dem er eher extrem überzieht, sondern sich im absolut realen Wahnsinn suhlt. Den alltäglichen Irrsinn so glaubhaft verkauft, dass es jeder nicht nur ernstnehmen kann, sonder es leider muss. Rechtssprechung in einer Klassengesellschaft, die natürlich nicht existiert, wäre ja auch schlimm. Der Ton wird deutlich ernster, galliger und deshalb wirkungsvoller. Die anfängliche Satire wird zum reflektierten Drama, ohne den Ansatz aus den Augen zu verlieren, in beide Richtungen. Dem schwungvollen Unterhaltungswert wird eine deutlichere Aussage hinzugefügt, wirkt sogar unheimlich. Man kann kaum daran zweifeln, was so in den Räumen der Justiz – und besonders in den Hinterzimmern – vor sich geht. Da wird geschoben, mit zweierlei Maß gemessen, gedreht und gebeugt bis zum Anschlag, Menschen werden wie Schachfiguren hin und her geschoben, Bauernopfer sind Teil der Strategie, solange der König nicht geschlagen wird. [...]

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                                      • 6

                                        [...] Der Spaß geht schon früh los. Nach einer missglückten Fast-Geburt des Antichristen warnt der Leibhaftige eindringlich davor, das bloß nicht nochmal zu versauen. Mit der deutschen Synchro-Stimme von Wolfgang Hess, Bud Spencer. Kein Wunder, die legendäre Synchro des Rainer Brandt Studios macht hier eine Menge des Unterhaltungswerts aus. Die ohnehin trashige Note wird wunderbar untermauert, ein Highlight sind schon die Zeilen, die den „liebevollen“ Erstgeborenen von Jessica (ca. 6-8 Jahre alt) in den Mund gelegt werden. Zuckersüße Sprößlinge hauen hier Dinger raus wie:

                                        - „Hast du vorhin die Alte mit den riesen Titten gesehen?“
                                        - „Eins sag ich dir, wenn ich mal erwachsen bin, geh ich ran wie eine Hafennutte!“
                                        - „Hey, alter Hurenbock!“ [...]

                                        [...] Irgendwie geil. Das sind so Filme, die über unendlich viel Flair verfügen, sogar eine gewisse Qualität beinhalten, bei denen Mankos nur eine geringe Rolle spielen und so heute gar nicht mehr gedreht werden können. Wenn, dann bitte mal machen. Trash deluxe, mit erstaunlichen Vorzügen.

                                        "Los, hilf dieser Saunutte das Geschöpf auszukotzen, das ihren Leib aufbläht."

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                                        • 5 .5

                                          Home-Invasion ist in letzter Zeit wieder mächtig angesagt. Kältblütige Killer dringen in das traute Heim ein, wie schon bei „The Purge“ oder „Home Sweet Home“ (wobei diese erst nach „You’re Next“ produziert wurden, jedoch eher hier zu Lande veröffentlicht). Einfache Prämisse, mit der sich jedoch einiges machen lassen kann. „The Purge“ hatte eine interessante Grundidee (die letztlich leider nicht effektiv genug genutzt wurde), „Home Sweet Home“ überzeugte durch seine lange Täter-fokussierte, elegant-perfide Inszenierung. Was dem Film von Adam Wingard klar abgeht, ist dieses gewisse Etwas.

                                          Die obligatorischen Mängel an Logik, Figurenzeichnung und Verhaltensweisen sollten nicht zu sehr kritisiert werden, sonst dürfte man sich nur selten in dem Genre bewegen. Nur fällt Wingard eben nichts ein, was auch nur annährend als originell, kreativ oder besonders gelungen bezeichnet werden könnte. Ab dem Angriff der maskierten Übeltäter gibt es eine kontinuierliche Dezimierung der Figuren, möglichst blutig und gemein, nur die (zum Glück) durch väterliche Paranoia in der Kindheit auf Einzelkämpferin und Fallenstellerin getrimmte Studentin zeigt den Killern, wo der Hammer (oder die Axt) hängt. Etwas Home Alone-Feeling mit eingeschlagenen Schädeln, Macheten und Armbrüsten (warum die Killer nicht auf zweckmäßigere Waffen zurückgreifen, Handfeuerwaffen mit Schalldämpfer oder so, bleibt unbeantwortet, macht halt nicht so eine Sauerei). Die Inszenierung ist straff und temporeich genug, zum Teil mit einem schönen Score unterlegt, dass es nicht zu Längen kommt, recht kurzweilig ist das Ganze. Mehr beim besten Willen nicht. Die Mini-Twist sind eher unnötig und blöd als überraschend und statt richtiger Spannung gibt es nur reichlich Gore im flotten Rhythmus. Zumindest zum Schluss wird mit einer Prise makabren Humor nachgewürzt, der dem sonst sehr grimmigen Streifen zwischendurch sicher nicht geschadet hätte.

                                          „You’re Next“ ist ganz simpel und für den einmaligen Konsum ohne Anspruch und mit Affinität für das Genre halbwegs okay. Dann ist aber auch gut.

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                                          • 6 .5

                                            [...]Wenn man Roth eines ohne wenn und aber anrechnen kann, dann seine Verliebtheit. Für den Horrorfilm. Für das prägende Kino der 70er und 80er. Allein im Start stecken unendlich viele Referenzen. Von „The Last House on the Left“ („And the road leads to nowhere...“), über „Freitag, der 13.“, „Hügel der blutigen Augen“, "The Texas Chainsaw Massacre" bis hin zu „Tanz der Teufel“, an Anspielungen und Liebeserklärungen mangelt es „Cabin Fever“ niemals. Roth zitiert fleißig und ausgiebig, verliert dabei nur leider – das ist der deutlichste Kritikpunkt – das eigene Werk zeitweise etwas aus den Augen. Der ersten Hälfte fehlt es an einer klaren Struktur. Da baut sich die eigentliche Handlung leicht schleppend auf, es wird ein nicht immer passender Humor eingestreut, das Tempo hängt sich an den kundigen Huldigungen leicht auf. Bis er endlich seinen Film gefunden hat. Bis dahin muss man ihm aber einfach seine ansprechende Inszenierung zurechnen, mit minimalen Mitteln, das schaffen etliche Regisseure bei ihren Gehversuchen nicht im Ansatz.

                                            Sobald Roth seiner sogar recht kreativen Handlung freien Lauf lässt, geht ordentlich die Genre-Post ab. „Cabin Fever“ wird eng, böse und paranoid-dringlich. Keine irren Killer, Geister, Dämonen, Zombies, Vampiere, weiß der Kuckuck, die Hütten-Seuche fährt ihr eigenes Ding. Das rockt, das fetzt, das sorgt für volle Wartezimmer beim Dermatologen. Diverse Längen sind nicht vergessen, aber geraten in den Hintergrund. Im letzten Drittel funktioniert das für einen Erstling erstaunlich versiert und kompromisslos, lässt einen zynischen Nachgeschmack zurück, wie bei den Großen aus der guten, alten Zeit. Das wollte Roth, das schafft er auch, nur mit kleinen Hängern. [...]

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                                            • 5

                                              Ein Jahr nach den Vorfällen in einem berliner Kino fallen die sich rapide vermehrenden Dämonen über einen Wohnkomplex in Hamburg her. Könnte ebenso Spaß machen wie der Erstling, mehr als bösartig-trashigen Splatter-Spaß hatte der ja eigentlich auch nicht zu bieten, nur an „Dèmoni 2“ erkennt man leider, dass selbst so was eine Kunst für sich ist.

                                              Die Handlung kommt viel zu träge aus dem Quark und auch wenn die Dämonen endlich das Hochhaus in ein Schlachtfeld verwandeln, fehlt es erstaunlich deutlich an Drive und Durchschlagskraft. Das Mordstempo des Vorgängers wird nie erreicht, witzige Einfälle sind (mit kleiner Ausnahme: Der Terrier aus der Hölle) ebenfalls Mangelware (man denke nur an die Motorradszene ein Jahr zuvor) und selbst die Effekte wirken schlechter. Kaum zu glauben, sogar der Gore-Faktor wurde stark reduziert. Verglichen mit der Sauerei des Originals ist das „relativ“ harmlos. Da bleibt dann natürlich viel Verschnaufzeit, um sich an den katastrophalen Darstellern und einigen Merkwürdigkeiten zu stören (bereits erwähnter Terrier kann durch einen Türspion gucken, kann sich scheinbar enorm strecken, Bodybuilder flüchten noch mit der Hantel in der Hand, gutes Training, usw.). Dadurch ist zwar ein minimaler Unterhaltungswert gegeben und einige Szenen sind auch noch ganz stimming gefilmt, insgesamt ist das dennoch eine weit weniger charmante und um einiges blödere (im negativen Sinne) Veranstaltung. Teilweise wird es schon arg lächerlich (der „geschlüpfte“ Dämon, wie aus einer Kindersendung, bald niedlich).

                                              War „Dèmoni“ noch eine flotte Party-Bombe, ist „Dèmoni 2“ nur noch mit der sehr wohlwollenden Trash-Brille gerade so anzusehen. Gerade so...

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                                              • Überfällig. Glückwunsch. ;)

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                                                • 1 .5
                                                  über Riddick

                                                  Wir haben reichlich Geld, wir haben ein Franchise, CGI kostet eh nichts mehr und selbst wenn, sieht doch eh alles gleich-kacke aus (Gott sei Dank, war der handgemachte Kram teuer und aufwendig) und Vin Diesel hat angerufen, er braucht dringend Wurst aufs Brot, da helfen wir, die Lebenshilfe Hollywood doch gerne aus, warum gibt es eigentlich noch nicht den Oscar für das Gnadenbrot? Richtig, weil sonst so komische Billigproduktionen dauernd dabei wären, wir von UNIVERSUM machen Big-Budget-Brechmittel mit heruntergekommenen Arnie/Sly/, ja sogar The Rock/ Lichtdoubeln, die urplötzlich wieder auftauchen und einen auf dicke Hosen machen. Grobe Tendenz: Was heute Seagal, Van Damme und Lundgren sind, ist morgen Vin Diesel.

                                                  Der raunt sich den Wolf, dazwischen gibt es planlos zusammengewürfelte Actionsequenzen ohne Sinn und Zweck, außer man kommt gerade vom stillen Örtchen und ist total begeistert, weil man das Elend vorher nicht ertragen musste. Nichts gegen stumpfe Action, kann ja Spaß machen, aber hier ist ja nichts nur annährend in einem Rahmen. So ein konfuses, absurdes Panini-Album relativ kostspieliger Action-Schnippel ohne Hand und Fuß, unterlegt von albernen Gemurmel eines Volldödels, habe ich selten gesehen. Eine Qual, die sicher unverschämt viel gekostet hat und es stellt sich die berechtigte Frage: WARUM?

                                                  Übel, ganz übel...

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                                                  • 8

                                                    [...] Die Inszenierung ist schlicht hervorragend. Wie Clément vor wunderschöner, sonnendurchfluteter Kulisse die unheilvolle Konstellation der eigentlichen Freunde behutsam aufbaut, den Konflikt stehts im Hintergrund lauernd, um ihn dann auf hoher See unter der prallen Sonne des Mittelmeeres zum Vorschein kommen zu lassen, grandios aufgebaut. Die Szenen an Bord sind hochspannend und packend, dank zwei wichtiger Aspekte. Da wäre die für solche Filme immer wirkungsvolle Location: Auf dem Wasser. Auf engstem Raum, keine Rückzug- oder Fluchtmöglichkeit, die Weiten des Meeres, niemand hört dich schreien, wo sollst du hin, wenn die Lage eskaliert? Dazu die Darsteller, in erster Linie natürlich der eiskalte Engel Alain Delon, wie getöpfert für diese Rolle. Sein hübsches, trotzdem irgendwie unheimlich-ambivalentes Gesicht scheint Fassade für den netten Kerl wie den unberechenbaren Killer, alles auf einmal. Die Momente, als die Sandkastenfreunde erstmals die Hosen fallen lassen, sind trotz ihrer theoretischen Ruhe so intensiv, prickelnd und präzise eingefangen, zeitlos klasse und heute kaum besser möglich in seiner Wirkung.

                                                    Der eigentliche Hauptteil der Handlung setzt tatsächlich erst dann ein. Sobald Tom sein „neues Leben“ beginnt. Was bei manchen Filme den Höhepunkt darstellt, ist bei „Nur die Sonne war Zeuge“ der Abschluss des ersten Akts. Delon dominiert nun mit seiner Präsenz das komplette Geschehen, das gewiefte Vorgehen seiner Figur erzeugt einen geschickt konstruierten Spannungsbogen. Das riskante, doppelbödige Spiel ist für sie mindestens so aufregend wie für den Zuschauer. Wann und wie droht das zu kippen, eigentlich kann das doch nicht funktionieren? Immer wieder lauern Stolperfallen, die dem cleveren Betrüger alles abfordern. Clément tut gut daran, dieses ruhig, dadurch enorm dicht und nicht künstlich aufgeblasen vorzutragen, die Situationen und besonders Delon sprechen für sich. Was heute mit viel inszenatorischer Steuerung (um nicht zu sagen Manipulation) für jedermann spannend gestaltet werden muss, ist hier nicht notwendig. Zumindest, wenn man heutige Maßstäbe als Vergleich benutzt. „Nur die Sonne war Zeuge“ ist exzellentes, geschicktes und wahnsinnig einnehmendes Spannungskino, bei dem alles punktgenau wie in einem Zahnrad ineinander greift. Regie, Skript, Darsteller, Setting, Musik, Kamera, ein Gemälde. [...]

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