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Alle Kommentare von lieber_tee
Wenn die Muskeln aus Brüssel alt werden…
„The Bouncer“ ist eine eher bescheidene DTV-Veröffentlichung, deren nacktes Genre-Gerüst auf eine düstere Vorstadtlandschaft in Belgien trifft. Der Film knarzt unter der schweren Last seiner Humorlosigkeit und kalten Atmosphäre, das arg banale Skript als Fundament taugt wenig. Die flüchtige Geschichte bietet kaum Raum für Entwicklung. Allerdings ist die Entscheidung von Regisseur Julien Leclercq Jean-Claude Van Damme in den Mittelpunkt zu stellen genial. Seine tiefen Falten, sein versteinertes Gesicht, seine Nachdenklichkeit und Ausdruckslosigkeit, erzählen von schmerzender Verletzlichkeit, wenn er wider Willen sich für seine kleine Tochter die Hände schmutzig machen muss. Mit welcher stoischen Widerstandsfähigkeit er hier durch den Film schreitet, ist großes, charismatisches Kino. „The Bouncer“ hat einige bodenständige Action-Sequenzen (z.B. eine ziemlich geile 10 Minütige One-Shot-Sequenz in einer Villa) und räudige Nahkämpfe, ist aber in erster Linie ein Drama. Man kann den Film durchaus wohlwollend als guten Weg von Van Damme zum „ernsthaften“ Schauspieler sehen.
6 betrunkene Gäste aus dem Striplokal raus werfen.
Eine Blase voller Erinnerungen.
„Roma“ ist formvollendet und bezaubernd. Alfonso Cuarón blättert gemütlich im funkelnden Schwarz-weiß-Fotoalbum seiner Familie. Wir bestaunen einzelne Momente, über die Hintergründe zu den hübschen Breitwand-Bildern erzählt er allerdings wenig. Der Film will tiefgreifende Filmkunst sein. Eine ausgedehnte und halb-autobiografische Beobachtung voller intimer Feinheiten. Mit der Linse seiner eigenen Erziehung und Vergangenheit filtert der Filmemacher seine (idealisierten) Erinnerungen, vermeidet Überdramatisierungen. Die Bild-Kompositionen sind überbordend in ihren Details, die Kamera schwelgt im Gesicht seiner Hauptdarstellerin, aber wirklich nah lässt er uns an seine Figuren nie heran. Cuarón erzählt von dem Haushalt, von den Straßen, um uns eine fremde Welt zu erschließen, aber erfahrbar wird diese Welt selten. Wie in einem perfekten Traum, voller Klänge und Einzelheiten, schlafwandeln wir durch die Banalitäten des Alltags, die oft eine symbolische Bedeutung haben.
„Roma“ soll ein Loblied auf starke und widerstandsfähige Frauen sein, auf Cuaróns eigenes Kindermädchen. Diese verarmte Frau geht mit Stoizismus durch ihr Leben, als wahre Madonna der Guten. Sie ist eine Heilige, Dienerin, Pflegerin und Mutter. Wo da der viel-beschworene Feminismus sein soll, weiß ich nicht. Denn das Frauenbild (und auch die Ausbeutung der Armut) werden nur bedingt, am Rande, ganz zart reflektiert, eher idealisiert oder eben „nur“ abgebildet. Um das zu verstärken sind die Männer in Mexiko der 70er Schweine, die sich vor ihrer (ökonomischen) Versorgertätigkeit drücken, oder sind dumm wie Knäckebrot mit Muskeln. Da müssen Frauen zusammenhalten, um sich aus ihrer Abhängigkeit zu befreien. Themen wie Viktimisierung von Hausangestellten, unerwünschte Mutterschaft und Scheidung werden mit Klassen- und Geschlechterungleichheiten vermischt, aber so richtig gelingt die Verschmelzung zu einem Blick auf eine zusammenbrechende Gesellschaft nicht. Alles wird nur kurz angesprochen, gestreift.
Wie eine kunstvolle Empathie- und Menschlichkeitsmaschine arbeitet Cuarón sich durch die Poesie des Alltages. Sein schwarz-weißer Dankesbrief ist voller Wärme, Liebe und Mitgefühl. Sauber, in absoluter Perfektion erzählt, hat mich diese Reinheit überwältigt, glatt-gebügelt und weg-gespült.
6 Hundekothaufen auf dem Fußboden.
Fabel der Monstrosität.
Kleider (bzw. Uniformen) machen Leute. Die kalte, fast burleske, Schönheit des Films offenbart die Hässlichkeit des Menschen. Die Banalität des Bösen ist hier eine groteske Bürokratie des Mordens, eine Apokalypse während der NS-Zeit. Robert Schwentkes bösartiges Spiel mit dem Zuschauer über den „Scharfrichter von Emsland“ soll eine grimmige Parabel über deutsche Pflichterfüllung und Effizienz sein, wo ein Gemeinschaftsgefühl durch das gemeinsame Morden entsteht. Opportunismus und Sadismus. Mit erschreckender Zielstrebigkeit werden alle Spuren von Menschlichkeit ausgelöscht. Die Wahl der filmischen Mittel ist nicht zimperlich. Mit einer allegorisch-satirischen Axt hämmert Schwentke auf den Zuschauer ein. Die anfängliche Zweideutigkeit des Hochstaplers wird zu puren Hass. Das ist ebenso drastisch, wie unbequem, wie abscheulich anzuschauen, nicht frei von ausbeuterischen Elementen. Eine giftige Polemik über deutsche Wertarbeit. Der Film ist zu düster um über das Groteske zu lachen, fast zu absurd, um ihm glauben zu schenken. Der ätzende Zynismus über die Verrohung des Menschen ist kaum zu ertragen. Hier muss eine intellektuelle und moralische Akrobatik geleistet werden, fern des sonst so üblichen, typisch deutschen, Nazi-Konsens-Kinos.
7 Reden vor der Truppe (ohne Hose) halten.
Großzügig gegenüber Fehlern sein.
Autorin und Regisseurin Greta Gerwig hat ein charmantes Auge für das Leben junger Frauen, die an der Schwelle des Erwachsenenalters stehen. Ihre sanft-rebellische Heldin hat Hunger auf Leben. Sie steht mit der Welt und mit sich selbst auf Kriegsfuß und muss diese Widersprüche lösen. Als eine Sammlung von Anekdoten und Momentaufnahmen erzählt, begleitet der Film sie bei dieser Reise. Gerwig kennt dabei noch den Wert der Zurückhaltung. Hier werden keine Sex&Drugs-Extreme oder krass-dramaturgische Wendungen benutzt, sondern das Kleine, das Private, das Unspektakuläre steht im Mittelpunkt. Ohne herablassen oder gemein gegenüber ihren Figuren zu sein, entwickelt der Film Größe. Vielleicht ein wenig alt-backend benutzt die Filmemacherin das abgenutzte Come-of-Age-Dramedy-Format, erschafft aber mit ihren liebevoll-warmherzigen Beobachtungen, voller lakonischen Humor, eine kleine Charakterstudie über ein Mutter-Tochter-Verhältnis, zwischen Ambivalenz, Absurdität und Abnabelung.
7,5 Playgirl-Magazine kaufen.
Seefahrer des Himmels.
Wie Regiewunderkind Damien Chazelle mit erstaunlicher Dringlichkeit, zwischen Rohheit und Intimität, die Raumflüge in Szene setzt, ist brillant. Der Weg zum Mond knarrt und knattert, die fragile Technologie ist ein klaustrophobisches Erlebnis. Diese Enge, diese Nähe, steht allerdings im krassen Kontrast zu dem Einblick in das Innere seines Protagonisten. Chazelle wollte offensichtlich keinen mythischen Helden erschaffen, sondern sich mit Bewunderung und Demut dem Menschen Neil Armstrong nähern. Er bleibt aber auf halber Strecke in nostalgischer Verklärung stecken.
Themen, wie die Frau hinter dem Helden, die seine Bestrebungen unterstützt, die technischen, finanziellen und politischen Ambitionen, die dieses männliche Machtsymbol ermöglichten, die zahlreichen Opfer, werden eher am Rande angesprochen, kaum hinterfragt. Es geht um eine innere Heldenreise. Wie ein Mensch die Tragödie des frühen Verlustes seiner Tochter verarbeitet. Das Himmelfahrtskommando zum Mond als Erlösungsphantasie. Der größte Erfolg der Menschheit als größter Erfolg des leidenden Mannes. Das Kalte-Krieg-Weltraumrennen als kalter Krieg mit sich selbst.
Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Frustrierend-leblos, mit unnachgiebigen Stoizismus, zur Arbeit gehen. Gefühle, Trauer, Gesprächsbereitschaft kann er nicht zeigen, er weint nur wenn keiner zuschaut. Das hat schon was tragisches, wie hier Kompensation als heldenhafte Arbeit dargestellt wird. Ryan Gosling spielt Armstrong mit einer enormen Verinnerlichung, die an einen Autisten erinnert. Hinter dem Bernhardiner-Blick soll emotionale Tiefe suggeriert werden. Ich habe aber nur eine versteinerte Gesichtsmaske gesehen, die bei mir selten so was wie Empathie erzeugt hat. Ich wollte den Typen ständig anbrüllen, das er Therapie machen soll, das er mit seiner Frau, seinen Freunden, seinen Kindern reden soll.
Das anachronistische Männerbild des einsamen Wolfes, der insgeheim leidet, ist einfach nicht mein Ding, ist mir fremd. Leider wurde diese Männlichkeit für mich nicht genügend reflektiert, sondern letztlich abgefeiert, weil, so suggeriert der Film, sie als innerer Motor für Heldentaten scheinbar notwendig ist.
5 Blechdosen im Weltall.
„Überleben ist nicht Leben.“
Sandra Bullock hat gesagt, dass die Dreharbeiten zum Film echt hart gewesen waren, das Blut geflossen sei. Weil sie mit verbundenen Augen durch die Wildnis stolpern musste, sei sie oft gegen irgendwelche Hindernisse gelaufen. Das passt schon. „Bird Box“ wirkt wie eine Netflix-Produktion, die ständig an die Wand gefahren wird.
Filmemacherin Susanne Bier stürzt sich hemmungslos in die bekannten Motive des Survival-, Belagerungs- und Invasion-Films. So, als ob es noch nie diese Art von Filmen gegeben hat. Für Zuschauer, die sich mit den Genres nicht auskennen, mag das eine zufriedenstellende Erfahrung sein. Allerdings werden diese besonders verärgert darüber sein, das hier kein Erklärbär ihnen erklärt, warum es hier einen Monsterfilm ohne (sichtbare) Monster gibt.
Bier kann zu Beginn, in den Szenen des globalen Terrors, durchaus mit Thrill punkten. Kunstvoll modulierte Spannung zwischen der klaustrophobischen Belagerung eines verbarrikadiert Hauses und das Überleben beim verzweifelten Wildwasserrafting stellt sich aber weniger ein. Die Bearbeitung der Romanvorlage von Arrival-Drehbuchautor Eric Heisserer erscheint unschlüssig, weiß nicht auf welche Geschichte sie sich konzentrieren soll. Zudem gelingt es Bier selten die alptraumhaften Situation zu vermitteln. Mit dem Horror-Motiv sich den eigenen Ängsten zu stellen (bildlich gemein), ohne dabei die Menschlichkeit zu verlieren, kann sie wenig anfangen. Lediglich die kurze Autofahrt per GPS-Anweisungen erzeugt kurzzeitig den Horror des Sehens und Nicht-Sehens.
Die nichtlineare Erzählweise soll die Charakterentwicklung der Hauptdarstellerin vermitteln. Ohne Frage, Bullock schafft es überzeugend zwischen militärischen Drill und Empathie zu pendeln. Ihre verinnerlichten Ängste habe ich aber kaum gespürt. Vielleicht liegt es daran, dass dem Film zum Thema Überleben lediglich eine weibliche Darstellerin als Mama-Bär einfällt, ohne das zu reflektieren. Das in einer postapokalyptischen Welt ihre Aufgabe ist Kinder (die Hoffnung) zu beschützen. Das dies ein natürlicher Instinkt sei. Das war mir, gerade wegen des enttäuschend-simplen Finales, zu wenig.
„Bird Box“ will ein ambitionierter Sci-Fi-Monsterfilm sein, ist aber nur Standard, der zwischen „A Quiet Place“ und „The Happening“ pendelt. Das Ergebnis ist hohl, irgendwie halbherzig, fast frustrierend, weil es möglich war hier einen weitaus besseren Film zu machen.
5-mal nicht die Augenbinden abnehmen.
Fäulnis in idyllischer Umgebung, wo leere Uniformen im Sarg liegen.
„Cop Land“ ist wie ein melancholischer Beerdigungssong von Bruce Springsteen, der langsam zu einer verheerenden Eskalationsspirale hoch-kocht. Das fragile System aus Korpsgeist, Korruption, Polizeigewalt und blutiger Männerwirtschaft ist hier ein beschaulicher Vorort, wo alle füreinander da sind, aber dennoch niemand jemanden traut. Das hochgradige Schauspieler-Ensemble (Keitel, De Niro und Liotta) bietet keine Nummernrevue, sondern gibt Sylvester Stallone die Bühne, die er braucht. Als (gar nicht so trotteliger) Underdog bewegt er sich als unterwürfig-ohnmächtige Sheriff, der geplatzten Träumen hinterher-schleicht, schwerfällig, mit an-gefressener Wampe, durch den Film, bietet sein bestes Typen-Casting seit Rambo und Rocky. Mehr Charakterdrama als knallharter Thriller, mehr Erzählkino als Actionfilm, trifft hier 70er Cop-Krimi auf Gangsterfilm und wird in seiner vertrauten Struktur zu einen klassischen Western der Neuzeit. Im positiven Sinne altmodisch-konservativ inszeniert und erzählt, ohne moralische Zweideutigkeiten im Lösungsansatz, ist „Cop Land“ vielleicht in seiner Geschichte etwas schlicht und vorhersehbar geworden, das gleichen aber die klaustrophobische Kleinstadtstimmung und die hervorragenden Schauspieler aus.
7mal sich diagonal bewegen.
SpongeBob-Schwammkopf trifft auf Star Wars.
„Aquaman“ ist episch-trashiges Superheldenkino aus illuminierenden Bombast, das seine Helden-Herkunftsgeschichte als kalkulierten Blockbuster-Wahnsinn erzählt. Hier wird blanker Unsinn ausufernd abgefeiert. Seine doofe Herangehensweise erinnert zeitweise an einem LSD-Trip in einem Aquarium, das in Las Vegas irre herum-blubbert. Der Film schwelgt in ebenso originellen wie matschig-peinlichen Visuals, hat einige unfassbar geile Action-Sequenzen (z.B. in Italien) und manch aufsehenerregenden Produktionsdesign. Immer ist die großen Vision, die Besessenheit von Regisseur James Wan zu spüren. Er haut alle ihm bekannten Verweise des popkulturellen, phantastischen Kinos dem Betrachter um die Ohren, knallt jede noch so abgefahrene Idee (ohne große Sorgfalt) in die dreidimensionale Fresse des Zuschauers. Barbarella, Flash Gordon, 5. Element, Valerian, Krieg der Sterne, Pacific Rim, Jupiter Ascending. Der Film wirkt, als ob Wan mit Luc Besson und den Wachowskis literweise Haipirinha gesoffen hat. Ständig wird mit schamlos-dämlichen Dialogen und posenhafter Körperlichkeit die immanente Dummheit des Superheldenkinos karikiert. Als cartoonhafter Held trägt Jason Momoa diese Lächerlichkeit auf seinen breiten Schultern, sein selbstironisches Charisma atmet aus jeder Pore.
Alles in allem ist „Aquaman“ in seiner erschlagenden Sättigung eine anstrengende Unterwerfung. Aber diese kindliche Großartigkeit mochte ich. Bin mit einem dämlichen Grinsen und pulverisierten Hirn aus diesem DC-Käse gekommen.
7 Oktopusarme, die auf Bongos trommeln.
Mir ist der Sinn des Artikels nicht klar. Geht es um die sexualisierte Darstellung von Körperlichkeit eines / des Mannes (was ja schon seit Beginn des Kinos so existiert) und wie sie medial inszeniert ist? Hat der Artikel eine ironische, eine politische, überhaupt eine Ebene? Oder nur, weil dort Marvel steht, die Bedeutung das er geklickt werden soll?
In den unermesslichen Tiefen des Wartens verloren gehen.
Anna Seghers autobiografischer Roman, über die Verzweiflung von Verfolgten im Nazi-Europa, in die Gegenwart zu versetzen, ist eine clevere Idee. Es entsteht ein Bezug zur aktuellen Fluchtbewegung und zu den Schatten des Faschismus, der sich erneut über viele Länder gelegt hat. Aber nach Aussage des Autors und Regisseurs ist „Transit“ nicht ausschließlich ein Flüchtlingsdrama. Bei Petzold geht es immer auch um Identitätsfragen. Um die existenzielle Suche in einer düsteren Realität, zwischen dem Privaten und dem Politischen.
Ohne Frage ist der Film elegant und raffiniert gemacht. Er fordert in jeder Pore den Zuschauer intellektuell heraus. Jedes filmisches Mittel, jede Drehbuchentscheidung, dient einem Zweck, hat eine Bedeutung. Hauptdarsteller Franz Rogowski nuschelt und schleicht mit trägen Schrittes durch die Geschehnisse, wie jemand der zwischen Wirklichkeit und Wachträumen gefangen ist. Eine Voice-Over-Stimme betont die Unvollkommenheit der Geschichte, die seltsam aseptische Liebesgeschichte wirkt wie eine verträumte Behauptung. Die strenge, formalistische Herangehensweise des Filmemachers passt zu dem seltsam aus der Zeit gefallenen Setting, wo Menschen isoliert, entfremdet in ein kafkaeskes Labyrinth herum irren. Schicksalhafte Zufälle treiben den Film voran, das Melodramatische erinnert an 40er-Filme (das veraltete Frauenbild allerdings auch).
Es geht um Existenz und Heimat, zwischen Leben und Tod, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Realität und Phantasie. Ständig fordert der Filmemacher den Zuschauer auf das Gesehene zu reflektieren, zu hinterfragen. Alles ist vorbildlich fotografiert und perfekt. So perfekt, das ich den Kunstanspruch als theatralischer Künstlichkeit empfunden habe. Die Beziehung zu den Figuren verloren habe. Das Film-rhetorische Mittel der Wiederholung, der ewigen Schleifen, hat über-offensichtlich einen Sinn, ja, nur das hat mich auf die Dauer dann doch schon ermüdet.
6mal vom deutschen Bedeutungskino erschlagen worden.
Wer die vorangegangen Hellboy-Filme von del Toro nicht kennt, könnte den Neustart der Reihe für witzig halten.
Feministischer Überfallfilm.
Damit war nicht zu rechnen! Nach dem Regisseur Steve McQueen mit „12 years of slave“ in den USA heiliggesprochen wurde, hätte er alles, aber auch alles, verfilmen können. Sein neustes Werk ist „nur“ ein weiteres Remake einer britischen TV-Serie aus den 80ern. Fast für den Mainstream zu kühn, erzählt er ambitioniert einen Plot aus zig Drehungen und Wendungen. Im Mittelpunkt steht die großartige Viola Davis mit ihrem weiblichen Team, das aus den männlichen Machtbestrebungen heraus brechen will und einen Raubzug für ihre Unabhängigkeit plant. McQueen benutzt die Genre-Kapsel des Heist-Movies um mit Momentaufnahmen eine aktuelle Reflexion über Rassen-, Klassen- und Geschlechterungleichheiten zu entwickeln. Die Dynamik eines Thrillers verbindet sich zwar nicht immer mit den angesprochenen Themen, aber gerade diese „Nebenschauplätze“, institutioneller Rassismus in Politik und Ehe, die immer weiter ausufern, machen den Film zu etwas Besonderen. Die mangelnde Balance aus Rachethriller mit schwarzem Humor und ernsthafte Sozial-Studie über die ökonomische Abhängigkeit der Frau stolpert so manche Male, was ihn aber dadurch so interessant macht.
7 weiße Tragetaschen als Hund.
Hollywood als Hirnschiss.
UNTER THE SILVER LAKE ist eine Hommage an die Magie und Absurdität in der „Stadt der Engel“. Wo "Partys niemals aufhören" und wo man von Stinktieren angepisst werden kann, taucht der Zuschauer in ebenso sonnige wie dunkel Tiefen der Traumstadt. Der törichte Anti-Held ist mit Hauptdarsteller Andrew Garfield perfekt aufgestellt. Verpeilt und verführerisch vögelt er sich mit nackten Knackarsch durch spärlich bekleidete Instagram-Damen, die laut und fickwillig bellen. Auf der Suche nach seiner heißen Braut, die seinem antriebslosen Leben wieder Antrieb und Verantwortung gibt, begegnet er seltsamen Morden, Hunde-Killern, skurrilen Fans von Comics und Verschwörungen. Die neurotisch-obsessive, surrealistische Erkundung der Stadt wird zu einer Widerspiegelung von paranoiden Ängsten des Protagonisten.
Popkultur wird zu Demenz. Filmemacher David Robert Mitchell verwandelt seinen Exkurs zu einer permanenten Versuchung des kulturellen Recyclings. Diese (morbide) Faszination wiederholt er ständig. Der Fokus auf das Entschlüsseln versteckter Nachrichten überträgt sich auch auf den Zuschauer. Auch er will die unzähligen Referenzen auf Musik- und Filmklassiker entschlüsseln.
So clever dieses Konzept auch ist, mit weit über 2 Stunden Laufzeit fand ich es dann doch einschläfernd. Vielleicht bin ich auch gerade etwas müde von dieser Art des Kinos, wo das Gezeigte eine (vermeintlich) tiefere Symbolik hat. Man kann den Film aber auch als obskure Studie über Bedeutungswahn sehen, in dem die Auflösung völlig sinnlos ist und so alles Gezeigte ad absurdum geführt wird. Oder als schlecht geschriebenes, über-ambitioniertes Geschwurbel.
Ich bin mir aber sicher, dass dieses ultra-referenzielle Werk auf langer Sicht zu einem Kultfilm wird, wenn auch nur für Cine-Hipster.
6 Hundekuchen in der Hosentasche.
Weihnachten ohne Geschenke feiern…
Grundsätzlich stellt sich die Frage (oder Angesichts der heutigen Ideenlosigkeit in Hollywood eher nicht) ob es sinnvoll ist, Ron Howards Klassiker mit Jim Carrey nochmal als Animationsfilm zu verfilmen. Positiv ist anzumerken, dass die Handlanger von Illumination-Entertainment der traditionellen Geschichte von Dr. Seuss (1966) so treu wie möglich bleiben wollten, um das Alte wieder neu erscheinen lassen. So ist die Animation flüssig und farbenfroh, mit Gags und Gadgets garniert. Doch fühlt sich der Film irgendwie beschränkt, unspektakulär und zurechtgestutzt an. Zwei Handlungsfäden folgend, Weihnachten als Spaßverderber-Farce und ein genderaktueller Blick auf alleinerziehende Mütter, wird aus dem Grinch eine moderne, menschenfreundliche Erlösung. Die Bösartigkeit des grünen Anti-Helden ist hier weniger giftig, mehr eine beeindruckend geplante Heist-Aktion. Ich hätte allerdings lieber mehr Zeit mit dem fettleibigen Rentier verbracht, oder mit dem Komplizen-Wau-Wau herum gespielt. Der Film sucht immer das Gleichgewicht zwischen einem kindlichen Szenario und etwas erwachsenen Zynismus, aber mehr als ein müdes Lächeln hat dieser Friede-Freude-Eierkuchen-Spagat bei mir nicht hervorgerufen.
4 blökende Ziegen.
Sollte man ein Kind in diese Welt setzen?
Taxi Driver in der Kirche. Die Darstellung eines Mannes, der in seinen eigenen spirituellen Abgrund stürzt, ist ein beunruhigendes Glaubensdrama, das sanft in einen Thriller driftet. Die intensive Leistung von Ethan Hawke und die präzise Regie von Paul Schrader macht aus „First Reformed“ keinen sakralen Propagandafilm, sondern eine Kombination aus religiösen Werten mit modernen Ängsten. Sanftmut, Mitgefühl und Gebete gehören ebenso wie Depression und Verzweiflung zusammen, um ein langsam anschwellendes Gebräu aus Wut, Selbstzerstörung und Terrorismus zu brauen. Dabei werden bewusst Ideale und Ideologien der Kirche, angesichts aktueller Probleme, in Frage gestellt. Schraders Slow-Burner folgt formal streng, in der Tradition von Ingmar Bergman und Robert Bresson, der Heuchelei und den Tugenden des Christentums, um zu offenbaren, wie qualvoll Glaube und Skepsis sein kann. Die Ausweglosigkeit des Landpfarrers ist niemals anmaßend erzählt und entwickelt einen abgründigen Sog.
7 Tagebucheinträge.
„Augen. Lunge. Pankreas. So viele Snacks und so wenig Zeit…“
Die Box-Office-Bombe „Venom“ ist ein typischer Vertreter für finanziell erfolgreiche Filme im Jahre 2018. Unverbindliche Mittelmäßigkeit regiert den Mainstream. Er ist nicht wirklich schlimm, aber auch nicht sonderlich gut. Einmal gesehen, schon vergessen. Er ist einfach da und schlägt dich mit seiner Anwesenheit taub. Wie alle formelhaften Superheldenfilme, die Jahr für Jahr durch die Multiplexe gejagt werden. Die erbärmliche Herkunftsgeschichte eines mutierten bzw. symbiotischen (Anti-) Helden hätte ein Art Superhelden-Körper-Horror werden können, aber jeder düstere Ansatz wird wegen möglicherweise entsetzt dreinschauende PG- 13-Jährigen über Bord geworfen. Manchmal ist die launisch-boshafte Stimmung dunkler Komödien zu spüren, denn Regisseur Ruben Fleischer hat mit seinem damaligen „Zombieland“ bewiesen, dass er so was kann. Aber meist hat der Filmemacher (oder die Studio-Vorgaben) Angst davor aus der Reihe zu treten. Tom Hardy untergräbt zwar oftmals diese Mutlosigkeit mit einem herrlich (selbst-) ironischen Spiel, das sind aber nur sanfte Pflaster auf ein schmerzhaft-blödes Drehbuch. Die tonale Schizophrenie, zwischen Parodie, Komödie, Comic-Verfilmung und Superhelden-Einerlei, erinnerte mich wieder einmal, das Hollywood aufgehört hat wirklich gute Superhelden-Filme zu drehen.
4 digitale Symbiosen.
Dämonischer Drogenrausch als filmischer Orgasmus.
Experimentell, ausgeflippt, manchmal ebenso komisch wie unangenehm. Gaspar Noe frönt wieder dem grenzüberschreitenden Sex&Drug-Kino. LSD in der Sangria wird für ein französisches Tanz-Ensemble ein Seelen-Labyrinth in ihre Abgründe. Leben, Sex und Tod als verführerischer Bilder- und Körperrausch. Wie eine Video-Installation von Hieronymus Bosch, voller Dekadenz und Perversität. Mit seiner entfesselten Kamera und seinen langen Plansequenzen fängt Noe das konvulsivische Zucken der Leiber und der Moral ein, kippt den Blick auf Menschen vom Hedonismus zum Nihilismus. Das ist erschöpfend, exhibitionistisch, voyeuristisch und ausbeutend. Der Mut einen Tanz zu zeigen, der von Schönheit zur Hässlichkeit führt, kann als Zerbrechen der zeit-geistigen Gesellschaft gesehen werden, als bittere Abrechnung mit der Kunstszene oder „nur“ als durchzechte Clubnacht, wo am Morgen der böse Kater dröhnt. Hier dreht sich Kino um sich selbst. Hier ist ein Filmemacher künstlerisch an seine Grenzen gekommen. Sein ständiger Drang provozieren zu wollen, zeigt visuell und inhaltlich nichts Neues. Das menschliche Drama ist ein Drama der Oberflächlichkeit, des äußeren Reizes. Das sieht allerdings verdammt abgefahren und geil aus.
7 Kinder einschließen und den Schlüssel verlieren.
Probier’s mal mit Grausamkeit.
Netflix ist (auch) zu einer Plattform für Produktionen geworden, in die Studios das Vertrauen verloren haben. Hier z.B. der Film „Mowgli“, der in der Konkurrenz zum Disney-Projekt den Kürzeren gezogen hat. Die bekannte Geschichte (wie das Buch) folgt dem Coming-of-age-Motiv. Das Erwachsenwerden wird hier nicht mit der Familienfreundlichkeit des Mäusekonzerns erzählt, sondern hat einen dunkleren, realistischeren Ton. Die Tiercharaktere wirken rauer, weniger cartoonhaft. Die Naturgesetze des Dschungels sind hart. Um Verantwortung zu übernehmen, ist Selbstachtung und eine Loslösung von Vaterfiguren notwendig. Regisseur Andy Serkis beschreibt den inneren Konflikt, die Reife, die Freiheit eigene Entscheidungen zu treffen als einen phantastischen Abenteuerfilm, wo tierisches Verhalten Sinnbilder für menschliche Archetypen sind. Dazu wählt er einen ebenso interessanten wie genialen filmischen Trick. Seine Motion-Capture-Tier-Gesichtszüge spiegeln Schauspieler wieder, verschmelzen miteinander. Dies scheint viele Zuschauer zu verwirren und wird dann als technisch minderwertig abgetan.
Für ein erwachsenes Publikum, bzw. ältere Kinder, bietet der Film eine nahe Variation des Originalmaterials, die bewusst aus dem Schatten von Disney heraustritt und eine eigene Persönlichkeit hat. So wie der Protagonist des Films.
7 blutrünstige Dschungelbanden.
Hey Surfa, komm mal aus deiner schmierigen Netflix-Seifenblase heraus und schreib einen journalistisch sauberen Text, der nicht zwischen Anbiederung, Werbung, Meinung und Service chargiert. Das geht ja gar nicht.
Die süßen Früchte der Liebe pflücken, bevor sie überreif sind.
"Call Me by Your Name" ist eine Ode an die Verbundenheit, ohne in ein zuckriges Melodrama abzusteigen. Der Film fühlt sich wie ein geiler Sommerurlaub an, wo am Ende klar ist, das die Ferienromanze nicht von Dauer sein kann, man sich an sie aber immer erinnern wird.
Wir sehen zwei Männer in kurzen Hosen beim Schwimmen und Chillen, Tanzen und Radfahren in einer italienischen Provinz der 80er. Und wie sie sich umkreisen, zögerlich annähern, dann verlieben, vergnüglichen Sex haben. Das hier eine queere Liebesgeschichte erzählt wird, ist zweitrangig. Intim, ohne narzisstisch zu sein, mit angenehmer Verspieltheit, richtet Luca Guadagnino seinen zärtlich-aufmerksamen Blick auf ein schwül-schwules Paradies voller vergrabener Schätze, die es Wert sind gehoben zu werden. Der wichtigste Bestandteil eines Dramas, der Konflikt, ist hier nicht die Diskriminierung und Qual einer verbotenen Homosexualität, sondern die erotischen Spannungen, die den Film vorantreiben. Es knistert ordentlich zwischen dem siebzehn- Elio und fünfundzwanzigjährigen Oliver. Dank der Chemie zwischen Timothée Chalamet und Armie Hammer werden die Emotionen und Erwartungen der beiden Männer erfahrbar. Dazu muss der Zuschauer nicht schwul sein um das zu spüren.
Der Film beschreibt dabei weniger den Coming-of-Age-Prozess, zwischen Unschuld, Angst, Selbstermächtigung und Verlust. Ihm geht es mehr darum, die Kunst des Moments zu erkennen und ihn auszuleben. Die erhitzt-trägen Rhythmen eines italienischen Sommers, wattiert in einer idyllischen Bildungsbürgertum-Nostalgie, offenbaren eine universelle Botschaft: Verlangen bedeutet (auch) Schmerz, das gehört zum Leben.
7,5-mal durch die Gegend radeln.
Samstagabend, vor der Glotze, das Gerechtigkeitsgefühl in dieser Welt wiederherstellen.
„Braven“ ist der Debüt-Spielfilm von Lin Oeding, einem erfahrenen Stuntkoordinator und Second Unit Director. Es ist angenehm unprätentiös, wie er mit vertrauten Genre-Material umgeht, die Klischees und Konventionen bedient. Als melodramatischer Action-B-Film der „alten Schule“ bedient er das Nötigste um den Kampf in verschneiter Umgebung zwischen brutalen Instinkten und Heldentum auf den Punkt zu bringen. Der aufstrebende Actionstar Jason Momoa trägt das Gewicht des Films locker auf seinen breiten Schultern. Als normaler Typ bietet er eine Holzfäller-Show, wo seine harte Körperlichkeit und weiche Verwundbarkeit findig auf Haushaltswerkzeuge treffen, die er zur Haus- und Familienverteidigung mit latenten Superkräften benutzt. Natürlich muss er dabei sein Hemd ausziehen, aber so ein süßer Mann darf eine Tötungsmaschine sein.
6-mal mit einer Axt zielgenau treffen.
Instagram-Noir.
„Gemini“ ist ein Film, der sich ganz auf seine Stimmung verlassen möchte. Es ist offensichtlich, das Aaron Katz mit Genrekonventionen, zwischen Neo-Noir und Pulp-Fiction, spielt. In die cool-lethargischen, neon-beleuchteten Hipster-Welt lässt er archaische Filmcharaktere eintauchen, die dank der guten Schauspieler durchaus glaubwürdig erscheinen. Das filmt er in einem melancholischen Mumblecore-Indie-Style, der hübsch anzusehen ist. Einen tieferen Blick unter die Oberfläche des narzisstischen Film-Business gelingt ihm dabei nur bedingt. Dafür ist die Charakterdynamik letztlich nicht fesselnd genug, die Erzählung zu inkonsistent. Die kurvenreichen Hügel, bewachten Villen und schmuddeligen Nacht-Bars wirken wie durch einen Instagram-Filter gezogen. Obwohl die Mordauflösung eigentlich gar nicht so wichtig ist, wird der Film dennoch mit der Kriminalrecherche ständig vorangetrieben. Und das ist nur leidlich fesselnd. So trottet „Gemini“, nach einem starken Beginn, etwas ziellos vor sich her, um dann das Mysterium über ein Hollywood-Starlet wenig zufriedenstellend aufzulösen.
Schöne Bilder, schöne Menschen, schwache Story.
5,5 fehlende Münzen.
Heisthorror.
„The Vault“ besteht aus zwei Genres. Die ersten 45 Minuten sind ein ziemlich cooler, geradliniger Bankraubthriller. Visuell sauber poliert und mit einem treibenden Gefühl für Gefahr und Stress. Dann haben sich aber Regisseur und Drehbuchautor dafür entschieden einen Horrorfilm zu drehen. Und mit dem Genre kann Dan Bush (The Signal, 2007) wenig anfangen. Die vorher sorgfältig aufgebaute Spannung wird mit müden Geister-Jumpscares untergraben, die furchterregenden Szenen fallen seltsam lustlos und flach aus, die Bedrohung ist funktional. Das Hauptproblem des Films ist die Unfähigkeit beide Genres zu verbinden. Seltsam isoliert stehen sie nebeneinander, holprig sind die Verbindungen. Als reines Heist-Movie hatte der Film besser funktioniert. Die soliden Schauspieler, die guten Produktionswerte und die eigentlich faszinierende Prämisse reichen für einen wirklich gelungen Film leider nicht aus.
5 Blicke auf Francesca Eastwood riskieren.
Hybrid-Genrefilm aus Horror, Mystery und Sci-Fi.
DEVIL'S GATE baut im ersten Akt ein spannendes Mysterium auf, das geschickt mit der Leere der Landschaft am Arsch der Welt und dem gruseligen Bauernhaus harmoniert. Mit diesem Köder wird die dramatische Enthüllung dann zu einem Horrorfilm, dessen zentrale Auflösung aber leider kein rundes Ganzes ergibt, sondern einen überzeichneten, banalen Science-Fiction-Film. Eigentlich ist es Klasse, dass Debütant Clay Staub sich hier nicht hinter ironisches, postmodernes Meta-Kino versteckt, sondern bierernstes 90er Jahre Kino bietet. Er findet immer wieder eindringliche Bilder und hat eine Handvoll guter Ideen. Aber wie der Film sich dann entwickelt ist schon peinlich, die Anspielungen auf Religion und Glauben im American Gothic - Modus haben einfach keinen Subtext.
4,5 mal nicht im Devil's Lake baden.
Blick in die Seele eines adoleszenten Jungen.
„Boarding School“ ist ein unglaublich rätselhafter Film. Mit Stilwillen und erzählerischen Mut reiht Boaz Yakin freudianische Ideen und Symbole aneinander. Das Drehbuch will den Zuschauer immer wieder an unerwartete Orte bringen. Allerdings wird das zu einem zunehmend frustrierenden Erlebnis, denn die vielen Verschiebungen und Motive haben keinen Fokus. Eigentlich werden nur Kuriositäten zusammenzutragen. Brachial, fast perfide, sind hier alle, aber auch wirklich alle, Formen von Coming-of-Age-Ängste zu einer surrealen Reise geformt. Zwischen Teen-Exploitation, Geisterhausfilm, Internat-Drama und Schauermärchen wuselt der Streifen durch die dunklen Fluren der Hirnwindungen eines verstörten Jungen, der versucht sich seinen inneren Albträumen zu stellen. Aber das alles verschmilzt nicht auf befriedigende Weise, wirkt überladen. Da hilft es auch nicht, dieses Kuddelmuddel in ein Blutbad enden zu lassen, die mögliche Verbindung zwischen dem Holocaust, der Diskriminierung von LGBT-Menschen und Empowerment wirkt aufgesetzt. Nicht nur inhaltlich, sondern auch formal, in seinem seltsam veralteten Dekor und seiner Retro-Stimmung, erinnert der Film an Del Toro, Bava und Burton. Ein billiger Schocker ist er definitiv nicht, er scheitert eher interessant an seinen zu hohen Ambitionen.
6 körperliche Züchtigungen.