Rajko Burchardt - Kommentare

Alle Kommentare von Rajko Burchardt

  • 8
    über Gerry

    Am Anfang ist die Fahrt mit dem Auto. Wir hinterher, mal weit weg, mal nah dran. Meist aber weit weg. Und wir sind ganz allein, barrelling down the road. Immer dem Auto hinterher, immer im Takt von Arvo Pärt. Das ist wie bei Kubrick, wie bei "The Shining". Nur nicht unheilvoll, eher ohne Ziel. So wie eine Reise, schon mitten auf dem Weg, quer durchs weite Land. – Dann: der Schnitt, erst jetzt, auf das Auto. Innen sitzen Gerry und Gerry, ganz in ihrer Sache, kein Wort und kein Schnitt zu viel. – Dann: der Ausstieg. Und der Marsch, der ewig lange Marsch in ewig langen Sequenzen. Gerry und Gerry laufen, laufen und laufen über Stock und über Stein. Und wir immer hinterher oder daneben, immer ganz die anteillosen Beobachter, die stummen Gefolgen. Die auch mal minutenlang aus weiter Ferne warten, wie Gerry #1 von einem Felsen kommt und Gerry #2 ihm ein Sandkissen zum Runterspringen baut. [...]

    3
    • 8

      [...] Das erste gute Drittel, das alles ist, was "I Am Legend" beispielsweise nicht war, die erste Dreiviertelstunde dieses Films also, ist das schönste, rührseligste und liebenswürdigste, das ergreifendste, aufrichtigste und wahrhaftigste, und das komplexeste, vielschichtigste und schlicht spektakulär unspektakulärste, was der computergesteuerte Animationsfilm je hervorgebracht hat. [..] "WALL-E" ist dabei ein universeller Film, der eine eigene Kinosprache entwickelt, der sinnästhetisch neues Terrain beschreitet und eine Brücke schlägt zwischen der Methodik und Funktionsart des Stumm- und Tonfilms. [...]

      13
      • 1

        Dem anderen einfach mal kräftig die Fresse zu polieren ist für den sportlichen Kraftprotz aus der Muckibude ja immer noch der unmittelbarste Weg der Kommunikation. Das lehrt zumindest "Never Back Down", in dem nicht das Wort, sondern die Faust das Sagen hat, in dem ausreichend geprügelt, geboxt und gekickt wird – und der sich damit selbstredend auf das Genreregelwerk der 80er beruft. Der Retro-Kampfsportfilm negiert jedwede Reflexion, die über das Männer-Gekloppe in der Post-Van-Damme-Ära so angestellt wurde [..] und folgt der strikt schematischen Dramaturgie eines Kampfes zwischen sanftem Wilden und ungehobeltem Rivalen, einer klassischen Siegergeschichte samt weisem Lehrer und schickem Bikini-Girl. [...]

        1
        • Ich habe keine Ahnung, lasst euch was einfallen. Dafür arbeitet ihr ja. ;)

          • Wann gibt es das "Kritiker-Duell"? ;)

            • 8 .5

              Auch wenn man es kaum glauben mag - rund 20 Jahre später hat der Stoff nichts von seinem Biss verloren. Schwungvolle Songs, lebendige Sets wie aus den prachtvollen MGM-Zeiten und ein ungemein spielfreudig aufgelegtes Ensemble machen „Hairspray“ zum rundum stimmigen Vergnügen. Da sieht man auch großzügig über John Travolta hinweg, der in die übergroßen Fußstapfen von Divine tritt - und aus der ganz normalen Mutterrolle eine Lachnummer zu generieren versucht.

              3
              • 6

                [...] Condon erzählt nicht nur die Geschichte einer Musikband mit ihren Höhen und Tiefen, die etwaige banale Aufsteigerparabel mit all ihren Konventionen und berechenbaren Eckpunkten in der Narration, sondern vermittelt auf unnachahmliche Weise den Zeitgeist der 60er und 70er-Jahre mit seinen kulturellen und politischen Akzenten: Über die Musik. Mit feiner Genauigkeit gelingt ihm das eindrucksvolle Portrait afroamerikanischer Musiker auf dem langen Weg in die hart umkämpften und vor allem von weißhäutigen Interpreten definierten Charts. Das umfangreiche Figurenspektrum mit seinen korrupten Managern, Plattenbossen und Geldmachern untersteht stets der sicheren Hand Condons, nie verliert er den roten Faden, der die Schicksale zusammenhält, nie bewegt er sich an der Oberfläche, weil der stille Zauber des Films allgegenwärtig ist: Musik als Lebensgefühl und Status Quo zugleich übersteht selbst die schwersten Lebenskrisen. [...]

                3
                • Well done, Mr. Batz.

                  Christine Baranski, die wahre Queen.

                  • Lasst doch mal Jukes in Frieden, der hat doch nichts gegen Schwule, so lange sie ihn in Ruhe lassen...

                    • 8

                      [...] Der überaus spezielle Humor des Films resultiert nicht allein aus einer Nummernrevue bizarrer Effekte und Ideen, sondern aus dem skurrilen Weltentwurf Jacksons. An jeder Straßenecke lauern seltsame Gestalten, die entweder snobistisch die Nase rümpfen, sich von allem und jedem abkehren oder aufdringlich in die Kamera grinsen - die vielen schrillen Gesichter, die in verzerrten Perspektiven erscheinen, sind eines der Markenzeichen des Regisseurs. Die logische Folge dieses Gesellschaftssarkasmus' kann demnach nur die Herausbildung einer Zombieplage sein. [...]

                      6
                      • 3

                        Nein, "The Good German" ist kein Relikt aus der glanzvollen Studiofilmära Hollywoods, da nützt jede Anstrengung nichts. Soderberghs Film ist der kokette Versuch an die Magie der großen Vorbilder anzuknüpfen. Diese heißen "Casablanca" und insbesondere "The Third Man". Und natürlich: Dieser Versuch scheitert ganz grandios.

                        2
                        • 9

                          [...] Wahrlich beachtlich, wie ein Film mit so simplen Mitteln und so reduziert eine derart adäquate, ergreifende Metapher für den Krieg finden kann, dass man alle anderen Genrebeiträge – denen die Flucht aufs Kriegsfeld auch gleich jede Sicht verstellt – guten Gewissens vergessen kann. "Johnny Got His Gun" ist ein intensiver, ein kluger, ein wichtiger Film, der verstanden hat, dass man all die genreimmanente Kriegsverklärung aus Heldenpathos und Kameradschaftstod mit einem einfachen, präzisen und einprägsamen Ansatz umgehen kann: Der Qual, nicht sterben zu können und zu dürfen, der ausbleibenden Katharsis, der absoluten Hilflosigkeit, die bleibt. [...]

                          16
                          • 7

                            [...] Erst in einem fulminanten Finale brechen die Figuren aus ihrer formalen Etikette heraus. Das wird seinerseits mit allerlei Symbolen unterstrichen und durch eine parallel montierte, gigantische Schlachtsequenz veräußerlicht, droht aber im Meer dieser betörenden Farbenpracht unterzugehen. Zhang verlagert hier seinen Schwerpunkt: Nicht die Massenszenen besitzen eine epische Wucht – tatsächlich stören sie die eigentliche Handlung fast ein wenig –, sondern die familiäre Eskalation. Die beherrschte Strenge bei der Durchführung alltäglicher Zeremonien weicht zum Höhepunkt dann einer blutigen Radikalität. Jegliche Eleganz ist dahin, Teppiche und Blumen sind rot gefärbt. "Curse of the Golden Flower" hat vielleicht nicht mehr zu erzählen als eine gewöhnliche Folge "Denver Clan" – aber ein so edles Antlitz darf selbst die gröbste Trivialität schließlich nicht immer haben.

                            3
                            • 7

                              [...] "All the Boys Love Mandy Lane" ist somit in gewisser Hinsicht der Versuch, den Teen-Slasher seiner Oberflächlichkeit zu berauben. Die Jugendlichen bei Levine entsprechen nicht den gängigen Klischeeprofilen. Eingeführt als promiskes Saufgelage, deren ausgiebiges Sündigen schon deshalb mit dem Tod bestraft gehört, damit die Leinwand von diesen holzschnittartigen Arschlochfiguren endlich befreit wird, bürstet Levine die Opfer in spe schließlich allesamt gegen den Strich. [...] Indem er die genreimmanenten Abfolgen auf den Kopf stellt, durchschüttelt und letztlich doch sich selbst überlässt, ist er ein mustergültiges Beispiel für den postmodernen Umgang mit dem Teenfilm und ein weitgehend ironiefreies Äquivalent zu "Scream".

                              4
                              • 4

                                ZURÜCK IM SOMMER ist das Langfilmdebüt von Dennis Lee. Der hat sogar schon einmal einen Kurzfilm-Oscar gewonnen. Und nicht nur, weil es sich um seine erste große Regiearbeit handelt, sondern der Film auch mit großen Stars glänzt, somit also schwierig zu produzieren gewesen sein dürfte, und vor allem zu großen Teilen autobiographisch verfasst ist, möchte man doch gnädig sein mit ihm. Obwohl hier nicht nur die Stars, sondern überhaupt alle glänzen. Das ist doch ein merklich schöner Film mit einem klaren visuellen Stil, der selbst das größte moralische Dilemma, die schrecklichsten Streitereien oder seelischen Abgründe in edle Schöner-Wohnen-Bilder hüllt. Und so wie ZURÜCK IM SOMMER ganz schön glatt, ganz schön perfekt, und – zugegeben – auch ganz schön bieder inszeniert ist, so ganz schön reibungs-, konturen- und makellos nichts sagend erzählt er auch seine Familientragödie. [...]

                                1
                                • Die Liste ist lachhaft.

                                  "Clockwork Orange" ist btw. sogar ganz unangefochten ein Science-Fiction-Film und als solcher konzi- wie rezipiert.

                                  1
                                  • 3

                                    [...] Und wo Ang Lee die Comic-Vorlage nutzte, um einen einerseits stark dem Mythos verpflichteten Film, eine um elterliche Schuld und dem Widerspruch zwischen Körper und Geist rangierende Familientragödie zu erzählen, und sich dem Vorhaben andererseits auf einem formal höchst komplexen Niveau näherte, indem er seinen Film in bewegte Storyboards übersetzte, die mithilfe ausgeklügelter multi- screen-Einstellungen und organisch geschnittener Übergänge eine künstlerisch nahezu kongeniale, streng komponierte Adaption bildeten, da ist die visuelle Schlicht-, um nicht zu sagen: Einfallslosigkeit, dieses "Incredible Hulk" wahrlich ernüchternd. Denn Leterrier verzichtet zugunsten eines konventionell gefilmten Actionabenteuers gänzlich auf comicartige Effekte, auf eine originelle formale Entsprechung der Serie oder auf ein eigenständiges visuelles Prinzip, die comicüblichen Bildreduktionen in einen kinogerechten Stil zu übertragen. [...]

                                    5
                                    • 5

                                      [...] Zugegeben, über die 90 Minuten ist das ein unterhaltsamer, ruhiger Spaß, eine leichte, luftige, lockere Angelegenheit, aber wenn John Dahl vielleicht noch die ein oder andere Überraschung, Wendung, Unvorhersehbarkeit, vielleicht mal einen Drehbucheinfall hier und eine hübsche Regienote da beigesteuert hätte, dann wäre daraus vielleicht eine ähnlich spritzige Thrillergroteske gereift wie jüngst Martin McDonaghs "In Bruges". [...]

                                      • Spike Lee ist ein dummer Mensch, der dumme Filme macht, in denen er dumme Klischees bedient. Sein umgekehrter Rassissmus ist das eigentlich Übel - ganz zu schweigen von seiner Homophobe (25th Hour).

                                        1
                                        • 8
                                          über Laura

                                          [...] Die Einflüsse von "Laura", der längst als eines der unbestrittenen Glanzlichter des Film Noir gilt, reichen über Antonioni und "L’Aventura" bis hin zu David Lynch und "Twin Peaks". Premingers unter erschwerten Produktionsbedingungen entstandenes Werk – der ursprüngliche Regisseur Rouben Mamoulian wurde gefeuert, ständiger Ärger mit Darryl F. Zanuck kam hinzu – gehört zu den komplexesten Thrillern der 40er-Jahre, erhebt den Noir mit unkonventioneller Photographie und surrealer Romantik fast zu einer stilistischen Spielart und bricht immer wieder mit den Erwartungen seines Publikums. "Laura" ist so etwas wie eine glückliche Fügung: Nicht all seine Elemente passen ganz selbstverständlich zueinander, vielmehr entwickeln sie sich im Laufe der Spielzeit und widersprechen sich so vehement, bis Premingers Film sie zu einem großen Mysterium vereint, das hinter seiner simplen Struktur eine enorme Vielschichtigkeit vermittelt und dabei auch vor Provokationen nicht zurückschreckt. [...]

                                          4
                                          • 4

                                            [...] Dennoch arbeitet Spielberg in "AI" unentwegt seinem Freund und/oder Vorbild hinterher, wenn er anders als sonst mit betont langen Einstellungen und Steadycam-Fahrten inszeniert, wenn er die Geschichte prägnant in mehrere Akte gliedert oder seinen Stammkomponisten John Williams anweist, in dessen Score Kubricks Vorliebe für klassische Walzer als Element der Kontrapunktisierung entgegenzukommen. So sehr sich Spielbergs Stil mit all seinen Kartenspielertricks, seiner visuellen Schön- und selten Doppelbödigkeit mit den hinterlassenen Ambitionen eines Regisseurs wie Kubrick auch beißt, gerinnt die eigenwillige Kombination erst im letzten Drittel zur unerträglichen Imitation: Wenn Spielberg in klinischem Ambiente einen neuen Humanitätsbegriff zu formulieren versucht, heben sich die Unterhaltung des einen und Prätention des anderen gegenseitig auf. [..]

                                            3
                                            • 7 .5
                                              über Martin

                                              George Romero bezeichnet "Martin" als seinen persönlichen Lieblingsfilm. Ich würde ihn gern als seinen meistunterschätzten bezeichnen wollen. Weil er belegt, wie vielfältig und mehrdeutig der Pittsburgher Regisseur den Horrorfilm ausschöpft, ihn bereichert und erweitert, und weil er von all seinen Arbeiten die authentischste, die kraftvollste, die intimste ist. "Martin" ist ein schleppend inszenierter, ruhiger Film über einen jungen Mann, der sich anders fühlt, anders als die anderen, anders als sein Umfeld. Vom eigenen Cousin ketzerisch als Nosferatu prophezeit, durchlebt der in sich gekehrte Junge eine qualvolle Sinnsuche, getrieben von sexueller Sehnsucht, und gleichzeitig im Kampf gegen den Trieb. Die hinlängliche Metapher des Vampirseins für sexuelle Sublimierung belässt Romero als uneindeutige Note, die die traumähnlichen Bilder des Films immer wieder anstimmt und in Bewegung versetzt. Dem unausgespielten Problem, das Martin letztendlich zum rastlosen Außenseiter macht, lässt der Film keine Erklärung folgen, vielmehr erweist er sich als sensible Paraphrase über Verdrängen und Selbstfindung, im Vampir- ebenso wie im coming of age-Film gut aufgehoben und unbedingt empfehlenswert.

                                              3
                                              • 3 .5

                                                [...] Rührend ist's zwar, dass Allen hier zwei Sunny Boys ins Verderben rennen lässt, und hübsch anzusehen ebenso, immerhin geben McGregor und Farrell ein schniekes Brüderpärchen ab, dem man nur alles Beste wünschen kann. Aber der Film interessiert sich nicht die Spur für sie, und so ist es auch egal, ob sie den Coup über die Runden bringen, unbeschadet überstehen und mit reiner Weste aus der Sache herauskommen werden. "Cassandra’s Dream" ist ein ziemlich tristes, unausgegorenes Thriller-Drama, das unbeholfen, staksig und kraftlos von Menschen und Lebensstilen erzählt, zu denen es nicht nur keinen Zugang findet, sondern von denen es auch keine wirkliche Ahnung zu haben scheint. Man könnte den Film als das unenglischste bezeichnen, was englische Schauspieler vor englischen Kulissen so hinbekom- men können, inszeniert von einem ewigen Plappermaul, das mit seinen Arbeiten seit Dekaden nichts Handfestes mehr anzubieten hat. [...]

                                                • 4

                                                  [...] Somit erzählt dieser Film keine Geschichte über die Liebe zum Kino, formuliert kein Plädoyer für kleine Imitatoren, die zu großen Filmemachern werden, sondern bewundert lediglich den Zusammenhalt einer Gemeinschaft, feiert den kleinen einfachen Mann. Das Nachspielen der Vorbilder ist nur eine nette Beigabe, ein Mittel zum Zweck. Spätestens ab der zweiten Hälfte ergeht sich der ohnehin wenig peppige, uninspirierte Ulk in Rührseligkeiten, die das Versprechen (oder die Hoffnung) eines reflektierten Filmspaßes nicht einlösen können. [...]

                                                  1
                                                  • 6 .5

                                                    [...] Nach 20 Jahren nun ist Harrison Ford zurück, noch einmal als Indiana Jones, noch einmal als der Mann mit der Peitsche. Vorangegangen ist die Zeit, die ein wenig graues Haar hier und ein paar mehr Altersfalten dort forderte, geblieben der Rest: Er ist noch immer so lakonisch und noch immer so gewitzt, steckt noch immer haufenweise Keile ein und löst auch immer noch die komplexesten Rätsel der Archäologie- und Menschheitsgeschichte im Nebenbei. "Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull" gibt seinem Publikum einen der erfolgreichsten und beliebtesten Kinohelden, eine der ikonischsten Figuren der 80er-Jahre zurück – in Würde gealtert und mit Stil in die Jahre gekommen. Es ist eine Rückkehr des Titelhelden, und es ist die erste konkrete Zusammenarbeit der Blockbuster-Giganten Steven Spielberg und George Lucas seit fast zwei Jahrzehnten. Ein Übermaß an Versprechen und Erwartung also: Und der Film hält dem Druck stand. [...]

                                                    7