pischti - Kommentare

Alle Kommentare von pischti

  • 7
    pischti 04.08.2022, 09:57 Geändert 04.08.2022, 10:06

    Nachdem mir "The Witch" damals, trotz vielversprechender Kritiken, nicht zusagte, nun also der nächste Film von Robert Eggers.

    Es gibt wenige Völker aus der Geschichte, die mich so faszinieren wie die Wikinger. Kerle, so groß wie Baumstämme, so muskulös wie ein Pitbul, und so furchteinflößend wie die nächste Gasrechnung.

    Eggers bleibt in seinem neusten Werk, der Geschichte der Sagengestalt Amleth, die später als Vorlage für Shakespeare dienen sollte, seinem Stil treu. So war es schon bei "The Witch" ein gelungenes, fast schon mit Symbiose einher gehendes Zusammenspiel zwischen düsteren audiovisuellen Reizen und einer geheimnisvollen, etwas spirituell angehauchten Atmosphäre.

    Mit Alexander Skarsgard hat er meiner Meinung nach seinen Hauptcharakter Amleth optimal besetzt. Der schwedische 1,94 Hühne passt nicht nur optisch, sondern auch mit seiner beeindruckenden Physis geradezu perfekt in die Wikingerszenerie und auch schauspielerisch lässt sich nichts bemängeln. Generell ist der Cast, der mit Namen wie Ethan Hawke, Nicole Kidman, Willem Defoe (wenn auch nur in einer Minirolle), oder auch Anya Taylor-Joy glänzt, die schon bei "The Witch" die Hauptrolle hatte, wirklich hervorragend.

    Eggers inszeniert das in wunderschöner Landschaft (Island) spielende, legendäre Rachemotiv in tristen Grautönen recht düster und untermalt die dauerhaft bedrückende und bedrohliche Atmosphäre mit audiovisuell geschickt umgesetzter Regiearbeit und passender Kostüm- und Maskenarbeit. Der Wechsel zwischen mythisch angehauchten und teilweise überirdischen Sequenzen, voodoohaften Zeremonien, theaterartigen Dialogen und heraushängenden Gedärmen ist hierbei fließend, wird aber nicht jedermanns Sache sein, denn Eggers Inszenierung ist schon teilweise recht speziell. Der Gewaltgrad ist nebenbei FSK 16 gerecht. Der Endkampf , wenn auch eher kurz, sollte auch noch positiv erwähnt werden, denn die Inszenierung ist mit ihrem Setting und der stilistisch ansprechenden Umsetzung äußerst gelungen und hatte audiovisuell fast so einen kleinen Hauch von "300".

    Zusammenfassend ist Eggers Darstellung der Amleth-Sage sehenswert, wenn auch teilweise durch die künstlerische Darstellung mythologischer Elemente recht speziell. Wer mit Wikingern generell etwas anfangen kann, kommt um diesen Film auch kaum herum. Nebenbei war meine Vorhersage mit 7,0 eine genaue Punktlandung.

    19
    • 8
      pischti 03.08.2022, 08:59 Geändert 03.08.2022, 09:10

      Noch vor Dennis Kailing ("Besser Welt als nie") setzte sich mit Anselm Nathanael Pahnke damals also der nächste positiv Verrückte auf seinen mit 70 Kilo beladenen Drahtesel und durchfuhr in den Jahren 2013 und 2014, größtenteils allein, einen der am schwierigsten zu bereisenden Kontinente dieser Welt. Der damals, ebenso wie Kailing zu der Zeit, Mitte 20er Hamburger Geophysiker benötigte
      dafür 414 Tagen und bereiste 15 afrikanische Länder von Süden nach Norden mit einer zurückgelegten Strecke von ca. 15.000 km.

      Die Reise beginnt in Kapstadt zunächst mit 2 anderen begeisterten Abenteurern, die er gerade erst am Flughafen kennenlernte. Pahnke verriet im Interview, dass er bis zum eigentlichen Fahrtbeginn noch völlig unentschlossen war, ob er sich die Reise überhaupt zutraut. Schon in der Kalahari trennen sich die Wege der 3. Von hier an ist Pahnke, bis auf wenige Kontakte zu Gleichgesinnten , komplett auf sich alleine gestellt.

      Pahnke fängt den Kontinent mit allen möglichen Facetten mit seiner Kamera ein und beschreibt dabei sehr ausführlich sein Empfinden in diversen Situationen mit Hilfe von Selfie-Aufnahmen. Pahnke ist nicht nur sympathisch, er ist vor allem authentisch und wie schon bei Dennis Kailing's Abenteuer, hat man recht schnell eine Bindung zum Protagonisten und sitzt fast schon selbst, wenn auch ohne physische Herausforderungen, mit im Sattel. Mit Gegenwind 3000 Kilometer durch die Sahara, frei laufende wilde Tiere, tageweise bzw. wochenweise keine Menschenseele sehend, Hitze, Wasserknappheit, Krankheiten und andere Gefahren geben dieser Reisedoku den gewissen Thrill, den es aber auch benötigt, solle sich die Reise von anderen 0815 Reisedokus abheben. Hinzu kommt die wirklich interessante Darstellung der Einwohner diverser afrikanischer Staaten, zu den Anselm Pahnke immer Kontakt sucht. Selbst in den schwierigsten Situationen weiss sich Pahnke zu helfen und das ist auch mitunter manchmal der Grund, weshalb er die ganzen Strapazen überhaupt übersteht, denn die herausfordernde Physis sucht teilweise Ihresgleichen.

      Auch wenn Pahnke keine High-End Filmausrüstung dabei hatte, ist die filmische Umsetzung sehr sehenswert. Er fängt wunderschöne Orte visuell ein, hat ein Gespür für die Dokumentation bestimmter Momente und hat auch, zwecks Inszenierung der Fahrten, gute Ideen seine Fahrradreise cinematografisch einzufangen.

      Was bleibt ist ein sympathischer , authentischer, wenn auch leicht verrückter Protagonist auf der Suche nach sich selbst mit einer sehr beeindruckenden physischen Leistung, spannenden Herausforderungen und immer wieder bedrohlichen Szenarien. Den Vergleich mit Dennis Kailings Reise verliert er nur knapp. Ein Grund dafür ist die wahrscheinlich etwas professionellere filmische Umsetzung des Hessen.

      Natürlich motiviert der Film auch. Ich bin jetzt 3 Tage hintereinander mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren, habe aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. Das Fahrrad nimmt einfach zuviel Platz im Kofferraum weg.

      13
      • 9

        Es gibt sie doch noch, die Schmankerl auf Netflix. Wer hätte gedacht, dass mir ein gefilmtes Reisetagebuch so gefallen würde, aber der Reihe nach:

        Als der damals 25 jährige Dennis Kailing, der gerade sein Masterstudium in Berlin abgebrochen hat, aus Gelnhausen, einer 20.000-25.000 Einwohner fassenden Kreisstadt in Hessen, seinen Eltern mitteilte, er wolle mit seinem Fahrrad 1x um die Welt reisen, da werden sie wahrscheinlich anfangs etwas verwirrt gewesen sein. Als ihr Sohn aber dann knapp 2 Jahre später nach seinem Fahrtbeginn in östlicher Richtung aus westlicher Richtung in seinen Heimatort wiederkehrt, da wird die Freude, aber auch der Respekt vor der Leistung des eigenen Sohnes unendliche Höhen erreicht haben.

        43600 km
        761 Tage
        41 Länder
        und 63 platte Reifen

        Das sind die beeindruckenden Daten, die Dennis Kailing auf seinem Drahtesel, nur ausgerüstet mit ein paar Klamotten, einem Schlafsack, ein bisschen Bargeld, einer Kreditkarte, einer Kamera und einem Zelt, zurücklegt. Was umso mehr erstaunt, ist die Tatsache, dass Kailing gar kein besonders trainierter Radfahrer ist. In einem Interview verrät er, dass vor allem die erste Nacht im 60 Kilometer entfernten Gemünden sehr aufregend war und er bei jedem Geräusch außerhalb seines Zeltes zusammenzuckte. Dass er aber viele Tage später in Ländern wie Honduras oder El Salvador, die als eine der gefährlichsten Länder weltweit gelten, teilweise unter freiem Himmel schlafen wird, und seine täglich zurückgelegten Kilometer auf etwa 90 steigern wird, ist schon paradox.

        Als Zuschauer entwickelt man recht schnell eine enorme Verbundenheit mit dem äußerst sympathischen Kailing und ich denke, hier liegt auch eine der Hauptursachen für die fesselnden knapp 2 Stunden Laufzeit, in denen man förmlich mit ihm zusammen auf die Reise geht. Aus dem Off erfährt man immer wieder kleine interessante Reiseanekdoten, die einen schmunzeln lassen, oder sogar teilweise beängstigen.

        Eine Autokorsofahrt mit seinem Schlafgastgeber im Iran, Fangen spielen mit Kindern im Reisfeld bei strömendem Regen in Indonesien, eine große Schüssel Nudeln für umgerechnet 7 Cent in Myanmar, ein Kaffee in Guatemala, oder die Begegnung mit einem genauso verrückten Reisenden irgendwo im Outback in Australien machen "Besser Welt als nie" zu einem fast einzigartigen Erlebnis. Nebenbei ist die Qualität der Aufnahmen mit ihren wunderschönen Drohnenfahrten über Traumkulissen und dem wunderbaren untermalenden Score wirklich großartig und das Video Editing auf sehr hohem Niveau. Einzig und allein hätte die Fahrt durch die letzten Länder etwas detaillierter sein können, weil man dem Film zu dieser Zeit anmerkt, dass er so langsam zum Ende kommen möchte. Aber das ist meckern auf hohem Niveau.

        Wenn man eines aus dem Film mitnimmt, ist es die Tatsache, dass die Welt besser ist als wir glauben. So ist es vor allem die enorme Gastfreundlichkeit fremder Menschen unterschiedlicher Nationen und Kulturen, die Kailing immer ein Lächeln schenken.

        "Das Leben ist wie ein Spiegel. Lächle, und es lächelt zurück."

        Da liegt viel Wahrheit drin!

        11
        • 8 .5
          pischti 25.07.2022, 10:57 Geändert 25.07.2022, 12:58

          Als Will Smith bei der diesjährigen Oscarverleihung Chris Rock mit der Vorhand ohrfeigte, war er wahrscheinlich noch im Tennis-Modus. Auch wenn dieser Auftritt nicht die beste Seite von Will Smith zeigte, vor seiner überzeugenden Darstellung von Richard Williams, dem Vater der legendären Williams-Tennis-Schwestern, ziehe ich den Hut.

          Reinaldo Marcus Green's Tennis-Biopic überzeugt nämlich auf ganzer Linie. Dafür, dass Green bisher nur "Monsters and Men" und "Good Joe Bell" (mit Mark Wahlberg) gedreht hat, ist sein Film, vor allem handwerklich, auf äußerst hohem Niveau. Neben der gelungenen Retro Optik, dem Gespür für Kameraeinstellungen, den mit viel Herzblut geschriebenen Dialogen, ist vor allem die Tiefe der Charakterzeichnung seiner Hauptfigur bemerkenswert, denn der recht eigen agierende, teilweise wie ein komischer Kauz wirkende, aber dennoch immer seine Familie schützende, sture alte Bock, wirkt wahnsinnig authentisch, nicht zuletzt durch Will Smith's grandiose Darbietung.

          Neben der angenehmen Erzählweise mit gutem Spannungsbogen, sind es auch die Jungschauspieler, die nicht nur schauspielerisch, sondern auch mit diversen Tennisfähigkeiten, die cinematografisch gekonnt dargestellt werden, überzeugen. Letztendlich zeigt "King Richard" den Pfad, den Richard Williams seinen Töchtern Venus und Serena zu deren späteren Status, auch durch seine Erziehung, ebnete, und er sollte auch mit nahezu allen, oft auch unverständlichen Entscheidungen, recht behalten. Das Märchen von in Armut groß gewordenen, späteren Weltstars wird auch hier wahr.

          Auch wenn Green sich fast ausschließlich an Richard Williams' Autobiografie bediente, und Williams selbst weder am Set war, noch hatte er Interaktionen mit der Filmcrew, ist sein Film im Bereich des Sport-Biopic wahrscheinlich einer der besten Vertreter. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man dem Film seine 2 1/2 stündige Laufzeit kaum anmerkt.

          Es lohnt sich, beim Abspann noch dran zu bleiben, denn Richard Williams filmte seine Töchter sehr viel selbst (Originalaufnahmen). Auch von einem recht eindrucksvollen Interview sieht man am Ende die Originalaufnahmen.

          Wer Sport-Biopics liebt, kommt um diesen hier nicht herum, doch selbst wer dem Sport nicht so viel abgewinnen kann, sieht ein überzeugendes Drama mit einem großartig aufspielendem Hauptcharakter.

          Chapeau, King Will.

          12
          • 7
            pischti 22.07.2022, 09:10 Geändert 22.07.2022, 09:14

            Die Uncharted-Quadrilogie, mit der ich erst vor 2 oder 3 Jahren in Berührung kam, hatte mich schnell in ihren Bann gezogen. Sympathische Charaktere, Indiana Jones Abenteuer-Feeling, Fratzengeballer, spannende Rätsel, spannende Story und eine gesunde Prise Humor machten Uncharted zu einem Dauerhit im Wohnzimmer, bei dem selbst meine Frau hin und wieder zuguckte. Seit geraumer Zeit habe ich dann auch alle Uncharted Titel, bis auf den neusten Ableger Lost Legacy, durch. Als es dann hieß, dass das Ganze verfilmt wird, waren die Gefühle gemischt und nach dem Blick auf den Cast waren mein guter Filmbuddy, und mittlerweile auch privat befreundeter, Rob (RolfMuller) und ich auch skeptisch, denn Tom Holland als Nathan Drake und Mark Wahlberg als Sully passten so gar nicht. Dies ist auch der Grund, dass die reine Spieleumsetzung nur bedingt funktioniert, als unabhängiger Abenteuerfilm hingegen gefiel er mir richtig gut.

            Nicht nur optisch, sondern auch physisch passen beide Darsteller überhaupt nicht. Holland ist viel zu jung, zu klein und hat mit Nate überhaupt nichts gemeinsam und auch Wahlberg als Sully ist eine völlige Inkongruenz. Sully ist im Spiel die mit Abstand charismatischste Figur - ein reifer, veterantypischer, Zigarre rauchender Hannibal Smith 2.0 mit Reibeisenstimme, der immer eine Idee oder einen guten Spruch auf Lager hat. Auch wenn Holland physisch in top Form ist und er , rein objektiv betrachtet, seine Sache gut macht , ist die Assoziation zur Spiele-Figur kaum gegeben. Mit Wahlberg hat man hier zwar einen Zuschauermagneten geholt, aber auch er spielt eben die selbe Figur, wie in allen seinen anderen Filmen. Einen penetrant überheblichen, klugscheissernden Schnösel, mit überzeugender Physis und dem ein oder anderen One Liner auf den Lippen. Rob's und meine Wunschbesetzung wäre wahrscheinlich Chris Pratt als Nate und J.K. Simmons (vielleicht auch Stephen Lang) als Sully gewesen. Genug der Kritik, denn als selbständiger Abenteuerfilm unterhält "Uncharted" aus meiner Sicht sehr gut und wer die Gesetze der Physik in Filmen dieser Art ausblenden kann, kommt gut zurecht. Storytechnisch im völlig akzeptablen Bereich, optisch hervorragend, schauspielerisch Genre-bezogen unauffällig , gelungene Action, eine gesunde Portion Humor und eine Post-Credit-Szene , die zum Wiedersehen einlädt machen "Uncharted" zu einem nicht mal uncharmanten, kurzweiligen Abenteuerritt, aber nur, wenn man die Spielereiheassoziation einigermaßen ausblenden kann. Einzig und allein fehlte mir, wie so oft, ein ausreichend zynischer Bösewicht.

            8
            • 7

              Wenn die Franzosen im Filmgeschäft ein was können, dann ist es die Inszenierung von kurzweiligen, geradlinigen Actionthrillern. Ein Junge sieht während einer Veranstaltung zufällig einen Auftragsmord im Mafiamilieu. Daraufhin wird alles dran gesetzt, ihn und seine Familie auszulöschen, denn er hat einfach zuviel gesehen. Aber da haben die Hobbygangster aus dem Ostblock ihre Rechnung ohne den Vater, ein von seiner Frau und seinem Sohn getrennt lebender, aufgrund eines fatalen Fehlers fast ausrangierter, depressiver Polizist, und seinem Partner gemacht. Auch wenn man sich hier gebräuchlicher Stereotypen bedient, ist sowohl die Erzählweise, als auch die Action äußerst temporeich inszeniert. Hier werden ordentlich Fressen eingetreten, Kugeln verteilt und es wird erst die Nase gebrochen und dann gefragt. Zudem ist die Laufzeit von 83 Minuten bis zum Abspann äußerst angenehm, denn zähe Lückenfüller sucht man vergebens. Auch wenn die Story im Großen und Ganzen keine neuen Ideen zeigt, so gibt es dennoch am Ende einen kleinen Twist, der unerwartet war. Mich hat der Franzosenstreifen hervorragend unterhalten.

              9
              • 6 .5
                pischti 18.07.2022, 20:14 Geändert 19.07.2022, 00:37

                Spanier und ihre Thriller, das ist schon eine hervorragende Kombi, denn der spanische Film bietet wirklich tolle Vertreter. Nach Filmen wie "Der unsichtbare Gast", "Sleep Tight", oder das "Verborgene Gesicht" hatten mich spanische Produktionen schon vor Jahren komplett überzeugt.
                Auch "Die geheime Tochter" merkt man seine spanische Handschrift an. Ein überzeugendes Schauspiel aller Beteiligten, ein großartiges Gespür für gelungene Momentaufnahmen und die optische Darstellung der Schauplätze mit sanften Kamerafahrten sind eben typisch spanisch. Was man bei Produktionen aus Südwesteuropa aber mögen muss, ist die mitunter etwas langsamere Erzählweise. Dennoch ist eine gewisse Grundspannung allgegenwärtig.
                Nachdem ein Mitarbeiter einer Jugendstrafanstalt die erst 14 jährige schwangere Irene heimlich in sein abgelegenes Zuhause in einer idyllischen Landschaft nimmt und sie als vermisst gilt, spricht zunächst alles für ein Drama.Aber nichts ist wie es scheint, denn
                als es dann zu ersten Unstimmigkeiten, auch mit seiner Frau, kommt, entwickelt sich das Ganze bis zum rabiaten Finale, welches die FSK 16 begründet , zu einem recht packenden Thriller, der gerade auf psychologischer Ebene recht interessant ist.

                Unterm Strich ist "Die geheime Tochter" mit einer Laufzeit von knapp zwei Stunden vielleicht etwas zu lang geraten, überzeugt aber trotzdem durch eine angenehme Spannungskurve, einer nahezu fehlerfreien cinematografischen Umsetzung und einem stark aufspielenden Cast. Wer mit der langsameren Erzählweise keine großen Probleme hat und sich im Genre wohlfühlt, kann zugreifen.

                12
                • 4
                  pischti 16.07.2022, 12:35 Geändert 16.07.2022, 12:36

                  Zwei Gangs treffen sich 1978 in Boston in einer verlassenen Lagerhalle. Die eine Seite liefert Waffen, die andere den berüchtigten Geldkoffer. Als zwischen zwei sich gegenüberstehenden Gangstern alte Kamellen heiß gekocht werden, eskaliert die Situation. Was sich auf den ersten Blick als durchaus gelungenes Kammerspiel im Tarantino-Gewand deklarieren lässt, entpuppt sich kurze Zeit später zu einem stinklangweiligen, westernartigen Schusswechselmarathon, als hätte Tarantino sein Gewand für 3,99 aus der nahegelegenen KiK Filiale geholt. Auch wenn der Cast für eine kleinere Produktion mit z.B. Sharlton Copley, Brie Larson, Arnie Hammer, oder auch Cilian Murphy wirklich fantastisch ist und sowohl die Cinematografie als auch die 70er Jahre Kostüme, mit dazugehöriger 70er Jahre Matte auf der Glatze, äußerst gelungen sind, dümpelt das Ding über fast 60 Minuten in einer völlig zähen Ballerei umher, um dann am Ende noch ein paar Konversationen zwischen diversen Figuren zu konstruieren, die im Kammerspiel-Shootout dann den schwarzen Peter zuweisen. Ein Blick auf Regisseur Ben Wheatley's Filmografie hätte mich eigentlich warnen sollen, denn sein ultra zäher schwarz/weiß Hubba Bubba "A field in England" belohnte ich vor geraumer Zeit mit 1,5 Punkten. Schade, die Ausgangslage war gar nicht so verkehrt, aber wenn man sich mordsmäßig langweilt, dann ist halt einfach mal der Ofen aus.

                  9
                  • 5 .5
                    pischti 14.07.2022, 16:18 Geändert 14.07.2022, 20:43

                    Ich liebe ja Buddy-Action(Komödien) und Woody, hier als Auftragskiller/Auftragsmisshandler, geht wirklich immer, denn wenn Woody hier in seinem 1969er Dodge Charger, den er liebevoll Debora nennt, zu seinem nächsten "Termin" kommt, dazu sein breites Grinsen und die Ansage, dass der Man from Toronto, der nebenbei Poesie liebt, da ist, dann ist das schon alles ganz cool. Wenn dann aber ein Kevin Hart, der mir einfach nur auf den Sack geht, als Protagonistenvolltrottel den ganzen Film mittragen soll, dann wird es schon schwierig. Die Story ist genretypisch völlig ok, hat aber weder Twists, noch punktet sie mit neuen Einfällen. Das ist auch alles nicht weiter schlimm, wenn der Rest stimmen würde. Ein blasser, langweiliger Bösewicht, immer wieder pseudolustiges Gesabbel von Kevin Hart, sanfter dosierte Action und generell wenig spannungsgeladene Momente , machen den Man from Toronto nicht unbedingt zum Genreüberflieger. Für sanfte Unterhaltung reicht es dann aber dennoch, denn vor allem die Hauptactionszene ist schon absolut großartig inszeniert, vor allem die Kameraarbeit. Summa summarum, keine verlorene Zeit, aber eben auch nicht mehr als ein durchschnittlicher Buddy Action mit dem Prädikat "okay".

                    12
                    • 7
                      pischti 06.07.2022, 12:49 Geändert 06.07.2022, 12:58
                      über Dual

                      Da Sci-Fi eines meiner Lieblingsgenres ist, gab ich diesem bisher recht durchschnittlich bewerteten Sci-Fi Drama eine Chance (Vorhersage 6,6).

                      Regisseur Riley Stearns entführt uns hier in ein von tristen Farbtönen gezeichnetes, dystopisches, depressives Hier und Jetzt. Schwer kranken, sterbenden Menschen wird seitens einer Firma angeboten, sich klonen zu lassen und sich durch den sogenannten Stellverteter, also den Klon, ersetzen zu lassen, damit Angehörige ihre Liebsten nicht verlieren. Er konfrontiert den Zuschauer dabei mit vielen ethischen Fragestellungen und deren Gefahren und Auswirkungen. Bewusst geht er sehr gezielt auf die Psyche seiner Figuren ein und auch wenn das ganze Geschehen recht ernst dargestellt wird, so begeisterte er mich vor allem mit der ein oder anderen dosiert eingesetzten, subtilen Situationskomik, die mich des Öfteren schmunzeln ließ und einfach perfekt sitzt und "Dual" das gewisse Etwas verleiht. Schauspielerisch gibt es nichts zu beklagen. Mit Karen Gillan, mir bisher nur bekannt aus der Neuauflage von "Jumanji", hat man hier eine gute Wahl getroffen, denn die etwas nerdig wirkende, monoton redende, depressive und alkoholabhängige Hauptfigur Sarah, die auch mit ihrem Freund nicht das beste Verhältnis zu haben scheint, spielt sie wirklich hervorragend. Auch das beachtlich geringe Budget von 4,5 Millionen US-Dollar merkt man dem Sci-Fi Drama nicht an.

                      Mich wundert die recht durchschnittliche Bewertung, vor allem auf imdb, sehr, denn die Thematik "Klonen" hat aus psychologischer und ethischer Sicht selten ein Genreverteter besser hinbekommen als dieser hier und auch das Ende sitzt aus meiner Sicht perfekt.

                      Sehenswert!

                      15
                      • 7
                        pischti 30.06.2022, 12:05 Geändert 30.06.2022, 12:07

                        Ich habe zwei Filmbuddies (Maniac und tschunasun), die im Horror-Genre sehr gerne wildern und von denen man immer mal gern diverse Filmtipps dankend annimmt, gerade weil mich dieses Genre schon seit Jahrzehnten fasziniert. Allerdings ist es manchmal schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Tage ließ unser Urgestein Maniac über diesen Film positive Worte da (siehe unter meinem Kommi), weshalb ich schnell äußerte, ihn bald zu sichten. Gesagt, getan.

                        "Come play " war auch für mich eine positive Überraschung. Ein autistischer Junge, eine geheimnisvolle und recht bedrohliche Gestalt mit irgendeiner Verbindung über Elektrogeräte wie Smartphones und Tablets und eine etwas zerrissene Familie bilden den Kern des Filmes. Regisseur Jacob Chase beweist hier vor allem Gespür für dosiert eingesetzte Jump Scares, die allerdings der durchweg angespannten Atmosphäre noch ein bisschen mehr Bedrohlichkeit verleihen. Hinzu kommt ein genrespezifisch solides Schauspiel, ein gekonnter Einsatz von Licht-und Schatteneffekten und eine Story, die gegen Ende dem Film sogar noch einen Bewertungspunkt mehr beschert, denn selten habe ich ein Ende im Horror-Genre gesehen, welches gleichzeitig so traurig und doch so wunderschön ist. Danke, André, für dieses gelungene Filmerlebnis! Der Film ist unterschätzt...

                        11
                        • 6

                          Mein Haus, mein Auto, mein Garten....ruft es aus dem Gebüsch und dabei ist die Buxe von den neuen Besitzern schon jetzt randvoll. "The Intruder" hat mich tatsächlich positiv überrascht, denn vor allem Dennis Quaid, hier mal in einer für ihn sehr untypischen Rolle zu sehen, war schon großartig. Mit Leichtigkeit verleiht er seiner Figur durch Mimik, Gestik und sogar Tonation in den Dialogen eine enorme Unberechenbarkeit und Bedrohlichkeit. Die "Guten" sind hier zwar, zumindest schauspielerisch, recht blass, aber Mittel zum Zweck, um den bevorstehenden Sturm zu ernten. Die Spannungsschraube wird langsam aber kontinuierlich weiter gedreht und auch wenn der Film ohne große Überraschungen bleibt und keine neuen Ideen ins Genre transportiert werden, so handelt es sich dennoch um einen gelungenen Vertreter, der mich vor allem durch Quaid's Schauspiel zufrieden stimmte.
                          Frei nach dem Motto - kann man sehen, muss man nicht, wobei Ersteres überwiegt.

                          15
                          • 7 .5
                            pischti 18.06.2022, 13:53 Geändert 18.06.2022, 17:53

                            Als sich ein Freund von mir, nämlich der gute Cellsen, 2009 gegen über 100.000 Pokerspielern bei Pokerstars online durchsetzte und sich als Kandidat für's TV Total Pokern qualifizierte, dann war das schon ne coole Nummer. Als er dann auch noch als erster Kandidat das Ding gewann und die 50.000 Euro abräumte, da sind wir im Freundeskreis schon mächtig vor dem Fernseher eskaliert. Die Becker-Faust, die Stefan Kuntz Säge, oder auch diverse Brülllaute, ich glaube es war alles dabei. Ein toller Moment! Ein sehr enger Freund von mir sagte zu Cellsen damals aus Spaß "Wenn du das Ding gewinnst, bezahlst du mir dann meinen Flug von Wien nach Rostock?" Ein Mann, ein Wort, denn natürlich bezahlte Cellsen ihm den Flug und nebenbei gab er der Dealerin am Tisch noch ein Trinkgeld von knapp 1000 Euro, was alles andere als selbstverständlich ist, vor allem weil er zu der Zeit als Student fast kein Einkommen hatte. Nichtmal die Promis lassen solche Trinkgelder springen. Aber so isser der Cellsen, einfach n netter, bodenständiger,bescheidener, cooler Typ! Interessant waren auch einige Insiderinfos aus der Sendung, oder auch diverse Eindrücke der Promigegenspieler. Vor allem Miriam Pielhau, die leider schon in jungen Jahren an Brustkrebs verstorben ist, und Bernhard Hoëcker waren sehr liebenswerte Menschen. Zusätzlich saßen noch Mike Krüger, den er im Heads Up besiegte, Raab und Elton am Tisch. Pokerrunden wurden daraufhin für viele Jahre bei uns im Freundeskreis zur regelmäßigen Prozedur. Mit Minimaleinsätzen hatten wir im Freundeskreis in regelmäßigen Abständen lustige, feuchtfröhliche Abende und natürlich war der Cellsen auch immer am Start und ließ uns wahrscheinlich sogar ab und zu gewinnen....

                            Natürlich wurden auch Filme, die Pokerelemente beinhalteten, für mich interessant. "Mollys Game" erschien allerdings schon zu einer Zeit, in der mein Pokerkoffer irgendwo in der Ecke einstaubte, weshalb dieser unter meinem Radar durchrutschte. Die hohe Laufzeit tat noch ihr Übriges.
                            "Mollys Game " erzählt die wahre Geschichte von Molly Bloom, einer ehemaligen Skifahrerin, die kurz vor einer Olympiateilnahme stand, diese aber aufgrund einer schweren Verletzung nie erreichte. Nach Ausscheiden aus dem Profisport rutschte sie nach und nach in ein Business hinein, welches neben reichlich Geld, reichen Leuten, mafiaähnlichen Strukturen, Bedrohungen und Konflikten mit dem Gesetz, eben unter anderem Poker bot.

                            Jessica Chastain, nicht umsonst eine der angesehensten Theaterdarstellerinnen, die in renommierten Theatern ihr Schauspiel zeigt, verkörpert die Hauptfigur Molly mit einer außergewöhnlichen Vielfalt. Diese Mischung aus attraktiver, geheimnisvoller, verletzlicher, depressiver und dennoch sympathischer Figur ist schon beeindruckend und auch die schwierige Beziehung zu ihrem Vater (gespielt von Kevin Costner) wirkt sehr real. Neben den beiden spielt noch Idris Elba, den ich recht gerne sehe, ihren charismatischen Anwalt, denn "Mollys Game " ist eine Art Gerichtsdrama mit leichten Thrillerelementen und eben ein bisschen Poker. Die angenehme Erzählweise, nämlich in Form von Rückblenden, die ihre Geschichte erzählen, und der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Gesetz, tut ihr Übriges, um "Mollys Game" zu einem sehr sehenswerten Film zu machen.

                            In meiner Buddyliste erntet der Film durchweg hohe Punktzahlen, ohne Ausnahmen, und das zurecht. Wer sich im Genre wohlfühlt und diese mit Off Sprecher erzählten Rahmenhandlungen (wie es u.a. bei "Sleepers" der Fall ist) genauso mag wie ich, wird hier seine Freude haben. Auch die knapp 2 1/2 Stunden Laufzeit vergeht wie im Fluge. Na dann Jungs und Mädels, All-In !

                            15
                            • 3 .5

                              Bei Erstsichtung mit 40 Jahren gewinnt das Ding keine Nostalgiepunkte mehr und trotzdem handelt es sich bis knapp über die Hälfte zumindest um einen durchschnittlichen 80er Jahre Kinder-Sci-Fi mit einem sehr jungen Ethan Hawke und River Phoenix, doch was dann im letzten Drittel abgeht, ist nur schwer zu ertragen. Es kommt einem fast so vor, als hätte man sich zwei Eimer LSD reingepfiffen. Bunt, albern, völlig drüber , schlichtweg unterirdisch, auch wenn es außerirdisch war...

                              12
                              • 7 .5
                                pischti 08.06.2022, 11:47 Geändert 08.06.2022, 11:49
                                über X

                                Was für ein dreckiges Filmchen und das in allen Belangen. Ti West's 70er Jahre Mischung aus Softporno und kompromisslosem Slasher ist mehr als gelungen. Nicht nur kostüm- und maskentechnisch transferiert er den Zuschauer in das Jahr 1979, auch die Cinematografie ist so gemacht, dass man teilweise fast glauben könnte, man sichtet tatsächlich einen Film aus dieser Zeit. Zusätzlich sitzen diverse Kameraeinstellungen wie das Messer aufs Auge, gerade die eine Vogelperspektive ist stilistisch, und auch in Bezug zur Szenerie selbst, allererste Sahne. Ein Amateurfilmteam mit teilweise richtig unsympathischen Charakteren, ein mysteriöses altes Pärchen, ein gelungenes Setting auf irgendeiner ablegenenen, abgefuckten Ranch und ein angenehmer Spannungsbogen machen "X" zu einem äußerst brauchbaren Genrevertreter. Wer akzeptieren kann, dass der Film eine gewisse Zeit benötigt, um in die Gänge zu kommen, wird vor allem in der 2. Hälfte des Filmes belohnt. Wie "X" sich an einer FSK 18 Einstufung vorbeimogeln konnte, ist mir ein Rätsel, und damit meine ich nicht die Sexszenen, sondern die dann doch teilweise recht rabiaten Schnitzeleinlagen.

                                Falls du, lieber André (aka "Maniac"), oder auch tschunasun (einer meiner neusten Buddies), den noch nicht gesichtet habt, so könnt ihr ohne Zweifel zugreifen.

                                Ein Prequel ist übrigens schon geplant. Das könnte interessant werden...

                                11
                                • 3 .5
                                  pischti 07.06.2022, 21:26 Geändert 09.06.2022, 16:08

                                  Emmerich hat mit "Independence Day" damals einen Meilenstein im Genre geschaffen, mit zur damaligen Zeit recht beeindruckender Tricktechnik, ner gesunden Prise Humor, kernigen Typen und einer blockbustertauglichen Story. Auch anschließend ließ Emmerich immer mal wieder fast die Welt untergehen. Vor allem "Day after Tomorrow" zählt für mich zu einem würdigen Genrevertreter aus der Katastrophenfilmecke. Von alledem ist nichts mehr übrig geblieben. Emmerich serviert uns hier richtig übelriechenden Käse, zudem merkt man den Darstellern kaum an, dass sie ihre Arbeit lieben, im Gegenteil, es wirkt alles völlig von der Stange. Die Figuren kann jeder Pommesbudenbesitzer zusammenschreiben und das schlimmste ist eigentlich, dass sich Emmerichs Teufelswerk auch noch bierernst nimmt. Es fehlt jegliches Gespür für einen roten Faden in der Story, für interessante, sympathische Charaktere, für Humor an passenden Stellen, es fehlt einfach an allem. Lediglich sind die CGI Effekte zeitgerecht und wo Halle Berry ihre 55 Lenzen versteckt würde ich auch mal gern wissen, aber was uns hier als Hintergrund des Mondunterganges serviert wird, schießt echt den Vogel ab. Ich bin offen für Storyideen jeglicher Art, vor allem im Sci-Fi Genre, aber wer diese Idee hatte, der sollte lieber Buletten rollen, als noch irgendetwas in der Filmwelt abzufackeln. "Moonfall" kratzt für mich am Titel des desolatesten und wirklich beschissensten Katastrophenfilms allerzeiten.

                                  16
                                  • 6 .5

                                    Vor knapp einer Woche las ich einen Kommi meines neusten MP Buddies "tschunasun" über einen Mysterythriller, der sich in der Tat vielversprechend anhörte. Hinzu kam eine recht hohe 8er Wertung seinerseits. Ich kündigte an, ihn mir die Tage anzusehen - ein Mann, ein Wort. Einzig ließ mich die geringe imdb Wertung mit 4,7 kurz zweifeln, aber warum der Sache nicht mal eine Chance geben?

                                    In der Tat war es keine schlechte Idee. "What lies Below" bietet für eine derart preisgünstige B-Movie-Produktion wirklich viel. Neben verhältnismäßig ordentlichem Schauspiel , interessanten, undurchsichtigen Charakteren, einem geglückten Setting (ein Ferienhaus im Wald irgendwo im Arsch der Heide), ist es vor allem die kontinuierlich bedrohliche Atmosphäre, die sofort wirkte. Fast über die gesamte Laufzeit verbleibt eine Art Dauerspannung und man verzichtet zudem auf simple Jump-Scares. Dass der Mysterythriller sich dann in ein spezielles Horror-Subgenre, welches ich nicht nenne, um nicht zu spoilern, entwickelt, gefiel mir ebenfalls äußerst gut. Am Ende bleibt, trotz recht abruptem Ausgang , ein recht positiver Eindruck und die Erkenntnis, dass selbst niedrige Bewertungen auf diversen Portalen den eigenen Filmgeschmack nicht beeinflussen können. Danke, tschunasun, für den überraschend gelungenen Filmabend.

                                    11
                                    • 4
                                      pischti 05.06.2022, 08:59 Geändert 05.06.2022, 09:00

                                      Bevor ich jetzt von den ganzen Hobbypiloten nen Eintrag ins Hausaufgabenheft kriege sollte ich vielleicht sagen, dass ich "Top Gun" die Tage tatsächlich das erste Mal gesehen habe. Eigentlich war es nur zur Vorbereitung auf den aktuell hoch gelobten "Maverick" gedacht, um Charaktere, das ganze Drumherum, oder auch diverse Storyinhalte parat zu haben. Genau hier liegt das Problem, denn die mit Patriotismus getriefte Story kann man wahrscheinlich auf ner Hubba Bubba Packung niederschreiben. Flieschzeug-Kalle geht zur U.S. Air Force , lernt ne Schnecke kennen, geht Beachvolleyball spielen und wird allen zeigen, wo der Ziegenbock den Honig hat, auch ihr. Ende. Das ist gar nicht mal so viel. Ich habe kein Problem mit Patriotismus und natürlich sind Kampfpiloten sehr willensstarke, ultrabelastbare, hoch konzentrierte und enorm trainierte Elitesoldaten, vor denen ich wahnsinnigen Respekt habe, aber ich habe ein Problem mit einer Story die mich langweilt. Ohne Frage sind die Flugmanöver, vor allem für die damalige Zeit, optisch sehr ansprechend und auch der Synthesizer gibt einem das nötige 80er Jahre Feeling, aber das war es dann für mich auch schon. Selbst Tom Cruise, den ich recht gern sehe, konnte mich nicht mal schauspielerisch überzeugen. Am Ende bleibt ein Film, der zur damaligen Zeit bestimmt anders wirkte, bzw. hätte ich ihn in der Jugend gesehen, er hätte vielleicht Kultpotenzial gehabt, aber bei Erstsichtung mit 40 gewinnt der bei mir nicht mal ne Tüte Nüsse. Interessant wäre zu wissen, wieviel Bewerbungen die U.S. Air Force durch den Film bekommen hat. Letztendlich ist aber davon auszugehen, dass 99,99 % der Bewerber höchstens den Essenwagen zur Kantine der Air Force rollen durften. Ein kleines Highlight war für mich Tim Robbins als Merlin. Immer schön gestandene Schauspieler in jungen Jahren in kleinen Nebenrollen zu sehen.

                                      18
                                      • 6 .5

                                        Mahlzeit! Wer denkt bei der Sichtung nicht sofort an "Dänische Delikatessen"? Wahrscheinlich sehr viele, zumindest die, die den Film gesehen haben. "Veganer schmecken besser" ist Satire, dabei nimmt sich der französische Film sowohl die Fleischfresser (teilweise dekadente Schnösel), als auch die Veganer vor, die einem mit ihrem belehrenden, penetranten Unterton mächtig auf den Sack gehen. Wie erkennt man einen Veganer auf einer Party? Er/sie/es erzählt es dir.... Auf welche Seite man sich jetzt schlägt, ist jedem selbst überlassen, jedoch ziehen die Veganer hier deutlich den Kürzeren. Überspitzte Charaktere, die ein oder andere Situationskomik, viel Fleisch, schwarzer Humor und eine minimale Prise sanfterer Splattereinlagen machen "Veganer schmecken besser" zu einem ganz guten, kurzweiligen Fleischtrip mit vielleicht sogar subtiler Moralpredigt. Darauf grill ich mir am Wochenende n Steak.

                                        12
                                        • 5
                                          pischti 01.06.2022, 18:42 Geändert 01.06.2022, 18:43
                                          über Morbius

                                          Richtig auf die Fresse gab es für diesen Streifen von der Marvel-Fan-Community und diversen Kritikern. Was jetzt an dem Protagonist-verwandelt-sich-und-hat-gleich-totale-Superkräfte-und-wird-gleich-bächtig-möse Ableger hier so ultra schlecht sein soll, vor allem schlechter als in aaaaaaaallen anderen Vertretern aus dem kalt gewordenen Marvel-Einheitsbrei, das weiss ich ehrlich gesagt nicht. Ist es die Anzahl der überschaubaren Charaktere, denn so scheinen doch bei anderem Superheldengedöns gefühlt 300 Nebencharaktere zu existieren, oder ist es die recht simple Story, entgegen den ganzen verschachtelten und komplexeren Marvel-Stories aus dem Story-Bullshit-Bingo? Auch das weiss ich nicht. Für mich war "Morbius" sanfte Unterhaltung mit einem recht blassen Antiheld, einem recht blassen Bösewicht und einer sehr einfach gestrickten Story, was ich nicht schlimm finde. Optisch und schauspielerisch nicht der Rede wert, aber sooooo schlimm fand ich Batmans kleinen Bruder jetzt nicht, denn im Gegensatz zum reichen Schnösel in SM-Klamotten ist dieser hier zumindest promoviert.

                                          12
                                          • 7
                                            pischti 29.05.2022, 16:35 Geändert 29.05.2022, 16:42

                                            Das Western-Genre kratzt ja bekanntlich immer an den Dinosauriern, die schon lange ausgestorben sind. Umso genauer nehme ich die einzelnen, zumindest in den Kritiken, recht positiv wegkommenden Vertreter unter die Lupe. "Old Henry" ist fast schon eine Lobeshymne auf den Oldschool-Western, denn hier gibt es keine extravagante Story oder wirre Actioneinlagen. Vielmehr bleibt "Old Henry" seiner gemächlichen Erzählweise, tollen Westernlandschaften, einem stimmigen Soundtrack und einem interessanten Protagonisten treu. Dennoch spart man nicht mit Blei. Henry, grandios gespielt von Tim Blake Nelson, ist ein wortkarger, recht seltsamer Kauz, der abgeschieden von der Zivilisation eine Farm mit seinem Sohn bewirtschaftet. Als eines Tages ein schwer verletzter Fremder auftaucht, liegt irgendwas in der Luft. Denn irgendwann kommen gefährliche Leute vorbei....Von nun an wird die Spannungsschraube, wenn auch mit leisen Schritten, kontinuierlich angezogen, und alles läuft darauf hinaus, dass man möglicherweise den Teufel höchstpersönlich gereizt hat.... Dem Bösewicht verleiht Stephen Dorff eine bedrohliche Erscheinung und vor allem die Dialoge mit Henry lassen den Zuschauer immer erahnen, dass hier bald der Colt gezückt wird. Gerade der Gegenspieler ist im Western-Genre äußerst wichtig und hier geglückt.

                                            "Old Henry" ist kurzweilig, oldschool, minimalistisch aber dennoch äußerst sehenswert. Wer ist aber Old Henry eigentlich? Man wird es erfahren... :)

                                            7 (glorreiche) Colts für "Old Henry"

                                            14
                                            • 5
                                              pischti 27.05.2022, 13:38 Geändert 27.05.2022, 13:44

                                              Vor allem der erste King's Man Film ist doch ein toller Vertreter im Genre. Kurzweilige, gut gemachte Action, sympathische Charaktere, geradlinige, einfache Story und eine gesunde Portion Humor machen ihn für mich zu einem äußerst unterhaltenden Film. Teil 2 war zwar schon schwächer , den konnte man aber noch durchwinken.

                                              Dass man jetzt wieder mal irgend eine Vorgeschichte aus der Keksdose von Opa Herbert holt, um zu zeigen, warum er schon früher gern Kartoffelsalat mit Erbsen gegessen hat, erschließt sich mir nicht. Der Film ist cinematografisch auf sehr hohem Niveau, da gibt's kaum Kritikpunkte, aber die Story und das ganze "Warum eigentlich?" ist schon sehr gewöhnungsbedürftig. Storytechnisch erinnerte mich das ganze an irgendeinen Marvel-Firlefanz. Da schmeißt man n Haufen Charaktere ins Boot, vor allem irgendwelche aus der Geschichte, und verschachtelt das ganze noch mit irgendwelchen familiären Beziehungen, um dann am Ende nochmal den Zuschauer mit n bisschen Action, ner kleinen Auflösung und einem geschichtlichen Gag zu blenden. Nicht zu vergessen die tolle Optik, für mich meist das einzig Positive in Filmen dieser Art. Aber dafür ist der alte Mann hier langsam, im wahrsten Sinne des Wortes, zu alt. Mir reicht das nicht. Und spätestens wenn einem hier n Ulf aus m Ziegenstall als Oberbösewicht präsentiert wird, ist bei mir der Ofen aus. Auch die gesunde Prise Humor war in diesem Streifen geradezu vom Winde verweht. Diese neumodischen Filme im Meta-Gewand sind einfach nicht meins, meistens scheitert es echt an der belanglosen Story , die mich irgendwann einfach nur langweilt.

                                              Wie kommen mir Stories dieser Art, wie z.B. auch bei dem ganzen Marvel-Gedöns , vor? - Inge wurde mit 20 vom Hubschrauber überfahren. Nachdem dieser ihr ihre linke Gesichtshälfte fast komplett weggemetert hatte, musste ihr Karl-Heinz, der ihr Nachbar im Eichelweg ist, mit n paar Holzlatten aus m Baumarkt das Gesicht wieder zusammennageln, weil er n paar McGyver Folgen als kleiner Bub gesehen hatte. Nachdem es noch n Unfall mit ihr, nem Fön und ihrem Hamster Knuffi in der Badewanne gab, wurde sie blitzschnell zu One-Face-Hamster-Inge. Von nun an muss sie sich mit ihren neuen Superkräften dem Bürgermeister Atomfurz-Kalle stellen, der die Stadt mit Kohlenstoffmonoxid vergiften möchte. Im Rest des Filmes sehen wir noch, wie Inge mit Kunibert und Kunigunde, die im Außendienst Chemiebaukästen verkloppen, Essen geht und wie Eintracht Toiletteneimer 09 Meister wird. Am Ende gibt's noch n Twist, nämlich dass Onkel Horst eigentlich Inge's Schwester ist und nicht nur oben , sondern auch unten Gebiss trägt, und dass Hamster Knuffi eigentlich schon mit anderthalb Jahren Spagat konnte. Ach, ich vergaß die Gesellschaftskritik, ich hab echt die scheiss Gesellschaftskritik vergessen!!!!

                                              Es ist und bleibt einfach nicht meins. Schönes Wochenende.

                                              Ach, dennoch 5 Punkte, die Optik und Ralph Fiennes waren super.

                                              13
                                              • 6
                                                pischti 25.05.2022, 13:00 Geändert 25.05.2022, 13:01

                                                Skandinavisch kühl und mit trister, grauer Optik versehen inszeniert Charlotte Sieling die Geschichte von Königin Margrete I. und ihrem totgeglaubten Sohn. Dabei ist ihr größter Schachzug die sehr geglückte Besetzung der Hauptdarstellerin. Vor allem der Wechsel zwischen verletzlich, sich sorgender Mutter und der kühlen, berechnenden Herrscherin gelingt Trine Dyrholm mit Bravur. Die mittelalterlichen Kostüme, das Schauspiel und die Cinematografie sind lobenswert, dennoch muss einem leider bewusst sein, dass es sich viel mehr um ein dialoglastiges Drama, als um irgendein Schlachtepos handelt und auch wenn die 2 Stunden recht fließend vorbei gehen , hat der Film ein paar zähere Stellen. Unterm Strich ist "Die Königin des Nordens" ein stark gespieltes, authentisch wirkendes, mittelalterliches Drama (mit Elementen eines Gerichtsdramas), ohne nennenswerte Säbeleinlagen (bis auf 2-3 recht kurze Szenen), welches es aber trotzdem versteht, eine gewisse Spannung aufzubauen und den Zuschauer bis zum Ende (und auch darüber hinaus) aufs Glatteis zu führen.

                                                12
                                                • 8
                                                  pischti 22.05.2022, 15:42 Geändert 22.05.2022, 15:43
                                                  über Calibre

                                                  Wenn sich zwei Freunde zur Jagd in die schottischen Highlands begeben, ist das zwar vorerst eine recht idyllische Angelegenheit, wenn es dann aber zu einem absolut bitterbösen Unfall kommt, der, so glaube ich, kaum jemanden kalt lassen wird ,dann geht einer der spannendsten Filme, die ich in den letzten Monaten sah, erst richtig los. Die Spannungsschraube wird kontinuierlich angezogen und man möchte mit fast allen anderen Filmfiguren tauschen, aber um Gottes Willen ganz sicher nicht mit den beiden. Cinematografisch top inszeniert, schauspielerisch auf äußerst hohem Niveau und eine absolute bedrückende und bedrohliche Grundstimmung, machen diesen Thriller fast schon zum Geheimtipp. Hinzu kommen diverse Hinterwäldlercharaktere, mit denen nicht gut Whiskey saufen ist. Film läuft auf Netflix, es lohnt sich...

                                                  11
                                                  • 7
                                                    über Scream

                                                    Scream 1 war damals im wahrsten Sinne des Wortes eine Revolution am Teenie Slasher Himmel und als jemand im Freundeskreis mal in den 90ern zum besagten VHS Video Abend einlud, dann war das schon ein Fest. Ich hatte nach dem Streifen damals wenig Lust mit dem Fahrrad alleine nach Hause zu fahren , auch wenn es nur knapp 500 Meter waren. Mich ermutigte damals eigentlich nur das Vertrauen in die Aikido Künste des Zopfmanns, die ich mir in diversen Home Video Sessions angeeignet hatte...

                                                    Von der Scream-Reihe habe ich natürlich alle gesehen. So ist Teil 1 einfach eine Bombe, Teil 2 eine gelungene Fortsetzung, Teil 3 hingegen eine völlig unnötige weitere Fortsetzung und Teil 4 ein absolut enttäuschender Neuaufguss, der mir recht lieblos und belanglos erschien.

                                                    Folglich hatte ich niedrige Erwartungen vor Sichtung des 5. Teiles, schon allein weil Wes Craven nach seinem Tod hier nicht mehr Regie führte und weil mich 2 Stunden Laufzeit etwas abschreckten.

                                                    Was soll ich sagen, Scream 5 erfindet zwar das Genre nicht neu, versetzte mich aber zurück in die 90er und das mit sehr einfachen Mitteln. Der Film macht vieles richtig. Die Story kann man serienspezifisch durchwinken. Es ist das typische Miträtseln, wer sich hier durch die Meute schlitzt und auch den Bezug zu Teil 1 gefiel mir. Die Kills sind durchaus ansprechend, wenn auch teilweise mit etwas CGI vermischt. Letztendlich vergingen die 2 Stunden wie im Fluge und ich war wirklich positiv überrascht. Ob es jetzt sinnvoll war auch alte Charaktere mit ins Boot zu holen, sei dahingestellt, gerade weil sie sich manchmal verhalten als seien sie zu blöd um aus m Busch zu winken und so schmerzt vor allem die Botox Fresse von Courtney Cox mindestens genau so doll wie die Einstiche.

                                                    Kurzweilig, geradlinig und ein bisschen oldschool (im positiven Sinne), so könnte man wahrscheinlich diese Neuauflage, die ich mit 7 Punkten belohne, beschreiben.

                                                    11