YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

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    YupYum 06.02.2020, 00:01 Geändert 07.02.2020, 03:35

    Vor einiger Zeit hatte ich mir mal geschworen, ab sofort keine Filme von Konsorten Terence Malik, Gus Van Saint, Alejandro González Iñárritu, Ken Loach oder eben Paul Haggis mehr anzuschauen: Ihre Art von Dramen waren mir oft zu verkopft, zu intellektuell abgehoben, zu deprimierend, zu schwerfällig und auch zu langweilig ausgefallen. Dank Liam Neeson und Adrien Brody hatte ich mich nun doch überwinden können, "Third Person" (2013) mit zuerst mal nötiger Distanz anzuschauen - und siehe da, ich wurde doch diesmal sehr positiv überrascht. Der Film hat zwar ebenso sehr dramatisch tiefgehende Szenen, aber das schnelle Editing, die durch's Band tollen Schauspieler, die geschliffenen Dialoge, die Abwechslung durch verschiedene Schauplätze, eine Prise Mystery und die gescheite(n) Storyline(s) machen "Third Person" zu einem sehenswerten und abwechslungsreichen (Episoden-)Film.

    Der Vorwurf vieler User, der Film sei zum gähnen langweilig, kann ich hier echt nicht unterschreiben, es ist wohl Paul Haggis' dramaturgisch tragendstes Werk, das ich bisher von ihm sah. Die Schauspieler, allen voran die junge Mila Kunis und die exotische Moran Atias sind neben den gestandenen Filmgrössen, wie eben Liam und Adrien, Olivia Wilde, James Franco, Kim Basinger oder Maria Bello in bester Spiellaune, man merkt, dass die Chemie hier zwischen ihnen voll stimmte und aufging. Angenehmer Mimimal-Music-Soundtrack à la Philip Glass. Prädikat: Sehr sehenswert und kaum nennenswerte Abstriche.

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      YupYum 04.02.2020, 20:49 Geändert 06.02.2020, 01:04

      Lassen Sie sich vom Titel des Films "Alex Cross" (2012) nur nicht in die Irre führen! Mit den tollen 90er-Krimi-Perlen mit Morgan Freeman als versierter Polizei-Forensik-Psychologe (der eben diesen Namen trug) in "Kiss The Girls" und "Along Came A Spider" (als ihm gar noch die tolle Ashley Judd zur Seite stand), hat dieser hundsmiserable B-Aufguss wirklich nur noch den Namen gemeinsam und sonst rein gar nichts mehr: Die Story ist hanebüchen, das Schauspiel zum fremdschämen, die Dialoge auf unterstem bekloppten Niveau, der Bum-Bum-Synth-Soundtrack grässlich und die wenige Action wird von einer nervenden Wackelkamera unkenntlich gemacht.

      Die Interviews in den Extras zeigen dann in unfreiwilliger Komik zu guter Letzt noch auf, wie die Macher dieses Schrotts den Bezug zur Realität in purer Selbstüberschätzung komplett verloren haben, man glaubt es kaum!

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        YupYum 03.02.2020, 01:16 Geändert 11.04.2023, 02:38

        "Nebel im August" (2016) ist ein sehr relevantes, deutsches Historien-Drama, das ich lange vor mich hergeschoben hatte: Ich fürchtete mich nämlich vor dessen Akribie, mit der der Film die NS-Verbrechen an fast 74 000 Ermordeten in den psychiatrischen Kliniken (durch Gas, Giftspritzen, Barbitorate in Himbeersirup oder gezielter Unterernährung) nach wahren Begebenheiten, anhand der traurigen Biografie des kurzen Lebens von Rebellenjunge Ernst Lossa (* 1. November 1929 in Augsburg; † 9. August 1944 in Irsee) erzählt. Der Fall machte durch seine (aus Zufall gefundene) Krankenakte (mit Foto) vom späteren Chef-Psychiater Dr. Michael von Cranach seiner Klinik "Kaufbeuren" (er war dort von 1980 - 2006) Furore, brachte ein Sachbuch und dann diesen, doch sehr aufwühlenden Film als Konsequenz mit sich.

        Ausstattung, Zeitkolorit, Set-Design (mit all dem schneeweissen Karsumpel von damals) und (viel Laien-)Schauspiel sind derart authentisch, dass man danach einen unverdünnten Schnapps braucht! Die Beteiligten wurden vom deutschen Staat in Folge des 50er-Jahre-Aufschwungs zu äusserst minimalen und oft begnadigten Gefängnisstrafen verurteilt, wie (die im Film gezeigten Protagonisten) Todesengel-Krankenschwester Pauline Kneissler und der damalige Anstaltsleiter Dr. Valentin Falthauser (O-Namen) von "Kaufbeuren". Das Thema wurde lange immer konsequent verdrängt, weil sich die beteiligten Familien vor der Schande ihrer Mitmenschen fürchteten, jemanden aus ihren Reihen in einer Nervenheilanstalt gewusst zu haben.

        Der Film transportiert auch (wenige) Szenen von Hoffnung, das macht ihn immerhin über Strecken ertragbar. Sebastian Koch (der den leitenden Arzt hier furios spielt), sagt im Interview über den Henker: "Ich wollte kein NSDAP-Monster spielen, diese Menschen glaubten in ihrer Verblendung tatsächlich, sie würden der Menschheit behilflich sein, indem sie sie von böser Erbmasse durch den sogenannten Gnadentod befreiten".

        Überhaupt lohnt sich die Sichtung per DVD, denn es hat (wie immer bei "Arthaus") ein ausführliches Booklet, sechs längere Interviews sind und als Extra ist noch eine Spiegel-Fernsehdokumentation von 45 Minuten (die direkten und aktuellen Bezug zum Film nimmt) mit drauf. Wikipedia gibt zudem sehr wertvolle Infos zum Thema. Trotzdem: "Nebel im August" sind zwei Stunden Aufklärung, die an die Bandagen gehen, und man ist nicht wirklich unfroh, wenn der Film endlich überstanden ist. PS: In einer Nebenrolle zu sehen, ist übrigens Blechtrommler von 1979, David Bennent - 40 Jahre später übernimmt quasi der Hoch-IQ-Junge Ivo Pietzcker seine damalige Rebellenjungen-Paraderolle in einem ähnlichen Kontext - gross!.

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          YupYum 02.02.2020, 01:09 Geändert 03.02.2020, 04:06

          "Head In The Clouds" (2003) ist ein tief bewegendes Pre- und (Anti-)Kriegsdrama, das quasi in drei Akten in über 10 Jahren spielt, wobei am schönsten ist bestimmt der zweite Teil im roaring und weltoffenen Paris ist. Charlize Theron, Penélope Cruz und Stuart Townshend leben in einem schicken Appartment ihre Dreiecksbeziehung aus. "Die Leute lebten damals so intensiv, weil sie den drohenden Krieg spürten und davor nochmals alles geben wollten", sagt Director John Duigan über seinen, mit tollem Zeitkolorit getränkten Film. In einem Nachtclub sieht man gar noch die Band von Django Reinhards und Stefan Grapelli aufspielen - ein Höhepunkt. Doch am Radio hört man immer mehr die Stimme Hitlers: "If an animal would sound like him, you knew it would be evil", kommentiert Penélope eine seiner Ansprachen. Als der Bürgerkrieg in Spanien ausbricht ("der nur eine Aufwärmübung für Hitler war"), wird das Trio brutal auseinander gerissen, alles wird anders und irgendwann kommen die Deutschen auch in Paris an. Die Fragen werden immer quälender: Warum will Charlize plötzlich nichts mehr von Stuart wissen, beantwortet keine Briefe mehr und lässt sich stattdessen von einem Nazi (Thomas Kretschmann) hofieren?

          Charlize Theron spielt hier in etwa so gut und facettenreich, wie seit ihrem Über-Oscar-Hit "Monster" (2002). Die alte Garderobe steht ihr ausgesprochen gut. Cruz gibt eine tolle exotische Prise ins Ganze mit ein, Townshend und Kretschmann überzeugen ebenso. Der Film hat immer wieder sehr berührende Momente und lässt den Zuschauer ab den erneuten Handlungen seiner Protéges rätseln. Eine fantastische Ausstattung und die schöne Musik von Terry Frewer runden das tiefgehende Drama, das niemanden kalt lässt, ab.

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            YupYum 30.01.2020, 23:01 Geändert 03.02.2020, 04:09

            Auch "Killer Elite" (2011) ist ein typisches Jason Stratham-Erzeugnis, mit dem Unterschied, dass es sich um eine Geschichte nach wahren Begebenheiten handelt, frei nach dem (Verschwörungs-)Sachbuch "The Feather Men" von Ranulph Fiennes aus dem Jahre 1980.

            Die Action ist wie immer dicht und überraschend, die Schauplätze zahlreich und das Duell mit Widersacher Clive Owen recht packend. Die unnötige Lovestory mit der farblosen Yvonne Strahovski gibt Punkte-Abzug. Für einen entspannten Feierabend nach dem üblichen Ärger im Job ist der anspruchlose Actioneer recht passabel - und genau so schnell wieder vergessen.

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              YupYum 26.01.2020, 21:39 Geändert 28.01.2020, 01:20

              POSSIBLE SPOILER ALERT:
              "The Wife" (2017), Glenn Close's erneut übergangener Oscar-Gewinn, ist (ausser ihrem grossen Schauspiel) für mich doch eine psychologisch merkwürdige Abhandlung und ein eher zwielichtiges Portrait einer schwelenden Ehe-Krise geworden. Nach einer langen Anlaufzeit des Films (der dazu noch mit vielen Rückblenden versehen ist, mit Jung-Schauspielern, die den Alten so gar nicht ähnlich sehen wollen), der dem Zuschauer lange eine intakte Ehe vorgaukelt, gibt es dann plötzlich eine Szene im schwedischen Hotelzimmer, die den langen Dauerkonflikt des Paares schmerzlich auf den Punkt bringt: Jonathan Pryce kanzelt Glenn Close kurzerhand (nach ihrem Tagesausflug in Stockholm) in einer untolerierbaren Kontrollsucht ab, die seinesgleichen sucht ("You've been smoking and drinking, I can smell it"). Sie wiederum wirft dem Spiesser vor, ein Womanizer zu sein, der zahlreiche Affären hatte. Der Clou der ganzen (Ghostwriter-Lebens-)Lüge will sich dann ausgerechnet an dem Nobel-Preis-Gala-Dinner (vor allen geladenen Gästen) ausbrechen und breitmachen: Das ist eigentlich die einzige Szene, in der richtig Pfeffer im Film ist. Davor mischt sich noch (der gescheiterte Schauspieler) Christian Slater als Biograph in die ganze Misere mit ein und mit dem Sohn (Max Irons), der sich von seinem cholerischen Vater nichts bieten lässt, gibt es ebenso grosse Probleme.

              Leider ist die ganze Psychologie des Filmes nicht wirklich leicht nachvollziehbar und die abrupten Switches (vor allem in der Schlussszene) sind für mich mehr als holprig ausgefallen: Wie kann man nur so streiten und sich sekundengleich wieder in Versöhnung umarmen? Aber anscheinend überleben gewisse Ehen nur, wenn die Konflikte mehr wie schwerlastend sind und regelmässig ausfallen, so war es auch damals bei meinem Vater und seiner zweiten Ehefrau. Als Fazit sind für mich diese neuen "Bergmann-Szenen einer Ehe (des 21. Jhrh.)" doch suma sumarum eher mässig und wenig glaubhaft ausgefallen.

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                YupYum 24.01.2020, 00:13 Geändert 25.01.2020, 01:56

                Schon die erste Szene (im grossen, fahrenden Buick) lässt erahnen, dass die Chemie zwischen dem jungen (und vordergründig introvertierten) Duncan (Liam James) und dem neuen Freund (Steve Carell) seiner Mutter (Toni Collette) so überhaupt nicht stimmen will: Es geht zum Sommerurlaub an die Küste im State New York. Schon bei ihrer Ankunft im "Springbreak for Adults" werden sie von der angetrunkenen Allison Janney übertrieben freundlich begrüsst und was dann folgt, sind irrwitzige und entlarvende Szenenfragmente des amerikanischen Alltags. Genervt von der ganzen Oberflächlichkeit im trauten Heim, schnappt sich Duncan ein Fahrrad und landet in einem Imbiss. An der Pac Man-Maschine trifft er aus Zufall Owen (Sam Rockwell) und ab dann ist nichts mehr wie zuvor...

                "The Way, Way Back" (2013) ist eine aussergewöhnlich gelungene Komödie mit viel Herz und noch mehr Tiefgang und ein echter Sommerfilm vollem bösen Sarkasmus, grandiosen O-Ton-Dialogen und vieler urkomischen kleiner (und teilweise improvisierten) Szenen. Die gestandenen Komiker Nat Faxon und Jim Rash spielen als Director-Duo hier gleich Rollen mit, ebenso ist Halbschwester Maya Rudolph noch in einer kleineren Rolle zu sehen - der Film ist also beinahe eine echte familiäre Angelegenheit geworden und das Studio bräuchte gar nicht erst mit Vergangenheits-Filmen wie "Juno" und "Little Miss Sunshine" zu werben, "Ganz weit hinten" ist nämlich um Längen besser! Weitere Komödien-As-Trümpfe sind im Nu hinzugekommen, wie Sam Rockwell, Toni Collette und Allison Janney und runden die kleine Indie-Perle ab (toller Soundtrack mit schönen Songs inbegriffen). "We had so much fun on the set", sagte Toni über den Dreh. Der Film ist als Fazit ein echter kleiner, starker und unprätentiöser Herzwärmer, der lange nachält!

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                  YupYum 22.01.2020, 23:52 Geändert 07.02.2020, 04:24

                  "Damascus Cover" (2017) ist ein eigentlich zu Unrecht verschmähter und untergegangener Doppel-Agenten-Thriller, denn er hat viele interessante Inside-Views und geschichtliche Hintergründe über den Nahen Osten zu bieten und zu berichten - aus der Zeit um 1989, als dort die Welt dort noch (beinahe) in Ordnung gewesen schien: Es schmerzt einfach zu sehen, was für eine schöne und hochentwickelte Stadt (voller geschützter UNESCO-Welt-Erbe-Gütern) Damaskus einmal war. Die Geschichte nach Howard Kaplan's Buch hat einige überraschende Doppelbödigkeiten zu bieten, ist gut gespielt und geschnitten, oft sehr dramatisch inszeniert und hat durchaus Anleihen bei Hitchcock zu vermerken.

                  Der Film ist zwar kein Über-Meisterwerk - etwa aber gar langweilig wird es hier jedoch garantiert nicht, immer geht diese bemerkenswerte, durchgehende und unergründliche Spannung in Tonlage Moll durch den Raum, die bis zum (leicht enttäuschenden) Ende trägt. Schöner altmodisch-symphonischer Soundtrack und allerletzte Rolle für John Hurt. Verdiente sieben Punkte, denn der Film ist eigentlich recht toll.

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                    YupYum 19.01.2020, 23:24 Geändert 21.01.2020, 00:55

                    "Close" (2019) erzählt eine von vielen Erlebnissen des (anscheinend) weltbesten weiblichen Bodyguards überhaupt, nämlich der Londonerin Jackie Davis, die gefährlichste Einsätze von Pakistan bis in den ganzen nahen Osten tätigte, die weit über einfachen Personenschutz hinausgingen. Regisseurin Vicky Jewson (34) erzählt, dass "Close" wohl nur der Beginn weiterer Sequels sei, die Frau hätte noch so viel bahnbrechende Erlebnisse zu erzählen gehabt, die mehr wie Celluloid-würdig seien. Und hier geht es mit Noomi Rapace natürlich wieder voll zur Sache, der Film hat unglaublich zähe und harte Zweikämpfe zu bieten, "die echt physisch schmerzten" (Noomi). Zum Training ging sie dafür extra in die Bodyguard-Schule "The Circuit" in London und gelohnt hatte es sich allemal.

                    "Close" macht einfach Freude - die Mélange mit Elementen von (versuchter) Entführung, Investigation, exotischen Schauplätzen, High Tech(-Häusern), Wirtschaftskrimi, Frauenfreundschaft, überraschenden Twists, schnellen Szenenwechsel und gehörig Action sitzt die abwechslungsreichen 90 Minuten wie geschmiert, Spannungsabfall gibt es nicht. Die Schauspielerin India Varma bringt dazu noch ein äusserst mystisches Element mit ein, die junge Zicke Sophie Nélisse wird durch die Ausnahmegeschichte wiederum herrlich geläutert. Und ich mag emanzipierte Frauen einfach, die unverbesserliche Machos in Nahost/Nordafrika-Ländern gehörig vermöbeln - oder war das etwa schon wieder politisch unkorrekt von mir?

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                      YupYum 19.01.2020, 17:27 Geändert 08.02.2020, 04:16

                      "Mord nach Mass" (1972) ist für Agathe Christie-Fans doch eher gewöhnungsbedürftige Kost, denn der Film ist mehr ein langfädiges Gesellschaftsdrama, denn Krimi oder Mystery. Diese wird zwar immer wieder mal angedeutet, will dann aber so gar keine Rolle mehr spielen. Der titelgebende Mord findet erst in der letzten Viertelstunde statt und deren Auflösung ist ziemlich mau ausgefallen. Dramaturgisch plagt der Film im zweiten Teil mit etlichen Längen.

                      Positiv vermerkt sei der 70's-Zeitkolorit, das kosmopolitische Element, die lustige (an Jaques Tati erinnernde) High Tech-Architektur der Villa und die Cast mit Hayley Mills (unvergessen aus "Whistle Down The Wind", 1961), Bond-Girl (und Ex von Rod Stewart) Britt Ekland und Lois "Moneypenny" Maxwell. Bernard Herrmann's (teilweise gesungene) Musik ist wie immer grossartig - der Film ist es leider nicht.

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                        YupYum 18.01.2020, 23:04 Geändert 02.02.2020, 03:05

                        "Jonathan" (2016) ist für mich persönlich ein typischer Problem-, Depro- und Ablöscherfilm, der wirklich mit gar keiner Zutat geizt, um dieses Versprechen auch konsequent einzulösen: Die Hauptthematik ist das langsame Dahinsterben von Jonathan's krebskranken Vater im heimischen und idyllischen Hof oder dann wieder als eingelieferten Notfall im Spital; die Mutter selbst hat Jonathan nie gekannt, sie starb schon lange davor bei einem Autounfall und nicht mal die eigentlich hoffnungsvolle Liebesbeziehung zu Julia Koschitz scheint die Alltagsstrapazen zu überdauern. Am Schluss sind die Konflikte allgegenwärtig und kaum mehr zu ertragen. Dramaturgisch ist hier natürlich alles unglaublich langfädig und voller gefühlten Schmerzen inszeniert.

                        POSSIBLE SPOILER ALERT:
                        Als dann noch der frühere Bekannte Ron auftaucht, nimmt das Drama eine noch ungemütlichere Wendung, die beim fürsorgerischen und völlig überforderten Jonathan wahre cholerische Anfälle auslöst. Eine darauffolgende Sex-Szene im Spitalbett (!) mit einem todkranken Mann so zu zeigen wie hier, finde ich zudem mehr als aesthetisch fragwürdig und erst noch völlig unglaubwürdig. Da war bei mir die Schmerzgrenze definitiv erreicht und ich hätte ich den Film beinahe ausgemacht. Als Fazit ist mir das Leben schon hart genug, ich brauche weiss Gott nicht solche Problem-Filme, um mir meinen Intellekt zu beweisen.

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                          YupYum 08.01.2020, 00:11 Geändert 21.01.2020, 01:14

                          "Alles Geld der Welt" (2017) ist ein von Ridley Scott inszeniertes (Kidnap-)Moral-Drama, dass zwar edel bebildert und geschauspielert ist und viel (italienischen) Zeitkolorit beinhaltet, das aber den Zuschauer in seinen zwei langen geschlagenen Stunden kaum mit dramaturgischen Höhepunkten verwöhnt und sich ewig hinzieht wie Kaugummi: Nur als Mark Wahlberg dem alten Geizhals Christopher Plummer (alias Patriarch J. Paul Getty) irgendwann seine Meinung klar auftischt, gibt es für den Zuschauer mal einen (einzig) emotional gefühlten Punkt.

                          Ansonsten kann man das Ganze auch als Verlierer-Tragödie im höchsten Geldadel der prosperierenden 70's ansehen. Die Message ist bald sonnenklar und einzelne (Folter-)Szenen sind schlicht unerträglich. Anyway, die spoilerfreie Geschichte nach wahren Begebenheiten ist bestimmt authentisch erzählt - aber muss es denn unbedingt so schwerfällig und langweilig inszeniert wie hier sein? Der Film begräbt als Fazit alle Hoffnung unter sich, trotz prätentiösem Happy-End.

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                            YupYum 19.12.2019, 23:28 Geändert 20.12.2019, 01:55

                            Das gestandene Dreamteam Judi Dench/Stephen Frears ist eigentlich immer Garant für hohe Cinéma-gie. Diese äusserst bunte Komödie (mit ernsten Untertönen im zweiten Teil - nach Tatsachen) kann fast als britische Antwort auf Bob Fosses "Cabaret" (1972) oder François Truffauts "Die letzte Métro" (1980) verstanden werden, nämlich Theater- und Varieté-Filme mit Hitlers drohendem Terror im Nacken. Leider erreicht "Lady Henderson" aber nie deren Tiefe, zu oberflächlich wird die Luftbombardierung in London 1941 im Film gestreift und das drohende Unheil der jungen Soldaten dargestellt.

                            Aber tolle Kulissen, viel Atmosphäre, schöne Vaudeville-Musik und die Keilereien zwischen Dench und Bob Hoskins sorgen für viel (gutgemeinte) Stimmung. Geht als Resumée als ganz okay durch, obwohl mir der erste Filmteil zu lang und der zweite dann deutlich zu knapp ausgefallen war. Wirklich sehr wohlgemeinte 6,5 Punkte, da Judi Dench einfach so grossartig ist!

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                              YupYum 16.12.2019, 00:32 Geändert 16.12.2019, 00:55

                              "Runner Runner" (2013) ist ein kurzweiliger, kleiner und recht fieser (Ab-)Zocker-Thriller mit schönen Sights von Costa Rica, der immer wieder die eine oder andere Überraschung bereithält. Angenehme anspruchslose Unterhaltung für den entspannten Feierabend - mehr dann aber auch nicht.

                              Gut gefallen hat mir der Schwarze Antony MacKie als FBI-Agent, aber auch Ben Affleck als schmieriger Online-Casino-Besitzer meistert seine Rolle als Bad Guy ordentlich. Und nicht mal Justin Timberlake nervt - was für ein grosses Plus!

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                              • YupYum 15.12.2019, 01:35 Geändert 16.12.2019, 02:24

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                                YupYum 14.12.2019, 01:01 Geändert 16.12.2019, 23:15

                                Zu perplex und zu undurchsichtig scheint das Geflecht Russlands mit all seinen diversiven geopolitischen Rollen in der ganzen Welt zu sein. Da scheint ein (fiktiver) Politthriller aus Deutschland nur einen Tropfen auf den heissen Stein zu sein, um etwas informatives Licht ins Dunkel zu bringen: Seit Jahren manipuliert Putin jede Wahl und meuchelt seine Gegner. Dass hier auch gewisses Verständnis gegenüber den Tschetschenen erbracht wird, ist bestimmt ein ehrenwertes Motiv, doch in Tat und Wahrheit sind auch sie nur schwer gebeutelte und desillusionierte Lokal-Terroristen, deren brutale Anschläge durch nichts entschuldigt werden dürfen. Die kürzlichen News über brutale Progrome dort gegen unbedarfte Homosexuelle, sind noch ein Kapitel obendrauf!

                                Immerhin ist der Film dramaturgisch stringent, hat tolle Sights von Moskau, ist top-gespielt (Moritz Bleibtreu ist immer ein Garant) und hat immer wieder hohe Spannungsmomente in kleineren Szenenfragmenten zu bieten. Nur gegen den Schluss scheint das Pulver doch arg verschossen zu sein, man scheint aus der Geschichte hinausgerissen zu werden.

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                                  YupYum 12.12.2019, 00:07 Geändert 12.12.2019, 02:23

                                  "The Loft" - Erik van Looy's eigenes U.S.-Remake - hat mich doch sehr positiv überrascht, denn ich ging auch (unter uns gesagt) mit null Erwartungen an den Film heran: Das High Gloss-Krimirätsel macht mit immer neuen Wendungen und Erkenntnissen viel Laune, hat (fast) nur schöne Menschen und Luxus-Dekos in peto, die Dialogkunst ist geschliffen und auf hohem Niveau, Kamera und Schnitt sind ebenso perfekt und der (Kammerspiel-)Thriller überzeugt vor allem im zweiten Teil mit tollen Interaktionen der Beteiligten, die mich fast an die Serie "Denver Clan" (aus den 80ern) erinnerte: Immer wieder tritt die falsche Person in Situationen auf, in der sie nicht sollte, immer wieder wird jemand in einer brenzligen Situation ertappt - die Menschen scheinen sich wie auf einem Karussell zu drehen. Die Geschichte, die mit vielen Rückblenden versehen ist, ist zudem nicht unkomplex, böse Intrigen kommen en masse vor. Parallels: Rachael Taylor erinnert an Meg Ryan, Rhona Lucas an Sandra Bullock und die andere Blondine Isabel Lucas an die Sängerin Mandy Smith.

                                  Als Fazit hat mich "The Loft" (2014) auch an die vielen Erotik-Thrillers der 90er erinnert - schön, wenn man das Genre wieder (kurz) aufleben lässt.

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                                    YupYum 10.12.2019, 22:54 Geändert 20.12.2019, 01:57

                                    Es gibt wohl wenige Horrordramas, die ein derartiges Verfolgungspotential aufweisen, wie "Hereditary" (2018) - das Debut des erst 34-jährigen Ari Aster aus New York. Das liegt nicht nur daran, dass der Film in der ersten Hälfte schon ein nervenauftreibendes Psychodrama darstellt, das eine Familie portraitiert, die sich immer mehr am auseinanderleben (bis zur völligen Zerrüttung) ist - schon das geht intensiv an die Nerven. Der böse Twist und der darauf folgende Spuk doppelt nur noch in eisig-kalter Konsequenz nach. Über schwarze Magie wurde indessen von den Machern so gut (historisch) recherchiert, dass man als Zuschauer erst noch eine lehrreiche Lektion bekommt. Und als Kinder bekamen wir schon den ernsten Rat und eindringliche Warnung unserer Vorfahren erteilt: Gläserrücken und das Oui/Ja-Board sind der Eingang zur Hölle! Never do it!

                                    Mit Toni Colette's (umstrittenen) Ausnahme-Schauspiel war sie wohl selbst noch nie derart am eigenen Limit, man fühlt hautnah mit und sieht ihr die psychischen Schmerzen ins Gesicht geschrieben - ihr sich steigender Wahnsinn macht irgendwann auch vor dem kühlen Ehemann Gabriel Byrne und den Kindern nicht mehr Halt. Ann Dowd's (eher) aufdringliche Freundlichkeit kenne ich selbst gut aus meinen Reisen nach Amerika. Die erkenntnisreiche Beinahe-Lösung des (okkulten) Rätsels aus der Vergangenheit scheint alles nur noch schlimmer zu machen, denn ein Weg zurück scheint es nicht zu geben. Die beklemmendsten Momente sind wohl die, wo nur eisige Stille herrscht. Und ein Happy-End können Sie hier gleich mal in den Wind schreiben!

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                                      YupYum 08.12.2019, 22:13 Geändert 19.02.2020, 01:37

                                      Nicht mal ganze fünf Punkte Vorhersage bekam ich von Moviepilot zu "Serenity", auch das nenne ich eine Form von spoiling. Liest man dann noch die, aus reiner Gruppendynamik entstandenen, einheitlichen Mies-Kommentare, könnte man glatt davon absehen, sich den Film überhaupt anzuschauen. Der Hauptvorwurf: Der Thriller hätte einen der schlechtesten Twists der Filmgeschichte! Lachhaft, wenn man bei den Lieblingsfilm-Listen denselben Usern dann so absurdes Zeugs aufgeführt sieht, wie "Unbreakable" oder "Gone Girl". Der Film nimmt sich kurz gesagt lediglich die künstlerische Freiheit, sein Genre zu wechseln. Da dies in relativ fliessender Homogenität geschieht, gibt es auch nicht wirklich was zu motzen - like it or not.

                                      Für mich hat "Serenity" jedenfalls tolle Indegrients: Erst einmal das exotische Karibik-Setting, dass mit der (fiktiven?) "Plymouth Island" (bei Florida) tolles Urlaubs-Lifestyle-Feeling herüber bringt. Zweitens sitzt die Dialogkunst immer wie Gusseisen, von bitterbösen Comments bis zu poetischen Untertönen ist alles drin. Matthew McConaughey's trockener Humor kommt ebenfalls nicht zu kurz, natürlich säuft er hier wieder und raucht Kette - so mag ich den Mann immer am liebsten. Anne Hathaway als geplagter blonder Vamp, gibt eine völlig neue Facette von sich. Die restlichen Nebenrollen sind ebenso top-besetzt. Atmosphärische (Südsee-)Stimmungen (mit teilweise unterlegter Choralmusik von Benjamin Wallfisch) wechseln sich mit eiskalter (Konflikt-)Spannung ab. Und dann taucht plötzlich dieser merkwürdige Vertreter in Krawatte auf... Anyway, mich hat "Serenity" jedenfalls durchgehend gut unterhalten und à propos "dämliche Twists": Da sah ich echt schon viel schlimmere!

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                                        YupYum 07.12.2019, 22:49 Geändert 10.12.2019, 00:56

                                        "Pani Kluci" (1975) ist der grossen tschechischen Jugendfilm-Regisseurin Vera Plívová-Simková's eigene Hommage an Mark Twain und Tom Saywer. Wann immer ich die Gelegenheit bekomme, einen von ihren 22 Filmen (1955 - 2001) zu sehen, tue ich es auch. "Pani Kluci" fand ich in Prag als DVD und die englische Untertitelung ist leider wieder recht schluddrig ausgefallen, aber was soll's? Der Film ist von den Barrandov-Studios wieder sehr schön ausgestattet und die Vaudeville-Musik von Petr Hapka macht viel Laune. Der Film selbst ist eine sehr leichtfüssige Kinderkomödie, die mit viel Situationskomik und Slapstick angereichert ist. Versatzstücke sind die allgegenwärtige Eisenbahn, ein Kindertheater, ein böser Lehrer, etwas Bankraub-Krimi und eine Kinderromanze.

                                        Die atmosphärische Tiefe eines Meisterwerkes wie "Rotfuchs, Mäuse(rich) und Galgenvögel" (1970) erreicht "Pani Kluci" zwar nie und nimmer, aber charmant ist der schön-naive Ausflug in die Seventies allemal.

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                                          YupYum 12.10.2019, 02:46 Geändert 07.11.2021, 23:21

                                          Arthaus, Icestorm, Spondo, Filmjuwelen, Koch-Media etc. - wo ist endlich der Film (mit der Original 70's-Bavaria-Synchron-Spur) auf DVD auf deutsch?

                                          Neben "Pani Kluci/Die Herren Jungen" (1975) oder dem Rollen-Mädchen-Drama "Eine Rolle für Rosmaryna" (1978) ist "Rotfuchs, Mäuse(rich) und Galgenvögel" (1970; Laufzeit: 75 Minuten, falsche Angabe hier!) wohl der unglaublich tollste Film von der grossen tschechischen Jugend-Spielfim-Regiesseurin Vera Plívová-Simková - und einer der besten Kinder-Spielfilme überhaupt! Erschienen (im CZ-Kommunismus und als Folge der CZ-New Wave) 1970, hiess der Film in deutsch im Original "Mäuserich" (statt "Mäuse"), weil Zdenek Tuma den Jungen mit dem Übernamen "Rotfuchs" spielte und Jan Kraus (der heute berühmte Talk-Show-Moderator in tschechischen TV) eben den recht bösartigen Jungen "Mäuserich" war - und die anderen Jungs waren dann die restlichen "Galgenvögel": Der verfremdete Titel (im Gesamt-Netz, Imdb und auch hier auf Moviepilot) kann nur mit dem Versanden der Zeit erklärt werden. Wer den Film als Kind mal zufällig in den Sportferien im Februar in den 70's im Nachmittags-TV von ZDF oder SF sah (er wurde deswegen immer dann ge-screent, wegen seiner schöner Überleitung vom eiskalten Winter in den Frühling), hatte ihn nie mehr vergessen. Er ist bestimmt in seiner ganzen Aussage so überragend wie grad alles von Astrid Lindgren oder dem CZ-Märchen "Drei Nüsse für Aschenbrödel" (1973). Nun ist er (gemäss meinen Recherchen) einfach bis dato (in der Original-"Bavaria"-Synchron-Fassung auf deutsch) in sämtlichen deutschen Fernseh-Anstalten und Archiven völlig verschollen - wie kann sowas nur passieren? Auch der (ziemlich mürbe) Video-Verlag "Icestorm" (der seinen Namen kürzlich auf "Spondo" änderte und jeden billigsten, erdenklichsten & blödsten Ost-B-Film von damals veröffentlicht) hatte meine vehementen Aufforderung zur Wiederveröffentlichung dieser einmaligen Perle stets durch die Ausrede "Keine Rechte" in billigster Standart-Ausrede immer ausgeschlagen. Wer ist denn 'Herrgott Sternen' noch an "Rechten" so eines alten und nicht mehr bekannten Films interessiert?

                                          Was sehen wir denn hier? Der Film erzählt die wundervolle Geschichte eines Freundes-Konflikt zweier Jungs mit der Rolle eines Mädchen (das sich für einen der zwei Kinder-Alpha-Tiere zu entscheiden hat) und seinen Familien im Dorf Křižlice, bei Semily. An der visuellen und dramaturgischen Umsetzung könnten noch heute Film-Studien-Absolventen was lernen - studieren Sie nur mal das geniale Editing der Schneeball-Schlacht zu Beginn (Kamera: Emil Sirotek)! Das Movie ist die hoch-poetische und -symbolische Abhandlung einer damals heilen und mystischen Welt: "Mäuserich" liebt die Pferde, "Rotfuchs" ist der Sohn des Totengräbers und sammelt exotische Vögel. Weisse Schneelandschaften gepaart mit pechschwarzen Raben und Friedhofskreuzen sind die unglaublich komponierten B/W-Bilder und visuell verwobenen Gegensätze. Im dramaturgischen Höhepunkt sperrt "Rotfuchs"aus verdienter Strafe den intriganten "Mäuserich" in die Abdankungskapelle voller Totenköpfe ein. Davor sehen wir die Mutter bei einer Séance beim Gläserrücken mit ihren Freundinnen und der Kater jault dabei. Finden Sie das nicht schlicht unglaublich?

                                          Das britische Soundtrack-Label "Finders Keepers" (für verschollene Platten von toller 60's-Exotica und bis dato deren Erstveröffentlichen) gab nun endlich mal Zdeněk Liška's grandiosen Soundtrack des Films "Die Kleine Meerjungfrau" (1974) und danach noch "The Cremator" (von 1969) auf Vinyl heraus. "Adrift" ("Touha zvaná Anada", 1971) gibt es glaub nur als U.S.-Bootleg. Von Zdeněk Liška (1922 - 1983) stammt eben auch den Soundtrack zu "Lisáci-Mysáci a Sibenicák", der in seiner symphonischen Fülle (plus dem unheimlichen Zweit-Thema) noch viel edler ist. Der produktive Mann vertonte pro Jahr bis ganze 15 Film-Scores voller Magie - und wird erst heute langsam wiederentdeckt!

                                          "Rotfuchs, Mäuserich und Galgenvögel" (1970) ist als Fazit für mich eines der allergrössten filmischen Erzeugnisse seiner Zeit und muss endlich wiederentdeckt, gesendet und noch lieber auf internationaler DVD wiederveröffentlicht werden!

                                          Link für die Original-Schauplätze:
                                          https://www.filmovamista.cz/428-Lisaci--Mysaci-a-Sibenicak

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                                            YupYum 08.09.2019, 23:26 Geändert 09.09.2019, 01:35

                                            Einen schlechten Film mit Ben Affleck sah ich eigentlich noch nie, aber dieses hochkomplexe Krimi-Biografie-Drama "The Accountant" mit unzähligen Wendungen und Back-Erkenntnissen braucht schon einen enorm klaren Kopf, um hier bis zum Schluss den Überblick zu bewahren. Erst in der zweiten Hälfte wird einem klar, dass es sich hier eigentlich um ein Asperger-Syndrom-Drama handelt, was kürzlich wieder rund um den Rummel um Greta Thumberg thematisiert wurde. Tolle Filme lassen einem oft mit einer Message um Verständnis eines oft wenig thematisierten Subjekts zurück, hier ist sie ganz klar dem Schätzen versteckten Fähigkeiten autistischer Kinder gewidmet. Um die enorme Kopflastigkeit vieler Szenen hier etwas aufzulockern, bediente man sich einem Doppel-(Wirtschafts-)Krimi-Rätsel gepaart mit wohldosierten Action-Einlagen. Investigiert werden gleich zwei Seiten, das macht einen tollen Reiz des Ganzen aus. Ben Affleck spielt wiedermal sehr cool und glaubwürdig, die beiden Frauenrollen von Anna Kendrick und der Latina Cynthia Addai-Robinson sind ohne jegliche übliche (latente) Sexualisierung dezent eingebracht - und es gibt wiedermal ein Wiedersehen mit John Lithgow. Tolle Musik und (Indie-/Country-)Songs von Mark Isham.

                                            Auf der Haben-Seite sei vielleicht vermerkt, dass die Spannung immer wieder durch sehr lange Pausen von intellektuell betonten Phrasierungen, Rückblenden und lonely Stills unterbrochen wird und dass die eine und andere Wendung fast zu viel des Guten ist. Anyway, wohlwollende sechseinhalb Punkte von mir, aber ein zweites Mal schaue ich den Film nicht!

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                                              "Rich Kids" von Robert M. Young war der zweite und letzte Film mit Jungtalent Jeremy Levy ("Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiss"), der heute ein renommierter Physiker in Pittsburgh ist.

                                              Der Film ist eine easy-going Gesellschafts-Dramödie von New York und zeigt eigentlich vor allem auf, dass Kinder viel cooler sein können, als ihre oft zerstrittenen Eltern. Prädikat: unterhaltsam und sehenswert.

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                                                YupYum 02.09.2019, 01:22 Geändert 03.09.2019, 02:23

                                                *40 Jahre -Jubiläum* "Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiss" (1978)

                                                ...war eine fünfteilige U.S.-Mini-NBC-Serie, die in Deutschland durch das Verdienst grosser Film-Dramaturgen (zusammen mit dem edlen "Bavaria"-Synchron-Institut) auf vier Teile (unterschiedlicher Lauflänge) viel moderner editiert wurde und damit TV-Geschichte schrieb. Die Garde der damaligen grossen (Theater-)Synchron-Sprecher (wie Ernst Jacobi) und der neue Schnitt gaben dem packenden Film noch viel grössere Authentizität - und sein Ergebnis: Er wurde geschichtlich so relevant und damit zum ultmativen Gassenhauer, der sämtliche Strassen im Januar 1979 leerfegte. Irgendwann war der Film so populär, dass ihn damals jeder gesehen haben musste. Schon das Wort "Holocaust" wurde nur dank diesem Film ein historisch-relevanter Begriff, vorhin wurde das alles als kaum erwähnten "Völkermord" in der Bevölkerung meistens totgeschwiegen - dann kam eben "Holocaust" und warf einen Keil ins deutschsprachige Volk, das mitten im deutschen RAF-Herbst stand. Der Film war als Fazit ein Schock! CSU-Minister Franz-Josef Strauss befürchtete noch grössere Riots, denn noch immer hatten ehemalige kleinere (und unbescholtenere) Alt-Nazis Pöstchen in der der Verwaltung und Regierung, er liess per Dekret der ARD und dem ZDF die Ausstrahlung verbieten, nur die unabhängigen Dritten zeigten den Film zuerst - in der DDR blieb die Ausstrahlung ebenso untersagt. Die Mundpropaganda, die Presse-Replik, die Call-In-Leitungen und der ganze gesellschaftliche Effekt wurden indessen so laut, dass auch irgendwann die grossen öffentlichen Sender dazu gezwungen wurden, "Holocaust" gerade zur Prime-Time um 20h auszustahlen - damit sahen 55% im deutschsprachigen Raum schlussendlich den Film (weltweit 700 Mio. Zuschauer!). Danach kam eine journalistische Presse-Flut, unzählige Bücher zum Thema (die seinesgleichen suchten) und etliche Open-End-TV-Diskussionen - und damit die höchste erdenkliche Popularitäts-Flutwelle, das Thema war endlich im deutschen Bewusstsein angelangt und wiedergekehrt.

                                                Der dramaturgische Genial-Griff des Films war eine Novität, statt dass man nur von nackten Zahlen von 6 Millionen ermordeten Juden sprach, brachte man die Schicksale quasi an einer (Oberklass-)Familie mit ein, die jeder grad ins Herz schloss. So wob man also eine Spannung mit den einzelnen Charakteren ein, die vernichtende Zungen gerne als Soap-Opera abtun. Dabei wurden viele Facts einbezogen: Der Kunstmaler Karl Weiss (James Woods) beispielsweise, der nach Theresienstadt, Tschechien einberufen wurde, ist eine filmische Adaption des Kunstmalers Leo Haas, der viele verbotene und weltberühmte KZ-Zustands-Kunst auf Kohle malte, Anna Weiss' (Blanche Baker) Ermordung in Hadamar wiederum thematisierte die Euthanasie, die Massenerschiessungen an der Schlucht Babi Yar (Kiev) kommen vor und auch kurz der Aufstand von Sobibor. Die Szenen von Auschwitz wurden im österreichischen KZ Matthausen gefilmt. Rosemary Harris (Berta Weiss-Palitz): "To film these scenes in the gas-chambers there made me almost mad of tragedy".

                                                Noch heute ist "Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiss" (1978) der wichtigste und kompakteste Aufklärungs- und Aufarbeitungs-Spielfilm des jüdischen Genozids unter Hitler und seinen vielen Helfern - er hat auch nach 40 Jahren (mit seiner dramaturgisch äusserst spannend und präzise umgesetzten Dramaturgie) kein Gramm Staub angesetzt! Seine (wenigen) Szenen der Hoffnungen machen den Film unglaublich emotional stark. Bei der Zweit-Sichtung unbedingt auf die vielen genauen Details in Dialog (der einzelnen Nazi-Funktionäre) und Ausstattung achten!

                                                Mit perfekter A-Cast: Meryl Streep (in ihrer zweiten Rolle nach "Julia"), Rosemary Harris ("Only The Devil Knows Your Dead"), Joseph Bottoms, Fritz Weaver, David Warner ("Das Omen"), Michael Moriarty ("Woman Wanted"), Sam Wanamaker, Robert Stephens (als Quasi-"Schindler"), Debora Norton (unglaublich grausam), Tovah Feldshuh und dem tollen Jungen Jeremy Levy ("Rich Kids"), der heute ein renommierter Star-Physik-Professor in Pittsburgh ist. Sogar der traurige Soundtrack von Morton Gould erschien auf Schallplatte beim RCA-Klassik-Red-Label und wird heute gesammelt.

                                                WDR-Dokumentation "Wie Holocaust ins Fernsehen kam" (Januar 2019):
                                                Film: https://www.youtube.com/watch?v=4ypWafEIX8w&fbclid=IwAR2_nuZ80MriJ4EjWHa2rA4vs34ZCEarLQ8PvjCatU8GxSy8T7qdzLOGF1w
                                                Presse: https://www1.wdr.de/fernsehen/wdr-dok/sendungen/wie-holocaust-ins-fernsehen-kam-100.html?fbclid=IwAR3Jv1Zpco-iGwsbA13-tQlnbZaYObSwOK7UbLeLX9WVbRDXFbvi5STOqDk

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                                                  YupYum 23.06.2019, 03:00 Geändert 10.12.2019, 01:07

                                                  Kennen Sie eigentlich die goldene YupYum-Regel für Bücher und Filme schon? Wird ein Buch nach 30 Seiten nicht gut, wird es auch für den Rest nicht mehr. Bei Filmen braucht es in der Regel um 20 Minuten Anlaufzeit - ist er bis dann hin nicht packend, können Sie sich auf 2 Stunden Langeweile gefasst machen. Genauso ging es mir bei "The Post": Gibt es wiedermal eine Zusammenarbeit zwischen Spielberg und Hanks, ist Behäbigkeits-Kino für den grau-mellierten Zuschauer um die 50 Jahre schon von vornherein mal vorprogrammiert. Meistens wählen die beiden dann ein geschichtlich relevantes Vergangenheits-Thema aus, über das ein halbwegs gebildeter Mensch eh schon das meiste weiss. Das Ganze wird immer mit Maschinengewehr-schnellen (aber nichtssagenden) Dialogen unterstrichen, um Anspruch vorzugaukeln und Langeweile zu übertünchen. Dramaturgisch will es weder packen, noch Spannung generieren und die Schauwerte sind knapp bemessen - die doofen amerikanischen Grossraum-Offices der 60er/70er (in denen schwitzende Männer in Kurzarm-Hemden mit Bluthochdruck hektisch herumgondeln und man gar noch rauchen durfte) sind allzu bekannt. Atmosphärisch tief ist hier einfach schon gar nichts! Dann holt man sich als Zugpferd vor den Karren noch die gestandene Meryl Streep mit an Bord - und wenn es diese Frau nicht mal fertigbringt, etwas Farbe ins Geschehen mit einzubringen, dann ist cinematographisch aber ganz viel schiefgelaufen!

                                                  Als Fazit ist "The Post" für mich nur altbackenes Historienkino, das man vielleicht mal in der späten Primarschule im Geschichtsunterricht zeigen kann, aber bestimmt nicht uns. Denn ausser Desinteresse (das sich spätestens nach einer Stunde purer Langeweile breitmacht), hat dieser Oscar-gescheiterte High-Gloss-Film nicht wirklich was zu bieten.

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