YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

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    YupYum 12.11.2018, 01:12 Geändert 29.05.2019, 01:11

    Zwischen Erstaunen und Entsetzen muss ich feststellen, dass ein eigentlich renommierter Director wie Steven Soderbergh so ein billiger, löchriger und plakativer B-Reisser abliefern kann, der sich gegen Ende in einem völlig verzettelten Pseudo-Showdown auflöst. Die Schlussszene ist uninspiriert noch bei "Misery"(1991) geklaut. Die Dialoge gleiten oft ins Primitive ab, die minimalen 90 Minuten plagen gar mit Längen (z.B. in der Szene der blauen Gummizelle). Missstände in der Psychiatrie gibt es ja so nicht mehr, als "Kuckucksnest-Retro" (u.a. mit hässlichen Klinik-Schwestern und unheimlichen Patienten) kann man das Motiv zwar wiedermal gebrauchen, aber bitte nicht so billig abhandeln wie hier. Dass dann noch der alte Stalker der Hauptdarstellerin gar ein Job als Pfleger ergaunert, ist mehr als unglaubwürdig - und der dumme Twist stellt sich dann erst noch als Haupt-Story-Faden heraus. Die Spannung sackt irgendwann total ab. Claire Foy gilt als die grosse Neuentdeckung Hollywoods, ihr Schauspiel ist hier jedenfalls close-to-erbärmlich.

    Dass Soderbergh den ganzen Film nur als Experiment ansieht (so wie das auch schon Paul Verhoeven und Brian DePalma vor ihm ähnlich schlecht taten), macht das Ganze jedenfalls nicht besser - er soll doch bitte auch an den Zuschauer denken, der das alles über sich ergehen lassen muss. Irgendwie kommt es mir hier als Fazit vor, wie wenn man schnell ins Fahrwasser vom Überraschungshit "Get Out" aufspringen wollte.

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      YupYum 15.10.2018, 01:34 Geändert 12.11.2018, 02:05

      "Red Sparrow" ist ein Agenten-Thriller, der sich weitgehend an der Tradition eines John Le Carré orientiert, d.h. ein in der Tonlage Moll gehaltener, langsam erzählter, tiefgründiger und komplexer Stoff, der viel Psychologie, Kosmopolität und relativ wenig Action bereithält. Wird es denn mal beklemmend, dann aber richtig! In welche Zeitepoche der Film gehört, wird leider nicht verraten, es kann jedenfalls nicht im Hier und Jetzt sein, betrachtet man mal die aktuellen amateurhaften Faux-Pas'-Aktionen von heutigen russischen Spionen (wie in England). Atmosphärisch ist es hier immer dicht, die internationalen Schauwerte sind zahlreich und der letzte Twist als Trumpfkarte sticht jedenfalls schön. James Newton Howard's Soundtrack ist zudem grosse symphonische Musik-Kunst. Nur haben die 135 Minuten auch ihre zähflüssigen Momente, kurzweilig ist der Film bestimmt nicht - das lässt sich nicht weg-kritisieren.

      Jennifer Lawrence's Schauspiel ist fantastisch und grossartig, alle erblassen neben ihr - ausser vielleicht Charlotte Rampling als strenge Ober-Matrone. Denn als die auftaucht, wird es richtig ungemütlich und die Frau erweist ihrem bösen Ruf wiedermal alle zwielichtige Ehre (nur schon deshalb ist der Film einen Blick wert!).

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        YupYum 08.10.2018, 00:19 Geändert 29.05.2019, 01:18

        Des Kanadiers Denis Villeneuve's Psycho-Krimi "Prisoners" (2013) ist für mich schlicht und simpel der Top-Thriller der ganzen Post-Milleniums-Dekade, er ist ein Sog ohne Wiederkehr: Die ausgereiften Charakter-Zeichnungen, die inneren zwischenmenschlich gezeigten psychologischen Konflikte (und Abstürze), das verfuchste Drehbuch und vor allem der ganze böse Plot mit seinen vielen falschen Fährten, die überraschenden Wendungen, die wenigen aber gezielten Schock-Effekte (z.B. die plötzlich auftauchenden Schlangen) und die geniale (und ultra-böse!) Auflösung sucht einfach nach seinesgleichen! Die frühwinterliche, meistens verregnete und immer graue Atmosphäre passt wie Gusseisen zur ganzen ausweglosen U.S.-Country-Tristesse. Die sich immer neu erfindenden Twists lassen die 150 Minuten hier wie im Flug vergehen. Die grossartige Dialogkunst, die viele Symbolik und die ganze Spannung sind schlicht dramaturgisch nicht zu toppen. Irgendwie ist die Meta-Ebene (neben Soziologie) auch noch (Gesellschafts-)Politik von bürgerlicher Gängigkeit - schneidend bös wie ein scharfes Messer, denn so brutal abgerechnet hatte selten ein Film mit geheuchelter und verlogener Nachbarschafts-Heuchelei: "Sorgen Sie dafür, dass ich eingeäschert werde, ich will nicht in einer Kiste begraben werden!" Wenn das nur alles im Leben ist.

        Hugh Jackman als cholerischer Ex-Trinker (der seine Gewalt-Eskapaden nie in den Griff bekommt) war hier als peinlicher Macho (statt immer Frauenheld) noch nie so schauspielerisch wie grandios, Jake Gyllenhaal (als sensibler Zivi-Cop) das moralische Gewissen im Film, Melissa Leo ("Frozen River" - gross!) eine grandios amerikanische Tante des Pseudo-Fürsorglichen, Viola Davis wie immer ur-sympathisch mit ihrer ganzen Präsenz und Paul Dano unglaublich top in der Verkörperung eines Outlaw oder hier sogar als geistig Zurückgebliebenen. "He couldn't hurt a single Soul!" - dieser Satz wird sie jedenfalls in Ihre Träume verfolgen und der eisig-kalte Wind wird dazu unheimlich heulen! "Prisoners"(2013) ist für mich als Fazit die grösste Crime-Empfehlung des Post-Milleniums - mithaltend mit allem Klassischen auf der Ebene von Hitchcock oder DePalma.

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          YupYum 07.10.2018, 22:51 Geändert 12.11.2018, 02:12

          Katastrophenfilme zollen seit es sie gibt - also seit ca. 1969 (seit dem ersten Teil "Airport") - etwa den gleichen Mustern: Sie beginnen immer völlig seicht und belanglos im Alltag, haben dann den Szenenwechsel zum Hauptschauplatz, wo meistens durch zwischenmenschliches Versagen das Inferno losgeht und boxieren sich dann in ein halb versöhnlichen Beinahe-Happy End, das meistens vor Betroffenheits-Kitsch und viel heroischen Pathos trieft. Oft ist zuhause noch eine blöde und gelangweilte Ehefrau (hier: Kate Hudson mit brutal schlechtem Schauspiel!), die nichts Besseres zu tun hat, als die laufenden Ermittlungen und Rettungsaktionen durch überflüssige Hysterie-Anrufe zu behindern. Zudem darf ein nerviges Kind zum Familien-Glück sowieso nicht fehlen. Dann kommt der grosse, meistens über eine Stunde andauernde Kau-Wumm und eine einigermassen brauchbare Dialogkunst wird unter dem ganzen Höllenlärm eh grad begraben.

          Mark Wahlberg ist für diese Art von Filmen immer der richtig geeignete Mann. Kürzlich stand sein Tagesablauf in der Klatschpresse:. Für das, dass er meistens schon ab früh-morgens im Gym ist, hat er hier doch eine ziemliche Wamme am Bauch. Kurt Russell steht der Schnauzer ziemlich gut und ist hier gar noch das moralische Gewissen des Films. Der überschätzte John Malkovich ist wiedermal endlos peinlich. Anyway, wer es mag, soll "Deepwater Horizon" (2016) doch anschauen, wer nicht, verpasst auch nicht wirklich viel eröffnende Philosophie des Lebens.

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            YupYum 01.10.2018, 01:58 Geändert 01.10.2018, 05:09

            "Gone Girl" (2014) ist eine "Over-The-Top"-Krimi-Geschichte (mit dem Touch eines Psycho-Thrillers) und mit kaum endend wollenden Wendungen, die irgendwann nicht mehr richtig sitzen möchten. Der Begriff "Over The Top-Story" stammt ursprünglich von den Machern der "Denver Clan"-Serie aus den 80er-Jahren mit Joan Collins: Um den Zuschauer bei der Stange zu halten, wurden die Geschichten ins unermesslich Unglaubwürdige hochstilisiert und übertrieben, und die Masche hielt damals bis zum Ende der Serie. Auch die Story hier will einfach zu viel und ihr Schluss mutet seltsam uninspiriert an, fast wie verschossenes Pulver. Der Film hat zudem eine lange Anlaufzeit, erst nach einer Stunde schaut der Zuschauer doch recht verdutzt aus der Wäsche. Denn der Plot ist ein Novum, es gibt kaum Artverwandtes und die Dialoge sind schnell und messerscharf gehalten. Die Rollenverteilungen sind wieder ziemlich konservativ ausgefallen: Wer sah Ben Affleck denn schon mal als 'Bad Guy' oder Rosamund Pike wiederum als 'Good Girl'? Seit ihrem Einstand als Miranda Frost in "James Bond 007 - Die Another Day" (2002) ist sie als Dauer-Zicke wohl auf ewig abonniert - doch hier passt es wie Gusseisen.

            Als Fazit ist "Gone Girl" trotzdem über weite Strecken eine dramaturgisch durchaus abgerundete Unterhaltungs-Angelegenheit mit vielen grossen Schauwerten geworden - von der statischen Crime-Scene bis zum schnellen Road-Movie, von der billigen Motel-Absteige bis zur völlig überwachten Luxus-Villa, von lokalen Investigationen zu einem New Yorker-Star-Anwalt bis hin zur Reality-TV-Show - hier wird vieles auch visuell schön abgegolten und sorgt für Abwechslung. Als Feierabend-Krimi ist "Gone Girl" bestimmt keine unempfehlenswerte Sache, doch möchte man das denn tatsächlich auch nochmals ein zweites Mal schauen?

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              YupYum 25.09.2018, 00:50 Geändert 01.10.2018, 05:18
              über Hacked

              Pierce Brosnan ist eigentlich so ur-sympathisch, warum bekommt der Mann nicht wiedermal eine tragende Rolle wie z.B. als schmieriger Ex-Magistrat in "The Ghostwriter" (von Roman Polanski)? Hier in "Hacked" haben wir ein einfach ein Gut-gegen-Böse-Schema-B-Movie, das seine Karten zu schnell offenlegt und keine annähernd tiefgreifend psychologische Rollenzeichnung zu bieten hat. Das kommt vor allem in der Szene im Konflikt mit seiner unsympathischen Ehefrau zum Ausdruck. Die Idee eines interessanten Firmenzweig (mit den Lear-Jets) wird schon zu Beginn des Films einfach fallengelassen, statt dieser eigentlich originelle Side-Aspekt als Novum zu vertiefen. Der uninspirierte Showdown macht alles dann ganz zunichte.

              Das Ganze erinnert in seinem Ablauf und dem Storyboard an den Teenie-Stalker-Thriller "Fear" (1996) mit Mark Wahlberg, in dem es auch ganz schnell nichts Subtiles mehr zu verlieren gab; TV-Spielfim vergleicht den Film in seinem Verriss gar mit "Cape Fear"!

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                YupYum 24.09.2018, 00:09 Geändert 06.10.2018, 04:02

                All die hohen Bewertungen hier zu "Darkest Hour" (2017) kann ich nur damit erklären, dass Gary Oldman grossen Kultstatus geniesst und mit seiner äusserlichen Verwandlung (und Intonierung) zu Winston Churchill schauspielerisch bestimmt wieder hohe Massstäbe setzt (und dafür auch den Oscar gewann).

                Doch für mich ist der ganze Film nur eine theoretisch abgehandelte, staubtrockene und zu akribisch aufgearbeitete Geschichtslektion geworden, die lediglich einen kleinen zeitlichen Fokus der strategischen Vorkomnisse zeigt, sich in den Dialogen stetig wiederholt oder durch ellenlange Reden verzettelt, daher oft langweilt und kaum wirkliche Emotionen transportiert. Die zwei einzigen Frauenrollen (mit der eigentlich grossen Kristin Scott Thomas) sind als mögliche Farbtupfer zu blass und zu nichtssagend ausgefallen. Der Film ist als Fazit einfach zu eintönig und zu langatmig, es fehlt komplett an dramaturgischer Abwechslung - und somit werden die 2 Stunden irgendwann zur Odyssée der intellektuellen Abgehobenheit und zur spannungslosen Durchhalteübung. Ich kenne den anderen Churchill-Film mit Brian Cox nicht - ist er wohl besser geworden?

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                  YupYum 08.09.2018, 23:37 Geändert 14.01.2019, 03:29

                  Ach, wie mich diese Coming-Of-Age-Geschichten der neuen Generation nur noch langweilen (und damit auch nerven)! Sie haben meistens kaum etwas zu erzählen, sondern sind lediglich eine soziologische Bestandesaufnahme einer (meist) tristen Ortschaft oder eines drögen Stadtteils - und oft ein Portrait der Unterschicht in ihren immer gleichen Repetitionen der limitierten Hoffnungslosigkeiten. Hat es darin gar noch ein leichtes Gay-Element und ein sexy Cover mit jungen Männerkörpern, wird der Film in allen schwulen Gratis-Postillen besonders empfohlen und gehypt (und alles findet sich sofort im Katalog von "Edition Salzgeber" wieder). Damit unterscheidet sich auch "Beach Rats" von anderen Art-Verwandtem nicht, obwohl der Schauplatz Brooklyn auf etwas Hoffnungsvolleres hätte schliessen lassen können. Irgendwie gibt es für mich mittlerweile nichts mehr Drögeres als das ewige Erfahrungen-Sammeln in der Pubertät: Abhängen mit doofen Kollegen, herausbekommen, welche (und welches Mass) an Drogen man erträgt, ewige Geld-Knappheit, Disco- und Funpark-Besuche, Geschwister- und Eltern-Konfflikte und "frischer" Sex mit allen Geschlechtern etc. - gähn! Mit Harris Dickinson, dem hübschen, jungen und leicht Ginger-haften Engländer (der mehr U.S.-Shoeshine-Boy darstellt, als sämtliche hier erscheinenden Nebendarsteller) gelang Regisseurin Hittman gar ein toller Hat-Trick, denn eine Schön-Fassade lenkt immer von der effektiven, tatsächlichen Leere eines Produkts ab. Dieser Frankie dated im Netz also ältere Männer, nur um billig an ihr Gras zu kommen. Zum Schluss läuft die Sache, gemäss dünnem Storyboard, brutal aus dem Ruder - und es lässt einem nur so kalt wie Eis zurück!

                  Fazit: "Beach Rats" (2017) ist die zum hundertsten Male gesehene Wiederholung eines endlosen Musters über junge Leute (ohne jeglichen Lebensinhalt), denen vielleicht ältere Gays dank "hidden Erotica" noch was abgewinnen können. Ich selbst finde ihn nur ein weiterer, ziemlich überflüssiger Langweil-Indie-Streifen, der einfach kein Müh an versteckter Mystik oder etwelcher Erkenntnis zu bieten hat.

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                    YupYum 24.08.2018, 00:19 Geändert 26.08.2018, 01:49
                    über Martha

                    Fassbinder's "Martha" von 1974 war lange Zeit wegen seiner expliziten Psycho-Gewalt gegen Frauen verboten, er kam erst ca. 1983 als Premiere in die kleinen Schweizer Indie-Kinos und wir als 18-jährige Teenagers waren drin.

                    Mein Kollege fand das alles noch okay damals, mir löschte es ab dieser nackten Grausamkeit nur noch ab - ich verliess das Kino und fand in der nächsten Bar, neben dem Kino, Trost bei ziemlich grossem Bier-Konsum. Spätestens als Sissi-König Karlheinz Böhm noch das kleine Kätzchen von Martha killte, war für mich genug. In der Bar erzählte mir mein Kollege danach später dann noch, dass die die geplagte Martha nach all diesem Martyrium im Rollstuhl endete - ich war dankbar, das verpasst zu haben. Fassbinder und seine ganze Garde waren für mich eh immer nur apokalyptisch-anarchistische und fatalistisch lebende Stricher-Missbraucher, deren ganzes Universum auf Koks und Speed und Aids aufgebaut war - warum sollten gerade die Mitleid für eine Martha aus gut-bürgerlichen Haus zollen? Wahrscheinlich wollten sie damit nur ihre ebenfalls gut-bürgerlichen deutschen Feinde schocken, was die RAF später dann eben physisch tat. "Martha" hat mich als Teenager so geschockt, dass ich dieses Sado-Panoptikum ohne jede Hoffnung mit seinem sadistisch-gemeinen und verlogen-brutalen Pseudo-Engagement von diesen Freaks jedenfalls nie mehr sehen will. Und nach diesem "Werk" sah ich auch edel scheinende Filme wie "Maria Braun", "Lili Marlen" oder "Lola" von Fassbinder plötzlich durch eine ganz andere Brille.

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                      YupYum 22.08.2018, 01:59 Geändert 12.11.2018, 02:24
                      über Julia

                      "Julia" (1977) ist die wahre Geschichte und historisch relevanter Stoff nach einem biografischen Buch von Lillian Hellman, die immer schon Meister-Regisseur William Wyler faszinierte. Er verfilmte ihr lesbisch gefärbtes Buch "The Children's Hour" gleich zweimal, 1936 und dann nochmals 1961 als "Infam" mit Audrey Hebburn und Shirley MacLaine, das 1934 (!) schon ein grosser Theatererfolg am Broadway war - schier unglaublich, wie offen die Welt damals für verzwickte Dreiecksbeziehungen mit offen eingewobener Frauenliebe war. Nun nahm sich also Fred Zinnemann Hellman's Stoffes "Julia" 1977 an, als Jane Fonda (als eben Hellmann selbst) als amerikanisch emigrierte Jüdin voller Naivität mit der Eisenbahn ins kriegsbesetzte Wien reist, um ihrer Freundin Julia illegales Geld (versteckt, eingenäht in einer modischen Mütze) für den Widerstand gegen Hitler zu bringen. Es wird nichts helfen, Julia wird von den Nazis später ermordet (was der Film nur andeutet).

                      Und der Film? 1977 war Jane Fonda Kult bei uns Jugendlichen, wir stürmten das Kino, wenn sie drin war - sie passte einfach zum Sound des damaligen Disco-Movement. Ihre humorvolle und kauzige Note machten viele ihrer Filme aus. Vanessa Redgrave wiederum war zwar die Schwester der viel spassigeren Lynn Redgrave (die gar mal Gast in der "Muppet Show" war), aber ihr verblendetes Engagement für Terroristen aus Palästina löschte schon damals vielen ab. Sie gewann fragwürdigerweise für ihre Mini-Rolle in "Julia" gar den Oscar und wurde später wieder nominiert, obwohl der Film - aus heutiger Sicht - nur wirklich durch Jane Fonda lebt. Das erste Drittel als Kammerspiel mit ihr only ist jedenfalls extrem spannend. Mit der Kurz-Begegnung mit ihrer Freundin (in einem Wiener Café) wird hier alles seltsam moralisierend. Faye Dunaway und Barbra Streisand waren zuerst für die Rollen vorgesehen, lehnten aber beide ab. Der Film war ebenso das Leinwand-Debut von Meryl Streep, die nur ein Jahr später in der Serie "Holocaust" Film-Geschichte schrieb. Als Fazit, hat "Julia" unglaubliche Dynamik im ersten Teil, versandet jedoch regelrecht im schwachen End-Drittel. Ausstattung, 30er/70er-Kolorit, True Story, und das Fred Zinnemann-Element bleiben unerreicht.

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                        YupYum 19.08.2018, 01:30 Geändert 19.08.2018, 23:34

                        Bei "A Bigger Splash" ist das atmosphärische Element der Italianità der ganze durchgehende rote Faden und man wägt sich als Zuschauer dabei selbst im Urlaub (auf Pantelleria, Italien). Die durchgehend schönen Insel-Bilder machen einfach Laune und lenken dabei schön über die dramaturgischen Schwächen und Überlängen des Films ab, denn als (vermeintliches Krimi)-Drama will hier so gar nichts lange auf den Punkt kommen. Wer schon Luca Guadagnino's "Io Sono L'Amore" (2009; ebenfalls mit Tilda in der Hauptrolle mit unterkühlten Erotik) sah, weiss schon, dass seine Stärke eher in bildlich umgesetzten Filmkunst-Stills, als denn in packenden Stories liegt. Tilda (selbst Punk) spielt also eine Rocksängerin, die Stadien füllt (sie erinnert mit ihren hängenden, schwarz gefärbten Haaren an Chrissie Hydne), eine Kostprobe aus dem Studio zeigt jedoch kurz, dass singen wirklich nicht zu einem ihrer vielen und grossen Talente zählt. Ihr ehemaliger Lover und Ex-Manager Ralph Fiennes kommt also unverhofft und ohne Anmeldung mit seiner sexy Blondinen-Tochter in südlichen Paradies an und bringt als erstes mal ordentlich Stimmung, etwas Sprüche unter der Gürtellinie und einen Kühlschrank voller Weinflaschen und Delikatessen mit. 90 Minuten geht hier alles recht rund und spassig zu. Bald ist man auch so offenherzig, dass Nacktbaden im Swimming Pool grad auch zur Selbstverständlichkeit wird - man hätte es meiner Meinung dabei bleiben lassen können. Denn was jeder Zuschauer erwartet, der folgende (teilweise nur angedeutete) Twist des Partnertausches will seltsam nicht packen. Nach der (mau umgesetzten) erfolgten Katastrophe setzt auf der italienischen Insel plötzlich der Regen ein und die Himmel sind nur noch grau - ein überdrüssiges Klischée. Gut gezeigt jedoch: Die italienischen Carbinieri haben mit der anhaltenden Flüchtlingskrise weitaus andere Sorgen, als mit paar versnobbten Engländern. Wirklich dramatisch ist hier nur die letzte Szene am Flughafen, als Tilda der Göre Dakota Johnson vor ihrer Abreise noch richtig die Meinung tischt. Hatte Guadagnino im letzten Film mit John Adams noch einen tollen Minimal-Musiker an Bord, hilft er sich hier im Soundtrack mit altem "Popol Vuh"-Material (aus "Nosferatu") aus. Immerhin erzählt uns Ralph noch eine Inside-Story von den Rolling Stones (vom eher schwachen Album "Voodoo Lounge").

                        Die relativ hohe Wertung gehört hier vor allem der lasziven und durchgehend tollen Atmo - und Tilda's unglaublichem Charisma. Ich selbst kenne das Original (1969) mit Romy Schneider nicht. Wer es tut, soll mir doch bitte hier mitteilen, ob ich es anschauen soll oder besser doch nicht. Herzlichen Dank!

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                          YupYum 18.08.2018, 00:40 Geändert 19.08.2018, 02:10

                          "Bleeding Steel" gehört zu der Sorte Filmen, die ich mir kaum freiwillig antun würde, tat es hier jedoch, weil die DVD-Hülle fälschlicherweise klassische Action versprach. Stattdessen wird einem nur seelenloses High-Tech-Gedöns (made In Asia) serviert, unterstreicht mit routiniertem Martial Arts-Geklopfe und eingewobenen, logikfreien Sci-Fi-Müll-Eskapaden der ärgerlichen Sorte. Die Pseudo-Geschichte ist so mau und unglaubwürdig, dass man erst nach einer Stunde weiss, um was es hier eigentlich geht. Die permanenten CGI-Effekte sind unter jeglicher Toleranzgrenze, die Melodramatik fehl am Platz, das Schauspiel nicht nennenswert, der Soundtrack voll aufdringlich und Humor fehlt gänzlich. Gewisse Kulissen und Interiors haben immerhin etwas Schauwert.

                          Da ich weder Fan von der ganzen trendigen Marvel-Sch.. bin, noch auf Story-freie Haudrauf-Action stehe, hat solch aufgedunsenes Fantasy-Quark-Geschwurbel bei mir von vornherein keine Chance. Zu allem Übel schleicht sich bei mir der Verdacht ein, dass Jackie Chan sich hier nur gegen sein gesetzteres Alter beweisen muss, was voll misslingt. Hinter dem ganzen Geballer (meistens auf Pyro) macht sich nur gähnende Leere breit.

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                            YupYum 14.08.2018, 23:13 Geändert 15.08.2018, 00:19
                            über Kidnap

                            Wer schon Halle Berry's Neuerfindung als toughe Actionbraut am Limit in "The Call - Leg nicht auf!" (2013) mochte, bekommt in "Kidnap" quasi eine Neuauflage desselben Musters - und das Ganze ist wieder erneut ein turbulentes Höllen-B-Film-Spektakel (mit minimal-gehaltenen Versatzstücken), das schnell zur Sache kommt und keine Sekunde Pause in seiner durchgehenden Rasanz einlegt. Die Verfolgungshatz findet vor allem im Auto auf Schnellstrassen statt - Steven Spielberg's "Duel" (1975) lässt immer wieder schön grüssen. Gemeine Überraschungen, Situations-Twists und Schock-Effekte werden nicht zu rar gesät. Die Bösewichte sind herrlich creepy. Die 90 Minuten vergehen jedenfalls wie im Flug und das Ende findet wie so oft in einem unheimlichen Haus statt.

                            Wer auf schnörkelloses Spannungskino für zwischendurch steht, ist bei "Kidnap" jedenfalls genau richtig. Schade, dass die DVD null Ausstattung (nicht mal Untertitel) hat.

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                              YupYum 13.08.2018, 00:30 Geändert 13.08.2018, 04:03

                              Ich kann all den Lobhuddeleien zu "Good Time" überhaupt nicht folgen, denn "good" ist für mich hier ziemlich gar nichts. Der Film ist lediglich ein up-gepimptes Portrait von Leuten, die man als letzten Abschaum bezeichnen würde und deren Lebensinhalt lediglich aus chemischen Drogen, schnellem Geld, billigem Sex und herunter-nivellierten Gewalt besteht. Er übertüncht seine grandiosen Schwächen damit, dass er permanent auf Speed ist, was schnell Ermüdungserscheinungen hervorruft und seine demoralisiernde Message in völlig norm-konformer Manier als natur-gegeben "cool" verkauft. Die nächtliche New Yorker-Irrfahrt auf Neon mit ihren durchgehend nervösen Schnitten soll nur von all den Logiklöchern ablenken, die einem hier serviert werden. "Drive auf Speed" ist der Werbeslogan auf der DVD-Hülle, eine Anmassung und Frechheit für den tollen Film mit Ryan Gosling! Die Möchtegern-Geschichte ufert und eiert in der totalen Sinnlosigkeit aus. Die Sprache ist dabei immer gleich primitiv gehalten - "Fuck" und "Shit" kann man nun mal nicht durch "Fuck" und "Shit" steigern. Die Kritik an der gängigen U.S.-Internierungs-Psychiatrie ist seltsam lachhaft. Für Robert Pattinson als totalen Bad Guy mag der Film einen weiteren langersehnten Image-Wechsel darstellen, ich als Zuschauer penne dabei nur ein.

                              "Good Time" (2017) ist als Fazit ein total prätentiöser Langweil-Streifen (ohne jegliche Moral) - von diesen gehypten, jungen Safdie-Brüdern - vollgepackt mit unsympathischen Figuren (wie Jennifer Jason Leigh - tragisch!), der voll auf "Kult" getrimmt ist und dabei bei mir letztendlich nur Kopfschütteln auslöst.

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                                YupYum 10.08.2018, 23:28 Geändert 11.08.2018, 00:03
                                über 6 Below

                                Survival-Geschichten zollen eigentlich immer den gleichen Strängen der Wiederholung, trotzdem sieht man sie als Zuschauer recht gerne. Das rührt vor allem daher, dass man dem Komfort eines gewissen Voyeurismus nicht ganz abschlägig gegenüber steht: Man sitzt also mit einem Drink in der warmen Stube, während der Protaganist tausend Tode zu überleben hat, die je nach Setting (hier Berge im Winter) immer nach ziemlich ähnlichen Mustern ausfallen. Da man vom kommenden Happy End schon weiss, zehrt auch alles nicht so sehr an den Nerven. Josh Harnett spielt also die wahre Geschichte nach, bei der der Hockey-Profi Eric LeMarque ganze acht Tage gegen Erfrierung und Erschöpfung den Überlebenskampf gewann. Die üblichen widerlichen Umstände kommen natürlich vor, wie fehlende Sicht, aufkommende Blizzards, Fata Morganas in der gleissenden Sonne, hungrige Wölfe, plötzliche Abgründe ins Nichts und der fehlende Handy-Empfang. Um die 90 Minuten damit aufzufüllen, half man damit aus, sich aus der Geschichte gleich noch (mit Rückblenden) ein Familien-Drama einzuflechten. Und da hapert es für mich: Hier wird so viel uramerikanischen Pathos serviert, den man heute eigentlich so nicht mehr im Kino sieht. Der Kampf gegen die bösen Drogen, die ewige belastende Familienbande, das Leben zu leben, um es zu gewinnen, die Mutter am Rande der Hysterie - alles hat bis zu den End-Titles des glücklichen Ausgangs eine fast fundamentalistisch christliche Note. Der Soundtrack wird irgendwann so triefig, das man es kaum noch aushält. Die Extras auf der DVD sind wiedermal eine reine Selbstbeweihräurerung der Crew. Positiv vermerkt sei die Kameraarbeit, die handwerklich saubere Maske und Josh Harnett's glaubwürdiges Schauspiel.

                                Als Fazit ist "6 Below" nicht der Film, den man unbedingt gesehen haben muss - immerhin er nicht langweilig und die schönen Schnee-Berge (von Colorado?) scheren auch schön die Vorfreude auf den nächsten Ski-Urlaub.

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                                  YupYum 09.08.2018, 23:28 Geändert 10.08.2018, 02:31

                                  "Things You Can Tell Just By Looking At Her" (1999) ist ein fünfteiliger Episoden-Film, in dem sich abwechselnd Glenn Close, Holly Hunter, Clarissa Flockhard, Cameron Diaz und Kathy Baker kurz die Klinke in der Hand reichen. Die Frauenschicksale sind eher gemächlich und unspektakulär erzählt, aber trotzdem in ihrer leisen Art oft berührend wie das, was das Leben selbst eben so mit sich bringt: Abtreibung, Krebserkrankung, (lesbische) Liebe, Erblindung und Suizid werden gestreift. Die Dialoge sind auf hohem Niveau und das Ganze setzt immer auf die Karte Positiveness und driftet nie ins Sentimentale ab. Zu kritisieren gibt es vielleicht, dass das nicht immer besonders abgerundet rüberkommt, teilweise mit Längen plagt und der Schluss sehr abrupt ist.

                                  Wer Fan einer der Schauspielerinnen ist und gerne in den amerikanischen Alltag abtaucht, kann hier ruhig mal einen Blick wagen, denn unsympathisch ist der Film nicht.

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                                    YupYum 23.07.2018, 00:12 Geändert 23.07.2018, 03:01

                                    Lassen Sie sich vom Hüllentext nicht unnötig in die Irre führen, "I Come With The Rain" (2009) hat zwar ein Thriller-Gerüst als Ausgangslage, das Ganze mündet - nett ausgedrückt - aber in typisch fragmentarische Versatzstücke längst bekannter Werke der Filmkunst. Weniger nett ausgedrückt heisst das: Der Film ist unter dem Strich nichts weiteres, als ein grobschlächtiges und äusserst blutrünstiges Panoptikum aus Sex, Drogen, endloser Gewalt und schlussendlich noch Religion und Pseudo-Philosophie, das durch das völlig fehlende Vorhandenseins eines Storyboards schnell die Nerven des Zuschauers strapaziert. Die zusammenhangslosen Szenen tauchen aus dem Nichts auf und versanden schnell wieder in der Bedeutungslosigkeit. Irgendwann hat man die zu Beginn noch faszinierenden, nächtlichen Neon-Bilder von Hong Kong einfach mal gesehen. Was bleibt ist leider nur die altbekannte Vorurteils-Prämisse "Brutal - Brutaler - Asien", denn das Blut fliesst ununterbrochen und gelitten wird ohne Ende. Dass das alles so endlos langweilig daherkommt, lassen die 115 Minuten wie eine gelebte Ewigkeit erscheinen. Josh Harnett ist der einzige Amerikaner, dem hier eine unbekannte Welt den Horizont zu erweitern scheint, der Rest fragt sich, warum man sich wiedermal so eine Sinnlosigkeit antat.

                                    Zu guter Letzt rätselt man sich hier noch, von wem diese grauenvollen Indie-Songs stammen, mit denen der Film untermalt ist und der böse Verdacht täuscht tatsächlich nicht: "Music by Radiohead" verrät uns der Trailer.

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                                      YupYum 31.05.2018, 00:45 Geändert 31.05.2018, 02:34

                                      Wer bei "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" ein weiteres leicht sarkastisch angehauchtes und erst noch charmantes U.S.-Provinz-Stück für zwischendurch erwartet, wird hier sehr schnell eines Besseren belehrt, denn schon nach den ersten Szenen wird klar, dass einem hier ist ein hochdramatisches, bitterböses, desillusionierendes und knallhartes Loser-Drama serviert wird, das seine Erkenntnisse weder im erzählerischen Ganzen noch in üblicher Schwarz/Weiss-Malerei von Gut und Böse bekundet: Keine(r) kommt hier wirklich charakterlich unbescholten weg, alle haben sie ihre Defizite, die den Zuschauer immer wieder von Neuem schmerzen. Diese sehen wir also dann in den toll editierten Kleinst-Szenen, die dramaturgisch so geschickt erzählt sind, dass man kaum den nächsten Eclat erwarten kann - das ist mal Spannung der ganz anderen Art. Der eingewobene Humor ist teilweise so schwarz und entlarvend, dass er einem im Hals stecken bleibt. Dass die schwebende Krimi-Meta-Ebene keine Auflösung findet, passt natürlich auch zum Stil der sich leerlaufenden, immer repetiven Lebens-Zyklen dieser Protagonisten. Der Film ist eine grossartige soziologische Abhandlung von Leuten, die Gefangene ihres eigenen Mikrokosmos sind, in dem Kaff in dem sie leben und als Fazit eine Faust in die unbescholtene Fresse. Top authentisch gespielt und durchtränkt mit genial minimalistischen Dialogen, die mehr sagen, wenn man sie gar nicht erst hört. Bestimmt zu brutal alles und sicher zu anspruchsvoll für FSK 12.

                                      Dass Frances McDormand hier ihren Oscar genau so unglamourös entgegen nahm (so wie sie selbst im Film ist), macht nach Sichtung des Films irgendwie grad nochmals Sinn.

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                                        YupYum 29.05.2018, 00:20 Geändert 29.05.2018, 00:32

                                        In "Ladri di biciclette" (1948) gibt es lediglich nur einen einzigen erzählerischen Strang, alles andere ist eine soziologische Bestandesaufnahme von Rom aus der Post-Mussolini-Zeit (dessen errichtete Eisen-Statuen man hier noch sieht): Antonio wird das lebenswichtige Fahrrad gestohlen, nun versucht er es mit seinen kleinen Sohn Bruno (rührend!) in Tausenden zurück zu finden, und als das nicht gelingt, klaut er als praktisch letzte Einstellung ein anderes - das ist wirklich alles hier!

                                        Es gibt so unantastbare Filmkunst, die Geschichte schrieben und heute kaum mehr noch einer adäquaten Kritik bestehen können, deshalb lasse ich das einfach mal so neutral stehen und bewerte den Film auch nicht weiter.
                                        (ohne Wertung)

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                                          YupYum 29.05.2018, 00:01 Geändert 31.05.2018, 02:40

                                          "Sleuth" (1972) ist ein adaptiertes Theaterstück von Anthony Schaffner, das in England ein Grosserfolg war und als Konsequenz diesen Film mit sich zog. Shaffner schrieb kurz davor das Drehbuch für Hitchcock's Kravatten-Killer-Film "Frenzy", der die englische Nation schockierte und die Kinokassen auffüllte. Nun sehen wir also Laurence Oliver und der junge Michael Caine in schauspielerischer Höchstform, denn soviel Papier auswendig zu lernen und praktisch in einem Stück herunter zu leiern, zeugt schon von grossem Talent. Um dem Kammerspiel dramaturgisch mehr Fülle und Abwechslung zu verleihen, wurde die Inneneinrichtung des Schauplatzes (also der Mansion-Villa) mit allerlei skurillem Karsumpel aufgefüllt. Dieser Ausstattungs-Kniff kennt man aus den 60's schon viel besser, namentlich aus den Filmen mit Vincent Price oder der Emma Peel-Serie "Mit Schirm, Charme und Melone".

                                          Und wie gefällt uns nun der Krimi-Klassiker heute? Auch wenn die drei Twists sicher als Überraschung sitzen, kritisiere ich vor allem die endlose Laufzeit von über 2 Stunden und das Maschinengewehr-Salven-Endlos-Geschwafel - es wird einem irgendwann schwindlig hier, der spannungslose Film macht müde und lässt einem recht erschöpft zurück. Ich habe jedenfalls keine Lust auf eine zweite Sichtung. 2007 machte Kenneth Branagh ein Remake davon mit Titel "1 Mord für 2" (diesmal mit Michael Caine als bösen Alten), das dann echt schwach war.

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                                            YupYum 28.05.2018, 01:02 Geändert 30.05.2018, 02:47

                                            "Philomena" ist ein grossartig erzähltes und sehr berührendes Investigationsdrama (akribisch nach den wahren Fakten) mit grosser Gesellschaftskritik an der katholischen Kirche Grossbritanniens - der Film steigert sich dramaturgisch so toll hinauf, von erst zwischenmenschlich diversiven Anschauungen, über einen Annäherungsprozess zweier ungleichen Seelen, bis hin zum finalen Climax, der fast im Genre des Psychothrillers zu finden ist. Die Top-Elite-Stars Judi Dench und Steve Coogan als ungleiches Paar, deren Spur sie auf Amerika (Washington D.C.) fliegen lässt, machten zwei Jahre später ebenso Helen Mirren und Ryan Reynolds in "The Woman In Gold" (2015) - und beide Filme hatten diesen einmaligen Detektivfilm-Esprit: Es ist einfach wunderbar, wie man die Karten eines scheinbar unlösbaren Rätsels mit jeder weiteren gefundenen Person weiter aufdeckt - und "Philomena" hat eine ganz böse Überraschung zum Schluss im Köcher! Absolut brilliante britische Dialog-Kunst mit geschichtlich relevanten Quotes von T.S. Elliot bis Shakespeare und geniale philosophische Fragestellungen über den Sinn des Lebens inklusive.

                                            "Philomena" ist anmutig, rührend, toll gespielt, nicht zu lang, schön fotografiert, mit kosmopolitischen Esprit und Humor, und spannend wie ein Krimi - ein Master-Piece von Stephen Frears! Sehr ausführlicher Bonus auf der toll ausgestatteten DVD.

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                                              YupYum 21.05.2018, 01:06 Geändert 22.05.2018, 02:45

                                              "Victoria & Abdul" ist wiedermal eine historisch relevante Geschichtsstunde vom Biografie- und royal-bekundeten Director Stephen Frears, der uns ein Kapitel von Multi-Kulti ans Herz legt, die in der heutigen Zeit der allgemeinen religiösen Feindschaften auch zu denken geben sollte. Der Islam war früher tatsächlich einmal eine liberale Hochkultur ohne Scharia, deshalb hat dieses Lehrstück der Toleranz heute wohl doppelte Relevanz.

                                              Auch wenn der Film nicht durchgehend stringent ist und mit ein paar Längen plagt, ist er an den wahren Schauplätzen gefilmt, grossartig ausgestattet und eine tolle One Woman-Show für die kauzige Judi Dench. Königliche Intrigen kommen nicht zu kurz und Victoria's Tod berührt emotional, was der Film stellenweise dazwischen verpasst: Denn Ali Fazar als Abdul "Munshi" bekommt einfach in den Dialogen zu wenig tief-gehende Schlüsselmomente, der Aha-Effekt hat mir bei ihm oft gefehlt. Den ultra-britischen Film als "Bollywood-Kitsch" zu bezeichnen, ist dann aber trotzdem mehr als daneben!

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                                                Verstehe nicht, warum der Mann hier keine Fans hat - er war vor allem in den 60ern (bis und mit heute eigentlich) eine unmissverständliche Grösse, die das ganze deutsche Theater-, Hörspiel- und Filmwesen unglaublich inspiriert hat. Seinen Schaffens-Höhepunkt hatte er in der Zeit der späten 70ern. Er war sogar bei jeder Grossmutter in der Stube mit seinen Auftritten bei "Derrick" etc. und genauso bei den Alternativen mit "Der Blechtrommel" (1979) . Zudem hat er eine grossartige und erhellende Biografie geschrieben, die zeigt, dass er eine lebende Chronologie deutscher (Kultur- und Polit)-Geschichte ist.

                                                Meine Favoriten: In "Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiss" (1978; grad neu in deutsch auf YouTube, schauen Sie nicht rein, man kann damit nicht mehr aufhören!) als geniale Synchron-Stimme vom aufstrebenden Jung-Nazi Erik Dorf (zusammen mit David Warner "Das Omen" als Heydrich), in "Tadellöser & Wolff (1978), als grossartige Erzähler-Stimme aus dem Off. Ich werde an seiner Figur jedenfalls dranbleiben.

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                                                  YupYum 15.04.2018, 22:35 Geändert 01.10.2018, 05:32

                                                  Als Serie konzipierter Erstling, der leider kaum Lust auf eine Fortsetzung macht. Dafür ist die twistfreie Story zu banal und den Figuren wird kaum je Tiefe verliehen. Wenigstens kracht es meistens auf der Scheibe, doch die Action hat kaum nennenswerte Einfälle - alles schon hundertmal gesehen. Der Film floppte im Kino übrigens tragisch und daher wird es wohl auch keine Fortsetzungen geben.

                                                  Immerhin hat der Film mit Connie Nielsen ("One Hour Photo") und der Asiatin Gemma Chan zwei tolle Frauenfiguren im Köcher und die Dialoge sind auf erträglichem Niveau.

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                                                    YupYum 07.04.2018, 02:59 Geändert 11.04.2018, 19:31

                                                    POSSIBLE SPOILER ALERT:
                                                    "We Need To Talk About Kevin" muss grad auf verschiedenen Ebenen als schlicht grauenvolles Filmwerk verstanden werden. Hier wird uns also eine Biographie des schlicht Bösen gezeigt. Wir erleben zuerst eine Mutter (Tilda Swinton), die sogar im U.S.-Provinzkaff öffentlich geschlagen wird - erst später wird dem Zuschauer klar, warum dies so ist: Ihr ganz böser Sohn Kevin täuscht sie nämlich alle und wird zum fiktiven Stereotypen-Amok-Läufer in seiner Schule.

                                                    Die ganze gezeigte Pseudo-Psychologie dieses trendigen und ober-politisch korrekten Indie-Machwerk ist schlicht hanebüchen und zielt voll auf ein einziges Publikum ab: Gut verdienende, linke U.S.Hasser aus Europa, die gedenken, wie böse die dort und wie toll wir hier sind.

                                                    Die Regisseurin ist übrigens bald zu Gast bei "BBC 6 Music": "Director Lynne Ramsay joins Miranda Sawyer to discuss the use of music in her work. She chats about working with Radiohead's Jonny Greenwood on the music for her new film "You Were Never Really Here", and picks out some key tracks from previous films "Rat Catcher", "Morvern Caller", and "We Need to Talk About Kevin" - including Aphex Twin, Nick Drake, Nancy Sinatra and Lee Hazelwood and The Beach Boys."

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