dbeutner - Kommentare

Alle Kommentare von dbeutner

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    über Curdled

    Najaaa. William Baldwin ist nicht Alec, da geht es los, und die Story in Summe ist schon reichlich flach; man merkt dem Streifen an, dass er eigentlich nur eine Kurzfilmgeschichte abarbeitet. In den letzten 20 Minuten zieht sich das Ding und will nicht enden... Trotzdem immer noch besser als der Tatortreiniger ;-)

    "Wichtig" ist der Film eigentlich nur im Tarantino-Universum wegen seiner Querverweise ("Dusk/Dawn" mit Bildern von Tarantino&Clooney in der TV-Sendung; Besetzung von Angela Jones als Todesfaszinierte wie die Taxifahrerin in PulpFiction).

    Als kleiner Baustein im Filmuniversum für Fans daher duchaus goutierbar, aber darüber hinaus wirklich kein Tipp.

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      Was kann und wird in Bezug auf Datenschutzdiskussionen immer wieder pädagogisch falsch gemacht? Es wird geschwafelt. Es wird nicht fundiert die Notwendigkeit aufgezeigt, es werden die Gefahren nicht konkret benannt. Und die, die sich für das Thema eh schon wenig interessieren, werden durch solche "Gib Deine Daten nicht weiter - Warum? - Weil das schlecht ist."-Diskussionen noch weiter in die mir-doch-egal-Ecke getrieben.

      Unter diesem Aspekt gehen etwa 95 von 100 vorliegenden Filmminuten so richtig nach hinten los. Jan Philipp Albrecht, der "Protagonist" des Films, hätte es wohl tatsächlich, so kann man zumindest nachlesen, lieber konkreter gehabt, aber Bernet ging es wohl tendenziell um etwas Anderes.

      Eine Doku, die den Schaffensprozess von europäischen Institutionen aufzeigt, wäre aber, so vermutlich Bernets Gedanke, etwas zu langweilig, wenn das Geschaffene selbst nicht inhaltlich interessiert, und so wird halt das Datenschutzrecht zum Beobachtungsziel. Da drehen wir uns dann aber wieder im Kreis: Darüber eine Doku zu machen, ohne ein bisschen im Fundament zu graben, tut der Sache mehr weh als es helfen würde.

      Nun gut, verabschieden wir uns mal von dem mangelhaften Inhalt in Bezug auf Datenschutz. Bleibt der europäische Schaffensprozess. Und was sehen wir da: Einen Grünen, der durchgehend arg "grün hinter den Ohren" wirkt, ein paar etwas sehr selbstbewusste Lobbyisten. Und dazwischen mal freundlichere, mal weniger freundliche Gesichter. Schwarzweiß. Und Füllmaterial weit über 10 Minuten. Vielleicht sollte Bernet s/w-Photograph werden, da scheint er mehr Faszination drin zu sehen als in seiner abgelieferten Arbeit.

      Wenn mir als politisch Interessiertem, juristisch Geschulten und in der IT professionell Arbeitenden eine Doku über das Datenschutzrecht in der EU so richtig weh tut, während mich Formel-1-Dokus, wo ich den Sport eigentlich lächerlich finde, tief beeindrucken können, ist wohl alles Gesagt, was ich vom Handwerk Bernets halte.

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      • 6
        dbeutner 30.01.2016, 14:55 Geändert 30.01.2016, 15:23

        Nach "Reprise" (mag ich ziemlich gerne) und "Oslo, 31. August" (liebe ich richtig doll, habe ich inzwischen mind. 5 mal gesehen und bin nicht im Ansatz gesättigt; gerade erst US-Import-BD in GB geordert) wollte ich "Louder Than Bombs" wirklich mögen; leider haben die Befürchtungen, was da im Ggs zu den Erstlingswerken schief gehen könnte, zugetroffen, und leider ist es sogar noch etwas schlimmer geworden, als ich potentiell befürchtet habe.

        Aber erstmal das Gute: Sehen konnte ich den Film in OmU im "Filmforum Höchst", ansonsten wäre der im Kino wohl auch eher an mir vorbei gegangen, denn der Film wird ausreichend wenig gezeigt, aber so gut wie gar nicht unsychronisiert (scheinbar sind praktisch alle OmU-Versionen aktuell in Berlin). Wer ihn im Rhein-Main-Gebiet noch so sehen möchte: Am 07.02. im Caligari in Wiesbaden um 20:00 Uhr. Besucheranzahl in Höchst: 5...

        "Louder Than Bombs" nimmt äußerlich wieder die Trier-typischen Themen Trauer, Traurigkeit & Depression ins Visier, ohne eine allzu straighte Story runterzuerzählen. Dabei konnte sich Trier in seinen beiden ersten Filmen extrem stark auf Anders Danielsen Lie verlassen, dessen Präsenz gerade nach "Louder Than Bombs" noch einmal neu zu bewerten sein wird - vllt. ist Lie einfach das größere Genie, und nicht Trier... Bleibt für mich ernsthaft abzuwarten.

        Also, Kurzverriss über die beteiligte Crew: Jesse Eisenberg, den ich als Mensch nicht unsympathisch finde, spricht und grimassiert sich einmal mehr als Jesse Eisenberg durch den Film. So sympathisch er ist, so wenig zeichnet er sich als Schauspieler mit Variation aus, eher muss man sagen: versagt diesbezüglich auf ganzer Linie. Byrne, den ich grundsätzlich noch mehr mag, gleitet stoisch durch den Film, als hätte er vergessen, dass er gar nicht mehr den ruhigen Therapeuten aus "In Treatment" zu spielen habe; eigentlich eine schöne Ausstrahlung (auch wenn ich die Serie schrecklich fand), aber mehrmals völlig neben der Spur. Bei Huppert wird sich zu sehr auf's Gesicht verlassen (Tiefe wird dem Charakter vollständig verwehrt); und als wäre das alles nicht schon schlimm, habe ich das Grauen als solches bis zum Schluss aufbewahrt: Devin Druid. Dass sein Gesicht nicht gerade als eine Genpoolkombi aus Byrne&Huppert durchgeht - beinahe geschenkt (aber auch nur: beinahe). Aber diese flache & abgestumpfte "was bin ich doch für ein introvertierter Pubertierender"-Ausstrahlung -- schlimm, ganz schlimm. Kleines Glanzlicht dagegen Amy Ryan, die gerade in "Spy of Bridges" nur das stichwortgebende Frauchen für Spielberg mimen durfte, hier zwar nur Nebenrolle, aber immerhin mit etwas Charakter.

        Das ist es aber vor allem, was den Film seine Punkte kostet: Fehlende charakterliche Tiefe und die historische Konstruktion, dass seit mehreren Jahren in der Familie des Intellektuellen mit toter Mutter, die als Charakter mehr als tief und interessant gewesen sein muss, nur geschwiegen wird, und ohne dieses Schweigen kein Drehbuch, und ohne dieses Drehbuch kein Film. Ganz im Ernst, Joachim: Bei so einer fast dümmlich zu nennenden Prämisse erspar Dir das nächste mal den Film.

        Andeutungen ohne vollständiges Ausbuchstabieren von Problemen /kann/ funktionieren, und in "Oslo..." hat das auch zu 100% funktioniert. Da war aber das Unausgesprochene zumindest emotional durchgehend greifbar; die Probleme der Vergangenheit waren teils abstrakt, aber zumindest abstrakt. Hier wird nur noch "Problem" gesagt, nicht einmal mehr eine abstrakte Ebene hinzugefügt. Und die von Depression Betroffene darf nur noch in Rückblenden ihr Gesicht dazu machen, aber wir beobachten doch aus dem Jetzt heraus die Vergangenheit, eine wirkliche Stimme bekommt die Mutter nicht mehr.

        Ja, das war schon eher ein Reinfall. Die größte Enttäuschung für mich für Monate. Aber leider mal wieder ein ganz tolles / herbes Beispiel für meine ewige These: Wirkliche Künstler im Film brauchen Beschränkung, um ihre Kreativität laufen zu lassen. Ein Dreh mit Huppert/Byrne/Eisenberg statt purer skandinavischer Verhältnisse bewirkt das Gegenteil. Das wird langsam zur tragischen Trierschen Familiengeschichte...

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        • 7

          "I Origins" ist sehr viel weniger "esoterisch", als hier einige Kommentare meinen berichten zu müssen. Zunächst einmal ist "I Origins" in der ersten Stunde vielmehr ein Liebesdrama über die Problematik, wenn sich ein wissenschaftlich denkender Mensch zu einem eher weniger so denkenden Menschen stark hingezogen fühlt -- insbesondere Leuten, für die Homo Faber eine Identifikationsfigur ist, möchte ich zumindest diesen Teil stark empfehlen. Das hätte für meinen Geschmack noch viel differenzierter ausgearbeitet werden können, dann wäre das ja sowas von "mein Film" geworden...

          Nach einer Stunde dreht der Wind dann aber kräftig. Jetzt geht es weniger um die Beziehungsfrage als vielmehr um die Frage des "Übernatürlichen an sich". Das Beispiel, an dem das aufgezogen wird, möchte ich noch "interessant" nennen, die Schlusspointe dagegen schon eher peinlich im Konkreten. Trotzdem hat sich Cahill Mühe gegeben, keine platte esoterische Werbeschau abzuliefern, sondern im Kern mehr Frage als Antwort zu geben.

          Durch seine wenig aufdringliche und letztlich eigentlich gar nicht belehrende Art mochte ich das in Summe schon. Fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass das Ensemble einigermaßen über jeden Zweifel erhaben ist, vor allem Michael Pitt & Brit Marling. Steven Yeun (The Walking Dead) ist nette Nebenzugabe, Astrid Bergès-Frisbey als Sofi etwas zu "klassisch schön" besetzt, da hätte mehr Charisma nicht schaden können.

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          • 7 .5
            über Dope

            Sympathischer Film, der vor allem von der Spielfreude Shameik Moores getragen wird. Das Rumeiern zwischen den Genres - Grundstimmung ist eher Jugenddrama, dann wird aber auch mal die Geschwindigkeit über einen Krimiplot angezogen, aber die Ernsthaftigkeit über komödiantische Elemente gleich wieder relativiert - schafft es auf jeden Fall, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Ein paar Witze fühlten sich arg mau an, aber es ist ein Jugendfilm -- hier gilt es, nicht zu streng zu sein ;-)

            Hatte etwas mehr dramatische Ernsthaftigkeit erwartet (und hätte mir vllt. auch besser gefallen), aber die lockere Art macht es natürlich grundsätzlich etwas unterhaltsamer. Nicht zu ernst zu nehmen!

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              Bunk for President ;)

              • 7 .5
                dbeutner 24.01.2016, 15:45 Geändert 01.03.2016, 11:09

                Hanks & Spielberg sind ja beides Namen, die mich skeptisch sein lassen. Um es vorweg zu nehmen: Zumindest Hanks steht das Altern gut und der hat seine Aufgabe schon ordentlich erledigt. Spielberg hingegen drückt seinen eigenen Stil mühelos soweit durch, dass die Handschrift der Coen-Brüder im Hintergrund verblasst. Und "Would it help" zum RunningGag zu machen - auf wessen Konto auch immer das ging - das war der Performance von Mark Rylance nicht angemessen.

                Insbesondere letzter hat mich richtig gefesselt. Minimalistisches Spiel und dennoch große Tiefe dahinter wie ein Hopkins in dünn ;-). Ohne dass ich die anderen Nebendarsteller-Oscar-Nominierungswerke kenne - Rylance hätte ihn verdient (nachträglich: hat ihn verdient, Glückwunsch!). Schon wegen seiner Performance macht der Streifen Spaß.

                In der ersten Hälfte ist der Film auch ansonsten recht ausgewogen. Simple, aber doch effektive Schnitte, die die gleichen Vorgänge in Ost und West bebildern, ruhige Inszenierung, ja, immer wieder auch hier schon simplifizierend.

                Wenn dann der Ort auf Berlin wechselt ist es ein bisschen um dem Streifen geschehen. Ab jetzt ist Spielberg in seinem Historien-Element - schwarz-weiße Sicht und Pathos. Das war schade und letztlich wird (zu) viel West/US-Pathos geschwungen, als dass man das als eine Art Biopic noch ernst nehmen könnte.

                Und jemanden wie Amy Ryan als besorgte, am Ende aber stolz dreinschauende sich um die Kinder kümmernde Ehefrau zu besetzen, die maximal Stichworte loslassen darf - ach Spielberg, das ist richtig arm!

                Mindestens einen halben Extrapunkt für Rylance und auch ansonsten fühle ich eher, dass meine Bewertung mehr für die erste als für die zweite Hälfte steht. Es ist halt Spielberg-Kino, nicht das Schlimmste, aber von wirklich gut in Summe auch einiges entfernt.

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                • 7
                  dbeutner 24.01.2016, 14:46 Geändert 18.09.2016, 13:29

                  Werner Herzog bleibt sich halt meistens selbst treu, im Positiven wie im Negativen. Ich fand die Idee im Ansatz gut, und in der zweiten Hälfte trifft er mit Fragen und Überlegungen auch immer wieder mal erstaunlich genau meine philosophischen Nerven. Wir liegen inhaltlich gar nicht unbedingt soweit auseinander. Aber die Art, die Art...

                  Es gibt im Film eine Schlüsselszene, für die ich ihn einfach ohrfeigen könnte: Jemand erzählt von seiner eigenen Geschichte, und Herzog legt seine eigene Stimme über die des Interviewten und fasst mal lieber schnell zusammen, was sein Gesprächspartner in für Herzog zu vielen Worten ausbreitet. Schauderlich unsympathisch.

                  Diese ungehemmte Bereitschaft, sein Ego wortwörtlich in den Vordergrund zu stellen. Zu wenig Demut dem Beobachteten gegenüber, zumindest soweit es um Menschen geht. Anders verhält es sich in Herzogs Bezug zur Natur; aber beim Menschen sieht er sich selbst zu sehr als Gott.

                  Ist nicht neu, aber immer wieder irritierend. Neben diesem allgegenwärtigen Herzog-Problem fehlte "Encounters..." aber auch eine etwas genauere Zielrichtung. Es gibt praktisch keinen dramaturgischen Aufbau. Ein bisschen (im Grunde keineswegs abwegiger) Verachtung ggü dem Ankommen zivilisatorischer Elemente am Südpol, große Ehrfurcht vor der Natur und Faszination ggü allem, was sich von der Zivilisation abgeseilt hat.

                  Wie gesagt, in der zweiten Hälfte gab es immer wieder Momente, in denen ich die aufgeworfenen Fragen super fand / in denen diese mein Denken reflektierten, und das gibt es selten genug (daher auch kein Verriss von mir in Summe). Als Film aber trotzdem nicht der Ausreißer nach oben.

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                  • Schlau wäre es, die fehlenden Serien ("Love, Nina", "Cleverman", "Splitting Up Together", "The Writer") in der Datenbank spätestens zu einem solchen Artikel anzulegen...

                    • 7 .5
                      über Sicario

                      Man sollte keinen ActionKracher erwarten, aber Spannungs gibt es schon ausreichend, untermalt von einem großartigen Sounddesign, begleitet von einer Kamera und Bildern, die immer wieder "oh" und "ah" sagen lassen - die Oscar-Nominierungen sind hier schon zurecht erfolgt.

                      Leider muss am aber am Ende attestieren, dass es damit dann auch schon durchaus etwas in Richtung StyleOverSubstance geht. Die Story wird aus den Augen von Kate Macer erlebt und ist immer wieder etwas unklar, worauf eigentlich gewisse Aktionen hinauslaufen sollen. Und wenn es dann klar wird, ist es alles grobes bis gröbstes Storyhandwerk; das ist schade, erinnert der Streifen doch von Besetzung und Thema durchaus ansatzweise an "Traffic", der aber schlicht deutlich mehr Tiefe zu bieten hat - nur halt nicht so schöne Bilder und nicht so schönen Sound. Neben fehlender Tiefe ist auch die Story an sich etwas konstruiert und hat mich (beinahe) an den Unsinn von "Victoria" erinnert - naja, ganz so dämlich ist das Drehbuch nicht, aber ein Teil geht schon in die Richtung.

                      Emily Blunt konnte mich durchaus überzeugen, del Toro spielt souverän, aber er kann höher. Brolin enttäuscht etwas und erinnert mit seinem debilen Dauergrinsen an seine Doktor-Rolle in Planet Terror - nur dass es da rein passte. Jon Bernthal kann ich fast nie ertragen, aber selbst unter diesen Vorzeichen kann er den Streifen nicht wirklich komplett vermiesen - warum sage ich nicht, zu spoilerlastig ;)

                      Wer ihn sich ansehen will: Bitte nicht auf dem Handy oder im Flugzeug ;-) Das Ding gehört auf große Leinwand und braucht satten Bass. Wenn man dem Film Ton&Bild "klaut", bleibt wirklich (zu) wenig übrig...

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                      • 7

                        Weder die hier gebrachte Zusammenfassung noch der Kommentar unter mir treffen historisch zu. Und, gleich eine der größten Stärken der Doku: Dies wird auch sehr ehrlich vermittelt. Insofern wundert mich die extrem einseitige Sichtweise beider Texte etwas. (Die Doku stellt das aber nicht heraus, sondern zeigt die Sichtweise der Bewegung über die Jahre hinweg, und da verändert sich dann doch vieles.)

                        Interessant ist der Film zumindest für mich auch weniger vor seinem konkreten Hintergrund, als vielmehr als zeithistorisches exemplarisches Dokument über soziale Bewegungen, die durch reine Betroffenheit entstehen und sich (fast gar) nicht mit abstrakteren übergeordneten und grundsätzlichen ethischen Fragen beschäftigen. Hier also konkret: Das Problem von Forschung und Administration ist keines, welches bei AIDS wesentlich anders wäre als zB bei Krebs (der Schnittpunkt existiert auch im Film, aber genauso wie historisch bei der ActUp-Bewegung nur sehr sehr am Rande). Man fordert erst Zulassung ohne genaueste Prüfung, später erst genauere Prüfung statt schneller Zulassung. Niemand spricht von Tierversuchen in der Medizin, und wenn das angesprochen worden wäre, wäre wohl jeder der Beteiligten zu einer anderen Meinung gekommen. Etc pp - man könnte sicherlich am Beispiel dieser Bewegung eine Dissertation zu solchen Fragestellungen und strukturellen Schwierigkeiten von Betroffenheitsbewegungen schreiben.

                        Wer sich etwas mit Wissenschaftsgeschichte auskennt, weiß, dass die ActUp-Bewegung hinsichtlich des Durchbruchs beim Schritt von Mono- zu Kombinationstherapie historisch wohl eher gar keinen Einfluss hatte. Wissenschaft irrt sich, und die Entdeckung von später offensichtlichem braucht Zeit. Das ist bitter, aber: So funktioniert's.

                        Die Durchbrüche der ActUp-Bewegung dürften eher im rein Sozialen liegen, in dem lauten Aufmerksammachen auf den bevorstehenden wahrscheinlichen Tod und die aggressive Ignoranz von Mehrheitsgesellschaft, Politik und Kirche etwa. Dieser Aspekt wiederum wird in der Doku nur gestreift.

                        Und natürlich, auch wenn mir die pure Selbstbetroffenheit in Sozialen Bewegungen immer schon kalte Schauer über Rücken gejagt hat, ist das trotzdem spannend, /dass/ sich solche Gruppen bilden und mit wieviel Wucht sie agieren können, auch wenn sie konkret mitunter krass falsch liegen bzw. extrem wichtige Fragen komplett ignorieren, gar für sich mehr Rechte fordern als für andere, die genau so mit dem Tod bedroht sind, aber bei denen durch die Form der Krankheit die Patienten nicht als soziale Gruppe schon besteht.

                        Von daher: Aus meiner Sicht deutlich spannender unter einem abstrakten soziologischen Aspekt als unter der konkreten historischen Fragestellung.

                        Aber natürlich AUCH unter diesem Blickwinkel zumindest interessant. Double-Feature-Empfehlung, die ich selbst nun kurzfristig nachholen will: "Dallas Buyers Club". Auch spannend, denn auch zwischen ActUp und BuyersClub-Bewegung gab es Schnittmengen, aber auch tiefste Gräben...

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                        • 7

                          Ganz schwierig zu beurteilen, da "The Grey Zone" einige Plus- und einige Minuspunkte aufzuweisen hat. Fangen wir mit dem Meckern an:

                          Tim Blake Nelson hat den Film (und insbesondere das Dialogskript) nach seinem eigenen Bühnenstück verfasst. Und wenn ich irgendetwas nicht mag, dann sind das Theaterdialoge im Film, insbesondere, wenn sie nicht funktionieren. Also zB Halbsätze, die im Theater als angerissener Gedanke dienen, im Film aber nur durch Unterbrechung durch andere klappen, und diese müssen dann inszenatorisch sitzen. Nichts davon sitzt in diesem Streifen. Und ich bin Filmfan, und nicht Theaterfan. Da fühlte ich mich schon arg vor den Kopf gestoßen.

                          Außerdem kann man sicherlich darüber streiten, in welcher Sprache welche Rollen sprechen sollen. Deutsch ist authentisch, aber wenn man es mit einer amerikanischen Crew umsetzen will, wird es halt Englisch. Aber dann sollte man dazu stehen. Was wirklich schlimm ist, ist, wenn Harvey Keitel versucht, Englisch mit deutschem Akzent zu sprechen, oder wenn andere Sprachen ins Spiel kommen, wo es in Dialogen darum geht, wer noch wen versteht (oder auch nicht), tatsächlich aber alle Englisch reden. Da wird das Handwerk schon arg versemmelt.

                          Von vor allem diesen beiden Punkten abgesehen ist "The Grey Zone" wiederum positiv herausragend in der Darstellung des KZ-Lebens und -Sterbens. Authentische Stimmungen und mit lockerer Hand überbrachte Empathie können kaum hoch genug eingeschätzt werden, und auch das Thema der Kollaboration wird hier ohne Rücksicht auf sehr grundehrliche Fragen angegangen; all das hat in seiner Darstellung schon massiv beeindruckt und ich habe das in solcher schonungslosen Ehrlichkeit bisher im Film eher vermisst.

                          Inhaltlich also eher superstark, die formale Umsetzung trotz toller Darsteller für mich eher absurd schlecht. Trotzdem im Universum der Holocaust-Filmwelt eher eine Empfehlung.

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                          • 6

                            Im Grunde ein herrlich altmodischer Film, der mich aber in seiner Steifheit nicht richtig mitnehmen konnte. Der Plot ist äußerst grob und tanzt etwas zu sehr um sich selbst, etwas spaßig sind die Auftritte deutscher Supporter - Heinz Schubert ("Ekel Alfred") etwa, der kaum ein Wort sprechen darf. In Summe aber einfach weder wirklich spannend noch ausreichend raffiniert.

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                            • 8

                              "Mænd og høns" ist zunächst einmal ein kleines Fest der schrägen Schauspielerei - insbesondere Mads Mikkelsen & Søren Malling sind von der Maske mit viel Liebe zum anders-als-sonst-Sein bedacht worden, aber auch der Rest des dänischen Stamm-Casts macht Laune. David Dencik, der als Gabriel beinahe als Hauptrolle bezeichnet werden kann, gehörte bisher nicht zur dänischen Spaß-Truppe, überzeugt aber auf ganzer Linie.

                              Inhaltlich werden viele, ich nenne sie meistens: Überforderungszenen geboten. Also Verhalten, welches vollkommen außerhalb sozialer Norm liegt, und der Spaß, die Reaktion der anderen zu sehen. Das macht nicht jedem Spaß, mir aber immer. Ich habe den Streifen inzwischen dreimal gesehen -- und freute mich schon beim zweiten Mal auf fast alle Einzelszenen.

                              Die reingewürgte Moral finde ich als solche gar nicht einmal abzulehnen (eher im Gegenteil), allerdings passt sie mE nur mäßig ins Gesamtpaket. Würden Intro und Extro weggelassen, ergäbe sich ein ganz anderer Film, mit viel mehr Hingabe zum Unsinn als Solchen. Vllt. ist mir aber auch vor allem die Botschaft im Extro ihrer dargebotenen Form etwas zu dick aufgetragen gewesen -- hat mich allerdings nur beim ersten Schauen nachhaltig irritiert.

                              Wer absurdes Kino und Überforderungsszenerie liebt wie ich muss den Film eigentlich sehen. Das letzte Drittel hat nicht mehr den Schwung von zuvor und wird mir auch an ein zwei Stellen einfach zu (unnötig) ernst, aber das ist Meckern im Kleinen. Ganz sichere 8 Punkte von mir, gefühlt sehr nahe an 8.5; das ergibt am Ende dann die vierte, fünfte oder sechste Sichtung.

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                                dbeutner 31.12.2015, 15:53 Geändert 31.12.2015, 15:55
                                über Carol

                                Profan und banal. Keine Ahnung, was an einem solchen zweistündigen zelebrierten Nichts zu feiern sein soll. Rooney Mara sorgt für meine 5 Punkte, weil ich die Frau als solche immer gerne ansehe, weder Cate Blanchett noch die Figur der Carol hingegen reizen mich auch nur einen mm; im Gegenteil, der Charakter hat mich eher abgestoßen, und die Inszenierung eines Dramas im UpperClassMilieu lässt mich eh immer erschaudern.

                                Soll wohl für die bürgerliche Masse sein und kommt da offensichtlich auch gut an. Ich finde den Streifen ungemein prätentiös und hinter der optischen Kulisse leer und tendenziell peinlich.

                                Achja, und einmal mehr ein Streifen, an dem ich meinen Hass auf klassische Filmusik richtig ausleben kann. Ebenfalls ständig ins Peinliche abgleitend.

                                Wer Anspruch liebt, kann hier Lebenszeit sparen!

                                PS: Und die Vorhersage von 8 Punkten legt einmal mehr den Finger in die Algorithmuswunde...

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                                • 7 .5

                                  Der Film lebt von Stimmung, Stil und Ensemble; zumindest ganz sicher nicht von seiner Handlung, die nämlich im Kern maximal reduziert ist. Und landschaftlich hätte man sicherlich auch mehr bieten können, vieles sieht am Ende aus wie der Trampelpfad um die Ecke, aber da wird das Budget limitierend gewirkt haben (vermute ich). Wobei der Cast dagegen spricht, aber... egal...

                                  Russel hat eine Paraderolle und füllt sie super aus; Lili Simmons mit ihrem "How the fuck beautiful am I?"-Gesicht kannte ich schon aus Banshee; Patrick Wilson ist nicht so mein Ding, war aber erträglich; und Fred Melamed (In a World..., A Serious Man) hat zwar nur eine kleine Nebenrolle, aber ihn sehe ich ja immer gerne. Auch sonst in Haupt- und Nebenbesetzung macht das Ding meistens Freude.

                                  Das einzige, was an dem Streifen interessieren kann, sind seine ruhige Art, nichts, aber das in SlowMotion zu erzählen. Die Haupthandlung ist nicht nur dünn, sondern auch absolute Standard-Ware ohne einen Funken Überraschung. Da am Ende um dieses Nichts für meinen Geschmack doch etwas viel Tanz gemacht wird, hat es bei mir nicht mehr für 8 Punkte gereicht.

                                  Sicherlich DER Kandidat für ein aktuelles DoubleFeature zusammen mit "The Hateful Eight" - nicht nur zwei "Pseudo-Western", sondern sogar jeweils mit Russel als verbindendem Glied.

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                                    dbeutner 22.12.2015, 13:21 Geändert 22.12.2015, 13:24

                                    Ähm.... Ähm... Versteh ich nicht. Greta Gerwig kann nicht spielen, und alle feiern? Verstehe ich nicht.

                                    Ich zitiere mich mal selbst, nach Frances Ha: "Negativ empfand ich mit fortlaufender Zeit das sehr eindimensionale Spiel von Greta Gerwig, wobei das so weit ging, dass ich mich sehr ernsthaft fragte, ob die gute evtl. einfach wirklich eine mir sehr schräg wirkende Art hat". Und die Antwort ist jetzt klar: Jou!

                                    Deutsche Filme haben bei mir immer eine schwierigere Ausgangslage, da ich im Deutschen viel schneller erkenne, ob Sprache authentisch ist (und die deutsche Schauspielausbildung ist so dermaßen am Boden, dass das fast nie der Fall ist). Da ich nur O-Ton schaue, haben Produktionen anderer Länder es da einfacher, weil sie mir schneller vormachen können, dass sei gutes Schauspiel, weil ich gestelzte Dialoge nicht als solche erkenne(n muss).

                                    Unter dem Punkt betrachtet ist Mistress America gereadezu toll: Greta Gerwig kann nicht spielen. Sie kann jedenfalls nicht sprechen. Jedenfalls nicht schauspielernd sprechen. Es ist eigentlich nur zum kreischend davonlaufen.

                                    Und das alleine hätte den Film schon gekostet, aber wenn der Rest gut gewesen wäre, dann hätte das "nur" Abstrafung um zwei Punkte gekostet; oder so. Aber nein. Baumbachs und Gerwigs Bild einer hippen überkandidelten NewYorkerin ist mir -- als Bild als solches -- so dermaßen unsympathisch, dass die beiden ab sofort auf meiner BlackList stehen. Frances Ha hatte mich irritiert, war aber "viel kleiner" und etwas persönlicher, menschlicher.

                                    Die Theater-Stakkato-Dialoge dann später -- wie eine Hausaufgabe an der Filmschule, allerdings würde ich werten: Durchgefallen. Und zwar für immer.

                                    Positive Ausnahme vom ganzen: Lola Kirke. In Sprache und Ausstrahlung zB das komplette Gegenteil von Gerwig. Die kann man sich merken.

                                    PS: Ichundso: "Woody Allen für die Hipstergeneration" -- wenn das noch jemand so sieht, vllt. ist es das. Ich kann Allen ja nun gar nicht leiden, und ">>ich kann jemanden gar nicht leiden<< für die Hipstergeneration" trifft etwa mein Gefühl...

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                                    • 7 .5

                                      "The Lobster" hatte mich vor allem wegen der Besetzung, aber auch wegen des angekündigten Themas interessiert wie wenig andere Filme dieses Jahr. Und auch wenn ich nicht von tiefer Enttäuschung sprechen möchte, so ein wenig in die Richtung geht es dennoch.

                                      Colin Farell einmal mehr mit fettem Schnauzer; nach True Detective etwas irritierend, ist zwar der Charakter ein anderer, aber irgendwie scheint Farell mit Schnauzer "muffig" zu sein (keine Ahnung, ob mich jemand versteht), das Spiel ist am Ende sooo unähnlich nicht. Olivia Colman mag ich ja auch für ihren kurzen Haare, da war die Perücke echt störend ;-). Und John C. Reilly, der sicherlich niemals den Oscar für den am deutlichsten sprechenden Schauspieler erhalten wird, spielt auch noch jemanden, der stark lispelt - sollte das Ironie sein? Hm. Und schließlich versucht auch Ben Wishaw einmal mehr, sein elegantes Britisch unter die Leute zu bringen - mag ich immer irgendwie, aber ist auf Dauer auch kein Zeichen großer Diversität. Kurzum: Aus dem Cast wäre bei einer Regie mit kantigerer Schauspielführung mehr herauszuholen gewesen.

                                      Die Story: Ja, irgendwie absurd, auch der Kontrast in der zweiten Hälfte des Films: interessant. Aber inhaltlich bleibt das irgendwie auf Skizzen-Niveau. Präsentiert wird die Idee, aber es findet keine Ausarbeitung, schon gar nicht eine Ausschlachtung der Idee statt. Es gibt auch in der Inszenierung wiederum kleine lustige Ideen, die aber den Gesamtkontext nicht fundiert anreichern (etwa: die gespielten "mit Partner"-/"ohne Partner"-Szenen - janz neckisch, aber fundamentbefreit).

                                      Für einen dystopisch angehauchten Film daher letzten Endes deutlich zu wenig ausgearbeitet. Wer Farell wie ich grundsätzlich gerne sieht und sich mehr an Momenten als an einem ausgearbeiteten Ganzen erfreuen kann, der kann hier ab und zu etwas entdecken. Mir hat's am Ende ja auch irgendwie trotz aller Kritik gefallen, wobei 7.5 Punkte die gefühlte absolute Obergrenze sind (wirklich toll fand ich den Ausflug in die ShoppingMall/Realität - nach zwei schrägen Welten war das die allerschrägste). Mehr geht eigentlich schon wegen der Filmmusik nicht: So dermaßen nervtötend überreizend plump eingesetzt, dass es schon ins Peinliche ging. Aber da bin ich auch eine empfindliche Seele, "Filmmusik" im klassischen Sinn empfinde ich grundsätzlich als bestenfalls neutral. Schlimmstenfalls: Wie hier.

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                                      • 8

                                        "Inherent Vice" ist wohl das absolute Gegenteil eines Crowdpleasers. Er erzählt eine Detektivgeschichte, aber das Publikum kommt nicht recht ins Mitfiebern hinein; echte Spannung stellt sich nie ein. Er ist absurd, aber es werden keine klaren Lacher präsentiert. Vieles, was gezeigt wird, ist nicht real, aber es gibt keine Hilfestellung, zwischen real und drogen-überzogen zu unterscheiden. Der Film widersetzt sich jeglicher gewöhnlicher Erwartungshaltung und legt es ein bisschen darauf an, sein Publikum zu verprellen.

                                        Nach der ersten Sichtung war auch ich nachhaltig irritiert; ich hatte viel zu sehr versucht, der Detektivstory hinterherzulaufen, und habe deswegen die Ebene, auf der der Film funktioniert, zumindest in Teilen schlicht verpasst. Zweite Sichtung war dann schon besser, ich wusste, was ich sehen würde und auf welche Ebene ich mich einlassen kann - und auf welche nicht bzw. weniger.

                                        So lässig und langsam der Film daherkommt, er ist eigentlich ein Stück anspruchsvolles Kino mit Kunstcharakter. Man muss nur damit rechnen und sich drauf einlassen. Kiffernebelschwaden hängen über der gesamten Erzählung, und das konkret Erzählte ist höchstens zweitrangig.

                                        Phoenix macht den Doc Sportello sehr klasse, und Brolin als Cop "Bigfoot" macht auch recht durchgehend Spaß. del Toro hat nur Sekundenauftritte - noch einige Namen zieren den Abspann, die meisten aber in kleinen Nebenauftritten, Spaß macht's darstellerisch trotzdem immer wieder aufs Neue. Wenn Owen Wilson nur nicht einmal mehr Owen Wilson gespielt hätte... (nervt, nervt, nervt).

                                        Zu mehr als 8 Punkten kann ich mich dennoch nicht hinreißen lassen, weil's eben doch mehr "ernstzunehmendes Kunstwerk" ist, das ich sehr doll anerkenne, das mir aber nicht beim Anschauen die ganze Zeit nur Freudentränen in die Augen treibt - sondern durchaus auch etwas Mattigkeit ins Hirn. Dennoch, mit der richtigen Erwartungshaltung mal something completely different.

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                                        • 5 .5

                                          Die beiden Kommentar-Verrisse hatten mir ja eher Lust auf den Film gemacht - gut geklaut ist halb gewonnen, ich habe da keine grundsätzlichen Probleme mit. Nur leider: Wenn man hier überhaupt von klauen sprechen kann (schon das geht eher in Richtung Beleidigung der angeblich Beklauten), dann ist das mieses Handwerk.

                                          Der Film krankt zunächst an einem hanebüchenen Drehbuch als Grundlage, ergänzt durch ein Dialogskript, das zu etwa 50% eher armselig zu nennen ist. Travolta sieht aus wie schlecht schönheitschirurgiert, bringt aber zusammen mit Haley immerhin ab und zu etwas leichten Spaß in die Sache.

                                          Es gibt auch durchaus einzelne nette Szenen, daher kein kompletter Reinfall und hier kein kompletter Verriss; aber in Summe war das schon mehr gewollt als gekonnt. Schade. Kann man sich also selbst dann schenken, wenn man ggü Stilklau unempfindlich ist.

                                          • 8
                                            dbeutner 12.12.2015, 17:43 Geändert 12.12.2015, 17:53

                                            Wenn ich mich in den ersten Minuten eines Films auf sehr besondere Art schrecklich amüsiere und meine Frau kurz davor ist, den Fernseher von der Wand zu reißen und rauszuwerfen - dann muss ich alleine weitersehen. Aber dann ist auch schon klar: Das wird eher gut ;-)

                                            "Songs From the Second Floor" ist wie Theaterkunst auf Film übertragen. Also nicht verfilmtes Theater, nein nein, das ist schon die Filmbühne, die da sehr gekonnt genutzt wird. Die Gesangszene, die in der Bar endet und von dort spielt der Film dann weiter - da saß ich nur noch mit großen Augen und offenem Mund, so wunderbar inszeniert war das.

                                            Ein bisschen die schwedisch-karge Antwort auf Buñuel (auf jeden Fall mehr Buñuel als die ebenfalls genannten Jodorowsky oder gar Lynch).

                                            Sehr spröder Humor, zum Ende hin eher ernst-düster, großteils assoziativ wirkend, zum Ende hin dagegen teils fast schon platte Kapitalismuskritik - aber immer eigen & schaurig-schön. Völlig klar, das ist nur etwas für Menschen mit Hang zur Filmkunst.

                                            Trotzdem von mir "nur" 7.5 Punkte (aber sehr sicher sitzende, an der 8 kratzende; 10 Minuten Kürzung in Summe hätten vermutlich Wunder wirken können), nach weiteren Sichtungen evtl. noch Raum nach oben.

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                                            • 6 .5

                                              Da hatte ich aber nach den Vorkommentaren einen deutlich schwerer zu schluckenden Brocken erwartet. Ich fand den weder langweilig noch zäh; vielleicht etwas dünne am Ende, und auch die Ausgangssituation, warum die Bäckerei sich überhaupt so schuldig fühlt etc, da fehlte mir der grundlegende Zugang.

                                              Sooo unbekannte Schauspieler sind am Ende da auch nicht am Werk gewesen:
                                              Mark Ivanir in der Hauptrolle mal auf keinen Fall (360; A Late Quartet), und Noah Silver (hier noch mit kindlicher Stimme) ist zumindest durch Tyrant etwas bekannter geworden.

                                              Dass statt nach Bukarest die Reise auch nach Wuppertal hätte gehen können (P. Wellinski: Filmszene.de), ist natürlich Unsinn. Die Motivation einer jungen jüdischen Frau, nach gescheiterter Ehe in Rumänien lieber nach Israel zu gehen, hat schon seinen historisch-speziellen Hintergrund (es gibt kaum noch jüdisches Leben in Rumänien).

                                              Trotzdem war mir der Inhalt irgendetwas zwischen zu profan und zu sehr auf Allegorie getrimmt, ohne dass ich auf die großen tiefen Aussagen getroffen wäre. "Wer gehört wohin" oder "die Suche nach seinem Ort der Bestimmung", mal als toter Mensch, mal als in Trennung befindlicher Mann -- wie gesagt, 'n bisken dünne.

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                                              • 7 .5

                                                Caine/Keitel/Deno (sehr schick, wie letzterer es schafft, sich neben den beiden Erstgenannten mehr als ordentlich zu behaupten) und die Art der Inszenierung haben mich hier schon sehr unterhalten. Obwohl Sorrentino (mein Erstling) sehr deutlich und sehr gekonnt in Richtung Filmkunst inszeniert, wird der Streifen doch von einer großen Leichtigkeit getragen.

                                                Im letzten Drittel kommen Witz und Unterhaltung etwas kurz, und man könnte auch vorwerfen, dass die Fragen ums Altern und die Erinnerung nicht von großer philosophischer Tiefe getragen sind - aber es ist auch nie flach.

                                                Wenn auch evtl. etwas Salz und Pfeffer fehlen: Wirklich schönes Kino zumindest!

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                                                • 7 .5

                                                  Schicke Grundidee, die im Verlauf des Films aber für meinen Geschmack etwas zu sehr dem reinen Entertainment geopfert wird.

                                                  Die Grundidee ist vor allem deshalb klasse, da Kinder hier mal einen Streifen zum Reflektieren vorgesetzt bekommen, der ihnen mehr hilft, sich selbst zu verstehen, als die komplizierte Welt drumherum. Das ist weniger pädagogisch als in anderen Disney-Streifen und nimmt das Publikum insofern auch ernster.

                                                  Auf der anderen Seite hatten die Macher leider nicht den Mut, diese Ernsthaftigkeit durchzuziehen. Irgendwann bekommt das Innenleben etwas zu sehr Eigenleben - ActionKino und bunter Spaß bestimmen die Laufrichtung, während die Reflektion -- was passiert eigentlich währendessen der menschlichen Hauptfigur -- dann eher fallen gelassen wird.

                                                  Nichtsdestotrotz in seiner Stoßrichtung innovativ und unterhaltend. Mehr davon und auch noch etwas mutiger in der Umsetzung! Kinder /können/ mit den "großen Fragen" konfrontiert werden, ohne dass es oberlehrerhaft oder langweilig sein muss!

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                                                  • 7 .5
                                                    dbeutner 29.11.2015, 18:40 Geändert 29.11.2015, 19:38

                                                    Ich mag Schottisch und ich mag Robert Carlyle. Wem es ebenso geht, der dürfte zumindest nicht komplett enttäuscht werden.

                                                    Carlyles Regiedebüt ist sicherlich kein ganz großer Wurf, will es aber auch gar nicht sein. Eher eine kleine schräge Nischenproduktion, aber immerhin mit solchen passenden Charakteren wie Ray Winstone & James Cosmo (GoT).

                                                    Der Humor hätte für mein Gefühl deutlich derber und das Tempo etwas höher sein dürfen. Aber das sind Geschmacksfragen. Habe ich gerade noch vor zehn Minuten (zu "Bloodsucking Bastards") geschrieben: "Wenn ein Schauspieler sich erstmals zum Regisseur macht und ein Erstlingsdrehbuch verwendet, dann wird's halt selten gut.", so muss ich das an dieser Stelle relativieren: Hier ist es gut gegangen. Wobei die Beteiligten an "The Legend..." eben auch sehr erfahrene Leute waren, so dass das wohl auch ein wenig dem professionellen Umfeld der Beteiligten zu verdanken ist.

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