EudoraFletcher68 - Kommentare

Alle Kommentare von EudoraFletcher68

  • 7 .5

    Erster Kino Film von Wenders nach dem gleichnamigen Roman von Peter Handke. Spielt in Wien und im Burgenland. Meine Versuche, etwas von Handke zu lesen waren wenig erfolgreich. Zu abstrakt. Ist aber auch schon über 25 Jahre her. Am Anfang des Films kann man lesen, dass man ihn wegen Musikrechten über 30 Jahre nicht sehen konnte. Der Film ist eine echte Entdeckung! Habe schon mit etwas Zähem gerechnet, so in der Art von „der Stand der Dinge“. Weit gefehlt, mit einem Blick für Skurriles, absurden Dialogen, stimmungsvollen Bildern und tollen Aufnahmen vom Wien in den 1970ern ist „die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ für mich ein Film, den ich mir sicherlich irgendwann nochmal ansehen werde.
    Es beginnt und endet mit einem Fußballspiel. Dann ist der Torwart Josef (Arthur Brauss) unterwegs in Wien, geht ins Hotel, geht ins Kino, läuft durch die nächtlichen Straßen. Am nächsten Tag schleppt er eine Frau ab, wird überfallen und geht wieder ins Kino. Die Kassiererin ist super! Die Musik ist teilweise wie im Krimi. Dann macht er unvermittelt etwas Merkwürdiges und Destruktives, reist ab aus Wien und besucht eine ehemalige Freundin auf dem Land. Ich habe nicht versucht, einen tieferen Sinn in der Handlung zu finden, sondern habe akzeptiert, was kam.

    11
    • 1. Nach welchen Kriterien suchst du ein Buch generell aus?
      Entweder kenne ich den Autor oder ich habe im Radio einen Bericht darüber gehört oder meine Mutter, ehemalige Buchhändlerin, drückt es mir in die Hand und sagt lies! Oder meine beste Freundin, die sehr langsam liest, gibt mir einen Titel und sagt ich soll es lesen und schauen ob es gut ist. Oder ich google nach einem Sachthema und such anhand der Kritiken aus, welches Buch ich dazu lese.
      2. Liest du vertrauensvoll jede Veröffentlichung deiner Lieblingsautoren?
      Ja, bis sie irgendwann nicht mehr meine Lieblingsautoren sind.
      3. Welche Freunde dürfen dir Lesestoff empfehlen?
      Diejenigen, die halt Geschmack haben. Es gibt ja Leute, die was Bücher angeht, recht einfach gestrickt sind.
      4. Wie weit interessieren dich Buchbesprechungen?
      Wenn ich sie im Auto gerade auf Bayern 2 höre, dann schon, aber von selbst würde ich mich nicht damit befassen.
      5. Und wenn man einfach aus dem Bauch heraus kauft?
      Macht man ja oft. Habe da auch schon oft daneben gegriffen, aber auch schon Juwelen entdeckt.
      6. Wie wichtig ist der Titel?
      Da bin ich völlig leidenschaftslos. Genauso wie beim Film.
      7. Womit dich ein Cover begeistern?
      Ich finde die meisten modernen Cover total dumm. Ignoriere ich fast noch mehr als die Titel
      8. Wo und wann liest du am liebsten?
      Im Urlaub, wenn ich in 14-21 Tage Zeit habe, in einem Ferienhaus in schöner Landschaft bin, nicht so viele Ortswechsel, die Seele baumeln lassen kann und meine Lieben auch lesen.
      9. Liest du manchmal die ersten Seiten und dann gleich die letzten?
      Nie
      10. Liest du manche Bücher mehrmals?
      Früher nie. Aber seitdem mein Gedächtnis nachlässt, geht das wunderbar, denn es ist so, als würde ich das Buch zum ersten Mal lesen. Genauso ist es auch mit Filmen.
      11. Liest du, um mehr über das Leben zu lernen oder um es zu vergessen?
      Sowohl als auch. Einige Freunde sind der Meinung, ich wäre Anhängerin von Verschwörungstheorien, weil ich Bücher über Lebensmittelherstellung, die Pharmaindustrie und alternative Methoden der Krebsbehandlung lese. Ich finde, ich informiere mich halt. Und wenn ich einen Roman lese ist das ganz klar eher ein Aussteigen aus meinem Leben und der Realität.
      12. Identifizierst du dich eher mit makellosen oder fehlbaren Protagonisten?
      Makellose Protagonisten langweilen mich. Ich würde auch sagen, das ist ein Merkmal von fehlender Differenziertheit und Intelligenz des Autoren.
      13. Suchst du eine Darstellung der wirklichen Welt, oder flüchtest du in eine fiktive?
      Siehe 11.
      14. Welche Stilmerkmale zeichnen deine Lieblingsautoren aus?
      Schwarzer Humor, komplexe Geschichten, Ausgestaltung der Charaktere.
      15. Ist es dir wichtig, dass schmerzhafte Themen humorvoll abgehandelt werden?
      Es gefällt mir zumindest. Wenn der Humor fehlt, muss das Buch ansonsten halt hochwertig sein.
      16. Oder ist Ernsthaftigkeit unerlässlich?
      Manchmal gibt’s ja beides. Außerdem kommt es auf das Buch an. Aber tatsächlich sind „meine“ Romanautoren eher welche, die Situationskomik, Humor und Tragik kombinieren: Frank McCourt, John Irving, T.C. Boyle, Rohinton Mistry, Donald Ray Pollock, Oskar Maria Graf.
      17. Fallen dir abends nach ein paar Seiten die Augen zu? Oder liest du immer weiter, weil du die Zeit vergisst?
      Ich kann leider kaum im Bett lesen, weil genau das sofort passiert. Ich kann nur tagsüber lesen.
      18. Kannst du dich stets genau erinnern, an welcher Stelle du aufgehört hast zu lesen?
      Wenn ich innerhalb von einer Woche ein Buch lese, dann ja, aber oft liegen Bücher bei mir auch halb gelesen eine Weile herum, dann nicht.
      19. Müssen deine Bücher makellos aussehen, oder dürfen sie Gebrauchsspuren zeigen?
      Ich mache immer Eselsohren als Einmerker rein. Außerdem bin ich dabei auf Ebooks umzusteigen, aus Platzgründen. Da ist das kein Thema.
      20. Unterstreichen Sie manchmal Passagen in einem Buch?
      Ach, jetzt sind wir plötzlich per „Sie“? In Fachbüchern mache ich das.
      21. Kannst du dich daran erinnern, wann eine Lektüre dich zum letzten Mal wirklich überrascht hat?
      Nein

      14
      • 8 .5
        EudoraFletcher68 14.02.2018, 06:41 Geändert 01.12.2022, 22:31

        Der tragisch-komische Film besteht aus einem Sammelsurien seltsamer, sehr gut heraus gearbeiteter Figuren.
        Es beginnt mit dem Suizid des Haupt-Protagonisten, eines geistig behinderten jungen Mannes, TomTom (Jeremy Davies). Die Geschichte wird im Rückblick erzählt. TomTom verliebt sich unsterblich in Eloise (Milla Jovovich), die neben vielen anderen seltsamen Gestalten auch im Million Dollar Hotel, einer heruntergekommenen Absteige in LA, lebt.
        Man erfährt nach und nach, dass es um die Aufklärung eines (vermeintlichen?) Selbstmordes von Izzy, dem Sohn eines Medienmoguls, ebenfalls Bewohner des Million Dollar Hotels, geht. Es wird also versucht, ein Verbrechen in einem merkwürdigen Ambiente aufklären.
        Mel Gibson als Special Agent Skinner mit Halskrause zwischen den ganzen Hippies, Verrückten und anderen seltsamen Gestalten ist total komisch. Sie machen ihm das Leben ziemlich schwer. Jimmy Smits, (alias Nero Padilla SOA), als Großstadtindianer Geronimo hat mir auch recht gut gefallen. Überhaupt finde ich alle Schauspieler sehr überzeugend.
        Wie alle Wenders-Filme sollte man den in der OV ansehen, auch wenn der Ton nicht immer toll ist.
        Das Million Dollar Hotel gibt es (jedenfalls zum Zeitpunkt des Films) übrigens tatsächlich in Downtown LA, hat früher mal VIPs beherbergt und ist zur Absteige geworden. U2- Fans interessiert vielleicht, dass Idee zum Film und Musik von Bono stammen.
        Vielleicht ein bisschen in Richtung THE BIG LEBOWSKI, aber ohne Drogen und ohne den Haupt-Protagonisten so hochzustilisieren.

        13
        • 8

          Mir diese Dokumentation anzusehen, wäre mir im Traum nicht eingefallen, wäre sie nicht von Wim Wenders. Der japanische Regisseur Yasujirō Ozu sagte mir nichts. Inzwischen habe ich aber erfahren, dass einige MP-Freunde ihn schätzen.
          „Tokyo-Ga“ ist schon sehr speziell. Die Bilder sind, wie immer bei Wenders, eindrücklich. Seine Erzählung im Hintergrund fand ich sympathisch. Er sagt, es sei eine Art Filmtagebuch für ihn gewesen, also auch ziemlich persönlich. Man bekommt einen kleinen Eindruck einer fremden Welt, auch ein Gefühl für Tokyo in den 1980ern. Mir hat das gefallen, weil ich Japan so wahnsinnig merkwürdig finde und man einiges über die doch sehr anderen Angewohnheiten der Japaner (z.B. über Pachinko, ein seltsames Automatenspiel, Golf auf japanisch, Herstellung von Fake Food) erfährt. Insgesamt ist es sowohl eine Doku über Tokyo als auch über Yasujirō Ozu, was mir persönlich gut gefallen hat. Wenders Blick für Skurrilitäten schätze ich sehr.

          9
          • 4
            EudoraFletcher68 13.02.2018, 07:30 Geändert 29.06.2018, 22:02

            Der für mich mühsam anzusehende Film ist in sw und wurde auf Englisch und teilweise französisch gedreht. Letzteres eventuell weil einige französische Schauspieler dabei sind. Außer Friedrich Beauchau kannte ich keinen.
            Wenn man nichts vorher darüber gelesen hat, wundert man sich wahrscheinlich über die ersten 9 Minuten - sie sind wie aus einem alten billigen Science Fiction, mit entsprechender Musik, wie ein Stummfilm, dessen Handlung ich nicht verstanden habe. Dann erschließt sich einem die Anfangsszene. Allerdings hat man davon nicht viel. Hier habe ich zum ersten Mal auf Pause geduckt und im Internet ein bisschen rum gelesen, worum es überhaupt geht.
            Ich mag grundsätzlich Wenders, aber „der Stand der Dinge“, der ein bisschen so aufgezogen ist, als würde man eine Gruppe von Leuten eine Weile begleiten, hat mir gar nicht gefallen. Ich konnte selbst beim besten Willen keine nennenswerte Handlung entdecken und hatte auch nicht den Eindruck, dass sich zwischen den Protagonisten etwas Interessantes abspielt. Gut, zwischendurch gibt es ein paar Momente, in denen ich ein gewisses Interesse aufbringen konnte, zB in Minute 53, als ein überdrehter Schauspieler eine Geschichte aus seinem Leben erzählt, aber das langt halt nicht.... Auch der Hauptdrehort, ein verlassenes halbfertiges Hotel am Meer, ist interessant, aber auch das genügt mir nicht.
            Im Internet kann man nachlesen, dass Wenders in dem Film seine Erfahrungen mit Coppola bei den Dreharbeiten zu "Hammett" verarbeitet. Das macht ihn für mich vielleicht gedanklich interessanter, aber nicht besser anzuschauen. Außerdem soll "der Stand der Dinge" zahlreiche Bezüge zu anderen Filmen und Filmschaffenden enthält. Das ist für Leute interessant, die diese Filme und Personen wieder erkennen. Ich habe die Bezüge nicht erkannt. Außerdem soll sich angeblich intensiv die innere Dramatik der Figuren vermitteln. Mir hat sich diese leider genau nicht vermittelt. Ich habe sie geradezu herbei gesehnt, denn dann hätte mir der Film sicher gefallen.
            Auch wenn „der Stand der Dinge“ bestimmt gut durchdacht und mit Liebe zum Detail gemacht , so richtet er sich doch an ein sehr spezielles, kleines Publikum, zu dem ich nicht zähle.

            8
            • 7
              über Hammett

              Der 1. Hollywood-Film von Wenders unter Produktion von Francis Ford Coppula. Es scheint eine schwierige Zusammenarbeit gewesen zu sein, mit verschiedenen Drehbuchautoren und vielen Änderungswünschen. Gelesen habe ich, dass der für mich recht mühsam anzusehende „der Stand der Dinge“ Wenders filmische Bearbeitung der Produktion von „Hammett“ war. Wäre „Hammett“ nicht von Wenders hätte ich ihn mir wahrscheinlich nicht angeschaut, auch wenn mir das Setting San Francisco (plus Chinatown) der 1920er schon zusagt. Aber das Thema wär jetzt keins, das mich hinter dem Ofen hervorlocken würde. Insgesamt ist „Hammett“ gar nicht übel, wenn man auf Symbolik, Träume und Referenzen an ältere Detektivfilme steht, oder auch vielleicht wenn man die Buchvorlage kennt. Der Film hat außerdem ein bisschen was groschenromanheftartiges an sich. Wenn man das mag, ist das vielleicht sogar eine Perle? Die Schauspieler waren mir unvertraut, haben aber soweit gut gespielt. Es gibt ein paar Traum-Sequenzen, die fand ich richtig gut, im Stil von „Paris, Texas“. Je weiter der Film fortschreitet, desto besser hat er mir gefallen, auch wenn ich die Handlung nicht so ganz verstanden habe.

              10
              • 9
                EudoraFletcher68 12.02.2018, 06:24 Geändert 29.06.2018, 22:03

                Gleich zu Beginn sieht man tolle Gesteinsformationen und einen einsamen Reiter durch die Landschaft galoppieren. Wenders hat einfach den Blick für stimmungsvolle (Landschafts-)Aufnahmen. Dann gelangt man zu einem Filmset mitten in der Wüste. Der Schauspieler Howard (Sam Shepard, der auch das Drehbuch geschrieben hat, ein gute Kombination mit Wenders finde ich. Auch für Paris, Texas hat er das Drehbuch geschrieben) wird vermisst.

                ANFANG HANDLUNGSSPOILER
                Er ist es, der begleitet von (Country-)Musik durch die Wüste reitet, als wäre er auf der Flucht. Ist er anscheinend auch, die Leute vom Film suchen ihn jedenfalls erfolglos. Er versteckt sich bei seiner Mutter, die er 30 Jahre nicht gesehen hatte. Das hat natürlich schönes Konfliktpotential. Außerdem erfährt er, dass er ein Kind hat, von dem er nichts wusste. Parallel dazu gibt es eine junge Frau, die mit der Urne ihrer Mutter spazieren fährt. Nach und nach erfährt man mehr über Howards Vorgeschichte und die Erzählstränge kommen zusammen.
                ENDE HANDLUNGSSPOILER

                Die Farben und die Bilder sind genial, die Schauspieler toll, es gibt Situationskomik und humorvolle Dialoge. Die Geschichte gefällt mir. Verstehe gar nicht, warum der Film so wenig Resonanz gefunden hat.

                16
                • 8 .5

                  Einfühlsame Milieustudie ohne erhobenen Zeigefinger. Einer der Wenders-Filme, die man sich gut ansehen kann, ohne sich zwischendurch zu fragen: was will mir der Regisseur eigentlich sagen? Oder zu denken: schöne Aufnahmen, aber puh ist das anstrengend, wie lange geht das noch? Nein es handelt sich um einen in englischer Sprache gedrehten Spielfilm mit nachvollziehbarer Handlung, nachvollziehbaren Charakteren und schlüssigen Dialogen. Fans von „the Wire“ dürften sich freuen, Wendell Pierce, alias „the Bunk“ wieder zu sehen, ein hervorragender Schauspieler, wie ich finde. Burt Young („Rocky“, „letzte Ausfahrt Brooklyn") taucht in einer Nebenrolle.
                  Ein traumatisierter und vermutlich paranoider Vietnamkriegsveteran trifft seiner Nichte, eine junge Idealistin, die ehrenamtlich in einer Obdachlosen-einrichtung in LA arbeitet und gerade aus dem Nahen Osten zurückgekommen ist.
                  Beachtlich finde ich auch, dass der Film mit einem Budget von € 500.000 gedreht wurde! Ich habe außerdem gelesen, dass es im Film wenige Komparsen gibt und die Stadtteile von LA mit ihrem Dreck und ihrer Armut authentisch sind. Für mich macht das auch die Qualität des Films aus. Wer sich für US-amerikanische Subkulturen in LA interessiert, wird mit diesem Film vermutlich etwas anfangen können.

                  10
                  • 10
                    EudoraFletcher68 11.02.2018, 07:10 Geändert 12.02.2018, 08:10

                    Doku über einen wunderbaren brasilianischen Fotografen, der sich für seine fantastischen Fotos buchstäblich bis ans Ende der Welt begeben hat. Gleich zu Beginn sieht man beeindruckende Fotos von einem riesigen Loch, in dem emsig nach Gold gesucht wird. Man erfährt die sehr interessante Geschichte dazu, wer hier eigentlich gräbt und wie das alles vor sich geht. Neben bewegten Bildern, die Salgados begleiten sieht man eine Auswahl der Fotos und hört entweder Salgado oder Wenders Kommentare dazu.
                    Salgado wuchs in Brasilien auf einer Farm auf. Sein Vater nötigte den lernunwilligen Sohn zu einem Studium der Wirtschaftswissenschaften. Nach Abschluss des Studiums bekam er eine Anstellung bei der Weltbank, die ihm aber nichts gab. Er entdeckte das Fotografieren für sich und gab alle Sicherheit auf, seine Frau war gerade mit dem Sohn schwanger, der dann zusammen mit Wenders diese Doku gemacht hat.
                    Seine Fotos sind immer auch politisch oder zumindest sozial engagiert. In den 1980ern begleitete er Ärzte ohne Grenzen in Gebiete mit Hungersnöten. Die entstandenen Fotos sind grausam anzusehen und haben mich tief berührt. Besonders in Kombination mit seinen Worten. Ein anderes Projekt, "Workers", eine Art Archäologie des Industriezeitalters, ist ebenfalls beeindruckend. 1993-1999 machte er eine Fotoreihe über Flüchtlinge, "Exodus". Heute noch genauso aktuell wie damals. Sollten sich alle ansehen, die sich über die vielen Flüchtlinge beschweren, die zu uns kommen. Salgado kehrte nach dieser Reportage zerstört zurück nach Brasilien auf die Farm seiner Eltern und forstete dort erfolgreich den abgeholzten Regenwald auf. Das nächste große Projekt war „Genesis“, Naturaufnahmen von unglaublicher Schönheit.
                    Wenders begleitete Salgado auf eine Reise, um Walrösser zu fotografieren. Dabei kommt ihnen ein Eisbär in die Quere. Man bekommt einen guten Eindruck davon, wie strapaziös Salgados fotografische Reisen gewesen sein müssen.
                    Der Film hat mir Salgados als Menschen aber auch seine Fotos nochmal näher gebracht. Man erfährt, was ihn angetrieben hat und was er bei seinen Reisen erlebt hat. Tolle Doku!

                    16
                    • 9 .5
                      EudoraFletcher68 11.02.2018, 07:06 Geändert 07.08.2020, 22:23

                      Nachdem ich nun meine Woody Allen-Studien beendet habe, kommt der nächste Meister dran: Wim Wenders interessiert mich, weil er einer der wenigen großen deutschen Regisseure ist, der seit dem 1960er Jahren unermüdlich Filme macht und großen Einfluss auf andere Regisseure, die ich sehr schätze, wie zb Jarmusch und Tarantino hatte. Viele seiner Filme machen es einem den ersten Blick nicht gerade leicht, sie zu mögen, aber wenn man sich ein bisschen Mühe gibt (in meinem Fall sah das so aus, dass ich mich zum Teil eingelesen habe und zum anderen Teil schlicht meine Ungeduld ausgehalten und darauf vertraut habe, dass das Gesamterlebnis schon sehenswert sein wird), wird man oft mit richtig guten Filmen belohnt und bekommt vor allem Originale zu sehen. Außerdem hat Wenders für meinen Geschmack ein Auge für Bilder wie wenig andere Filmemacher. Ich schätze an ihm sein gutes Gespür für Atmosphäre und seine Begabung für Charakterstudien, doch seine Filme sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack.
                      Wer bereit ist, sich auf sein langsames Tempo einzulassen, wird bei „Paris, Texas“ mit einer schlüssigen Geschichte, guten Schauspielern und einem zwar leisen, aber dennoch intensiven, sehr gefühlvollen Film belohnt, über die Beziehungen zwischen zwei Brüdern, einem Kind und seinen Eltern, seinen Pflegeeltern und der verlorenen Liebe, in dem es manchmal auch ziemlich komisch zugeht.
                      Anfangs weiß man nicht, ob vielleicht eine Komödie daraus wird, die Farben und die Bilder sind recht grell, die Situation absurd:

                      HANDLUNGSSPOILER ANFANG
                      Ein Mann, Walt, bekommt einen Anruf und erfährt, dass sein seit vier Jahren vermisster Bruder Travis (Harry Dean Stanton) durcheinander und desorientiert in der Wüste von Texas aufgetaucht ist und er ihn abholen kommen soll. Er macht sich auf den Weg und findet einen verwahrlosten und vor allem sprachlosen Mann, der ihn nicht zu erkennen scheint und abhaut, sobald er ihn kurz unbeaufsichtigt lässt. Er will mit ihm zurück nach LA fliegen, aber Travis will nicht und zwingt ihn, die ganze Strecke zu fahren. Er wirkt fast ein bisschen autistisch. Im Lauf der Zeit beginnt Travis langsam zu sprechen und scheint sich auch wieder zu erinnern. Man ahnt, dass er aus Schamgefühlen nicht darüber sprechen will, was damals passiert ist. Jedenfalls erfährt man, dass er einen mittlerweile achtjährigen Sohn, Hunter, hat, der nun bei Walt und dessen Frau Anne aufwächst. Die Exfrau und Mutter (Nastassja Kinski in noch ganz jung!!!) des Jungen ist ebenfalls verschwunden. Der größte Teil des Films beschäftigt sich mit der Beziehungsaufnahme zwischen dem zurück gekehrten Vater und dem Jungen und der Frage, was eigentlich damals vor vier Jahren passiert ist und dem Wiederfinden der Mutter. Man erfährt erst ziemlich am Ende des Films was die Familie zerstört hatte.
                      ENDE HANDLUNGSSPOILER

                      „Paris, Texas“ kann man nicht nebenbei ansehen, da er von seinen Bildern und der Stimmung lebt. Die Schauspieler sind ausgezeichnet, die Dialoge zumindest in der OV auch.

                      13
                      • 7
                        EudoraFletcher68 10.02.2018, 06:15 Geändert 21.05.2022, 18:15

                        Erster Film nach einem Drehbuch von Woody Allen und zugleich auch sein Debut als Schauspieler. Gleich in den ersten Minuten erkennt man Woody Allens Handschrift. Es beginnt mit dem voyeuristischen und übergriffigen deutschen Psychoanalytiker Fassbender (Ich könnte mir vorstellen, es handelt sich um Jacques Lacan, allerdings war der ja Franzose). Warum die Deutschen in der Synchro einen Russen aus ihm gemacht haben, lässt sich für mich nur durch das Bedürfnis erklären, dass so ein schmieriger und übergriffiger Therapeut mit einer Wallküre als Ehefrau nicht Deutsch sein sollte - peinlich geradezu. Ein weiterer Grund für die OV.

                        Fassbender hat jedenfalls einen Patienten Michael (Peter O´Toole), der aus heutiger Sicht als sexsüchtiger Frauenverführer zu beschreiben wäre. Ein bisschen erinnert er an Hank Moody aus CALIFORNICATION. Er versucht mehr oder weniger erfolglos, seiner Freundin Carole (Romy Schneider!!), die ihn heiraten möchte, treu zu sein, während er fast aus Versehen seinem Freund Victor (Woody Allen) die Freundin ausspannt. Carole beschließt, Michael mit Victor eifersüchtig zu machen. Die Szenen aus der Gruppentherapie fand ich lustig, auch wenn sie kaum Realitätsgehalt haben, atmosphärisch wurde für mich aber nachvollziehbar, warum Allen das so darstellt.

                        Neben dem schlüssig gezeichneten Michael wird auch wie nebenbei eine Frau mit Borderline-Persönlichkeitsstörung pointiert (Zu einer Zeit in der man vom Konzept der Borderline-Störung noch wenig gehört hatte). Die Figuren, besonders der Analytiker, sind teilweise so fies überzeichnet, dass ich mich fragte, ob da wohl persönliche Wut mit ihm Spiel war.

                        Eine Szene an den Ufern der Seine scheint mir exakt derselbe Drehort zu sein, wie am Ende von ALLE SAGEN, I LOVE YOU 31 Jahre später. So viele Gespräche über Sex und Untreue waren in dieser Zeit im prüden Amerika wahrscheinlich recht ungewöhnlich.

                        https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/woody-allen-ranking/

                        11
                        • 7
                          EudoraFletcher68 10.02.2018, 06:04 Geändert 25.07.2022, 22:21

                          Sie zu ihm: "We are going to have a baby! That´s my present for Christmas!"
                          Er (nicht so ganz erfreut): "All I needed was a tie."

                          Laut wikipedia handelt es sich um die erste Mockumentary der Spielfilmgeschichte. Ob das tatsächlich so ist, weiß ich nicht, aber es würde zu meinem Bild passen. Jedenfalls handelt es sich um einen seiner ersten Filme und er ist in der damaligen Zeit sicherlich innovativ.

                          TAKE THE MONEY AND RUN enthält Referenzen zu anderen Filmen und aktuellen Strömungen, die meisten davon habe ich wahrscheinlich gar nicht wahrgenommen, weil ich in dieser Zeit 1 Jahr alt war und kein Nerd bin. Die Referenzen, die ich jedoch mitbekommen habe, haben mir gefallen, z.B. zu den Marx Brothers und zum Rohrschachtest. Es geht um die Biographie und Entwicklung des Kriminellen Virgil (Woody Allen). Allen spielt noch nicht den typischen Neurotiker, der mit sich und seinen Beziehungen nicht klar kommt sondern eben einen erfolglosen Kriminellen. Der Film hat einen hohen Slapstickanteil den ich nur zum Teil lustig fand.

                          https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/woody-allen-ranking/

                          10
                          • 8
                            EudoraFletcher68 09.02.2018, 06:57 Geändert 29.06.2018, 22:05

                            Ich steh eigentlich überhaupt nicht auf Familienserien. Gut die „Gilmore Girls“ habe ich mir auf Empfehlung einer Freundin angeschaut, und hatte meine Schwierigkeiten damit. Ich habe mir "Big Love" besorgt, weil ich mir dachte, aha, Polygamie, könnte ja ganz interessant sein. Hab dann auch gleich mal gegoogelt, wie die Situation in Deutschland ist, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass man hier Leute so fertig machen und strafrechtlich verfolgen würde, wenn sie mit mehreren Partnern und vielen Kindern zusammen leben. Dann fielen mir diese gruseligen amerikanischen fanatisch-christlichen Splittergruppen ein und ich dachte, ich schau mal rein.
                            Zur Story: Es dreht sich um eine Familie bestehend aus Bill, seinen drei Frauen Barb, Nicolette und Margine und deren Kinder, ich glaube es sind insgesamt 7. Man erfährt im Lauf der 1. Staffel, dass Bill, der den amerikanischen Traum wahrgemacht und sich sozusagen vom Tellerwäscher zum Besitzer mehrerer Baumärkte hoch gearbeitet hat, aus einer dieser schrecklichen Fanatiker-Gemeinden stammt, in der die Kinder nicht in die Schule gehen dürfen und die jungen Mädchen an alte Männer vercheckt werden. Da seine 2. Frau Nicolette die Tochter des sog. „Propheten“ der Gemeinde ist und er wohl bei demselben Schulden gemacht hatte, kann er sich von seinen Leuten nicht lösen und es kommt zu allerlei Verwicklungen. Das ist ein Erzählstrang. Dann erlebt man, wie die Familie sich mit der Situation innerhalb der Familie arrangiert, wann wie wer mit wem und wie mit negativen Gefühlen wie Eifersucht, Neid, Scham und Schuld umgegangen wird, nämlich am liebsten mit Verleugnung und Agieren. Und die 3. Ebene handelt davon, dass die Familie sich nach außen hin verstecken muss, da Polygamie in den USA strafbar ist und man (zu Recht vermutlich) Angst vor gesellschaftlicher Ächtung hat.
                            Für mich hatte die Geschichte durchaus hohen Unterhaltungswert und ich habe die komplette Serie gerne angesehen. Was mich allerdings unzufrieden machte, war dass es teilweise nicht ganz klar wird, was in der Tiefe mit den einzelnen Protagonisten eigentlich los ist.

                            Spoiler in diesem Absatz: Bills 2. Frau Nicolette ist manipulativ und lügt. Man kann versteht, dass sie auf Grund ihrer Herkunft Schaden genommen hat, aber sie wird so dargestellt, als hätte sie nichts anderes im Sinn, ihren Mann und ihre beiden Mitfrauen zu schädigen. So wird sie zur fiesen Unsympathin, was schade ist, denn es wäre nicht so schwer gewesen, ihren Charakter etwas mehr zu erklären und sie etwas mehr zu differenzieren. Auch das Drehbuch hat da einige Mängel. Es kommt bspwse irgendwann auf, dass sie 60.000 $ Schulden gemacht hat. Zuerst ist das ein Riesendrama, dann wird plötzlich gar nicht mehr darüber gesprochen. So als hätten die Autoren einen Handlungsstrang einfach vergessen. Der „Prophet“ ist ein zu überzeichneter Bösewicht, man erfährt nichts von seinen inneren Konflikten. Das gefällt mir nicht so gut. Aber solche Sachen kommen in Serien öfter vor.

                            Alles in allem bietet die Serie eine gute Unterhaltung mit Spannung und kommt weitgehend ohne Gewalt aus.

                            9
                            • 7 .5
                              EudoraFletcher68 09.02.2018, 06:48 Geändert 31.10.2019, 23:31
                              über Luck

                              Schade, nur eine Staffel! Da hatte man sich geraden an die Charaktere gewöhnt..... Auf ein abruptes Ende ohne Schluss sollte man sich halt einstellen.
                              Ansonsten ist HBO immer gut! Sonst hätte ich mir „Luck“ gar nicht erst angeschaut - ich bin weder ein Wett- noch ein Pferdefan. Aber Dustin Hoffman mag ich sehr. Es geht einerseits um Chester (Hoffman), der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. Er ist ein Betrüger im großen Stil und versucht mit seinem Kumpel Gus (Dennis Farina) zu Geld zu kommen, indem er ein viel versprechendes Rennpferd erwirbt. Das gestaltet sich aber etwas kompliziert, weil er eine Bewährungsauflage hat, die ihm solche Geschäfte verbietet. Dann geht es andererseits um den Rennstall und alle, die dort arbeiten: Trainer, Tierarzt, Jockeys, etc. Das fand ich sehr interessant, ich hatte den Eindruck, einen Einblick in eine mir fremde Welt zu bekommen. Plötzlich fand ich Pferdewetten gar nicht mehr so uninteressant. Wenn eine Serie so etwas schafft, muss sie gut sein, finde ich.
                              Außerdem sind die Schauspieler erste Klasse, Dramaturgie und Dialoge sehr gut. Ich finde an „Luck“ nichts auszusetzen, außer dass sie nach der ersten Staffel angesetzt wurde.

                              9
                              • 6 .5
                                EudoraFletcher68 08.02.2018, 06:39 Geändert 07.01.2022, 21:17

                                Einer der wenigen Filme in denen Woody Allen mitspielt, aber nicht Regie führt. Kiefer Sutherland als fieser Polizist Bobo sagt mir hier viel mehr zusagt, als in „24“. Es geht einerseits um den Metzger Tex (Woody Allen), der seine nymphomane Frau (Sharon Stone) zerstückelt hat, andererseits um ein Hand, die er auf dem Weg nach New Mexiko, wo er die Stücke vergraben hat, verlor. Eine blinde Mexikanerin findet die Hand und kann plötzlich wieder sehen. Die Hand wird zur Reliquie erklärt und es geschehen alle möglichen Wunder. Immer mehr Leute pilgern zu der Hand und Tex versucht sie zurück zu bekommen. Freunde von Cheech & Chong werden sich freuen, Cheech als Bürgermeister Machado zu sehen. Lustiger Klamauk ohne Anspruch.

                                https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/woody-allen-ranking/

                                14
                                • 6
                                  EudoraFletcher68 08.02.2018, 06:38 Geändert 29.06.2018, 22:06

                                  Mittelprächtige Woody Allen Filme finde ich immer noch besser, als viele andere Filme. Es geht in „Ich seh den Mann deiner Träume“ im Wesentlichen darum, dass alle Protagonisten sich mit ihren persönlichen Schwierigkeiten nicht konstruktiv auseinander setzen können oder wollen, sondern ihnen ausweichen und nach einfachen Wegen im Außen suchen, die alle ihren Preis haben. Das Thema finde ich an sich ganz gut gewählt, denn mir kommt es so vor, als wären wir in einem Zeitalter, in dem die meisten Menschen versuchen ihre Gefühle über mehr oder weniger sinnvolles Handeln zu regulieren, anstatt diese zu etragen (Schönheitsoperationen, Geschlechtsumwandlungen schon bei Kindern, Ritalin, Medikamente statt gesunde Lebensführung usw.). Die Umsetzung finde ich allerdings nur so lala.

                                  ANFANG HANDLUNGSSPOILER
                                  Ein älterer Mann (Anthony Hopkins), der mit seinem Alter nicht klar kommt, verlässt seine Frau Helena (Gemma Jones), um eine halb so alte Prostituierte (Lucy Punch) zu heiraten. Diese Entscheidung hat erwartungsgemäß Konsequenzen. Die verlassene Ehefrau sucht eine Wahrsagerin auf, die ihr Leben zu bestimmen beginnt. Tochter Sally hat chronische Geld- und Eheprobleme. Ihr Mann Roy (Josh Brolin) ist blockierter Schriftsteller und versucht seine Probleme zu lösen, indem er sich in eine andere Frau verliebt und ein fremdes Manuskript stiehlt. Sally verliebt sich ebenfalls in einen anderen Mann (Antonio Banderas).
                                  ENDE HANDLUNGSSPOILER

                                  Das Ende ist unbefriedigend.

                                  11
                                  • 7
                                    über Fleabag

                                    Solide gemachte 1. Staffel einer Amazon-Serie in OV in schönem britischen Englisch über eine moderne Frau fast ohne Hemmungen (die einzige Hemmung, die sie hat, ist ihre Schwester um Geld anzupumpen). So wie Kevin Spacey alias Frank Underwood in „House of cards“ spricht die ca. 30 jährige Fleabag (Phoebe Wallet-Bridge) aus London immer wieder den Zuschauer an und erzählt, wie es ihr geht. Klingt erstmal nicht besonders aufregend. Ist aber durchaus sehenswert, weil sehr extrem. Es beginnt mit einer Anal-Sexgeschichte mit hohem Fremdschämanteil. Ich frage mich allerdings so langsam, wo das alles noch hinführen soll. In den letzten Jahren kommt es mir so vor, als ob Beziehungsdramaserien über den modernen Großstädter sich immer mehr darin übertreffen würden, intimste, krass beschämende sexuelle und emotionale Details der Protagonisten darzustellen (wie in „Girls“, „Californication“, „Queer as Folk“).... In gewisser Weise hat das was, als Voyeur daheim auf dem sicheren Sofa zu sitzen und den Leuten bei ihren kranken Eskapaden zuzusehen. Wenn die Schauspieler gut sind, die Story stimmt und die Dialoge witzig, dann kann ich damit durchaus etwas anfangen. Und „Fleabag“ hat das alles, insoweit hat es mir gefallen, aber es erfindet halt auch das Rad nicht neu: man nimmt Teil am Leben einer attraktiven, promiskuitiven, desorientierten und rücksichtslosen junge Frau. Ich bin allerdings mit keinem der Charaktere so richtig warm geworden. Werde mir aber die 2. Staffel, die 2019 raus kommen soll sicherlich ansehen.

                                    11
                                    • 6
                                      EudoraFletcher68 07.02.2018, 07:19 Geändert 07.02.2018, 08:47

                                      Ja ist ganz witzig. Britisch schwarzhumorig. Gute Schauspieler, in der OV auch gute Dialoge. Schön, schön. Aber mir ist völlig unklar, was daran jetzt so der wahnsinnige Brüller sein soll. Die beiden Charaktere sind stark überzeichnete Jugendliche, die es so nicht gibt. Kann ich mit leben. Dass man auch mal zwischendurch die Gedanken der beiden hört, ist ganz nett, aber es ist ja nicht so, dass man die dauernd hören würde. Dann würd´s mich mehr interessieren, aber das wäre sicherlich schwierig in der Darstellung. Außerdem gibt´s das auch schon bei Woody Allen in "Annie Hall" (1977). Gut, gefallen hat mir auch, dass die beiden wenig attraktive Außenseiter sind. Und die Geschichte ist natürlich unterhaltsam und alles. Aber warum wird darum so eine Riesenaufregung gemacht, als wär das jetzt die ultimative und tollste Sache der Welt. Skurrile Gestalten gibt´s doch schon öfter mal, auch dass Außenseiter zu Hauptprotagonisten gemacht werden, ist nicht neu. Vielleicht fehlt mir da einfach der Sinn.
                                      Es fehlen zur Komplettierung meiner Woody Allen-Film-Kommentare noch zwei. Die Filme dazu muss ich aber erst noch sichten, von daher poste ich dann zwischendurch mal was anderes.

                                      11
                                      • 7
                                        EudoraFletcher68 06.02.2018, 06:50 Geändert 07.01.2022, 21:13

                                        Liebeskomödie mit Woody Allen und John Turturro als Hauptprotagonisten. Murray (Woody Allen) muss seine New Yorker Buchhandlung schließen. Damit ist auch sein Angestellter Fioravante (John Turturro, „O brother, where art though?“, „Barton Fink“, „Miller's Crossing“ und Monks Bruder Ambrose) seinen Job bei ihm los. Als seine Hautärztin (Sharon Stone) Murray nach einem geeigneten Kandidaten für einen Seitensprung fragt, kommt ihm eine neue Geschäftsidee: Zuhälter für Fioravante, der mit 40+ nicht gerade dem Idealbild eines Callboys entspricht. Er ist erst einmal wenig angetan von der Idee, aber seine prekäre Lage und die Überzeugungskraft von Murray ändern seine Meinung.
                                        Mir kommt es so vor, als hätte John Turturro Woody Allen den Film auf den Leib geschrieben. Das Ambiente (New York plus jüdische Szene), die Musik, die Charaktere, sogar die Dialoge könnten vom Meister selbst stammen: als Murray Fioravante zu überzeugen versucht, sagt dieser zu ihm, „You are a sick man. You need help.”, darauf seine Antwort "I go for help, twice a week." Außerdem sagt er noch andere schöne Dinge, um Fioravante zu überzeugen, wie zB „You're disgusting in a very positive way.“
                                        Fioravantes Einstieg in das neue Business ist etwas unbeholfen, aber dann zeigt sich rasch eine natürliche Begabung, die Murray in ihm gesehen hatte. Eine Weile läuft alles recht gut. Irgendwann ist dann eine Frau dabei, die ihm mehr bedeutet, allerdings ist diese unerreichbar. Das bringt alle Beteiligten in Schwierigkeiten.
                                        Achtung „Ray Donovan“-Fans: Liev Schreiber spielt hier einen jüdischen Ordnungshüter mit Locke - witzig!

                                        https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/woody-allen-ranking/

                                        14
                                        • 6 .5
                                          EudoraFletcher68 06.02.2018, 06:48 Geändert 07.01.2022, 21:21

                                          Einer der wenigen Filme, in denen Woody Allen mitspielt, aber weder das Drehbuch geschrieben noch Regie geführt hat. "Scenes from a Mall" passt aber sehr gut zu ihm. Der Regisseur Paul Mazursky sagt mir nichts. Es geht um eine Ehekrise anlässlich des 16. Hochzeitstags. Das Geschehen findet großteils in einer dieser unsäglichen amerikanischen Shoppingmalls statt. Die Frau, Debora (Bette Middler, „der Club der Teufelinnen“), ist Paartherapeutin und hat gerade ein Buch über harmonische Beziehungen veröffentlicht. Der Mann, Nick (Woody Allen) beschließt, ihr genau jetzt eine Affäre zu offenbaren. Es kommt zu schön-absurden Szenen in der Mall. Immer wieder telefoniert Debora mit einer Patientin, die anscheinend auch in einer Krise steckt. Mir hat der Film recht gut gefallen, da schön aus dem Leben gegriffen und die Situationskomik fand ich auch gelungen. Allerdings habe ich ihn mir nur aufgrund meiner Woody Allen Studien angesehen.

                                          https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/woody-allen-ranking/

                                          11
                                          • 5

                                            Harmlose Komödie an der Cote d´Azur in den 1920ern. Der nüchterne Magier Stanley (Colin Firth) soll die (vermeintliche?) Hochstaplerin Sophie (Emma Stone, „Zombieland“) entlarven. Diese behauptet, mit den Seelen der Verstorbenen sprechen zu können und hat damit das Vertrauen einer wohlhabenden Familie gewonnen. Da es Stanley nicht gelingt, sie zu entlarven, beginnt er an ihre Echtheit zu glauben. Es kommt zu Verwicklungen und Verliebtheiten. Insgesamt konnte ich mit dem Film nicht so sehr viel anfangen. Zaubertricks und Magier sind eh nicht so mein Ding, gab es schon in früheren Filmen („New York Stories“, „Scoop“, „Ich seh den Mann deiner Träume“).

                                            11
                                            • 7
                                              EudoraFletcher68 05.02.2018, 07:48 Geändert 07.01.2022, 21:19

                                              Ein Woody Allen-Musical. Es beginnt mit einer reichen New Yorker Familie über mehrere Generationen und Stiefangehörigen mit diametral entgegen gesetzten politischen Einstellungen. Eine jugendliche Tochter stellt die Protagonisten vor und führt den Zuschauer durch die diversen Beziehungsmuster. Ich habe den Film nur in Synchro zu sehen bekommen und dachte anfangs oh nein! Das wird bestimmt schrecklich, aber dann fand ich´s gar nicht so übel. Die Schauspieler sind gut, wie meistens in seinen Filmen, ich habe mich gefreut über Goldie Hahn, Drew Barrymore und Alan Alda. Julia Roberts mag ich eigentlich nicht, aber das liegt hauptsächlich daran, dass sie in unwahrscheinlich blöden Filmen mitspielt, hier ist sie gut eingesetzt. Die Lebensweisheiten, die Vater Joe (Woody Allen) seiner Tochter Julia mitgibt, fand ich gelungen: Er empfiehlt ihr im Zweifelsfall immer der Verlassende zu sein, und nicht die Verlassene, da das Verlassenwerden um so vieles schrecklicher ist als zu verlassen. Der Verlassende hätte höchstens Gefühle der Überlebensschuld (kleiner Bezug zu den jüdischen KZ-Überlebenden) zu bewältigen. Man bekommt verschiedene pathologische Beziehungsstile vorgeführt, die so auch im realen Leben vorkommen. Das kann man mögen oder nicht. Ich fand sie schlüssig dargestellt und schätze Woody Allen für den genauen Blick, den er für Neurosen und Persönlichkeitsstörungen hat und wie er diese gekonnt in Szene setzt.

                                              https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/woody-allen-ranking/

                                              12
                                              • 8
                                                EudoraFletcher68 04.02.2018, 08:49 Geändert 28.01.2022, 21:33

                                                Die britische Kommissarin Gibson (Gillian Anderson alias Scully aus den X-Files) wird nach Belfast beordert, um eine Reihe von Morden aufzuklären. Das klingt erstmal nach schon öfter gesehen und ich persönlich kann eigentlich mit (englischen) Serienmörder-Verfolgungs-Serien nicht so viel anfangen. Aber THE FALL hat einige Elemente, die die Serie zu etwas Besonderem machen.

                                                Man weiß von Anfang an, wer der Täter ist und man kann auch erwarten, dass er geschnappt wird. Es geht also nicht so sehr darum, ihn zu entdecken, sondern mehr um die Persönlichkeiten von Täter und Kommissarin und die Beziehungen Täter-Kommissarin, Täter-Oper, Täter-soziales Umfeld, Kommissarin-Kollegen/Vorgesetzte. Gibson ist eine sehr selbstsichere und attraktive Frau, die sich an ihren Kollegen sexuell bedient und damit bei ihren männlichen Kollegen aneckt.

                                                Das fand ich ungewöhnlich. In der ersten Folge gibt es eine Situation, in der sie mit einem attraktiven Kerl im Bett ist (sehr speziell auch, wie sie ihn zu sich eingeladen hat, das werde ich sicher nicht so bald vergessen). Ich empfand die sexuell aufgeladene Atmosphäre ausgezeichnet dargestellt und anregend. Es ist ganz klar, wer da wen vögelt.

                                                Zwischendrin sieht man immer wieder das gleichzeitige Geschehen des Serienmörders mit einem Opfer. Diese Bilder unterbrechen auf unangenehme Art den sexuellen Akt der Kommissarin. Ich finde das dramaturgisch ausgezeichnet!

                                                Im Lauf der Zeit irritierte mich allerdings der Kleidungsstil (enge Röcke und Stöckelschuhe) der Kommissarin. Ich kann mir einfach keinen anderen Grund vorstellen, warum sich irgendeine Frau im engen Röckchen und mit hochhackigen Schuhen kleidet, außer um Männern besser zu gefallen. Ansonsten ist diese Art von Kleidung hauptsächlich unbequem und unpraktisch und teilweise recht schmerzhaft (Schuhe). Gibson hat es eigentlich nicht nötig, sich noch attraktiver zu machen und mir kam das wie ein Widerspruch zu ihrer sonstigen emanzipierten Art vor.

                                                Die parallele Darstellung des Lebens und der Persönlichkeit des Täters Paul (Jamie Dornan) ist interessant und ich wollte mehr wissen. Er hat Frau und Kinder, ist ein guter Papa und arbeitet als eine Art Psychotherapeut (das Berufsbild ist mir so ein bisschen unklar). Seine fünfjährige Tochter, die er in Kleinigkeiten in seine Handlungen einbezieht, indem er bspwse Beweismaterial in ihrem Zimmer versteckt, ahnt intuitiv, was er da macht und ist voller Panik. Sehr schön dargestellt ist, wie sie sich gegenüber ihrer Mutter nicht verständlich machen kann und unter dem Konflikt, dass sie ihren Papa ja auch lieb hat, total leidet. Ein weiterer Handlungsstrang ist, dass Paul sich mit der Babysitterin, die in ihn verliebt ist, verwickelt. Am Ende der 2. Staffel bleibt die Frage nach Pauls tieferer Motivation offen.

                                                Gibson verwendet zur Aufklärung des Falls auch ihre Träume und viel intuitives Material, was ich eine gute Idee fand. Sie versteht, dass zu ihrer Arbeit nicht nur Denken und Logik sondern auch eine emotionale, tiefere Verbindung zum Täter notwendig ist. Diese Verbindung zwischen dem Täter, der offensichtlich ein Problem mit beruflich erfolgreichen, selbstbewussten Frauen hat, und der Kommissarin, die genau seinem Feindbild entspricht, finde ich spannend und ich freue mich auf die 3. Staffel.

                                                8
                                                • 6
                                                  EudoraFletcher68 04.02.2018, 06:59 Geändert 11.02.2024, 14:48

                                                  Der Protagonist, Abe (Joaquin Phoenix - Ich hätte ihn fast nicht wieder erkannt) ist einer der Woody Allen - Charaktere, der mit sich und seinem (als bedeutungslos empfundenen) Leben und vor allen der Endlichkeit desselben hadert. Es handelt sich um einen saufenden Philosophieprofessor, der unterwegs zu einem Sommersemester an der Braylin Uni ist. Sein Ruf scheint ihm voraus zu eilen. Die Studentinnen sprechen darüber, dass er an anderen Unis Affären mit Studentinnen hatte.
                                                  Eine zukünftige Kollegin zu einem anderen Dozenten: „That should put some Viagra into the philosophy department“.
                                                  Ein Student zu seiner Freundin Jill (Emma Stone): „Jesus! I haven´t even met the guy and I´m already jealous.” Als er dann ankommt, stellt er sich als uncharmanter, wortkarger Säufer heraus.

                                                  Seine Vorlesung beginnt mit Kant und dem kategorischen Imperativ, den er nicht sehr schätzt. Er spricht über dessen idealisierte Welt in der es keinen Hass und keinen Genozid gibt. “Remember, if you learn nothing else from me, you should learn that much of philosophy is verbal masturbation.” Dann geht es um Kierkegard und den freien Willen. Zusammenfassend zitiert er Kierkegard: „Anxiety is the dizziness of freedom.“

                                                  Im Umgang mit den Kollegen ist er kein angenehmer Zeitgenosse. Mit ungefähr 50+ ist er recht attraktiv, obwohl er eine ziemliche Wampe hat. Entsprechend seines Rufs, freundet er sich mit Jill an. Im Lauf der Zeit wird der Film zu einer Art Psychothriller.

                                                  Möglicherweise wird der Film Leuten, die sich ein bisschen mit Philosophie auskennen, gefallen – oder gerade nicht. Kann es sein, dass Abes Weg aus der Selbstzerstörung und der Depression eine Variation von einem Roman (welcher?) Dostojewskis ist? Außerdem meine ich, dass dieses Thema schon besser in „die letzte Nacht des Boris Gruschenko“ behandelt wurde.

                                                  https://boxd.it/2suS8

                                                  11
                                                  • 7
                                                    EudoraFletcher68 04.02.2018, 06:41 Geändert 07.01.2022, 21:21

                                                    Hommage an Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“. Larry (Woody Allen) und Carol (Diane Keaton) sind schon lange verheiratet, man versteht sich soweit ganz gut, die Ehe wirkt aber etwas eingeschlafen. Die beiden haben nicht allzu viele Gemeinsamkeiten. Eines Abends treffen Sie auf dem Heimweg ihre Nachbarn, die sie zu sich einladen. Kurz darauf stirbt die Ehefrau des Nachbarn und Carol entwickelt die Obsession, dass der Nachbar seine Frau umgebracht hat. Unterstützt wird sie von Ted (Alan Alda) dem Hausfreund der beiden. Zwischen Ted und Carol entwickelt sich eine erotische Spannung, die Larry nicht verborgen bleibt, weshalb er trotz größter Bedenken die Grenzüberschreitungen seiner Frau (Einbruch in die Wohnung des Verdächtigen Nachbarn, Überwachungsaktionen etc) mitmacht. Man weiß lange nicht, ob der Nachbar wirklich ein Mörder ist, oder ob Carol durch ihre Obsession nur versucht, ihr Leben interessanter zu gestalten. Der Ehe tut die Aufklärung des Falls jedoch recht gut. Nette Krimikomödie, mir gefallen andere Woody Allen Filme besser.

                                                    https://letterboxd.com/eudorafletcher/list/woody-allen-ranking/

                                                    12