Gabe666 - Kommentare

Alle Kommentare von Gabe666

  • Toller Text!
    Das Thema in seiner Gänze kann er zwar nicht erfassen (wäre sonst sicher viel zu lang geworden), aber er liefert einen guten Einstieg. Würde mir auch eine Serie dazu wünschen. Dein Schreibstil gefällt mir auf jeden Fall.
    Was Body-Horror angeht (von dem ich ein großer Liebhaber bin), so würde ich als weitere wichtige (zombiefreie) Vertreter sämtliche Filme von David Cronenberg (den man auch als Begründer dieses Subgenres sehen könnte, oder zumindest einen, der es maßgeblich geprägt hat) bis Ende der 90er ("eXistenZ" stellt da sozusagen den Schlusspunkt dar, wenn auch in seinen späteren Filmen ebenfalls noch kleinere Elemente davon vorhanden sind) nennen. "Die Fliege" wurde im Text ja erwähnt, aber der Body-Horror scheint sich nahezu durch seine komplette Filmographie zu ziehen.
    Ein anderer Regisseur und Autor, der körperlichen Horror besonders oft thematisiert, ist Clive Barker. Die Zerstörung des menschlichen Körpers, verbunden mit sexueller Lust und auch psychischen Verwandlungen scheint sein Lieblingsthema zu sein. Bestes Beispiel: mein Profilbild! :)
    In den Filmen von Stuart Gordon und Brian Yuzna, besonders denen aus den 80ern und frühen 90ern, finden sich ebenfalls viele Bodyhorror-Elemente, z.B. in den "Reanimator"-Filmen, "Society" und "From Beyond", in denen die durchgeknalltesten Metamorphosen auf einen losgelassen werden.
    Das ist aber noch nichts im Vergleich zum japanischen Enfant terrible Shinya Tsukamoto. Seine "Tetsuo"-Trilogie, in der in jedem Teil ein Mensch mit einer Maschine verschmilzt, ist wohl eine der außergewöhnlichsten Filmerfahrungen überhaupt. Auch in anderen, leichter zugänglichen Filmen von ihm, wie "Tokyo Fist", "Vital" und "A Snake Of June" spielt der menschliche Körper eine wichtige Rolle.
    Das wären so die wichtigsten Vertreter, die mir zu diesen Genre einfielen.

    • Also mal in die Dreharbeiten zu einem Film reinschnuppern würde ich schon mal gerne. Und ein kleiner Auftritt als Komparse, warum nicht?
      Berlin ist mir dann aber doch zu weit.
      Irgendwann vielleicht mal.

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      • Herrliche Antworten! Du hast auf jeden Fall einen coolen Sinn für Humor. Hab mich köstlich amüsiert! :D
        Und einen ähnlichen Filmgeschmack scheinen wir ja auch zu haben. "Aliens" ist auch mein liebster Teil der Reihe und den vierten mag ich auch (finde keinen Teil wirklich schlecht).
        Von "Mr. Babysitter" hab ich mal in 'ner Filmzeitschrift gelesen. War 'ne beiläufige Bemerkung in einem größeren Artikel, in dem es um Arnold Schwarzenegger und seinen Einfluss auf Hollywoods Kino ging (und in dem Absatz speziell um seine Ausflüge ins Komödiengenre und die, die es ihm nachmachten). Irgendwie will ich den Film jetzt sehen. xD

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        • War vorauszusehen.
          Trotzdem nervt's mich, obwohl mich der Film nicht wirklich interessiert. Bei "Harry Potter" ergab es ja noch Sinn, dass man den letzten Roman in zwei Filme aufgespalten hat, da er wirklich umfangreich war (und selbst in den zwei Filmen kamen manche Aspekte noch zu kurz), aber mittlerweile scheinen da alle nur noch auf einen Zug aufspringen zu wollen, um möglichst viel Geld zu machen. Traurig...

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          • 8 .5

            Nachdem ich "Noah" in einem Saal von Deutschlands größter Kinokette in 3D bewundern konnte, sah ich mir "Snowpiercer" gestern quasi als Pendant dazu fünf Tage später in einem kleinen Programmkino an. Beide übrigens auch, weil es hinsichtlich der Aufführungen der bestreffenden Filme in meinem momentanen Aufenthaltsort keine Alternativen gab. Was ich schon eigenartig fand, denn meiner Meinung nach eignet sich "Snowpiercer" auch wunderbar für die Leinwand eines großen Saals, und "Noah" würde in einem kleineren Programmkino auch nicht unbedingt fehl am Platz wirken. Denn die beiden Filme sind sich im Grunde garnicht so unähnlich. Es sind Filme, die einerseits mit viel Effekten und nicht wenigen Actionszenen aufwarten, welche die breite Masse ansprechen, gleichzeitig aber auch einen komplexeren Subtext aufweisen und nicht unbedingt konventionell inszeniert sind. Sie sind beide eine Art Hybrid aus Popcornkino und Arthouse, welche wohl durch ihre teilweise irreführende Vermarktung als leichtbekömmliche Spektakel Freunde anspruchsloser Unterhaltung anlocken könnten, um ihnen dann unvermittelt ihre Gesellschaftskritik und völlig ungewohnte Form der Inszenierung vor den Latz zu knallen. Ob das tatsächlich bei einigen Leuten der Fall ist, weiß ich nicht, aber die Vorstellung gefällt mir. Und passend dazu finde ich die Frage interessant, warum manche Filme nur in einer Form von Kino laufen und wer das entscheidet. Ist auf jeden Fall eine Überlegung wert.
            Aber nun zum Film. "Snowpiercer", die fünfte Regiearbeit des südkoreanischen Regisseurs Bong Joon-ho, ist, wie gesagt, keine leicht goutierbare Action-Unterhaltung. Sondern ein subversives, gesellschaftskritisches Werk, das einem mit seiner Zeichnung einer hierarchischen Klassengesellschaft quasi den Spiegel vorhält. Eine düstere Dystopie mit viel Symbolismus und satirischen Spitzen, basierend auf einem französischen Comic aus den 80er Jahren. Das Ziel der Kritik dürften zwar vor allem autoritäre und totalitäre Regimes sein, aber auch als Anklage an das kapitalistische System taugt der Film. Die einen leben im Überfluss, während die anderen nichts haben. Und letzteren sieht man hier dabei zu, wie sie eine Revolution starten. Dabei durchqueren sie eine Gesellschaftsschicht nach der anderen, hier symbolisiert durch die Abteile eines Zuges.
            Inszeniert ist das ganze im Stile eines Computerspiels. Die Protagonisten müssen sich durch Horden von Gegnern kämpfen, wobei die Gefahr immer auf eine andere Art auftritt, bekommen es am Ende jeder Station mit einem besonders ernstzunehmenden Antagonisten zu tun (sozusagen dem "Bossgegner") und müssen dabei immer heftigere Verluste einstecken. Diese Computerspiel-Ästhetik ist auf jeden Fall ungewöhnlich und mal was erfrischend anderes im Vergleich zum sonstigen Einheitsbrei, der einem sonst im Actionkino serviert wird. Die einzigen Filme, die ähnlich inszeniert waren, sind, soweit ich weiß, "Shoot 'em Up" und "Sucker Punch", wobei ersterer tatsächlich nicht mehr als ein stumpfsinniges Actionspektakel ist (als solches aber prächtig funktioniert), letzterer aber durchaus in die gleiche Sparte wie dieser Film hier einzuordnen ist. Ist zumindest meine Meinung.
            Getragen wird "Snowpiercer", die, soweit ich weiß, erste koreanisch-amerikanische Koproduktion, dabei von einer wirklich exzellenten Darstellerriege. Chris Evans, den ich bisher nur als sprücheklopfenden Actionhelden kannte (siehe "Fantastic Four", "The Losers" und "Captain America") überrascht mit einer sehr emotionalen und charismatischen Darstellung als Revolutionsführer Curtis. Jamie Bell als sein Ziehsohn ist praktisch prädestiniert für die Rolle des impulsiven, aufmüpfigen jungen Mannes. John Hurt gibt den greisen Mentor und Octavia Spencer eine verzweifelte Mutter, die mit an vorderster Front kämpft. Auf der Gegenseite hat man die großartige Tilda Swinton als eiskalte, aber auch sehr skurril wirkende Offizierin des Regimes und Ed Harris als Diktator, der erst zum Ende seinen großen Auftritt hat und bei weitem nicht so diabolisch wirkt, wie man meinen sollte. Und dann sind da noch die asiatischen Stars des Films: Song Kang-ho, der Hauptdarsteller aus Joon-hos "The Host" ist großartig als abgewrackter, drogensüchtiger Techniker, der von den Aufrührern gezwungen wird, ihnen zu helfen, und Koh Ah-seong, welche bereits in selbigem als seine Tochter zu sehen war, übernimmt auch hier wieder diese Rolle, ist dabei aber bei weitem nicht so passiv. Was die Darsteller angeht, kann man sich auf jeden Fall nicht beschweren.
            Das ungewöhnliche, zuweilen auch sehr surreal wirkende Setting des Zuges ist auf jeden Fall eine willkommene Abwechslung zu dem, was man sonst so in Sci-Fi-Filmen sieht. Und die zugefrorene Erde, welche in manchen Szenen kurz zu sehen ist, wurde sehr gut animiert. Die Effekte brauchen sich, trotz des vergleichweise geringen Budgets, vor denen von großen Hollywood-Produktionen nicht zu verstecken.
            Der Film lebt, wie gesagt, auch vor allem von seinem Symbolismus und seiner Gesellschaftskritik und hat ebenso sehr gute Charakterzeichnungen zu bieten, wobei die handelnden Figuren wohl auch eher einen bestimmten Archetypus verkörpern sollen. Wobei tatsächlich viele Charaktere sehr diffenziert dargestellt werden und am Ende durch einen fiesen Twist sogar fast eine Verschiebung der Sympathien eintritt. Die Hatz zur Spitze des Zuges endet nämlich bei weitem nicht so optimistisch, wie man das gerne hätte. Das Gegenteil ist sogar der Fall.

            [SPOILER:
            Durch das, was man über Curtis erfährt, als er dem Techniker seine Geschichte beichtet, erscheint die Revolution schon teilweise fragwürdig, aber durch das, was Diktator Wilford ihm dann offenbart, wirkt diese nur noch wie eine Farce. Das Handeln von Curtis' Mentor Gilliam war bei weitem nicht so altruistisch, wie man dachte und Wilford wird, wie gesagt, nicht direkt bösartig dargestellt. Er handelt nicht aus Sadismus, sondern tut nur das, was er als notwendig erachtet, um sein Volk am Leben zu erhalten. Er glaubt zumindest, dass es richtig so wäre und scheint gar keine andere Art zu leben zu kennen. Dass Curtis so weit zu ihm vordringen konnte, lies er nur zu, weil er wollte, dass dieser seinen Platz einnimmt, denn er selbst ist des Herrschens überdrüssig.
            Aber durch die letzte Enthüllung ist man dann wieder auf der Seite der Rebellion: denn eine Gesellschaft, die ihre eigenen Kinder ausbeutet, um fortbestehen zu können, hat es nicht verdient, weiter zu existieren. Die Art und Weise, wie das System dann umgestülpt wird, ist radikal, aber es bietet sich offensichtlich keine Alternative. Würde Curtis Wilford einfach nur umbringen, hätte er damit das System nicht beseitigt. Wie hier schon einer der Kritiker (der Batz, um genau zu sein) schrieb: bei den meisten Revolutionen machen sich die Leute offenbar nur Gedanken um den Umsturz, nicht um das, was danach geschehen soll. So haben es, selbst nach einem erfolgreichen Sturz eines Regimes, andere reaktionäre Kräfte nicht unbedingt schwer, die Macht an sich zu reißen, wie man aktuell in Ägypten und anderen Ländern sieht. Und die Bevölkerung fügt sich dann sogar teilweise widerstandlos in ihr Schicksal, einfach weil sie es nicht anders kennt. Eine Revolution ist eben nicht erst beendet, indem man das "Arschloch an der Spitze" beseitigt, hier in "Snowpiercer" will selbiges das sogar. Eine einfache Lösung wird hier nicht angeboten, nur ein radikaler Kahlschlag. Die beiden offensichtlich letzten Überlebenden haben dann zwar am Ende auch keine rosigen Zukunftsaussichten, aber wenigstens werden sie nicht fremdgesteuert sterben.
            Wobei der Film diese Lösung keineswegs propagiert, sondern nur aufzeigt, dass ein Aufstand gegen ein repressives System wohlüberlegt sein muss und nicht auf simple Weise beendet werden kann.]

            "Snowpiercer" ist, oberflächlich betrachtet, ein Actionfilm - und gleichzeitig so viel mehr als das. Eine intelligente Auseinandersetzung über totalitäre Diktaturen, ihre Funktionsweisen und das Problem, eine Revolution erfolgreich auszuführen. In den Actionszenen spart der Film dabei nicht mit drastischen Gewaltdarstellungen, die jedoch nie zum Selbstzweck verkommen, sondern so inszeniert sind, dass es wehtut. Bezüglich der Handlung könnte man sich über Unlogik beschweren, aber "Snowpiercer" will keine glaubhafte Geschichte erzählen, sondern vielmehr ein Gedankenexperiment liefern. So gut wie alles hier ist nur auf der symbolischen Ebene zu betrachten. Es bleibt ein definitiv sehenswerter, interessanter Film, der zum Nachdenken und Diskutieren einlädt.
            So sehr, dass der amerikanische Produzent Harvey Weinstein, welcher sich die Rechte für die Vermarktung in den USA gesichert hatte, den Film nur gekürzt in die US-amerikanischen Kinos bringen wollte, weil er ihn als "zu intelligent" für das amerikanische Publikum ansah. Vor allem Charakterszenen sollten weichen, um "mehr Tempo" in den Film zu bringen. Ich persönlich würde da jedoch so einiges vermissen, weil "Snowpiercer", wie erwähnt, nicht zuletzt auch von seinen Charakterzeichnungen lebt. Zu einer Einigung kam es dabei nicht, weshalb der Film bisher nicht in den Kinos der USA und anderer Länder, in denen Weinstein die Rechte aufgekauft hat, läuft. Das lässt doch ziemlich tief blicken, oder?

            Was meinen Besuch im Programmkino meines Studienortes angeht, so war diese Erfahrung jedenfalls sehr angenehm. Der kleine Kinosaal mit seinen breiten Sesseln war wesentlich gemütlicher als die großen, in denen ich mir sonst Kinofilme ansehe. Die Atmosphäre war allgemein anders und auch das Publikum unterschied sich. Sollte in Zukunft mal ein Film sowohl in großen kommerziellen als auch in Programmkinos laufen, so würde ich auf jeden Fall letzteres vorziehen.

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            • 9 .5
              über Noah

              Der bisher beste Film des Jahres, soviel steht mal fest.
              "Noah" ist eine visuelle Wucht, ein Film mit einer unglaublichen Bildsprache. Und übrigens weit davon entfernt, ein fundamentalistisch-christliches Propagandawerk zu sein, als das es offenbar nicht wenige sehen wollen. "Noah" ist in erster Linie Fantasy. Der Film bedient sich nur grob der altbekannten Geschichte aus dem ersten Buch Mose (die in selbigem übrigens einen sehr kleinen Platz einnimmt), erweitert diese aber umfangreich, schmückt sie aus und reichert sie mit nicht wenigen Bezügen auf aktuelles Geschehen an. Die Welt, die im Film gezeigt wird, ist unserer sehr ähnlich... und ist es doch nicht. Die Darstellung der frühen Kulturen weicht beträchtlich von historischen Erkenntnissen ab, von der Bibel ganz zu schweigen. Und spätestens wenn in Stein eingeschlossene Engel auftauchen, sollte klar sein, dass dieser Film sich den altertümlichen Mythos (denn nichts anderes ist diese Geschichte) nur als Grundlage für eine eigene Handlung zu Nutze macht. Wer hier kreationistische Propaganda befürchtet, kann auch beruhigt sein. Es ist zwar ständig die Rede von einem Schöpfer (verständlich, sind doch sämtliche wichtigen Charaktere gläubig), die Entstehung und Entwicklung des Lebens, wie sie hier gezeigt wird, entspricht aber eindeutig dem allgemein anerkannten Bild von der Evolution.
              Aber kommen wir zum Film an sich. Zunächst einmal zu den formalen Gestaltungsmitteln: ich kann da nur sagen - schlichtweg grandios. Schnitt, Kameraarbeit, Effekte - alles auf einem sehr hohen Niveau und teils auch ziemlich unkonventionell. So wirkt die erwähnte, im Zeitraffer erzählte Schöpfungsgeschichte wirklich wie aus unzähligen einzelnen Fotos zusammengesetzt. Die Gesteinsriesen bzw. Engel, die Tiermassen und die Arche sowie die Landschaften sehen auch einfach nur beeindruckend aus. Sehr gut gemacht. Dazu kommt ein monumentaler, zuweilen sehr emotionaler Score von Aronofskys Stammkomponisten Clint Mansell (und zum Abspann ein sehr schönes Lied von Punk-"Patin" Patti Smith).
              Und die Schauspieler sind auch nicht schlecht. Russell Crowe überzeugt als getriebener Protagonist, Jennifer Connelly als seine Ehefrau ist auch nicht schlecht und Anthony Hopkins als Noahs Großvater liefert ebenso eine tolle, leicht schrullige Darbietung ab. Emma Watson, die für mich mit einer der Hauptgründe war, den Film zu sehen, wirkte als Noahs Adoptivtochter zeitweise leider eher blass, konnte im Großen und Ganzen aber durchaus ebenfalls überzeugen. Positiv überrascht hat mich Logan Lerman, den ich bis dahin nur aus den Teenie-Blockbustern "Percy Jackson" und "Die drei Musketiere" kannte, und in denen wirkte er ziemlich fehlbesetzt. Hier zeigt er, dass er durchaus zu emotionalen Darstellungen fähig ist. Den Antagonisten schließlich gibt Ray Winstone und macht das auch sehr gut. Einerseits zeigt er seinen Charakter Tubal-Kain als grausamen Machthaber, legt aber auch Emotionen in seine Darstellung, sodass man als Publikum seine Beweggründe zumindest teilweise nachvollziehen kann. Sein Charakter wirkt, trotz seiner grausamen Taten, eher ambivalent als bösartig. So wie auch die meisten anderen Charaktere.
              Das ist es, was diesen Film auch ausmacht. Ein wirkliches Gut und Böse gibt es nicht, die beiden Parteien sind im Grunde nur Menschen, die ums Überleben kämpfen. Die Hauptfigur Noah kommt sogar weit weniger gut weg, als man meinen sollte. Mit seinem bedingungslosen Gehorsam gegenüber seinem Gott (oder was er als dessen Befehle interpretiert) und seiner felsenfesten Überzeugung, dass er das Richtige tut, indem er niemanden an Bord der Arche lässt und nicht einmal seine Familie es verdient hat, danach noch lange zu überleben, wirkt er nicht wie ein vorbildlicher, aufrechter Anführer und Familienvater, sondern weckt eher Assoziationen an einen wahnsinnigen Fundamentalisten. Wenn einem da Gedanken an die selbst ernannten "Gotteskrieger" der Taliban und ähnliche kommen, ist das garnicht so verkehrt. Auf die Gefahren eines radikalen Glaubens, der nicht hinterfragt wird, wird hier eindeutig hingewiesen.
              Sein Gegenspieler stellt das andere Extrem dar. Er ist enttäuscht von seinem Gott und hat beschlossen, selbst Gott zu sein. Er verhält sich rücksichtslos gegenüber anderen oder nutzt sie nur für seine Zwecke aus. Während Noah praktisch ein blind gehorchender Gefolgsmann ist, ist Tubal-Kain (der übrigens vom biblischen Charakter stark abweicht) ein Diktator. Seine Untertanen folgen ihm vor allem aus Angst und schierem Überlebenswille. Und so wird hier eben auch gezeigt, dass Menschen in Extremsituationen zu fürchterlichen Dingen fähig sind.
              Neben diesem doch sehr pessimistischen Menschenbild vermittelt der Film gegen Ende aber auch sehr wichtige Werte. Dass man seine Weltsicht hinterfragen sollte. Dass man selbst die Wahl hat, was aus einem wird. Dass man sich uneigennützig für das Wohl anderer einsetzen und Verlockungen nach Macht wiederstehen sollte. Und dass man von einem obrigkeitshörigen Denken wegkommen muss. Religion an sich wird hier weder glorifiziert noch verdammt, aber durchaus kritisiert und differenziert dargestellt. Die Problematik eines Gottes, der sich nicht direkt zeigt und dessen Zeichen daher gedeutet werden müssen, ist ein entscheidender Bestandteil der Geschichte. Die Religion an sich wird nicht als gefährlich dargestellt, sondern vielmehr die Deutungshoheit, die einige daraus ableiten. Da ist es verständlich, dass in den USA evangelikale Prediger und in einigen Ländern im Nahen Osten muslimische Machthaber ziemlich verschnupft auf den Film reagierten. Es war wohl weniger die Art der Darstellung der biblischen Geschichte, sondern eher die Botschaft, die sie dagegen aufbrachte. Denn wenn ihren Anhängern klar würde, dass diese Menschen keine Deutungshoheit haben und sich nur anmaßen, die absolute Wahrheit zu kennen, würden sie ihnen dann noch so bereitwillig folgen? Also lenken die religiösen Führer ab, indem sie sich über Oberflächlichkeiten aufregen, wie eben die Darstellung der Geschichte und meinen, es wäre Frevel, eine Geschichte zu erzählen, die von ihrer als Wahrheit verkündeten abweicht (oder weil sie tatsächlich zu dumm sind, um den Subtext zu verstehen und selbst nur auf Oberflächlichkeiten achten). Sozusagen eine Bestätigung des Films. Fast schon wie beim Leben des Brian.
              "Noah" ist auf jeden Fall ein Film, der zum Nachdenken anregt, kein leichtbekömmliches Popcorn-Spektakel. Und in der Drastik seiner Darstellung teilweise ziemlich verstörend. Überrascht mich ehrlich gesagt, dass der hier noch ab 12 durchging; ich fand das schon sehr grenzwertig.
              Für mich ist es ein sehr wichtiger, wertvoller Film, und sei es nur wegen des Aufruhrs, den er provoziert hat, und der zeigt, dass Religion und Autoritätshörigkeit leider einen immer noch zu großen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben. Sollte man gesehen haben (auch wenn ich das wohl so bald nicht tun werde; das Geschehen nimmt einen teilweise schon sehr mit).
              Nach "Pi" war das erst mein zweiter Aronofsky und er hat mich wieder begeistern können. Selbst einem hoch budgetierten, von vielen Effekten dominierten Film kann der Mann noch seinen Stempel aufdrücken. Fasziniert, beeindruckt... "geflasht", das beschreibt meine Empfindung danach wohl am besten.
              Zum Abschluss noch eine Bemerkung zum 3D: es hat sich eindeutig gelohnt! Bilder, in die man meint, reingreifen zu können und natürlich auch Gegenstände, die auf einen zuzukommen scheinen. Auch wenn es im weiteren Verlauf und besonders gegen Ende nachließ - so hat ordentliches 3D auszusehen! Sehr gute Arbeit! (auch wenn das definitiv nicht den exorbitanten Aufpreis rechtfertigt! Warum müssen die Karten für 3D-Filme nur so teuer sein?)

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              • Großartiger Film! Die erste King-Verfilmung (von seinem ersten Roman) und gleich eine der besten! Muss man gesehen haben!
                Brian de Palma ist wirklich ein großartiger Regisseur. Ich mag seinen Stil. Hab mir erst kürzlich "Femme Fatale" angesehen, den ich auch genial fand und bin schon gespannt auf "Scarface".
                Vorher kommt übrigens "Misery", eine andere sehenswerte King-Verfilmung.
                Das Remake von "Carrie" finde ich übrigens auch nicht schlecht.

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                • Einfach boykottieren, den Mist! Solche Sender dürfte es eigentlich garnicht mehr geben!
                  Muss denn immer noch das Geschlecht eine Rolle spielen? Momentan scheinen sich ja durchaus nicht wenige Leute Mühe zu geben, damit andere nicht mehr auf ihr Geschlecht reduziert werden.
                  Und dann kommt so ein Sender und zeigt ein Bild, das noch aus den 50ern stammt (wenn nicht noch früher). Traurig.
                  Ich frage mich nur: wer produziert diesen Scheiß? Und noch viel wichtiger: wer guckt sich das allen Ernstes an??? Den Leuten muss man helfen!

                  • So polemisch kenne ich dich garnicht, Mave! Ist aber schön geschrieben und die Kritik an sich definitiv nicht falsch.
                    Ja, auch ich muss sagen, dass es sehr paradox anmutet, wenn Hollywood Filme, die das System, in dem Hollywood existiert, kritisieren, mit den Mitteln des Systems bewirbt. Und wenn an den Filmen an sich, überspitzt gesagt, "herumgedoktert" wird (beispielsweise indem sie gegenüber eines ursprünglichen Drebuchentwurfs oder der Romanvorlage entschärft werden), damit sie sich besser verkaufen. Das beste Beispiel sind natürlich aktuell die "Panem"-Filme. Ich mag sie zwar, aber finde auch, dass die Gesellschaftskritik nicht konsequent genug ist. Und dass das Finale jetzt auch in zwei Teilen veröffentlicht wird, ist ganz offensichtlich lediglich aus marktwirtschaftlichen Erwägungen entschieden wurden und wohl eher weniger, weil die Produzenten der Meinung waren, dass sie die Geschichte so am besten erzählen können. "Harry Potter" hat es vorgemacht und jetzt machen es alle anderen nach. Ist ziemlich traurig.
                    Dennoch finde ich die Filme nicht per se schlecht. Denn auch wenn die Kritik darin nicht unbedingt eindringlich geschildert wird, so ist sie doch zumindest vorhanden und kann auf jeden Fall dennoch zum Nachdenken anregen. Es kommt eben drauf an, was jeder für sich aus so einem Film mitnimmt. Einen kleinen Anstoß zu liefern, ist auf jeden Fall auch nichts schlechtes.
                    So eng würde ich die Angelegenheit daher nicht sehen.
                    Und natürlich finde ich die Filme auch wegen der Schauspieler und der Inszenierung toll, aber das ist ein anderes Thema. :)
                    Ich bin aber auch der Meinung, dass mehr Zynismus dem aktuellen Science-Fiction-Film, speziell im Bereich der Dystopie, gut tun würde. Freilich wird sowas in Filmen, die eher für die breite Masse konzipiert werden, schlecht möglich sein. Dem Studiosystem kann man da wie gesagt schlecht entgegentreten. Und da die gesellschaftlichen Probleme heutzutage komplexer sind als noch vor zwanzig, dreißig Jahren, ist es ziemlich kompliziert, da wirklich aussagekräftige Kritik dran zu üben, wie schon andere User unter mir angemerkt haben.
                    Was die Arbeitsweise der Studios angeht, so finde ich, dass Admiral.Nogura in seinem Kommentar unter mir dazu alles gesagt hat.

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                    • Den Sender empfange ich leider nicht, aber den Film habe ich mir vor zwei Monaten auf Blu-Ray gekauft. Bin noch nicht dazu gekommen, den zu sehen, werde das aber so bald wie möglich nachholen!

                      • Welcher "nicht so tolle Film von 2013" ist gemeint?

                        • Interessant. "Das 5. Element" gehört da meiner Meinung nach zwar wirklich nicht rein (ist schon ein geiler Film, aber wo ist da was richtig dystopisches?), aber ansonsten gefällt mir die Liste durchaus, auch wenn ich bei einigen die Reihenfolge vertauscht hätte.
                          Dass hier wieder die Heulerei losgeht, weil "Panem" drin ist oder der und der Film nicht, war abzusehen. Leute! Hier geht es um die Communitymeinung! Was soll die Aufregung? Könnt ihr andere Meinungen nicht einfach akzeptieren?

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                          • Ist das geil! Ich liebe Mash-Ups. Wirklich überraschend, auf was für Ideen Filmfans da immer kommen.
                            Hab mich hier mal wieder herrlich amüsiert, auch wenn jetzt nicht jede Verbindung wirklich gut hinhaute. Die Poster zu "Tron"/"Troy", "Strangelove Actually" (überall Peter Sellers!), "Footloose" und "Ghostbusters" fand ich aber echt zum Schreien. Einfach genial!
                            Und Guillermo del Toro's "Mary Poppins" würde ich wirklich gerne mal sehen! xD

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                            • Interessante Liste. Dass "Looper" vor "Terminator" landet, ist mir zwar unbegreiflich, aber na gut. Eben die Meinung der Community.
                              Im Gegensatz zu eingen anderen hier wundere ich mich aber nicht darüber, dass manche Filme überhaupt in der Liste drin sind. Für mich erfüllen die allesamt die Kriterien einer Dystopie.

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                              • Toller Artikel! Guter Überblick über das Subgenre. Auch wenn mir das meiste schon klar war, war er sehr interessant zu lesen.
                                "Code 46" kenne ich noch garnicht, mal vormerken.

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                                • Mann, ich komme mit dem Vormerken garnicht hinterher, so viele Tipps wurden mir in der Liste, dem anderen Artikel und den ganzen Kommentaren genannt! Vielen Dank an alle! Jetzt hab ich 'ne ganze Menge Animes vor mir, die ich noch sehen will!

                                  • Toller Artikel! Erinnert mich daran, dass ich sämtliche genannten Werke noch nicht gesehen habe und das jetzt bei einigen (ganz besonders "Akira", "Jin-Roh" und "Ghost In The Shell") umso dringender nachholen will. Von manchen, die im Artikel und den Kommentaren meiner Vorposter genannt wurden, hatte ich bis jetzt sogar noch nie etwas gehört. Danke für die Tipps, Leute, liest sich alles sehr interessant! :)
                                    Den Verfasser muss ich aber leider auch auf einen Fehler aufmerksam machen, der ihm im Text unterlaufen ist: von Masamune Shirow stammt NUR die Mangavorlage zu "Ghost In The Shell", die beiden Filme sind von Mamoru Oshii. "Jin-Roh" ist ebenfalls auf dessen Kappe gewachsen, denn auch wenn er bei dem nicht Regie führte, schrieb er doch das Drehbuch dazu.
                                    Kann ja mal passieren, dass man da was durcheinander wirft. :)
                                    Im Übrigen wäre noch das berühmte "Neon Genesis Evangelion" als Anime mit dystopischen Elementen zu nennen.

                                    • Ist natürlich immer eine Gratwanderung, wenn man dystopische Stoffe für ein jüngeres (Lese-)Publikum aufbereiten will. Es stellt sich die Frage, ab wann wird das ganze zu verharmlost. Bei Dystopien sollte der Leser/Zuschauer immer was mitnehmen können. Ich finde, bei den bisherigen "Panem"-Filmen ist das ganz gut geglückt, die hollywoodtypische Liebesgeschichte bekam aber fast schon zuviel Raum. Bei großen Studioproduktionen überrascht das andererseits auch nicht. Da geht man eben kein großes Risiko ein. Letztendlich sind die Filme ein Kompromiss. Als das, was sie sind, gefallen sie mir aber sehr gut, vor allem, da sie handwerklich sehr gut inszeniert sind.
                                      Dass jetzt aber jedes andere dystopische Jugendbuch gleich auch verfilmt werden muss, sehe ich problematisch. Diese Filme ("Divergent", "Seelen", "Maze Runner") scheinen nur noch gedreht worden zu sein, um auf der Erfolgswelle von "Panem" mitzureiten. Durch einen Überfluss an solchen Filmen kann die Botschaft schon mal verloren gehen. Vor allem, da in den betreffenden Verfilmungen offensichtlich noch mehr Augenmerk auf die Liebesgeschichte gemerkt wird, anstatt auf die Gesellschaftskritik.

                                      • Alpha 60 war ja kürzlich auch in der Liste mit den Supercomputern aus Filmen drin. Hat mich da schon interessiert. Nach dem tollen Text kommt der auf die Merkliste! Jetzt will ich den Film erst recht sehen!

                                        • Ich hab auf jeden Fall 'ne Idee für einen guten Text, nur finde ich momentan kaum Zeit dazu, den zu schreiben. Kürzlich hat mein Studium wieder angefangen, ich gehe diesen Monat in vier Filme (für einen Monat sind das bei mir ganz schön viele), muss zu denen dann noch meine Kommentare schreiben, nebenher noch zu den ganzen anderen Filmen, die ich in letzter Zeit gesehen habe bzw. sehen werde oder zu denen ich grade Lust hab - und nebenbei bin ich noch auf zahlreichen anderen Seiten unterwegs und wenn ich nicht im Internet bin, lese ich auch viel. Und wenn hier jemand meine Rezensionen kennt, dann weiß er auch, dass ich gerne mal ausschweife.
                                          Aber der Text kommt, das verspreche ich euch! Ist nur momentan ungünstig, ich werde ihn aber garantiert noch in diesem Jahr schreiben!

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                                            über RoboCop

                                            Eine gute Eigenschaft haben moderne US-Remakes von ausländischen Filmen oder den Klassikern des eigenen Landes zumindest (was nicht heißen soll, dass ich sie per se schlecht finde): häufig nutzen Verleiher den neu angefachten Bekanntheitsgrad des Franchises, um die Originalfilme neu aufzulegen. In erster Linie natürlich aus Profitgründen, aber es gibt auch das ein oder andere Label, dem die Zufriedenheit seiner Kunden verhältnismäßig wichtig ist und dass sich dabei Mühe gibt, speziell wenn das betreffende Werk noch nicht auf Blu-Ray erschien.
                                            Besonders erfreulich ist dieser Begleitmechanismus in der Regel, wenn die Originale hier in Deutschland auf dem Index stehen. Steigt doch so die Chance, dass sich das Label dann die Mühe macht, die damalige Entscheidung anzufechten und eine Neusichtung zu beantragen. Im günstigsten Fall kommt der betreffende Film dann auch, passend zum Kinostart des Remakes, runter vom Index und erstmals ungeschnitten auf den deutschen Markt.
                                            So geschehen bei Paul Verhoevens 80er-Jahre-Kultfilm "Robocop" (wobei ich freilich nicht sagen kann, ob das bei dem Film jetzt genau so ablief). Er wurde im Dezember letzten Jahres endlich rehabilitiert und ist mittlerweile mit haufenweise Bonusmaterial auf Blu-Ray erhältlich. Und das sogar noch in der Unrated-Fassung!
                                            Für einen Fan von Sci-Fi- und Action-Filmen, besonders denen der 80er, war das für mich die ideale Gelegenheit, endlich eine nicht unwesentliche Bildungslücke zu schließen. Und, was soll ich sagen - der Kauf hat sich sowas von gelohnt!
                                            Von Verhoeven kannte ich zuvor schon "Hollow Man", "Showgirls", "Basic Instinct", "Total Recall" und "Flesh + Blood" (letzterer sein allererstes internationales Werk, mit dem er sich für diesen Film quasi empfahl), seinen "Starship Troopers" (welcher als einziger seiner Filme immer noch indiziert ist) nur auszugsweise. Die fand ich schon allesamt klasse (ja, auch "Showgirls"!). Der Paul hat einen Stil, den man sofort erkennt und der einem auch hier ins Gesicht springt: deftige, geradezu comichaft übertriebene Gewalt, satirisch überspitzte, richtig zynische Gesellschaftskritik und einen echt fiesen schwarzen Humor. Verhoeven schert sich einen Dreck um Konventionen und trifft einen genau da, wo es weh tut.
                                            "Robocop" ist eine bitterböse Satire auf den wachsenden Einfluss von Konzernen auf Politik und Justiz sowie die Technisierung der Gesellschaft. In gewisser Hinsicht sogar visionär, wenn man einige Entwicklungen der jüngeren Geschichte bedenkt (beispielsweise die Insolvenz des Handlungsortes Detroits). Verhoeven zeichnet in seinem Film das Bild Detroits als das einer verwahrlosten Stadt, in der die Lücke zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klafft und die Geschäftemacher den Politikern längst ihre Entscheidungen dirigieren. Die Polizei wurde privatisiert und sieht sich, aufgrund extremer Meinungsverschiedenheiten mit ihren neuen Entscheidungsträgern sogar gezwungen, zu streiken. Um der Überhand nehmenden Kriminalität Herr zu werden, die auch ein groß angelegtes Projekt zum Neubau der Stadt gefährdet, will die Leitung des mächtigsten Konzerns der Stadt auf mechanische Gesetzeshüter setzen. Nach einer katastrophalen Vorführung eines Roboter-Prototyps entschließt man sich, einen Menschen als Ausgangsmaterial für den neuen Superpolizisten zu nehmen und findet das ideale Versuchskaninchen in dem ehrbaren Polizisten Alex Murphy, der von einer Gangsterbande brutal in Stücke geschossen wurde. Als übermenschlicher Cyborg steht er nun wieder auf und befolgt anfangs auch die ihm einprogrammierten Befehle. Jedoch kehren mit der Zeit Erinnerungen an sein früheres Leben zurück und der Mensch in ihm beginnt sich wieder zu regen. Er startet einen erbarmungslosen Rachefeldzug gegen seine Mörder, deckt dabei die kriminellen Machenschaften der Firmenspitze auf und stellt sich letztendlich gegen seine Erschaffer (oder zumindest einen von diesen). Soviel zur Handlung, die aber den meisten sicher schon bekannt sein dürfte.
                                            Der Film bewegt sich handwerklich wirklich auf einem erstklassigen Niveau. Peter Weller ist die Idealbesetzung für den Hauptcharakter, und obwohl er den größten Teil des Films in einer Rüstung steckt, die seine Mimik und Gestik sehr einschränkt, gelingt es ihm doch, dem mechanischen Körper eine menschliche Komponente zu verleihen. Um die Bewahrung der Menschlichkeit geht es in dem Film letztlich ja auch, das ist seine zentrale Botschaft. Und die wird so auch wirklich gut rübergebracht.
                                            Als Bösewichte überzeugen Ronny Cox und Kurtwood Smith (die man leider beide kaum noch in großen Produktionen sieht) und der junge Miguel Ferrer gibt als Cox' Konkurrent einen herrlich schmierigen Emporkömmling ab. In einer starken weiblichen Rolle (damals noch weitaus weniger üblich als heute, trotz "Alien" und "Terminator") als Murphys Partnerin sieht man Nancy Allen (die fiese Zicke aus Brian de Palmas "Carrie"), die in der Rolle auch wirklich klasse ist.
                                            Zu der großartigen Besetzung kommt noch ein beeindruckendes, futuristisches Szenenbild. Besondere Erwähnung verdient aber Special-Effects-Mastermind Rob Bottin (u.a. "The Howling", John Carpenters "The Thing" und der bereits erwähnte "Total Recall") der das coole Design von Robocops Rüstung schuf und darüber hinaus für die herrlich überzogenen Splatter-Effekte verantwortlich zeichnete. Der Mann ist wirklich ein Meister seines Fachs und einer der besten Make-Up- und Special-Effects-Künstler, die es gibt. Um ihn wurde es die letzten Jahre leider auch sehr ruhig. Ich fände es jedenfalls wirklich toll, wenn er mal wieder seine Fähigkeiten für eine ambitionierte Produktion zur Verfügung stellen würde.
                                            Die Stop-Motion-Effekte, welche für die Sequenzen mit dem Roboter-Prototypen, gegen den Robocop später auch kämpfen muss, zum Einsatz kamen, sind dagegen leider eindeutig als solche zu erkennen und wirken aus heutiger Sicht ziemlich trashig und unfreiwillig komisch. Aber gut, damals ging das einfach nicht besser. Und irgendwie hat der Film so auch einen amüsanten Charme.
                                            Neben den ansonsten toll inszenierten Actionszenen hat Verhoeven hier natürlich auch viel Raum bekommen, seine bitterböse Gesellschafts- und Medienkritik auf den Zuschauer loszulassen. Die Handlung wird immer wieder durch Nachrichtenschnipsel und völlig überzogene, zuweilen richtig bösartige Werbespots unterbrochen, mit denen er trocken das Zeitgeschehen kommentiert und seine Meinung zum Konsumwahn und zur zunehmenden Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber gefährlichen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen abliefert. Als besonders eindrückliches Beispiel sei da mal der Spot zu einem Spiel genannt, bei dem die Mitspieler die Rolle rivalisierender Weltmächte einnehmen und sich gegenseitig bombardieren müssen. Eine so dreiste, wenn auch nicht ernst gemeinte, Verharmlosung des Kalten Krieges und des Wettrüstens der Weltmächte beziehungsweise allgemein von Auseinandersetzungen zwischen mächtigen Staaten war damals wohl zuviel für die deutschen Jugendschützer. Die betreffende Szene war nämlich einer der Hauptgründe für die damalige Indizierung. Man sollte eigentlich meinen, dass eine so offensichtliche Satire von erwachsenen Menschen auch als solche erkannt wird. Aber bei den "Spezialisten" von BPjM und Konsorten war sowas damals wohl zuviel verlangt (und ist es zuweilen anscheinend immer noch, wenn man mal bedenkt, was heute noch so alles auf dem Index landet bzw. immer noch draufsteht).
                                            "Robocop" ist für mich eine großartige Parabel über die Frage, was den Menschen eigentlich ausmacht und gleichzeitig eine bitterböse Abrechnung mit dem Kapitalismus und der amerikanischen Gesellschaft im Allgemeinen. Die Systemkritik ist heute noch so aktuell wie damals, wenn nicht sogar aktueller denn je. Garniert wird das ganze mit drastischen, aber nie unnötigen, Gewaltexzessen, die entweder zur Emotionalisierung (so bei Murphys Hinrichtung) oder zur Überzeichnung (bei der fehlgeschlagenen Roboter-Vorführung) dienen. Und untermalt mit einem großartigen, sehr einprägsamen Score von Basil Pouledoris, der wirklich perfekt zu den Bildern passt.
                                            Wenn man "Robocop" nicht gesehen hat, hat man echt was verpasst. Der Film ist spannend, actionreich, zuweilen sehr lustig, in den richtigen Szenen emotional und regt einen zum Nachdenken an. Und es empfiehlt sich wirklich, sich die Unrated-Version bzw. den Director's Cut des Films anzusehen, denn selbst in den USA musste der Film für ein R-Rating damals in den Gewaltszenen entschärft werden, wodurch nach Auffassung von Regisseur Verhoeven aber Pointen zerstört wurden. Da die neu erschienene Blu-Ray glücklicherweise ausschließlich die Unrated enthält, dürfte es mittlerweile aber für kaum jemanden noch ein Problem darstellen, sich den Film in all seiner Pracht ansehen zu können.
                                            Wenn jetzt noch die beiden Fortsetzungen auf Blu-Ray erscheinen (auch wenn sie, besonders was den dritten Teil angeht, allgemein einen schweren Stand haben), sowie die Miniserie "Prime Directives" (die auch wieder in die gleiche Kerbe wie der Erstling schlagen soll) und Verhoevens "Starship Troopers" vom Index genommen werden, wäre alles perfekt.
                                            PS: Was den zweiten Teil betrifft, so ist zu diesem aktuell auch ein Comicband erschienen, der auf Frank Millers ursprünglichem Drehbuch dazu basiert. Für interessierte Fans mit Sicherheit einen Blick wert.

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                                            • NEIN!!!!!! Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!!!!
                                              Nicht der, BITTE nicht der!!!!!! Das kann nur ein Scherz von Jackman gewesen sein! Der Tatum ist mit einer der untalentiertesten und uncharismatischsten Schauspieler, die es gibt. Noch dazu ist er viel zu jung für die Rolle. Als Gambit fänd ich ihn auch ungeeignet, aber als Wolverine??? Das kann unmöglich sein Ernst gewesen sein!
                                              Da würd ich ja lieber Dougray Scott sehen, der die erste Wahl für die Rolle gewesen war und damals nur zwei Wochen vor Drehbeginn des ersten Teils durch Jackman ersetzt wurde. Das wäre mal 'ne interessante Wahl. Oder von mir aus auch Gerard Butler, wenn Jackman denn aufhören sollte.
                                              Davon abgesehen finde ich, dass Wolverine in den "X-Men"-Filmen geradezu überpräsent ist und sein Anteil an den Filmen mal etwas eingeschränkt werden sollte. Gibt ja schließlich genug andere interessante Charaktere im "X-Men"-Universum. Aber mit Hugh Jackman hat man dennoch die perfekte Wahl für den Charakter getroffen. Wenn eine Neubesetzung, dann bitte erst 20 oder von mir aus 10 Jahre, nachdem die aktuelle Reihe abgeschlossen ist (auch wenn sich das wohl nicht bewahrheiten wird). Die Erinnerung wäre sonst noch zu frisch.

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                                              • Das ist... ich bin sprachlos. Das ist so grenzgenial! Ich hab lange nicht so heftig lachen müssen wie bei diesem Kurzfilm! Großartig, einfach großartig!
                                                So sieht's aus, wenn Peter Jacksons "Braindead" auf den Fake-Trailer zu Tarantinos "Djesus Uncrossed" aus SNL trifft. Und in "Once Upon A Time In Jerusalem" kommt dann wohl auch noch "Mad max" hinzu.
                                                Ganz ehrlich, ich mag den Scheiss! Mit massenweise abgedrehten ideen, absurdem Humor und schönen, richtig derben, handgemachten Splatter-Effekten. In der Fortsetzung wird zwar anscheinend auch CGI zum Einsatz kommen, aber solange die es damit nicht übertreiben, kann das was werden. Die Jungs haben wirklich Herzblut in ihr Projekt gesteckt. Respekt dafür!
                                                Ist auf jeden Fall vorgemerkt.
                                                Und passenderweise habe ich mir kürzlich eine DVD-Box mit Peter Jacksons ersten drei Filmen (also "Bad Taste", "Meet The Feebles" und "Braindead") sowie das Blu-Ray-Mediabook von "Tokyo Gore Police" bestellt. Freue mich schon drauf, diese Meisterwerke des Funsplatters endlich sehen zu können. Der hier war schonmal eine gute Einstimmung.

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                                                • Hört sich eigentlich alles interessant an, wenn auch bei manchen auf ziemlich schräge Weise. Ist aber schon enttäuschend, dass es nur so wenige sind, wenn das hier der Auftakt zu einer Themenwoche sein soll.

                                                  • Großartig! Ich liebe Dystopien (also nicht, das ich mir wünschen würde, das auch nur irgendeine davon Wirklichkeit werden würde, ihr versteht) :)
                                                    Vor einiger Zeit gab's ja schonmal eine Themenreihe zu Dystopien (war da nicht auch Andrea bzw. sciencefiction, die Autorin?). Eine ganze Themenwoche dazu, die sämtliche Bereiche der Thematik abdeckt, wäre prima. Interessiert mich wirklich sehr.
                                                    Gibt viele tolle Filme, die dystopische Zukunftsvisionen zum Thema haben. Nur ein paar Beispiele: "Metropolis" (quasi die Ur-Dystopie), "Blade Runner", "Matrix", "Die Klapperschlange", "Brazil", "Equilibrium", "12 Monkeys", "Uhrwerk Orange" und der originale "Robocop".
                                                    Passenderweise habe ich die letzten beiden übrigens erst vor kurzem zum ersten Mal gesehen. Morgen kommt dann auch meine Rezi zu "Robocop"
                                                    Und in dieser Woche werd ich mir garantiert noch "Snowpiercer" ansehen. Bin schon gespannt.

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