Miss_Jupiter - Kommentare

Alle Kommentare von Miss_Jupiter

  • 8

    Sylvain (Gilles Lellouche) und Vigo (Jonathan Zaccaï) wurden entlassen. Aus Rache sprühen sie Graffitis an die Mauer der Firma ihres ehemaligen Arbeitsgebers. Danach setzen sie sich ins Auto und fahren alkoholisiert wie die Wahnsinnigen mit überhöhter Geschwindigkeit davon. Auf einem menschenleeren Gelände überfahren sie einen Mann. Sie entsorgen den Toten und nehmen dessen Koffer mit einer Unmenge Geld an sich und verstecken diesen. Was sie nicht wissen: der Tote wollte mit dem Geld seine entführte kleine Tochter freikaufen. Diese wird aber tot auf dem Gelände aufgefunden, hergerichtet wie eine Puppe mit einem Lächeln im Gesicht. Die beiden Polizisten Lucie (großartig: Mélanie Laurent) und Pierre (Éric Caravaca) ermitteln in diesem Fall. Erst viel später wird ihnen klar, dass die Graffitisprüher und der Fall des ermordeten Mädchens zusammenhängen. Als wieder ein Kind spurlos verschwindet, ruft das die alarmierte Lucie auf den Plan...

    Fazit: Alfred Lot's "La Chambre des morts" (Die Kammer der Toten) von 2007 basiert auf dem gleichnamigen Roman von Franck Thilliez. Der düstere französische Thriller ist ein nahezu perfekter Streifen aus atemloser Spannung, einer erschütternden Atmosphäre sowie hervorragender Kameraführung, Inszenierung und Bildsprache. Die Story erinnert stellenweise an "The Silence of the Lambs" und bietet ein ebenso schreckliches Katz- und Maus-Spiel, das sich aus nicht verarbeiteten Traumata, Misshandlungen und Vernachlässigung zusammensetzt. Die Ermittler Lucie, eine alleinerziehende Polizistin und Mutter von Zwillingen und ihr Partner Pierre knien sich in den morbiden Fall und vor allem Lucie entdeckt Zusammenhänge, die ihren Kolleginnen und Kollegen entgangen sind. Der derbe Plot kennt kein Erbarmen und strotzt nur so von Widerlichkeiten und abartigen Handlungen. Lucie, selbst Mutter, geht der Fall der Mädchen äußerst nahe und sie gibt nicht eher auf, bis sie den oder die Mörder erwischt hat. Die Suche wird aber für sie zu einem lebensgefährlichen Unterfangen, dessen Ausgang ungewiss erscheint.

    In "La Chambre des morts" werden explizit die schwarzen seelischen Abgründe verschiedenster Charaktere erfasst, beinahe schon analysiert, in heftigen und trotzdem ästhetischen Bildern eingefangen und sind ziemlich verstörend. Obwohl sehr viele Dinge im Verborgenen bleiben, hinterlassen die wenigen, meist nur angedeuteten Einblicke, die an die Oberfläche schwimmen, ein eiskaltes und sehr unangenehmes Gefühl. Die zahlreichen Tiersymboliken in diesem Streifen stehen als Metaphern für die Fehlbarkeit und Grausamkeit vieler Menschen. Schon alleine die Ausstattung und Präsentation einiger gezeigter Räume sorgt hier für eine Gänsehaut.

    Ausgezeichneter, recht komplexer und harter Streifen mit hervorragenden Darstellern und einer an die Nieren gehenden Handlung.
    Kann den nur weiterempfehlen!

    32
    • 6 .5
      über Retreat

      Martin (Cillian Murphy = Robert Oppenheimer) und seine Frau Kate (Thandie Newton) machen Urlaub auf einer einsamen, abgelegenen walisischen Insel in einem Cottage, um ihre angeknackste Ehe zu retten. Als der Strom ausfällt und Doug (Jimmy Yuill), der eigentlich vom Festland zu ihnen kommen wollte, um zu helfen, fernbleibt, werden die Eheleute langsam nervös. Auch über CB-Funk ist niemand mehr zu erreichen. Als ihnen auch noch der verletzte Soldat Jack (Jamie Bell) ins Haus schneit, wird es zunehmend gefährlich für die beiden. Denn Jack weiß sehr schnell, sich zu behaupten, die Kontrolle an sich zu reißen und Befehle zu erteilen. Was er ihnen mitteilt, ist kaum zu glauben. Eine Pandemie wäre in ganz Europa ausgebrochen, nichts und niemand könnte ihnen helfen und sie müssten sich verbarrikadieren, damit das Virus nicht hereinkommen könnte. Martin und Kate lassen sich erstmal darauf ein, obwohl Kate schnell Zweifel an Jack's Absichten kommen. Ihr Mann lässt sich währenddessen von Jack manipulieren...

      Fazit: "Retreat" (Rückzug) von Carl Tibbetts (sein Regiedebüt) ist ein britisches Endzeitdrama, das sich anfühlt wie ein düsteres Kammerspiel, da hier eigentlich nur 3 Personen agieren. Zwei davon fühlen sich dem dritten ausgeliefert, da sie nicht wissen, was Sache ist und kein Außenstehender die diffusen Behauptungen des Soldaten bestätigen kann. Sie sind auf sich alleine gestellt, in dem Haus gefangen, vollkommen isoliert von der Außenwelt und werden von dem Fremden vereinnahmt, der sich immer merkwürdiger verhält.
      Zwischenzeitlich werden die Konflikte zwischen Martin und Kate immer offensichtlicher und ein nicht verarbeitetes Trauma legt sich wie eine dunkle Wolke über ihre Seelen. Das und der in höchstem Maße aggressive, manipulative und unberechenbare Jack lässt den Aufenthalt im Cottage zu einer Tour de Force für alle werden.
      Die durchaus mysteriöse und surreale Atmosphäre ist ein großer Pluspunkt für den Streifen und Jamie Bell als Jack ist großartig. Cillian Murpy spielt hier auch ganz annehmbar, während Thandie Newton etwas blass bleibt, jedoch gegen Ende des Films aus sich herausgeht. Das Ende ist *Spoiler* nicht vorhersehbar und deswegen schockierend.

      Kleiner, feiner Thriller aus Großbritannien mit schönen Landschaftsaufnahmen, aus dem man spannungsmäßig noch viel mehr hätte herausholen können, der aber trotzdem unterhält und keine Längen aufweist.

      36
      • 8
        Miss_Jupiter 17.03.2024, 12:35 Geändert 17.03.2024, 12:38

        Die blutjunge Jesse (klasse: Elle Fanning) startet ihre Modelkarriere in Los Angeles, verschweigt ihr wahres Alter von 16 Jahren und gibt sich als 19 aus, um überhaupt gebucht zu werden. Ihre Kolleginnen oder besser gesagt, ihre Konkurrentinnen erkennen sofort, dass Jesse sehr besonders und vollkommen anders ist und somit von der Norm abweicht, die im Modelgeschäft eigentlich verlangt wird. Gerade diese Andersartigkeit wird von ihrer Umwelt als sehr anziehend und faszinierend empfunden und weckt Begierden. Es dauert nicht lange, und der Neid und die Missgunst ist bei den Kolleginnen geweckt...

        In kalten, blauen und auch roten (Neon)Farben versteht es Nicolas Winding Refn, eine sehr unangenehme und düstere Atmosphäre in diesen Film zu integrieren, der eine höchst beunruhigende Wirkung auf den Zuschauer ausübt und ihn unbewusst frösteln lässt. Es gibt nichts Schönes in der Modelwelt, selbst die Schönheit der Mädchen ist in Wahrheit eine hässliche Maske, die sie während und ganz besonders am Ende des Films ablegen, um ihr wahres Gesicht und auch ihre wahre Natur zu zeigen und die hat leider nichts mit Menschlichkeit zu tun.

        Kalt, unmenschlich und erbarmungslos hält die Kamera auf die Gesichter und Körper der Mädchen, die nahezu emotionslos und geradezu unnatürlich ihren Job verrichten. Einzig Emotionen kommen auf, wenn es um ihre Beziehung zu Jesse geht, dann sieht man plötzlich einen Hauch von negativen Gefühlen auf ihren verzerrten Antlitzen.

        Auf visueller Ebene ist der Streifen top, emotional gesehen herrscht eine komplette Leere und tiefste Schwärze.

        In Nebenrollen sind u.a. Keanu Reeves als dubioser und mysteriöser Hotelmanager Hank sowie Jena Malone und Christina Hendricks zu sehen.

        "The Neon Demon" ist ein (Horror)Film, der eine Eiseskälte ausstrahlt: Liebe, "Schönheit" und menschliche Wärme sucht man in ihm vergeblich. Er ist abstoßend, gleichzeitig faszinierend und verstörend und trotz alledem ungemein fesselnd.

        Prädikat: Ausgezeichnet!

        34
        • 10

          Wolltest du schon einmal jemand anderes sein? Ja, das wollte bestimmt schon fast jeder. "Being John Malkovich" ist eine aberwitzige und surreale Groteske und geht dieser Frage und ihrer Antwort auf sehr skurrile Weise auf den Grund.

          Der arbeitslose Puppenspieler Craig Schwartz (John Cusack) gelangt aufgrund seines neuen Jobs als Büroangestellter durch einen geheimnisvollen Tunnel in den Kopf des berühmten Schauspielers John Malkovich, dessen Beruf es natürlich ist, in fremde Rollen zu schlüpfen. Kaum in dessen Kopf angekommen, gelingt es Schwartz, Malkovich praktisch fernzusteuern ihn für seine eigenen Zwecke auszunutzen und zu manipulieren. Aber es wird noch bizarrer und verrückter. John Malkovich katapultiert sich schließlich durch diesen Tunnel in seinen eigenen Kopf...

          Unter der Regie von Spike Jonze und mit dem genialen Drehbuch von Charlie Kaufman gelingt diesem Film eine Spagatwanderung zwischen realem Leben und einer reichlich paranoiden irren Welt, die eigentlich nur den bescheuertsten Träumen entsprungen zu sein scheint. Der Streifen ist wie ein verdrehtes Gemälde mit Türen und Treppen, die in einen selbst hineinführen.

          In "Being John Malkovich“ werden Rollentausch, Identitätskrisen und ein merkwürdiges, weil abgefahrenes Dreiecksverhältnis thematisiert. Das höchst kafkaeske 7½. Stockwerk in einem Wolkenkratzer mit einer Raumhöhe von nur eineinhalb Metern ist sowieso vollkommen gaga. Dort kann man sich nur in gekrümmter Haltung fortbewegen. In der Wohnung von Schwartz und seiner bisexuellen Ehefrau (klasse und kaum wiederzuerkennen: Cameron Diaz) sind obendrein als ständige Mitbewohner u.a. ein Schimpanse und ein Leguan zugegen. Hervorragende Situationskomik, unendlicher Witz, aber auch die nötige Ernsthaftigkeit und vor allen Dingen die fantastische Idee für diesen herrlich bekloppten unkonventionellen Streifen ergeben eine geniale Mischung, die nur sehr selten in Filmen dieses Genres zu finden ist. Cusack spielt seine Rolle herausragend und mit der nötigen Portion Menschlichkeit. Auch die Gastauftritte haben es in sich: Sean Penn, Brad Pitt, Dustin Hoffman, Winona Ryder, Charlie Sheen und selbstverständlich John Malkovich as himself veredeln zusätzlich dieses brillante Meisterwerk, das vor Selbstironie in Kombination mit einer skurrilen, abgedrehten und surrealen Atmosphäre nur so strotzt.
          Die Oscarnominierungen für Regisseur Jonze, Kaufman (das grandiose Drehbuch) und Catherine Keener, die in einer Nebenrolle als Schwartz' attraktive Kollegin Maxine zu sehen ist, waren mehr als verdient.

          Äußerst sehens- und -empfehlenswert!

          31
          • 5

            Securityfachmann Adam (Danny Dyer, "Human Traffic", "Severance", "The Hooligan Factory") stattet die Wohnung der Geschäftsfrau Alice (Gillian Anderson, "The X-Files", "The Fall", "The Mighty", "The Crown", "Hannibal", "The Last King Of Scotland") mit Überwachungskameras aus. Zum Dank dafür nimmt Alice ihn abends mit auf eine Party ihres Chefs. Dort kommen sich die beiden näher. Auf dem Nachhauseweg durch einen Wald macht ihr Auto unliebsame Bekanntschaft mit einem Hirsch. Dazu gesellen sich noch die Insassen eines Jeeps, den sie zuvor überholt haben. Die Männer schlagen Adam brutal zusammen und vergewaltigen Alice. Adam und Alice bewahren hierüber Stillschweigen.
            Nach diesem Vorfall schmieden die beiden (bei dem Überfall verlor Adam sein linkes Auge) jedoch Rachepläne...

            Fazit: der britische Rape- and Revenge-Thriller "Straightheads" ist recht kurz und nie langatmig, hat dafür aber eine höchst fragwürdige Message zu bieten. Die Selbstjustiz, die darin dargestellt wird, ist eigentlich der Mittelpunkt, um den sich alles dreht und simplifiziert die nachvollziehbaren Gedankengänge der beiden Opfer herunter auf ein barbarisches Niveau, womit sie letztendlich dann übers Ziel hinausschießen.
            Anderson spielt recht gut die vergewaltigte Frau, in der sich immer mehr Vergeltungsgedanken aufdrängen, je öfter sie über die Sache nachdenkt. Ihre Stärke lässt es nicht zu, dass Adam sich ihr widersetzt, denn er hat anfangs Bedenken und Skrupel. Die Handlungen der beiden Hauptprotagonisten kann man zwar im Ansatz verstehen, diese werden aber immer rücksichtloser, womit Alice und Adam natürlich keinen Deut besser sind als die Täter. Dass die Tochter des Hauptverdächtigen ihnen ins Gehege kommt, verändert besonders Alice.

            "Straightheads" ist ein gewalttätiger Film, der wegen seiner zweifelhaften Inszenierung sowie Aussage doch recht bedenklich erscheint.

            Von mir gibt es deshalb nur 5.0 Punkte, da ich das ganze Geschehen nur mit äußerstem Widerwillen angeschaut habe und mir nicht ganz wohl dabei war.

            27
            • 10
              Miss_Jupiter 14.03.2024, 14:15 Geändert 14.03.2024, 14:45

              "The Excorcist" (1973) von William Friedkin nach einem Roman von William Peter Blatty ist auch heute noch für mich der ultimative Horrorfilm, der diese Bezeichnung auch wirklich verdient. Obwohl dieser Streifen nach heutigen Maßstäben vielleicht angestaubt bzw. altmodisch erscheinen mag, vermag er dennoch immer noch durch seine stellenweise düstere und sehr dichte, intensive Atmosphäre Angst zu verbreiten. Der Director's Cut mit dem legendären "Spiderwalk" ist nur einer von vielen Gänsehautmomenten...

              Vieles wird in "Der Exorzist" thematisiert. Blasphemie, Versagens- und Verlustängste, Mutter-Tochter-Beziehung, Glaubensverlust, Religionskritik und ganz allgemein der Einfluss der katholischen Kirche und ihr "sorgsam verstecktes" und immer noch wirksames "Heilmittel" gegen Besessenheit oder dämonische Kräfte, die der kleinen Regan (Linda Blair) innewohnen und die sich vorerst in aggressivem und obszönem Verhalten äußern.

              Da bei ihrer Tochter die Wesensveränderungen immer schlimmer werden, physisch bei Regan aber alles in Ordnung zu sein scheint und die Ärzte hilflos vor einem Rätsel stehen sowie die Behandlung aufgegeben haben, konsultiert Regan's verweifelte Mutter Chris schließlich Pater Merrin, der nach einigem Sträuben einen Exorzismus bei ihrem Kind durchführen will.

              Der eher angenehm zurückhaltende Anfang, in dem die Protagonisten dem Zuschauer vorgestellt werden, mit all ihren Sorgen, kleinen Fehlern und Unzulänglichkeiten und die vor allen Dingen überzeugend und menschlich agierende Ellen Burstyn als Chris MacNeil, die wirklich alles in ihrer Macht stehende für ihr Kind tun würde, verleihen diesem Film eine zusätzliche Stärke und Glaubwürdigkeit, weitab von übertriebenen oder überzogenen Momenten.

              Auch die übrigen Darsteller wie Max von Sydow als Pater Merrin und der fantastische Jason Miller (Pater Karras) überzeugen. Mike Oldfield's 'Tubular Bells' wird mich bis in alle Ewigkeit an diesen Film erinnern.

              Absoluter Kultfilm: mysteriös, unheimlich und anspruchsvoll noch dazu!

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              • 6
                Miss_Jupiter 13.03.2024, 17:37 Geändert 13.03.2024, 18:08

                Laura (Florencia Colucci) will zusammen mit ihrem Vater ein altes Haus renovieren. Kaum dort angekommen, ereignen sich mysteriöse Dinge, wie z.B. ein Poltern von oben. Laura's Vater ignoriert die Warnung eines Freundes, die baufällige Treppe nach oben nicht zu benutzen und geht hinauf. Da Laura ihren Vater schreien hört, geht sie ebenfalls nach oben, findet ihn aber dort nicht vor. Nachdem sie wieder unten im Wohnzimmer angekommen ist, liegt ihr Vater blutüberströmt und tot am Boden. Die junge Frau weiß nicht, was oder wer sich noch außer ihr in dem Haus befindet und macht sich angsterfüllt auf die Suche...

                Fazit: Gustavo Hernández' Psychothriller "The Silent House" (2010) ist eine Mischung aus "Blair Witch Project", "REC" und "Paranormal Activity", kommt aber nicht an die Qualität dieser Streifen heran, obwohl der Film aus Uruguay schon eine beklemmende Atmosphäre hat. Diese entwickelt sich aus der Angst der Protagonistin, die irgendwann vollkommen alleine und eingeschlossen in diesem unheimlichen und dunklen Gebäude gefangen ist und nie weiß, wo sich der Eindringling gerade befindet und vor allem, was er mit seinem Tun beabsichtigt. Die Isolation ist hier sehr gut eingefangen, da die Kamera ständig an der Hauptdarstellerin "klebt", sozusagen hinter ihr herschleicht, wie das auch ein Fremder, der dort nichts zu suchen hat, machen würde. Sie (die Kamera) kriecht durch Einengungen, Autofenster und die unmöglichsten Winkel und der ganze Film wurde in einem Take aufgenommen. Da gibt es wirklich keine Cuts, manchmal ist es für Sekunden stockdunkel in einigen Räumen, die dann nur durch das Blitzlicht einer Polaroidkamera erhellt werden. Da könnte es schon sein, dass in diesen Momenten Schnitte durch- bzw. eingeführt wurden, die man jedoch logischerweise nicht bemerkt. Die Inszenierung ist hier zwar relativ ruhig, jedoch durch die raffinierte Kameraführung wird hier ein ganz besonderes Eigenleben geboten, das um Laura und ihre Furcht kreist.

                Das Ende wird durch *Spoiler* einen seltsamen Twist herbeigeführt, der irgendwie nicht so recht in das vorherige Geschehen passen will, viel erklärt wird nicht und man vermutet nur, was in der Vergangenheit passiert sein könnte, da Laura vor sich hin rezitiert und man dadurch Schlussfolgerungen ziehen kann.

                Direkt im Anschlussjahr kam dann schon ein Remake mit Elizabeth Olsen heraus, das ich noch nicht gesehen habe. Viele meinen aber, dass es besser sein soll als das Original aus Uruguay.

                Durch einige unnötige Wiederholungen in diesem Film (Laura schleicht durch Flure und Räume und hält dabei eine Lampe und das macht sie fast schon in Endlosschleife) entwickelt der Streifen einige Längen, die man besser hätte ausfüllen können. Trotz dieser kleinen Defizite ist "The Silent House" nicht unspannend, ähnelt aber schon einem Kammerspiel. Trotzdem gibt es von mir 6.0 Punkte. Zuallererst spielt Florencia Colucci überraschend gut und es gibt sogar ein paar Schockmomente, die nie vorauszusehen sind. Überdies spielt der Film mit der Erwartung der Zuschauer und entlässt diese in atemlose Stille, wenn sie "böse" Überraschungen vermuten.

                "The Silent House" kann man sich ganz gut ansehen. Eine Enttäuschung ist er auf jeden Fall nicht.

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                • 10
                  Miss_Jupiter 12.03.2024, 11:52 Geändert 12.03.2024, 13:13

                  "The Thing" ("Das Ding aus einer anderen Welt") von John Carpenter (1982) ist imho besser als das Original aus dem Jahr 1951.
                  Das Grauen erwächst langsam, aber stetig in der abseits und einsam gelegenen Forschungsstation in der Antarktis. Die Männer, die isoliert und auf sich gestellt, plötzlich mit einer außerirdischen Lebensform konfrontiert sind, verlieren mehr und mehr ihr Vertrauen zueinander, ab und an auch ihren Verstand, das Misstrauen wächst parallel mit der immer mehr um sich greifenden Angst vor dem Unbekannten.

                  Wer ist noch menschlich?, diese Frage zieht sich über die Hälfte des Films wie ein roter Faden durch das mysteriöse und unheimliche Geschehen. Eisig sind nicht nur die Außentemperaturen, sondern auch das soziale Umfeld und somit Dinge wie Urvertrauen, Loyalität und Freundschaft. Diese verlieren sich in absoluter Kälte, die am Ende nur noch Verzweiflung und auch den Tod zurücklässt.

                  Der fantastische Soundtrack von Ennio Morricone passt hundertprozentig zu diesem Film und vermag es schon in der Anfangssequenz beim Zuschauer ein ungutes Gefühl hervorzurufen. Die heftigst verstörende und kalte (sogar nicht nur wortwörtliche) Atmosphäre hinterlässt ein furchtbar mulmiges und unangenehmes Gefühl und sehr oft auch eine Gänsehaut.
                  Einer der besten, wenn nicht gar der beste!! Science Fiction/Horrorfilm der frühen achtziger Jahre mit für damalige Verhältnisse sensationellen handgemachten und ekeligen Spezialeffekten vom zu dieser Zeit blutjungen und brillianten Make-Up-Artist Rob Bottin.

                  Die großartigen Darsteller, u.a. Wilford Brimley, David Clennon, Donald Moffat, Richard Masur, Charles Hallahan, Keith David (als Childs) und natürlich Kurt Russell spielen die Paranoia-Karte dermaßen echt aus, dass es einem nahegeht. Eine weitere geniale Nebenrolle hat ein Husky inne, der in seiner Schauspielkunst den menschlichen Kollegen in nichts nachsteht.

                  Völlig zu unrecht ist "The Thing" damals in den Kinos gefloppt, erhielt aber später den berechtigten Kultstatus!

                  Kurt Russell als MacReady war sozusagen prädestiniert für diese Rolle und John Carpenter in seiner absoluten Höchstform als Regisseur.

                  "The Thing" basiert übrigens auf dem Kurzroman "Who goes there?" von John W. Campbell.

                  Äußerst empfehlenswert!

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                  • 7 .5
                    Miss_Jupiter 10.03.2024, 19:57 Geändert 11.03.2024, 10:49

                    Alicia (genial: Juno Temple) besucht ihre Cousine Sara (Emily Browning) und deren Freunde in Chile. Sara muss aber erst noch mal zurück in die USA, um dort eine Klausur zu absolvieren. Solange ist Alicia alleine mit den ihr fremden Leuten in einem einfachen Haus auf einer einsamen Insel, umgeben von einer herrlichen Naturlandschaft.
                    Die labile junge Frau scheint jedoch an einer Psychose zu leiden und diese ist es auch, die ihr vollkommen banale und harmlose Dinge als monströs, unheimlich und bedrohlich erscheinen lassen. Mit ihrer zurückhaltenden und merkwürdigen Art kommen Sara's Freunde immer weniger zurecht. Der übergriffige Brink (Michael Cera) lässt Alicia seine Abneigung ihr gegenüber immer eindringlicher und deutlicher spüren und die junge Frau fühlt sich in der unbekannten Umgebung und unter den ihr immer suspekter erscheinenden Fremden mit jeder Sekunde unwohler und entwickelt sogar Angst vor ihnen. Was für andere, gesunde Menschen normal erscheint, ist für Alicia eine große Bedrohung und auch, als Sara wiederkehrt, bessert sich ihr Zustand nicht, ganz im Gegenteil. Sie wird zu einer Gefahr für sich und die anderen...

                    Fazit: Der im höchsten Maße irritierende und unangenehm anzuschauende Psychothriller (verdient diese Bezeichnung vollkommen zu recht) "Magic, Magic" von Sebastián Silva ist durch seine diffuse, beklemmende und auch nahegehende Inszenierung manchmal schwer zu ertragen. Dies liegt vor allem an der hervorragenden Leistung der Hauptdarstellerin Juno Temple, die sehr eindringlich einen Menschen spielt, der langsam, aber sicher, seinen Verstand verliert und an seiner Paranoia zu zerbrechen droht. Die bedrohliche und psychologisch ausgefeilt subtile Atmosphäre steigert sich in diesem Streifen immens zu einem gänsehautähnlichen und abstrakten Gesamtgemälde, das durch die krankhafte Veränderung von Alicia in quälender Art und Weise zu einem Zerrbild erwächst, aus dem die Protagonistin nicht mehr flüchten kann. Ihre verzerrten, teils surrealen Wahrnehmungen bzw. Wahnvorstellungen können schließlich nicht mehr die Realität von halluzinatorischen Trugbildern unterscheiden, weshalb Sara und die anderen an ihrer Gesamtsituation verzweifeln und nicht mehr weiterwissen. In diesem Streifen sind -wie oben schon erwähnt- die normalen Dinge des Lebens diejenigen, die in der Handlung eine unheimliche und mysteriöse Bedeutung entwickeln, die man als Zuschauer/Zuschauerin ohne mentale Probleme fast nicht erfassen und verstehen kann.
                    Wer jemals an einer psychischen Erkrankung (und hier besonders: Angst- und Panikstörung und ebenfalls Psychose) gelitten hat, kann sich aber mit Alicia identifizieren und für diese Menschen ist die Sichtung bestimmt intensiv, recht anstrengend und kaum auszuhalten. Ich fand "Magic Magic" sogar regelrecht erschütternd und bewunderte Juno Temple für ihre ausgezeichnete, authentische und sehr schwierige Rolle.

                    Sehenswerter Geheimtipp. Große Empfehlung!

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                    • 4 .5

                      Sean (Nathan Phillips) wird in Honolulu unfreiwillig Zeuge eines Mordes. Um ihn zur Aussage gegen den Killer vor Gericht in L.A. zu überzeugen und ihn hinzubringen, fliegt FBI-Agent Neville Flynn (Samuel L. Jackson) mit ihm dorthin. Die beiden fliegen erster Klasse, während die übrigen Passagiere mit der Economy Class vorlieb nehmen müssen. Was alle nicht wissen: in der Frachtabteilung des Fliegers befinden sich viele, sehr giftige Schlangen, die von Gangstern dort platziert wurden. Mit Pheromonen in Rage gebracht, büxen die Tiere aus, richten in dem Flugzeug massiven Schaden an und dezimieren nach und nach die Menschen an Bord.
                      Flynn, Sean und die Flugbegleiterin Claire (Julianna Margulies) versuchen, das Chaos so gering wie möglich zu halten und zu überleben...

                      Fazit: David R. Ellis' Horrorkomödie "Snakes on a Plane" ist leider nicht so lustig ausgefallen, wie das genannte Genre vermuten lässt. Außerdem nimmt sich der Streifen viel zu ernst und zu wichtig. Nicht unspannend, verliert sich der Film leider in den gängigen Klischées von Gut und Böse und ist in vielerlei Hinsicht auch arg vorhersehbar. Die tapferen Crewmitglieder sowie der mutige FBI-Mann Flynn verdingen sich als Lebensretter und haben natürlich alles soweit im Griff.
                      Da "Snakes on a Plane" doch recht kurzweilig ist und keine Längen aufkommen, kann man den sich schon mal zwischendurch geben. Jackson spielt seine Rolle akzeptabel, ist aber im großen und ganzen leicht unterfodert und bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten, noch mehr aus seinem Spiel herauszuholen. Dageben haben die CGI-Schlangen einiges an Screentime, sehen dafür aber auch genauso künstlich aus und wirken etwas zu "glatt" und unnatürlich. Die übrigen Darsteller bleiben relativ blass, nur Margulies hat mir als Claire ganz gut gefallen.

                      Der Streifen hat mit Horror nicht sehr viel zu tun und die Dramaturgie lässt ziemlich zu wünschen übrig. Man hätte aus ihm sehr viel mehr machen können, ließ ihn dann aber zu einem mageren Trash-Stück verkommen, das sehr viel mehr sein will, als es letztendlich ist.

                      Ich habe mich weder gegruselt, noch Schnappatmung bei der Sichtung bekommen, habe ihn nur geschaut, weil ich schon einiges darüber gelesen und gehört hatte und der bei vielen Moviepiloten doch ganz gut ankam. Bei mir war es leider nicht der Fall.

                      In einer Nebenrolle: Lin Shaye, die Elise aus der "Insidious"-Reihe als eine weitere Flugbegleiterin.

                      Irgendwie skurril, aber doch eher enttäuschend. Hatte mir mehr davon versprochen.

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                      • 8

                        Im viktorianischen London, hier im Bezirk Limehouse, treibt ein brutaler Serienmörder sein Unwesen, der ganz im "Stil" von Jack, The Ripper mordet.
                        Inspektor Kildare (Bill Nighy) wird mit der Suche nach dem Killer beauftragt, parallel jedoch versucht er, der jungen Lizzie (großartig: Olivia Cooke) zu helfen, die des Mordes an ihrem Ehemann angeklagt ist, im Gefängnis sitzt und der die Todesstrafe droht.
                        Lizzie ist eine der Frauen, die, während dieser Zeit von der dominanten Männerwelt unterdrückt, mit schier unbändigem Willen und Mut versucht, ihren Weg zu gehen und sich ihren Traum von einem Beruf im Varieté zu erfüllen. Der Darsteller Dan Leno unterstützt sie dabei und ist einer von wenigen männlichen Zeitgenossen, die die Würde und Selbstbestimmung der Frau respektieren.

                        Kildare indessen sucht mit seinem jüngeren Kollegen fieberhaft nach dem Mörder und sieht sich einer Herausforderung gegenüber, die schon fast unlösbar erscheint. Ein Hinweis ergibt sich aus der jüdischen Mystik, dass ein sogenannter Golem, ein menschenähnliches, aus Lehm gebildetes Wesen hinter den Morden stecken könnte.
                        Er vermutet jedoch auch eine Verbindung zwischen den furchtbaren Verbrechen und dem Fall Lizzie...

                        Fazit: großartig verfilmt, mit wunderbaren Kostümen, hervorragendem, sehr düsterem und teilweise dreckigem Setting und einer eigenwilligen Ästhetik sowie Atmosphäre, erwartet den Zuschauer mit "The Limehouse Golem" eine seltsam bizarre und auch traurige Story, hochspannend und emotional.

                        Die Rechte der Frauen in der viktorianischen Zeit wurden buchstäblich mit Füßen getreten, degradiert zu willenlosen Marionetten, die nur dazu dienten, ihren Ehemännern die ehelichen Pflichten zu erfüllen. Entweder das oder man endete als Straßenprostituierte. Die maßlose Selbstüberschätzung und das unfassbar widerliche Ego der männlichen Protagonisten ist einfach nur abstoßend. Eigene Wünsche, Sehnsüchte und Träume der Frauen wurden im Keim erstickt. Dies wird in dem Streifen auf bitterböse Weise am Beispiel von Lizzie dargestellt. "The Limehouse Golem" von Juan Carlos Medina ist ein anspruchsvoller und dunkler Streifzug durch eine Zeitepoche, in der man (als Frau) nicht so gerne gelebt haben dürfte, es sei denn, man war von Geburt an "privilegiert". Die Mischung aus Thriller, Krimi, feministischem Drama und Horror funktioniert hier einwandfrei.

                        Die großartigen Darsteller, allen voran der wunderbare Bill Nighy als Kildare, Douglas Booth als Dan Leno, Olivia Cooke als Lizzie und Eddie Marsan als 'Uncle' punkten noch zusätzlich. Und die Varietédarbietungen sind wirklich hervorragend inszeniert. Auch mit dem überraschenden Ende rechnet man nicht wirklich.

                        Überaus empfehlenswert.

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                        • 9
                          Miss_Jupiter 06.03.2024, 12:12 Geändert 06.03.2024, 18:00

                          Victoria begeht im viktorianischen London Selbstmord, indem sie sich von einer Brücke stürzt. Der entstellte und exzentrische Wissenschaftler, Dr. Godwin Baxter (Willem Dafoe) findet sie, pflanzt ihr das Gehirn ihres ungeborenen Kindes ein und erweckt sie mit unorthodoxen Mitteln wieder zum Leben.
                          Bella (Emma Stone), das "neue" erstaunliche Geschöpf, wächst in Baxter's Haus auf, hat selbstverständlich das Gemüt eines unschuldigen Kleinkindes, ist völlig unbedarft und entdeckt die für sie unbekannte Welt. Je älter sie im Geiste wird, desto wissbegieriger und neugieriger wird sie auch. Baxter's Assistent Max McCandles (Ramy Youssef) empfindet Gefühle für sie. Aber auch Bella entdeckt ihren Körper und mit ihm ein Lustgefühl, das ihr Befriedigung und persönliche Freiheit in jeder nur erdenklichen Hinsicht bringt, nicht nur im sexuellen Sinn. Der schmierige und misogyne Anwalt Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo) nutzt dies in schamloser Weise aus und beginnt, das Wesen für sich einzunehmen und zu beeinflussen. Bald will Bella nur noch weg aus diesem "Gefängnis" und geht mit Duncan auf große Weltreise...

                          Das feministische Drama "Poor Things" ('Arme Dinger' oder ganz frei übersetzt: 'Arme Würstchen') von Yorgos Lanthimos behandelt das altbekannte Frankensteinthema ganz neu und recht unkonventionell aus weiblicher Sicht bzw. arg speziell mit einer fantastischen und leicht angehauchten Steampunk-Atmosphäre sowie einer außergewöhnlich originellen und cleveren Ästhetik.

                          Bella Baxter pfeift irgendwann auf sogenannte Konventionen und verlogene Moralvorstellungen, kritisiert und demontiert in ihrem eigenen, ganz pragmatischen Wortsinn und mit ihrem äußerst eigenwilligen und klugen Verstand die gesamte Gesellschaft und hinterfragt mit weiter wachsendem Intellekt alles und jeden. Dass sie damit schließlich ganz besonders bei den Männern nicht mehr nur mit ihren weiblichen Reizen punkten kann, sondern aneckt, interessiert sie überhaupt nicht. Sie bemerkt, dass ihre erwachende Sexualität sie nicht nur befreit, sondern auch in der Lage ist, manipulativ zu agieren. Dies geht soweit, dass ihre männliche Anhängerschaft sogar den Verstand zu verlieren droht. Hinter ihrer vordergründigen Naivität versteckt sich ein menschenähnliches Geschöpf, das seine Gefühle auf eine höchst merkwürdige und verletzend offene Art auszudrücken vermag, mit denen die "feine" Gesellschaft nicht mehr umgehen kann und will.

                          Dass Regisseur Yorgos Lanthimos die emanzipatorische Wandlung Bellas sehr oft ad absurdum führt und man genau das Gegenteil vermuten könnte, wird in vielen Szenen offenbar, in denen Bella sich augenscheinlich den Männern ausliefert bzw. ihre Unterdrückungsinstinkte weckt, in Wahrheit stellt aber SIE ganz genau klar, wer das Sagen hat und nennt ihre Bedingungen. Diese Absurdität lässt den emanzipatorischen und feministischen Gedanken manchmal in einem ganz seltsamen Licht erscheinen, das auch sehr viele Zuschauerinnen und Zuschauer an dem Streifen bemängeln und kritisieren. Es ist aber genau diese Ambivalenz, die den Film so interessant macht.
                          Darüber hinaus benutzt Lanthimos in "Poor Things" herrlich abgedrehte Stilmittel, die diesen Film einzigartig machen. Angefangen von der bombastischen Bildsprache, der speziellen Kameraarbeit, die mit der sogenannten Fischaugenoptik eine diffuse, aber dennoch punktgenaue Darstellung von Szenen bietet, bei denen Personen oder andere Dinge in den Fokus gerückt werden sollen. Visuell und optisch ist "Poor Things" einfach überwältigend und brilliant und wirkt wie ein überdimensionales surreales Gemälde.

                          Am Anfang in s/w gedreht, da Bella in ihrer Motorik und sprachlich auf der Ebene eines Kleinkindes steckt, dies wird damit sehr gut zum Ausdruck gebracht. Je mehr sie für sich selbst entdeckt und im Inneren älter wird, desto bunter und farbenfroher wird das Geschehen auf der Leinwand und desto bunter und schriller werden auch die großartigen Kostüme, besonders die von Bella. Das Setting ist genauso phänomenal und hat schon eine Klasse für sich und der verrückte Score ist manchmal in seiner Tonalität etwas gewöhnungsbedürftig, passt hier aber haargenau.
                          Der sarkastische Wortwitz, der sich aus den Dialogen zwischen Bella und Wedderburn und auch mit anderen Gesprächspartnern ergibt, sticht durch einen wunderbar simplen und schwarzen Humor hervor und die Einfachheit, Ehrlichkeit, aber auch Klarheit dessen, was sie von sich gibt, ist entlarvend und hält ihren zynischen Mitmenschen deshalb unbewusst den Spiegel vor.

                          Was auch noch viele mokieren, sind die vielen Sexszenen, die ich aber persönlich für außerordentlich wichtig erachtet habe, denn anders hätte man Bella's positiven Charakter, der auch in dieser höchst intimen und körperlichen Hinsicht beinahe naiv und dennoch liebenswert erscheint, nicht inszenieren können. Gerade in diesen Szenen bzw. Situationen kann man ihren scharfen, analytischen und beobachtenden Intellekt betrachten und begreifen. Ihr Gerechtigkeits- und auch Realitätssinn lässt sie in gewisser Weise auch politisch aktiv werden. Das Wesen Bella ist bei weitem menschlicher und emotionaler als die egozentrischen und egoistischen Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung und das macht sie umso verletzlicher, moralischer und sympathischer. Ihre Evolution ist damit praktisch abgeschlossen.

                          Wie sagte jemand vor kurzem so passend: 'Für diese Art Filme wurde das Kino geschaffen.' Dem stimme ich zu. Visuell, optisch und auch thematisch ist dieser Film ein Meisterwerk geworden. Er ist witzig, traurig, intelligent, gesellschaftskritisch, überaus anspruchsvoll und hat einen ganz besonderen Charme, dem man sich schwerlich entziehen kann. Die Darsteller sind überragend, aber Emma Stone als Bella ist genial. Solch eine schwierige und provokante Rolle zu spielen, erfordert wirklich sehr viel Mut. Den hat sie.

                          In einer Nebenrolle zu sehen, was mich sehr gefreut hat: Fassbinder-Ikone Hanna Schygulla.

                          Achso, wer hier wirklich das arme Würstchen ist, findet man recht schnell heraus.

                          "Poor Things" ergeht es wie so vielen anderen Filmen auch, die nicht sehr einfach, zu unbequem und deswegen nicht für jeden zugänglich sind: die einen hassen ihn und die anderen lieben ihn. Dazwischen gibt es nicht mehr viel. Ich liebe ihn.

                          "Poor Things" basiert auf dem Roman: 'Poor Things: Episodes from the Early Life of Archibald McCandless M.D., Scottish Public Health Officer' von Alasdair Gray.

                          Prädikat: Herausragend.

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                          • 7 .5

                            Wir begleiten Jess (Lisa Chappell) und Rob (Robert Taylor), ein sympathisches Ehepaar irgendwo in Australien. Zu ihrem Glück fehlt aber ein Kind. Also fahren sie in eine Kinderwunschklinik. Am Empfang sitzt Evan (Sam Parsonson), ein junger Mann mit erheblichen psychischen Problemen und menschlichen Defiziten. Er verguckt sich auf Anhieb in Jess, findet natürlich ihre Adresse heraus und jobbt bei ihrem Mann in dessen Fischfangunternehmen, um ihr nahe zu sein.
                            Mit einem Trick erschleicht er sich Jess' Vertrauen und schläft mit ihr. Jess bereut diesen Fehltritt sofort, beichtet ihrem Mann aber ihren Seitensprung nicht. Evan interpretiert alles falsch und glaubt, seine große Liebe gefunden zu haben. Da Jess schwanger wird, glaubt er auch noch, der Vater des ungeborenen Kindes zu sein. Er stalkt Jess, wie und wo es geht, folgt ihr auf Schritt und Tritt, wird immer aufdringlicher und auch gefährlicher und Jess' Angst vor ihm wächst und wächst...

                            Fazit: Der australische Thriller "Coffin Rock" (2009) dreht sich nicht nur um das perfide und manipulative Spiel des Stalkers Evan, sondern auch um das angespannte Verhältnis zwischen den Eheleuten. Der unerfüllte Kinderwunsch steht schon lange wie eine Mauer zwischen ihnen und sie kommunizieren aneinander vorbei. Dies hat Regisseur Rupert Glasson hervorragend eingefangen und inszeniert. Man merkt sowohl Jess, aber auch Rob ihre Verzweiflung an und das Eheleben der beiden gerät nach und nach aus den Fugen. Jess' 'Ausrutscher' mit Evan ist dann sozusagen das i-Tüpfelchen, welches die Beziehung vollends ins Wanken bringt.

                            Der Streifen steigert sich spannungsmäßig von Minute zu Minute, ist er am Anfang noch sehr ruhig mit der Vorstellung der beiden frustrierten Hauptcharaktere Rob und Jess, lässt er sich dann keine verschwendete Zeit mehr, um in Fahrt zu kommen. Die Gefahr, die von Evan ausgeht, ist hauptsächlich psychischer Natur, aber er wird auch irgendwann handgreiflich. Parsonson spielt diesen Psychopathen auf eine grandiose Weise, so dass auch der Zuschauer/die Zuschauerin Angst vor ihm bekommt. Seine brutale Vorgehensweise bekommt aber leider nicht nur Jess zu spüren.

                            Eine angespannte Atmosphäre umgibt den gesamten Film und man wohnt gebannt und aufgeregt von der ersten bis zur letzten Sekunde der immer brenzliger werdenden Handlung bei. In kleinen, fiesen Einblendungen in Evan's vollkommen verdrehter Welt erfährt man schließlich, wie es zu seiner angeknacksten Psyche kam.

                            Prädikat: sehr sehenswerter Streifen aus Down Under und leider nicht so sehr bekannt.

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                            • 8
                              Miss_Jupiter 03.03.2024, 13:19 Geändert 03.03.2024, 14:00

                              6 Frauen begeben sich auf einen Abenteuertrip in den Appalachen. Eine von ihnen, Sarah (Shauna Macdonald, "Filth" ("Drecksau"), "Star Wars: The Last Jedi"), versucht damit, ihrem Trauma zu entfliehen, das sie vor einem Jahr ereilt hat.
                              Die Höhle, die die Frauen ausgesucht haben, ist wohl noch unerforscht. Zu Beginn sind alle begeistert von der unglaublichen Schönheit, die sich ihnen tief unten bietet, doch nach einem massiven Durchgangseinsturz sitzen sie erst einmal fest und versuchen, einen weiteren Ausgang aus dem riesigen unterirdischen Terrain zu finden. Sie müssen allerdings zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie nicht alleine dort unten sind...

                              Fazit: Neil Marshall's erbarmungsloser Psycho-/Horror-Thriller "The Descent" (2005) ist schon fast ein Drama, das sich aus dem subtilen Beziehungsgeflecht -vor allem- zwischen Sarah und der toughen Juno (Natalie Mendoza) ergibt. Was Juno mit Sarah's Trauma zu tun hat, wird nach und nach deutlich und ist neben der zunächst mysteriösen Gefahr, die sie in der Höhle umgibt, ein Hauptfaktor für das immer stärker werdende Unbehagen, das die Frauen ergreift. Das Grauen erwächst nicht nur durch die unheimlichen Wesen, die dort unten augenscheinlich schon lange leben, sondern durch das angespannte Verhältnis zwischen Sarah und Juno, die sich als Anführerin fühlt und sich auch so aufführt, was nicht immer auf Zustimmung stößt und zu Streitereien und Unstimmigkeiten führt.
                              Die -selbstverständlich- düstere und aus sich selbst heraus logische dunkle Atmosphäre und die unangenehm mit anzusehenden Szenen in engen Verzweigungen, in denen die Protagonistinnen öfter mal feststecken, lässt Klaustrophobiker (wie ich einer bin) mit schwitzenden Händen und klopfendem Herzen zurück.

                              Der Streifen erzeugt wirklich Angst, da die eigentlich sehr starken Frauen auf einmal in eine ausweg- und fast hilflose Lage hineinmanövriert werden, was auch den Zuschauer/die Zuschauerin ebenso hilflos werden lässt. Dies schafft der Film nahezu mühelos und man wird durch heftig derbe und krasse Szenen schockiert. Der Überlebenswille ergreift die Frauen, besonders Sarah, die sich im Laufe der Handlung vollkommen verändert, was genauso erschreckend und ernüchternd ist wie die Story an sich.

                              Die äußerst beklemmende, verstörende, raffinierte und schon beinahe psychologisch quälende Inszenierung, die Isolation von der Außenwelt, die in unglaublich weiter Ferne zu sein scheint und der großartig aufgebaute Plot mit einer langsam anschwellenden Spannung lässt das Zusehen bzw. Mitleiden zu einer Tour de Force werden. Die genialen Szenen in dieser riesigen Höhle sind wahrlich atemberaubend, wurden aber teilweise in Studios gedreht, das dann aber wirklich brilliant und man bemerkt den Unterschied zwischen Kulissen und einer natürlichen Höhle überhaupt nicht mehr.

                              Die hervorragenden Darstellerinnen vermögen es, ihrem (verzweifelten) Spiel eine glaubhafte und authentische Nuance zu verleihen und besonders MacDonald und Mendoza brillieren hier auf ganzer Linie.
                              In einer weiteren Nebenrolle: Nora-Jane Noone als Holly ("The Magdalene Sisters", "Brooklyn").

                              Auch wenn sehr zeitlich klar wird, wer hier der Feind ist, tut das der unglaublichen Spannung und dem wortwörtlichen Horror keinen Abbruch.

                              *Spoiler*: Der böse "Twist" am Ende macht einen noch zusätzlich fertig.

                              Habe "The Descent" schön öfter gesehen, aber noch gar nicht bewertet. Wurde hiermit nachgeholt.

                              Prädikat: Ausgezeichneter und auch anspruchsvoller "Schocker", der diese Bezeichnung auf jeden Fall verdient.

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                              • 8

                                "King Kong" war Peter Jackson's großer Traum. Bei seiner Umsetzung von 2005 hielt er sich fast genau an das Original und die Handlung spielt im Jahr der Weltwirtschaftskrise und der großen Depression 1933. Zum Inhalt muss eigentlich nicht mehr viel geschrieben werden, denn der sollte hinlänglich bekannt sein.
                                Obwohl Jackson sich für seine Charakterzeichnungen ziemlich viel Zeit lässt, kommen keine Längen auf und der Film bietet nahezu perfekt inszeniertes Popcorn-Kino mit allem, was das Cineasten-Herz begehrt: Action, Romantik, Spannung, Abenteuer, wohltuenden Grusel, eine unheimliche, fremde Umgebung und gegen Ende hin eine überwältigende, aber nie übertriebene, Sentimentalität, die so manchem das Wasser in die Augen treibt.

                                Auch die Darsteller geben ihr Bestes: Naomi Watts als Ann Darrow, das Objekt von Kong's Begierde, Jack Black als egoistischer Filmemacher Carl Denham und Adrien Brody als Jack Driscoll, der die holde Maid aus den Fängen des verliebten Riesenaffen retten will. Recht gute CGI-Effekte, allen voran natürlich Kong machen diesen Streifen zu einem wunderbaren (Seh-)Erlebnis mit einer beeindruckenden Visualität und zu einer großartigen und würdigen Hommage an den weltberühmten Klassiker. Die Interaktionen zwischen dem Riesenaffen und Ann (Watts) sind geprägt von Angst, selbstverständlich gegenseitigem Respekt und einer behutsamen, fast zärtlichen Annhäherung, die in den Augen und der Körpersprache von Kong, aber auch in denen von Ann auf eine unbewusste und schöne Art und Weise abzulesen sind.

                                Peter Jackson ist mit "King Kong" ein charmantes und spektakuläres Remake des Kultfilms gelungen, das durch seinen eigenwilligen Charme, die intensive Atmosphäre, die sehr guten Effekte und das hervorragende Setting, die tollen Darsteller und nicht zuletzt durch seinen "Star" Kong ein Sinnbild unterdrückter wilder Natur durch den Einbruch der Zivilisation in seine, Kong's Welt, abgibt und gleichzeitig eine Geschichte über eine unmögliche tabuisierte Liebe ist.

                                In weiteren Nebenrollen: Kyle Chandler, Jamie Bell, Thomas Kretschmann, Colin Hanks und Andy Serkis.

                                Fazit: kann man eigentlich in einigen Abständen immer mal wieder anschauen, man wird niemals enttäuscht!

                                (lost comment)

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                                • 5 .5

                                  Mysteriöse Todesfälle häufen sich unter den Studenten einer US-Uni. Da auch Josh (Jonathan Tucker, "In the Valley of Elah", "Hostage", "The Virgin Suicides"), der Freund von Mattie (Kristen Bell, "Scream 4") unter den Toten ist, versucht sie, den Grund für diese Selbstmorde zu finden. Hilfe erfährt sie dabei von Dexter (Ian Somerhalder, "Lost"), der genauso ein Computernerd ist wie ihr toter Freund einer war.
                                  Nach vielen Nachforschungen und noch weiteren Todesfällen müssen die beiden schließlich erkennen, dass geheimnisvolle Hacker das gesamte System in ihrer Stadt und wohl auch weltweit infiziert, nicht nur lahmgelegt, sondern auch zerstört haben (Handys, PC's, Computersysteme in Firmen und Behörden, etc.). Diese Hacker sind aber mit menschlichem Verstand nicht zu begreifen und zu erfassen und weitere unheimliche Dinge geschehen. Irgendwann herrscht nur noch das blanke Chaos...

                                  Fazit: "Pulse" (2006) von Jim Sonzero nach einem Drehbuch von u.a. Wes Craven bemüht sich um Spannung, was dem Streifen nur äußerst bedingt und redlich bemüht gelingt. Was mir gefallen hat, war die permanent düstere Atmosphäre, die sich auch durch die eingedämmte Bildsprache, die beinahe sepiafarbenen Szenerien und die dunklen und trostlosen Gebäude, Wohnungen und Zimmer auszeichnete. Das Setting war auch ganz passabel. Vieles im Plot hat man natürlich schon mal irgendwie irgendwo gesehen und einiges erinnerte mich während der Handlung an "Ring".
                                  Die Hauptprotagonisten Somerhalder und Bell spielen einigermaßen erträglich und die Prämisse des Films ist noch nicht einmal so ganz abwegig. Nur ist das Ganze etwas drüber und einige Logiklöcher, vor allem die Handlungsweisen der Darsteller betreffend, sind hier ganz erheblich.

                                  Ganz so übel war "Pulse" nicht, einmal kann man den sich ganz gut anschauen, aber es bleibt nicht so sehr viel hängen. Dazu ist er einfach zu übertrieben plakativ und klaut halt bei dem von mir o.g. Film. Manches ist auch vorhersehbar und ist deswegen nicht wirklich subtil.
                                  Aus diesem Thema hätte man sehr viel mehr machen können, als ein hektisch und oft lieblos zusammengeschustertes und geklautes Konglomerat aus anderen -guten- Versatzstücken kreieren zu müssen.

                                  Was lernen wir daraus bzw. aus diesem Schlamassel? Das Netz ist natürlich mal wieder an allem schuld.

                                  Gedreht wurde der Streifen wohl hauptsächlich in Rumänien.

                                  In einer kleinen, aber feinen Nebenrolle: der geniale Brad Dourif ("One flew over the Cuckoo's Nest", "Heaven's Gate", "Der Wüstenplanet (Dune)", "Blue Velvet", "The Lord of the Rings", "Bad Lieutenant", "Alien: Resurrection", "Deadwood").

                                  Bin nicht ganz so streng wie andere Moviepiloten und komme hier mit sehr viel Nachsicht noch auf 5.5 Punkte (den halben Zusatzpunkt gab es für Dourif).

                                  'Do you want to meet a ghost?'...

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                                    Miss_Jupiter 28.02.2024, 11:36 Geändert 28.02.2024, 12:15
                                    über Darling

                                    Mickey Keating's "Darling" (2015) ist ein seltsamer, eigenartiger und surrealer Thriller, der Ähnlichkeiten zu Polanski's "Der Mieter" und "Ekel" aufweist. Man fühlt sich manchmal auch an Hitchcock's "Psycho" erinnert.

                                    "Darling" ist eine höchst beunruhigende, bizarre und sonderbare Mischung aus Wahn und Wirklichkeit und könnte fast als Experimentalfilm durchgehen. Hier stehen die Kraft und Suggestion der Bilder an erster Stelle und bieten Raum für eine beklemmende Atmosphäre, die mit unangenehmen Stroboskoplichtern, vielen blitzschnell eingeworfenen Cuts (die immer erschrecken) und halluzinatorischen, schockhaften Episoden untermalt sind. Zwischendurch gibt es langsame und auch lange Einstellungen oder auch Stills der Kamera, die aber keine Beruhigung bringen, ganz im Gegenteil.

                                    Darling (großartig: Lauren Ashley Carter) ist mittendrin im merkwürdigen Plot, der einigen Interpretationsspielraum bietet, vor allem am Ende und der sich in vielen Szenen alleine im Kopf des Betrachters abspielt und einige vordergründige oder verständliche Dinge im Verborgenen lässt. Somit bleibt hier vieles ein Rätsel, was aber sehr positiv für den Streifen ist.

                                    Der in s/w gedrehte und sehr eigenwillige, verstörende und unkonventionelle Film gewinnt durch die düstereren Komponenten noch mehr surreale und unheimliche Eindrücke, diese entwickeln beinahe ein Eigenleben und besitzen eine ungeheure, unglaubliche Aussagekraft und der teils heftige, an die Nieren gehende bedrohliche Score lässt dem Zuschauer kaum Zeit, um durchzuatmen. Ob die Protagonistin hier wirklich langsam dem Wahnsinn verfällt bzw. ihren Verstand verliert oder eine Psychose entwickelt, bleibt ebenso offen. Da sollte sich jede/r selbst eine Meinung bilden.

                                    Bei einigen Szenen ist es wirklich besser, dass "Darling" in s/w inszeniert wurde. Mehr verrate ich nicht und ich schreibe auch nichts zum Inhalt.

                                    Sehr dialoglastig ist der Film nicht, es wird wirklich nicht viel geredet, aber die riesigen Augen von Darling verraten mehr, als es verbal zum Ausdruck gebracht werden könnte. Überhaupt hat Keating mit Carter eine geniale Hauptdarstellerin gefunden, die alleine nur durch ihre Mimik sehr viel über ihr Seelenleben ans Licht befördert, ohne dabei zu sprechen und die im Laufe der Handlung eine schreckliche Veränderung durchlebt.

                                    In einer Nebenrolle als "Madam": Sean Young ("Blade Runner").

                                    Höchst sehenswert im wahrsten Sinne des Wortes!

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                                      Miss_Jupiter 27.02.2024, 12:02 Geändert 27.02.2024, 12:48

                                      Tarantino's provokantes und leicht übertriebenes Meisterwerk "Inglourious Basterds" funktioniert auf den verschiedensten Ebenen. Es ist sowohl hauptsächlich eine bitterböse (Kriegs-)Satire, aber auch ernstes Drama, Thriller und sogar bei komödiantischen Aspekten kann man fündig werden. Als großer Fan von Quentin Tarantino's Werken fasziniert mich dieser Streifen immer wieder aufs Neue, sobald ich ihn mir ansehe. Der Rachefeldzug der Jüdin Shosanna Dreyfus (Mélanie Laurent) gegen SS-Oberst Hans Landa (herrlich diabolisch und fies: Christoph Waltz), der ihre gesamte Familie im von deutschen Soldaten besetzten Frankreich ermordet, ist ein geniales Beispiel für perfekt und meisterhaft inszeniertes Filmschaffen und Tarantino's Gespür für die nicht gerade historisch einwandfreie, aber trotz der eigentlich ernsten und finsteren Thematik dennoch glänzend unterhaltende und intelligente Tour de Force ist ein wahres Fest für jeden Cineasten.

                                      Brad Pitt als Nazijäger Aldo Raine ist der Kopf der Basterds, einer Gruppe jüdischer Soldaten, die hinter feindlichen Linien auf französischem Boden Angst und Schrecken unter deutschen Soldaten verbreiten. Sie lassen sich unter britischem Befehl für ein Himmelfahrtskommando einspannen, um die führende Naziriege bei einer Filmpremiere in einem Pariser Kino zu töten. Die Betreiberin des Kinos, unsere Shosanna, die das damalige Massaker als Einzige überlebte, hat allerdings schon ihre ganz eigenen Pläne für den Abend...

                                      Fazit: Das hervorragende Drehbuch, die skurrile Atmosphäre mit einer einzigartigen und eigenwilligen Bildsprache, die überragenden Schauspielleistungen aller Darsteller (Waltz, Daniel Brühl und natürlich August Diehl und Michael Fassbender in der grandiosen Kellerbarszene) und der geniale Plot heben diesen Film auf ein außerordentlich hohes Niveau. Unglaublich spannend, action- und dialoglastig, aggressiv, gefährlich leise und dann wieder unruhig, sehr brutal, aber auch humorvoll und in großartigen, ästhetischen Bildern eingefangen, wohnt man beinahe atemlos jeder Szene bei. Gänsehautmomente gibt es sehr viele, aber diese eine ist besonders eindringlich, wenn Shosanna sich zu David Bowie's "Cat People (Putting Out Fire)" lasziv ihre Lippen schminkt.

                                      "Inglourious Basterds" ist selbstverständlich ein legendärer, harter und kontroverser Streifen wie so viele von Tarantino, aber auch einer der zynischsten und -im positiven Sinne- bösesten Filme, die ich kenne und deswegen einer meiner "All-Time Favorites".

                                      Bewertung: Lieblingsfilm (10.0 mit ♥)

                                      (verschwundener Kommi)

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                                      • 7 .5

                                        Eine Mauer zwischen den USA und Mexiko hochziehen....?? Oh wait, das kam/kommt einem doch irgendwie bekannt vor. Was oder wen diese Mauer genau abhalten soll, ist in diesem Streifen nicht näher definiert... Flüchtlinge oder gar die furchterregenden, riesigen Kreaturen, die sich seit einigen Jahren in Zentralamerika breit machen und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen? Auf jeden Fall ist Mexiko jetzt zu einer völlig entfremdeten Welt geworden.

                                        In Rückblenden wird erzählt, wie es zu dieser Alieninvasion kam. Eine Weltraumkapsel mit Proben von fremdartigen Lebewesen an Bord stürzte vor Jahren im Luftraum über Mexiko ab und infizierte fast ein ganzes Land. Das US-Militär erklärte den Großteil Mexikos zur "Infected Zone" und versucht nun mit allen Mitteln, die Kreaturen hinter der Grenze zu halten.
                                        Der Reporter Andrew (Scoot McNairy) soll Samantha (Whitney Able), die Tochter seines Chefs, durch die verbotene Zone nach Hause in die Vereinigten Staaten zu ihrem Verlobten bringen, bevor die Mauer endgültig hochgezogen und versiegelt wird. Auf dem Weg dorthin quer durch militärisches Sperrgebiet erfahren beide das Ausmaß dieses Szenarios und erleben auf ihrer gefährlichen Reise furchteinflößende und lebensbedrohliche Situationen...

                                        Fazit: Regisseur Gareth Edwards ("Godzilla", "Rogue One: A Star Wars Story", "The Creator") verzichtet in dem dystopischen "Monsters" auf allzu vordergründige Effekte, die fremdartigen Wesen spielen eigentlich eine untergeordnete Rolle, sind aber trotzdem immer als latente Bedrohung präsent, vor allem in der Nacht.
                                        Die beiden Hauptdarsteller machen ihre Sache sehr gut, einige kleine Längen sind durchaus zu verschmerzen und eine permanent mysteriöse und unheimliche Atmosphäre durchzieht diesen Film, bei dem man sich des öfteren die Frage stellt, wer denn nun die eigentlichen wahren Monster sind? Die Kreaturen sind es nur bedingt, es liegt in ihrer Natur... die wirklichen Monstrositäten sind zum einen die menschenfeinliche Umgebung, zu dem der Großteil Mexikos geworden ist, das Bombardement durch das US-Militär, das sehr viele zivile Opfer forderte und hauptsächlich die schlechte Behandlung der Menschen im Grenzgebiet, die nun zu Flüchtlingen im eigenen Land werden.

                                        Der Film entzieht sich eigentlich jedem gängigen Genre, er übt eine seltsame Faszination auf den Zuschauer aus und ist eher ruhig (bis auf einige Ausnahmen). Gerade diese Ruhe ist es, die eine permanente Spannung erzeugt. Der Streifen ist mit einer eigenwilligen Bildsprache unterlegt und durch seine Thematik auch recht anspruchsvoll, hat eine in sich stimmige einzigartige Atmosphäre und einen traurigen (politischen) Bezug zur Realität.

                                        Die stellenweise wunderschönen Landschaftsaufnahmen in Mexiko haben einen seltsam melancholischen und wehmütigen Anstrich und zwischen den beiden Hauptprotagonisten entwickelt sich eine zarte, bittersüße und höchst sympathische Lovestory, die jedoch keine Zukunft haben wird.

                                        Prädikat: Äußerst sehenswert.

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                                        • 7 .5

                                          Die junge Mexikanerin Ambar (großartig: Cristina Rodlo), die lange Zeit ihre todkranke Mutter gepflegt hat, versucht nun, in den USA ein neues Leben zu beginnen. Job- und Wohnungssuche erweisen sich als schwierig, da sie illegal eingereist ist. Nach langen Bemühungen bekommt sie schließlich ein Zimmer in einem düsteren großen Mietshaus, dessen unheimliche Besitzer ein sehr dunkles, mysteriöses und garstiges Geheimnis in diesem Gebäude verbergen.
                                          Ambar wird nachts von schlimmen Träumen und Visionen geplagt und schon bald mit dem schrecklichen Geheimnis des Hauses unliebsame Bekanntschaft machen...

                                          Fazit: "No One Gets Out Alive" von Santiago Menghini ist ein fieser, kleiner Horrorthriller aus dem Hause Netflix, der seine Spannung langsam aufbaut, um im weiteren Verlauf der Handlung und besonders am Ende mächtig an Fahrt zu gewinnen und auch immer gewalttätiger wird. Die Hauptprotagonistin Ambar ist eine unglückliche junge Frau, die in ihrem bisherigen Leben viele Schwierigkeiten und Rückschläge erlitten hat und die auf einmal ungeahnte Kräfte mobilisiert, um aus diesem furchtbaren Haus und somit der mysteriösen Gefahr und der Dunkelheit (die sie auch selbst umgibt) zu entfliehen.

                                          Dinge aus der Vergangenheit, die sie gerne vergessen würde, verfolgen sie noch zusätzlich. Cristina Rodlo als Ambar spielt den innerlich zerrissenen und am Leben verzweifelnden Menschen überraschend gut.

                                          Das deprimierende, riesige und düstere Mietshaus sorgt in diesem Streifen für eine zusätzliche niederschmetternde und trostlose Atmosphäre und scheint ein seltsames Eigenleben zu besitzen, das durch Mark und Bein dringt.

                                          Sehenswert, er kommt hier auf mp bei den meisten leider nicht sehr gut an!

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                                          • 5
                                            Miss_Jupiter 23.02.2024, 17:38 Geändert 23.02.2024, 17:41

                                            Der kleine Sohn von Englischprofessor Mike Lawford (Nicolas Cage) verschwindet bei einer Halloween-Parade spurlos. Vorher sagt Charlie (Jack Fulton) noch einen mysteriösen Satz zu seinem Vater: 'Wir müssen den Geist bezahlen.'
                                            Die Suche nach ihm bleibt auch nach einem Jahr des Verschwindens erfolglos. Polizeiliche Maßnahmen bringen nichts, deswegen wird Mike alleine tätig und kommt einem uralten Geheimnis, das mit Halloween zu tun hat, auf die Spur. Auch schon Jahre zuvor sind immer wieder Kinder am 31. Oktober spurlos verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Aufgrund dieser Entdeckung begibt sich Mike in dunkle Gefilde und Abgründe und setzt sich mit Hexenverfolgung und keltischen Bräuchen auseinander. Seine Noch-Ehefrau Kristen (Sarah Wayne Callies, "The Walking Dead") hilft ihm trotz anfänglichem Zögern bei der Suche nach dem geliebten Sohn. Seit seinem Verschwinden haben sich die Eheleute auseinandergelebt. Die Angst um Charlie und die gemeinsame Suche schweißt sie jedoch wieder zusammen...

                                            Fazit: Uli Edel's Myster-Thriller "Pay the Ghost" lässt nach einem guten Anfang aber spätestens ab der Mitte merklich in der Spannungskurve nach und das Ende ist recht fade und haut einen nicht vom Hocker. Aus der Prämisse des Streifens hätte man viel mehr herausholen können, schöpfte jedoch das vorhandene Potenzial leider nicht aus. So bleibt nur ein gerade noch durchschnittlicher Film übrig, der nicht so recht weiß, ob er in die Drama-, Horror- oder Okkult-Ecke driften soll. Irgendwann biegt er dann halt vollkommen falsch ab.

                                            Cage gibt sich als sorgender Vater in seiner Rolle alle Mühe, um ihr vollstens gerecht zu werden und bricht auch schon mal in Tränen aus. Callies bleibt recht blaß in der Rolle von Charlie's Mutter und Edel schaffte es sogar, Veronica Ferres in einer kleinen Rolle unterzubringen. Viel zu tun hat die Ferres nicht, die paar Sätze, die sie sagt, sind relativ unbedeutend und irgendwann im Laufe der Story fällt sie *kleiner Spoiler* tief und ward nicht mehr gesehen.
                                            Ab und an gibt es ein paar düstere Momente, ein wenig Okkult-Hokuspokus und ein -wie schon oben angegeben- fast schon lächerliches Ende mit Hui-Buh-Effekten, das dann auch nichts mehr rausreißt.

                                            Keine Ahnung, warum Cage in so einem, beinahe schon, nichtssagenden 'Thriller' mitgespielt hat. Er dachte wohl, in einem Film mitzuwirken, bei dem Edel Regie führte, der einst "Christiane F." verfilmte, wäre eine supergute Idee. Aber Cage hat einfach bessere Rollen verdient.

                                            In einer Nebenrolle als blinder Mann ist Stephen McHattie zu sehen.

                                            Bewertung: leider nur 5.0. Zu mehr konnte ich mich nicht aufraffen.

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                                            • 7 .5

                                              Tim Burton's "Sleepy Hollow" gefällt mir aus mehreren Gründen sehr gut. Da ist zum einen die morbide, spannende, düstere und unheimliche Atmosphäre und Inszenierung, die sich durch den gesamten Streifen zieht. Düster ist der Film im wahrsten Wortsinn, denn irgendwie wird es nie richtig hell und es ist sehr oft ziemlich neblig.
                                              Ebenso das Setting ist hochinteressant. Der Film kommt fast ohne CGI-Effekte aus, aus diesem Grund erzielt er auch seine Faszination und Spannung. Dann wäre da die gruselige Story des kopflosen Reiters, der nicht nur seinen eigenen Kopf verloren hat, sondern auch andere um deren Haupt bringt.

                                              Der Humor kommt hier auch nicht zu kurz, für den sorgt alleine schon Hauptprotagonist Johnny Depp, der wie geschaffen für diese Rolle scheint.
                                              Das Geheimnis hinter der ganzen Geschichte wird so ziemlich am Ende offenbart, ist nicht unbedingt vorauszusehen und hält den Zuschauer bei der Stange. Ein Film, den man sich immer wieder mal ansehen kann. Johnny Depp als etwas ängstlicher New Yorker Police Constable Ichabod Crane spielt hier einfach nur köstlich. Er wächst irgendwann über sich selbst hinaus, bezwingt damit seine Ängste und löst den Fall.
                                              "Sleepy Hollow" basiert auf einer Episode von Washington Irving's Erzählung "Die Sage von der schläfrigen Schlucht" ("The Legend of Sleepy Hollow)" und benutzt auch Charaktere hieraus.

                                              Weitere großartige Rollen spielen u.a. Christina Ricci als Katrina Anne van Tassel, Miranda Richardson, Jeffrey Jones, Christopher Lee, Christopher Walken als Der Hesse/Kopfloser Reiter und Casper Van Dien ("Starship Troopers").
                                              Ricci und Van Dien sieht man heute leider nicht mehr so oft, und wenn doch, haben sie bei ihrer Rollenauswahl kein gutes Händchen bewiesen. Leider.

                                              Burton's Haus- und Hofkomponist Danny Elfman schrieb mal wieder die passende Filmmusik zu diesem herrlich schaurigen Horrormärchen aus dem Reich der Mythen.

                                              Immer wieder sehenswert!

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                                              • 7 .5
                                                Miss_Jupiter 21.02.2024, 12:54 Geändert 21.02.2024, 13:05
                                                über Ring

                                                Ein Video, das Menschen tötet, nachdem sie es angeschaut haben, beschäftigt irgendwann auch Rachel (Naomi Watts), eine Journalistin. Ihre Nichte gehört zu einem der Opfer. Da Rachel es ebenfalls gesehen hat, erhält sie nun, wie alle anderen davor, einen mysteriösen Anruf. Die Stimme erzählt ihr, dass sie in 7 Tagen sterben wird. Um sich und vor allem ihrem Sohn Aidan (David Dorfman) vor dem Tod zu schützen, stellt sie mit Hilfe ihres Ex und Aidan's Vater Noah (Martin Henderson) Nachforschungen über das Video und seine Entstehungsgeschichte an. Was sie dabei entdeckt, ist schrecklich und erschütternd zugleich...

                                                Fazit: Gore Verbinski's "Ring" (2002) ist ein Remake des japanischen Originals "Ringu" (1998) von Hideo Nakata. Es basiert auf dem Roman von Kōji Suzuki (1991). Die Neuverfilmung gefällt mir persönlich besser als "Ringu", obwohl die Story nahezu gleich ist.
                                                Vor allem hat mir Naomi Watts als Rachel unglaublich gut darin gefallen, da sie sich nicht nur entschlossen, sondern auch behutsam an das Rätsel heranwagt und ihr Verhalten als liebende Mutter sehr nachvollziehbar erscheint. Ihr autistisch anmutender und verhaltensauffälliger Sohn (Dorfman) ist aber fast genauso unheimlich wie der Hintergrund der Geschichte und nervt durch sein neunmalkluges Verhalten relativ oft. Das ist aber zu verschmerzen, denn die gesamte Handlung und die sehr dichte Atmosphäre sind so undurchdringlich wie das Schicksal der kleinen Samara (Daveigh Chase), die anscheinend der Auslöser für die furchtbaren Ereignisse ist.

                                                Eine betont ruhige Bildsprache wird durch gruselige und unruhige Momente unterbrochen, die deswegen ziemlich nahegehen. Die Protagonisten sehen sich mit einem Geheimnis konfrontiert, welches das menschliche Fassungsvermögen zu übersteigen droht. Das Entsetzen über das, was schließlich herauskommt, hinterlässt bei Rachel ambivalente Gefühle.

                                                Einige Szenen bleiben aufgrund ihrer Intensität tief im Gedächtnis und auch das Video ist gleichermaßen angsteinflößend wie arg verstörend. Visuell ist der Streifen ebenfalls großartig und die brilliante Kameraarbeit trägt ihr übriges zu dem unheimlichen Plot bei. Auch der wunderschöne Soundtrack gefällt.
                                                Die hervorragenden Landschaftsaufnahmen ähneln sehr dem US-Bundesstaat Maine, wurden aber in Wahrheit in Neuseeland und auch in der Hauptstadt Wellington gedreht.

                                                In einer kurzen, aber prägnanten Nebenrolle ist Brian Cox als Richard Morgan zu sehen.

                                                Auch heute noch ist "Ring" sehenswert und angsteinflößend und man kann ihn schon beinahe als Kultfilm bezeichnen. Aber vielen gefällt wohl das japanische Original weitaus besser, was ich persönlich nicht bestätigen kann.

                                                (Da ich den auf mp trotz seines einigermaßen 'hohen' Alters noch gar nicht bewertet hatte, füge ich hier direkt noch einen Kommentar hinzu.)

                                                P.S. Seit "Ring" hasse ich Brunnen.

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                                                • 8

                                                  Die drei unterschiedlichen Frauen Sukie (Michelle Pfeiffer), Jane (Susan Sarandon) und Alex (Cher) leben in dem kleinen Kaff Eastwick, sind ohne Mann und allesamt geschieden. Sukie hat überdies einen "Stall" voll Kinder. Desillusioniert und enttäuscht fristen sie ihr ereignisloses Dasein in der Kleinstadt und erwarten eigentlich nichts mehr vom Leben. Doch eines Tages kommt der ältere, recht interessante Daryl Van Horne (teuflisch gut: Jack Nicholson) nach Eastwick und verdreht der Damenwelt gehörig den Kopf. Die drei Freundinnen versuchen alles, um seine Gunst zu gewinnen und entwickeln dabei magische Kräfte...

                                                  Fazit: "The Witches of Eastwick" von George Miller aus dem Jahr 1987 ist anspruchsvolles, intelligentes Drama, Komödie und Fantasy in einem, angehaucht mit Horrorelementen und lebt von der Darstellungskunst seiner Protagonisten. Pfeiffer, Cher und Sarandon spielen die leicht verbitterten und vom Leben enttäuschten Frauen mit sehr viel Ironie, Humor, aber auch mit bitterem Ernst. Eigentlich sind sie toughe Frauen, die niemals aufgeben, aber durch den charmanten Van Horne (Nicholson) wird ihr emanzipatorisches Gebaren nahezu ad absurdum geführt, da sie -jede für sich- ihm absolut gefallen wollen und alles für ihn tun würden.

                                                  Van Horne derweil ist sich durch sein diabolisches Treiben allzu sicher, dass er die drei um den Finger wickeln und "besitzen" kann. Aber er hat sie -umnebelt vom Glauben an seine grenzenlose Überlegenheit- weit unterschätzt. Nicholson spielt, wie immer, genial. Zwischen Wahnsinn und philosophischen Ausbrüchen, nimmt man ihm den "Teufel in Menschengestalt" ab. "The Witches of Eastwick" ist eine kluge, witzige und auch manchmal traurige Mär über verlorene Träume, Ideale und Traummänner und -frauen, die man auch durch Magie und Wunschdenken nicht in die Realität katapultieren kann.
                                                  Die seltsame und geheimnisvoll verzauberte Atmosphäre, die großartige Inszenierung sowie die schöne Umgebung in Neuengland passen sehr gut zur Handlung. Der grandiose Richard Jenkins und Veronica Cartwright (genial als bigotte und neurotische Felicia) brillieren in wichtigen Nebenrollen.

                                                  Auch heute noch sehenswert!

                                                  'Darauf ein paar Kirschen.'

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                                                    Miss_Jupiter 18.02.2024, 19:29 Geändert 18.02.2024, 20:16
                                                    über Aniara

                                                    Der riesige Raumtransporter "Aniara" bringt 8.000 Menschen von der Erde auf den Mars, ihre neue Heimat. Die Erde ist durch Kriege und Umweltzerstörung unbewohnbar geworden.
                                                    Aus der eigentlich recht kurzen Reise wird aber nichts, denn "Aniara" stößt mit Weltraumschrott zusammen und kommt vom Kurs ab. Beschwichtigende Worte des Kapitäns werden erst mal ernst genommen. Die Wahrheit ist aber, dass "Aniara" niemals auf dem Mars ankommen wird, was der Crew durchaus bewusst ist.
                                                    Da für die vielen Passagiere ausreichend gesorgt ist, sei es mit Nahrung, anderen Konsumgütern und Vergnügungen aller Art, sorgen diese sich anfangs überhaupt nicht, sondern fröhnen den vielen Freizeitaktivitäten. Ganz besonders hat es ihnen die "Mima" angetan, ein ausgeklügeltes Computerprogramm, das ihnen in einem hallenähnlichen Raum die schönsten Visionen vorgaukelt, damit sie die Isolation, das Eingesperrtsein und das riesige, nicht endenwollende Weltall draußen um sie herum vergessen und psychisch gesund bleiben. Mimarobe (Emelie Garbers) kümmert sich um dieses Programm und ihre Klienten. Auch ansonsten wird in "Aniara" eigentlich recht normal gelebt, vor allem konsumiert, Sport getrieben, meditiert, geliebt, gearbeitet usw. Auch Kinder werden dort geboren.
                                                    Da die "Mima" eines Tages ihren Geist aufgibt und sich selbst auslöscht, fangen die Probleme und Schwierigkeiten innerhalb der großen Gemeinschaft an und weiten sich schließlich aus...

                                                    Fazit: manchmal entdeckt man kleine Filmperlen, die einem nicht sofort auf dem Schirm erscheinen. Das schwedische dystopische Sci-Fi-Drama "Aniara" ist eine davon. Der gewaltige Raumtransporter ähnelt einem Luxuskreuzfahrtschiff oder aber auch einer riesigen luxuriösen Einkaufs-Mall. Eigentlich ist er eine Mischung aus beidem, wo man sich anfänglich auch ganz gut aufgenommen fühlt.

                                                    Der Streifen ist eine Mischung aus "High-Rise", "Silent Running", "Snowpiercer" und "Midsommar" und legt offen, wie eine Gesellschaft, gefangen und isoliert in einem riesigen Raumschiff, ohne Möglichkeiten, sich in einer gesunden Umwelt und draußen an der frischen Luft aufzuhalten, sich irgendwann dergestalt verändert, dass anfängliche Hoffnungen und Träume wie Seifenblasen zerplatzen und sie sich verzweifelt eingestehen muss, dass sie nie ihr Ziel erreichen wird. Diese Vorstellung hinterlässt selbstverständlich bei jedem Individuum negative Gefühle, die dann nicht mehr von Konsum, Spaß, Drogen, Sex, kultischen Verehrungen, Religion und gegenseitigem Respekt und Vertrauen aufgefangen werden können, sondern sich ins hoffnungslose Gegenteil verkehren.
                                                    In "Aniara" wird das sehr authentisch herübergebracht. Die meistens gut gelaunten Passagiere sind nach 10 oder mehr Jahren im Innern des Raumschiffs zermürbt und deprimiert und alles läuft immer mehr aus dem Ruder.

                                                    Der philosophische Aspekt des Streifens beruht auf Harry Martinson's lyrischem Epos "Aniara - Revue vom Menschen in Zeit und Raum“ und genauso ist der Plot in diesem Film. Er ist unterteilt in Kapitel und alles bewegt sich vorwärts - in Zeit und Raum. Was sich dann nicht mehr bewegt, sind schließlich die Menschen an Bord, die, sei es durch Suizid oder andere Todesumstände, dezimiert werden. Einige verlieren auch ihren Verstand oder haben Psychosen, da sie keine Hoffnung mehr für sich sehen und wissen, dass sie die unendliche Reise ins Verderben führt. Wo am Anfang alles hell erschien, ist es am Ende düster, verlassen, trostlos und leer. Diese Leere bleibt am Schluss übrig, wenn *Spoiler* das Raumschiff, einem riesigen Sarkophag gleich, in Richtung eines wunderschönen, bewohnbar scheinenden Planeten vorbeigleitet. Dies ist wohl die Ironie der ansonsten bitteren Geschichte.

                                                    "Aniara" ist hervorragend inszeniert, visuell herausragend, das Setting des Raumschiffs ist phänomenal und die Szenen im All sind nicht nur wunderschön, sondern auch traurig, da man als Zuschauer weiß, dass es eine Reise ins Ungewisse bzw. in den Tod sein wird. Die Schönheit verspottet sozusagen die Passagiere, die wehmütig aus den Fenstern blicken. Die bitterböse, unangenehme und gallige Gesellschaftskritik ist von der ersten bis zur letzten Sekunde heftigst spürbar und hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Die harten Cuts in manchen Kapiteln erschrecken sogar, weil sie nicht vorhersehbar sind.

                                                    Die Darsteller sind allesamt klasse, besonders Emelie Garbers spielt hier fantastisch.

                                                    Prädikat: Ausgezeichnet, anspruchsvoll, mit gemächlichem Spannungsaufbau, genialer Bildsprache, atmosphärisch ungeheuer dicht und stellenweise richtig erschütternd und mit krassen (auch sehr freizügigen) Szenen untermalt. FSK 12 ist mMn mal wieder zu niedrig angesetzt.

                                                    Von meiner Seite aus sehr sehens- und empfehlenswert.

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