shortybuster - Kommentare
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"Honeymoon" ist ein klassischer Slowburn-Horrorthriller, der nach einer langen und harmonieverliebten Exposition mit einer immer größer werdenden Bedrohung für großes Unbehagen sorgen möchte.
Thematisch überrascht dabei zunächst kaum etwas - das frisch verheiratete Pärchen feiert die Flitterwochen in einer entlegenen Waldhütte am See, in der die Braut Bea Teile ihrer Kindheit verbracht hat. Wie der Zuschauer scheint auch ihr Mann Paul eher überrascht als übermäßig begeistert von der Honeymoonsuit, aber im Vordergrund steht ohnehin nur die Liebe der beiden, die körperlich intensiv praktiziert wird.
Bereits in dieser zunächst unschuldig bzw. unverdächtig erscheinenden Körperlichkeit steckt dann aber der Dreh- und Angelpunkt des Films. Denn aus der körperlich wie emotional offenherzigen Bea wird nach einem rätselhaften, schlafwandlerischen Ausflug in den umliegenden Wald ein zunehmend verschlossenerer Mensch. Vor allem körperlich eilt "Honeymoon" bald in Gefilde des Body Horrors, den man allerdings tunlichst nicht auf das Niveau eines Cronenberg-Streifens hieven sollte, da ihm der substanzielle Unterbau abgeht und dieses Element nur mehr den Horrorthrill befeuern soll. Wer bei Body Horror sofort an grässliche Mutationen und an Gallonen von Blut und Glibber denkt, der ist mit diesem Film zudem falsch bedient.
"Honeymoon" ist, wie eingangs ausgedrückt, vor allem ein subtiler Psychokampf zwischen den sich schrittweise entfremdenden Ehepartnern. Was würdest du tun, wenn der Mensch, den du am besten kennst, plötzlich ganz anders wird? "Honeymoon" stellt diese Frage in den Mittelpunkt, aber arbeitet sich doch nur sehr unbefriedigend an dieser spannenden Thematik ab. So schwankt der Plot, nachdem die Katze sich endlich aus dem Sack gewunden hat, zwischen Stille, Verdrängung und Schweigen, um dann wieder Konfrontation, Geschrei und Verzweiflung aufschäumen zu lassen - nur um sich doch keinen Zentimeter in eine andere Richtung zu entwickeln. Ehemann Paul wird zum Verbündeten des Zuschauers, der ebenso vor der scheinbar toten Fassade Beas verzweifelt.
Zwar ist der Film durch seine konsequente Entwicklung des Plots durchaus gelungen, aber sein schleichender Weg in den Abgrund ist kaum mit memorablen Szenen garniert, die wirklich unter die Haut gehen. Warum "Honeymoon" sich nicht etwas mehr Feuerwerk gönnt, anstatt den Zuschauer mit einer Handvoll Häppchen anzustacheln, bleibt unklar. Letztlich deuten alle Elemente des Films auf ein abschließendes Festmahl hin, doch der Zuschauer wird mit seinem angeregten Appetit allein zurückgelassen.
Mike Flanagan, der sein erkennbares Talent mittlerweile zunehmend für Auftragsarbeiten zu verheizen scheint, serviert mit "Gerald's Game" (zu dt.: Das Spiel) eine King-Verfilmung, die durch sein Kammerspielsetting stark an "Misery" erinnert. Tatsächlich schrieb Stephen King jene Geschichte auch direkt im Anschluss.
Doch während "Misery" von dem schwelenden Psychoterror zwischen hilflosem Opfer und besessenem Fan lebte, ist dieser Film eigentlich eine One-Woman-Show, bei der das Seelenleben und die unverarbeiteten Traumata der Protagonistin auf dem Seziertisch ausgelegt und schrittweise analysiert werden. Zusammen mit der sehr zurückhaltenden, effektarmen Inszenierung lebt dieser Film einzig von der aufopferungsvollen Spiellust von Carla Gugino, die ihre Jessie Burlingame durch alle Abgründe letztlich tapfer hindurchführt. Damit sei aber klar gesagt, dass der Zuschauer keinen wirkungsvollen Suspense-Horror mit Daumenschrauben verpasst bekommt, auch wenn der Film seine kleinen Momente mit düsteren, alptraumhaften Elementen hat. Besonders mit dem überlang erzählten und stumpf zusammenkonstruierten Ende wird klar, dass eine ziemlich optimistische, humanistische Botschaft hinter all dem steckt.
In Zeiten, in denen die Bestrebungen des Feminismus immer mehr Gehör finden, ist "Gerald's Game" zudem ein passender Film, der zeigt, wie die unterdrückenden Fesseln der Männer von einer Frau überwunden werden können. Leider ist, wie bereits angedeutet, kein wirklich über 100 Minuten durchgängig unterhaltender Spielfilm entstanden, der den langen Weg der Protagonistin vom Schicksalsschlag über die Selbsterkenntnis bis zur Selbstheilung hinweg rechtfertigen würde. Es ist vor allem die erzählerische Ideenarmut, die den Zuschauer mit der ans Bett gefesselten Protagonistin mitleiden lässt.. - nur eben aus den falschen Gründen.
Denn so wirklich mag der Funke nicht überspringen. Auch das Leid, das Jessie Burlingame in ihrer Kindheit erfahren und lange Zeit verdrängt hatte, ist zwar ein ernstzunehmendes Problem, aber zugleich mündet der Film mit seinen ersten Andeutungen in eine so große Vorhersehbarkeit, dass man sich bis zum Ende durch langwierige Rückblicke und zähe Dialogpassagen quälen muss, um den unausweichlichen Gang der Dinge zu erleben. Dabei helfen auch die kleinen Gewaltspitzen sowie dosiert eingesetzte Alptraumfiguren nur bedingt, um bei dem langen Leidensweg der Protagonistin in fast völliger Bewegungslosigkeit gebannt mitzufiebern.
"Into the Forest" möchte ein starkes Frauenstück sein. Zwei junge Damen, in einer apokalyptischen Welt, die - man kann es hier durchaus verraten - nach kurzer Zeit ohne Vater und schon länger ohne Mutter auskommen müssen. Sie leben im Wald in einem Haus und müssen ihr Benzin sparen, um Lebensmittel aus der Stadt holen zu können. Daher verzichten sie vor allem auf Strom, den ein spritfressender Generator liefern könnte.
Eigentlich ist der Untergang der Welt nur eine Hintergrundrahmung, die wenig mit anderen lauten und gewalttätigen Endzeitfilmen zu tun hat. Vielmehr ist der Film geprägt vom täglichen Sparen, besser: Entbehren der Protagonistinnnen, die zwar Schutz im Wald finden, weil sie vor etwaigen städtischen Unruhen geschützt sind, zugleich sind sie möglichen Angriffen aber schutzlos ausgeliefert.
Was sich auf dem Papier nach einer prickelnden Survivalnummer anhört - so kündigt sich beispielsweise auch ein Aufbruch ins ferne Boston an, wo die Menschen gerüchteweise wieder ein geregeltes Leben führen können - verkommt in den Händen von Patricia Rozema zu einer peinlich überstilisierten Arthouse-Elegie, die plottechnisch nur so vor sich hinkriecht, aber dabei von Beginn an so bleischwere Musikstücke darbietet, dass man dem weiteren Geschehen nur ungern folgen möchte.
Zu allem Übel bleiben einem auch die beiden Protagonistinnen, die in jedem Fall sehr bemüht verkörpert werden, seltsam fremd. Während die eine nicht mehr tanzen kann, weil ihr der Strom für eine motivationsfördernde musikalische Untermalung fehlt, ist die andere nicht mehr in der Lage, sich online weiterzubilden. Mehr Persönlichkeit bietet "Into the Forest" nicht - und es mutet generell seltsam an, dass die wegen ihrer Sprunghaftigkeit und Hilflosigkeit doch sehr jung wirkenden Figuren von zwei Damen Jahrgang '87 gespielt werden...
Erst sehr spät erhält die Botschaft des Films endlich Konturen und der Eindruck einer feministischen Motivation wird deutlich. Umso mehr beißt sich daher die Darbietung, dass "Into the Forest" über weite Strecken eher kindliche und naive als tatsächlich starke und vor allem autonome Frauen präsentiert. Natürlich verfolgt der Plot eine Entwicklung hin zu einem stolzen Frauenbild, aber sowohl die Ausgangsbasis als auch das Finale lassen sehr daran Zweifel, ob hier tatsächlich dieser Botschaft angemessen gedient wurde.
Letztlich ist "Into The Forest" stilistisch überkandidelt, zäh, ideenarm und mit seiner wichtigen Botschaft - Frauen kommen unabhängig von Männern auch in Extremsituationen klar - nicht ohne Widersprüche inszeniert.
"Louder Than Bombs" ist wahrlich kein leicht zu konsumierendes Drama, bezogen auf seinen Stoff wäre das ohnehin keine überraschende Information. Vielmehr gemeint ist damit Joachim Triers Inszenierung, die keinen konsequenten Erzählfluss zulässt, sondern sich in Gedankenspielen und Traumwelten sowie vielen kleinen Einzelszenen aus dem Leben der verschiedenen Figuren verliert und so ein buntes, aber in seiner Gesamtheit nie ganz gefügiges und homogenes Gesamtbild schafft...
....und dennoch ist dieser Film über den Verlust der Mutter und die Auswirkungen auf die Kinder und den Ehemann eine in bestimmten Momenten so ungemein feinfühlige und berührende Charakterstudie. Denn statt nur den üblich bevormundend-erdrückenden Streicher-Kitsch in Reinform aufzufahren, der so lange an den Emotionen des Zuschauers sägt, bis sich dieser vollkommen ausgeleert und tot fühlt, kitzelt die Titelmelodie von "Louder Than Bombs" immer wieder an der Trauer wie am Lebenstrieb gleichermaßen.
Die schwere Last der Trauerverarbeitung ist schließlich keine Zwangsjacke, die zur Bewegungslosigkeit verdammt, sondern ein unvorstellbar geformtes Gefängnis, in dem man manchmal kilometerweit rennt, ohne eine Besserung zu empfinden, während man sich ein anderes Mal mit aller Wucht in die unmittelbar vor einem liegende Wand wirft, um dem Verlustschmerz kurzfristig einen anderen entgegenzusetzen.
Dementsprechend bedacht inszeniert Trier die Aufeinandertreffen seiner Familienmitglieder. Es braucht keine Sturzbäche an Tränen, kein hysterisches Zusammensacken in den Armen des anderen, um dennoch Emotionen und bedeutungsschwere Konflikte zu transportieren. Natürlich ist diese Darstellungsweise ein schmaler Grat, denn wer einen trauernden, in sich verschlossenen Menschen fünfmal ohne Antwort und Reaktion angesprochen hat, der wird sich erst einmal von ihm abwenden, weil er erkennen muss, dass er nicht zu ihm durchdringen kann. Ebenso ist "Louder Than Bombs" geprägt von einer Lethargie, die nicht immer leicht zu ertragen ist - für den Zuschauer wie für die Figuren, die ebenfalls (wieder) zueinander finden möchten.
Um als namenloser Schauspieler in Hollywood unterzukommen und zu überleben, helfen wohl nur Opfer. Für die erfolglose Jungschauspielerin Sarah bedeutet dies vor allem Selbsterniedrigung.
Das Duo Kevin Kolsch und Dennis Widmyer präsentiert eine auf den ersten Blick grotesk überspitzte Traumfabrik, die mit etwas Nachdenken aber doch ziemlich realistisch erscheint. Allerdings ist "Starry Eyes" natürlich keine groß angelegte satirische Schelte, sondern ein dreckiger, blutlastiger Genrefilm. Die Macher sind selbst Neulinge, kleine Lichter und unternehmen dementsprechend keine Systemkritik von innen heraus. Vielmehr zeigen sie die Einzelne, die gegen eine Wand anstürmt, die nur ein sehr kleines Loch als Durchlass bietet - und wer dort hindurch möchte, muss sich als Mensch möglichst klein machen.
Doch "Starry Eyes" geht noch zwei Schritte weiter und rutscht konsequent auf die Schiene eines Horrorstücks, wenn es darum geht, die alte, nun aufgewachte Sarah zu beerdigen und eine neue Frau entstehen zu lassen. Während der Blutzoll der zweiten Filmhälfte zunächst unnötig drastisch und befremdlich erscheint, trifft der Film hier genau den richtigen Ton, denn der Wert eines Sehnsuchttraums überstrahlt den Wert des eigenen menschlichen Lebens und erst Recht den von anderen...
Letztlich bremst sich "Starry Eyes" aber in einigen Phasen selbst aus mit seiner surreal-traumhaften Stimmung und Inszenierung, seinen unausgespielten Andeutungen wie die Darstellung der Filmschaffenden als Sektenmitglieder mit eigenen Riten und Symbolen. Im Mittelteil fehlen Kolsch und Widmyer die reißerischen Ideen, um wirklich erinnerungswürdige Szenen und große Momente zu schaffen. Die Kamera klebt an Sarah und bindet den Zuschauer an ihre Sicht, ohne dass dadurch wirklich eine Nähe und ein besseres Verständnis für ihr Innenleben entstehen würde.
Dennoch ist ihr Einzelschicksal so konsequent bis zur finalen Szene inszeniert, dass "Starry Eyes" seine erschreckende Botschaft klar verständlich und für Genrefans auf befriedigende Art und Weise zum Ausdruck bringt.
Sehr empfehlenswert für Horrorfans, die einen intelligenten Ansatz mögen. Cronenbergs alte Filme aus den 70ern/80ern sind großartig.
Paul Verhoeven zeigt uns in „Elle“ eine Welt, in der die gutbürgerlichen Normen und Wertevorstellungen keine Gültigkeit haben – oder vielleicht ist genau das die Kehrseite dieser nach außen hin so wohlgesitteten Gesellschaftsschicht.
Doch worum geht es: Die von Isabelle Huppert gespielte Michelle wird unmittelbar zu Beginn des Films von einem maskierten Mann überfallen und vergewaltigt. Danach verschwindet der Täter wieder. Sein Opfer trifft daraufhin zwar einige Sicherheitsvorkehrungen, aber im Grunde geht ihr Leben weiter wie zuvor.
Verhoeven lässt seinen Plot, wie man vermuten könnte, nicht ins kriminalistische Milieu abdriften, um einen nervenaufreibenden, aber auch eindimensionalen Whodunit-Thriller zu kreieren. Vielmehr mäandert die Handlung im positiven Sinne durch die unzähligen Nebenschauplätze mit seinen Nebenfiguren, die in irgendeiner Form mit Michelle verbunden sind (Verwandte, Arbeitskollegen, Freunde..). Es ist großartig zu sehen, wie Hupperts Figur für jede dieser Personen Bezugspunkt, ja sogar Zentrum zu sein scheint, ohne dass sich die Handlung in Details verliert und zerfasert. Denn ist es schlichtweg das Leben – zugestanden für den einen oder anderen in grotesker Form -, das hier gezeigt wird.
Und über allem schwebt der Phallus – könnte man mit etwas Hang zum Prätentiösen verkünden. Wechselnde Affären sind wohl der Normalzustand, denn ernsthafte Liebesbeziehungen sind zu fragil. Und in diesem Universum scheint selbst ein Verhältnis zu funktionieren, das auf Vergewaltigungsritualen basiert.
In den Händen eines anderen Regisseurs hätte man sich von diesem Film mit Sicherheit leichtfertig abgewandt, mit erhobenem Zeigefinger die eigene Überlegenheit angemerkt. Doch Verhoevens Führung des Geschehens ist so stil- und geschmackvoll, dass man diese Figurenwelt trotzdem betroffen nachempfinden kann, ohne sich von ihr gleichgültig zu distanzieren.
Verhoeven zeigt uns in „Elle“ den Weg einer unbeugsamen Frau, die selbst auf den steinigsten Wegen zum Tanzen aufgelegt ist, weil sie sich nicht fügen möchte in Niederlagen und Demütigungen. Bei all dem guten Willen, dem man den Film entgegenbringen möchte, kommt man phasenweise doch nicht umhin, angewidert zu schaudern und diesen Ritt auf der moralischen Rasierklinge als ein überdrastisches Schauerstück zu bekritteln.
"Annabelle 2" ist ein Symptom. Ein Symptom für den krankenden Zustand der Horrorblockbuster - zumindest im mehr als en-vogue-seienden Gruselsektor.
James Wan stieß mit Filmen wie Insidious und Conjuring quasi im Alleingang die Welle von PG-freundlicherem Soft-Horror an, der beispielsweise mit seinem konsequenten Hell-Dunkel-Einsatz und der Dämonisierung von harmlosen Spielzeug an die Urängste aus Kindheitstagen anknüpfte. Damit setzte der Regisseur amüsanterweise einen Kontrapunkt zu der vielleicht eher ungewollt von ihm mitinitiierten Torture Porn Schwemme. Mittlerweile tragen nun jedoch viele minderwertige Epigonen den Hype von einst zu Grabe - pikanterweise ist "Annabelle 2" von Wan selbst produziert worden.
Doch zunächst zum Positiven: "Annabelle 2" ist wesentlich stimmungsvoller und kompakter inszeniert als der unentschlossene erste Teil. Das einsame Haus in der steppenähnlichen Einöde der Südstaaten ist ein wunderbar verlassener Ort, um die Bewohner der Unterkunft von allen rettenden Ufern abzuschneiden. Zudem erfrischt das frühe Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts mit seiner technischen Rückständigkeit und dem abweichenden Kleidungsstil. Kurzum: Auf Produktionsseite wurde ganze Arbeit geleistet, um ein hochwertiges Fundament für den Tanz der Dämonen zu setzen.
Auch inhaltlich entfaltet sich der Plot standesgemäß und harmonisch. Die Entstehung der Puppe wird geklärt und in eine tragische Familiengeschichte verwoben, doch bevor das nie wirklich verarbeitete Trauma in der Einöde eines ungehörten Lebens versinken kann, trifft eine Gruppe Waisenmädchen mit einer aufsehenden Nonne ein und lässt das Tragische ins Groteske und unreguliert Böse aufschäumen.
Auch Regie-Neuankömmling in Hollywood David Sandberg zeigt sich anfangs ebenfalls gewillt, durch extraordinäre Kamerafahrten das übliche 08/15-Handwerk des Gruselsektor aufzubrechen. Doch hier ist dann auch Schluss mit lustig - im doppeltem Sinne.
Denn wenn die Drehbuchschreiber versuchen, Bedeutungsschwere über eine langsame Erzählweise zu suggerieren, versandet (intended!) die Geschichte jäh in halbgaren Szenen, die mysteriöse Phänomene im Haus viel zu lange nur ankündigen. Ein langsamer Spannungsaufbau verdient allerdings ein furioses Finale (siehe Bone Tomahawk) - auch das wird verwehrt. Lieber verliert sich der Film in einer Handvoll von Visualisierungen des Bösen, anstatt sich voll und ganz auf die titelgebende Puppe zu fokussieren. Zudem ist nach 3 Teilen Insidious, 2 Teilen Conjuring sowie diversen Nachahmern wirklich jede Schockidee durchexerziert worden. Im Grunde waren auch Wans große Filme schon nur eine zeitgemäße und stilvolle Überarbeitung alter Muster. "Annabelle" ist daher in Sachen Kreativität nur mehr so einfallsreich wie ein Hinter-der-Tür-Hervorspringen. "Buh!" - im doppeltem Sinne.
Doch das ist nicht der vernichtende Kern dieser Kritik. Gruselfilme wie Komödien fußen im Grunde auf ein und demselben Problem: Wie bekomme ich aus wirkungsvollen Einzelszenen (Gags wie Schockmomenten) einen zusammenhängenden und dadurch unterhaltsamen Film? Genau diese Frage stellt sich "Annabelle 2" in seiner Erzählstruktur nie. Es folgt Einzelszene an Einzelszene, ohne die geringste Rücksicht auf Logik oder eine andere Form von Stimmigkeit. In einem voll besetzten Haus sind einzelne Figuren immer vollkommen allein, Hilfe kommt nie und wird nicht mal gerufen - selbst wenn am hellichten Tage Rettung nur wenige Meter entfernt wartet, so blendet der Film diese anderen Figuren aus, bis er sie wieder für seine Handlung gebrauchen kann. Zum Teil mag dies die altbekannte Inszenierungskrücke sein, die man in Horrorfilmen seit Jahrzehnten um die Ohren gepfeffert bekommt. Dennoch sollte sich jeder Zuschauer fragen: Geht es nicht auch anders? Dieser Film agiert in dieser Hinsicht geradezu ignorant und spekuliert darauf, dass die - natürlich ansprechend und unheimlich inszenierten - Momentaufnahmen für ein befriedigendes Filmerlebnis sorgen.
"Annabelle 2" ist somit - als zusammengehörendes Konstrukt von Einzelszenen betrachtet - so schlampig inszeniert, dass man sich als Zuschauer verarscht fühlen sollte - ja fühlen muss, wenn man diese stumpfe Blödsinnigkeit finanziell durch den Kinobesuch mitgetragen hat. Wer diesen Film goutiert, sollte sich mal hinterfragen, wie sehr ihm das immergleiche Horrorgenre über Jahre schon die eigenen Ansprüche heruntergeschraubt hat. Denn erschrecken lassen kann man sich auch auf einer Jahrmarktsbude, nur ist das in der Regel günstiger, aber vor allem nicht so zeitaufwendig wie dieses überlange Flickenwerk.
Die "Out of Time" zugrundeliegende Geschichte folgt einem altbekannten, aber immer wieder funktionierenden Schema: Ein Protagonist wird entweder unschuldig oder aufgrund eines kleineren Fehltritts zum Verdächtigen (einer Straftat) und versucht in der Folge nach besten Kräften, nicht vom Arm des Gesetzes überführt zu werden.
Auf die ambivalente Rolle des fehlgeleiteten, aber eigentlich doch guten Menschens hat Denzel Washington seit vielen Jahren ein Abonnement. Und so verlässt sich Regisseur Carl Franklin voll und ganz auf die Starpower des Hollywoodmimen, der in "Out of Time" einen fast geschiedenen Kleinstadtsheriff mit heimlicher Affäre spielt. Als er seiner eigentlich liierten Geliebten eines Tages Geld aus einem Kriminalfall zukommen lässt, damit diese eine tödliche Krankheit kostenintensiv behandeln lassen kann, ist der Ärger vorprogrammiert - umso mehr, als am nächsten Tag das Haus der Frau samt Bewohner abbrennt und Washingtons Ex-Ehefrau zu ermitteln beginnt.
"Out of Time" ist nach einer etwas trägen Anfangsphase ein hektischer, fast schon überkandidelter Thriller, der Denzel Washington in unzähligen Last-Minute-Tricksereien zum Schwitzen bringt. Das mag natürlich alles überkonstruiert sein, ist aber lange Zeit irre unterhaltsam. Erst in der flachen Auflösung der genauen Umstände enttäuscht "Out of Time" dann doch deutlich und offenbart, dass hier nur schematische Hollywoodkost beabsichtigt wurde.
"Ruinen" entführt den Zuschauer in den Mexikourlaub zweier Pärchen und punktet dabei zunächst einmal mit einem prickelnden Sommersetting. Mit dem Aufbruch zu einer alten Maya-Ruine im Dschungel, der notorischen "schlechten Idee" zu Beginn eines (jeden) Horrorfilms, stellen sich dann allerdings ernsthafte Probleme ein - für die Figuren sowie für den Zuschauer.
Denn nach der Annäherung an die Ruine werden die beiden Paare und eine zuvor kennengelernte Urlaubsbekanntschaft, die eigentlich ihren Bruder sucht, von mehr oder minder Eingeborenen aus ungeklärten Umständen umzingelt. Der einzige Rückzugsort bleibt die Spitze des Tempels. Und genau dort wird sich die Geschichte mit wenigen Ausnahmen bis zum Schluss abspielen.
Was folgt, ist eine ideenlose Aneinanderreihung von unnötigen, zum Teil waghalsigen Aktionen, die meist ohne Not und im Zustand überreizter Panik begangen werden. Bereits früh zeigt sich, wie schlampig sich der Plot durch genau diese Momente voranschleppt. Die Art der Plotentwicklung, also die Verkettung blöder, lebensabträglicher Aktionen, findet sich im Grunde in vielen Horrorfilmen und mag daher fast als gängiger Standard angesehen werden - hier nervt sie allerdings besonders.
Denn der Film bietet abseits der Handlung zu wenig, um seine offensichtlichen Schwächen zu kaschieren. Da wäre zum einen die mangelnde Atmosphäre, denn das exotische Sommersonnensetting sorgt im späteren Verlauf eben nicht für angemessenen Suspense. Im Lichte des Tages betrachtet wirkt vieles - einschließlich der Effekte - gar nicht wirklich beklemmend oder furchteinflößend. Dass die Schauspieler nur biederes Mittelmaß und zweckdienliche Mundaufreißer sind, tut sein Übriges.
Dabei ist die Grundidee von "Ruinen" eigentlich ein glatter Volltreffer: [SPOILER beginnt] Die Pflanzen, die um und im Innern des Mayatempels wachsen, befallen Menschen, was diese schließlich in den Wahnsinn treibt, sodass ihre tötes Körper wiederum von den Pflanzen als Nahrung genommen werden. Um Menschen anzulocken, kann das Grünzeug sogar Töne und Laute imitieren - es erweist sich dadurch im Grunde als cleveres Raubtier. [SPOILER endet]
Doch auch was die dargestellte Bedrohung des Films angeht, so versandet die großartige Grundidee im ermüdenden Nacheinanderaufreiben der Gruppenmitglieder. Der gleichbleibende Ort, die immer gleiche Gefahr, die an allen Ecken und Enden fehlenden Ideen für eine interessante Handlung machen "Ruinen" zu einem wilden Schrei- und Panikfest ohne substanzielle Hoch- und Tieftöne. Lediglich der zeigefreudige Gewaltpegel vermittelt ein wenig die Schärfe des Geschehens.
Der Low-Budget-Film "The Void" wirkt an allen Ecken und Enden wie ein Fan-Projekt zweier 80er-Jahre-Horrorfilm-Nerds, die u.a. Stuart Gordon, John Carpenter sowie die Geschichten von H. P. Lovecraft vergöttern. Dementsprechend wundert es nicht, dass dieses Herzensprojekt über ein Crowdfunding realisiert wurde.
Wie seine großen Vorbilder lebt auch "The Void" von wunderbar handgemachten Effekten, d.h. seltsamen Mutationen, schleimigen Ergüssen und hervorschießenden Tentakeln. Das Creature Design ist trotz des geringen Budgets ein Hochgenuss, auch wenn vieles notgedrungen nur im Dunklen gezeigt wird oder mit hektischen Umschnitten und wenig zeigenden Kameraeinstellungen verschleiert wurde.
Doch bereits hier endet der Lobgesang, denn die restliche Produktion des Films, namentlich Schauspielleistungen und Drehbuch taugen wenig bis gar nichts. Ungünstigerweise profitiert "The Void" als Hommage eben nicht vom unfreiwillig-freiwilligen Trash-Charme der 80er und erzählt seine wild zusammenkonstruierte Geschichte auch noch überwiegend ernst in düsteren Bildern.
Denn wenn die zusammengewürfelte Gruppe um Polizist Daniel Carter sich im Krankenhaus verschanzen muss, weil das Gebäude von bewaffneten Sektenmitgliedern in weißen Kutten umstellt ist, dann beschwört "The Void" ein apokalyptisches Kammerspiel, das dem Zuschauer ebenso wie den Figuren die Kehle zuschnürt. Dass diese beklemmende Atmosphäre allerdings die Basis für einen hanebüchenen Plot um transzendente Allmachtsfantasien bildet, ist im Folgenden kaum noch zu ertragen. Denn "The Void" garniert seine Enthüllungen mit einer peinlichen Bedeutungsschwere, die durch sinnlose Pseudoweisheiten und Kalendersprüche transportiert wird. Hierdurch zerfällt der Film stark in zwei Teile und liefert nach einem mysteriösen und enorm suspenselastigen Auftakt ein wildes Erklärbärfestival abstrusester Einfälle. Es ist diese verkopfte Bemühtheit um Sinnhaftigkeit, die "The Void" mit jeder weiteren Minute zu einem Ärgernis werden lässt.
Zudem bleibt der Zugang zu den Figuren bis zuletzt verstellt, sodass die aus vielen Horrorfilmen bekannten "gesichtslosen Niemande" im Gewaltreigen verheizt werden. Besonders negativ fällt in diesem Zusammenhang auf, dass die Macher nicht mal auf die Verbindung zwischen Daniel und Allison setzen, die einst ein Liebespaar waren, aber sich nach einem Schicksalsschlag entfremdet haben. Doch auch diese einfache emotionale Bindung des Zuschauers an ein Liebespaar verläuft im Sande, weil Allison für längere Zeit aus dem Hauptgeschehen entrückt wird.
Letztlich scheint es in diesem unselbstständigen Zitatemischmasch geradezu konsequent, dass mit der Schlusseinstellung noch deutlich das Ende von Fulcis "Über dem Jenseits" kopiert wird. Alles in allem taugt "The Void" unter Horrorfans wohl nur als Trinkspiel - man trinkt einfach jedes Mal, wenn ein Film direkt oder im weiteren Sinne zitiert wird. Denn nette Effekte allein ergeben noch keinen guten Horrorfilm.
"Backtrack" ist ein stark besetzter Mystery-Thriller, der mit kleineren und größeren Gruseleinlagen für eine schaurige Stimmung sorgt. Nach einem etwas zögerlichen Beginn, der Adrien Brody als Psychotherapeut mit seinen unterschiedlichen Patienten zeigt, schlägt der Film einen düstereren Weg ein - denn alle Patienten von Brodys Peter Bower scheinen bereits seit längerem tot zu sein.
Was als einnehmendes Kammerspiel beginnt, weitet sich dann allerdings zu einem Kleinstadtdrama aus, denn Bowers Suche nach den Gründen für diese mysteriösen Vorfälle führt ihn in seine Heimatstadt. Verdrängte Erinnerungen aus der Kindheit werden wach und verlagern das Mysterium in eine doch sehr bodenständige, kriminalistische Sphäre.
Das alte Lied von Schuld und Sühne, von nicht gerächten Verbrechen erklingt. Dabei überdeckt "Backtrack" leider nie wirklich den Bruch zwischen den zwei Handlungsteilen. Während der Beginn sich noch nahezu als reine Genrekost aus dem Gruselhorrorbereich geriert, verfliegt mit Bowers Aufbruch zu seinem Vater und in seine alte Heimatstadt die aufgebaute Stimmung. Das Kammerspiel weicht einer zwar bedrückenden, aber letztlich doch wenig stimmungsvollen und in seiner Auflösung doch arg banalen Geschichte, die zudem einige lose Fäden zum ersten Teil offenbart. Besonders die von Sam Neill großartig gespielte Figur des Mentors Duncan Stewart wirkt seltsam kryptisch.
Letztlich profitiert "Backtrack" natürlich von der schauspielerischen Klasse Adrien Brodys, der ein wahres und unnachahmliches Talent für verletzliche, unsichere und suchende Figuren besitzt. Mit ihm wühlt man gerne in den Untiefen der Erinnerung und Kindheit seiner Figur, auch wenn sich das Drehbuch letztlich vor allem mit der Auflösung als recht durchschnittlich und schlicht erweist.
Während das französische Kino sich in den letzten Jahren als Experte für Culture-Clash-Komödien erwiesen hat, präsentieren sich die spanischen Filmschaffenden immer mehr als Meister des Thriller-Genres. Ob "Julia's Eyes", "Das verborgene Gesicht" oder "The Body" - spanische Thriller leben von ihren starken Darstellerleistungen einerseits, andererseits aber vor allem von ihren wendungsreich und nervenaufreibend geschriebenen Plots, die nicht nur eine auf dem Papier spannende Ausgangsidee haben, sondern bis zur finalen Auflösung fesseln.
Dieser Eindruck mag womöglich gar allein von Oriol Paulo abhängen, der als Drehbuchautor für einige dieser Filme tätig war und nun für "Den unsichtbaren Gast" auch den Regiestuhl besetzte.
Adrian Doria wacht in einem Hotelzimmer auf und muss erkennen, dass seine Geliebte tot im Bad liegt. Als Hauptverdächtiger stehen seine Chancen schlecht, nicht ins Gefängnis zu müssen. Da bleibt nur noch die Anwältin Virginia Goodman, die einen exzellenten Ruf nachweisen kann, weil sie auch schon schwere Fälle für ihre Mandanten entscheiden konnte. Gemeinsam mit ihr rekapituliert Adrian Doria nicht nur das Hotelereignis, sondern offenbart schrittweise die genaueren Umstände seiner Affäre.
Während der Zuschauer sich vermeintlich schnell einfindet und im Einklang mit dem Protagonisten nach entlastenden Beweisen für die anscheinend eindeutige Hotelszene fahndet, schlägt Paulo erstmal einen seltsamen Haken und erzählt stattdessen ein anderes moralisch fragwürdiges Ereignis aus dem Leben von Adrian und seiner Affäre. Stückweise wird aus dem gut aussehenden und gekleideten Saubermann ein windiger Typ, der sich in jede Richtung verbiegt, die ihm eine schnelle Rettung verspricht - doch was hat das letztlich mit dem Gerichtsfall, mit dem Mordvorwurf zu tun?
Erst recht spät näht Paulo alle Flickenstücke des Plots zu einem erstaunlichen Ganzen zusammen. Damit verlangt er dem Zuschauer allerdings eine Menge Geduld ab - wäre da nicht die clevere Auflösung für die sich die lange Reise durch das Leben des Adrian Doria doch lohnt. Zudem wirkt "Der unsichtbare Gast" nur dann so hervorragend, wenn man sich als Zuschauer miteinbringt und alle Hinweise immer wieder neu zusammenpuzzelt, sobald neue Details enthüllt werden. Dass dieser Film dann viele sichergeglaubte Interpretationen mit immer neuen Wendungen torpediert, trägt erheblich zum Vergnügen bei. Zumindest ist die finale Auflösung ein Stück vor dem Ende schon greifbar.
Darüber hinaus ist "Der unsichtbare Gast" auch deshalb so empfehlenswert, weil er die Kraft des Geschichtenerzählens vor Augen führt. Denn der Film wiederholt die zentralen Stationen der Handlung etliche Male, aber variiert dabei entscheidende Details, die über Schuld, Unschuld, Verantwortung und Versagen unterschiedlich Auskunft geben. Je nachdem, wer die Geschichte erzählt, werden die nicht geklärten Leerstellen anders aufgefüllt und damit ganz neue Gewichtungen gesetzt. Was auf den einen redundant wirken mag, weil Szenen wieder und wieder abgespult werden, ist für den aufmerksamen Zuschauer ein furioses narratives Wechselspiel.
Dass dies alles großartig gespielt und mit einem gefühlvollen Score unterlegt ist, sorgt vor allem gegen Ende für den - natürlich beabsichtigten - ganz großen Gänsehautmoment - "Der unsichtbare Gast" ist unbedingt empfehlenswert.
Schwester Marguerite findet scheinbar keinen Zugang zu der blinden und tauben Marie Heurtin. Mit aufopferungsvoller Geduld versucht Sie immer wieder sich dem jungen Mädchen anzunähern, das von ihren überforderten Eltern ins nahegelegene Frauenkloster gebraucht wurde. Bis eines Tages plötzlich Maries Widerstand verflogen und eine grundsätzliche Bereitschaft zur Kommunikation eingekehrt ist. Der einzige Weg, sich nun zu verständigen, ist das Fingeralphabet.
Warum Marie Ihren Widerwillen gegen Marguerites Zudringlichkeit fahren lässt, bleibt unklar - so wie vieles, was in dem sinnengeschädigten Mädchen vor sich geht. Die schlagartige Besserung der Beziehung mag arg unglaubwürdig erscheinen, die Frage ist aber, ob das echte Leben - der Film passiert auf einer wahren Lebensgeschichte - nicht auch voller Zufälle und Veränderungen steckt und dabei eben nicht einem vorgefertigten klimatischen Erzählmuster folgt, wie man es bei Filmen erwartet.
Regisseur Jean-Pierre Ameris hat mit "Marie Heurtin" einen ruhigen, teilweise intimen und angenehm sonnendurchtränkten Film gedreht, der einzig durch seine beiden Hauptfiguren und deren Beziehung zueinander wirkt. In der Hartnäckigkeit und Menschenliebe der Nonne, die eine eingesperrte Seele an die Oberfläche führen möchte und sich dabei selber verschleißt, begründet sich der gesamte Film, der ansonsten wenig bis gar nichts anbietet. Die restlichen Bewohnerinnen des Klosters sind skeptisch bis ablehnend und dienen nur als schlichter Gegenpol um Marguerite als Heldin stärker erstrahlen zu lassen. Obgleich diese schlichtweg tut, was sie für richtig hält und dabei keine Form der Selbstglorifizierung erkennen lässt.
Trotz seiner unprätentiösen Machart und der guten Besetzung ist "Die Sprache des Herzens" kein besonders tiefsinniger noch übermäßig spannender Streifen. Seine Qualität liegt vor allem in der Aufklärung des Zuschauers über diese Form der Behinderung. In dem er dem Zuschauer lange Zeit nur die Außenansicht von Marie präsentiert, regt er unweigerlich die eigene Vorstellungskraft an. Wie fühlt sich so ein Leben in Dunkelheit und Stille an? Diese und weitere Fragen kann man sich stellen - prickelnde inhaltliche und inszenatorische Einfälle bleibt der Film in diesem Zusammenhang jedoch vollkommen schuldig.
Krach, Bumm, Pow - die dritte Neuauflage der alten Star Trek Reihe ist, so erscheint es zumindest, heruntergewirtschaftet worden auf ein bombastisches CGI-Gewitter, bei dem die altbekannten Figuren nicht viel mehr als reine Actionakteure sind.
Hat man sich dies erst einmal bewusst gemacht, ist "Star Trek Beyond" allerdings doch ein recht amüsanter Blockbuster, der mit wunderschönen Weltraumsequenzen und einem durchaus interessanten Antagonisten fast die gesamte Spielzeit lang unterhalten kann. Fast könnte man bis zum Schluss den ekelhaften Schematismus teurer Hollywoodfilme ausblenden, der immer wieder aufschimmert. Der von JJ Abrams perfektionierte Rhythmus aus Bumm Bumm und Bla Bla ist dahingehend gleichermaßen Fluch und Segen, als er nie tiefere Momente zulässt, die sich im persönlichen Austausch zweier Figuren ereignen könnten. Zugleich wird die Wahrscheinlichkeit unangenehmer Längen durch die wiederkehrenden Actioneinlagen reduziert.
Letztlich ist die Star Trek Reihe mit ihrem Reboot sukzessiv aus der von außen muffig wirkenden Nerdecke herausgeholt und ins pralle Rampenlicht einer größeren Öffentlichkeit (zurück)gebracht worden. Dass dadurch viel an Identität und eigenwilligem Charme verloren gegangen ist, ist gleichwohl das unumgängliche Pfand für kurzweilige Massenunterhaltung. Trotz all dieser Abstriche scheint das Potential dieser Filmwelt noch nicht erstickt oder verbraucht - die unendlichen Weiten bleiben aufregend. Sie sollten nur wieder ein wenig mehr mit Forscher- statt mit Soldatenaugen betrachtet werden.
"Der Außenseiter" von Robert Mandel ist vordergründig der typische Coming-of-Age-Schulfilm im amerikanischen Bildungssystem. Die Noten sind nicht ganz so wichtig, wenn man dafür gut in Football, Baseball oder einer anderen heißgeliebten US-Sportart ist.
Der von Brendan Fraser solide verkörperte David Greene ist so einer, der es dank sportlichen Talents nicht nur an ein Elite-Internat schafft, sondern damit zugleich auch der Einöde seiner Heimat(klein)stadt entfliehen kann. Seine neue Schule ist ein notorisches Sprungbrett nach Harvard.
Und so integriert sich Greene auch schnell in eine neue Gruppe von Mitschülern, die von ebenfalls heranwachsenden Schauspieltalenten wie Matt Damon und Chris O'Donnell ansprechend verkörpert werden. Was folgt, ist das übliche Geplänkel über tyrannische Lehrer, verpatzte Tests und sportliche Glanzleistungen, die Greene als neuen Quarterback rasch zum Liebling aufsteigen lassen. Dass dabei alte Hierarchien und Machtpositionen aufgerissen werden, ist natürlich selbstredend.
Erst spät spitzt sich der Plot zu einem schal und holzschnittartig wirkenden Konflikt zu, der rückwirkend erkennen lässt, warum dieser Film überhaupt in den 1950ern spielen muss. Aus dem gefeierten Neuling wird schlagartig doch der titelgebende Außenseiter. Die Motivation für diese Entthronung, die von ehemals Freunden und nun Feinden kompromisslos vollzogen wird, wirkt nie richtig greifbar. Die zugrundeliegenden gesellschaftlichen Vorstellungen und vor allem Vorurteile erscheinen geradezu axiomatisch gesetzt, sodass der Zuschauer vor verhärteten Fronten wie der Ochs vorm Berg verweilen muss.
Es ist vor allem den engagierten Jungmimen, dem ehrwürdigen Setting und den passenden Kostümen zu verdanken, dass "School Ties", so der Originaltitel, ein unterhaltsames Schuldrama geworden ist. Die halbherzige Sozialkritik bleibt dagegen nicht viel mehr als eine Irritation in einem sonst soliden Gefüge.
"Sightseers" ist eine rabenschwarze britische Komödie, die so eigenwillig und verquer daherkommt, wie britischer Humor nur sein kann. Dabei sind tatsächliche Gag-Spitzen Mangelware. Es überwiegt das Groteske einzelner Szenen und des generellen Aufbaus der Handlung - eines noch frischen Pärchens, das mit einem Wohnmobil durch die Kante reist und Beziehungskonflikte sowie eigene am Selbstwert nagende Unzulänglichkeiten durch Gewaltexzesse an anderen Mitmenschen auslebt und quasi therapiert.
Der englische Regisseur Ben Wheatley kann sich nach "Kill List" wieder mal auf die Fahne schreiben, einen undurchsichtigen, schwer zu greifenden Film gedreht zu haben. Leider mäandert "Sightseers" über weite Strecken nur so vor sich hin und spiegelt in der Eintönigkeit der Campingplätze auch die gähnende Langeweile des Plots, der zwar auf ein bissiges Finale hinausläuft, aber nie richtig zu wissen scheint, was genau er eigentlich sein will.
Das dänische Traum-Paar hat sich auch bei "Zweite Chance" von 2014 wieder einmal zusammengefunden: Drama-Queen Susanne Bier (das Wortspiel sei erlaubt) und Drehbuchautor Anders Thomas Jensen. Und die Versuchsanordnung ist auch bei diesem Rührfilm hochinteressant und moralisch brisant.
Denn was würdest du tun, wenn dein junges Familienglück jäh mit einem unerwarteten und vor allem unverschuldeten Kindstod zerstört wird und du zugleich von einem Kind weißt, das verwahrlost in den eigenen Exkrementen bei einem drogensüchtigen Ehepaar verrottet?
Game-of-Thrones-Mime und Inzwischen-Berühmtheit Nikolaj Coster-Waldau mimt Andreas: Polizist, Ehemann, glücklicher Vater eines Säuglings. Dieser entdeckt eines Tages ein mit Kot und Dreck beschmiertes Baby, als er mit seinem Streifenpartner Simon (Ulrich Thomsen) die Wohnung eines Ex-Knackis kontrolliert. Die beiden Eltern sind ständig auf Drogen und bereits mit der Versorgung ihres eigenen Lebens mehr als überfordert. Doch Andreas fehlen zu seinem großen Unverständnis die rechtlichen Mittel, das Kind aus der Obhut seiner leiblichen Erzeuger zu entreißen. Als er aber eines Nachts sein eigenes Kind plötzlich kalt und leblos in seinem Bettchen vorfindet, beginnt der junge Familienvater das Recht nach seinen moralischen Vorstellungen umzusetzen...
Mit Fug und Recht lassen sich die dänischen Filmschaffenden wohl als dasjenige Völkchen charakterisieren, das die tragische Seite des Menschseins mehr als einmal meisterhaft ausgeleuchtet hat. So zeigt auch "Zweite Chance" einen übergroßen moralischen Konflikt, der seinen Diskussionsstoff eigentlich in angenehmer Grauschattierung eines Für und Widers ausarbeiten könnte. Dabei wird am Rande durch die Rolle der Polizisten auch die Dimension des Rechts bzw. der rechtlichen Handhabe mit ins Bild gerückt, die nicht immer mit ethischen Grundsätzen und Maßstäben übereinstimmen muss, um einen friedlichen gesellschaftlichen Verkehr und Austausch zu gewährleisten.
So weit, so gut auf dem Papier. Doch herausgekommen ist letztlich ein seltsam unterkühlter, kaum wirklich berührender Film, der seine herzzerreißende Thematik selten wirklich vermitteln kann. Das mag auch an den Schauspielern liegen, die entweder an ihre Grenzen gelangt sind oder schlichtweg in zu vielen Szenen von der Regisseurin allein gelassen wurden. Den tiefen Schmerz der Figuren und ihre allgemeine Verletztheit spürt der Zuschauer nur ansatzweise durch das, was sie tun, aber nie wirklich durch die Regungen in den Gesichtern, durch kleine Gesten oder Verhaltensweisen. Es fehlen wirklich tiefschürfende Momente, in denen die verwüsteten Seelenlandschaften dokumentarisch seziert werden.
Eine weitere, daran anknüpfende Enttäuschung ist die spürbare Forcierung und Aufgesetztheit des Konflikts. Auf der einen Seite die wohlhabende Vorzeigefamilie mit dem Haus am See, auf der anderen Seite die Gesellschaftsversager im Elend einer Billigbehausung, dazu einige bedeutungsschwere Aufnahmen von im Dunklen wogenden Wellen - "Zweite Chance" verlässt sich nicht allein auf die kraftvolle ethische Dimension der Geschehnisse, sondern drängt zur Überspitzung und voreiligen Bewertung. Zudem hängt die Nebengeschichte um Andreas Partner Simon, der Alkoholiker ist, seit sein Sohn nicht mehr bei ihm wohnen will, völlig in der Luft und offenbart dabei deutlich, dass Simon nur für Eckpunke des Plots gebraucht wird.
Erst spät torpedieren Bier und Jensen ein Stück weit das Überlegenheits-Gefühl des Zuschauers, der sich immer auf der richtigen Seite wähnt, mit ein paar wenigen gut gesetzten Wendungen. Doch den Nährboden für eine echte emotionale wie diskursive Achterbahnfahrt hat sich der Film bereits entzogen.
Was Indiana Jones seltsamerweise nie untersuchte, reichten die Macher von "Die Mumie" 1999 auf ihre Weise nach: Ägyptischen Mumienkult. Die Wiederauferstehung eines zum Tode verurteilten Bösewichts, antike Sagen und Flüche, Schätze und schöne Frauen - "Die Mumie" liefert alles und zeigt sich auch nach fast 20 Jahren keineswegs eingerostet. Generell zeigt dieser Film, wenn man ihn anlässlich des Remakes mit der heutigen cineastischen Verblödungsindustrie vergleicht, wie unterhaltsames und kurzweiliges Blockbuster-Kino funktionieren kann. Mit viel flapsiger unverkrampfter Situationskomik, einem perfekt getimeten Plot und sympathischen Heldenfiguren geht es in den Kampf gegen einen archaischen und herrlich überkandidelten Bösewicht, dessen schrittweises Zurückkehren in alte Menschengestalt mit leichtem Grusel und Unbehagen perfekt inszeniert wird. Die Liebe zum Detail ist an allen Ecken erkennbar, sodass der krude Mix aus verschiedenen folkloristischen Versatzstücken nicht weiter auffällt und im Endeffekt für ein spannendes Action- und Schauerspektakel vollkommen ausreicht.
"Rabid Dogs" ist ein Remake von Mario Bavas gleichnamigen Film aus den 70ern. Statt einer stilistischen Hommage versuchen die Macher eine Übertragung in die Gegenwart.
Mit eigenwilliger Farbgebung und auffälligem Electro-Score unterlegt rast ein Auto mit einer Handvoll Bankräubern, einer als Geisel genommenen Frau und einem Vater, der seine kleine Tochter eigentlich ins Krankenhaus bringen wollte, durch die Pampa. Dabei bleibt dem Zuschauer bis zum Schluss ein Zugang zu den wild zusammengewürfelten und schwach gespielten Figuren verwehrt. Vielmehr entsteht das übliche ins Gewaltsame abdriftende Theater aus Ränkespielen innerhalb der Diebesgruppe und Befreiungsversuchen der Gefangengehaltenen. Generell findet das Drehbuch keinen eigenständigen Zugriff auf diese Thematik, die in starren Bahnen verläuft. Einzig die Schlusspointe, für die der Film zu Beginn tatsächlich sinnvolle Indizien präsentierte, überrascht in diesem nihilistischen Kampf um das große Geld.
Es hat schon eine ganze Weile gedauert, bis der Australier Sean Byrne endlich einen Nachfolger für seinen herausragenden Erstling "The Loved Ones" folgen ließ. "The Devil's Candy" ist allerdings trotz der vielen ins Land gezogenen Jahre weder besonders originell noch übermäßig ausschweifend. Vielmehr zeigt der Regisseur und Autor in Personalunion, wie man einen kurzen knackigen Horrorfilm entwirft, der ohne Längen, merkwürdige Storyabzweigungen, kuriose Schüttel-Twists oder letztgültige Erklärungen auskommt.
In "Devil's Candy" zieht die dreiköpfige Familie Hellman (natürlich ist der Name Programm) in ein neues Haus ein, welches erstaunlich günstig ist und das zu Recht. Denn natürlich ist dort drinnen jemand gestorben, wobei der Hausverwalter noch von einem natürlichen Tod ausgeht. Doch das Haus selbst ist nicht das entscheidende, sondern die flüsternde Stimme, die den Vorbesitzer des Hauses und auch den Vater der Familie zu umgarnen scheint...
Es ist die x-te Variation eines alten Themas. Während Frauen in Horrorfilmen meist mit Exorzismen von Ihrer Besessenheit geheilt werden müssen, sind die Männer dagegen von einer Macht in den (eigenen) vier Wänden befallen (Amityville Horror, Shining). Dementsprechend leichter gestaltete sich gerade im ersten Teil der Amityville-Reihe die Rettung des Ehemanns, der nur aus dem Haus zu fliehen hatte. Byrne jongliert nun in "Devil's Candy" mit diesen Phänomenen des Okkulten und zeigt die Männer dieses Films als vom Bösen des Hauses regelrecht Infizierte, die auch außerhalb der Mauern seltsame Eingebungen von einer Stimme in ihrem Kopf erhalten. Dieser können sie nicht so einfach entkommen. Urheber des Ganzen ist bei diesem Sujet natürlich: der Teufel.
Eine solch schlichte, Argumente totschlagende Rückführung auf das Urböse funktionierte einst prächtig in den 70er-Jahren. Filme wie "Das Omen" oder "Der Exorzist" hatten Hochkonjunktur. Das Publikum heutzutage ist deutlich hartgesottener und springt bei der bloßen Nennung des Teufels nicht mehr aus dem (Heim)Kinosessel. Dementsprechend ungruselig wirken die Geschehnisse und die aufgebaute Stimmung des Films, bedrohlich wäre daher das passendere Wort.
Es ist vielmehr der guten Kameraarbeit des Australiers und dem kraftvollen Metal-Score zu verdanken, dass "Devil's Candy" dennoch spannend und einnehmend wirkt. Endlich löst sich ein Horrorfilm mal wieder von dem üblichen Getöse (Argento dürfte zwei Daumen hoch geben). Außerdem verbündet sich Byrne mit seiner Kleinfamilie und geht mit seiner Linse auf Tuchfühlung. Dabei kann er sich ganz auf die markige Erscheinung von Ethan Embry verlassen, der den Vater als körperfettlosen, durchtatöwierten Langhaarkünstler mit großem Herz zum Leben erweckt - generell sind es die Figuren, die mitreißen, weil sie so viel besser geschrieben und inszeniert sind als in anderen Streifen des Genres. Einzig und allein für den Antagonisten, gewohnt schmierig und unbeholfen gespielt von Pruitt Taylor Vince, greift man tief in die (Kla-)Mottenkiste, dass es einem um den sonst so stilsicher inszenierten Film leid tut. Denn der korpulente Darsteller im Trainingsanzug, der der Stimme in seinem Kopf nicht widerstehen kann, erscheint eher lachhaft als furchteinflößend - wenngleich seine Gewalttaten den Zuschauer natürlich schnell wieder zur Ernsthaftigkeit zurückholen.
Alles in allem meldet sich Sean Byrne also nicht so beeindruckend und markerschütternd zurück, wie es sich Fans des Vorgängerwerks vielleicht erhofft hatten. "Devil's Candy" ist nicht viel mehr als eine weitere inspirationsarme Verknüpfung abgegriffener Versatzstücke aus dem Bereich Okkultismus und Haunted House, aber das Ganze sieht überragend aus, wird gut gespielt und bis zum Schluss geradlinig durchgezogen.
Der letzte Teil hat schon den richtigen Weg und Ton eingeschlagen. Der Trailer sieht auch sehr sehr gut aus...I'm in.
Gareth Edwards "Rogue One" reiht sich in die Saga als Verbindungsstück zwischen Episode 3 und Episode 4 ein. Als erstes von mehreren geplanten Spin-Offs im Star-Wars-Kosmos erzählt der Film, wie die Rebellen in Besitz der Baupläne des Todessterns gekommen waren und warum diese schier übermächtige Waffe des Imperiums eine so große Schwachstelle hatte, die letztlich zu seiner Zerstörung führte. "Rogue One" ist dadurch vor allem ein Mini-Prequel zum allerersten Sternenkrieg von 1977, das sich nahtlos an dessen Folgeereignisse anschmiegt.
Bereits hier ließe sich darüber streiten, warum das Wie noch erzählenswert sein sollte und ob das Dass nicht ausgereicht hätte. Nichtsdestotrotz blähen Gareth Edwards und sein Team die Ereignisse zu einer regelrechten Novelle auf, einer unerhörten Begebenheit voller Helden, Antihelden und Schurken.
Jyn Erso, Tochter des Todessternarchitekten Galen, erscheint auf der Leinwand als renitente Heldin wider Willen, die durch ihre problematische Vater-Tochter-Beziehung in die Ereignisse hineingezogen wird und daraus ihre Motivation zieht. Umringt wird sie nach und nach von einigen weiteren Figuren, die sich unter dem Banner der Rebellen zusammenrotten, um der Bedrohung durch das Imperium Einhalt zu gebieten. Bereits an den Figuren und ihrer Charakterzeichnung wird das große Problem von Rogue One deutlich: Zwar soll der Film den Zuschauer zum empathischen Bangen mit den Figuren anregen, gleichzeitig ist aber offensichtlich, dass alle Figuren nur aufopferungsvoll einer höheren Sache und vorgegebenen Erzählstruktur dienen. Und so führt "Rogue One" das Dilemma der Autoren vor Augen, prägnante und liebenswerte Star-Wars-Charaktere in die Saga hineinschreiben zu wollen, die aber zugleich mit diesem Film im Strudel der Geschehnisse für immer verschwinden werden (müssen).
Auf diese Weise wird erklärbar, warum "Rogue One" bis ins furiose Schlussdrittel nur eine müde und mäßig spannende Aneinanderreihung von benötigten Figuren, Schauplätzen und Erklärungen ist. Bis sich endlich alles für die große finale Schlacht formiert hat, folgt der Plot dem einfachen Abrams-typischen Muster aus Gerede und Geballer. Hinter diesem scheint eine schematische Rhythmitisierung auf, durch welche die Ereignisse kurzweilig und unterhaltsam wirken sollen - bis es wirklich interessant wird. Am meisten Strahlkraft aus dem kaum ausgearbeiteten Figurenensemble hat noch Felicity Jones' Protagonistin, die mit ihrer äußeren Erscheinung und Sturköpfigkeit zumindest ansatzweise an die Präsenz einer Katniss Everdeen heranreicht. Und um nochmal auf das Dilemma zu sprechen zu kommen: Wenn die Handlung von "Rogue One" doch so erzählenswert, so ruhmreich und mit Ehrfurcht zu bewundern ist, warum sind die, die diese Taten ermöglicht, in die Wege geleitet und schließlich umgesetzt haben nur so stumpf entworfene Gesichtslose?
Die teilweise ungelenk und bemüht hineingebrachten Fan-Pleaser-Szenen mit Trademark-Elementen der Reihe tun ihr übriges, um "Rogue One" als unausgegorenen Versuch zu bewerten, Neues eigenständig und dennoch starwarstypisch zu erzählen. Je näher dieser Film mit seiner Handlung an "A New Hope" heranrückt, desto prickelnder wird er schließlich doch. Wenn der sandige Boden eines Planeten und der darüber liegende Weltraum zum Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Imperium werden, dann funkelt die visuelle Pracht von "Rogue One" und der stimmige und bewegende Score umgarnt das Ohr trotz der Abwesenheit des Stammkomponisten. Der Beginn der herausragenden ersten Trilogie naht und damit wird offenbar, was man eigentlich von Star Wars erwartet und sehen möchte.
Mit "Train To Busan" kommt ein Zombie-Film aus einem Land, das man für dieses Genre nun wirklich nicht auf dem Schirm hatte: Südkorea. Doch wie einige großartige Thriller aus dem fernen Land bereits zeigten, gibt es dort eine hochwertige Filmlandschaft, für welche auch "Train To Busan" als weiteres Qualitätsmerkmal dienen kann.
Dabei kann es jedoch nicht genug betont werden, dass "Train To Busan" dem auserzählten Zombie-Genre weder etwas Neues und Erfrischendes abgewinnen kann noch über eine intellektuell anregende Meta-Ebene verfügt. "Train To Busan" ist schlichtweg das nackte Überleben von verschiedenen Charakteren, die in unterschiedlichen Lebensphasen steckend mit der selben Bedrohung konfrontiert werden: Zombies und ihre unstoppbare Lust auf menschliches Fleisch. Und so setzt sich nach einer zögerlichen Anfangsphase die wortwörtlich wilde Fahrt mit dem Zug nach Busan in Gang und offenbart, wie unterschiedlich Menschen in Extremsituationen agieren und reagieren. Vom überzeugten Egoisten über den unsicheren Zauderer bis hin zum aufopferungsvollen Helden sind alle in die enge Konserve des Schienenvehikels gezwängt.
In erster Linie überzeugt bei diesem Film die Charakterzeichnung und Besetzung. Denn alle Figuren, egal wie nah man sie als an Klischees und Abziehbildern beheimatet empfindet, sind doch kernige Persönlichkeiten, die zusammen mit dem Zuschauer ein emotionales Schleudertrauma durchleben. "Train To Busan" wirkt stellenweise sogar mehr wie ein reiner Katastrophenfilm, der sich als Katastrophe X nun eben die Zombie-Apokalypse ausgesucht hat. Dementsprechend durchemotionalisiert ist die Hauptgeschichte um einen überarbeiteten Geldhai, der seine vernachlässigte Tochter zu deren Mutter bringt. Die scheinbar zerrissene Verbindung zwischen Vater und Tochter wird wieder geknüpft und treibt in Mitten der vielen kleinen berührenden Einzelschicksale zu einem großen Finale hin.
"Train To Busan" vergaloppiert sich trotz kleinerer zu erkennender Moralaposteleien nicht in großen Ambitionen oder wahnwitzigen Ideen, sondern liefert einen nah an den Figuren bleibenden Katastrophenfilm, der seine üppige Laufzeit mit einer temporeich und geradeaus inszenierten Handlung größtenteils gut füllt.
"Phantastische Tierwesen..." von Harry-Potter-Stammregisseur David Yates ist der Versuch, der großen Fanschar noch etwas mehr magische Zauberwelt aus J. K. Rowlings Füllfederhalter zu schenken. Zunächst war "Phantastische Tierwesen & wo sie zu finden sind" noch ein fiktives Schulbuch des Potter-Universums. Doch die britische Autorin setzte sich in der Folge an eine reale Fassung, die 2001 erstmalig erschien. Während das Buch tatsächlich als eine Herzensangelegenheit daherkam, schließlich wurden die Erlöse in der ersten Auflage vollständig und in den Neuauflagen anteilig für wohltätige Zwecke gespendet, haftet dem Film, der noch vier Nachfolger bekommen soll, im Vorfeld schon der üble Geruch nach plumper Geldmache an.
Betrachtet man den fertigen Film, so kann sich diese vorgebildete Meinung auch nicht verflüchtigen. Eddie Redmayne als Newt Scamander stolpert mit autistischen Schüben und ansonsten leerem nichtssagenden Charakter durch ein grässlich künstlich bearbeitetes New York des frühen 20. Jahrhunderts und bildet dort ein unfreiwilliges Magier-Muggel-Buddygespann mit Dan Foglers Jacob Kowalski. Dass die Geschichte der beiden um entlaufene Tierwesen und deren Bedrohung für New York höchstens für Kinder genug Spannung bietet, scheint den Machern dabei selbst ansatzweise bewusst gewesen zu sein. Daher wurde diese Geschichte, die mit dem einstigen Lehrbuch natürlich nur ihren Fiktivautor und die Tierwesen gemeinsam haben kann, durch eine anscheinend ambitionierte aber eigentlich nur mehr als dümmliche Geschichte um die Sekte Second Salemers, den Oberbösewicht Grindelwald und ein zerstörerisches Magiewesen namens Obscurus ergänzt. Ob mit diesen die meiste Zeit unbefriedigend parallel laufenden Handlungssträngen schon einiges für die weiteren geplanten Teile vorbereitet werden sollte, ist dabei schwer zu sagen. Dieser Teil für sich betrachtet leidet jedenfalls für eine gute Stunde unter großer Handlungsarmut. Es ist erschreckend und beschämend, wie schlecht einen ein reiner Unterhaltungsblockbuster unterhalten kann. "Phantastische Tierwesen..." mäandert eine gute Stunde ohne Tempo vor sich hin, ohne dass einem die kleinste Möglichkeit gegeben wird, die Hauptfigur zu mögen, ohne prickelnde Konflikte aufzubauen oder ein lebendiges und vielseitiges Bild der Magierwelt in New York zu zeichnen. Spätestens mit der Inszenierung des Finales, das ebenso primitiv wie überstrapaziert daherkommt, weil man es derart schon unzählige Male gesehen hat, muss man sich fragen, wie viel J. K. Rowling tatsächlich zum Drehbuch beitragen durfte und ob das so eine gute Idee war.
"Phantastische Tierwesen..." verpasst auf ganzer Linie, ein Fundament zu legen, das ein Interesse für den Fortgang der Figuren schafft. Zu allem Übel sind auch Teile des Casts herzlich schlecht gewählt oder zumindest der stumpfen Charakterzeichnung hoffnungslos unterworfen. Selten sah man Colin Farrell so belanglos durch einen Film schreiten. Der bombastische Glanz des hohen Budgets versucht bestmöglich die Tatsache zu überstrahlen, dass Pappfiguren durch eine Pappwelt marschieren und dabei schrecklich künstliche Phantasiewesen streicheln. "Phantastische Tierwesen..." ist daher vor allem eins: seelenlos.