smartbo - Kommentare

Alle Kommentare von smartbo

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    smartbo 02.08.2022, 16:44 Geändert 02.08.2022, 17:03
    über Venom

    Die Geschichte handelt von einem Fotojournalisten namens Eddie Brock (Tom Hardy), der in Symbiose mit einer außerirdischen Lebensform, sogenanntem Symbionten, lebt. Symbionten stammen aus dem Labor der mysteriösen Life Foundation, deren Chef der skrupellose und intelligente Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed) ist. Eddie und der Symbiont sind zusammen besser bekannt als „Venom“, einem Wesen, das übermenschliche Kräfte entfaltet. Eddie wächst unter diesem Namen schnell zu einem Antihelden heran, der versucht, -wie es sich für einen Superheldenfilm gehört - die Unschuldigen und Schwachen zu beschützen …

    Venom fällt anfangs vor allem durch seine düstere Atmosphäre auf. Erst später im Film gibt es witzige Szenen und Dialoge, als der außerirdische Parasit sich mit der Figur Eddie Brock verbindet. Angesichts des Plots wäre der Film gut als Horror geeignet. Aber das ist der Film nicht. Der Film konzentriert sich hauptsächlich auf die komödiantische Interaktion zwischen Venom und Eddie. Ein Humor, der auf mich partiell etwas albern wirkt , aber insgesamt akzeptabel ist. Venom kennt das Alltagsleben der Menschen nicht, weshalb er Eddy viele banale Fragen stellt. Letzterer benimmt sich wegen Venoms umklammernder Kontrolle, wie ein Trottel. Alles in allem ergibt das Zusammenspiel der beiden die besten Szenen.

    Die Story drumherum ist ziemlich langatmig und windet sich in alle möglichen Richtungen und Wendungen, um zum gewünschten Filmende zu gelangen. Andere Charaktere spielen keine große Rolle. Die wichtigsten unter ihnen sind -klar- Eddy, ein obligatorischer Bösewicht und die Freundin von Eddie, deren Liebesgeschichte oberflächlich und standardmäßig ausgearbeitet ist. Besonders der Schurke Drake hätte meiner Meinung nach etwas bedrohlicher und böser ausfallen können. Die Actionszenen spielen sich auf dem Hintergrund der düsteren Atmosphäre ab und bestehen oft aus unklaren Handlungen, die teilweise schwer nachvollziehbar sind. Halt Action mit dem Zweck, im Film fulminante Actionszenen zu bieten, auch wenn diese nicht ganz passend erscheinen.

    Venom ist ein Standard-Comicfilm mit vielen Klischees und ziemlich flachen Charakteren. Der Plot ist nicht gerade der Kracher. Ein Loser ist plötzlich der Held und muss am Ende den Bösewicht besiegen, um die Welt zu retten. Alles ist ziemlich brav, wenig originell und kaum kreativ. Nett ist das Zusammenspiel zwischen Venom und Eddie. Ansonsten bleibt wenig übrig für eine gute und überzeugende Wertung. Ansehnlich ist allerdings der visuelle Eindruck. So ist der Film optisch sehr opulent gehalten, was sicherlich zu gefallen weiß.

    Fazit: den Film als schlecht einzustufen, wäre meines Erachtens unfair. Im Film bewegt sich aber alles auf einem unscheinbaren und mittelmäßigen Level. In einem Zeugnis würde die wenig schmeichelhafte Wertung über den Film stehen: er war korrekt und hat sich Mühe gegeben. Wenn der Film etwas dreckiger gewesen wäre, hätte er vielleicht besser zur Geltung kommen können. Naja, eher etwas für eingefleischte Superhelden-Film-Fans.

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      smartbo 30.07.2022, 09:17 Geändert 31.07.2022, 12:24

      Die Sichtung ist ein Rewatch, bei dem ich meine Punktwertung gegenüber der Erstsichtung verbessert habe. Grund genug für mich, ein paar Zeilen über den Film zu verfassen.

      Es ist fast zwanzig Jahre her, seit Susan Morrow (Amy Adams) ihren ersten Ehemann, den wenig erfolgreichen Schriftsteller Edward Sheffield (Jake Gyllenhaal) , verlassen hat. Heute ist sie eine Galeristin und mit einem wohlhabenden Ehemann verheiratet. Eines Tages erhält sie das Manuskript eines Romans von ihrem Ex-Mann. Susan wird in den Roman hineingezogen, der beschreibt, wie ein Familienurlaub eine schreckliche und gewalttätige Wendung nimmt. Die Geschichte bringt Susan zurück zu den Erinnerungen an ihre erste Ehe und konfrontiert sie mit einer unbequemen Wahrheit über sich selbst …

      Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Galeristin Susan Morrow, der es gut zu gehen scheint, die aber in Wirklichkeit mit Problemen zu kämpfen hat: mit finanziellen Problemen und einem ehebrecherischen Ehemann. Und innerlich ist sie eigentlich unglücklich. Das Manuskript, das ihr Ex ihr schickte, weckt alte Erinnerungen, von denen sie glaubte, sie überwunden zu haben. So entsteht eine Rahmengeschichte, in der drei Geschichten ineinandergreifen: 1.) die Gegenwart rund um die Galeristin Susan, 2.) die Handlung in dem Manuskript und 3.) die Rückblenden zu Susans und Edwards damaliger Beziehung. Trotz der so unterschiedlichen Handlungsstränge bleibt die Übersicht über die Zusammenhänge stets gewahrt, und der Film sorgt dafür, dass diese geschickt miteinander verwoben werden. Dem Zuschauer werden nach und nach alle Puzzleteile präsentiert, die sich allmählich zu einem Ganzen zusammenfügen.

      Das Ergebnis ist eine coole und intelligente Erzählung, in deren Mittelpunkt Liebe, Gewalt und Emotionen stehen. Das starke Schauspiel der gesamten Besetzung unterstreicht dies noch einmal. Besonders Jake Gyllenhaal, Amy Adams, Michael Shannon und Aaron Taylor-Johnson hinterlassen einen erstklassigen Eindruck. Um das Ganze abzurunden, ist „Nocturnal Animals“ mit eindrucksvollen atmosphärischen Bildern versehen, die zusätzlich unterstützt werden durch den Kontrast zwischen der Stadt Los Angeles und der Wüste in Texas.

      *** SPOILER Anfang ***
      Es gibt zahlreiche Kritiken und Besprechungen zum Film, die sich mit der Frage beschäftigen, was hinter der Handlung steckt. Nun, diese Kritiken fallen oft tiefgründig und komplex aus. Das ist sicherlich interessant, aber aus meiner Perspektive fällt die Interpretation der Handlung kurz und einfach aus: es geht im Kern um eine subtil eingefädelte Rache. Mehr ist es nicht. Es reicht aber aus meiner Sicht aus, um dem Film eine überdurchschnittlich gute Qualität zu bescheinigen.
      *** SPOILER Ende ***

      Fazit: Alles in allem ein Thriller, der auf den ersten Blick eine einfache Geschichte zu erzählen hat, aber gekonnt tiefgründig und vielschichtig eine intelligent verwobene Geschichte präsentiert, die von Anfang bis zum Ende zu fesselnd weiß. Top.

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        smartbo 17.07.2022, 09:32 Geändert 17.07.2022, 12:33

        Melanie Daniels, eine verwöhnte Millionärstochter, gespielt von Tippie Hedren (Mutter von Melanie Griffith), ist in San Francisco einkaufen, als sie den Anwalt Mitch Brenner (Rod Taylor) trifft, der Vögel als Geschenk für den Geburtstag seiner kleinen Schwester sucht. Er erkennt Melanie, gibt aber vor, sie mit einer Verkäuferin zu verwechseln. Sie spielt das Spiel mit. Melanie beschließt, die Vögel selbst zu kaufen und zur Bodega Bay zu fahren, wo die Geburtstagsfeier von Mitchs Schwester stattfindet. Dort wird sie jedoch von einer Möwe angegriffen, was der Beginn mehrerer Angriffe einer immer größer werdenden Vogelgruppe ist….

        Der Filmtitel verrät schon viel über den Inhalt. In diesem spannenden Film spielen die Vögel eine zentrale Rolle, die die Menschen angreifen. Und dann geht es auch nicht um eine relativ kleinteilige Monster-gegen-Mensch-Story, nein, es nimmt schon apokalyptische Ausmaße an. Bei einer Filmdauer von ca. 2 Stunden und einer Flut von Vogelattacken ist die Gefahr groß, dass die Handlung rasch in Eintönigkeit mündet. Davon kann aber keine Rede sein, denn im Film geht es nicht nur um die Vogelattacken.

        Neben der Vogel-Action widmet der Film den Charakteren viel Aufmerksamkeit. Sie werden sorgfältig und klar gezeichnet. Statt Langeweile wecken die Charaktere Interesse und Sympathie. Und das wirkt, denn es verleiht dem Film eine faszinierende Note, in die der Zuschauer gefangen gehalten wird. Diese „harmlose“ Atmosphäre wird regelmäßig mit den Vogelattacken unterbrochen, die eine morbide und mysteriöse Stimmung verbreiten und die Atmosphäre mit eine düsteren Note trüben. Diese Schwankungen sind exzellent inszeniert und haben eine große Wirkung.

        Die Spezialeffekte, mit denen die Vogelangriffe inszeniert werden, sind simpel und vielleicht etwas in die Jahre gekommen sind, aber sie sorgen bis heute noch für spannende Unterhaltung. Verstärkt wird die finstere Atmosphäre dadurch, dass der Film ohne musikalischer Untermalung auskommt. Er begnügt sich nur mit Umgebungsgeräuschen. Es gibt bei einem Höhepunkt keine bombastischen musikalischen Einlagen und auch keine theatralische Musik. Der Zuschauer hört, was die Protagonisten hören: Straßengeräusche, Stimmen, Motorengeräusche. Und natürlich auch das Rauschen der Flügel und das Kreischen der Vögel, die ohne musikalische Unterstützung sehr bedrohlich und erschreckend klingen.

        Diese Tricks sind einfach, aber effektiv. Hitchcock arbeitet mit Akustik und mysteriösen Phänomenen, um den Betrachter mit Anspannung und Neugier zu infizieren. Die Angriffe der Vögel entladen die aufgestaute Spannung. Dann gibt es wieder Ruhe, bis wieder der bedrohliche Flügelschlag ertönt oder sich eine Krähe auf einem Klettergerüst einer Schule niederlässt. Dann geht es wieder von vorne los. Das klingt eintönig, ist es aber nie, denn Spannung und Neugier dominieren im Film von Anfang an.

        Der Spannungsaufbau ist raffiniert und die Angriffe der Vögeln wirken immer extremer. Was mit einem einzelnen Angriff einer Möwe beginnt, wird subtil erweitert und fast unauffällig größer und bedrohlicher, wodurch die Spannung immer mehr ausgedehnt wird. Verstärkt wird die bedrückende Atmosphäre durch die Kulisse eines kleinen idyllischen Küstenortes, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.

        Fazit: Hitchcocks Meisterwerk, das mit Spannung und Suspense auf höchstem Niveau glänzt. Ein toller Film! Top.

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          smartbo 14.07.2022, 10:54 Geändert 14.07.2022, 18:47

          *** Smartbo kommentiert die Lieblingsfilme seiner Buddys ***
          (eine sehr schöne Aktion von „Der Dude von Nebenan“).
          Dieser Kommentar ist „EXPENDABLE87“ gewidmet.
          Film: SHOOT 'EM UP, Actionfilm, USA, 2007

          Es wird ja nun allerhöchste Zeit, dass ich auch für Expendable87 im Rahmen der Aktion eine Widmung schreibe. Der gute EX ist hier auf MP einer meiner Begleiter der ersten Stunde. Er ist im Umgang sehr angenehm und für einen Spaß immer zu haben. Er ist respektvoll, stets sachlich, freundlich, tolerant und humorvoll. Zweifellos ist er für mein Dashboard und sicherlich für die MP-Community eine Bereicherung. Seine Kommentare sind sehr originell, voller Humor und Spritzigkeit. Dass Arthousefilme nicht zu seinen Lieblingsfilmen zählen, sieht man schon auf den ersten Blick in seine Filmliste. Sein Filmgeschmack ist schwerpunktmäßig auf Action, Horror, Gruselfilme, Kriegs- und Antikriegsfilme ausgerichtet. In seiner Filmliste sind aber auch andere Genres enthalten: Thriller (The Autopsy of Jane Doe) oder Komödien (z.B. Super - Shut up, Crime ) und zu guten Dramen sagt er auch nicht nein. So schreibt er in seinem Kommentar zu „The Green Mile“, dass es „ein Meisterwerk ist, das einen buchstäblich vom Stuhl reißt“. Das kann ich uneingeschränkt bestätigen.

          Unser Gemeinsamkeitswert hier auf mp ist nicht so großartig. Aber das reicht dicke dafür aus, dass wir uns gegenseitig schätzen und uns ab und an Feedbacks zu unseren Kommentaren schreiben. Ohnehin kommt es in erster Linie auf einen freundschaftlichen Umgang miteinander an. Und das kann ich ohne Einschränkung bejahen. Einig sind wir uns, was eine gute Wertung anbetrifft bei Filmen wie: 28 Weeks later, The Green Mile, Der Schacht, Nightcrawler, Leon der Profi und vielen anderen mehr. Na, und das ist ja schon was. Auf die Idee, den Film „Shoot em up“ für ihn im Rahmen einer Widmung auszuwählen, bin ich gekommen, nachdem er in einem Feedback an mich in seiner humorvollen Art schrieb: „wie jetzt smartie 😲 ...noch einer mit Nachholbedarf im Karottenschnurpsen 😄“.

          Kommen wir nunmehr zu dem Filmkommentar, den ich -wie üblich- mit einem kurzen Handlungsabriss beginne.

          Ein Typ mittleren Alters, namens Smith, (gespielt von Clive Owen), sieht, wie eine hochschwangere Frau auf offener Straße von einer Horde Männer verfolgt und angeschossen wird. Smith kann die Männer vorerst abwehren und hilft der Schwangeren bei der Entbindung. Es kommt ein gesunder Junge auf die Welt. Bei dem erneuten Angriff der Kriminellen wird die Mutter erschossen. Es stellt sich heraus, dass die Täter, die eine Verbindungen zu einigen Politikern zu haben scheinen, hinter dem Baby her sind. Mit Hilfe der Prostituierten, Donna Quintano, dargestellt von Monica Bellucci, die er von früher kennt, flieht er und beschützt das Baby. Verfolgt wird er von dem brutalen Gangsterboss Karl Hertz, der unübertroffen von dem fantastisch aufspielenden Paul Giamatti dargestellt wird.

          Ich hatte vor der Sichtung des Action-Filmes keine Ahnung, was auf mich zukommt. Nach der Sichtung kann ich aber schon mal vorwegnehmend sagen, dass es ein sehenswerter und unterhaltsamer Film ist. Es ist ein unglaublich rasanter Actionfilm. Die fulminante Action rast von der ersten Minute über den Bildschirm und hält bis zum Ende an. In diesem Film kommt man kaum zur Ruhe, weil man von einer Actionszene in der nächsten landet. Manchmal ist es sehr übertrieben und manchmal etwas aufgesetzt, aber es funktioniert durchgehend und kommt trotzdem gut an. Die Art und Weise, wie sich der Protagonist immer wieder aus den verschiedensten skurrilen Situationen rettet, ist großartig inszeniert. Sogar beim Liebesspiel mit der toll aufspielenden Monica Belucci tötet er einen Bösewicht nach dem anderen. Und dasselbe geschieht, als er in großer Höhe aus einem Flugzeug springt.

          Der Film beginnt ziemlich sanft damit, dass ein Baby vor dem Tod gerettet wird und mündet dann in einer regelrechten knüppelharten Gewaltorgie. Clive Owen spielt seine Rolle großartig. Und Monica Belluci ist schlicht und einfach in der Rolle einer Prostituierten mit großem Herz hinreißend. Der super Rock- und Heavy-Metal-Sound gibt der ohnehin schon rasanten Action noch mehr Schwung. So sind z.B. Nirvana, The White Stripes, Motörhead und AC/DC zu hören. Angereichert wird der Film mit einem perfekt eingesetzten und prima dosierten Humor. Ein Gag jagt den anderen. Und auch die flotten Sprüche sind top. Beispiele: „Vertrauen sie nie den Menschen, die am Ende profitieren. Denn das sind die Bösen“ oder „Ess mehr Gemüse“. Ich habe mich köstlich amüsiert. Vortrefflich wird die Neugier beim Zuschauen aufgebaut, und erst nach ca. ¾ Stunde bekommt man in etwa mit, wohin dieser Film führt und wie die Geschichte ausgeht. Auch das gute Finale des Films weiß zu überzeugen.

          Fazit: Das schreibt Expandable87 in einem Feedback an mich über den Film: „smartie, shoot 'em up liefert anspruchslose fun-action vom aller feinsten...einfach nur kopf ausschalten und spaß haben...“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Und Recht hat er. Wer Spaß und Unterhaltung ohne viel dramaturgischen Schnickschnack will, der ist hier genau richtig. Top.

          @Expandable: bleibe so locker und so humorvoll, wie bisher. Danke für Deine lesenswerten Beiträge, die für die Community eine Bereicherung sind. Auf eine weiterhin gute Freundschaft. 👍

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            smartbo 12.07.2022, 11:16 Geändert 12.07.2022, 14:57
            über Old

            „Old“ spielt auf einer abgelegenen Insel. Im Mittelpunkt steht eine Familie, die einen entspannten Ferientag verbringen will. Als die Familie zusammen mit einer Gruppe an einem abgelegenen Strand eine Leiche findet, wird eine Reihe mysteriöser Ereignisse in Gang gesetzt. Langsam wird den Inselbesuchern klar, dass auf der Insel unnatürliche Dinge vor sich gehen, vor denen es kein Entrinnen gibt …

            Ist ja nicht so, dass ich Shyamalan für einen schlechten Regisseur halte. So haben mir ganz besonders seine Filme„ The Sixth Sense“ , „Signs“ oder „The Village“ gut gefallen. Dieser hier fällt allerdings bei mir durch. Der Film fängt gut an und die ersten 20 Minuten sind nett und geheimnisvoll inszeniert. Danach wird allerdings alles ziemlich chaotisch. Die Ereignisse überschlagen sich regelrecht und eine Szene ist bizarrer als die andere. Die Geschichte ist spannend, aber die Umsetzung lässt zu wünschen übrig.

            So hätte insbesondere die schauspielerische Leistung der Darsteller besser ausfallen können. Man kann hier insgesamt ruhig von einem B-Cast sprechen, der überhaupt nicht überzeugt. Besonders negativ ist mir Vicky Krieps aufgefallen, die die Prisca spielt. Dazu gesellt sich aber auch Gael Garcia Bernal, der den Guy darstellt. Die Charaktere sind oberflächlich ausgearbeitet und sagen dem Zuschauer kaum etwas. Negativbeispiel ist der Busfahrer, den Shyamalan selbst, mehr schlecht als recht, spielt.

            Man darf schon keine allzu kritische Brille aufsetzen, da man ansonsten vor lauter Plotholes alles nur albern und komisch finden könnte. Und auch die Inszenierung der Alterungen weist Defizite auf. So sind z.B. die sichtbaren Alterungseffekte bei den einzelnen Menschen uneinheitlich. Der Alterungsprozess wirkt unauthentisch, denn die Leute werden dabei nicht einmal grau oder kahl. Es tauchen beinahe schon lustige Klischees auf: eine Therapeutin, die sagt, wir sollten darüber reden, ein Krankenpfleger, der fast so viel medizinisches Wissen hat, wie ein Chirurg, ein Statistiker, der bei jeder Entwicklung die lächerlichsten Zahlen herausgibt. Die Dialoge sind hölzern und plakativ, so dass man als Zuschauer überhaupt nicht in die Geschichte einbezogen wird.

            Es soll ein Mysterythriller und ein Horrorfilm sein. Nichts davon ist richtig. Es ist nie aufregend, spannend oder beängstigend. Okay, die Auflösung am Ende ist nicht schlecht. Diese kann allerdings meinen weniger guten Eindruck vom Film nicht verbessern.

            Fazit: Die Idee ist gut, das Potenzial wird aber nirgendwo voll ausgeschöpft. Die Gesamtwirkung ist nach meiner Einschätzung für eine gute Wertung zu schwach.

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              smartbo 10.07.2022, 09:10 Geändert 10.07.2022, 16:12

              Wir sind im Jahr 1994 in New York. Leon (Jean Reno) ist Profikiller. Er beobachtet das Kommen und Gehen der Bewohner eines Gebäudes. Auf der gleichen Etage von Leon lebt eine Familie, deren Vater Drogenhändler ist. Er wird von einem Mann namens Stansfield (Gary Oldman) bedroht, einem zwielichtigen Polizisten, der am nächsten Tag zurückkehrt und den Familienvater und die Familie tötet. Nur die zwölfjährige Mathilda (Natalie Portman) kann entkommen und findet Zuflucht beim Leon. Mathilda wird von Leon beschützt. Das Mädchen ist entschlossen, sich zu rächen und lernt von Leon die Tricks des Killerhandwerks …….

              Im Mittelpunkt des Filmes steht die Beziehung zwischen Leon und Mathilda. Beide sind gewissermaßen verlorene Seelen, die auf ihre Weise geheilt werden müssen. Mathildas Familie wurde gerade ermordet. Sie hat von ihren Eltern nie Liebe erfahren oder sich ihnen gegenüber vertrauensvoll verbunden gefühlt. Sie fantasiert auch über echte, romantische Liebe, teilweise beeinflusst von Geschichten von Freunden und Hollywood-Filmen. Sie kann all diese Bedürfnisse auf Leon projizieren, zu dem sie Zuflucht suchen muss, wenn sie nicht das gleiche Schicksal erleiden will, wie ihre Familie. Leon wiederum lebt ein isoliertes, eigenbrötlerisches, zurückgezogenes Leben, das vorwiegend aus Disziplin und der Unterdrückung seiner Gefühle besteht. Er trägt einen langen schwarzen Mantel, eine schwarze Sonnenbrille und schläft mit einem offenen Auge auf einem Stuhl. Sein einziger Begleiter und Objekt seiner Zuneigung ist eine Zimmerpflanze, die er überallhin mitnimmt und ihr einen schönen Platz auf der Fensterbank verschafft: skurril und originell.

              Der Killer und das Kind haben eine merkwürdige und unreale Beziehung. Es gibt Stimmen, die in der Beziehung der beiden viele sexuellen Assoziationen oder Anspielungen sehen. Aber Sex hat nichts mit ihrer Bindung zu tun. Ja, Mathilda sagt, dass sie in Leon verliebt ist und sogar, dass sie gerne mit ihm schlafen würde, aber für sie hat das nichts mit etwas Körperlichem zu tun. Hier zählt nur die kindliche und naive Liebe. Eine Jugendliebe, die sie noch nie für einen anderen Mann/Jungen aus ihrem Umfeld empfinden konnte. Hinzu kommt, dass er für sie eine Vaterfigur ist, und Léon verhält sich ihr gegenüber immer beschützend, als Wächter.

              Nach all dem, was ich geschrieben habe, könnte man meinen, die Handlung von „Leon der Profi“ besteht nur aus Emotionen und Drama. Das stimmt so nicht. Denn der Film enthält darüberhinaus eine gehörige Portion Spannung und Action. Leon ist ein echter Profi und weiß, mit seinen Tricks Standfield und Co zu täuschen. Das garantiert fulminante Actionszenen, die zudem voller Spannung und Dramatik sind. Unterstützt wird die Atmosphäre von einer orientalisch angehauchten Musik und einigen Popsongs von Björk und Sting,

              Fazit: Leon zählt zu den Klassikern in der Filmgeschichte. Ein Thriller, voller emotionaler und dramaturgischer Akzente, fulminanter Action und Spannung. Das alles macht den Film zu einem absolut sehenswerten Filmerlebnis.


              P.S.: Habe übersehen, dass ich ein Kommi über den Film schon vor Jahren hinterlegt habe. Beim ersten Mal hat er mich allerdings nicht gepackt. Bei dem jetzigen Replay konnte ich ihm aber viel mehr abgewinnen. Den alten Kommentar habe ich gelöscht.

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                smartbo 08.07.2022, 10:21 Geändert 09.07.2022, 12:47

                John Jackson (Tony Curtis), ein Weißer, und Noah Cullen (Sydney Poitier), ein Schwarzer, sind zwei Gefängnisinsassen, die auf der Ladefläche eines Lastwagens auf dem Weg zu einem Arbeitslager aneinander gefesselt sind. Als der LKW abstürzt, sind sie die einzigen Überlebenden, und es gelingt ihnen zu fliehen, bevor die Polizei unter Führung des örtlichen Sheriffs Max Muller (Theordor Bikel) am Unfallort eintrifft. Doch ihr gegenseitiges Misstrauen und ihr Hass erschweren ihre Flucht. Denn John ist ein rassistischer Weißer, der auf Schwarze herabblickt, und Noah ist ein Schwarzer mit viel Selbstbewusstsein, der alle Weißen verachtet. Gelingt ihnen unter diesen erschwerten Voraussetzungen zu entkommen?

                Im Mittelpunkt des Filmes steht das Thema Rassismus, und bis heute ist die Botschaft für rassenübergreifende Toleranz immer noch absolut solide und aktuell. Das steht im Film an vorderster Stelle, alles andere scheint zweitrangig zu sein, denn nicht alle Ereignisse sind 100%ig glaubwürdig. Der Film wirkt manchmal ziemlich nüchtern und schlicht. Das schadet jedoch der insgesamt überzeugenden Atmosphäre, die primär von den Konflikten und Dialogen der beiden Protagonisten geprägt ist, nicht. Hinzu kommen die fesselnden Momente, die sich alleine schon daraus ergeben, dass die beiden auf der Flucht sind und die Polizei ihnen auf den Fersen ist.

                Was im Film aber zuvorderst beeindruckt, ist das starke Schauspiel der beiden Protagonisten. Sidney Poitier ist durchgehend von Anfang bis zum Ende gut und zeigt hier, warum er einer der besten Schauspieler seiner Generation war. Dieser Noah Cullen mag weniger vornehm sein als die meisten Charaktere, die er spielte, aber Sydney Poitier ist auch als voreingenommener Krimineller sehr authentisch und sehr stark. Ebenfalls Tony Curtis weiß absolut zu gefallen. Er verleiht mit seinem Schauspiel seinem Charakter, dem Rassisten Joker Jackson, Tiefe und Intensität. In diesem Film spielt er nicht den gutaussehenden Dummkopf, wie in vielen seinen Filmen, sondern zeigt, was er wirklich kann, und dass er ein top Schauspieler ist.

                „Flucht in Ketten“ ist manchmal etwas zu übertrieben, um die Botschaft des Antirassismus zu vermitteln, aber der Film ist bis heute noch klar und felsenfest in seiner Aussage. Obendrein ist er in jedem Fall aktuell, denn viele Menschen können auch heute noch eine gehörige Lektion in Toleranz gut gebrauchen. Der Film verdient allein schon deshalb Respekt und Anerkennung, weil er damals in den USA der 1950er Jahre (!), wo Rassismus zum selbstverständlichen Alltag gehörte, das heiße Thema Rassismus mutig klar ohne jeglicher Subtilität anpackte. Chapeau !

                Fazit: Der Film ist ein starkes Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit sowie gegen Rassismus jeglicher Art und Vorurteile. Aus meiner Sicht hat der Top-Klassiker eine Empfehlung als sehenswert absolut verdient.

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                  smartbo 04.07.2022, 11:12 Geändert 04.07.2022, 11:28

                  Den Film habe ich schon vor ein paar Jahren gesehen. Er hat mich damals allerdings 100%ig nicht überzeugt. Wertungsseitig schnitt er nicht besonders gut ab. Bei der jetzigen Zweitsichtung hat er mir aber schon etwas besser gefallen, so dass ich ausreichend Motivation fand, ein paar Zeilen zu verfassen und meine Eindrücke in einem Kommentar zu schildern. Ja, klar, und auch meine Wertung fällt gegenüber der Erstsichtung etwas besser aus.

                  Ich beginne zur Orientierung, worum es geht, mit einer grobe Plotskizze. Eine Gruppe von Fremden, jeder mit einem dunklen Geheimnis, trifft sich im Jahr 1969 fast zur gleichen Zeit im El Royale. Das El Royale ist ein heruntergekommenes Hotel in der Nähe des Lake Tahoe in Kalifornien. Der erste Eindruck von dem heruntergekommenen Hotel El Royale ist fesselnd. Wir sehen eine atmosphärische Kulisse, die schon bessere Tage gesehen hat: kitschig, bombastisch, voller Nostalgie mit einer melancholischen Aura voller Sehnsucht nach einer glorreichen Zeit, die längst Vergangenheit ist. Und vielleicht gab es sie auch nie.

                  Es war daher eine große Überraschung, als plötzlich vier so verschiedene, einander unbekannte Gäste am Empfang des Hotels beim Concierge Miles Miller (Lewis Pullman) auftauchten: ein Priester (Jeff Bridges), eine Sängerin (Cynthia Erivo), ein Staubsaugerverkäufer (Jon Hamm), eine mysteriöse Frau (Dakota Johnson). Eingebunden in die Handlung sind noch ein Sektenführer (Chris Hemsworth) und die Schwester der mysteriösen Frau (Cailee Spaeny). Mehr soll nicht verraten werden, nur so viel, dass jeder der Gäste ein Geheimnis mit sich trägt. Und auch das Hotel scheint ja ein Geheimnis zu verbergen. Nach der Ankunft der Gäste überschlagen sich die Ereignisse, und das Hotel wird zu einem einzigen Schlachtfeld.

                  Die Handlung geht mit Rückblenden oft zurück in die Vergangenheit des Hotels und in die Vergangenheit der Gäste. Jedes Mal, wenn etwas Unerwartetes passiert oder ein Gast eine bemerkenswerte Entdeckung macht, folgt einen Moment später eine Szene, die in der Vergangenheit spielt, um Licht ins Dunkle zu bringen. Der Film verwendet die Retrospektiven nicht nur, um die Gegenwart zu beleuchten. Durch die Rückblenden erfährt der Zuschauer auf clevere und subtile Art und Weise auch viel über die Charaktere. Wird denn der Schleier über die Geheimnisse, die alles umgeben, am Ende gelüftet ? Nun, das soll hier natürlich nicht verraten werden.

                  Der Film ist ein Thriller, er wird aber mit pechschwarzem Humor gewürzt, der auf die gesamte Atmosphäre einwirkt. Die Atmosphäre ist mysteriös, spannend, und der Humor fügt dem Film eine gewisse Leichtigkeit hinzu. Anleihen aus Tarantino-Filmen sind hier unübersehbar. Eingefangen werden in die Handlung ebenso die Geschehnisse aus der damaligen Zeit. So finden der Vietnamkrieg und die Hippiekultur ihren Platz im Film und man hört viel Musik aus den 50er und 60er Jahren. Nun, wie könnte man den Film kurz charakterisieren? „Bad Times at the El Royale“ ist komisch, tragisch, mysteriös, man sieht aber auch blutige Szenen. Last but not least ist die vortreffliche Kamera zu erwähnen, die einen guten Job leistet und einnehmend die Bilder einfängt.

                  Fazit: „Bad Time at the El Royale“ ist kein Blockbuster und kein herausragender, aber ein cooler Film, den man vielleicht mehrmals schauen sollte, damit er seine gute Qualität entfalten kann. Es lohnt sich, denn er ist ein sehenswerter Film und bietet eine gute Unterhaltung.

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                  • smartbo 02.07.2022, 10:32 Geändert 02.07.2022, 10:59

                    Captain Kirk William Shatner, Common People
                    https://www.youtube.com/watch?v=ainyK6fXku0

                    Metallica, Whiskey in the jar,
                    https://www.youtube.com/watch?v=boanuwUMNNQ

                    Guns N' Roses, Live & Let Die,
                    https://www.youtube.com/watch?v=6D9vAItORgE

                    Guns N' Roses, Knockin' on heaven's door,
                    https://www.youtube.com/watch?v=x-1gG4I6sJ8

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                    • 7 .5
                      smartbo 01.07.2022, 15:10 Geändert 01.07.2022, 17:42

                      Die Geschichte spielt in der heutigen Zeit in Indien. Balram ist ein junger Mann aus ärmlichenn Verhältnissen, der davon träumt, ein erfolgreicher Unternehmer zu werden. Er wird der Fahrer des wohlhabenden Ashok und seiner Frau Pinky, die er so gut und unterwürfig bedient, wie es ihm die Familie und die indische Gesellschaft vorschreibt. Doch als er erkennt, dass die reiche Elite keine Skrupel und keine Moral kennt und er kurz davor steht, alles zu verlieren, beschließt er sich zu wehren …

                      Der Protagonist Balram ist die Inkarnation der treuen Knechtschaft. Er bedankt sich und verbeugt sich vor seinen Herrschaften trotz der vielen Beleidigungen, die er sich gefallen lassen muss. Ein Charakter, der an seine Kaste gebunden ist und sich diesem Schicksal unterwirft. Aus dem Kastensystem erwächst eine starre Hierarchie, die die Staatsstruktur in Indien bestimmt. Dieses traditionelle indische Konstrukt ist nicht nur gesellschaftlich relevant, sondern hat auch psychologisch eine Bedeutung. Balram ist nicht nur die Personifikation der Unterwerfung, weil die Gesellschaft es von ihm erwartet. Seine extreme Nachsicht rührt auch von der Doktrin her, die ihm von klein auf beigebracht wurde und keine Chance bietet, diesem Schicksal zu entkommen. Er wurde so erzogen, er ist so und lebt nach dem Motto: einmal Diener, immer Diener.

                      „Der weiße Tiger“ ist keine wütende Anklage gegen Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Der Film ist auch keine kitschige Tragikomödie, in der der Antiheld Balram Rückschläge erleidet, ihm danach Gerechtigkeit zuteil wird und er am Ende triumphiert. Vielmehr ist es eine Satire auf die indische Klassengesellschaft. Der Film seziert subtil und ironisch ein Land, das von Widersprüchen geprägt ist. Immer wieder werden die Charaktere im Film dazu „ermahnt“, ihren Platz in der Gesellschaft einzuhalten. Immer wieder werden sie damit konfrontiert, dass es unumstößliche gesellschaftliche Regeln gibt. Das Witzige im Film allerdings ist, dass kaum eine Szene vergeht, ohne dass jemand gegen die Regeln verstößt. Intrigen und Korruption sind in Indien „reichlich“ vorhanden. Und am Ende haben (wie überall auf der Welt) die Leute mit dem großen Geld das Sagen.

                      Der Film bietet viel Humor. Neben der ironischen Erzählung kommt der Humor in der Person von Balram zum Ausdruck. Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Besonders witzig sind die Szenen, in denen Balram, der im Film auch als Off-Stimme die Handlung erklärt, die Ereignisse und persönliche Erlebnisse kommentiert. Dabei wirken die kulturellen Eigenheiten auf den Zuschauer befremdlich und lustig. Da Balram im Film kommentiert, und man ihn schon am Anfang in schicken Kleidern sieht, ist dem Zuschauer klar, dass es irgendwann zu einem Ende seiner Knechtschaft kommen muss. Die Frage ist nur wann und wie. Diese inszenatorisch gelungene Erwartungshaltung ist enorm wirksam und bringt von Anfang an Spannung in den Film. Am Ende ist man als Zuschauer allerdings über das heftige „Wie“ überrascht.

                      Fazit: der Film bietet einen gelungenen Mix aus leichter Unterhaltung und subtiler Gesellschaftskritik. Die kurzweilige Geschichte, die guten Schauspieler und die vorzügliche Inszenierung machen ihn zu einem sehenswerten Erlebnis. Daumen hoch.

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                        smartbo 30.06.2022, 12:46 Geändert 30.06.2022, 17:25

                        Vor der Sichtung hatte ich angenommen, in der Dokumentation gehe es um einen von den vielen Filmen, die sich dem Tierschutz widmen. Okay, auf jeden Fall interessant. Als ich allerdings den Anfang des Filmes gesehen habe, den ich nachfolgend kurz schildere, überkam mich das Grauen, und ich habe mich gefragt, was ist denn da los? Hier der Beginn der Doku: 24.2.2010, Orlando, Florida. Die Polizei bekommt einen Anruf von einem Mitarbeiter des Freizeitparkes SeaWorld: „Wir brauchen jemanden bei SeaWorld. Es gibt eine Tote. Ein Wal hat eine Trainerin gefressen.“ Die ungläubige Frage der Polizistin: „ Was? Ein Wal hat eine Trainerin gefressen?“ „Ja, korrekt“. Allein schon mit der Anfangssequenz fesselt der Film den Zuschauer und die spannenden Informationen und verstörenden Bilder setzen sich weiter fort.

                        Nun, worum geht es? Überall auf der Welt bestaunen und amüsieren sich die Zuschauer in Shows mit Orcas. Scheinbar mühelos lassen die Trainer die kolossalen Schwarz-Weiß-Wale anmutig durch die Lüfte fliegen. Sie werden wie liebevolle Kuscheltierchen präsentiert, aber die Schwertwale bleiben gefährliche Tiere: sie haben in der Gefangenschaft mehrere Betreuer angegriffen, und in SeaWorld/Orlando tötete der Orca Tilikum nicht weniger als drei Trainer. In freier Wildbahn sind Killerwale weder aggressiv noch gefährlich für Menschen, also was hat diese domestizierten Exemplare dazu gebracht, Menschen anzugreifen ? Dieser Frage geht die Dokumentation nach …

                        Blackfish ist der Name, den die alten Fischer und die indigenen Völker den Orcas gegeben haben. Sie haben großen Respekt vor diesen wilden Tieren und glauben, dass sie in Ruhe gelassen werden sollten, weil sie gefährlich sind. Stattdessen werden Killerwale in Gefangenschaft gehalten und für Shows in Parks wie Seaworld (Orlando) und Loro Parque (Teneriffa) eingesetzt. Die spannende Dokumentation zeigt, dass Orcas sehr intelligente, aber auch gefährliche Tiere sein können, die sich in Gefangenschaft anders verhalten als in der Natur.

                        Wir erfahren in der Doku, dass ein riesiger 4 bis 5 Meter großer und ca. 4 Tonnen schwerer Orca in einem 6 mal 6 Meter großen und 10 Meter tiefen Becken gefangen ist. Einfach absurd, die reinste Tierquälerei. So verwundert es nicht besonders, dass diese Tiere, solchen Stress ausgesetzt, mehrere Orca-Trainer bei der Vorbereitung und Durchführung der Shows schwer verletzt oder gar -wie oben erwähnt- getötet haben. In SeaWorld/Orlando, dem größten Park seiner Art, ereignete sich auch der letzte entsetzliche tödliche Vorfall, als eine Trainerin von dem Orca Tilikum regelrecht zerfleischt wurde.

                        Der Aufbau der Dokumentation ist ziemlich gut. Man geht zu den Anfängen zurück, als die Orcas in den 1970er/80er-Jahren zum ersten Mal gefangen wurden, was bereits auf grausame Weise geschah. Der Film geht dann langsam in die Gegenwart über. In der Doku werden einige Ex-Orca-Trainer befragt, die eindeutig das Beste für die Tiere wollten und es wird deutlich, dass das Problem hauptsächlich höher anzusiedeln ist.

                        Es ist daher schade, dass SeaWorld-Management an dieser Dokumentation nicht teilnehmen wollte. Trotz mehrerer tödlicher Killerwalangriffe auf Trainer, setzte SeaWorld die Shows fort und die schrecklichen Vorfälle als „Unfälle“ bezeichnet. Besonders verwerflich ist, dass SeaWorld jedes Mal die Schuld an den „Unfällen“ den Trainern gegeben hat. Angeblich hätten sie Fehler im Umgang mit den Tieren gemacht. Es wird einmal mehr deutlich, dass ein solches Unternehmen wie SeaWorld ausschließlich kommerziell orientiert ist und dass in der Geschichte von dem Orca Tilikum Fehler von Menschen gemacht wurden, die scheinbar nur Dollarzeichen in ihren Augen gesehen haben.

                        Fazit: ein verstörender und packender Dokumentarfilm, der den Menschen (endlich) die Augen öffnen sollte für die Tatsache, dass diese in grausiger Gefangenschaft gehaltenen Tiere nicht für die Unterhaltung von Menschen da sind. Es wird an der Zeit, diesen Voyeurismus zu beenden und die Shows zu verbieten. Der Film ist nicht nur für Tierliebhaber einer Sichtung wert. Top.

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                          smartbo 27.06.2022, 13:13 Geändert 27.06.2022, 17:21

                          In dem Zeitreisefilm betrauert der Teenager Adam Reed den unerwarteten Tod seines Vaters. Eines Tages trifft er auf eine ältere Version von sich selbst. Der ältere Adam stammt offenbar aus einer Zukunft, in der der Mensch Zeitreisen entdeckt hat. Der Adam aus der Zukunft ist auf einer geheimen Mission unterwegs, der die Hilfe seines jüngeren Ichs benötigt …

                          Nach den vielversprechenden Vorankündigungen habe ich einiges erwartet. Am Ende war ich jedoch enttäuscht. Deshalb fällt die Kommentierung knapp aus und schildert nur zusammenfassend meine wichtigsten Eindrücke. Es ist ein Science-Fiction-Abenteuer, das man schon so oft gesehen hat. Die Sci-Fi-Geschichte über den Kampf zwischen Gut und Böse ist einfach und nicht sehr hochwertig. Alles in allem etwas langweilig.

                          Der Film ist sicherlich gut inszeniert und hat auch einen humorvollen Einschlag. Der Humor ist aber nicht durchgehend originell, denn er ist meist einfach gestrickt und mit Klischees überzogen. Hinzu kommt, dass der Humor, der hier offeriert wird, nicht so 100%ig mein Fall ist. Einen großen Raum nimmt im Film die Action aus der Kategorie Stangenware ein. Die CGI-Effekte sind ganz gut, aber auch hier gibt es ebenfalls nichts Innovatives, denn die hat man schon öfters gesehen. Die dramaturgischen Akzente sind phasenweise zu stark gesetzt und partiell zu schmalzig. Der Film bemüht sich offensichtlich zu sehr, Emotionen zu wecken, und genau deshalb verfehlt er das Ziel. Mich haben die emotionalen Momente jedenfalls nicht erreicht. Was mir gut gefallen hat, ist allerdings der Soundtrack und hier ganz besonders der Startsong am Anfang des Filmes „Gimme Some Lovin“ von The Spencer Davis Group. Tolle Mucke, das schon.

                          Fazit: „The Adam Project“ bietet Popcorn-Unterhaltung, die mich allerdings nicht erreicht hat. Optisch macht der Film auf den ersten Blick einen guten Eindruck, und ein lautstarkes Remmidemmi ist auch zu vernehmen. Aber von einer Wertung im Bereich gut/sehr ist er aus meiner Sicht weit entfernt. Style over substance ist nach meiner Einschätzung die treffende Charakterisierung dieses Filmes.

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                          • smartbo 24.06.2022, 16:25 Geändert 24.06.2022, 17:05

                            Ich bin zwar kein großer Zocker, aber zur Entspannung von meinem stressigen Job habe ich auf der Konsole von meinem Sohnemann gerne gespielt. Kann mich an die Spiele gut erinnern, ich hatte jedenfalls viel Spaß.

                            Crash Bandicoot ( 2, Warped) (PlayStation)
                            Need for Speed 1-2 (PlayStation)
                            Klonoa (PlayStation)
                            Pandemonium 2 (PlayStation)
                            Gex (PlayStation 1 + N64)
                            Spyro the Dragon (Playstation 1)
                            Oddworld: Abe’s Oddysee (Playstation 1)
                            Wipeout 2097 (Playstation 1)
                            Gran Turismo (PlayStation 1)

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                              smartbo 24.06.2022, 09:53 Geändert 24.06.2022, 15:04

                              L.B. Jefferies, gespielt von James Stewart, kurz Jeff genannt, ist ein Fotograf, der wegen seines gebrochenen Beins im Rollstuhl sitzt. Um sich die Zeit zu vertreiben, beobachtet er aus seinem Appartment durch das Fenster das Leben seiner gegenüberwohnenden Nachbarn, oft mit seinem Teleobjektiv. Überzeugt, dass einer seiner Nachbarn einen Mord begangen hat, bittet er seine Freundin Lisa (Grace Kelly), sich dort zu begeben, um Näheres zu erfahren ….

                              Das Fenster zum Hof ist ein sehr sorgfältig und mit viel Liebe zum Detail inszenierter Film. Das machen die ersten 10 Minuten des Films deutlich, als die Kamera in den Innenhof eines Apartmentkomplexes rollt und den Zuschauer die Ausgangssituation, den Ort des Geschehens und die Charaktere auf brillante Weise miterleben lässt. Jeff ist mit einem gebrochenen Bein in Gips an den Rollstuhl gefesselt. Er muss Wochen in seiner Wohnung verbringen. Schlafprobleme und Langeweile breiten sich aus. Die Fenster, auf die er blickt, ähneln einem Fernsehbildschirm. Hinter den Fenstern zeigen sich vielfältige Szenen, die spannender sind als das Fernsehprogramm. Dort gegenüber bei den Nachbarn wird alles gezeigt: Drama, Krimi, Komödie, Romantik. Der Film gibt Einblicke in das Leben anderer Menschen mit all ihren Geheimnissen und Schwächen. Jeff ist erfreut. „Wir sind zu einem Volk von Spannern geworden“, sagt seine Assistentin Stella. Und sie hat Recht.

                              Die von Hitchcock inszenierte Atmosphäre ist in der Filmgeschichte einfach nur genial. Der Film hat ein kleines Setting zu bieten. Jeffs Appartement fungiert als eine Art investigativer Kontrollraum. Es ist der einzige Raum, in dem sich Jeff aufhält. Wie Jeff selbst, ist auch der Zuschauer an die Wohnung gefesselt und beobachtet das Geschehen aus sicherer Entfernung. Damit zieht Hitchcock den Zuschauer geschickt in das Geschehen hinein und macht ihn zum Jeffs Komplizen. Der Zuschauer erlebt das verbotene Vergnügen des Voyeurs mit. Der Betrachter spürt das Spielerische und die Leichtigkeit des Voyeurismus, ohne in die Gefahr zu geraten, entdeckt und belangt zu werden. Beim Zuschauen schleicht sich allmählich das Gefühl ein, dass noch etwas passiert und dass das Gucken ernster, obsessiver und bedrohlicher wird. Was positiv zu werten ist, dass all dies sehr subtil und nach und nach geschieht, ohne dass der Zuschauer das mitbekommt, bis er merkt, dass er mitten in der Handlung drin ist. Hier zeigt Hitchcock sein ganzes geniales Können. Daumen hoch. Top.

                              Der Film wechselt die Blickwinkel, spielt mit der Lust am Voyeurismus und mit dem Dilemma, dass Jeff aufgrund seiner körperlichen Verfassung zum ohnmächtigen Zuschauer verdammt ist. All diese Elemente sorgen für eine durchgehend fesselnde Spannung. Der Film ist primär ein Thriller, er hat aber auch lustige Szenen zu bieten. Viele der Dialoge sind pointiert und urkomisch. Wunderbar prickelnd sind die Dialoge, die Jeff mit seiner Freundin Lisa führt. Einige der Ereignisse, die Jeff beobachtet, sind beunruhigend, einige sind jedoch lustig. Die Mischung aus unbeschwerten Momenten, witzigen Effekten und spannenden Szenen ergibt eine wahrlich gelungene Genrekombination aus Spannung und Heiterkeit.

                              Fazit: ein Klassiker und einer der besten Filme von Hitchcock. Er bietet ein zeitloses Vergnügen und eine schöne Unterhaltung. Der Film ist fast 70! Jahre alt und bis heute noch absolut sehenswert ist. Daumen hoch.

                              *** Für alle, die Interesse haben: der Film wird heute Nacht um 00:10 Uhr (also am 25.6., um genau zu sein) im BR gesendet. Alternativ:
                              Die, 19.07.2022, 00:20–02:10, MDR

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                                smartbo 22.06.2022, 11:15 Geändert 22.06.2022, 17:05

                                Wir Deutschen, die fleißig und brav den Müll sortieren, glauben, dass das Plastik in den gelben Tonnen eine gute und umweltschonende Sache ist. Falsch. Das ist eine Lüge. Die Dokumentation „Die Recyclinglüge“ schildert, dass das angebliche Recycling von Plastik ein weltweiter Betrug ist und dass nur 5 % des Plastikmülls zum neuen Verpackungsmaterial verarbeitet werden kann. Der Großteil des Plastiks wird in Zementfabriken als Brennstoff verwendet und verbrannt, was weltweit dreimal mehr Treibhausgase erzeugt als der Flugverkehr. Der andere Teil wurde/wird in ostasiatische Länder und in die Türkei exportiert, oft auch von kriminellen Banden geschmuggelt, wo der Plastik-Abfall irgendwo in der Landschaft meistens nur verscharrt wird. Derzeit haben allerdings einige Länder ein Plastik-Importverbot erlassen. Derzeit ist in der EU Bulgarien das Plastik-Abnehmerland Nummer eins, was nur mit Korrumpierung der Regierungsstellen möglich ist, die die Genehmigungen für den Plastik-Import erteilen.

                                Klar ist, dass unbedingt etwas geschehen muss, bevor die ganze Welt im Plastik-Müll erstickt. Der Hebel muss angesetzt werden bei den Weltkonzernen, die für die Plastikerzeugung verantwortlich sind. Aber da tut sich nichts. Die Lobby dieser Konzerne ist stark, zu stark. Aber auch auf der Konsumentenebene ist einiges machbar, z.B. Reduzierung oder -wenn‘s geht- Verzicht auf Plastikverpackung beim Einkauf. Ich fürchte aber, dass es zu einer Katastrophe kommen muss, bevor die Menschen wach werden.

                                Der bedrückende Status sieht derzeit düster aus: das Plastikrecycling ist eine politisch propagierte Luftblase, hinter der sich ein System verbirgt, das den Menschen ein gutes Gewissen vortäuschen soll, in Wahrheit aber nicht funktioniert und nur auf Geldverdienen und Korruption aus ist. Absurd ist die Regelung in Deutschland, dass exportiertes Plastik als recycelt gilt, was nur die Statistik beschönigen soll. Lächerlich. Hinzu kommt, dass in Deutschland die Konsumenten im Rahmen des Systems "Grüner Punkt" viel Geld für die umweltschonende Verwertung des Plastiks bezahlen. Da fragt man sich, wofür, wenn es von vorne bis hinten nicht funktioniert. Was für ein Irrsinn. Die Doku macht deutlich, dass man in westlichen Ländern nicht allzu naiv mit der Politik umgehen und nicht alles glauben sollte, was die "Obrigkeit" und die Mainstreammedien verbreiten. Ein kritisches Bewusstsein, nicht nur bei diesem Problem, ist die wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren unserer Gesellschaft und der Demokratie.

                                Die sehenswerte Dokumentation ist per dato, 22.6.2022, (bis 20.6.23) in der ARD-Mediathek verfügbar.

                                Fazit: Die Doku ist nicht nur für politisch interessierte Menschen einer Empfehlung wert. Es ist ein wichtiges politischen Thema, das uns alle betrifft. Daumen hoch.

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                                  smartbo 21.06.2022, 11:46 Geändert 21.06.2022, 13:39

                                  "Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst!" Aischylos (525-456 v. Chr.), griech. Dichter, Schöpfer der griechischen Tragödie

                                  Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 arbeitet George W. Bush an einem Plan, in den Irak einzumarschieren, um Saddam Hussein zu beseitigen. Dafür benötigt er Gründe, um das Volk hinter sich zu bringen. Einer der Gründe ist, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze. Während die Mehrheit der Medien die Worte des Präsidenten unkritisch übernimmt und Propaganda für den Krieg betreibt, beginnen die Reporter Landay und Strobel, nachzuforschen und investigativ tätig zu werden, was eigentlich die Pflicht aller Medien und Journalisten sein sollte. Sie suchen nach Hinweisen und nutzen anonyme Regierungsquellen, um die unredlichen und irrationalen Motive des Präsidenten für den Krieg aufzudecken, die auf Lügen und gefälschten Informationen basieren …

                                  Handwerklich ist "Shock and Awe" kein herausragender Film und angesichts des interessanten und brisanten Themas etwas zu flüchtig und fragmentarisch inszeniert. In knapp anderthalb Stunden werden unzählige Situationen und Charaktere vorgestellt, die sich in der überfrachteten Geschichte kaum entwickeln können, so dass man schnell das Gefühl bekommt, einen unvollständigen Film zu sehen. Man fragt sich z.B. welche Rolle sollte im Film die Romanze zwischen dem Journalisten Warren Strobel und Lisa spielen. Diese Sequenz macht einen ziemlich unausgereiften Eindruck. Schauspielerisch weiß der Film sicherlich zu beeindrucken. Hier glänzen natürlich insbesondere Woody Harrelson und Tommy Lee Jones.

                                  Der Film punktet aber zuvorderst mit seinem starken politischen Statement. Es ist ein begrüßenswerter Film, in dem die schmutzige Wahrheit über die Machenschaften der Politik entlarvt wird, die ihre Autorität und Verantwortung missbraucht und zahlreiche unschuldige Menschenleben opfert. Aber nur wenige Menschen können mit der Wahrheit umgehen, denn die meisten geben sich ihrem Fatalismus und Gleichgültigkeit hin. Der Film ist ehrlich und mutig. Diese Verdrehung von Fakten durch Politiker mit massiver Unterstützung durch die Medien ist wohl zeitlos. Auch heute ist der Film aktueller denn je.

                                  Fazit: der Film ist nicht perfekt inszeniert. Dennoch ist es ein spannendes und zeitloses Thema, das der Film beleuchtet. Was besonders hervorsticht, ist sein starkes Statement, das meine Wertung in den Bereich einer guten 6 hebt.

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                                  • smartbo 19.06.2022, 09:32 Geändert 21.06.2022, 23:33

                                    Bester Film:
                                    Die Caine war ihr Schicksal
                                    Das Fenster zum Hof
                                    Zeugin der Anklage
                                    Vertigo
                                    Die sieben Samurai
                                    Aufstand der Tiere
                                    Moby Dick

                                    Bester Darsteller:
                                    Humphrey Bogard (Die Caine war ihr Schicksal)
                                    Gregory Peck (Moby Dick)
                                    James Stewart (Das Fenster zum Hof)
                                    Charles Laughton (Zeugin der Anklage)

                                    Beste Darstellerin:
                                    Marlene Dietrich (Zeugin der Anklage)
                                    Grace Kelly (Das Fenster zum Hof)
                                    Katharine Hepburn (African Queen)

                                    Beste Musik:
                                    Zwölf Uhr mittags

                                    Lieblingsstar:
                                    -

                                    Lieblingsregisseur:
                                    Alfred Hitchcock
                                    John Huston
                                    Akira Kurosawa

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                                      smartbo 18.06.2022, 10:26 Geändert 18.06.2022, 12:01

                                      Den Regisseur P.T.Anderson schätze ich sehr. So haben mir insbesondere seine Filme „The Master“, „There will be blood“ und „Der seidene Faden“ ausgezeichnet gefallen. Dementsprechend fiel meine Bewertung für die Filme herausragend aus. Ich habe auch absolut nichts gegen anspruchsvollere Filme, in denen Action, Spannung oder knisternde Atmosphäre Mangelware sind. Aber mit diesem Film habe ich so meine Probleme. Da er so viele sehr gute Wertungen erhalten hat, habe ich den Film mehrfach gesichtet in der Hoffnung, er würde irgendwann mal besser ausfallen. Aber er hat mich trotz Mehrfachsichtungen gänzlich nicht überzeugt. Alles in allem halte ich „Magnolia“ für einen zu langen, zu sentimentalen, zu unzusammenhängenden und bedeutungsschwanger gehypten Mosaikfilm. Dementsprechend mager fällt meine Wertung aus. Warum?

                                      In dem 3 Stunden dauernden Film werden an einem einzigen Tag die Schicksale von verschieden Menschen in San Fernando Valley (Los Angeles) episodenhaft geschildert: das Leben eines sterbenden Vaters, seiner jungen Frau, eines Krankenpflegers, eines verlorenen Sohnes, eines nach Liebe suchenden Polizisten, eines ehemaligen und neuen Quiz-Wunderkindes, eines Fernsehmoderators und seiner kokainsüchtigen Tochter. Die Schicksale der Charaktere verweben sich in ein Netzt von Verstrickungen. Durch Schicksal, Zufall, Misserfolge, Erfolge, Krisen und menschliche Interaktionen kreuzen sich die Wege dieser Menschen …

                                      Magnolia, P.T.Anderson, ein berühmter Regisseur, jede Menge Stardarsteller und drei Stunden Film. Und was bringt das? Aus meiner Sicht zu wenig für eine gute Wertung. Selten habe ich einen solchen Mix aus Schmalz und Überemotionalität gesehen, gefärbt mit einem intellektualisierten Ambiente mit philosophischen Kommentaren zu abstrakten Begriffen wie „Zufall“ und „Vergangenheit vs. Gegenwart vs. Zukunft“. Drei Stunden lang sieht man ein Aufgebot von Charakteren, die durch wenig fesselnde Dialoge, eintönige Monologe und kaum überzeugende gegenseitige Beziehungen vertieft werden sollen. Die Figuren wirken auf mich karikiert. Mit Ausnahme einiger weniger, wie Frank oder der drogensüchtigen Claudia, schafft es kaum eine Figur, eine wirklich realistische Darstellung zu liefern. Das Schauspiel wirkt auf mich partiell sehr übertrieben, was insbesondere für Juliane Moore gilt.

                                      Die durchaus beschaulichen einzelnen Bilder wissen zwar auch nach 3 Stunden Sichtung zu beeindrucken, aber am Ende ist Magnolia fast die ganze Spielzeit über ein ziemlich zähflüssiges Kino, das mich wenig überzeugt, geschweige denn gefesselt hat. Gegen Ende gibt es eine Auflösung, die die Verbindung zwischen den Charakteren betont, aber das ist wirklich ebenfalls kaum überzeugend, denn es wirkt, wie ein Versuch, auf krampfhafte Art und Weise anders und symbolisch zu sein. Auch fehlt dem plötzlichen Froschschauer jegliche Subtilität. Ich weiß, es handelt sich um eine große Symbolik für eine der sieben Plagen in Ägypten zur Zeit Moses. Dem Film auf diese Weise eine Symbolik zu geben, finde ich weniger gut gelungen. Ich bevorzuge da schon einen Film, der implizit und subtil zum Nachdenken über ein bestimmtes Thema anregt, als explizit schreiend bestimmte Botschaften zu platzieren. Ohnehin ist die Symbolik, die dahinterstecken soll, dass man das Leben nicht immer kontrollieren oder einschätzen kann und dass es immer Überraschungen und Zufälle gibt, nicht gerade umwerfend originell.

                                      Der Faktor, den ich im Film von Anfang bis Ende konstant sehr hoch einschätze, ist ein zutiefst beeindruckender Tom Cruise, der eine umwerfend gute Leistung bietet. Ich bin kein Fan vom ihm. Viele seiner Rollen mag ich überhaupt nicht. Aber er ist kein schlechter Schauspieler, und in diesem Film ist er überwältigend. Er spielt den Frank enorm authentisch, beeindruckend sind seine Emotionalität, sein mühsam maskierte Selbsthass. Das ist grandios. Aber auch ein Philip Seymour Hoffman und -wie erwähnt- eine Melora Walters wissen zweifellos zu gefallen.

                                      Fazit: Kein schlechter Film, aber gemessen an meinen Erwartungen hat mich "Magnolia" enttäuscht. Der Film ist für mich in vielen Belangen wenig überzeugend, zu zähflüssig und zu langatmig. Die Charaktere und die Geschichte haben mich emotional kaum erreicht. Das Schauspiel von Cruise und einigen Darstellern macht vieles wieder wett, aber für ein "gut"/"sehr gut" reicht es aus meiner Sicht nicht aus. Schade.

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                                        smartbo 16.06.2022, 09:50 Geändert 19.06.2022, 17:34

                                        Nachdem ich vor kurzem die alten Filme „Die 27. Etage“ und "Mein Freund Harvey" kommentiert habe ist dies der weitere alter Klassiker, dem ich eine Kommentierung widme. In loser Reihenfolge werde ich demnächst ab und an mein Augenmerk auf dieses Genre richteten, das ich bisher so ziemlich vernachlässigt habe. Ja, die alten Klassiker, es sind partiell sehr alte Filme, die aber immer noch mit ihrer Qualität zu gefallen wissen. Dieser hier ist über 60 Jahre alt. Ich habe meine Zweifel, ob irgendjemand die Filme, die heute als Blockbuster gehyped und abgefeiert werden, in 60 Jahren überhaupt noch kennt. So mancher alter Film sticht eben mit seiner zeitlos beeindruckenden Qualität bis heute immer noch hervor.

                                        So, los geht’s mit einer kurzen Plotbeschreibung zu „Vertigo“, danach folgt die Kommentierung.

                                        Scottie Ferguson (James Steward) ist ein ehemaliger Polizist aus San Francisco, der wegen seiner Höhenangst in den Ruhestand gegangen ist. Ein alter Freund bittet ihn, seine Frau (Kim Novak) wegen ihrer Selbstmordgedanken zu beschatten. Nachdem er sie erfolgreich vor einem Sprung ins Wasser gerettet hat, wird er langsam besessen von dieser schönen und geheimnisvollen Frau…

                                        „Vertigo“ nimmt sich alle Zeit der Welt, um die Geschichte zu erzählen. Stille Momente gibt es zuhauf. Das ist aber nicht negativ gemeint, denn die Story ist fesselnd. Am Anfang scheint es eine klare und gradlinige Geschichte zu werden, aber in Wirklichkeit ist sie voller Täuschungen und Ablenkungen. Der Film ist mit schönen Bildern und auffälligen Farben gefüllt. Manche Szenen beeindrucken durch das Setting, andere wiederum richten den Fokus auf Details im Hintergrund. Es sind Szenen, die den Zuschauer unauffällig immer mehr in die Geschichte hineinziehen.

                                        Im Vordergrund stehen die Charaktere. Die Hauptfigur ist John Ferguson. Ein Mann, der verschiedene mentale Phasen durchlaufen muss. Ferguson ist schlagfertig, ein Schmeichler und ein wenig verwirrte Hitzkopf. Er wird von James Stewart gespielt, der den Charakter sehr nuanciert darstellt. Die andere Hauptrolle spielt Kim Novak, die einen weniger vielschichtigen, aber einen mysteriösen Charakter darstellt, dies aber mit viel Charisma wettmacht. „Vertigo“ ist ein Film über Besessenheit, Ängste und komplexe Charaktere. Er bewegt sich abwechseldn zwischen einer rationalen und irrationalen Ebene. Mit stark wirkenden Bildern und exzellentem Schauspiel gelingt es dem Film, subtil eine mysteriöse und paranoide Atmosphäre zu schaffen. Am Ende sorgt der tiefere Einblick in die Charaktere für ein alles auflösendes Finale.

                                        Fazit: Der Film ist in der Filmgeschichte ein herausragender Klassiker. Er glänzt mit hervorragender schauspielerischer Leistung der Darsteller, einer spannenden Geschichte und einer unter der Regie von Hitchcock großartigen Inszenierung. Es ist ein über 60 Jahre alter Film, aber er ist bis heute immer noch uneingeschränkt einer Empfehlung wert. Top.

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                                          smartbo 14.06.2022, 10:07 Geändert 14.06.2022, 11:17

                                          *** Smartbo kommentiert die Lieblingsfilme seiner Buddys ***
                                          (eine sehr schönen Aktion von „Der Dude von Nebenan").
                                          Dieser Kommentar ist EURDORA FLETCHER 68 gewidmet.
                                          Film: PARIS, TEXAS, Drama, Roadmovie, Deutschland 1984

                                          Eudora zählt in meiner kleinen FL schon seit längerer Zeit zu meinen Buddys. Ich respektiere und schätze ihre faire und sachliche Art. Sie ist eine freundliche MP-Pilotin, weiß aber auch, wenn es darauf ankommt, dezidiert ihre Meinung zu vertreten, ohne sich zu verbiegen. Dabei bleibt sie stets sachlich und konstruktiv. Sie ist auf MP sehr aktiv und belebt die Community mit ihren Kommentaren und Beiträgen enorm. Ich finde deshalb, dass sie selbst viel mehr Widmungen im Rahmen der Buddy-Lieblingsfilm-Aktion verdient hat. Vielleicht ist das für den einen oder anderen Buddy oder User hier Anlass, für Eudora auch eine schöne Widmung zu verfassen. Sie würde sich sicherlich sehr freuen.

                                          Ich schätze ihre Kommentare und Beiträge, die immer lesenswert und top sind. Auffallend ist ihre Offenheit, was auch bedeutet, dass sie z.B. öfters schon mal einnehmend über ihre Kindheit oder ihre Mutter schreibt. Ihre schriftliche Ausdrucksweise ist klar, so dass man gut, ohne Missverständnisse zu hinterlassen, gleich weißt, was sie genau meint. Sehr schön. Was insbesondere in ihren Kommentare hervorsticht, ist die Authentizität. So sind ihre Kommentare keine theoretischen Abhandlungen oder abstrakten Analysen, sondern vielmehr spontan aus dem Bauch und aus dem wahren Leben ohne einer Schere im Kopf hinterlegte Gedanken. Und auch eine gesunde Prise Emotionalität ist manchmal dabei, wenn ihr etwas gegen den Strich geht. Das ist aber alles stets fair und sympathisch.

                                          Getroffen haben wir uns hier auf MP in „Der Apotheker“. Es ist eine Serie über einen Apotheker, der mutig den Kampf gegen die missbräuchliche Verschreibung von Opioide in den USA aufgenommen hat. Zufällig habe ich die Serie zur gleichen Zeit geschaut wie sie. Beide haben wir die Serie top bewertet. Sie handelt von den Machenschaften der Pharmaindustrie. Sie kennt sich in der Materie gut aus. Häufig vertreten in ihrer Filmliste sind philippinische Filme. Skurril, aber wahr: Filme mit viel Schnee und Kakerlaken finden bei ihr immer eine vorzügliche Beachtung. Zu ihren Favoriten zählen kritische Dokus mit den unterschiedlichsten Themenschwerpunkten, wie z.B. Gesundheitswesen, Lebensmittelindustrie, Umweltschutz, Pharmaindustrie (wie erwähnt), Frauenrechte, PoC, Minderheiten usw. Ihre große soziale Ader ist dabei unverkennbar. So kann es schon mal vorkommen, dass sie einen Film, in dem einer der für sie wichtigen Themen im Mittelpunkt steht, wegen der entsprechenden Botschaft insgesamt gut bewertet, obwohl ihr der Film handwerklich nicht gefällt, was ich für absolut legitim im Rahmen der Punktevergabe halte. Darüberhinaus gibt es in ihrer Filmliste die verschiedensten Genres, so z.B. Unterhaltung, Action, Krimis, Komödien, Thriller, Dramen usw. Unsere Meinungen und Wertungen gehen öfters auseinander. Für mich ist es jedoch ohne Belang. Denn es kommt immer darauf an, ob man sich respektiert. Und das funktionier bei uns prächtig.

                                          Ausgesucht habe ich für sie den Film von Wim Wenders „Paris, Texas“ der in ihrer Favoriten Liste enthalten ist und den sie in der Aktion 80iger Jahre Community Voting angegeben hat. Da war für mich klar, dass ich den nehme und kommentiere. Der Film ist nicht ganz einfach zu kommentieren. Ich folge daher chronologisch dem Handlungsverlauf und schildere meine Eindrücke und Interpretationen. Dabei bleibt es nicht aus, dass ich hier und da leicht spoilern muss, was sich nicht gänzlich vermeiden lässt, aber in der Gesamtbetrachtung in Grenzen hält.

                                          Nun, die Story ist schnell erzählt. Der Film schildert die Geschichte von Travis Henderson, gespielt von Harry Dean Stanton. Vier Jahre nach seinem Verschwinden wird der erinnerungslose Travis in der Wüste gefunden und von seinem Bruder Walt (Dean Stockwell) nach Hause gebracht. Dort angekommen kommt es zu einer berührenden Begegnung zwischen Travis und seinem mittlerweile 7-jährigen Sohn Hunter. Als sich herausstellt, dass Hunters Mutter (Nastassja Kinski) noch lebt, machen sich Hunter und Travis auf die Suche nach ihr …

                                          Der Filmbeginn macht einen mysteriösen Eindruck. Travis läuft scheinbar ziellos und ohne Wasser durch die Wüste von Texas. Er ist am Ende seiner Kräfte und bricht zusammen. Sein Bruder wird gerufen, um ihn abzuholen. In den ersten ca. 30 Minuten des Films sagt Travis nichts. Dem Zuschauer werden schöne Bilder der trostlosen Wüste präsentiert. Dann sehen wir Travis zusammen mit seinem Bruder. Es wird immer noch kaum gesprochen, und es tut sich nicht gerade viel. Die nüchterne, aber emotionale Musik untermalt melancholisch die Bilder und verleiht dieser gelungenen Einleitung eine unwirkliche und befremdliche Note. Es ist klar, dass Travis viel durchgemacht haben muss und viel zu erzählen hat. Was ist aber seine Geschichte? Wann und wie wird seine Geschichte erklärt? Oder bleibt Travis vielleicht eine rätselhafte Erscheinung? Eine subtile Spannung schleicht sich in den Film ein, die zu beeindrucken weiß.

                                          Der 2 ½ Stunden dauernde Film hat eine ruhige und mysteriös angehauchte Atmosphäre zu bieten, das Pacing ist eher gemächlich. Der Film nimmt sich Zeit und füttert den Zuschauer mit kleinen Häppchen, die den Travis-Charakter ganz langsam zu einer verständlicheren Person werden lassen. Der Charakter und seine Geschichte werden nicht so sehr in klaren Worten und in transparenten Bildern erklärt. Das passiert anders, nämlich sehr dezent und subtil. Dies geschieht durch sein Verhalten und durch mysteriöse Rückblenden. Die Interpretation dieser Bilder und die Entschlüsselung des Travis‘ Charakters bleibt weitgehend dem Zuschauer überlassen. Dies ist wahrlich vorzüglich von Wim Wenders inszeniert.

                                          Der weitere Handlungsverlauf ist schon etwas agiler. Darin schickt der Film Travis, begleitet von Hunter, auf die Suche nach der Mutter seines Sohnes und lässt die beiden einen Roadtrip unternehmen. Auch diese Bilder sind einnehmend und wissen zu beeindrucken. Die amerikanischen Highways und die ländlichen Städte liefern schöne und beeindruckende Bilder, die eine starke Atmosphäre erzeugen. Die Kombination aus nächtlicher Neonbeleuchtung und den sensibel durchdringenden Klängen der Filmmusik verstärken die Gänsehautatmosphäre, die mal von Hoffnung und mal von Hoffnungslosigkeit bei Suche nach Jane geprägt ist. Eine schöne und hier erwähnenswerte traurige Szene spielt sich am Ende des Filmes ab, die eine starke emotionale Wirkung entfaltet.

                                          Fazit: Anfangs war ich etwas skeptisch. Für mich war der Film aber eine positive Überraschung. Er bietet eine sehr gute Inszenierung, eine fesselnde Atmosphäre und schöne Optik. Das macht den Film sehenswert.

                                          Herzlichen Dank Eudora dafür, dass Du die Community hier auf MP mit soviel Leben füllst und absolut bereicherst. Hoffentlich bleibst Du uns lange erhalten. Auf eine weiterhin gute Freundschaft. 👍 

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                                            smartbo 11.06.2022, 09:40 Geändert 11.06.2022, 11:06

                                            Einer der gefährlichsten, aber unbekanntesten Sektenführer in den USA ist Warren Jeffs, der einen Ableger der Mormonenkirche leitete. Diese vierteilige Dokumentarserie schildert seinen Aufstieg und seinen Fall in der „fundamentalistischen Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ (abgekürzt FLDS, Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter-day Saints.) Ansässig war die FLDS-Sekte in Utah, Arizona und danach in Texas. Warrens Vater Rulon Jeffs begann seine fundamentalistische Abspaltung von der Mormonenkirche im Jahr 1986. Rulon Jeffs führte die Polygamie wieder ein, eine Praxis, die die Mormonen Jahre zuvor verworfen hatten. Aus einer von Rulons Ehen ging Warren hervor, der nach Rulons Tod im Jahr 2002 die FLDS-Kirche übernahm.

                                            Warren predigte die gleichen Botschaften wie sein Vater. Er heiratete 87 Frauen und hatte ungefähr 50 Kinder. Von seinen Ehefrauen waren 24 minderjährig. Diese Serie schildert, wie er seine Alleinherrschaft über die Gemeinschaft weiter ausbaute, und mit seiner Methode der Angstverbreitung die totale Macht übernahm. Vergewaltigung, auch minderjähriger Mädchen, gehörter zu seinem widerlichen Herrschaftsinstrumenten. Unter seinen Anhängern war er der „einzig wahre Prophet“. Diese Serie zeigt Menschen, die in der Kirche von Warren Jeffs aufgewachsen sind. Sie erzählen, wie alles, was sie taten und an was sie glaubten, von Jeffs bestimmt wurde und dass Mädchen ab dem Alter von 14 Jahren ungefragt verheiratet wurden, um als Inkubatorinnen zu fungieren. Wann und wer mit wem verheiratet wurde, bestimmte allein Jeffs.

                                            Die Doku ist ein verstörender Film über eine „Kultur“ sexueller, geistiger und körperlicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Die preisgekrönte Regisseurin Rachel Dretzin verwendet in der vorzüglich inszenierten und ergreifenden Dokumentation Interviews, Archivmaterial mit Originalaufnahmen, Fotos und nachgestellte Szenen, um eine unglaubliche Geschichte über die manipulativen Formen des Glaubens zu dokumentieren. Die Geschichten der Frauen, die diese Sekte verlassen haben, zeigen, wie Männer in Machtpositionen unter dem Deckmantel ihres Glaubens an Gott das Leben und die Sexualität von Frauen und Mädchen kontrollierten. Frauen und Mädchen mussten lange Einheitskleider wie in alten Westernfilmen und in Pastellfarben wie in den 1950er-Jahren tragen, ihre Haare auf bestimmte Weise nach oben gesteckt flechten und vor allem immer nett sein. Der Titel bezieht sich auf das Verhalten, das Frauen und Mädchen in der FDLS aufdoktriniert wurde: sei lieb, bete und gehorche.

                                            Im Gegensatz zu anderen Dokumentarfilmen über wahre Verbrechen gibt die Doku dem Täter absolut kein Podium. Der Dokumentarfilm gibt den Frauen, Kindern, Journalisten und Staatsanwälten eine Bühne, die dafür gesorgt haben, dass Jeffs seit dem Jahr 2011 eine lebenslange Haftstrafe verbüßt. Schon während der Sichtung drängt sich jedoch fortwährend die Frage auf: … wtf… USA, ihr seid die führende Technologienation, reich, weltweit der Primus in wissenschaftlicher Forschung, auf dem Mond gelandet und nicht in der Lage, für den Schutz von Menschen im eigenen Land zu sorgen? Die US-Strafverfolgungsbehörden hätten hier nämlich viel früher eingreifen müssen. Und man kann nur noch mit dem Kopf schütteln, wenn man erfährt, dass es immer noch einige tausende Anhänger der FLDS gibt, die Warren Jeffs für unschuldig halten und in ihm den Repräsentanten Gottes auf Erden sehen. Allein daran kann man erkennen, wie leicht die Menschen manipulierbar sind und zum bedingungslosen Gehorsam verleitet werden können.

                                            Fazit: wieder mal eine gelungene und sehenswerte stark emotionale Real-Crime-Dokumentation der Kategorie Extra-Klasse. Top. Daumen hoch.

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                                              smartbo 10.06.2022, 10:14 Geändert 10.06.2022, 18:57

                                              Die schräge Biopic-Persiflage parodiert zahlreiche Sänger, Bands und Rocklenden, u.a. Johnny Cash, Bob Dylan, Elvis Presley, die Beatles, Beach Boys und viele andere mehr. Es ist die Geschichte von dem fiktiven Rockstar Dewey Cox, gespielt von John C. Reilly, einer Ikone der Rock-and-Roll-Geschichte. Während seiner Karriere schläft Cox mit unzähligen Frauen, heiratet mehrmals und hat zahlreiche Kinder und Stiefkinder. Die Beatles, Elvis und sogar ein Schimpanse gehören zu seinen Freunden. Er wird süchtig nach allen erdenklichen Drogen und kämpft gegen seine Drogensucht immer wieder an. Aber trotz allem wächst er zu einer großen Legende heran. Es ist die Story über den Aufstieg und Fall und Aufstieg und Fall und Aufstieg eines nicht so aufgeweckten Bauernjungen, der zu einer der größten Rocklegenden heranwachsen sollte ….

                                              "Walk Hard" ist eine Parodie, die auf viele Akzentuierungen setzt. Die Macher haben in dem Film viel Liebe zum Detail investiert und sich nicht gescheut, über alle möglichen Genre-Klischees herzuziehen und so ziemlich alles zu veräppeln. Besonders viele Parabeln gibt es zu dem Film Walk the Line , der die Geschichte über Johnny Cash erzählt. Aber auch andere Musiker entgehen dem Spott nicht. Großartig ist z. B die die Bob-Dylan-Szene. Ebenfalls amüsant sind die Texte der Beatles aus ihrer Guru-Zeit. Es gibt natürlich die erwarteten Witze über außereheliche Beziehungen, Reue und Drogenkonsum. Man beachte nur seinen zweideutigen Namen Cox. Die Songs sind gelungen, sie sind voller ironischer, teilweise absurder und partiell zweideutiger Texte. Es dauert eine Weile, bis der Film eine Atmosphäre aufgebaut hat, um witzig zu wirken. Vor allem die Running Gags machen sich erst nach einer Weile bemerkbar.

                                              Die Hauptrolle ist für John C. Reilly wie geschaffen. Er schlüpft erfolgreich in die Rolle des Dewey Cox und zeigt dabei eine Art naiver Verletzlichkeit, die seinem egozentrischen Charakter eine gewisse Sympathie verleiht. Reilly trägt ganz allein den Film. Die anderen Rollen sind nicht sehr ausgeprägt. Natürlich dürfen Gastauftritte einiger Schauspieler nicht fehlen, z.B. Jack Black, die aber nur Ergänzungen sind und das Erscheinungsbild des Films kaum beeinflussen. Die Songs sind eingängig, gut in den Plot eingebettet und bereichern qualitativ den Film.

                                              Am Ende der Sichtung war meine Meinung über den Film jedoch gespalten. "Walk Hard: Die Dewey Cox Story" ist ein Film , der mich durchgehend nicht gefesselt hat. Dafür ist der Handlungsverlauf zu hektisch. Und vor allem sind die Szenenwechsel einfach zu sprunghaft. In der Gesamtbetrachtung wirkt der Film wie eine Aneinanderreihung von einzelnen Parodien und nicht wie eine kompakte, gut ausgearbeitete Handlung. "Walk Hard" hat lustige Momente und gute Witze, die partiell für meinen Geschmack aber etwas zu infantil sind. Man sieht, dass die Filmemacher bemüht waren, in jede Parodie Maximum an Gags einzustreuen, was dann im Ergebnis partiell etwas zu überzeichnet wirkt. Desweiteren ist schade, dass hier und da einige Szenen zu lang gezogen wurden. Insbesondere die letzten 20 Minuten waren für mich ziemlich eintönig, und es schien so, als ob dem Film die Luft ausging.

                                              Fazit: Letztlich ist "Walk Hard: Die Dewey Cox Story" ein Film, der auf den Ruhm der Stars setzt, die dort parodiert werden. Soll der Film funktionieren, sollte man die Stars kennen, und wenn man mit dieser Musik nicht vertraut ist, wird der Humor nicht zünden. Unter der genannten Prämisse ist der Film für eine einmalige Sichtung ausreichend, ohne dass man es nachher bereut. Aber für eine sehr gute Wertung reicht es bei mir nicht aus.

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                                                smartbo 07.06.2022, 16:40 Geändert 07.06.2022, 17:44

                                                Vordergründig betrachtet scheint ja der Film eine amüsante Komödie zu sein. Das stimmt schon. Ich sehe aber in ihm noch mehr: er vermittelt darüber hinaus eine starke gesellschaftspolitische Botschaft. Welche, das möchte ich in meinem Kommentar erläutern.

                                                Worum geht es im Film? Elwood P. Dowds bester Freund und Begleiter ist ein unsichtbarer über 2-Meter großer Hase namens Harvey. Nur er, Elwood, kann ihn sehen, für andere ist er unsichtbar. Seine Schwester Veta (Josephine Hull) schämt sich für ihren schrulligen Bruder und versucht deshalb, ihn in eine psychiatrische Klinik einzuweisen, um ihre Tochter besser unter die Haube bringen zu können. Aber die Dinge geraten durcheinander. Denn in der Klinik wird sie und nicht ihr Bruder Elwood für verrückt gehalten …

                                                Was tun mit einem Mann, der offensichtlich nicht alle Tassen im Schrank zu haben scheint, weil er einen lebensgroßen unsichtbaren Hasen als seinen besten Freund bezeichnet. Elwood ist aber gleichzeitig ein Typ, der immer sehr charmant und menschlich ist. Ein harmloser Mann, der sich niemals unfreundlich verhält. Ein liebenswürdiger Mensch, der andere mit seiner freundlichen Art glücklicher macht und keiner Fliege etwas zuleide tun würde. Man könnte meinen, dass Harvey real das Ergebnis einer Kombination aus Psychose, unterdrücktem Trauma, sozialer Inkompetenz oder übermäßigem Alkoholkonsum sein könnte. Diese Tatsache wirft der Film aber mit seiner vorzüglichen Inszenierung über Bord. Und alsbald verstärkt sich beim Zuschauer das Gefühl, dass die Illusion eines nicht existierenden Kaninchens beim Betrachten immer weniger illusionär wird. Man beginn als Zuschauer an Harvey zu glauben.

                                                Es ist eine sympathische Rolle von James Stewart in diesem Screwball-ähnlichen Film mit gelungenen lustigen Dialogen. Stewart ist mit seiner schrillen und zögernden Stimme die perfekte Verkörperung des exzentrischen Elwood P. Dowd, der an alle Visitenkarten verteilt, verbunden mit einer Einladung zum Essen bei ihm zu Hause. Er ist der freundliche Typ, der mit seinem Freund Harvey an der Theke des örtlichen Pubs Martinis trinkt. Der harmlose Exzentriker, der ein Außenseiter ist, und mit einer Lebensphilosophie, die nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht. Auf die eingangs gestellte Frage, was man mit ihm machen soll, habe ich im Film die Antwort gefunden. Womöglich einsperren? Therapieren ? Umerziehen ? Gut zureden? Ausgrenzen? Schmarrn. Ich sage: lasst ihn in Ruhe, er ist so wie er ist, halt nur anders. Und das ist so normal. Auf eine unterhaltsame Art und Weise wirbt der Film so für Toleranz gegenüber Andersdenkenden und für Freiheit, demokratische Werte, die so wichtig sind und die derzeit so vernachlässigt werden.

                                                Fazit: Der Humor ist unterhaltsam. Der Film ist gleichzeitig auch ein Plädoyer für eine freie, individuelle Lebensentfaltung und Meinungsvielfalt, ein echter sympathischer, lebensbejahender Smile-Film mit einem starken Stewart, einer originellen, witzigen Story und einer schönen Feelgood-Atmosphäre. Daumen hoch.

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                                                • smartbo 04.06.2022, 11:45 Geändert 04.06.2022, 12:34

                                                  Ui... habs beinahe vergessen, und wieder bin ich mal fast zu spät. Bin derzeit für paar Tage auf Reisen und auf MP nicht aktiv. Habe mir aber für Zwischendurch einen Laptop ausgeliehen, um meine Favoriten einzustellen. Mit meinem kleinen Smartphone kriege ich ja eh nix gebacken. Also:

                                                  Bester Film:
                                                  Angel Heart
                                                  Es war einmal in Amerika
                                                  Mississippi Burning
                                                  Platoon
                                                  Geboren am 4. Juli
                                                  The Killing Fields
                                                  The Untouchables
                                                  Die nackte Kanone
                                                  Der Elefantenmensch
                                                  Halloween II

                                                  Beste Serie:
                                                  Dallas
                                                  Magnum

                                                  Bester Animationsfilm:
                                                  Die letzten Glühwürmchen

                                                  Bester Soundtrack:
                                                  Footloose
                                                  Ghostbusters
                                                  Rain Man
                                                  Zurück in die Zukunft 1985

                                                  Bester Schauspieler:
                                                  Ben Kingsley (Gandhi)
                                                  Jack Nicholson (Shining)
                                                  Robert De Niro ( Es war einmal in Amerika)
                                                  Harrison Ford (Blade Runner 82)

                                                  Beste Schauspielerin:
                                                  Sigourney Weaver (Aliens - Die Rückkehr)
                                                  Whoopi Goldberg ( Die Farbe Lila )
                                                  Jodie Foster (Angeklagt)
                                                  Cher (Suspect- Unter Verdacht)

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                                                    smartbo 01.06.2022, 13:42 Geändert 01.06.2022, 21:07

                                                    Vor paar Jahren habe ich von Robert Eggers den Film "The Witch" gesehen und gut bewertet. Und auch der unter seiner Regie inszenierte Film „Der Leuchtturm“ hat mein absolutes Gefallen gefunden. Ganz besonders hat mich in beiden Filmen die intensive und dichte Atmosphäre beeindruckt, die als enorm düster, real und fesselnd charakterisiert werden kann. Gemeinsam ist seinen Filmen die enorme historische Authentizität. So achtet Eggers penibel darauf, dass die Kulissen, die Kostümierung und die Ausstattung exakt der damaligen Zeit entsprechen. Um so mehr war ich gespannt, ob es ihm mit „The Northman“ gelingt, einen ähnlich guten Film zu zaubern und mich zu fesseln. Und das kann ich ohne Umschweife bejahen, um das schon mal vorwegzunehmen.

                                                    Ich habe den Film im Kino zusammen mit einer Freundesgruppe regelrecht genossen. Leider war der Kinosaal nur halb voll. Hoffentlich wird die Kinokultur, die in der Coronazeit so gelitten hat, bald wieder belebt. Denn es macht schon einen Riesenunterschied aus, ob man einen Film wie diesen hier, in dem die Atmosphäre, Optik, Authentizität und Action im Vordergrund stehen, im Kino oder im TV schaut. Ganz klar, das Seherlebnis und die Akustik sind im Kino unvergleichlich und um ein vielfaches besser.

                                                    Nun, worum geht es. Der Film führt den Zuschauer zurück in das Jahr 895 n. Chr. Auf der Insel Hrafnsey sieht der kleine Amleth (Oscar Novak), wie sein Vater Aurvandil (Ethan Hawke) von seinem Halbbruder Fjölnir (Claes Bang) ermordet wird und wie seine Mutter Gudrún (Nicole Kidman) entführt wird. Der Wikinger-Sohn entkommt in einem Ruderboot und schwört Rache. Zwanzig Jahre später, als Amleth (jetzt Alexander Skarsgard) ein muskulöser und rücksichtsloser Wikingerkrieger geworden ist, lässt er sich als Sklave nach Island verschiffen, wo sein feiger Onkel lebt. Er wird zur Arbeit auf Fjölnirs Farm geschickt, wo er und seine neue Freundin, die slawische Sklavin Olga (Anya Taylor-Joy), auf den richtigen Moment zum Zuschlagen warten …

                                                    Inhaltlich hat "The Northman" eigentlich wenig zu sagen, so dass sich der Film manchmal etwas langweilig, langatmig und klischeehaft anfühlt. Deshalb ist die partiell vorgebrachte Kritik an dem Film, die in diese Richtung zielt, nicht gänzlich unbegründet. Aber glücklicherweise hat der Film aus meiner Sicht vier starke Trümpfe, um den Zuschauer zu fesseln und die Wertung erheblich nach oben zu schrauben. Im Gesamtergebnis schneidet er bei mir daher überdurchschnittlich gut ab. Warum, soll im nachfolgenden begründet werden.

                                                    1) Da ist zum einen die Top-Besetzung, die in diesem Abenteuer zu sehen ist. Zuvorderst bestich hier Alexander Skarsgard, der als Kampfmaschine Amleth großen Eindruck hinterlässt. Darüber hinaus spielen die Top-Stars wie Nicole Kidman, Ethan Hawke und Willem Dafoe auch sehr starke Nebenrollen.

                                                    2) Zweitens sind da die stimmungsvollen Bilder, mit denen Eggers sein Rache-Epos schmückt. Besonders der atemberaubende Höhepunkt um den isländischen Vulkan Hekla zieht einen noch tiefer in die Geschichte hinein. Es gibt verstörende Wahnvorstellungen, übernatürliche Offenbarungen und übersinnliche Szenen, in denen Wind, Regen, Schnee, Schlamm und Asche einem regelrecht ins Gesicht zu schlagen scheinen. Es ist, als würde man auf der Suche nach Rache durch die isländischen Hügel neben Amleth streifen. Das ist wahrlich vorzüglich inszeniert. Auch die Szenen in der Nacht mit dem warmen Lichtschein eines Lagerfeuers als einzige Farbquelle sind schön. Und wo "The Northman" sicherlich zu punkten weiß, ist die blutige Gewalt, die keineswegs primitiv und ordinär wirkt, sondern höchst glaubwürdig inszeniert ist. Nichts bleibt der Fantasie des Zuschauers überlassen, alles wird enorm realistisch geschildert, was die Authentizität des Filmes noch weiter stärkt.

                                                    3) Ja, und der dritte Trumpf ist die starke Authentizität des Filmes. Was absolut zu gefallen weiß, sind die optisch ausgezeichnet eingefangenen rauen Landschaftskulissen, das aufwendige Setting und die zeitgemäße Ausstattung. Alles zusammen ergibt dies in der Summe -wie wir es bei Eggers gewohnt sind - ein sehr authentisches Bild der damaligen Zeit. Das ist dem Film vorzüglich gelungen und ist ein wahrer Eycatcher.

                                                    4) Und last but not least ist viertens zu erwähnen, dass Eggers mit einer düsteren, extrem dichten und einzigartigen Atmosphäre auch mit diesem Film es schafft, den Zuschauer in den Bann zu ziehen. Der Dreck und das Düstere der Wikingerzeit kommen im Film perfekt zur Geltung.

                                                    Diese auffällig positiven Pluspunkte verwebt der Film nahtlos mit einer vorzüglichen Inszenierung und einer gelungenen Actionsequenz, was ihn in der Gesamtbetrachtung zu einem absolut sehenswerten Filmerlebnis macht.

                                                    Fazit: "The Northman" ist sehr gut aufgebaut. Die Geschichte bietet zwar wenig Innovatives innerhalb des Rache-Genres. Aber die großartigen Schauspieler, die tolle Optik, die gewaltigen Bilder, die realen Gewaltszenen, die enorme Authentizität und die dichte Atmosphäre machen alles wieder wett, so dass aus meiner Perspektive ein „ausgezeichnet“ absolut verdient ist. Top Film, meine Empfehlung.

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