HansNase - Kommentare
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Alle Kommentare von HansNase
Manchmal steckt hinter einer bunten, verulkten Fassade mehr Wahrheit als im detailgetreuen Abbild ebenjener. "Do the Right Thing", ein "Hood-Film" von 1989, zeigt klobige Figuren mit überspitzten Eigenheiten und mitunter befremdlichen Dialogen und man weiß oft nicht, worauf eine Szene hinaus will. Spike Lee, Regisseur und Hauptdarsteller, arbeitet mit schrägen Kameraeinstellungen, Froschperspektiven und extremen Nahaufnahmen, kann seine Liebe zu jedem einzelnen Frame nicht verbergen. Stilprägend wird dieses Rassismusdrama aber vor allem durch seine geschickte Arbeit mit Farben. So spielt sich die Handlung im New Yorker Stadtteil Brooklyn an den heißesten Tagen des Jahres ab und prompt spürt auch der Zuschauer den Schweiß von der Stirn laufen. Kaum eine Einstellung, in der kein prachtvolles Rot, Orange oder Gelb zu sehen sind. In dieser sengenden Hitze irren die liebenswerten Figuren fast episodenhaft umher. Kleine Geschichten über vermeintlich harmlose Konflikte ereignen sich im Viertel, deren Mittelpunkt das Schicksal der "Famous Pizzeria" des beliebten, aber harschen Italoamerikaners Sal (Danny Aiello) darstellt. Spike Lee spielt seinen schwarzen Angestellten Mookie, der hier immer wieder zwischen und gegen die Fronten gerät.
Die Temperaturen lassen erahnen, dass früher oder später ein Funken überspringen wird und der Film auf den großen Knall zusteuert. Dies endet darin, dass aus den bis dato beinah unabhängigen Figuren plötzlich ein klar definiertes Zweilager-Gefüge erwächst. Das Schmerzhafte daran ist die Dummheit der Beteiligten, welche jenen Ausgang erst herbeiführt und die auch vor dem Protagonisten nicht Halt macht. Die Charaktere, mit denen man sich doch so gern identifizieren möchte, verhalten sich wie der reale Mob, ja geradezu unhollywoodhaft. Hoffnung macht nur die Figur des weisen Obdachlosen Mayor, dessen Sätzen auch der Film seinen Namen verdankt. Doch wer hört ihm eigentlich zu? Intelligent und mit Herz gemacht.
Diesen Monat jährt sich der Tod von Dennis Hopper zum fünften Mal. Sein schauspielerisches Talent und seine Kreativität vereinigten sich auf ikonenhafte Weise in "Easy Rider". Von seiner dritten großen Leidenschaft wissen dagegen viele gar nicht. Dennis Lee Hopper bewegten auch die stehenden Bilder. So war er in den 60er Jahren stets mit der Fotokamera unterwegs, fing Martin Luther King beim Civil-Rights-March 1965 ein und lichtete tanzende Hippies bei einem "Love-In" in Los Angeles 1967 ab. Der Geist der Sixties, das war sein Ding. "Easy Rider" nahm das Amerika dieser Zeit auseinander, die beiden Biker Wyatt (Peter Fonda vom Fonda-Clan) und Billy (Hopper) suchen in dem landschaftlich romantischen Roadmovie die Freiheit. Doch was ist das überhaupt? Die Definition von Freiheit hängt immer davon ab, was man für ihr Gegenteil hält. Der Film offenbart, wie leicht man das Wesentliche dabei aus den Augen verliert. [SPOILER] Ein Hippie-Clan wird fast mitleidig in Szene gesetzt, die reaktionären Köpfe derweil brutal entlarvt. Und auch die Motorradfahrer selbst stranden am Ende ernüchtert. [SPOILERENDE]
"Easy Rider" ist vor allem einer der großen Türöffner der Filmgeschichte. Die Ära des "New Hollywood", laut diverser Meinungen die letzte goldene Zeit der Traumfabrik (völliger Unsinn in meinen Augen), wurde etabliert, eine unschätzbar immense Biker-Kultur begründet und nicht zuletzt war seither "Born to be Wild" von Steppenwolf in gefühlt hundert Filmen zu hören. Auf den Punkt gebracht wird die Idee des Films durch den Kurzauftritt eines bis dato weitgehend unbekannten Schauspielers. Lange vor "Chinatown", "Shining" und "Batman" gelang Jack Nicholson der Durchbruch.
Gerade wenige Tage ist es her, dass ich mir die "Avengers"-Fortsetzung "Age of Ultron" angeschaut habe, in der eine ganze Stadt lupenrein das Weltall ansteuert. Die Effekte aus "Apollo 13" dagegen haben inzwischen genauso ausgedient wie die Mondmissionen der NASA. Merkwürdig nur, dass "Avengers 2" eine baldrianartige Wirkung entfaltete, während mich Ron Howard's Fast-Katastrophenfilm wahrhaftig packte. Und da sieht man wieder einmal, was einen Film ausmacht, der seine Zeit überdauert - Triebwerke voller Lust am Einfangen und Ausbreiten einer Geschichte. Regisseur Howard begann seine Filmkarriere eigentlich als Darsteller, spielte 1973 neben Richard Dreyfuss und Harrison Ford in "American Graffiti" mit. Auf dem Chefstuhl saß damals ein weiterer Kinopionier des Weltraums - George Lucas.
Zwischen 1969 und 1972 setzten insgesamt sechsmal die metallenen Beine von Apollo-Landefähren auf dem lunaren Boden auf - und anschließend auch die stolzen Füße ihrer Besatzungen. Mit Apollo 13 sollte es anders kommen. Am 13. April 1970 um 21 Uhr 07, Houston-Zeit, explodierten zwei Sauerstofftanks des seit gut zwei Tagen im All befindlichen Raumgefährts. Mit der Mondlandung würde es nichts mehr werden, doch vor allem das Leben der drei Astronauten Jim Lovell, Fred Haise und John Swigert stand auf dem Spiel.
Verblüffend! Tom Hanks, Kevin Bacon und Bill Paxton (u.a. einer der Punker aus der Anfangsszene von "Terminator") verleben im engen Landemodul, weit entfernt vom Rest der Menschheit, Enge, Klaustrophobie, Dunkelheit und Angst. Währenddessen verwandelt sich das Kontrollzentrum von Houston in ein Tollhaus voller Menschen, die um ihr Leben Leben retten wollen. Hieraus zieht das Drama seine stärksten Szenen. Von der Kamera perfekt eingefangen, springen Schnitte von Gesicht zu Gesicht, eines verschwitzter als das andere. Einzig Ed Harris bleibt - in der Regel - ruhig. Er ist der langjährige NASA-Flugdirektor Gene Kranz, Chef und Ruhepol innerhalb des Konflikts. Die Rolle ist ihm wie auf den Leib geschnitten, brachte ihm eine Oscar-Nominierung ein und eine Sprechrolle als Cape-Canaveral-Mann in "Gravity". Am Boden geht es nun darum, das Geschehen im All nachzustellen, um den Astronauten ein Vorgehen für ihre Rettung unterbreiten zu können. Diese Empathie, die ihnen entgegenschlägt, ist ansteckend, aber auch hoffnungslos romantisch. Und natürlich wird es am Ende sehr schmalzig. Kein Wunder, dass der Film vom damals allgegenwärtigen James Horner vertont wurde, aus dessen Feder auch die Musik zu "Braveheart", "Titanic" und dem Universal-Pictures-Einspieler zu Beginn des Films stammt. Und wenn das alles so kitschig ist, wieso freut man sich am Ende dann so affig? Weil's halt trotzdem toll ist.
Sepia- und Blausticheffekte, vertikal und schräg verzogene Bildskala, invertierte Farben, Blendflecke als Sonnen. Wenn David Twohy schon so begeistert die Bandbreite von Filmbearbeitungsprogrammen ausnutzt, wo sind dann die herzförmigen Überblendungen, die Schlumpfstimmen, die große Bild-durchwandert-komplettes-Farbspektrum-Show? Diese Mittel sind zumindest, nun ja, ungewöhnlich. Anders als die inhaltlichen Dekorationen: frühreifes Kind mit Waffen-Faible, gackernde Araber, fiese kleine Tierchen, die knapp vor der Kameralinse vorbeihuschen. Vin Diesel grummelt indes kurz oberhalb des Infraschalls vor sich hin, hat aber zwei, drei gute Szenen. Irgendwann wird der Film schwarzgrün und sieht dadurch etwas cooler aus. Doch warum muss die Wüstenplanet-Odyssee mit so vielen selten dämlichen Charakteren ausgestopft sein? Diese ständige Blödheitsglorifizierung macht Filmfiguren unsympathisch, auch wenn es diverse schicke Abgänge ermöglicht. Zum Ende nehmen jedoch die schlechten Effekte, Logiklöcher und gepflegte Langeweile derart zu, dass dies auch nicht mehr ins Gewicht fällt.
"Heat", "Insider", "Collateral" - Das ist so etwas wie die Michael-Mann-Trilogie. Kurzer Titel. Thriller. Knackiger Cast. Und vor allem: guuut. Nach dieser vielleicht etwas wohlwollenden Auslegung von Michael Mann's Filmarbeit wäre "Collateral" von 2004 also das Finale. Mit einem Taxi durch's nächtliche L.A., wie einst Winona Ryder und Gena Rowlands in "Night on Earth". Hier gerät das Ganze allerdings zu einer wilden Odyssee voller Kurven und Kavalierstarts. Mehr als nur die Seitenspiegel müssen dran glauben, ganz zum Ärger von Jamie Foxx. Seine Figur Max ist heute Ihr Fahrer, bescheiden und liebenswert ist er, nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für das Bevorstehende. Da ist der grauhaarige Tom Cruise, als "Vincent" steigt er in den Wagen und bietet gute Bezahlung. Fünf Stationen, eine Nacht, 600 Dollar. Wer Vincent ist, erfährt man früh genug. Einer jener Fahrgäste, die alkoholbedingt das Taxi einsauen, scheint er jedenfalls nicht zu sein.
Eine typische Rolle war das nicht für Cruise, so sind doch Nahbarkeit und Identifikationspotential sein Steckenpferd. Er und Foxx entwickeln aber ein fesselndes psychologisches Duell, das immer wieder auch zur physischen Auseinandersetzung wird, um plötzlich doch wieder in scheinbare Harmonie zu verflachen. Prickelnd aufgezogen, klug etappiert und - lausig gefilmt. Da wollte wer mit 2004er Digicams und Konstruktionen aus Stativ und Wackeldackel für mehr Rhythmik und Authentizität sorgen. Im Ergebnis sieht es nur leider wie eine TV-Produktion aus oder gar die Vorstufe zum HFR 3D, nur ohne 3D und ohne HFR. Das ist ein kloines büßchen schade.
Nebenbei klingt auch ein gewisser Unmut gegenüber der Anonymität des Einzelnen in der Großstadt an. Ebenjene ermöglicht schließlich überhaupt erst den Plot und entschuldigt vielleicht auch die etwas unlogische Disco-Szene, in der [SPOILER] trotz Mord und Totschlag die meisten Tanzlokalbesucher einfach unbeirrt weiter wackeln. [SPOILERENDE] Auch der Schlussszene verleiht dies noch einmal einen gewissen Zauber. Wem dieser filmische Action-Ritt noch bevorsteht, dem möchte ich keine ausgelutschte Floskel à la "Anschnallen" raten. Aber bei der nächsten Taxifahrt bitte Trinkgeld geben.
Man möchte meinen, Philip Seymour Hoffman konnte alles spielen - den gackernden Butler, den liebevollen Pfleger, den intriganten Bonvivant. Alles außer Titelfiguren gewissermaßen, denn Hoffman war faktisch die personifizierte Minirolle. Doch weit gefehlt, "Capote" ist ein Schmuckstück, das von ihm eigens getragen und vergoldet wird. Die Rolle, die ihm den Oscar einbrachte.
Die Faszination an der Person Philip Seymour Hoffman entwickelte sich allerdings erst nach seinem Tod. Wichtiger als er selbst waren stets seine Rollen. So ist es auch im Fall von Bennett Millers packender Psychokiste über den Schriftsteller Truman Capote. Ein quietschender, einzigartiger, feiner Mann, ein polarisierendes Genie, eine amerikanische Ikone des 20. Jahrhunderts. Dabei macht der Film nicht den Fehler, Capotes Leben Etappe für Etappe nachzuerzählen. Jugendszenen mit zwanghaft gecastetem Jungdarsteller, die letzten Jahre mit miesem Maskenbild, nein, dieses Drama fokussiert einzig und allein die Entstehungszeit der Non-Fiction-Novel "Kaltblütig" von 1959 bis 1965. Die große Zäsur in Truman Capotes Leben. Biographisch ja, Lebenslauf nein. Der Film hat seine eigene, runde und ebenfalls erstaunlich "nicht-fiktionale" Story.
Der titelgebende Schriftsteller beschäftigte sich im genannten Zeitraum mit dem Mord an der Familie Clutter am 15. November 1959 und interviewte die dafür des Mordes verurteilten Männer "Dick" Hickock und Perry Edward Smith. "Kaltblütig" wurde wegen seiner minimierten Dramatisierungen, aber auch der gelungenen Vermenschlichung der beiden Gefangenen gefeiert. Zweiteres auch deshalb, weil die kühle Betrachtung niemanden entschuldigte. Der Film stützt sich auf die Begeisterung an der historischen Figur Truman Capote, an seinem erstaunlichsten Schriftstück und an der verblüffenden Geschichte hinter dessen Entstehung. Es gibt aber auch eine übergeordnete Ebene, denn in diesem Film steckt eine allgemeine Betrachtung zum künstlerischen Schaffen, den Beweggründen dahinter, dem Vordringen eines Geschichtenerzählers zu den hintersten Ecken einer menschlichen Seele. Capote begibt sich zu moralischen Grenzüberschreitungen; neuer Stoff für das Buch wird sein Antrieb, die Begegnungen mit den Häftlingen werden zu einem Marionettenspiel, bei dem er die Fäden zieht. Die Geschichte von Truman Capote belegt, dass ihm dies teuer zu stehen kam.
Humor ist vergänglicher als das Dramatische, kurzlebiger als das Herzerwärmende und sogar unbeständiger als das Schockierende. Deshalb ist es Klassikern wie "Manche mögen's heiß" oder "Die Ritter der Kokosnuss" hoch anzurechnen, dass sie die Zeit überdauert haben. Auch "Die nackte Kanone" ist nach 27 Jahren immer noch gut in Form, aber die Oberfläche zeigt deutliche Patina-Spuren. Der Grund ist hauptsächlich, dass die Zucker/Zucker/Abrahams-Schmiede die Krimihandlung um den Polizisten Frank Drebin (Paraderolle von Leslie Nielsen) nur als Fundament für ihr ambitioniertes Gagfeuerwerk nimmt. Warum sollte es auch anders sein, schließlich ist "Klamauk" keine Bühne für shakespearesche Tragödien. Dadurch baut sich jedoch der ganze Reiz lediglich auf dem Einschlag seiner Späße auf. Pinkel- und Beinspreizwitzchen mögen anno 1988 noch ob ihrer Skurrilität zum Schmunzeln, gar brüllenden Gelächter, beigetragen haben, heute denke ich nur "Los, nächste Szene.. ." Ein Witz behält dagegen seine Anerkennung auch über die Jahre, wenn er intelligent aufgebaut und losgelassen wird. Neben einigen genialen Slapstick-Momenten, vor allem zu Beginn, gibt es im Verlauf des Film diverse solcher Einfälle. Beispiel [SPOILER]: Drebin bekommt Besuch von seiner Liebschaft Jane. Diese verlässt jedoch überraschend schnell wieder die Wohnung, anstatt aus Drebins seit Wochen unaufgeräumten Kühlschrank mit ihm zu speisen. "Und Du möchtest wirklich nichts essen?", fragt dieser ihr hinterher und schaut daraufhin pikiert drein, als sich hinter ihm eine Lebensmittelpackung zu bewegen beginnt. Das Schöne an diesem Moment ist, dass der Zuschauer nicht weiß, ob der irritierte Blick von Leslie Nielsen seinen offenbar zum Leben erwachten Essensbeständen gilt oder ob er hinter dem Besuch seiner Freundin eine Falle wittert. [SPOILERENDE] "Die nackte Kanone" bleibt also ein Film, den man sich ansehen kann und vielleicht sogar gesehen haben sollte.
Man kann von Richard Linklater halten, was man will - Eine eigene Handschrift hat er allemal. So lässt sich nicht nur aus dem Plot von "Before Sunrise" und der damit verketteten Trilogie darauf zurückschließen, dass es sich um den Regisseur von "Boyhood" handelt, sondern auch aus zahlreichen Äußerungen seiner liebenswerten Protagonisten. Ethan Hawke und Julie Delpy spielen zwei Zugreisende in Europa, die sich zufällig kennenlernen und spontan eine Nacht zu zweit in den Straßen des sommerlichen Wien verbringen. Das Neunziger-Jahre-Antlitz jener wunderschönen Stadt verlangt dem europäischen Zuschauer so viel Nostalgie und Romantik ab, dass Linklater gar nicht weiter auf inhaltliche Eckpunkte aufbaut. Diese nüchterne Erzählkunst wird schon damals viele aus dem Kinosaal verjagt haben, doch vermag sie auch eine Hand voll Filmliebhaber einzusaugen. Das Schöne an dieser Zeit ist, dass sie einen so sehr an die heutige erinnert, jedoch der Anblick gut besuchter Plattenläden, klobiger Firmenlogos und antiquierter Straßenbahnen zur Irritation beiträgt. Dazwischen wandeln zwei Liebende in der vermeintlichen Gewissheit, es handele sich um den einzigen gemeinsamen Tag ihres Lebens. Ihre Dialoge sind arg verkopft - Dass sich Menschen tatsächlich so unterhalten, ist im echten Leben selten. Allerdings verwandelt sich dieser Liebesfilm nach und nach ohnehin zu einer Parabel auf die kleinen Episoden des Lebens. Jene Episoden, die man in seinen Erinnerungen unendlich oft nacherleben kann, die einem aber erscheinen, als hätten sie nur einen Tag gedauert.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Viele gute und kluge Ideen, tolle Musik, atmosphärische Bilder, zwei gute Hauptdarsteller und ein auf witzige Weise hervorragender Handlungsort – Da muss schon viel passieren, damit am Ende doch nur solch eine Rohrkrepierer-Wertung herausspringt. „Only Lovers Left Alive“ nimmt die Perspektive zweier seit Jahrhunderten über den Planeten wandelnder Vampire ein, die durch ihre Distanz zum Menschen das sehen, was wir nicht sehen: Die Zombie-Apokalypse ist weder fiktiv, noch steht sie uns bevor – Sie hat uns längst ereilt. Die Vertreter unserer verrohten und verdummenden Gesellschaft sind nicht mehr die Spezies, die in den vergangenen Epochen noch für Geist und Kultur stand, sondern die der lebenden Toten. Nur eben ohne die klischeebedingten Eigenschaften der üblichen Film-Zombies. Das spielt sich zum Teil in Detroit ab, dem Inbegriff des Verfalls, und zeigt hierbei unter anderem das wunderschöne im Renaissance-Stil erbaute Michigan Theatre, das seit 1977 ein Schattendasein als Parkhaus führt. Dies alles hat Jim Jarmusch schick inszeniert und schön erdacht. Nur leider vermittelt einem dieses Horror-Romanzen-Drama-Etwas von der ersten Minute an, dass im Verlauf der zwei Stunden kaum etwas passieren wird. „Only Lovers Left Alive“ findet zu keiner geschlossenen Form, verpackt seine Geistesblitze liderlich und fällt schlussendlich auseinander. Gegen Ende setzt Jarmusch dann völlig unbeholfen auf Emotionen durch eine tragische Wendung, die den Film nur unnötig aufhält. Wem die witzigen Einfälle für einen guten Film ausreichen – genannt sei hierbei auch eine hölzerne Pistolenkugel, extra für Vampirherzen, versteht sich – dem sei das Vergnügen an diesem Film gegönnt. Doch auch das beste Cordon bleu der Welt wird ungenießbar, wenn man den Salzstreuer darüber entleert.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
„Nichts, was Du je erlebt hast, kommt an das wahnsinnige Blutbad heran, das Du gleich erleben wirst. (…) In diesem Gebäude heißt es ‚Töte oder Du wirst getötet.‘“ Gemeint ist hierbei das World Trade Center, das im Jahr 1983 noch das Herz der Weltwirtschaft darstellte und über diesen Satz bin ich auf den Film „Die Glücksritter“ gestoßen. Hierbei handelt es sich um ein modernes Märchen des Comedy-Allrounders John Landis, das mehr zu bieten hat als ein Zitat, das aus dem Zusammenhang gerissen einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Denn tatsächlich ist „Trading Places“ (so der wesentlich zweckdienlichere Originaltitel) die Wall-Street-Ausgabe des biblischen Buchs Hiob.
Die Komödie handelt vom Duke-&-Duke-Wirtschaftsimperium, dessen reiche und knickrige Namensgeber eine Wette abschließen. Ihr geschäftsführender Yuppie Winthorpe (Dan Aykroyd) soll alles verlieren, was er hat. Wird ihn die Sabotage seines Lebens zu einem Kriminellen machen? Und was ist mit Billy Ray Valentine (Eddie Murphy), einem Obdachlosen, der nun plötzlich die Geschäfte übernehmen soll – Wird er der Aufgabe gewachsen sein? 1 Dollar, so der Wetteinsatz der beiden greisen Mogule, unter denen Gott und Teufel nicht auszumachen sind. Winthorpe vollzieht eine Veränderung vom geizigen Spießer zum Kleinkriminellen; bei Valentine ist es genau umgekehrt. Murphy und Aykroyd verwandeln sich in ihre gegenseitigen Abziehbilder, das Geld bestimmt, welche Rolle ein Mensch einnimmt. Nur der wirklich gute Mensch kommt dabei nicht vor. Diese Rolle übernimmt die verboten attraktive Jamie Lee Curtis, sodass Winthorpe bei ihr Trost findet. Leider verstrickt sich der Film im zweiten Teil in einen Rachefeldzug der beiden Protagonisten gegen die zwei Firmenoberen und verliert sich derweil in dünne Witze und unsauber heruntererzählte Handlungsstränge. Andernfalls wären „Die Glücksritter“ heute vielleicht mehr als nur ein Geheimtipp.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
„Whiplash“, das ist die englische Bezeichnung für „Peitschenhieb“, das ist einer der schnellsten Songs der Thrash-Metal-Band Metallica und das ist nun auch einer der turbulentesten Filme der letzten Jahre. Benannt wurde dieser schlussendlich nach einem Jazz-Stück von Hank Levy aus den Siebzigern, das im Verlauf der unvermutet intensiven 107 Minuten des Öfteren zu hören ist. Damien Chazelle weiß, was er dem Zuschauer auf die Ohren gibt – Der erst 30jährige Regisseur versuchte sich einst selbst als Schlagzeuger in einer Jazz-Band – und verzweifelte am Tempo, der Herausforderung und dem Regime seines Dirigenten. Im Film ist Miles Teller der unterjochte Jüngling Andrew und J.K. Simmons der gefürchtete Drill-Instructor Fletcher. Simmons zieht als Bösewicht par excellence dabei auf so unwiderstehliche Weise den Hass des Zuschauers auf sich, dass er die Spitze eines in jeder Hinsicht gelungenen filmischen Machwerks darstellt. In den Rezensionen dieses Dramas wurden seit Veröffentlichung schon so oft Parallelen zur Figur des Gunnery Sergeants aus „Full Metal Jacket“ gezogen, dass man bald Plagiatierung befürchtet. Was „Whiplash“ dem Kubrick-Klassiker jedoch voraushat, ist der Kontrast zwischen Musik, Lebensgefühl, Talent und Rhythmus auf der einen, blutenden Händen, Beleidigungen, Machtspielchen, Abstumpfung und Tod auf der anderen Seite. Der Kinogänger wird in warme Farben getaucht und soll an den lockeren Jazz-Klängen, verbunden mit dem Hauch des Spontanen, teilhaben. Wie sich herausstellt, hat Fletcher’s Jazz damit aber wenig gemein. Hier wird die Kunst auf das Mathematische, bald Olympische, reduziert. Auch wird nicht unterschlagen, dass der Jazz am Aussterben sei. Ob Damien Chazelle Ersteres als Ursache oder Zweiteres als Rechtfertigung betrachtet, bleibt dem Zuschauer selbst überlassen. Bemerkenswert ist vielmehr, wie sich aus dem an und für sich unspektakulären Plot ein Irrgarten von Wendungen, Spannung und Geistesdröhnungen auftut, der einen so schnell nicht mehr loslässt. Dies mündet in einen grandios inszenierten Schlussakkord, der noch einmal alles auffährt. Kammerton a. Erster Twist. Trommelwirbel. Zweiter Twist. Drum-Solo. Dritter Twist. Ruhm. Ehre. War es das wert? Badda BÄM!
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Das war überfällig - Julianne Moore's Oscar hat lang auf sich warten lassen. Doch auch der Beginn ihrer wunderbaren Filmkarriere kam nicht auf Anhieb. Als sie 1993 in "Auf der Flucht" Harrison Ford bei ihrem Kurzauftritt zur Sau machte und daraufhin noch Tommy Lee Jones Rede und Antwort stand, kannte sie kaum einer. Nun hat Moore mit einer berührenden Darbietung als alzheimerkranke Linguistik-Professorin Alice in einem alles in allem guten Drama einen Höhepunkt gelandet. "Still Alice" ist hierbei einer jener Filme, die so unbeschwert und schön beginnen, dass es wehtut. Nicht Horror- und Spladder-Streifen sind es, die einem lang im Magen liegen - Nein, am brutalsten sind Bilder wie: glückliche Familie in "Der Pianist", schönes Wetter in "127 Hours" oder kluge, alte Frau in "Liebe". Jeder weiß, was kommt, nur die Figuren auf der Leinwand wissen es nicht. Das Thema Alzheimer verspricht hier natürlich auch bittere, schwer bekömmliche Szenen und genau diese Erwartung erfüllt "Still Alice - Mein Leben ohne Gestern". Die Erzählung fokussiert das Innenleben der erkrankten Protagonistin und ihr Verhältnis zur Familie. Alec Baldwin nimmt dabei die Rolle des Ehemanns John ein und bewahrt hierin gekonnt Distanz zum Zuschauer. Das ist der Rolle zuträglich, denn John entpuppt sich als der nicht wirklich engagierte seelische Beistand und die Krankheit passt ihm schlussendlich einfach nicht in den Kram. Kristen Stewart als Tochter Lydia stellt sich dagegen schnell als schwieriger, aber verlässlicher Halt für "Alice" dar. Stewart zeigt dabei ein unerwartet großes emotionales Spektrum. Die Krankheit selbst wurde mithilfe kreativer Kameraeinstellungen und sprunghafter Schnitte ansprechend visualisiert. Insgesamt fährt Regisseur Richard Glatzer jedoch einen weitgehend schlichten Stil auf. Das Ende von "Still Alice" wirkt leider beschönigend. Insofern baut mit der Zeit nicht nur die Protagonistin ab, sondern auch der Film selbst.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Juden, die mit Diamanten handeln, Russen, die mit Waffen handeln, Zigeuner, die Wohnwagen verkaufen und Schwarze, die mit Quietschestimmchen Dialoge führen wie "Was is das, Alter?" - "Das is ein Hund, Mann!" Guy Ritchie's "Snatch - Schweine und Diamanten" vereint auf solch unschuldig liebevolle Art Klischees unterschiedlicher Religionen, Ethnizitäten etc. in verstrickten Episoden, dass das gesamte Personengefüge wie eine große kunterbunte Familie auftritt. Und wie Familien so sind, liegt mitunter mal einer ohne Hand da oder erschossen am Boden. "Snatch" überzeugt durch seine kindliche Unbekümmertheit. Es soll etwas Nettes gezeigt werden und wenn hie und da ein kurzes Schnittfeuerwerk, eine schiefe Kamera, eine Zeitlupe, eine hin und her wandernde Split-Screen-Einstellung, ein poppiges Insert oder ein Logikbruch dazu beiträgt oder beitragen könnte, so ist sich Guy Ritchie dafür nicht zu schade. Mit "Bube, Dame, König, grAs" begann sein Siegeszug im Sektor des Wohlfühl-Gangsterfilms und mit "Snatch" - nun ja - endete er auch schon wieder. Aber Wurst, es wäre ja um jenen trüben Abend schade, der ohne diesen Film nicht gerettet gewesen wäre. So dürfen hier der nuschelnde Brad Pitt, der zähnefletschende Alan Ford und der sprücheklopfende Jason Statham eine witzige Wendung nach der anderen herbeiführen. Die Charaktere sind super sympathisch - Stephen Graham gibt zum Beispiel den herrlich tollpatschigen Möchtegern-Gangster Tommy, der aber auch schon mal eine Zauber-Blume mitbringt, weil er nett sein möchte. Benicio del Toro erzeugt mit wenigen Worten viel Präsenz. Und Dennis Farina inklusive Schnurrbart hat sowieso eine sympathische Aura um sich herum. Letztendlich fehlt der Gangster-Komödie das eine Einmalige, das Überwältigende, der "tödlichste Witz der Welt", um den Status eines Comedy-Meisterwerks zu erhalten. Das hat sich hier aber auch keiner vorgenommen.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Manch einer geht ins Kino, coole Sprüche zu hören. Manch einer geht ins Kino, Filme an etwas zu messen. Manch einer geht ins Kino, die Frage gestellt zu bekommen, manch anderer, die Antwort zu erhalten. Ich gehe ins Kino, um zu staunen. Ich gehe mit dem Recht ins Kino, vorher eben nicht zu wissen, wie die Geschichte verläuft, aber auch mit dem Anspruch, mich nachher mit dem Hintergrund zu befassen. "The Imitation Game" ist somit wortwörtlich "wie für mich gemacht". Morten Tyldum, der Regisseur, erzählt die Geschichte vom britischen Mathematiker Alan Turing, der sich 1939 anschickte, die "Enigma"-Verschlüsselungsmaschine der Nationalsozialisten knacken zu können. Vom britischen Mathematiker Alan Turing, der ein Geheimnis hatte...
Morten Tyldum und Drehbuchautor Graham Moore schaffen dabei einen Fluss, auf dem der Zuschauer mühelos mitschwimmen kann. Allein in den Anfangsminuten sind die Drehbuchvorgaben fast schriftlich auf der Leinwand ablesbar: "Detective Nock: 'Ich sage Dir - Alan Turing hat ein Geheimnis.' - Abblende zu schwarz - Einsetzen dramatischer Musik - Insert: 'The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben' - Aufblende: 'Euston Station London, 1939' - 11 Jahre jüngerer Alan Turing rennt über den Bahnhof, Zeitungsjunge verkündet Angriffe deutscher Bomben." Es vereinigen sich eine wunderbare Leistung des Hauptdarstellers Benedict Cumberbatch, eingängige Partituren von Soundtrack-Tausendsassa Alexandre Desplat und sanfte Kameraschwenks zu einer glattgebügelten Filmbiographie, die jedoch unerwartet drastische Wendungen nimmt. Hierbei wurden sträflicherweise diverse Twists hinzugedichtet und manche Szenen nach bedenklich altbackenen Strickmustern geschaffen, doch in der Summe verhindert dies nur die höhere Wertung für einen Film, der das Scheinwerferlicht auf einen Mann richtet, dem dieses zu Lebzeiten nie zuteil wurde. Die Prämisse ist kitschig und alt. Das Ergebnis ist unwiderstehlich.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Kaum ein Hitchcock-Schinken ist so bekannt wie "Die Vögel", aber auch kaum einer hat so viel Staub angesetzt. Die Generation 50+ kann ihn oftmals mitsprechen, dem jüngeren Publikum erscheinen die Krähen, Möwen und Spatzen zu hanebüchen ins Bild eingefügt, als dass sie diesen Horrorfilm-Vorkämpfer wirklich ernst nehmen könnten. Ebenso berühmt wie die gackernden Fluggeschöpfe ist deren optischer Kontrast zum Hintergrund - Das kennt man, auch ohne den Film gesehen zu haben. Der Verstand lehrt einen jedoch, dass Ruhm, Rang und Wertschätzung zumeist nicht von ungefähr kommen und so kann es sich durchaus auszahlen, einem solchen Klassiker seine zweistündige Aufmerksamkeit zu schenken: In "Die Vögel" geht es um die Millionärstochter Melanie Daniels, die in San Francisco die Bekanntschaft mit dem Rechtsanwalt Mitch Brenner macht. Die erste Unterhaltung, treffenderweise in einem Vogelgeschäft ereignet, läuft nicht ohne Komplikationen ab, denn schließlich sitzt Melanie einem listigen Streich des Anwalts auf. Im nahegelegenen Bodega Bay stattet sie ihm kurz darauf einen unangekündigten Besuch ab. Nachdem Melanie zu Mitchs Verwunderung von einer Möwe angegriffen wird, versorgt er sie und beginnt, sie lieb zu gewinnen. Doch die tierischen Anomalien trüben das ländliche Idyll...
So wie die Horror- und Katastrophenfilmlandschaft ein halbes Jahrhundert später mit Trash à la "Sharknado", "Birdemic" und "Megapiranha" überschwemmt ist, fragt man sich erstens: Ist das der kulturelle Einschlag, den "Die Vögel" letztlich verschuldet haben? Und zweitens: Inwieweit wollte Hitchcock der Welt mehr mitteilen, als es die Macher von "Anacondas", "Der weiße Hai 4" und "Bats - Fliegende Teufel" taten? In "Die Vögel" spielte Hitchcock einerseits sein Geschick aus, den Zuschauer der 60er Jahre in den Kinosessel zu drücken, Spannung, Unbehagen und Schockmomente zu erzeugen, die aber auch heute noch rudimentär vorhanden sind. Das funktioniert nur über eine schöne Rahmenhandlung. So widmet sich das Augenmerk hier nicht nur den Untieren am Himmel, sondern mit viel Hingebung auch den Geschöpfen am Boden, den Personen und ihren zwischenmenschlichen Konflikten. Hinzu kommt die Erörterung der Frage nach dem "Warum" und "Wieso" der Vogelattacken und des "Wie" des "Wieso". Wie erklärt man ein Phänomen, das es nicht geben dürfte? Wie begründet man, warum etwas passiert, wenn man nur dazu sagen kann, dass es nicht passieren dürfte? Welche Reaktion resultiert, wenn sich konventionelle Denkweisen plötzlich mit einer völlig entgegengerichteten Realität konfrontiert sehen? Hitchcock spendete diesen Fragen Aufmerksamkeit, doch er verband das tierische Drunter-und-Drüber auch mit den Personenentwicklungen und der immerwährenden Frage nach der Stellung des Menschen in der natürlichen Hierarchie. Somit ist "Die Vögel" mehr als nur ein Sekt-oder-Selters-Überlebensdrama. Und wer weiß - Vielleicht beschert es dem ein oder anderen Landwirt immer noch Unbehagen, wenn seine Hühner eines Tages das Futter verweigern.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
In "American Sniper" bewahrheitet sich: Bradley Cooper zieht immer. Hier zieht er immerzu am Abzug, denn Bradley Cooper spielt Chris Kyle, den 160-fachen Todesschützen der US Navy. Das europäische Auge entlarvt dabei ohne Mühe die unreflektierte Heroisierung, denn was hierzulande nicht zieht, sind US-Flaggen. Diese schmücken, begleitet von altbackenem Blechblasblödsinn, den Epilog und erscheinen dem US-Kinogänger im Allgemeinen wohl "für sich stehend", wirken in den hiesigen Kinosälen jedoch abschreckend und entfalten nicht ihre verschleiernde Wirkung. Denn natürlich käme Clint Eastwood die Frage ungelegen, ob jedes im Krieg verstorbene Kind des Mittleren Ostens seinem Killer den Gefallen tat, eine Bombe als Tötungsrechtfertigung mit sich herumzuschleppen. An dieser Stelle ergibt sich aber die Frage: Entwickelt "American Sniper" überhaupt das Potential, die von Kritikern beschworene "Saat der Propaganda" zu bestellen? Nicht wirklich, denn der Krieg, wie Clint Eastwood ihn zeigt, ist zu wenig schick, zu wenig auf Höhepunkte und Ansprachen zugeschnitten, kurzum zu wenig "denkwürdig". Anders ausgedrückt - Falls Eastwood den Krieg als etwas Erstrebenswertes darstellen will, so gelingt ihm das nicht und das rettet "American Sniper" paradoxerweise davor, bedenklich zu sein. Stattdessen plätschern die Kampfszenen so vor sich hin, sind mal mehr, mal weniger spannend. Und so bleibt vor allem die psychische Entwicklung des Protagonisten übrig. Da sammelt "Der Scharfschütze" - So sollte der Film in Deutschland ursprünglich heißen - Pluspunkte. Die schauspielerische Leistung des Hauptdarstellers, das erzählerische Wechselspiel zwischen Heimat- und Kampfeinsatzszenen sowie der Bogen, der daraus gespannt wird, überzeugen. Die schockiertesten Kritiker und die größten Fans - Irgendwo dazwischen liegt das, was "American Sniper" nicht zeigt - die Wahrheit.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Hmm. Wie macht man denn einen Film über SM? Zuallererst muss man ein anständiges Setting schaffen. "Fifty Shades of Grey" macht es vor. Da ist ein Seil. Uiuiui. Und da ist eine Gerte. Soso. Hinzu kommt noch eine Peitsche. Aha, fein fein. Als nächstes muss man... Ja, was eigentlich? Regisseurin Sam Taylor-Johnson liefert keine Antwort darauf, scheint zu denken, dass ein paar Spielzeuge schon für genügend Authentizität sorgen. Getragen wird die Unglaubwürdigkeit dieses Machwerks von zwei miesen Darstellern, die im Casting wohl nur sagen mussten, dass sie das Buch toll fanden. Bei Dakota Johnson fragt man sich, weshalb das Po-Double nicht gleich die ganze Rolle übernommen hat - Solch eine Leistung hätte dieses sicher auch hinbekommen. Jamie Dornan dagegen agiert als laufende Männerparfüm-Werbung mit monotonem, zweistündigem Laser-Blick. Es ist aber auch schwer, derartige Dialoge, geschrieben von den Unterjochten der Massendrehbuchautorenhaltung, in ein audiovisuelles Etwas umzusetzen. Da ist es schön, wenn in den schlecht gefilmten, furchtbar beleuchteten und grob geschnittenen 120 Minuten mal zeitweilig nicht gesprochen wird - Also den mitunter atmosphärischen Sexszenen. Gemessen an dem, was der Film vermitteln möchte - Einblicke in sadomasochistische Sexpraktiken - verkommen diese aber zu einem prüden und feige inszenierten Trauerspiel. Am Ende soll dann "Grey", der männliche Part, es "Anastasia", der Frau, auf ihren Wunsch hin einmal so richtig schmerzhaft besorgen - Das endet damit, dass er ihr sechs Hiebe erteilt. Sie ist außer sich. Sie fällt aus allen Wolken. Wenn sie dieses Procedere für so unverantwortlich hält, wieso fragt sie dann danach? Wenn ihr das schon zuviel ist, was um alles haben die beiden dann in den vorhergehenden Foltersex-Szenen getrieben? Wieso behauptet der Typ ein Dutzend mal, kein Romatiker zu sein und legt etwa zwanzigmal einen schmierig-pathetischen Auftritt vor ihr hin? Was schaue ich mir eigentlich für einen Quark an und warum wird deshalb "Whiplash" in keinem einzigen Kino der Stadt gespielt? Schlussendlich ist ersichtlich, was einem der Film mitteilen möchte. Dass auch in exotischen Lebensstilen die Aufs und Abs der Liebe, die Hochs und Tiefs des Lebens durchgespielt werden. Allerdings wird dem Zuschauer die Botschaft mit solch einer oberflächlichen und materialistischen Armani/Rolex/R8 Spyder-Gesinnung serviert, dass am Ende nur ein unfreiwillig komischer Werbespot-Zweistünder übrig bleibt.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Was hat mich dieser Eddie Redmayne in der zweiten Hälfte der 2012er Verfilmung von "Les Misérables" aufgeregt... Nachdem Hugh Jackman, Anne Hathaway und Russell Crowe die erste Hälfte des düsteren Singsang-Streifens mit Mimik, Gefühl und großen Gesten zu beleben wussten, kam Redmayne ärgerlich blass daher. Bestimmt so ein hauptberuflicher Musicaldarsteller... Da war ich wohl nicht gut informiert gewesen - In "Die Entdeckung der Unendlichkeit" zeigt er, was er kann, liefert er vollen Körpereinsatz, ist jeder seiner Blicke feinstens austariert. Wie spielt man denn einen Stephen Hawking? - Eine Figur, die kaum mehr als ihre Augen bewegen kann und gleichzeitig Trauer, Freude, Verlangen und Schmerz zeigen soll. Jedes Zucken der Wange und jeder Wimpernschlag werden da zum Balanceakt. Hawkings Forschung wird weniger stark beleuchtet; der Zuschauer muss sich damit abfinden, dass Regieleiter James Marsh die Berühmtheit seines Protagonisten als gesetzte Variable festlegt und somit engagierte Einblicke in Schwarze Löcher und co. für unnötig hält. Das dürfte jedoch von Beginn des Films an klar sein, da ist "Die Entdeckung der Unendlichkeit" schlichtweg viel zu brav, zu glatt, zu sehr auf Nummer sicher bedacht. Warum sollte man auch mehr wagen? Die Story ist zweischneidig genug, der Film erzählt zeitgleich von Sekt und Selters. Der unheilbar kranke Physik-Yuppie - In der Vergangenheit zahlten sich auch die Geschichten vom schizophrenen Mathematiker, vom stotternden König oder von der blinden Blues-Legende meistens aus. Das gibt Nominierungen für die Hauptdarsteller, für deren weibliche Sidekicks (die allenfalls in unterstützender Funktion agieren dürfen) sowie für die emotions-katalytische Musik und am Ende sind sich alle einig, dass es den "Film vom Leben Stephen Hawkings" so noch nicht gegeben hat.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
So wirklich bekannt ist das Studio-Ghibli-Denkmal "Die letzten Glühwürmchen" in Deutschland eigentlich nicht - Kein Wunder, dass man hierzulande mitunter meint, Zeichentrick wäre Kindern vorbehalten. Aber auch Animefreunden dürfte jenes Kriegsdrama unerwartet schwer im Magen liegen. Dieser Film kennt nur eine Richtung, rührt noch nicht einmal zu Tränen, erzeugt nur Apathie und innere Leere. Zumindest von emotionaler Seite her, darüberhinaus hat Isao Takahata dem Zuschauer aber auch konkret etwas mitzuteilen. Schmerzlich führt er vor Augen, wie der eigentlich sympathische Protagonist mit seiner durch Stolz und Reibungsangst motivierten Entscheidung das Schicksal seiner Schwester besiegelt. Der Anime-Regisseur verzichtet dabei auf Schwarz-Weiß-Malerei und macht so aus einem guten Film ein wertvolles Kulturgut. Der folgenschwere Entschluss der Hauptfigur Seita, mit seiner kleinen Schwester Setsuko in Kriegszeiten eine abgelegene Höhle zu beziehen, wird weder als leichtfertig noch als unumgänglich dargestellt. Was das Fundament dieses Films so freistehend macht, ist zudem die Identifikation seiner Schöpfer mit der Thematik. Ein japanischer Zeichentrickfilm erzählt eine japanische Geschichte, die Authentizität ist deutlich spürbar. Zu einem Anime gehört natürlich auch die entsprechende Bebilderung und herausgekommen sind hierbei zum Teil bestechend präzise komponierte Situationen von unwirklicher Abstrahierung. Ebenso in diesem Punkt eine glatte Eins. Dennoch ist es begrüßenswert, dass manch anderer Film weniger deprimierend gerät.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Der einzige Grund, weshalb Alfred Hitchcock "Cocktail für eine Leiche" nicht in einem Take abdrehte, war wohl, dass im Jahr 1948 die Filmrolle nach zehn Minuten zu Ende war. 2002 schuf der russische Regisseur Alexander Sokurow den 90-Minüter "Russian Ark" in einer einzigen Einstellung, die den Zuschauer durch den Sankt Petersburger Winterpalais mitnimmt. Insofern war es nur die logische Konsequenz, dass irgendwann "Birdman" entstehen musste. Ein Film, der wie eine einzige Kamerafahrt anmutet und dazu auch das Geschichtenerzählen und alles, was einen Film ausmacht, nicht vergisst. Da hier mitunter geflogen wird und es zum Teil durch enge Korridore geht, kam wohl einzig und allein Kameramann Emmanuel Lubezki infrage, amtierender Oscar-Preisträger seines Metiers. Und wer zog die Regie-Fäden hinter dem extravaganten Werk? Alejandro González Iñárritu - Ohje, wird "Birdman" jetzt wieder so triefend sämig, so "ja, Grundgütiger, subtil und differenziert," aber so unerträglich wie seine letzte Machenschaft "Biutiful"? Nein. "Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit," so die Tagline, ist originell, witzig und dicht. Michael Keaton spielt den abgehalfterten Ex-Superhelden-Darsteller Riggan Thomson, der sich als Regisseur und Hauptdarsteller eines Broadway-Stücks versucht und am drohenden Verriss und dem Schatten seiner einstigen Paraderolle zu zerbrechen droht. Die Besetzung dieser Rolle durch den einstigen "Batman"-Darsteller ist, für sich sprechend, einfach genial. Man fragt sich, inwieweit Keaton die Güte seiner darstellerischen Leistung aus eben diesem Kniff zog. Mit ihm bilden Edward Norton und Emma Stone des Trio infernale, das in jenem Frühjahr 2015 für die üblichen Darstellerpreise an den Start geht. Aber auch Naomi Watts und Lindsay Duncan bereichern den Film vom Vogelmann. Und wozu nun die auffallend ehrgeizige Steadicam-Orgie - bei dem Plot? Iñárritu erzählt die Geschichte aus der seeehr subjektiven Sicht des Schauspielers und des Regisseurs. Nicht nur die Beengtheit und das Nicht-aus-sich-heraus-Können werden dadurch spürbar gemacht, sondern auch ein Perspektivwechsel vorgenommen - Das Publikum schaut auf den Birdman - Der Birdman schaut zurück. Oh, Verzeihung - Riggan Thomson schaut zurück.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Früher war nicht alles besser. Wenn man etwas Bond Nr. 16 zugutehalten kann, dann dass er einem die immer noch recht passable Güteklasse von enttäuschenden Zwischentiefs à la "Quantum Trost" vor Augen führt. Hier war die Liga der außergewöhnlichen Ideenlosen am Werk. Das verdeutlicht einem dieser Thriller an nahezu jeder Ecke, angefangen bei dem Platzhaltertitel "Lizenz zum Töten." Die Dialoge sind so hölzern, dass man vor lauter Cellulose das Celluloid nicht mehr erkennt. Der Titelsong von Gladys Knight klingt genauso wie "Goldfinger" von Shirley Bassey. Der Film stammt von 1989, aber die PKW-Innenansichten offenbaren noch feinste Bluescreen-Fensterscheiben. Schon durch die kamera- und beleuchtungsbedingte Optik wirkt alles wie aus den 60er Jahren, sodass man jederzeit denkt, Louis de Funès käme gleich mit vollem Haar um die Ecke. Alles ist in gleißende Scheinwerferdröhnung eingehüllt - Robert Davi ist der Einzige, dessen Gesicht nicht glatt wie ein Babypopo wirkt. In der Mitte des Films taucht Desmond Llewelyn aka "Q" auf, um noch ein bisschen was zu retten - vermutlich. Da wirkt er fast wie der Traumerwachungs-Notarzt aus "Total Recall" und sagt vermutlich gleich so etwas wie: "Mr. Bond, Sie sind in einem schlechten Film gefangen. Ich bin hier, um Sie da herauszuholen." Sehr befremdlich ist dazu die Einbindung der Bondgirls in die Story. Carey Lowell spielt die selbstbewusste Army-Pilotin Bouvier. Impulsiv und unabhängig ist sie, jaja, nur ihren Bond, den liebt sie bedingungs- und prinzipienlos, den ist sie bereit zu nehmen, ganz egal, wie abschätzig er sie behandelt oder wie wenige Sekunden zuvor er noch die schöne Lupe Lamora geküsst hat. Und dann ist da noch Timothy Dalton - oh, schwieriges Thema. Mein Bild von der Figur James Bond wurde durch die Filme geprägt, die danach kamen. Und mit diesem Bild ist Timothy Dalton nicht kompatibel, da ist er zu glatt und zu wenig elegant. Zudem guckt er mitunter drein, als habe er nach dem Stuhlgang vergessen, mit Drücken aufzuhören. Aber an sich ist das Urteil hier nicht leicht gefällt. Dass der Film Ende der 80er gedreht wurde, merkt man erst an der Abspannmusik, die endlich dem Stil der Zeit gerecht wird. Auf grauenerregende Weise.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
So wie Gauß und von Humboldt tausende Kilometer voneinander getrennt waren, liegen auch die Schriftfassung "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann und ihre gleichnamige Verfilmung qualitativ weit auseinander. Mäßige bis gute, aber nach zum Teil nach plumpen Kriterien gecastete Darsteller erzählen die glattrasierte Geschichte zweier großer Wissenschaftler des frühen 19. Jahrhunderts. Dabei lässt Detlev Buck auch manch eigenen löblichen Geistesblitz in die Inszenierung mit einfließen. Einige schöne Gags und diverse wissenschaftliche Sidefacts ergeben insgesamt ein hübsches Machwerk. Auch die Arbeit des zweifach mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Schnittmeisters Dirk Grau ist lobenswert. Unverzeihlich jedoch ist die schmierige Optik, durch die die Landschaften und alten Häuser gekünstelt wirken. Es entsteht der visuelle Eindruck einer TV-Produktion. Offenbar wirkten die Kulissen im Rohmaterial nicht authentisch, also wurde am Sättigungsverstärker solange gedreht, bis Florian David Fitz und Albrecht Schuch die RGB-Suppe aus den Ohren lief. Eine Unart! Es ist aber leicht getan, solch einen Kraftakt von Film einfach abzuurteilen. Für die 3D-Optik wurde die Firma CinePostproduction angeworben und 10,5 Mio. Euro ließen sich Claus Boje und Detlev Buck die aufwändige Buchadaption kosten. Zu hochgesteckt. Am Ende sahen nur rund 600.000 Zuschauer "Die Vermessung der Welt" im Kino. CinePostproduction meldete im Sommer 2013 Insolvenz an.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
"Tanz der Teufel" ist routinierter Gore-Horror, der sich am Charme des Albernen bedient und dennoch mit klaustrophobischen Momenten aufwartet. Statt falscher Erwartungen erweckt der Film so das Böse zum Leben und weiß den Handlungsort, eine verlassene Waldhütte, gekonnt einzusetzen. Da bleibt ein Uhrpendel plötzlich stehen, ein Spiegel wird zu Wasser und die entstellten Freunde des "Final Girl", Ash, kommen gern einmal auch von unten aus dem Boden. Das ist alles nicht innovativ, aber stolpernde Frauen und Charaktere, die sich mit dem Rücken an morsche Holztüren lehnen, gehören hier zum guten Ton. Hinzu kommen jede Menge praktischer Effekte, also handgefertigte Werkstatt-Delikatessen. Dazu gehören, wer könnte ohne sie auskommen, Kontaktlinsen zum Wegzaubern der Pupillen, Schleim und Kunstblut sowie Stop-Motion-Technik von unverdorbener Ursprünglichkeit. Das diabolische Ballett kommt am Ende auf 86 Minuten, die gut ausgenutzt wurden und den Zuschauer schmunzelnd, aber nicht ohne Respekt vor dem nächstgelegenen Gebüsch zurücklassen.
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Man kann "Exodus: Götter und Könige" durchaus mögen, betrachtet man es vom Standpunkt der Technik aus. Hierbei präsentiert Ridley Scott das aktuelle Nonplusultra und das biblische Spektakel bildet das Fundament, um die gestochen scharfen Bilder, das anständige 3D und die schönen Effekte zur Schau zu stellen. Damit hat das Epos aber letztlich nur ebenjene Funktion eines Windows-Beispielvideos, das die Monitorqualität demonstrieren soll. Erwartet man aber eine mitreißende Geschichte, so bekommt man nur altbekannten Religionsunterricht auf N24-Niveau geboten. Dieser zieht sich über 150 Minuten hin und liefert regelmäßig Anlässe zur Kinositzdemontage. Die Geschichte wird mit freizügiger Bibeltreue nach dem Filmstrickmuster der 60er Jahre abgearbeitet und mit Ideen des Innovationsgrades der 80er Jahre unterfüttert. Da wird Gott als Kind dargestellt und vom Zuschauer wird erwartet, dass man dafür "Oh!" und "Ah!" ruft. Wäre die Kinderstimme nicht noch von einem verzerrten Echo begleitet, könnte man das aber noch ertragen. Unerträglich sind dagegen die Auftritte einiger Schauspieler, allen voran Christian Bale, der zu dem von ihm gespielten Protagonisten sichtlich auf Distanz geht. Aaron Paul vermag es wiederum, mit sehr wenig Sprechanteil sehr viel kaputtzumachen. Sein Josua ist nichts als ein bärtiger Jesse Pinkman, dem jederzeit ein entsetztes "Mr. White, das können Sie doch nicht tun!" zu entweichen droht. Mir fiele aber auch nicht ein, wie man, zumal mit dem Repertoire eines Ridley Scott, diese Geschichte hätte besser aufarbeiten können. Klassischer Fall von "Das ist die Story. Mach was draus."
+++SPOILER+++ (möglicherweise)
Passend zum 1.1. kam mit "Herz aus Stahl" gleich ein pyrotechniklastiger Film vom Allerfeinsten in die Kinos. Ist das angesichts der ernsten Thematik zu salopp ausgedrückt? - Man sollte berücksichtigen, dass die Härte der gezeigten Bilder nicht zwangsläufig mit einer abschreckenden Wirkung einhergeht. Wenn der erst 46-jährige David Ayer darauf vertraut, dass tote Kinder, Gesichtsfilet und platzende Gliedmaßen reichen, um aus einem Kriegs- einen Antikriegsfilm zu machen, dann unterschätzt er womöglich die Sehgewohnheiten des Publikums. Bestes Beispiel hierbei ist die Reihe "Saw", die in sieben Episoden ihren Machern über 800 Millionen US-Dollar eingebracht hat. Dass ein solcher Nazi-Kriegsfilm vor allem in Deutschland für ein seltsames Echo sorgt, wurde auch einmal wieder von den hiesigen Verleihern vorangetrieben, die aus dem amerikanischen Titel "Fury" ein Pathos-überladenes "Herz aus Stahl" machten. Doch was taugt nun der in der amerikanischen Armee des zweiten Weltkriegs angesiedelte Panzerfilm tatsächlich? Hier hat die Medaille zwei Seiten. Einerseits beweist David Ayer in den ersten drei Vierteln der Laufzeit ein verblüffendes erzählerisches Geschick. Das Abschlachten wirkt spürbar verstörend und auch einfache Szenen, in denen die Panzerbesatzung ein kürzlich hinzugekommenes Greenhorn mobben, wecken echtes Unbehagen. Außerdem vermittelt der Regisseur das Kriegstreiben mit ansprechender Dialektik. Und plötzlich, der Film geht bereits dem Ende entgegen, kommt dieser Michael-Bay-Moment, der den Film komplett gegen die Wand fährt. Was bis hierhin fast feinfühlig, vielschichtig und überzeugend war, ist mit einem Mal nur noch unglaubwürdig, unlogisch, pathetisch, heroisierend, stigmatisierend und furchtbar platt. Da wartet man eigentlich nur noch darauf, dass Dwayne Johnson aus dem Erdboden kommt und rettend zur Hilfe eilt. Auch der bis dahin überzeugende Shia LaBeouf leidet schließlich an den besorgniserregenden Auswüchsen des Drehbuchs. Und Brad Pitt, bis dato ohnehin mit wackligem Mienenspiel, vermag den Schlussspurt ebenfalls nicht zu retten. Schlussendlich steht zu befürchten, dass der respektable, selbstkritische Unterton bezüglich der amerikanischen Armee nur ein ungewolltes Zufallsprodukt ist.