luis345 - Kommentare

Alle Kommentare von luis345

  • luis345 02.02.2022, 12:51 Geändert 02.02.2022, 12:51

    Wie mich diese Überladung an Fan-Service mittlerweile nur noch nervt. Es ist so schade, wie wenig Eigenständiges Favreau und Filoni beizutragen haben. Alles steht im Schatten von George Lucas' Star Wars und der Angst, bloß nichts falsch zu machen. Hat man die Serie eigentlich schon umbenannt oder beinhaltet der Titel immer noch diesen ominösen Boba Fett, den man fast nie sieht?

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      Obi v Vader Rough Test - Star Wars Episode III Battle of the Heroes Behind the Scenes Reel
      https://www.youtube.com/watch?v=MP7Z59kKIKM

      Der deutsche YouTube-Kanal Saberproject hat mit der Erlaubnis des Stuntkoordinators Nick Gillard das gesamte Test-Footage vom Anakin-Obi-Wan-Kampf hochgeladen. Anscheinend wurde es in seiner Gänze noch nie veröffentlicht und auf dem DVD-Bonusmaterial des Films sieht man nur Ausschnitte davon. Viele Passagen dürften einem aus dem Film bekannt vorkommen, viele andere allerdings auch nicht. Der Kampf war ursprünglich nämlich noch viel länger und wurde von George Lucas zugunsten des Cross-cuttings zum Yoda-Palpatine-Kampf gekürzt. Viele am Set gefilmte Szenen zwischen Hayden und Ewan wurden bis heute nie veröffentlicht (bspw. sollte Anakin an einer Stelle sein Schwert an Obi-Wan verlieren, was heute noch im Film zu erkennen ist, da Obi-Wan in einer Szene kurzzeitig Anakins Lichtschwertgriff in der Hand hält).

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      • Ich wäre für die Wiedereinführung von dreieinhalb bis Vierstunden-Filmen, beginnend mit minutenlangen Ouvertüren, einem Zwischenspiel bzw. einer Pause ab der Hälfte sowie einem musikalischen Nachspiel zum Schluss. Genau die richtige Antwort auf Generation TikTok. Dann kann man sich endlich wieder den epischen und monumentalen (antiken) Geschichten unserer Zeit annehmen. Der Vorteil: Die Überführung in ein Cinematic Universe ist jederzeit möglich.

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        • luis345 27.01.2022, 19:51 Geändert 27.01.2022, 19:52

          Die Hervorhebung einer Regisseurin oder eines Regisseurs bei einer guten Serien-Episode halte ich ehrlich gesagt für unsinnig. Alle sind vordergründig davon abhängig, was sie für ein Skript von Jon Favreau erhalten. Gerade im Serienbereich ist der Showrunner maßgeblich für die Handlung und Stilrichtung der Folgen verantwortlich und nicht der ständig wechselnde Regisseur (anders als beim Film).

          Und inwiefern soll hier die Regieleistung hervorstechen? Die neuste Folge wird wegen der Rückkehr Mandos und den vielen Fan-Service-Momenten gemocht, nicht wegen irgendeiner herausragenden Regie. Jeder andere, der momentan in Favreaus Team arbeitet, hätte das ähnlich gut hinbekommen. Insbesondere bei den neuen Star-Wars-Serien unterscheiden sich nämlich die Stilrichtungen kaum und es ist i.d.R. überhaupt nicht erkennbar, dass dort überhaupt so viele verschiedene Regisseure beteiligt sind.

          Hervorzuheben wäre eine Einzelleistung, wenn der Regisseur auch das Drehbuch schreiben konnte, was in Staffel 2 von The Mandalorian im Übrigen vorkam. Dort zählten die Folgen von Dave Filoni und Rick Famuyiwa klar zu den besseren.

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          • Das wäre viel mehr die perfekte erste Folge für die dritte Staffel von "The Mandalorian" gewesen. Obwohl es eine gute Folge war, wirkt es irgendwie unpassend und unnötig so viel von Din Djarins Geschichte inmitten von Boba Fetts Geschichte zu quetschen. Und leider zeigte es auch auf brutale Weise auf, wie unterdurchschnittlich "The Book of Boba Fett" ist und wie langweilig sein Protagonist tatsächlich ist. In fast jeder Szene dachte ich mir: Genau das müsste eigentlich Boba Fett sein. Sein Auftritt, sein Handeln, seine Haltung - Perfekt. Jetzt hat man allerdings schon Mando eingeführt (natürlich enorm stark von Boba Fett inspiriert) und weiß nicht mehr, was man noch mit dem Original anstellen soll. Wenn man es nicht weiß, dann sollte man vielleicht auch keine halbgare, langweilige Serie über den einst legendären Kopfgeldjäger machen.

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            • Hat Warner Bros. dazu gelernt oder haben Filme, wie "Avengers: Endgame" tatsächlich die Erkenntnis reifen lassen, dass auch lange Filme erfolgreich sein können? Ich erinnere mich noch gut daran, dass Zack Synder seinen dreistündigen Cut von "Batman v Superman" um 30 Minuten kürzen musste. Und das nicht zum Wohle des Films.

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              • Letztlich sogar konsequent zu Star Wars, dass die beiden immer noch auf demselben Planeten in derselben Station hausen. Das betont erneut das filmische Motiv, welches George Lucas mit seiner ersten "Trilogie" (THX 1138, American Graffiti, Star Wars) ausdrücken wollte.

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                  „If one is to understand the great mystery, one must study all its aspects, not just the dogmatic narrow view of the Jedi. If you wish to become a complete and wise leader, you must embrace a larger view of the Force.“

                  Dieses Zitat aus „Revenge of the Sith“ passt nicht nur, weil die vierte Staffel den Film an einer Stelle selbst zitiert, sondern auch, weil es „Cobra Kai“ thematisch nochmal stärker entspricht, als in den vergangenen Staffeln: der Blickwinkel aller Seiten und die Anerkennung jener. Wie keine andere Staffel ist die Vierte aus der heutigen Sicht ein Plädoyer fremde und andersartige Ansätze nicht nur zu erkennen oder gar zu verurteilen, sondern zu akzeptieren und von ihnen zu lernen.

                  Damit gelingt „Cobra Kai“ zu visualisieren und aufzuarbeiten, was in modernen Gesellschaften immer häufiger als Spaltung und unüberwindbare Brücken wahrgenommen wird. Beide Seiten haben ihre Gründe, beide Seiten haben ihre Methoden, aber beide Seiten sind weder allwissend, noch unfehlbar.

                  Die vierte Staffel von „Cobra Kai“ ist daher thematisch ein Fortschritt zur letzten und hat mich bei aller Skepsis ebenso erzählerisch überrascht. Es trifft zwar weiterhin zu, dass sich die Serie seit der dritten Staffel unnötig gestreckt anfühlt und die Konflikte der verschiedenen Parteien stellenweise künstlich in die Länge gezogen werden. Diese Serie muss nicht 5, 6 oder 7 Staffeln lang sein und hätte bereits eine gute Konklusion finden können.

                  Aber die Serienschöpfer Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg haben anscheinend mehr zu erzählen und Staffel 4 hat meine Skepsis dahingehend etwas besänftigt. Das dargelegte Thema der Staffel war zwar auch schon in den ersten Staffeln angelegt, aber diese vierte Staffel schafft es tatsächlich all das nochmal tiefer und detaillierter auszuarbeiten.

                  An der dritten Staffel hatte ich noch kritisiert, dass mir die Fehde zwischen Daniel und Johnny zu breitgetreten wurde und ihre Reunion mehr als überfällig war. Daran anknüpfend fand ich jedoch die Ausgangslage im Hinblick auf Staffel 4 äußerst langweilig, weil ihr Team-Up eigentlich der entscheidende Schritt ist, um John Kreese und Co. ein für alle Mal zu besiegen. So eine erzählerische Entscheidung funktioniert nicht wirklich als spannender Cliffhanger.

                  An der vierten Staffel finde ich es nun aber umso besser, dass der Schulterschluss von Daniel und Johnny gar nicht so toll funktioniert, wie das Ende der dritten Staffel suggeriert hat. Der gemeinsame Feind macht aus zwei Ex-Feinden noch lange kein eingespieltes Team oder gar innige Freunde. Und gerade in der letzten Folge trifft die Serie ein paar überraschende Entscheidungen, mit denen ich so nicht gerechnet habe.

                  Die zweite Staffel hatte bereits gut gezeigt, dass beide Wege – der von Daniel und der von Johnny – seine Vor- und Nachteile haben. Die vierte Staffel bringt das jetzt zu einer sehr gelungenen Konklusion, da nun beide Wege vom jeweils anderen gelernt und respektiert werden müssen. Unterfüttert wird das Ganze u.a. von einer schönen Nebengeschichte zwischen Daniels jüngstem Sohn (der bisher keine große Rolle spielte) und einem gleichaltrigen neuen Mitschüler, der von Daniels Sohn aufgrund eines Mädchens gemobbt wird.

                  Einerseits spiegelt die kleine Geschichte die Handlung des ersten Karate-Kid-Films wider, bei dem ebenfalls argumentiert werden kann, dass Daniel nicht ganz unschuldig daran war, dass er von Johnny derart behandelt wurde. Andererseits zeigt es gut die „andere“ Sichtweise und wie Menschen allerhand berechtigte Gründe haben können, sich entsprechend zu verhalten, auch wenn es letztlich die falschen Methoden sind. An der Stelle erinnert „Cobra Kai“ einmal mehr an Star Wars, weil es die Serie schafft neue Blickwinkel und Ansichten zuzulassen und damit den Zuschauer immer wieder herausfordert (ohnehin liegt der Vergleich zu den vielen Sequels bekannter Franchises nahe, da es „Cobra Kai“, trotz viel Fanservice, so herausragend gelingt).

                  Mit dem Ende dieser Staffel merkt man auch, dass die Charaktere immer klarer ausgearbeitet werden und während einige noch in der Findungsphase sind oder gar desillusioniert zurückbleiben, stehen andere wiederum nun fast schon vor ihrem charakterlichen Abschluss. Gerade Staffel 3 erhält hier nochmal mehr Kontext, die in vielen Punkten zu sehr wie ein Zwischenstopp wirkte und in ihren Charakterentwicklungen zu überstürzt handelte. Tory und Robby gefielen mir dieses Mal z.B. deutlich besser, da beide endlich als Figuren weiterentwickelt werden und nicht nur den obligatorischen Pfad des Antagonisten beschreiten.

                  Das bekräftigt zwar auch ein grundlegendes Problem der Serie – fast keiner Figur kann man die Rolle des Helden oder Antagonisten wirklich glaubhaft abnehmen, da jeder Figur eine Redemption zugestanden wird und sich die Parteien durch zahlreiche Seitenwechsel pro Staffel ständig verändern können –, aber dennoch gelingt es „Cobra Kai“ damit immer wieder, wirklich jede Figur und jeden Blickwinkel fair zu beleuchten und auszuarbeiten. Mit Staffel 3 und 4 deutet sich sogar für John Kreese immer stärker an, dass er im Kern eigentlich eine gute, missverstandene Person ist.

                  Die Rückkehr von Terry Silver finde ich in diesem Zusammenhang insgesamt ebenfalls gelungen. Dass man ihn der gesamten Staffel nicht wirklich einschätzen und greifen kann, passt letztlich hervorragend zur Figur. Und auch wenn ich sein Verhalten hin und wieder seltsam fand, fügt es sich am Ende tatsächlich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen.

                  Größere Kritikpunkte bestehen weiterhin nur aus bereits vorhandenen: Auch wenn es diese Staffel besser kaschiert, fühlt sich die Geschichte weiterhin überstreckt an; trotz Netflix-Übernahme ist der Stil und Look der Serie nicht kinematischer geworden, was ich mir für den weiteren Verlauf der Serie gewünscht hätte; und die Action sowie Choreografien sind „hit-and-miss“. Umso mehr Kämpfer dazukommen, umso mehr merkt man auch, dass nicht alle die nötige Physis mitbringen.

                  Fazit: Alles in allem gibt mir die vierte Staffel wieder Hoffnung, dass die Autoren doch einen guten Plan haben, um die Geschichte in den nächsten 2-3 Staffeln abzuschließen. Auch wenn man die Qualität der ersten Staffel vermutlich nicht mehr erreichen wird, bleibt „Cobra Kai“ auf einem konstant hohen Level. Zwar gibt es hier und da Kritikbedarf, aber der Serie gelingt es ihren Witz, ihre Liebe fürs Detail, ihr gutes Writing für die Charaktere und noch dazu Lektionen fürs Leben beizubehalten.

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                  • Ich fand ja auch amüsant, dass unabhängig von den USA nur China und Russland eine gemeinsame Mission starten, um den Aufprall zu verhindern. Eine einzige... die es nicht mal zum Kometen schafft, weil das scheinbar nur die Amerikaner können xD

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                    • Ich hätte Platz 3 und 4 getauscht, aber ansonsten Zustimmung. Die Serien waren dieses Jahr weitaus interessanter als die Marvel-Filme, auch wenn letztlich nur WandaVision wirklich herausstach und durchweg überzeugen konnte.

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                        über Hawkeye

                        „Hawkeye“ ist nun also die letzte neue MCU-Serie aus 2021 für Disney Plus. Ich hatte nicht wirklich Interesse an der Serie, weil mir Hawkeye als Figur ziemlich egal ist und die Trailer im Vorfeld nicht gerade ansprechend waren. Nach ihrem Abschluss kann man konstatieren, dass sie neben den anderen Live-Action-Serien – „WandaVision“, „The Falcon and the Winter Soldier“ und „Loki“ – auch knapp die Schwächste geworden ist. Ich konnte der Serie jedoch mehr abgewinnen, als ich dachte, was vor allem an der menschlicheren und geerdeteren Seite der Serie, sowie dem Neuzugang Kate Bishop liegt.

                        Noch stärker als die Captain-America-Nachfolge „The Falcon and the Winter Soldier“ handelt diese Serie von ganz normalen Menschen und ihren Problemen in New York. Hawkeye bleibt als Figur zwar weiterhin langweilig – ich bin seit Jahren der Meinung, dass er im zweiten Avengers-Film perfekt hätte abtreten können –, aber gleichzeitig wird er dennoch ganz gut von seiner menschlichen Seite gezeigt. Dass der „uninteressanteste“ Avenger auch seine Fans haben kann, ist sehr charmant mit Kate Bishop gelöst.

                        Leider kommt derweil die Handlung nie wirklich in Fahrt. Bis auf die letzte Folge fühlt sich die ganze Geschichte so an, als würde sie noch im ersten Drittel stecken und verfügt über keinen funktionierenden Spannungsbogen. „Hawkeye“ ist die erste der MCU-Serien, bei der sechs Folgen tatsächlich zu kurz waren und der Serie eine Ausdehnung der ganzen Konfliktlinien mehr Zeit zum Atmen verschafft hätte. Wie bei einigen anderen MCU-Serien des Jahres merkt man allerdings auch, dass viele Konflikte ziemlich konstruiert wirken oder nur eine versteckte Origin-Geschichte für einen oder mehrere Charaktere darstellen.

                        So ist es auch in der „Hawkeye“-Serie, welche u.a. stark auf Clint Bartons Vergangenheit aus „Avengers: Engame“ setzt, welche aber bereits in ihrer Ausgangslage ungenügend wirkt. Hawkeyes Ronin-Vergangenheit wird nun z.B. im großen Stile aufgeblasen, obwohl dieser Teil von Hawkeye in „Endgame“ keine zwei Minuten an Screentime beanspruchte. All das ist behauptet, ohne dass der Zuschauer diese düstere Zeit Clints jemals miterlebt hat. Auch Yelenas Agenda, die Schwester von Black Widow, ist irgendwie reingequetscht und lässt die immer besser werdende Handlung unnötig überfrachtet wirken (sie ist zwar eine Super-Agentin und weiß um Clints Jahre lange Zusammenarbeit mit Natascha, aber redet sich durchweg ein, Clint hätte ihre Schwester umgebracht und selbst wenn er ihr gefühlt zehnmal das Gegenteil erzählt, kommt Yelena einfach nicht dahinter, dass er möglicherweise die Wahrheit sagt).

                        [Es folgen SPOILER] Den großen Moment hat die Serie aber natürlich im Finale, wenn tatsächlich Vincent D’Onofrio als Kingpin zurückkehrt. Um ehrlich zu sein, handelt es sich um einen Auftritt, den es vielleicht aufgrund der vielen Figuren nicht zwingend gebraucht hätte und dann leider auch etwas kurz ausfällt. Aber ich fand ihn dennoch sehr gelungen und Kingpin wurde so dargestellt als sei er nie weg gewesen. Ich bin großer Fan der „Daredevil“-Serie und war daher erleichtert, dass Kingpin nicht nur einen billigen Kurzauftritt bekam, sondern im Finale kurzerhand zum bedrohlichen Antagonisten der Serie aufstieg, wie man ihn aus „Daredevil“ kannte.

                        Fazit: Rückblickend betrachtet handelte „Hawkeye“ nie richtig von Hawkeye, denn er bleibt ein langweiliger und uninteressanter Charakter. Stattdessen verstecken sich hier eine Origin-Geschichte von Kate Bishop, ein Backdoor-Pilot für Echo (sie bekommt demnächst ihre eigene Disney-Plus-Show) und die Vorbereitung und Rückintegrierung von Wilson Fisk und Matt Murdock aus der abgesetzten „Daredevil“-Serie.

                        Die Kombination aus allem macht aus „Hawkeye“ immer noch eine unterhaltsame Show, aber die Handlung bleibt trotz ihres menschlichen Charakters hinter ihren Möglichkeiten zurück, wirkt nicht ausgereift und fußt auf zu vielen Behauptungen, an die ich als Zuschauer nicht anknüpfen konnte. Damit bleibt eine stabile Serie, aber keine, die spannende Wege geht, neue Dinge ausprobiert und kreativer ihre Charaktere handhabt – all das ist den anderen MCU-Serien aus 2021 ein wenig besser gelungen.

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                          luis345 18.12.2021, 22:49 Geändert 18.12.2021, 22:52

                          Die zweite Staffel von „The Witcher“ ist eine klare Verbesserung zur Ersten. Endlich eine chronologische, wenn dann auch klassische Erzählstruktur, die schon fast im Alleingang die Probleme der vorangegangenen Staffel korrigiert. Die Serie war sich ihrem fehlgeschlagenen Experiment sogar so sehr bewusst, dass man sich mit einer Anspielung selbst darüber lustig macht. Die klarere Erzählweise kommt aber wohl auch dadurch zustande, dass man sich jetzt an den Büchern entlanghangelt, während man zuvor noch die vorhandenen Kurzgeschichten verarbeitete. Dadurch ist alles stringenter und man erzählt weniger von in sich abgeschlossenen Geschichten, die nur lose miteinander verknüpft sind (einzige Ausnahme ist die erste Folge, die aber richtig gut ist).

                          Große Schwäche bleibt allerdings weiterhin das World Building der Serie. Als Neuling versteht man die Welt von „The Witcher“ leider immer noch nicht wirklich. Weder politisch, noch geografisch erhält der Zuschauer eine Orientierung. Mit Namen von Fraktionen, Menschen und Kreaturen wird um sich geworfen, ohne immer einen gescheiten Kontext zu erhalten. Es existiert zwar ein übergreifender Konflikt, aber wer hier eigentlich aus welchen Motiven genau gegen wen kämpft und warum, ist über weite Strecken undurchsichtig. Teilweise scheint das zwar so gewollt zu sein, das Ende von Staffel 2 bietet zumindest einen wichtigen „Aha“-Moment, aber generell dürfte die erste Staffel daran gescheitert sein und diese Staffel schafft es nun nur selten bestehende Lücken aufzufüllen. Das geht sogar schon bei den „Basics“ über die Hexer und ihre Fähigkeiten bzw. Funktion los. Ciri könnte hier als selbst sehr unerfahrenen und unwissende Figur als Anker für den Zuschauer dienen, aber das geschieht nur selten. Vieles nimmt man daher so hin.

                          Trotz dieser Probleme kann die zweite Staffel in vielerlei Punkten mehr überzeugen. Die Produktion hat an Wertigkeit nochmal dazugewonnen und die Monsterkämpfe sehen mittlerweile sehr hochwertig aus. Ob mehr Budget oder besserer Umgang damit, diese Staffel kann auf jeden Fall mit einigen Schauwerten beeindrucken. Dazu kommen erzählerisch ein paar mehr Konflikte hinzu, was sich vor allem durch die Rasse der Elfen als dieses Mal dominante Fraktion bemerkbar macht. Das Herzstück der Serie bieten aber wie erwartet der Hexer Geralt und sein Schützling Ciri. Henry Cavill macht sich als nun etwas weniger mürrischer Hexer weiterhin richtig gut. Zudem wird Ciri jetzt im Verlauf sichtbar erwachsener und ist weniger das hilflose Kindchen. Der über weite Strecken dazu parallel verlaufende Handlungsstrang mit Yennefer funktioniert dagegen weniger gut bzw. ist insgesamt einfach nicht so interessant. Vieles ist auch hier wieder undurchsichtig.

                          Im Übrigen lohnt es sich den vor einigen Monaten auf Netflix erschienen Animationsfilm über Geralts Meister Vesemir im Vorfeld zu schauen. Dort werden einige Ereignisse der entfernten Vergangenheit gezeigt, worauf in der zweiten Staffel auch Bezug genommen wird, immerhin erhält Vesemir hier nun seinen Live-Action-Auftritt. Als Fan von Rittersporn und seiner witzigen Dynamik zu Geralt fehlte dieses Mal nur ein guter Ersatz zu „Toss A Coin To Your Witcher“, welcher leider nicht gefunden werden kann und Rittersporn zwar vorkommt, aber eher irrelevant für die Handlung ist.

                          Alles in allem ist die zweite Staffel von „The Witcher“ immer noch kein erzählerisches Glanzstück, aber ein Fortschritt ist klar erkennbar. Die Serie wird besser und das in nahezu allen Belangen. Nur das World Building bleibt mies und eine vertane Chance. Neulinge wie mich haben es daher weiterhin schwer, aber als Fan von Henry Cavills Geralt und der grundsätzlich ansprechenden Welt werde ich wohl weiterhin dran bleiben.

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                            Bis heute wird unterschätzt, wie sehr George Lucas mit „Attack of the Clones“ im Jahr 2002 das Kino verändert hat. Es war der erste groß budgetierte Kino-Blockbuster, der komplett mit digitalen Kameras gedreht wurde. Heute ist die Technologie nicht mehr wegzudenken, die Vorteile unermesslich groß und das Zelluloid fast ausgestorben. Der Kopf hinter „The Book of Boba Fett“, Robert Rodriguez, passt deswegen so hervorragend in den Star-Wars-Kosmos, weil er damals schon Teil einer kleinen Gruppe aus Regisseuren war, die das digitale Kino vorangetrieben und sich im Jahre 2001 darüber ausgetauscht haben.

                            Lucas führte Episode II vor und Rodriguez „Spy Kids 2“ (der erweiterte Kreis bestand aus James Cameron, Francis Ford Coppola und Michael Mann). Sie luden andere Regisseure wie Ron Howard, Bob Zemeckis, Steven Spielberg, Marty Scorsese und Oliver Stone; alle sehr kritisch, nicht wirklich überzeugt. Die Technologie steckte noch in den Kinderschuhen. Und trotzdem setzte sie sich durch, was an Visionären wie George Lucas, James Cameron und eben Robert Rodriguez lag. Heute hat das digitale Kino das „alte“ Kino ersetzt (digitale Kameras, digitale Post-Produktion, digitale Verwertung, digitale Kino-Projektoren). Robert Rodriguez war Teil von all dem und deswegen freue ich mich für ihn, dass er nun 20 Jahre später auch als Regisseur ein Teil von Star Wars sein darf.

                            George Lucas discusses his ongoing effort to shape the future of digital cinema. (September, 2002)
                            https://theasc.com/magazine/sep02/exploring/index.html

                            How ‘The Book of Boba Fett’ Will Shake Up ‘Star Wars’ (Dezember, 2021)
                            https://www.hollywoodreporter.com/tv/tv-features/robert-rodriguez-interview-book-of-boba-fett-star-wars-1235062364/

                            Fast-forward to 2001, when Rodriguez was sound mixing Spy Kids at Skywalker Ranch. Since his debut with 1992’s El Mariachi, which he famously shot for just $7,000, the filmmaker has typically worn many hats — IMDb credits him with crew positions ranging from soundtrack composer (on 17 projects) to editor (30 projects) to camera operator (11 projects). When Lucas heard a young filmmaker was mixing his film’s sound himself at the Marin County studio, he invited Rodriguez up to his office for a chat.

                            “George said, ‘You should check out these digital cameras I’m using’ and showed me some greenscreen tricks — and that’s what got me into shooting digital,” Rodriguez says. “He was a mentor at a stage where I went from doing films like From Dusk Till Dawn and Desperado to doing [the pioneering all-greenscreen-filmed] Sin City.”

                            In addition to sharing a love of technical innovation, Lucas and Rodriguez also have in common a sort of insider-outsider status — they strive to make popular films for wide audiences while maintaining their independence and control in hubs far from Hollywood. Rodriguez shoots most of his work in Austin (though Boba Fett was in Los Angeles), helping fuel the region’s production boom.

                            As Rodriguez tells it, his Lucas-inspired segue into digital filmmaking eventually led to getting hired to direct writer-producer James Cameron’s long-gestating passion project Alita: Battle Angel in 2019, a live-action anime adaptation that was widely praised for its CG work (and became the biggest production ever shot in Texas). “Jon saw Alita and that got me into Mandalorian,” Rodriguez says. “But the only reason I started doing high-tech filmmaking way back when, in Austin of all places, was because of George.”

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                              über Arcane

                              Dem Hype rund um „Arcane“ kann ich nicht ganz zustimmen, obwohl mir die Serie insgesamt gut gefiel und ich mich auf mehr freue. Für eine Videospielumsetzung ist sie definitiv hervorragend und brilliert mit ihrem grandiosen Animationsstil und den toll ausgearbeiteten Charakteren. Klar in drei Akte unterteilt, erzählt „Arcane“ in jeweils drei Folgen die Geschichte und Konflikte zweier Schwestern, einer Ober- und einer Unterstadt und diversen gesellschaftlichen, politischen sowie zwischenmenschlichen Problemen.

                              Leider verlor mich die Serie ab dem zweiten Akt allerdings phasenweise immer mal wieder und konnte mich emotional nur selten an die Figuren binden. Zudem geht die klare Aktstruktur verloren, welche nach den ersten drei Folgen keinen richtigen Nutzen mehr hat. Akt 1 endet mit dem Verlust der Mentorfigur und der Entzweiung beider Schwestern (eigentlich wunderbar nach Lehrbuch). Bis auf den Zeitsprung knüpfen die restlichen sechs Folgen daran nur noch selten an und funktionieren mehr wie eine Einheit. Außerdem verweigert sich die Serie einer klar aufgebauten Konfrontation der beiden Schwestern, welche stattdessen in einigen wenig spannenden Scharmützeln enden.

                              Darüber hinaus überlädt sich „Arcane“ nach und nach mit zu vielen Figuren und Handlungssträngen, wodurch ein klarer Fokus verloren geht. Jinx und Vi bleiben zwar die Protagonisten, aber viele andere Stränge verlaufen so halbgar ins Leeren, wirken nicht richtig zu Ende gedacht und versanden dann irgendwie in Cliffhangern für Staffel 2 oder enden unbefriedigend. Beispielhaft wäre die Figur eines korrupten Polizisten zu nennen, der in Akt 1 und 2 immer wieder relevant ist, dann aber in Akt 3 keine Rolle mehr spielt und mal so nebenbei durch eine Explosion stirbt. Oder das Wissenschaftlerduo, deren beider Stränge sich irgendwann immer weiter aufspalten und dann nach viel hin und her sowie ewigen Experimenten ins Nichts verlaufen (Victor arbeitet fast die gesamte Staffel an der Hex-Technologie, aber letztlich kommt er zu keinem Ergebnis, man weiß weder wo die Figur steht, noch wo die ganze Forschung hingeführt hat).

                              So wirkt „Arcane“ am Ende leider selbst nur wie ein einziger erster Akt, der viele Konflikte nicht löst, sondern in die Länge zieht und dann mindestens in einem Cliffhanger-Ende enden lässt. Das ist schade, denn die letzten zwei Wochen habe ich mich immer wieder auf die neuen drei Folgen gefreut. Als richtig rund entpuppte sich dann aber doch nur Akt 1, der die Welt und seine Figuren hervorragend etabliert und emotional endet. Auf technischer Ebene ist die Serie natürlich perfekt und sieht wunderschön aus. Aber erzählerisch habe ich jetzt sechs Folgen vergeblich auf den nächsten wirklich berührenden Moment gewartet oder endlich auf den eskalierenden Konflikt und ein konkludierendes Finale. Somit bleibt „Arcane“ zwar definitiv eine Empfehlung (für die man auch nicht League of Legends kennen muss), aber nicht die Offenbarung, welche so viele andere sehen und auf die ich nach dem starken Beginn gehofft hatte. Hier wäre mehr drin gewesen.

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                              • luis345 17.11.2021, 21:16 Geändert 17.11.2021, 21:17

                                Aus irgendwelchen Gründen engagiert Kathleen Kennedy immer erst den Regisseur, kündigt das zu allem Überfluss noch mit riesigem Tamtam an, aber beginnt erst nachträglich damit, sich mit den Künstlern über eine Vision und für alle Parteien einheitliche Ausrichtung zu einigen (oder eben nicht zu einigen). Und das geschieht immer und immer wieder. Die meisten Regisseure würden wohl sterben, um einmal in ihrem Leben einen Star-Wars-Film inszenieren zu können, aber Lucasfilm schafft es auf unglaubliche Weise, dass einer nach dem anderen abspringt. Wie chaotisch und abstoßend müssen die Umstände bei Lucasfilm sein, dass das immer aufs Neue passiert? Man kann von Kevin Feige und dem MCU halten, was man möchte, aber er hat es bei über 25 Filmen fast immer geschafft, dass seine Regisseure und er auf einer klar definierten, einheitlichen Linie standen. Lucasfilm und Kathleen Kennedy bekommen das aus unerfindlichen Gründen einfach nicht gebacken.

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                                  Mit „Last Night in Soho“ gelingt Edgar Wright ein weiterer schön inszenierter und erzählerisch packender Film. Dieses Mal mit einer Thematik, die sowohl aktuell, wie auch spannend ist und die „guten, alten Zeiten“, genauer die idealisierten 1960er Jahre in London, gekonnt dekonstruiert. Die Darsteller sind hervorragend, vor allem Anya Taylor-Joy besticht wieder mit ihrer einnehmenden Aura; der gewählte Soundtrack dominiert teilweise auf brachiale, mitreißende Weise die Leinwand; und Edgar Wright weiß mal wieder mit einigen kreativen Einfällen und seiner speziellen Inszenierung zu punkten.

                                  Obgleich ich noch lange nicht alle seine Filme kenne, war Wrights Inszenierung allerdings auch schon mal verspielter, visuell ideenreicher und herausstechender. Die Themen von „Last Night in Soho“ sind in ihrer Aktualität und Brutalität schön ausgearbeitet. Dabei gelingt dem Film jedoch nicht immer der eleganteste und subtilste Umgang damit. Der Sprung von der idealisierter Hülle zum bitteren, realistischen Kern kommt so plötzlich, wie auch explizit. Hier vermittelt Wright nicht gerade subtil, sondern überdeutlich und zu durchsichtig. Der thematisch ähnliche und kürzlich erst erschienene „The Last Duel“ von Ridley Scott ist in dieser Hinsicht beispielsweise differenzierter und letztlich cleverer, ja, war in seinen Schlüsselmomenten sogar ohne Horroreffekt deutlich unangenehmer. Denn der Horror-Aspekt gelingt Wright nur mittelmäßig. Er ist weder gruselig, noch unbehaglich, sondern driftet im Finale beinahe schon ins Alberne ab.

                                  „Last Night in Soho“ ist ein sehenswerter Film, dem an der einen oder anderen Stelle der Feinschliff fehlt. Die Inszenierung ist hervorragend, die Thematik spannend, gerade für Edgar Wright die wohl erwachsenste. Die Dekonstruktion überzeugt über weite Strecken, aber lässt in ihrer Ausführung doch ein paar kleine Schwächen erkennen.

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                                  • Für Star Wars Fans ja mal wieder eine reine Enttäuschung, dieser Disney Plus Day, während Marvel Studios ein Dutzend Neuheiten ankündigt...

                                    • Fast jeder Marvel-Film ist besser als "Avengers: Endgame". Und wer "Eternals" für einen der (oder sogar den) Schlechtesten hält, der hat noch ganz andere Probleme als pures Unverständnis.

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                                        luis345 04.11.2021, 18:01 Geändert 04.11.2021, 22:08

                                        Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Kevin Feige schaffte es für „Eternals“ eine der momentan angesagtesten und erfolgreichsten Regisseurinnen zu gewinnen, die zuletzt bei den Oscars mehrfach ausgezeichnet wurde. Das Marvel Cinematic Universe hatte sich in der Vergangenheit schon oftmals namhafte und vielversprechende Regisseure „eingekauft“. Und dennoch stach Chloé Zhao heraus, die doch für so ganz andere Filme bekannt ist und nun den nächsten großen Marvel-Blockbuster inszenieren soll. Kevin Feige schwärmt schon seit Monaten von „Eternals“. Dafür ignorierte er sogar fast gänzlich den Kritikerliebling und Überraschungshit „Shang-Chi“. Und nun kommt Zhaos „Eternals“ raus, Feiges groß angekündigte neue Lieblingsprojekt und was ist? Die Kritiker strafen den Film heillos ab.

                                        Sogar so weit, dass er nun laut der Bewertungsplattform Rotten Tomatoes der schlechteste aller MCU-Filme ist. Zu langweilig, zu ernst, das gewohnte Marvel-Spektakel fehlt; zu überfüllt, zu undurchsichtige Geschichte, zu viele, unterentwickelte Charaktere: Irgendwie fehlen alle die gewohnten Marvel-Stärken und Chloé Zhao fehle das Gespür und die Einheitlichkeit für die ansonsten so konstant unterhaltende MCU-Reihe. Schon komisch, da bemängeln alle „Cineasten“ und Kritiker seit Jahren die Gleichförmigkeit und Mutlosigkeit des MCUs. Wenn dann aber mal etwas anderes serviert wird, ja dann schmeckt es irgendwie doch nicht.

                                        Es ist erschreckend, dass jene Einschätzung nicht von verwöhnten Fans und Zuschauern der über 25 Filme kommt, sondern von „professionellen“ Filmkritikern, die Disney und Marvel nun in einem Zug in allem bestätigen, was die Kinolandschaft schon seit Jahren bestimmt. Bravo. Nun gut, hat es diesen „Widerstand“ gegen die Dominanz und Gleichförmigkeit des MCUs und Superhelden-Kinos wirklich in seiner Breite gegeben? Wahrscheinlich nicht, wenn man bedenkt, wie gut selbst ein Totalschaden, wie „Avengers: Endgame“, „Black Panther“ oder „Captain Marvel“ auf solchen Rating-Plattformen performt haben. Das Publikum ist hier sogar meist kritischer als die „Kritiker“, also wer genau ist eigentlich an besagter Gleichförmigkeit interessiert…

                                        „Eternals“ ist ein langer, aber keineswegs langweiliger Film. Wer sich durch drei Stunden „Avengers: Endgame“ quälen kann oder grundsätzlich einer Narrative folgen kann, die nicht alle paar Minuten durch einen ironischen Spruch die Stimmung erheitert, der kann „Eternals“ gar nicht langweilig finden. Generell wäre das für einen Chloé-Zhao-Film nichts Neues. Sie erzählt normalerweise andere Geschichten, deutlich langsamere und intimere Filme. Ja, „Eternals“ benötigt einige Zeit, um wirklich in Fahrt zu kommen.

                                        Ebenso beinhaltet der Film nicht den typischen Sympathieträger als Protagonisten oder den geerdeten, „relatable“ Charakter, in den man sich jeder Zeit hineinversetzen kann. Auch an den vielen Witzen und One-Linern fehlt es weitestgehend (obwohl die noch in den Trailern erzwungenen Witze im Film deutlich besser funktionieren). Und an Actionsequenzen mangelt es grundsätzlich nicht, aber für MCU-Verhältnisse ist Zhaos Stil eben dennoch verhältnismäßig ruhig und Charakter-fokussiert. Alle fünf Minuten bekommt man hier sicherlich nicht Aufregung und Action geboten, wodurch der gewohnte Entertainment-Faktor natürlich stellenweise fehlt. Aber wenn all diese Kriterien nun schon über Langeweile entscheiden, dann sieht es für die Zukunft des Kinos nicht besonders gut aus.

                                        „Eternals“ fühlt sich nicht wie ein klassischer Marvel-Film an. Das ist gut und dafür wurde es endlich mal Zeit. Genau das fordern und wollen wir doch alle. Und trotzdem gehen dadurch natürlich so manch gewohnte Stärke oder Erzählweisen verloren. Chloé Zhao kann aus der berühmten Formel ausbrechen, erzählerisch wie auch inszenatorisch. Das gelingt ihr nicht perfekt, das verhindert nicht legitime Schwachstellen und Kritikpunkte, aber bringt doch endlich mal frischen Wind in die ganze Franchise-Reihe.

                                        Optisch und inszenatorisch ist „Eternals“ durchaus ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist deutlich zu spüren, dass Chloé Zhao tatsächlich viel mehr echte Sets zur Verfügung gestellt wurden, wodurch das Gesamtbild des Films schon allein anders ist und sehr real wirkt. Trotz der offensichtlichen CGI-Sequenzen und Spielereien, wie Szenen im Weltall, die Kräfte der Eternals oder die digitalen Deviants hebt sich der Film daher deutlich vom digitalen Greenscreen-Einheitsbrei vieler anderer MCU-Filme ab.

                                        Andererseits gelingt Zhao aber keine nennenswerte eigene Bildsprache oder ein besonders auffallender Stil. Auch „Eternals“ ist phasenweise farblich so platt und grau wie das MCU in den letzten Jahren schon so häufig war. Und an möglichst kreativen oder intelligenten Einfällen mangelt es Zhao ebenfalls, wenn der Plot mal vorangebracht werden soll. Das macht sich allein daran bemerkbar, dass „Eternals“ ganz ungewohnt mit einer längeren Texttafel beginnt, um erstmal die Basics dieser ambitionierten Geschichte zu erklären. Später folgen dann weitere etliche lange Erklär-Dialoge, um Sinn und Hintergrund der Handlung näherzubringen.

                                        Dafür sticht „Eternals“ erzählerisch mehr heraus, denn hier geht der Film tatsächlich andere Wege. Das liegt nicht nur am ungewohnten „Pacing“, sondern auch an der Verabschiedung von den vorhersehbaren und auszuzählenden drei Akten jedes MCU-Films, dem typischen 0815-Bösewicht oder dem klassischen CGI-Action-Finale. Denn „Eternals“ ist im Wesentlichen ein Film, der sich allein um die Mitglieder des besagten Helden-Teams dreht. Die Deviants als CGI-Monster-Antagonisten sind fast schon irreführend und spielen keine allzu relevante Rolle im Film. Daher ist es auch so überraschend, dass der Film vielerorts für die flachen, langweiligen Charaktere kritisiert wird. Klar ist, dass es sich nicht um die geerdeten Sympathieträger handelt, die man von anderen Marvel-Filmen gewohnt ist und die alle paar Minuten einen guten Spruch auf Lager haben.

                                        Auch die Performances müssen nicht jedem gefallen (besonders Richard Madden spielt tatsächlich sehr kühl und hölzern). Aber der Film handelt allein von den Eternals und wie sie mit ihrer Situation, ihrer Aufgabe und ihren Rollen umgehen. Daher wird der Film auch ab der zweiten Hälfte und dann spätestens dem Finale so stark, weil die Figuren mit sich selbst und mit tief moralischen Fragen herausgefordert werden. Es gibt keinen klassischen Bösewicht, sondern letztlich handelt es sich um moralische Dilemmas, die es zu lösen gilt. Besonders dann, wenn Helden mit moralisch fragwürdigen Themen konfrontiert werden, dann entfaltet das Genre oftmals seine Stärken. Mit ähnlichen Fragen spielte im Übrigen auch „Infinity War“, welche dann aber leider für „Endgame“ vollständig ignoriert und für eine drei stundenlange Witzvorstellung geopfert wurde (aber gut, der hatte eben genug Witze und Dabs, was gleichbedeutend mit 94 % auf Rotten Tomatoes ist).

                                        „Eternals“ gelingt das nicht perfekt. Ja, der Film hat zu viele Charaktere, kann selbst in seinen zweieinhalb Stunden kaum tiefgründig genug sein und beantwortet seine eigenen Fragen auf zu einfache Weise, ohne sie wirklich ausreichend diskutieren zu können. Aber den Film als „langweilig“ und „schlecht“ abzustempeln, weil er die typische Formel nicht erfüllt, nicht die gewohnten Charakterisierungen und den gewohnten Marvel-Unterhaltungsfaktor erhält, das wird „Eternals“ keineswegs gerecht.

                                        Der Witz daran ist, dass ich es den Fans und regulären Kinobesuchern gar nicht mal übelnehmen würde. Stattdessen kommen diese Ansichten von den Kritikern und all den Leuten, die seit Jahren über Superhelden-Müdigkeit klagen und vom berühmten MCU-Einheitsbrei sprechen. Jetzt macht Marvel mal etwas anders, erfüllt dabei gewohnte Kriterien nicht und schon wird der Film abgestraft.

                                        Und schon fühlt sich Disney wieder bestätigt: „Warum sollten wir je etwas Neues oder Anderes versuchen?“ Die Menschen bekommen eben doch das, was sie verdienen, denn sie schaufeln sich ihr eigenes Grab. Wer „Eternals“ langweilig findet oder als einer der schlechtesten MCU-Filme betrachtet, der bestätigt nicht nur Marvel in allem, sondern bedroht das Kino in seiner Diversität und Kreativität.

                                        Fazit: „Eternals“ gehört nicht zu den besten MCU-Filmen, aber beweist doch eindrucksvoll, dass das Franchise noch zu eigenständigen kreativen Impulsen fähig ist. Chloé Zhao inszeniert einen großen, epischen und ambitionierten Film über Superwesen und die Ursprünge des Marvel-Universums. Das gelingt ihr nicht perfekt, aber doch auf bemerkenswerte Weise.

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                                          Also wenn das der schlechteste MCU-Film sein soll – laut professionellen, deutschen wie internationalen Kritikern (!), nicht laut den regulären Zuschauern oder den Fans –, dann steht es nicht nur schlecht um das Kino, nein, dann sieht die Lage sogar dramatisch aus.

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                                            „Cowboy Bebop“ ist ein Anime-Klassiker, der mir bis vor kurzem noch nichts gesagt hätte. Vieles kennt man zumindest vom Hörensagen, aber diese Serie war mir bis vor wenigen Wochen fremd. Dass die Serie damals nur auf MTV ausgestrahlt wurde und noch dazu eine FSK 16 besitzt, trug vermutlich dazu bei (eine große Zielgruppe erreicht man so natürlich nicht). Nun bin ich aber doch froh „Cowboy Bebop“ nachgeholt zu haben, denn die zunächst seltsame Mixtur aus Space-Western, Noir und Anime hat mir sehr gut gefallen.

                                            Dazu kommt ein Verbund aus Charakteren, die zwar nicht besonders tiefgründig sind, aber zwischenzeitlich immer genügend Aufmerksamkeit und Hintergründe erhalten, wodurch das beständige „Mission-of-the-week“-Schema passend ergänzt wird. Hier zeigt sich das Science-Fiction-Genre mal wieder als besonders wandelbar und vielfältig, denn die Themen und Geschichten sind genauso kreativ und unvorhersehbar wie insgesamt die spannende, abwechslungsreiche Welt.

                                            Es gibt im Mittelteil zwar auch mal schwächere Episoden und der Seriencharakter von jeweils einer Mission pro Folge (bei nur á 24 Minuten) bekommen den interessanten Geschichten nicht immer gut. Es gibt tatsächlich nur zwei Doppelfolgen, wodurch nicht alle Themen auserzählt wirken und ihrem möglichen Potenzial gerecht werden.

                                            In ihrer Ausrichtung ist „Cowboy Bebop“ dennoch so stilsicher wie auch faszinierend erzählt. Jeder Charakter erhält genügend Fleisch, aber muss auch nicht bis ins kleinste Detail auserzählt werden. Gerade die Vergangenheiten von Spike und Faye bleiben gleichermaßen spannend wie geheimnisvoll. Vieles wird in kurzen Bildern nur angedeutet. Hinzu kommt die tolle Inszenierung, der es mit einer Kombination aus Bild und Musik immer wieder gelingt hervorragende Sequenzen darzustellen.

                                            So findet die Serie mit ihren kurzweiligen 26 Episoden auch ein zügiges Ende. Mit der Bebop-Crew hätte man sicherlich noch dutzende weitere Abenteuer erzählen können. Aber der Anime findet einen guten, sogar melancholischen Abschluss, der die Charakter-Arcs befriedigend abschließt oder passend zum Beginn der Serie in der Schwebe lässt.

                                            „Cowboy Bebop“ ist wirklich ein ganz eigener Genre-Mix mit vielen coolen und seltsamen Ideen, witzigen und verschiedenen Charakteren und weiß seine Inspirationen sowie Einflüsse gekonnt zu verknüpfen und damit zu einer eigenen, kurzweiligen Komposition zu formen.

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                                              Altmeister Ridley Scott inszeniert wieder einen Historienfilm. Er ist einer der wenigen, der heutzutage noch das Mittelalter und die Antike auf die große Leinwand bringt. Sei es durch „Gladiator“, „Königreich der Himmel“ oder „Robin Hood“, Scott erhält vielleicht nicht immer die besten Drehbücher, aber inszenatorisch können ihm nur wenige etwas vormachen. Dieses Mal passt sowohl die Inszenierung, als auch die Geschichte.

                                              Denn u.a. Matt Damon und Ben Affleck haben nach über 20 Jahren wieder gemeinsam ein Drehbuch verfasst. Und einmal mehr basiert der Stoff auf einer wahren Begebenheit, zumindest auf dem, was nach mittelalterlichen Quellen überliefert ist.

                                              „The Last Duel“ baut auf dem gleichnamigen Roman eines Mittelalter-Historikers auf. In Frankreich des 14. Jahrhunderts trugen zwei Junker eines der letzten Duelle bzw. Gerichtskämpfe aus. Wenn ein Rechtsstreit gerichtlich nicht lösbar war, dann gab es die Möglichkeit auf ein endgültiges Gottesurteil durch einen Zweikampf. Obgleich seiner Abschaffung fand die Überführung in das neuzeitliche Duell (dann meist mit Schusswaffen) noch bis ins frühe 20. Jahrhundert Anwendung.

                                              Aber „The Last Duel“ ist kein „Gladiator 2“, kein weiteres, romantisiertes Heldenepos. Stattdessen inszeniert Scott eine gezielte Dekonstruktion seines geliebten Genres und erzählt zeitgleich eine Geschichte, die moderner nicht sein könnte. Dabei wieder, wie von ihm gewohnt, audiovisuell hervorragend umgesetzt, obwohl dieses Mal die Cleverness des Drehbuchs das Inszenierte übertrifft.

                                              Das besondere Merkmal von „The Last Duel“ ist nicht die mittelalterliche Action, sondern die Geschichte dahinter. Und das erzählt der Film in Form von drei verschiedenen Perspektiven. Deutlich in drei Figuren, in drei Akte unterteilt, werden nach und nach die Sichtweisen von drei Protagonisten präsentiert: von Jean de Carrouges, Jacques Le Gris und Marguerite de Carrouges.

                                              Alle drei werden großartig von Matt Damon, Adam Driver und Jodie Comer repräsentiert (Jodie Comer ist eine kleine Neuentdeckung für mich, erst zuletzt spielte sie an Ryan Reynolds Seite in „Free Guy“). Das erinnert selbstverständlich an Kurosawas Klassiker „Rashomon“. Dadurch erfindet der Film nichts neu, aber erzählt die Geschichte auf eine interessante und wirkungsvolle Weise.

                                              „The Last Duel“ ist nicht so direkt wie „Rashomon“, nicht so explizit und eindringlich, aber dafür doch realistisch und feinfühlig. „Rashomon“ erzählt von der Wahrheit, der subjektiven Wahrheit; der Wahrheit, die es vielleicht gar nicht geben kann, weil alles und jeder sie anders wahrnimmt. Dabei sind die Geschichten jedoch auch derart überzeichnet in ihrer Verschiedenheit, dass doch alle drei Perspektiven offenbar erlogen und ohne versöhnlichen Mittelweg sind.

                                              „The Last Duel“ erzählt hier subtiler, nachvollziehbarer, und eben auch überwiegend glaubhaft. Alle drei Perspektiven sind ganz klar das: Perspektiven. Der eine heroisiert sich vielleicht zu stark, der andere bildetet sich in hin und wieder nur etwas ein. Aber es bleiben überwiegend glaubhafte Momente, die in einer einzigen, unumstößlichen Wahrheit münden.

                                              Dazu stößt eine dritte Perspektive: die der Frau. An der Stelle bricht der Film seine historische Grundlage fast schon auf ironische Art, denn einzig die Sichtweise der Marguerite ist der originelle Teil des Drehbuchs, nämlich überwiegend frei erfunden. Niemand weiß, ob sie die Wahrheit gesagt hat oder nicht, denn dazu sagen die Quellen nichts aus.

                                              Aber darum geht es auch nicht, denn die Geschichte der Menschheit blendet die Sichtweise der Frauen zu oft aus, weswegen ihre Perspektive nicht überliefert werden konnte. Stattdessen geht es um die Aussage und die ist so modern wie aktuell, trifft genau den Zeitgeist, hat ihren perfekten Zeitpunkt vielleicht sogar um ein paar Jahre verpasst.

                                              „The Last Duel“ erzählt von einer Vergewaltigung aus drei Perspektiven. Adam Drivers Jacques wird von Jodie Comers Marguerite der Vergewaltigung angeklagt. Und sowohl die beiden, als auch Matt Damons Jean erzählen die Abläufe davor, danach und währenddessen aus ihrer subjektiven Perspektive. Das gelingt „The Last Duel“ auf eine Art, die ihn gar nicht mehr so mittelalterlich erscheinen lässt, als man zunächst annehmen könnte.

                                              Es geht weniger darum, was wahr ist und was nicht. Was wird geglaubt? Wem wird es geglaubt? Wie geht die Gesellschaft damit um? Und warum geht sie so damit um? Die drei Drehbuchautoren Affleck, Damon und Nicole Holofcener gelingt dadurch eine eindrückliche Metapher auf Zustände, die nicht so veraltet sind, wie wir es uns wünschen würden. Damit inszeniert Ridley Scott ein bedeutendes Plädoyer für die Rechte und Stimmen der Frauen und dekonstruiert ausgerechnet seine einstigen geliebten Rittergeschichten von Mut, Ehre und Heldentum.

                                              Was dabei im Gegensatz zu „Rashomon“ verloren geht, ist die Stringenz, die Einheitlichkeit, eine durchweg verbindende Erzählweise. Denn obwohl die drei Perspektiven von derselben Geschichte handeln, verifizieren sie (oder eben nicht) nur auszugsweise die Perspektive des jeweils anderen. So findet die Geschichte Jacques Le Gris größtenteils an Orten statt, an denen Jean und Marguerite de Carrouges gar nicht waren. Und Marguerite tritt der Geschichte zu einem Zeitpunkt bei, als die der zwei männlichen Protagonisten schon zu einem Drittel erzählt ist. Somit bleibt vieles dem Zuschauer überlassen.

                                              Wann stimmt etwas, wann nicht? Wann beschönigt jemand etwas, wann nicht? Freilich kommt man selbst bei jeder neuen Szene auf den Gedanken, dass der jeweilige Protagonist sein Können und Wissen vermutlich übertrieben darstellt. Aber es wird eben (leider) nicht immer in einen anderen Kontext gestellt.

                                              Manchmal werden auch Szenen, in denen zwei der Protagonisten vorkamen, nur aus einer Sichtweise erzählt, wodurch offenbleibt, ob die Szene überhaupt existiert hat. Deswegen ist „The Last Duel“ etwas zu sehr zerstückelt und sprunghaft. Viele Kritiken sprechen auch von einem repetitiven Charakter, dem ich allerdings widersprechen würde. Dafür nehmen die drei Perspektiven zu selten exakt denselben Verlauf, wie die jeweils anderen.

                                              Ich bin mir nicht immer sicher, ob das clever oder eine vertane Chance ist. Zwei Beispiele: In beiden Perspektiven von Jacques und Jean retten der jeweils andere seinem Freund das Leben. Aber nur in der Perspektive von Jean bedankt sich der Freund auch für diese Tat. In Jacques Sichtweise wird diese Szene nicht mehr aufgegriffen. Also wer hat jetzt wen gerettet? Oder hat es diese Szene vielleicht gar nicht gegeben, weil sie bei Jacques nicht vorkommt?

                                              Vielleicht kommt sie aber auch absichtlich nur bei Jean vor, weil seine Sicht die Freundschaft zu Jacques insgesamt sehr stark betont. Im Gegensatz dazu werden bei Jacques Sicht die meisten freundschaftlichen Szenen gestrichen, was erahnen lässt, dass er die vermeintliche enge Freundschaft zu Jean gar nicht oder zumindest anders wahrgenommen hat.

                                              Ein weiteres Beispiel betrifft die Treffen zwischen Jacques und Marguerite. Zu einem festlichen Anlass trifft Jacques sie an einem Büfett-Tisch und flirtet mit ihr. Während der Perspektive von Marguerite wird diese Szene allerdings nicht mehr aufgegriffen. Hat sie also jemals stattgefunden? Wäre es nicht interessant gewesen, wie Marguerite diese vermutlich durch Jacques Sicht stark romantisierte Szene wahrgenommen hat? Oder hat er sie gar nicht wahrgenommen, vielleicht sogar nur erträumt, wie bereits eine andere Szene zwischen Marguerite und ihm?

                                              Es ist generell eine clevere Gegenüberstellung, dass Marguerite später im Gerichtsprozess gefragt wird, ob sie ihre Vergewaltigung nur erträumt hat. Im Gegenteil: Jacques ist derjenige, der träumt und sich oftmals Dinge einzubilden scheint, gar ignoriert.

                                              Wie dem auch sei, „The Last Duel“ gelingt eine starke Geschichte über Ehre und Egoismus, über eine unfreie Welt, in denen es nur wenigen adligen Männern gut ergeht und allen Frauen miserabel schlecht. Und dabei ist der Film zeitgleich eine Metapher auf die heutige Welt, auf soziale Strukturen, die es Jahrhunderte lang gab und teilweise immer noch gibt; über ein System, was zu selten hinterfragt, zu selten andere Perspektiven zulässt; über Menschen, die Opfer der eigenen Gesellschaft und ihres Ehrgefühls sind.

                                              „The Last Duel“ ist auch ein Appell an die unabhängige Gerichtsbarkeit; die von Gefühlen und Emotionen befreite Wahrheit, die so objektiv wie möglich alle Fakten begutachtet und zu einem fairen Urteil gelangt. Nicht nur die verhandelte Vergewaltigung im 14. Jahrhundert erscheint überraschend relevant. Auch der Austragungsort des Urteils ist so mittelalterlich wie aktuell: Kapituliert vor der Gerichtsbarkeit treffen die zwei männlichen Protagonisten in einer Duell-Arena aufeinander, umgeben vom Pöbel und belustigten Adel. In einer Arena der Öffentlichkeit schlagen sich zwei Figuren bis zum letzten Atemzug und vor Gottes Augen die Köpfe ein.

                                              Wem wird geglaubt und warum? Wie ist man zu seinem Urteil gekommen und wodurch? Und inwiefern berechtigt das jemanden, sein Urteil auch zu äußern? In gewisser Weise ist dieses mittelalterliche Schauspiel gar nicht so mittelalterlich. Es wird heutzutage nur anders und woanders ausgetragen. Im öffentlichen Raum, in dem jeder sich seine eigene Faktenlage zurecht sucht und damit angemessen oder unangemessen (ver-)urteilt.

                                              Fazit: „The Last Duel“ ist nicht perfekt erzählt, aber in seinen Themen erschreckend aktuell und intelligent. Ridley Scott inszeniert in seiner späten Karriere einen Film, der sein geliebtes Rittergenre dekonstruiert und womit er sich nochmal neu erfinden kann. Das basiert auf dem tollen Drehbuch von Affleck, Damon und Holofcener, denen es gelingt eine spannende, wie hochrelevante Geschichte zu schreiben, die im Stile mehrere Perspektiven nicht immer optimal ausbalanciert ist, aber im Kern ein faszinierendes Bild über Perspektiven und Wahrheiten zeichnet.

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                                                In dieser Animationsserie hätte so viel Potenzial gesteckt, was leider zu keinem Zeitpunkt ausgeschöpft wird. Die einzelnen Episoden sind bis auf wenige Ausnahmen mit schwachen bis mittelmäßigen Geschichten ausgestattet, die weder eine spannende Alternative präsentieren, noch dem Konzept sowie den theoretischen Möglichkeiten gerecht werden.

                                                „Was wäre, wenn?“ könnte so viel bieten, aber stattdessen fallen Marvel mit ihren 25 Filmen kaum etwas Erzählenswertes ein. Nein, die Serie scheint das Prinzip des Szenarios nicht mal verstanden zu haben. In „Was wäre, wenn“-Geschichten folgt man dem bekannten Pfad und biegt irgendwann an einer vielversprechenden Stelle links oder rechts ab. Was wäre, wenn Bösewicht X gewonnen hätte? Was wäre, wenn Charakter Y hier gestorben wäre? Was wäre, wenn Held Z ein Bösewicht geworden wäre?

                                                Stattdessen ziehen sich die Autoren wahllos und sinnbefreit irgendwelche Alternativszenarien aus den Fingern, die von ihrer Prämisse her gar nicht ins MCU passen: Was wäre, wenn Yondu nicht Peter Quill, sondern T'Challa gefunden hätte? Andere Frage: Warum sollte er? Was wäre, wenn Killmonger Tony Stark gerettet hätte? Nochmal: Warum hätte das je passieren sollen und was ist an der Geschichte interessant? Wenn es nach solchen zufälligen und zusammengewürfelten Konstellationen geht, dann hätte man auch fragen können: Was wäre, wenn die Avengers Teletubbies gewesen wären? Immer wieder wirft „What If…?“ mit solchen seltsam konstruierten Prämissen um sich, die nicht mal im Ansatz interessant sind.

                                                Selbst in der Theorie spannendere Fragen, wie „Was wäre, wenn die Welt ihre mächtigsten Helden verloren hätte?“ werden durch komisch konstruierte Wendungen aufgelöst, die sich niemals so im MCU angedeutet haben. Zugegeben gibt es in der vierten und achten Folge einige Lichtblicke. Die „Dr. Strange“-Geschichte – wenn ebenfalls komisch konstruiert – schafft es tatsächlich eine durchaus emotionale und mitreißende Alternativhandlung vorzuweisen. Dazu kommt das Alternativszenario zu „Avengers 2“, d.h. „Was wäre, wenn Ultron gewonnen hätte?“. Das richtige „Age of Ultron“ also.

                                                Und dennoch mischen sich dazwischen wieder andere Prämissen, die so enttäuschend und uninspiriert sind, dass man gar nicht mehr weiterschauen möchte. Wen interessiert es, dass Peggy Carter zu Captain America hätte werden können, wenn die Handlung dann fast genauso wie der Film abläuft? Wen interessiert es, Thor als Einzelkind zu sehen? Bis auf die Tatsache, dass Thor dadurch mal wieder zum Trottel degradiert wird, erfährt man nichts Neues über die Figur.

                                                Dazu kommt ein Animationsstil, der im Vergleich zu „Visions“ (oder jeder anderen halbwegs vernünftig animierten Serie nach modernen Standards) ebenso enttäuscht. Immer im gleichen gähnendem „Cel Shading“-Look präsentiert Marvel’s neue Animationssparte den wohl unkreativsten Umgang mit dem Medium, den man hätte wählen können. Eigentlich ist die Serie im direkten Vergleich kaum ansehbar.

                                                Anstatt verschiedene, interessante Ansätze für die Optik und die Narrative zu ergründen, verschwimmt Marvel’s Ansatz mal wieder im gewöhnlichen Einheitsbrei. Und da darf es, typisch MCU, natürlich auch nicht fehlen, dass am Ende alle Fäden zu einem großen Crossover-Finale zusammenlaufen. Natürlich konnten/durften hier nicht mal neun unterschiedliche, unabhängige und originelle Einzelschicksale erzählt werden – nein, am Ende ruft es wieder laut „Franchise!“ aus der Ecke. Sehr Schade, Marvel.

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                                                • 7 .5

                                                  Mit „Star Wars: Visions“ steht auf Disney+ schon das nächste Star-Wars-Projekt in den Startlöchern. Nach Animationsserien wie „The Clone Wars“ und „The Bad Batch“, Live-Action-Serien wie „The Mandalorian“ und den zahlreichen Kinofilmen ist „Visions“ sicherlich das frischste und mutigste Konzept des Star-Wars-Franchise, seitdem Disney vor fast zehn Jahren die Schirmherrschaft übernommen hat. Bei der Serie hat Lucasfilm nun mit sieben japanischen Anime-Studios zusammengearbeitet (darunter mit u.a. Production I.G nicht gerade No-Names) und ihnen im Stile einer Anthologie-Serie für neun Kurzfilme offenbar vollständige kreative Freiheit gelassen. Daraus ergeben sich neun ganz eigenständige und originelle Geschichten, die in einem immer anderen Zeichenstil gehalten sind und mit teils irrwitzigen Handlungsverläufen begeistern.

                                                  Die neunmal 14-23-minütigen Folgen gehören daher auch nicht in den offiziellen Kanon, obwohl sich die meisten Folgen durchaus in die Zeiten der drei Filmtrilogien einordnen lassen. Ebenfalls neu: Alle Folgen erscheinen – wie mittlerweile fast nur noch für den Konkurrenten Netflix typisch – auf einen Schlag. Nicht neu: Die Folgen sind nicht nur in ihren Stilen, sondern auch in ihrer Qualität stark schwankend. Vermutlich wird jeder mit der einen oder anderen Folge nichts anfangen können, während man bei wieder anderen Folgen fast traurig ist, dass daraus nicht gleich eine selbstständige Serie entstanden ist.

                                                  Zu meinen Favoriten dieser (ersten?) Staffel zählen daher Folge 1, 5, 7 und 8.

                                                  „Das Duell“ legt zum Einstieg gleich mal ein visuelles Brett vor und ist optisch wohl die auffälligste Folge der Serie. Ganz im Stile von Akira Kurosawa und den alten Samurai-Filmen erzählt „Das Duell“ von einem nicht näher ergründeten Samurai/Jedi/Sith-Krieger, der ein Dorf vor einer Gruppe Angreifer beschützen muss. Filme wie „Yojimbo“ und „Seven Samurai“ lassen grüßen. Dabei besticht die Folge nicht nur durch ihren einzigartigen Stil, sondern auch durch ihre Actionszenen und Motive.

                                                  Die erzählerisch umfangreichste und vielleicht interessanteste Folge trägt den Titel „Die neunte Jedi“, welche in einem konservativeren Zeichenstil die Geschichte von einem jungen Mädchen erzählt. Als sie durch ihren Vater, einem Lichtschwertschmied, in die mögliche Wiederauferstehung des Jedi-Ordens und deren Kampf gegen die Sith verwickelt wird (anscheinend ist die Handlung irgendwann nach Episode IX angesiedelt), muss sie sich schon bald selbst als potenzielle Jedi beweisen. Was die Handlung betrifft, würde diese Folge wohl den besten Ansatz für eine Fortsetzung bieten.

                                                  Ebenfalls gelungen ist die siebte Folge. „Der Alte“ erzählt von einem Jedi-Meister und seinem Padawan und ist vermutlich noch vor „Episode I: Die dunkle Bedrohung“ zu verorten. Beide landen auf einem abgeschiedenen Planeten, auf dem sie die Anwesenheit eines dunklen Machtnutzers wahrnehmen. Obwohl der Kampf sehenswert ist, überzeugt vor allem die Dynamik der beiden Jedi, welche stark an Qui-Gon und Obi-Wan oder – in einem Alternativuniversum – an Qui-Gon und Anakin erinnert.

                                                  „Lop & Ochō“ gefiel mir ebenso. Während des galaktischen Bürgerkriegs nehmen ein Vater und seine Tochter ein von den imperialen Truppen unterdrücktes Waisenmädchen auf. Jahre später gehört sie wie eine zweite Tochter zur Familie, aber die Familiendynamik eskaliert, als sich der Vater gewalttätig gegen das Imperium wenden möchte. Die Dynamik der beiden Schwestern erinnert später nicht zufällig an die Beziehung von Obi-Wan und Anakin. Denn nahezu alle dieser Folgen variieren verschiedene Themen, die bereits die Film-Saga bestimmten. Das Gute gegen das Böse, Heldenreise und Bestimmung, Verrat und Tragik sowie vieles mehr.

                                                  Hier und da gibt es aber auch ganz ausgefallene Ideen. In der Regel widerspricht dabei der Stil, das Artdesign oder bestimmte Einzelentscheidungen gegen eine Integrierung in den offiziellen Kanon. Die meisten Geschichten sind jedoch klar in der Zeitlinie zu verorten und überschreiben nicht bereits erzählte Ereignisse. Lucasfilm möchte sich hier natürlich nicht festnageln lassen. So ist z.B. Folge 3 „Die Zwillinge“ irgendwann nach Episode IX angesiedelt und erzählt dabei von zwei Geschwistern der dunklen Seite. Prinzipiell nichts Abwegiges, aber den Kanon möchte man sich gerade in diese Richtung möglichst offenhalten. Auch mit dem Stil muss man erstmal warmwerden und der Tatsache, dass die Folge in guter, alter Rian-Johnson-Manier alle etablierten Regeln des Universums bricht (aufgrund der überdrehten Inszenierung aber verzeihbar).

                                                  Wieder anderes ist gleichermaßen harmlos wie erzählerisch unspektakulär: „Tatooine Rhapsodie“ erzählt in der zweiten Folge von einem jungen Jedi und seiner Rock-Band, die irgendwann nach Order 66 von Boba Fett verfolgt wird. Hier wird als einziges auf bekannte Figuren des Universums zurückgegriffen und die Erzählung könnte man sich als kleine Nebengeschichte des berühmten Kopfgeldjägers durchaus vorstellen.

                                                  „Die Braut des Dorfes“ wird derweil, meinen Eindrücken zufolge, auch schon von einigen Fans als einer der Favoriten gehandelt. In der vierten Folge landen eine Jedi und ein Forscher auf einem abgeschiedenen Planeten, der nach Order 66 von einer Gruppe unterdrückt wird, die aussortierte Kampfdroiden für sich nutzen. Der Kern der Folge ist dabei vor allem die Naturverbundenheit des einheimischen Volkes, von denen zwei Charaktere über eine ähnliche oder nur anders genannte Kraft wie die Macht verfügen. Als der Konflikt mit der feindlichen Gruppe eskaliert, greifen die Jedi und ihr Begleiter in das Geschehen ein und retten das einheimische Volk. Erzählerisch bleibt dabei am Ende viel in der Luft hängen, weil die Naturverbundenheit sowie die Mission der Jedi-Kriegerin und des Forschers gleichermaßen unergründet und die Aussage der Folge schwammig bleibt.

                                                  Die zwei schwächsten Folgen der bisherigen Serie kommen aber leider von demselben Studio. Folge 6 „T0-B1“ und Folge 9 „AKAKIRI“ sind zwar stilistisch einzigartig, aber in ihrer Geschichte unausgereift. „T0-B1“ erzählt von einem menschenähnlichen Droiden und einem Forscher, die (scheinbar ebenfalls nach Order 66) auf einem einsamen, abgelegenen Planeten leben. Der namensgebende Droide der Folge möchte dabei zu einem Jedi werden und muss sich schon bald dem Kampf stellen, als seine Heimat von einem Sith-Inquisitor entdeckt wird. Obgleich des süßen Zeichenstils beinhaltet die Geschichte aber leider keine eigenständige Note. Dass ein humanoide Droide über ein scheinbar eigenes Bewusstsein verfügt und als potenzieller Jedi sogar Zugriff auf die Macht hätte, wird nie ergründet oder gar gefragt. Potenzial verschenkt.

                                                  Dagegen ist „AKAKIRI“ die stilistisch wohl schwächste Folge. Die Geschichte kann dabei ebenfalls nicht wirklich überzeugen, auch wenn wieder mit einigen Kurosawa-Referenzen gespielt wird („The Hidden Fortress“). Gerade das Ende wirkt unstimmig und unbefriedigend, auch wenn hier thematisch wieder durchaus spannende Anlehnungen an die Film-Saga zu finden sind.

                                                  Ein Problem haben die meisten Folgen: Sie funktionieren weniger als Kurzfilme, sondern wie jeweils individuelle Pilotfolgen einer noch kommenden Serie. Dass Fragen offengelassen werden, ist zwar teilweise spannend, aber die häufigen Cliffhanger und unvollendeten Handlungsstränge sind dann oftmals doch eher ernüchternd. Dennoch bleibt zu hoffen, dass dies nicht ein einmaliges Experiment bleibt. Star Wars und Anime passt grundsätzlich hervorragend zusammen, nicht nur, weil George Lucas ohnehin stark von der japanischen Kultur beeinflusst wurde.

                                                  Besonders visuell sind die Folgen immer wieder richtig spannend und gelungen umgesetzt. Wenn nicht schon geschehen, wäre es eine echte Überlegung wert, wenn Lucasfilm mal eines dieser Studios frei heraus eine zusammenhängende Serie anvertrauen würde. Müsste ja ebenfalls nicht zwingend Kanon sein. Eins zeigt sich nämlich: Star Wars braucht diese frischen, experimentellen Ansätze. Und gerade Disney+ bietet jetzt die ideale Plattform. Dafür könnte man sich dann die nächsten x Staffeln „The Bad Batch“ und den einen oder anderen Mandalorian-Ableger sparen.

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                                                  • Bei diesem Film hängt alles von Part II ab, der, was man so vom Buch hört, ja definitiv (noch mehr) überzeugen soll. Denn was Grund 2 betrifft, muss ich auch sagen, dass mich "Dune" emotional recht kaltgelassen hat. Der Film war groß, die Welt interessant, die Inszenierung hervorragend, aber besonders spannend, emotional oder mitreißend empfand ich die Geschichte nicht. Aber Part I ist eben auch nur Prolog. Wenn Part II kommt, dann wird sich da (hoffentlich) ein nochmal ganz anderes Gesamtbild ergeben. Aber ja, ein Meisterwerk war dieser Film nun nicht.

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