luis345 - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
The BondsmanThe Bondsman ist eine Actionserie aus dem Jahr 2025 von Grainger David mit Kevin Bacon und Jennifer Nettles.+24 Kommentare
-
AdolescenceAdolescence ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Stephen Graham und Jack Thorne mit Stephen Graham und Owen Cooper.+20 Kommentare
-
The White LotusThe White Lotus ist eine Drama aus dem Jahr 2021 von Mike White mit Jennifer Coolidge und Natasha Rothwell.+14 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
Ghost in the Shell II - Innocence320 Vormerkungen
-
Mission: Impossible 8 - The Final Reckoning177 Vormerkungen
-
From the World of John Wick: Ballerina151 Vormerkungen
Alle Kommentare von luis345
Das wäre viel mehr die perfekte erste Folge für die dritte Staffel von "The Mandalorian" gewesen. Obwohl es eine gute Folge war, wirkt es irgendwie unpassend und unnötig so viel von Din Djarins Geschichte inmitten von Boba Fetts Geschichte zu quetschen. Und leider zeigte es auch auf brutale Weise auf, wie unterdurchschnittlich "The Book of Boba Fett" ist und wie langweilig sein Protagonist tatsächlich ist. In fast jeder Szene dachte ich mir: Genau das müsste eigentlich Boba Fett sein. Sein Auftritt, sein Handeln, seine Haltung - Perfekt. Jetzt hat man allerdings schon Mando eingeführt (natürlich enorm stark von Boba Fett inspiriert) und weiß nicht mehr, was man noch mit dem Original anstellen soll. Wenn man es nicht weiß, dann sollte man vielleicht auch keine halbgare, langweilige Serie über den einst legendären Kopfgeldjäger machen.
Hat Warner Bros. dazu gelernt oder haben Filme, wie "Avengers: Endgame" tatsächlich die Erkenntnis reifen lassen, dass auch lange Filme erfolgreich sein können? Ich erinnere mich noch gut daran, dass Zack Synder seinen dreistündigen Cut von "Batman v Superman" um 30 Minuten kürzen musste. Und das nicht zum Wohle des Films.
Letztlich sogar konsequent zu Star Wars, dass die beiden immer noch auf demselben Planeten in derselben Station hausen. Das betont erneut das filmische Motiv, welches George Lucas mit seiner ersten "Trilogie" (THX 1138, American Graffiti, Star Wars) ausdrücken wollte.
„If one is to understand the great mystery, one must study all its aspects, not just the dogmatic narrow view of the Jedi. If you wish to become a complete and wise leader, you must embrace a larger view of the Force.“
Dieses Zitat aus „Revenge of the Sith“ passt nicht nur, weil die vierte Staffel den Film an einer Stelle selbst zitiert, sondern auch, weil es „Cobra Kai“ thematisch nochmal stärker entspricht, als in den vergangenen Staffeln: der Blickwinkel aller Seiten und die Anerkennung jener. Wie keine andere Staffel ist die Vierte aus der heutigen Sicht ein Plädoyer fremde und andersartige Ansätze nicht nur zu erkennen oder gar zu verurteilen, sondern zu akzeptieren und von ihnen zu lernen.
Damit gelingt „Cobra Kai“ zu visualisieren und aufzuarbeiten, was in modernen Gesellschaften immer häufiger als Spaltung und unüberwindbare Brücken wahrgenommen wird. Beide Seiten haben ihre Gründe, beide Seiten haben ihre Methoden, aber beide Seiten sind weder allwissend, noch unfehlbar.
Die vierte Staffel von „Cobra Kai“ ist daher thematisch ein Fortschritt zur letzten und hat mich bei aller Skepsis ebenso erzählerisch überrascht. Es trifft zwar weiterhin zu, dass sich die Serie seit der dritten Staffel unnötig gestreckt anfühlt und die Konflikte der verschiedenen Parteien stellenweise künstlich in die Länge gezogen werden. Diese Serie muss nicht 5, 6 oder 7 Staffeln lang sein und hätte bereits eine gute Konklusion finden können.
Aber die Serienschöpfer Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg haben anscheinend mehr zu erzählen und Staffel 4 hat meine Skepsis dahingehend etwas besänftigt. Das dargelegte Thema der Staffel war zwar auch schon in den ersten Staffeln angelegt, aber diese vierte Staffel schafft es tatsächlich all das nochmal tiefer und detaillierter auszuarbeiten.
An der dritten Staffel hatte ich noch kritisiert, dass mir die Fehde zwischen Daniel und Johnny zu breitgetreten wurde und ihre Reunion mehr als überfällig war. Daran anknüpfend fand ich jedoch die Ausgangslage im Hinblick auf Staffel 4 äußerst langweilig, weil ihr Team-Up eigentlich der entscheidende Schritt ist, um John Kreese und Co. ein für alle Mal zu besiegen. So eine erzählerische Entscheidung funktioniert nicht wirklich als spannender Cliffhanger.
An der vierten Staffel finde ich es nun aber umso besser, dass der Schulterschluss von Daniel und Johnny gar nicht so toll funktioniert, wie das Ende der dritten Staffel suggeriert hat. Der gemeinsame Feind macht aus zwei Ex-Feinden noch lange kein eingespieltes Team oder gar innige Freunde. Und gerade in der letzten Folge trifft die Serie ein paar überraschende Entscheidungen, mit denen ich so nicht gerechnet habe.
Die zweite Staffel hatte bereits gut gezeigt, dass beide Wege – der von Daniel und der von Johnny – seine Vor- und Nachteile haben. Die vierte Staffel bringt das jetzt zu einer sehr gelungenen Konklusion, da nun beide Wege vom jeweils anderen gelernt und respektiert werden müssen. Unterfüttert wird das Ganze u.a. von einer schönen Nebengeschichte zwischen Daniels jüngstem Sohn (der bisher keine große Rolle spielte) und einem gleichaltrigen neuen Mitschüler, der von Daniels Sohn aufgrund eines Mädchens gemobbt wird.
Einerseits spiegelt die kleine Geschichte die Handlung des ersten Karate-Kid-Films wider, bei dem ebenfalls argumentiert werden kann, dass Daniel nicht ganz unschuldig daran war, dass er von Johnny derart behandelt wurde. Andererseits zeigt es gut die „andere“ Sichtweise und wie Menschen allerhand berechtigte Gründe haben können, sich entsprechend zu verhalten, auch wenn es letztlich die falschen Methoden sind. An der Stelle erinnert „Cobra Kai“ einmal mehr an Star Wars, weil es die Serie schafft neue Blickwinkel und Ansichten zuzulassen und damit den Zuschauer immer wieder herausfordert (ohnehin liegt der Vergleich zu den vielen Sequels bekannter Franchises nahe, da es „Cobra Kai“, trotz viel Fanservice, so herausragend gelingt).
Mit dem Ende dieser Staffel merkt man auch, dass die Charaktere immer klarer ausgearbeitet werden und während einige noch in der Findungsphase sind oder gar desillusioniert zurückbleiben, stehen andere wiederum nun fast schon vor ihrem charakterlichen Abschluss. Gerade Staffel 3 erhält hier nochmal mehr Kontext, die in vielen Punkten zu sehr wie ein Zwischenstopp wirkte und in ihren Charakterentwicklungen zu überstürzt handelte. Tory und Robby gefielen mir dieses Mal z.B. deutlich besser, da beide endlich als Figuren weiterentwickelt werden und nicht nur den obligatorischen Pfad des Antagonisten beschreiten.
Das bekräftigt zwar auch ein grundlegendes Problem der Serie – fast keiner Figur kann man die Rolle des Helden oder Antagonisten wirklich glaubhaft abnehmen, da jeder Figur eine Redemption zugestanden wird und sich die Parteien durch zahlreiche Seitenwechsel pro Staffel ständig verändern können –, aber dennoch gelingt es „Cobra Kai“ damit immer wieder, wirklich jede Figur und jeden Blickwinkel fair zu beleuchten und auszuarbeiten. Mit Staffel 3 und 4 deutet sich sogar für John Kreese immer stärker an, dass er im Kern eigentlich eine gute, missverstandene Person ist.
Die Rückkehr von Terry Silver finde ich in diesem Zusammenhang insgesamt ebenfalls gelungen. Dass man ihn der gesamten Staffel nicht wirklich einschätzen und greifen kann, passt letztlich hervorragend zur Figur. Und auch wenn ich sein Verhalten hin und wieder seltsam fand, fügt es sich am Ende tatsächlich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen.
Größere Kritikpunkte bestehen weiterhin nur aus bereits vorhandenen: Auch wenn es diese Staffel besser kaschiert, fühlt sich die Geschichte weiterhin überstreckt an; trotz Netflix-Übernahme ist der Stil und Look der Serie nicht kinematischer geworden, was ich mir für den weiteren Verlauf der Serie gewünscht hätte; und die Action sowie Choreografien sind „hit-and-miss“. Umso mehr Kämpfer dazukommen, umso mehr merkt man auch, dass nicht alle die nötige Physis mitbringen.
Fazit: Alles in allem gibt mir die vierte Staffel wieder Hoffnung, dass die Autoren doch einen guten Plan haben, um die Geschichte in den nächsten 2-3 Staffeln abzuschließen. Auch wenn man die Qualität der ersten Staffel vermutlich nicht mehr erreichen wird, bleibt „Cobra Kai“ auf einem konstant hohen Level. Zwar gibt es hier und da Kritikbedarf, aber der Serie gelingt es ihren Witz, ihre Liebe fürs Detail, ihr gutes Writing für die Charaktere und noch dazu Lektionen fürs Leben beizubehalten.
Ich fand ja auch amüsant, dass unabhängig von den USA nur China und Russland eine gemeinsame Mission starten, um den Aufprall zu verhindern. Eine einzige... die es nicht mal zum Kometen schafft, weil das scheinbar nur die Amerikaner können xD
Ich hätte Platz 3 und 4 getauscht, aber ansonsten Zustimmung. Die Serien waren dieses Jahr weitaus interessanter als die Marvel-Filme, auch wenn letztlich nur WandaVision wirklich herausstach und durchweg überzeugen konnte.
„Hawkeye“ ist nun also die letzte neue MCU-Serie aus 2021 für Disney Plus. Ich hatte nicht wirklich Interesse an der Serie, weil mir Hawkeye als Figur ziemlich egal ist und die Trailer im Vorfeld nicht gerade ansprechend waren. Nach ihrem Abschluss kann man konstatieren, dass sie neben den anderen Live-Action-Serien – „WandaVision“, „The Falcon and the Winter Soldier“ und „Loki“ – auch knapp die Schwächste geworden ist. Ich konnte der Serie jedoch mehr abgewinnen, als ich dachte, was vor allem an der menschlicheren und geerdeteren Seite der Serie, sowie dem Neuzugang Kate Bishop liegt.
Noch stärker als die Captain-America-Nachfolge „The Falcon and the Winter Soldier“ handelt diese Serie von ganz normalen Menschen und ihren Problemen in New York. Hawkeye bleibt als Figur zwar weiterhin langweilig – ich bin seit Jahren der Meinung, dass er im zweiten Avengers-Film perfekt hätte abtreten können –, aber gleichzeitig wird er dennoch ganz gut von seiner menschlichen Seite gezeigt. Dass der „uninteressanteste“ Avenger auch seine Fans haben kann, ist sehr charmant mit Kate Bishop gelöst.
Leider kommt derweil die Handlung nie wirklich in Fahrt. Bis auf die letzte Folge fühlt sich die ganze Geschichte so an, als würde sie noch im ersten Drittel stecken und verfügt über keinen funktionierenden Spannungsbogen. „Hawkeye“ ist die erste der MCU-Serien, bei der sechs Folgen tatsächlich zu kurz waren und der Serie eine Ausdehnung der ganzen Konfliktlinien mehr Zeit zum Atmen verschafft hätte. Wie bei einigen anderen MCU-Serien des Jahres merkt man allerdings auch, dass viele Konflikte ziemlich konstruiert wirken oder nur eine versteckte Origin-Geschichte für einen oder mehrere Charaktere darstellen.
So ist es auch in der „Hawkeye“-Serie, welche u.a. stark auf Clint Bartons Vergangenheit aus „Avengers: Engame“ setzt, welche aber bereits in ihrer Ausgangslage ungenügend wirkt. Hawkeyes Ronin-Vergangenheit wird nun z.B. im großen Stile aufgeblasen, obwohl dieser Teil von Hawkeye in „Endgame“ keine zwei Minuten an Screentime beanspruchte. All das ist behauptet, ohne dass der Zuschauer diese düstere Zeit Clints jemals miterlebt hat. Auch Yelenas Agenda, die Schwester von Black Widow, ist irgendwie reingequetscht und lässt die immer besser werdende Handlung unnötig überfrachtet wirken (sie ist zwar eine Super-Agentin und weiß um Clints Jahre lange Zusammenarbeit mit Natascha, aber redet sich durchweg ein, Clint hätte ihre Schwester umgebracht und selbst wenn er ihr gefühlt zehnmal das Gegenteil erzählt, kommt Yelena einfach nicht dahinter, dass er möglicherweise die Wahrheit sagt).
[Es folgen SPOILER] Den großen Moment hat die Serie aber natürlich im Finale, wenn tatsächlich Vincent D’Onofrio als Kingpin zurückkehrt. Um ehrlich zu sein, handelt es sich um einen Auftritt, den es vielleicht aufgrund der vielen Figuren nicht zwingend gebraucht hätte und dann leider auch etwas kurz ausfällt. Aber ich fand ihn dennoch sehr gelungen und Kingpin wurde so dargestellt als sei er nie weg gewesen. Ich bin großer Fan der „Daredevil“-Serie und war daher erleichtert, dass Kingpin nicht nur einen billigen Kurzauftritt bekam, sondern im Finale kurzerhand zum bedrohlichen Antagonisten der Serie aufstieg, wie man ihn aus „Daredevil“ kannte.
Fazit: Rückblickend betrachtet handelte „Hawkeye“ nie richtig von Hawkeye, denn er bleibt ein langweiliger und uninteressanter Charakter. Stattdessen verstecken sich hier eine Origin-Geschichte von Kate Bishop, ein Backdoor-Pilot für Echo (sie bekommt demnächst ihre eigene Disney-Plus-Show) und die Vorbereitung und Rückintegrierung von Wilson Fisk und Matt Murdock aus der abgesetzten „Daredevil“-Serie.
Die Kombination aus allem macht aus „Hawkeye“ immer noch eine unterhaltsame Show, aber die Handlung bleibt trotz ihres menschlichen Charakters hinter ihren Möglichkeiten zurück, wirkt nicht ausgereift und fußt auf zu vielen Behauptungen, an die ich als Zuschauer nicht anknüpfen konnte. Damit bleibt eine stabile Serie, aber keine, die spannende Wege geht, neue Dinge ausprobiert und kreativer ihre Charaktere handhabt – all das ist den anderen MCU-Serien aus 2021 ein wenig besser gelungen.
Die zweite Staffel von „The Witcher“ ist eine klare Verbesserung zur Ersten. Endlich eine chronologische, wenn dann auch klassische Erzählstruktur, die schon fast im Alleingang die Probleme der vorangegangenen Staffel korrigiert. Die Serie war sich ihrem fehlgeschlagenen Experiment sogar so sehr bewusst, dass man sich mit einer Anspielung selbst darüber lustig macht. Die klarere Erzählweise kommt aber wohl auch dadurch zustande, dass man sich jetzt an den Büchern entlanghangelt, während man zuvor noch die vorhandenen Kurzgeschichten verarbeitete. Dadurch ist alles stringenter und man erzählt weniger von in sich abgeschlossenen Geschichten, die nur lose miteinander verknüpft sind (einzige Ausnahme ist die erste Folge, die aber richtig gut ist).
Große Schwäche bleibt allerdings weiterhin das World Building der Serie. Als Neuling versteht man die Welt von „The Witcher“ leider immer noch nicht wirklich. Weder politisch, noch geografisch erhält der Zuschauer eine Orientierung. Mit Namen von Fraktionen, Menschen und Kreaturen wird um sich geworfen, ohne immer einen gescheiten Kontext zu erhalten. Es existiert zwar ein übergreifender Konflikt, aber wer hier eigentlich aus welchen Motiven genau gegen wen kämpft und warum, ist über weite Strecken undurchsichtig. Teilweise scheint das zwar so gewollt zu sein, das Ende von Staffel 2 bietet zumindest einen wichtigen „Aha“-Moment, aber generell dürfte die erste Staffel daran gescheitert sein und diese Staffel schafft es nun nur selten bestehende Lücken aufzufüllen. Das geht sogar schon bei den „Basics“ über die Hexer und ihre Fähigkeiten bzw. Funktion los. Ciri könnte hier als selbst sehr unerfahrenen und unwissende Figur als Anker für den Zuschauer dienen, aber das geschieht nur selten. Vieles nimmt man daher so hin.
Trotz dieser Probleme kann die zweite Staffel in vielerlei Punkten mehr überzeugen. Die Produktion hat an Wertigkeit nochmal dazugewonnen und die Monsterkämpfe sehen mittlerweile sehr hochwertig aus. Ob mehr Budget oder besserer Umgang damit, diese Staffel kann auf jeden Fall mit einigen Schauwerten beeindrucken. Dazu kommen erzählerisch ein paar mehr Konflikte hinzu, was sich vor allem durch die Rasse der Elfen als dieses Mal dominante Fraktion bemerkbar macht. Das Herzstück der Serie bieten aber wie erwartet der Hexer Geralt und sein Schützling Ciri. Henry Cavill macht sich als nun etwas weniger mürrischer Hexer weiterhin richtig gut. Zudem wird Ciri jetzt im Verlauf sichtbar erwachsener und ist weniger das hilflose Kindchen. Der über weite Strecken dazu parallel verlaufende Handlungsstrang mit Yennefer funktioniert dagegen weniger gut bzw. ist insgesamt einfach nicht so interessant. Vieles ist auch hier wieder undurchsichtig.
Im Übrigen lohnt es sich den vor einigen Monaten auf Netflix erschienen Animationsfilm über Geralts Meister Vesemir im Vorfeld zu schauen. Dort werden einige Ereignisse der entfernten Vergangenheit gezeigt, worauf in der zweiten Staffel auch Bezug genommen wird, immerhin erhält Vesemir hier nun seinen Live-Action-Auftritt. Als Fan von Rittersporn und seiner witzigen Dynamik zu Geralt fehlte dieses Mal nur ein guter Ersatz zu „Toss A Coin To Your Witcher“, welcher leider nicht gefunden werden kann und Rittersporn zwar vorkommt, aber eher irrelevant für die Handlung ist.
Alles in allem ist die zweite Staffel von „The Witcher“ immer noch kein erzählerisches Glanzstück, aber ein Fortschritt ist klar erkennbar. Die Serie wird besser und das in nahezu allen Belangen. Nur das World Building bleibt mies und eine vertane Chance. Neulinge wie mich haben es daher weiterhin schwer, aber als Fan von Henry Cavills Geralt und der grundsätzlich ansprechenden Welt werde ich wohl weiterhin dran bleiben.
Bis heute wird unterschätzt, wie sehr George Lucas mit „Attack of the Clones“ im Jahr 2002 das Kino verändert hat. Es war der erste groß budgetierte Kino-Blockbuster, der komplett mit digitalen Kameras gedreht wurde. Heute ist die Technologie nicht mehr wegzudenken, die Vorteile unermesslich groß und das Zelluloid fast ausgestorben. Der Kopf hinter „The Book of Boba Fett“, Robert Rodriguez, passt deswegen so hervorragend in den Star-Wars-Kosmos, weil er damals schon Teil einer kleinen Gruppe aus Regisseuren war, die das digitale Kino vorangetrieben und sich im Jahre 2001 darüber ausgetauscht haben.
Lucas führte Episode II vor und Rodriguez „Spy Kids 2“ (der erweiterte Kreis bestand aus James Cameron, Francis Ford Coppola und Michael Mann). Sie luden andere Regisseure wie Ron Howard, Bob Zemeckis, Steven Spielberg, Marty Scorsese und Oliver Stone; alle sehr kritisch, nicht wirklich überzeugt. Die Technologie steckte noch in den Kinderschuhen. Und trotzdem setzte sie sich durch, was an Visionären wie George Lucas, James Cameron und eben Robert Rodriguez lag. Heute hat das digitale Kino das „alte“ Kino ersetzt (digitale Kameras, digitale Post-Produktion, digitale Verwertung, digitale Kino-Projektoren). Robert Rodriguez war Teil von all dem und deswegen freue ich mich für ihn, dass er nun 20 Jahre später auch als Regisseur ein Teil von Star Wars sein darf.
George Lucas discusses his ongoing effort to shape the future of digital cinema. (September, 2002)
https://theasc.com/magazine/sep02/exploring/index.html
How ‘The Book of Boba Fett’ Will Shake Up ‘Star Wars’ (Dezember, 2021)
https://www.hollywoodreporter.com/tv/tv-features/robert-rodriguez-interview-book-of-boba-fett-star-wars-1235062364/
Fast-forward to 2001, when Rodriguez was sound mixing Spy Kids at Skywalker Ranch. Since his debut with 1992’s El Mariachi, which he famously shot for just $7,000, the filmmaker has typically worn many hats — IMDb credits him with crew positions ranging from soundtrack composer (on 17 projects) to editor (30 projects) to camera operator (11 projects). When Lucas heard a young filmmaker was mixing his film’s sound himself at the Marin County studio, he invited Rodriguez up to his office for a chat.
“George said, ‘You should check out these digital cameras I’m using’ and showed me some greenscreen tricks — and that’s what got me into shooting digital,” Rodriguez says. “He was a mentor at a stage where I went from doing films like From Dusk Till Dawn and Desperado to doing [the pioneering all-greenscreen-filmed] Sin City.”
In addition to sharing a love of technical innovation, Lucas and Rodriguez also have in common a sort of insider-outsider status — they strive to make popular films for wide audiences while maintaining their independence and control in hubs far from Hollywood. Rodriguez shoots most of his work in Austin (though Boba Fett was in Los Angeles), helping fuel the region’s production boom.
As Rodriguez tells it, his Lucas-inspired segue into digital filmmaking eventually led to getting hired to direct writer-producer James Cameron’s long-gestating passion project Alita: Battle Angel in 2019, a live-action anime adaptation that was widely praised for its CG work (and became the biggest production ever shot in Texas). “Jon saw Alita and that got me into Mandalorian,” Rodriguez says. “But the only reason I started doing high-tech filmmaking way back when, in Austin of all places, was because of George.”
Dem Hype rund um „Arcane“ kann ich nicht ganz zustimmen, obwohl mir die Serie insgesamt gut gefiel und ich mich auf mehr freue. Für eine Videospielumsetzung ist sie definitiv hervorragend und brilliert mit ihrem grandiosen Animationsstil und den toll ausgearbeiteten Charakteren. Klar in drei Akte unterteilt, erzählt „Arcane“ in jeweils drei Folgen die Geschichte und Konflikte zweier Schwestern, einer Ober- und einer Unterstadt und diversen gesellschaftlichen, politischen sowie zwischenmenschlichen Problemen.
Leider verlor mich die Serie ab dem zweiten Akt allerdings phasenweise immer mal wieder und konnte mich emotional nur selten an die Figuren binden. Zudem geht die klare Aktstruktur verloren, welche nach den ersten drei Folgen keinen richtigen Nutzen mehr hat. Akt 1 endet mit dem Verlust der Mentorfigur und der Entzweiung beider Schwestern (eigentlich wunderbar nach Lehrbuch). Bis auf den Zeitsprung knüpfen die restlichen sechs Folgen daran nur noch selten an und funktionieren mehr wie eine Einheit. Außerdem verweigert sich die Serie einer klar aufgebauten Konfrontation der beiden Schwestern, welche stattdessen in einigen wenig spannenden Scharmützeln enden.
Darüber hinaus überlädt sich „Arcane“ nach und nach mit zu vielen Figuren und Handlungssträngen, wodurch ein klarer Fokus verloren geht. Jinx und Vi bleiben zwar die Protagonisten, aber viele andere Stränge verlaufen so halbgar ins Leeren, wirken nicht richtig zu Ende gedacht und versanden dann irgendwie in Cliffhangern für Staffel 2 oder enden unbefriedigend. Beispielhaft wäre die Figur eines korrupten Polizisten zu nennen, der in Akt 1 und 2 immer wieder relevant ist, dann aber in Akt 3 keine Rolle mehr spielt und mal so nebenbei durch eine Explosion stirbt. Oder das Wissenschaftlerduo, deren beider Stränge sich irgendwann immer weiter aufspalten und dann nach viel hin und her sowie ewigen Experimenten ins Nichts verlaufen (Victor arbeitet fast die gesamte Staffel an der Hex-Technologie, aber letztlich kommt er zu keinem Ergebnis, man weiß weder wo die Figur steht, noch wo die ganze Forschung hingeführt hat).
So wirkt „Arcane“ am Ende leider selbst nur wie ein einziger erster Akt, der viele Konflikte nicht löst, sondern in die Länge zieht und dann mindestens in einem Cliffhanger-Ende enden lässt. Das ist schade, denn die letzten zwei Wochen habe ich mich immer wieder auf die neuen drei Folgen gefreut. Als richtig rund entpuppte sich dann aber doch nur Akt 1, der die Welt und seine Figuren hervorragend etabliert und emotional endet. Auf technischer Ebene ist die Serie natürlich perfekt und sieht wunderschön aus. Aber erzählerisch habe ich jetzt sechs Folgen vergeblich auf den nächsten wirklich berührenden Moment gewartet oder endlich auf den eskalierenden Konflikt und ein konkludierendes Finale. Somit bleibt „Arcane“ zwar definitiv eine Empfehlung (für die man auch nicht League of Legends kennen muss), aber nicht die Offenbarung, welche so viele andere sehen und auf die ich nach dem starken Beginn gehofft hatte. Hier wäre mehr drin gewesen.
Aus irgendwelchen Gründen engagiert Kathleen Kennedy immer erst den Regisseur, kündigt das zu allem Überfluss noch mit riesigem Tamtam an, aber beginnt erst nachträglich damit, sich mit den Künstlern über eine Vision und für alle Parteien einheitliche Ausrichtung zu einigen (oder eben nicht zu einigen). Und das geschieht immer und immer wieder. Die meisten Regisseure würden wohl sterben, um einmal in ihrem Leben einen Star-Wars-Film inszenieren zu können, aber Lucasfilm schafft es auf unglaubliche Weise, dass einer nach dem anderen abspringt. Wie chaotisch und abstoßend müssen die Umstände bei Lucasfilm sein, dass das immer aufs Neue passiert? Man kann von Kevin Feige und dem MCU halten, was man möchte, aber er hat es bei über 25 Filmen fast immer geschafft, dass seine Regisseure und er auf einer klar definierten, einheitlichen Linie standen. Lucasfilm und Kathleen Kennedy bekommen das aus unerfindlichen Gründen einfach nicht gebacken.
Mit „Last Night in Soho“ gelingt Edgar Wright ein weiterer schön inszenierter und erzählerisch packender Film. Dieses Mal mit einer Thematik, die sowohl aktuell, wie auch spannend ist und die „guten, alten Zeiten“, genauer die idealisierten 1960er Jahre in London, gekonnt dekonstruiert. Die Darsteller sind hervorragend, vor allem Anya Taylor-Joy besticht wieder mit ihrer einnehmenden Aura; der gewählte Soundtrack dominiert teilweise auf brachiale, mitreißende Weise die Leinwand; und Edgar Wright weiß mal wieder mit einigen kreativen Einfällen und seiner speziellen Inszenierung zu punkten.
Obgleich ich noch lange nicht alle seine Filme kenne, war Wrights Inszenierung allerdings auch schon mal verspielter, visuell ideenreicher und herausstechender. Die Themen von „Last Night in Soho“ sind in ihrer Aktualität und Brutalität schön ausgearbeitet. Dabei gelingt dem Film jedoch nicht immer der eleganteste und subtilste Umgang damit. Der Sprung von der idealisierter Hülle zum bitteren, realistischen Kern kommt so plötzlich, wie auch explizit. Hier vermittelt Wright nicht gerade subtil, sondern überdeutlich und zu durchsichtig. Der thematisch ähnliche und kürzlich erst erschienene „The Last Duel“ von Ridley Scott ist in dieser Hinsicht beispielsweise differenzierter und letztlich cleverer, ja, war in seinen Schlüsselmomenten sogar ohne Horroreffekt deutlich unangenehmer. Denn der Horror-Aspekt gelingt Wright nur mittelmäßig. Er ist weder gruselig, noch unbehaglich, sondern driftet im Finale beinahe schon ins Alberne ab.
„Last Night in Soho“ ist ein sehenswerter Film, dem an der einen oder anderen Stelle der Feinschliff fehlt. Die Inszenierung ist hervorragend, die Thematik spannend, gerade für Edgar Wright die wohl erwachsenste. Die Dekonstruktion überzeugt über weite Strecken, aber lässt in ihrer Ausführung doch ein paar kleine Schwächen erkennen.
Für Star Wars Fans ja mal wieder eine reine Enttäuschung, dieser Disney Plus Day, während Marvel Studios ein Dutzend Neuheiten ankündigt...
Fast jeder Marvel-Film ist besser als "Avengers: Endgame". Und wer "Eternals" für einen der (oder sogar den) Schlechtesten hält, der hat noch ganz andere Probleme als pures Unverständnis.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Kevin Feige schaffte es für „Eternals“ eine der momentan angesagtesten und erfolgreichsten Regisseurinnen zu gewinnen, die zuletzt bei den Oscars mehrfach ausgezeichnet wurde. Das Marvel Cinematic Universe hatte sich in der Vergangenheit schon oftmals namhafte und vielversprechende Regisseure „eingekauft“. Und dennoch stach Chloé Zhao heraus, die doch für so ganz andere Filme bekannt ist und nun den nächsten großen Marvel-Blockbuster inszenieren soll. Kevin Feige schwärmt schon seit Monaten von „Eternals“. Dafür ignorierte er sogar fast gänzlich den Kritikerliebling und Überraschungshit „Shang-Chi“. Und nun kommt Zhaos „Eternals“ raus, Feiges groß angekündigte neue Lieblingsprojekt und was ist? Die Kritiker strafen den Film heillos ab.
Sogar so weit, dass er nun laut der Bewertungsplattform Rotten Tomatoes der schlechteste aller MCU-Filme ist. Zu langweilig, zu ernst, das gewohnte Marvel-Spektakel fehlt; zu überfüllt, zu undurchsichtige Geschichte, zu viele, unterentwickelte Charaktere: Irgendwie fehlen alle die gewohnten Marvel-Stärken und Chloé Zhao fehle das Gespür und die Einheitlichkeit für die ansonsten so konstant unterhaltende MCU-Reihe. Schon komisch, da bemängeln alle „Cineasten“ und Kritiker seit Jahren die Gleichförmigkeit und Mutlosigkeit des MCUs. Wenn dann aber mal etwas anderes serviert wird, ja dann schmeckt es irgendwie doch nicht.
Es ist erschreckend, dass jene Einschätzung nicht von verwöhnten Fans und Zuschauern der über 25 Filme kommt, sondern von „professionellen“ Filmkritikern, die Disney und Marvel nun in einem Zug in allem bestätigen, was die Kinolandschaft schon seit Jahren bestimmt. Bravo. Nun gut, hat es diesen „Widerstand“ gegen die Dominanz und Gleichförmigkeit des MCUs und Superhelden-Kinos wirklich in seiner Breite gegeben? Wahrscheinlich nicht, wenn man bedenkt, wie gut selbst ein Totalschaden, wie „Avengers: Endgame“, „Black Panther“ oder „Captain Marvel“ auf solchen Rating-Plattformen performt haben. Das Publikum ist hier sogar meist kritischer als die „Kritiker“, also wer genau ist eigentlich an besagter Gleichförmigkeit interessiert…
„Eternals“ ist ein langer, aber keineswegs langweiliger Film. Wer sich durch drei Stunden „Avengers: Endgame“ quälen kann oder grundsätzlich einer Narrative folgen kann, die nicht alle paar Minuten durch einen ironischen Spruch die Stimmung erheitert, der kann „Eternals“ gar nicht langweilig finden. Generell wäre das für einen Chloé-Zhao-Film nichts Neues. Sie erzählt normalerweise andere Geschichten, deutlich langsamere und intimere Filme. Ja, „Eternals“ benötigt einige Zeit, um wirklich in Fahrt zu kommen.
Ebenso beinhaltet der Film nicht den typischen Sympathieträger als Protagonisten oder den geerdeten, „relatable“ Charakter, in den man sich jeder Zeit hineinversetzen kann. Auch an den vielen Witzen und One-Linern fehlt es weitestgehend (obwohl die noch in den Trailern erzwungenen Witze im Film deutlich besser funktionieren). Und an Actionsequenzen mangelt es grundsätzlich nicht, aber für MCU-Verhältnisse ist Zhaos Stil eben dennoch verhältnismäßig ruhig und Charakter-fokussiert. Alle fünf Minuten bekommt man hier sicherlich nicht Aufregung und Action geboten, wodurch der gewohnte Entertainment-Faktor natürlich stellenweise fehlt. Aber wenn all diese Kriterien nun schon über Langeweile entscheiden, dann sieht es für die Zukunft des Kinos nicht besonders gut aus.
„Eternals“ fühlt sich nicht wie ein klassischer Marvel-Film an. Das ist gut und dafür wurde es endlich mal Zeit. Genau das fordern und wollen wir doch alle. Und trotzdem gehen dadurch natürlich so manch gewohnte Stärke oder Erzählweisen verloren. Chloé Zhao kann aus der berühmten Formel ausbrechen, erzählerisch wie auch inszenatorisch. Das gelingt ihr nicht perfekt, das verhindert nicht legitime Schwachstellen und Kritikpunkte, aber bringt doch endlich mal frischen Wind in die ganze Franchise-Reihe.
Optisch und inszenatorisch ist „Eternals“ durchaus ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist deutlich zu spüren, dass Chloé Zhao tatsächlich viel mehr echte Sets zur Verfügung gestellt wurden, wodurch das Gesamtbild des Films schon allein anders ist und sehr real wirkt. Trotz der offensichtlichen CGI-Sequenzen und Spielereien, wie Szenen im Weltall, die Kräfte der Eternals oder die digitalen Deviants hebt sich der Film daher deutlich vom digitalen Greenscreen-Einheitsbrei vieler anderer MCU-Filme ab.
Andererseits gelingt Zhao aber keine nennenswerte eigene Bildsprache oder ein besonders auffallender Stil. Auch „Eternals“ ist phasenweise farblich so platt und grau wie das MCU in den letzten Jahren schon so häufig war. Und an möglichst kreativen oder intelligenten Einfällen mangelt es Zhao ebenfalls, wenn der Plot mal vorangebracht werden soll. Das macht sich allein daran bemerkbar, dass „Eternals“ ganz ungewohnt mit einer längeren Texttafel beginnt, um erstmal die Basics dieser ambitionierten Geschichte zu erklären. Später folgen dann weitere etliche lange Erklär-Dialoge, um Sinn und Hintergrund der Handlung näherzubringen.
Dafür sticht „Eternals“ erzählerisch mehr heraus, denn hier geht der Film tatsächlich andere Wege. Das liegt nicht nur am ungewohnten „Pacing“, sondern auch an der Verabschiedung von den vorhersehbaren und auszuzählenden drei Akten jedes MCU-Films, dem typischen 0815-Bösewicht oder dem klassischen CGI-Action-Finale. Denn „Eternals“ ist im Wesentlichen ein Film, der sich allein um die Mitglieder des besagten Helden-Teams dreht. Die Deviants als CGI-Monster-Antagonisten sind fast schon irreführend und spielen keine allzu relevante Rolle im Film. Daher ist es auch so überraschend, dass der Film vielerorts für die flachen, langweiligen Charaktere kritisiert wird. Klar ist, dass es sich nicht um die geerdeten Sympathieträger handelt, die man von anderen Marvel-Filmen gewohnt ist und die alle paar Minuten einen guten Spruch auf Lager haben.
Auch die Performances müssen nicht jedem gefallen (besonders Richard Madden spielt tatsächlich sehr kühl und hölzern). Aber der Film handelt allein von den Eternals und wie sie mit ihrer Situation, ihrer Aufgabe und ihren Rollen umgehen. Daher wird der Film auch ab der zweiten Hälfte und dann spätestens dem Finale so stark, weil die Figuren mit sich selbst und mit tief moralischen Fragen herausgefordert werden. Es gibt keinen klassischen Bösewicht, sondern letztlich handelt es sich um moralische Dilemmas, die es zu lösen gilt. Besonders dann, wenn Helden mit moralisch fragwürdigen Themen konfrontiert werden, dann entfaltet das Genre oftmals seine Stärken. Mit ähnlichen Fragen spielte im Übrigen auch „Infinity War“, welche dann aber leider für „Endgame“ vollständig ignoriert und für eine drei stundenlange Witzvorstellung geopfert wurde (aber gut, der hatte eben genug Witze und Dabs, was gleichbedeutend mit 94 % auf Rotten Tomatoes ist).
„Eternals“ gelingt das nicht perfekt. Ja, der Film hat zu viele Charaktere, kann selbst in seinen zweieinhalb Stunden kaum tiefgründig genug sein und beantwortet seine eigenen Fragen auf zu einfache Weise, ohne sie wirklich ausreichend diskutieren zu können. Aber den Film als „langweilig“ und „schlecht“ abzustempeln, weil er die typische Formel nicht erfüllt, nicht die gewohnten Charakterisierungen und den gewohnten Marvel-Unterhaltungsfaktor erhält, das wird „Eternals“ keineswegs gerecht.
Der Witz daran ist, dass ich es den Fans und regulären Kinobesuchern gar nicht mal übelnehmen würde. Stattdessen kommen diese Ansichten von den Kritikern und all den Leuten, die seit Jahren über Superhelden-Müdigkeit klagen und vom berühmten MCU-Einheitsbrei sprechen. Jetzt macht Marvel mal etwas anders, erfüllt dabei gewohnte Kriterien nicht und schon wird der Film abgestraft.
Und schon fühlt sich Disney wieder bestätigt: „Warum sollten wir je etwas Neues oder Anderes versuchen?“ Die Menschen bekommen eben doch das, was sie verdienen, denn sie schaufeln sich ihr eigenes Grab. Wer „Eternals“ langweilig findet oder als einer der schlechtesten MCU-Filme betrachtet, der bestätigt nicht nur Marvel in allem, sondern bedroht das Kino in seiner Diversität und Kreativität.
Fazit: „Eternals“ gehört nicht zu den besten MCU-Filmen, aber beweist doch eindrucksvoll, dass das Franchise noch zu eigenständigen kreativen Impulsen fähig ist. Chloé Zhao inszeniert einen großen, epischen und ambitionierten Film über Superwesen und die Ursprünge des Marvel-Universums. Das gelingt ihr nicht perfekt, aber doch auf bemerkenswerte Weise.
Also wenn das der schlechteste MCU-Film sein soll – laut professionellen, deutschen wie internationalen Kritikern (!), nicht laut den regulären Zuschauern oder den Fans –, dann steht es nicht nur schlecht um das Kino, nein, dann sieht die Lage sogar dramatisch aus.
„Cowboy Bebop“ ist ein Anime-Klassiker, der mir bis vor kurzem noch nichts gesagt hätte. Vieles kennt man zumindest vom Hörensagen, aber diese Serie war mir bis vor wenigen Wochen fremd. Dass die Serie damals nur auf MTV ausgestrahlt wurde und noch dazu eine FSK 16 besitzt, trug vermutlich dazu bei (eine große Zielgruppe erreicht man so natürlich nicht). Nun bin ich aber doch froh „Cowboy Bebop“ nachgeholt zu haben, denn die zunächst seltsame Mixtur aus Space-Western, Noir und Anime hat mir sehr gut gefallen.
Dazu kommt ein Verbund aus Charakteren, die zwar nicht besonders tiefgründig sind, aber zwischenzeitlich immer genügend Aufmerksamkeit und Hintergründe erhalten, wodurch das beständige „Mission-of-the-week“-Schema passend ergänzt wird. Hier zeigt sich das Science-Fiction-Genre mal wieder als besonders wandelbar und vielfältig, denn die Themen und Geschichten sind genauso kreativ und unvorhersehbar wie insgesamt die spannende, abwechslungsreiche Welt.
Es gibt im Mittelteil zwar auch mal schwächere Episoden und der Seriencharakter von jeweils einer Mission pro Folge (bei nur á 24 Minuten) bekommen den interessanten Geschichten nicht immer gut. Es gibt tatsächlich nur zwei Doppelfolgen, wodurch nicht alle Themen auserzählt wirken und ihrem möglichen Potenzial gerecht werden.
In ihrer Ausrichtung ist „Cowboy Bebop“ dennoch so stilsicher wie auch faszinierend erzählt. Jeder Charakter erhält genügend Fleisch, aber muss auch nicht bis ins kleinste Detail auserzählt werden. Gerade die Vergangenheiten von Spike und Faye bleiben gleichermaßen spannend wie geheimnisvoll. Vieles wird in kurzen Bildern nur angedeutet. Hinzu kommt die tolle Inszenierung, der es mit einer Kombination aus Bild und Musik immer wieder gelingt hervorragende Sequenzen darzustellen.
So findet die Serie mit ihren kurzweiligen 26 Episoden auch ein zügiges Ende. Mit der Bebop-Crew hätte man sicherlich noch dutzende weitere Abenteuer erzählen können. Aber der Anime findet einen guten, sogar melancholischen Abschluss, der die Charakter-Arcs befriedigend abschließt oder passend zum Beginn der Serie in der Schwebe lässt.
„Cowboy Bebop“ ist wirklich ein ganz eigener Genre-Mix mit vielen coolen und seltsamen Ideen, witzigen und verschiedenen Charakteren und weiß seine Inspirationen sowie Einflüsse gekonnt zu verknüpfen und damit zu einer eigenen, kurzweiligen Komposition zu formen.
Altmeister Ridley Scott inszeniert wieder einen Historienfilm. Er ist einer der wenigen, der heutzutage noch das Mittelalter und die Antike auf die große Leinwand bringt. Sei es durch „Gladiator“, „Königreich der Himmel“ oder „Robin Hood“, Scott erhält vielleicht nicht immer die besten Drehbücher, aber inszenatorisch können ihm nur wenige etwas vormachen. Dieses Mal passt sowohl die Inszenierung, als auch die Geschichte.
Denn u.a. Matt Damon und Ben Affleck haben nach über 20 Jahren wieder gemeinsam ein Drehbuch verfasst. Und einmal mehr basiert der Stoff auf einer wahren Begebenheit, zumindest auf dem, was nach mittelalterlichen Quellen überliefert ist.
„The Last Duel“ baut auf dem gleichnamigen Roman eines Mittelalter-Historikers auf. In Frankreich des 14. Jahrhunderts trugen zwei Junker eines der letzten Duelle bzw. Gerichtskämpfe aus. Wenn ein Rechtsstreit gerichtlich nicht lösbar war, dann gab es die Möglichkeit auf ein endgültiges Gottesurteil durch einen Zweikampf. Obgleich seiner Abschaffung fand die Überführung in das neuzeitliche Duell (dann meist mit Schusswaffen) noch bis ins frühe 20. Jahrhundert Anwendung.
Aber „The Last Duel“ ist kein „Gladiator 2“, kein weiteres, romantisiertes Heldenepos. Stattdessen inszeniert Scott eine gezielte Dekonstruktion seines geliebten Genres und erzählt zeitgleich eine Geschichte, die moderner nicht sein könnte. Dabei wieder, wie von ihm gewohnt, audiovisuell hervorragend umgesetzt, obwohl dieses Mal die Cleverness des Drehbuchs das Inszenierte übertrifft.
Das besondere Merkmal von „The Last Duel“ ist nicht die mittelalterliche Action, sondern die Geschichte dahinter. Und das erzählt der Film in Form von drei verschiedenen Perspektiven. Deutlich in drei Figuren, in drei Akte unterteilt, werden nach und nach die Sichtweisen von drei Protagonisten präsentiert: von Jean de Carrouges, Jacques Le Gris und Marguerite de Carrouges.
Alle drei werden großartig von Matt Damon, Adam Driver und Jodie Comer repräsentiert (Jodie Comer ist eine kleine Neuentdeckung für mich, erst zuletzt spielte sie an Ryan Reynolds Seite in „Free Guy“). Das erinnert selbstverständlich an Kurosawas Klassiker „Rashomon“. Dadurch erfindet der Film nichts neu, aber erzählt die Geschichte auf eine interessante und wirkungsvolle Weise.
„The Last Duel“ ist nicht so direkt wie „Rashomon“, nicht so explizit und eindringlich, aber dafür doch realistisch und feinfühlig. „Rashomon“ erzählt von der Wahrheit, der subjektiven Wahrheit; der Wahrheit, die es vielleicht gar nicht geben kann, weil alles und jeder sie anders wahrnimmt. Dabei sind die Geschichten jedoch auch derart überzeichnet in ihrer Verschiedenheit, dass doch alle drei Perspektiven offenbar erlogen und ohne versöhnlichen Mittelweg sind.
„The Last Duel“ erzählt hier subtiler, nachvollziehbarer, und eben auch überwiegend glaubhaft. Alle drei Perspektiven sind ganz klar das: Perspektiven. Der eine heroisiert sich vielleicht zu stark, der andere bildetet sich in hin und wieder nur etwas ein. Aber es bleiben überwiegend glaubhafte Momente, die in einer einzigen, unumstößlichen Wahrheit münden.
Dazu stößt eine dritte Perspektive: die der Frau. An der Stelle bricht der Film seine historische Grundlage fast schon auf ironische Art, denn einzig die Sichtweise der Marguerite ist der originelle Teil des Drehbuchs, nämlich überwiegend frei erfunden. Niemand weiß, ob sie die Wahrheit gesagt hat oder nicht, denn dazu sagen die Quellen nichts aus.
Aber darum geht es auch nicht, denn die Geschichte der Menschheit blendet die Sichtweise der Frauen zu oft aus, weswegen ihre Perspektive nicht überliefert werden konnte. Stattdessen geht es um die Aussage und die ist so modern wie aktuell, trifft genau den Zeitgeist, hat ihren perfekten Zeitpunkt vielleicht sogar um ein paar Jahre verpasst.
„The Last Duel“ erzählt von einer Vergewaltigung aus drei Perspektiven. Adam Drivers Jacques wird von Jodie Comers Marguerite der Vergewaltigung angeklagt. Und sowohl die beiden, als auch Matt Damons Jean erzählen die Abläufe davor, danach und währenddessen aus ihrer subjektiven Perspektive. Das gelingt „The Last Duel“ auf eine Art, die ihn gar nicht mehr so mittelalterlich erscheinen lässt, als man zunächst annehmen könnte.
Es geht weniger darum, was wahr ist und was nicht. Was wird geglaubt? Wem wird es geglaubt? Wie geht die Gesellschaft damit um? Und warum geht sie so damit um? Die drei Drehbuchautoren Affleck, Damon und Nicole Holofcener gelingt dadurch eine eindrückliche Metapher auf Zustände, die nicht so veraltet sind, wie wir es uns wünschen würden. Damit inszeniert Ridley Scott ein bedeutendes Plädoyer für die Rechte und Stimmen der Frauen und dekonstruiert ausgerechnet seine einstigen geliebten Rittergeschichten von Mut, Ehre und Heldentum.
Was dabei im Gegensatz zu „Rashomon“ verloren geht, ist die Stringenz, die Einheitlichkeit, eine durchweg verbindende Erzählweise. Denn obwohl die drei Perspektiven von derselben Geschichte handeln, verifizieren sie (oder eben nicht) nur auszugsweise die Perspektive des jeweils anderen. So findet die Geschichte Jacques Le Gris größtenteils an Orten statt, an denen Jean und Marguerite de Carrouges gar nicht waren. Und Marguerite tritt der Geschichte zu einem Zeitpunkt bei, als die der zwei männlichen Protagonisten schon zu einem Drittel erzählt ist. Somit bleibt vieles dem Zuschauer überlassen.
Wann stimmt etwas, wann nicht? Wann beschönigt jemand etwas, wann nicht? Freilich kommt man selbst bei jeder neuen Szene auf den Gedanken, dass der jeweilige Protagonist sein Können und Wissen vermutlich übertrieben darstellt. Aber es wird eben (leider) nicht immer in einen anderen Kontext gestellt.
Manchmal werden auch Szenen, in denen zwei der Protagonisten vorkamen, nur aus einer Sichtweise erzählt, wodurch offenbleibt, ob die Szene überhaupt existiert hat. Deswegen ist „The Last Duel“ etwas zu sehr zerstückelt und sprunghaft. Viele Kritiken sprechen auch von einem repetitiven Charakter, dem ich allerdings widersprechen würde. Dafür nehmen die drei Perspektiven zu selten exakt denselben Verlauf, wie die jeweils anderen.
Ich bin mir nicht immer sicher, ob das clever oder eine vertane Chance ist. Zwei Beispiele: In beiden Perspektiven von Jacques und Jean retten der jeweils andere seinem Freund das Leben. Aber nur in der Perspektive von Jean bedankt sich der Freund auch für diese Tat. In Jacques Sichtweise wird diese Szene nicht mehr aufgegriffen. Also wer hat jetzt wen gerettet? Oder hat es diese Szene vielleicht gar nicht gegeben, weil sie bei Jacques nicht vorkommt?
Vielleicht kommt sie aber auch absichtlich nur bei Jean vor, weil seine Sicht die Freundschaft zu Jacques insgesamt sehr stark betont. Im Gegensatz dazu werden bei Jacques Sicht die meisten freundschaftlichen Szenen gestrichen, was erahnen lässt, dass er die vermeintliche enge Freundschaft zu Jean gar nicht oder zumindest anders wahrgenommen hat.
Ein weiteres Beispiel betrifft die Treffen zwischen Jacques und Marguerite. Zu einem festlichen Anlass trifft Jacques sie an einem Büfett-Tisch und flirtet mit ihr. Während der Perspektive von Marguerite wird diese Szene allerdings nicht mehr aufgegriffen. Hat sie also jemals stattgefunden? Wäre es nicht interessant gewesen, wie Marguerite diese vermutlich durch Jacques Sicht stark romantisierte Szene wahrgenommen hat? Oder hat er sie gar nicht wahrgenommen, vielleicht sogar nur erträumt, wie bereits eine andere Szene zwischen Marguerite und ihm?
Es ist generell eine clevere Gegenüberstellung, dass Marguerite später im Gerichtsprozess gefragt wird, ob sie ihre Vergewaltigung nur erträumt hat. Im Gegenteil: Jacques ist derjenige, der träumt und sich oftmals Dinge einzubilden scheint, gar ignoriert.
Wie dem auch sei, „The Last Duel“ gelingt eine starke Geschichte über Ehre und Egoismus, über eine unfreie Welt, in denen es nur wenigen adligen Männern gut ergeht und allen Frauen miserabel schlecht. Und dabei ist der Film zeitgleich eine Metapher auf die heutige Welt, auf soziale Strukturen, die es Jahrhunderte lang gab und teilweise immer noch gibt; über ein System, was zu selten hinterfragt, zu selten andere Perspektiven zulässt; über Menschen, die Opfer der eigenen Gesellschaft und ihres Ehrgefühls sind.
„The Last Duel“ ist auch ein Appell an die unabhängige Gerichtsbarkeit; die von Gefühlen und Emotionen befreite Wahrheit, die so objektiv wie möglich alle Fakten begutachtet und zu einem fairen Urteil gelangt. Nicht nur die verhandelte Vergewaltigung im 14. Jahrhundert erscheint überraschend relevant. Auch der Austragungsort des Urteils ist so mittelalterlich wie aktuell: Kapituliert vor der Gerichtsbarkeit treffen die zwei männlichen Protagonisten in einer Duell-Arena aufeinander, umgeben vom Pöbel und belustigten Adel. In einer Arena der Öffentlichkeit schlagen sich zwei Figuren bis zum letzten Atemzug und vor Gottes Augen die Köpfe ein.
Wem wird geglaubt und warum? Wie ist man zu seinem Urteil gekommen und wodurch? Und inwiefern berechtigt das jemanden, sein Urteil auch zu äußern? In gewisser Weise ist dieses mittelalterliche Schauspiel gar nicht so mittelalterlich. Es wird heutzutage nur anders und woanders ausgetragen. Im öffentlichen Raum, in dem jeder sich seine eigene Faktenlage zurecht sucht und damit angemessen oder unangemessen (ver-)urteilt.
Fazit: „The Last Duel“ ist nicht perfekt erzählt, aber in seinen Themen erschreckend aktuell und intelligent. Ridley Scott inszeniert in seiner späten Karriere einen Film, der sein geliebtes Rittergenre dekonstruiert und womit er sich nochmal neu erfinden kann. Das basiert auf dem tollen Drehbuch von Affleck, Damon und Holofcener, denen es gelingt eine spannende, wie hochrelevante Geschichte zu schreiben, die im Stile mehrere Perspektiven nicht immer optimal ausbalanciert ist, aber im Kern ein faszinierendes Bild über Perspektiven und Wahrheiten zeichnet.
Alles, was „Star Wars: Visions“ ist und sein wollte, ist Marvel’s „What If…?“ nicht.
In dieser Animationsserie hätte so viel Potenzial gesteckt, was leider zu keinem Zeitpunkt ausgeschöpft wird. Die einzelnen Episoden sind bis auf wenige Ausnahmen mit schwachen bis mittelmäßigen Geschichten ausgestattet, die weder eine spannende Alternative präsentieren, noch dem Konzept sowie den theoretischen Möglichkeiten gerecht werden.
„Was wäre, wenn?“ könnte so viel bieten, aber stattdessen fallen Marvel mit ihren 25 Filmen kaum etwas Erzählenswertes ein. Nein, die Serie scheint das Prinzip des Szenarios nicht mal verstanden zu haben. In „Was wäre, wenn“-Geschichten folgt man dem bekannten Pfad und biegt irgendwann an einer vielversprechenden Stelle links oder rechts ab. Was wäre, wenn Bösewicht X gewonnen hätte? Was wäre, wenn Charakter Y hier gestorben wäre? Was wäre, wenn Held Z ein Bösewicht geworden wäre?
Stattdessen ziehen sich die Autoren wahllos und sinnbefreit irgendwelche Alternativszenarien aus den Fingern, die von ihrer Prämisse her gar nicht ins MCU passen: Was wäre, wenn Yondu nicht Peter Quill, sondern T'Challa gefunden hätte? Andere Frage: Warum sollte er? Was wäre, wenn Killmonger Tony Stark gerettet hätte? Nochmal: Warum hätte das je passieren sollen und was ist an der Geschichte interessant? Wenn es nach solchen zufälligen und zusammengewürfelten Konstellationen geht, dann hätte man auch fragen können: Was wäre, wenn die Avengers Teletubbies gewesen wären? Immer wieder wirft „What If…?“ mit solchen seltsam konstruierten Prämissen um sich, die nicht mal im Ansatz interessant sind.
Selbst in der Theorie spannendere Fragen, wie „Was wäre, wenn die Welt ihre mächtigsten Helden verloren hätte?“ werden durch komisch konstruierte Wendungen aufgelöst, die sich niemals so im MCU angedeutet haben. Zugegeben gibt es in der vierten und achten Folge einige Lichtblicke. Die „Dr. Strange“-Geschichte – wenn ebenfalls komisch konstruiert – schafft es tatsächlich eine durchaus emotionale und mitreißende Alternativhandlung vorzuweisen. Dazu kommt das Alternativszenario zu „Avengers 2“, d.h. „Was wäre, wenn Ultron gewonnen hätte?“. Das richtige „Age of Ultron“ also.
Und dennoch mischen sich dazwischen wieder andere Prämissen, die so enttäuschend und uninspiriert sind, dass man gar nicht mehr weiterschauen möchte. Wen interessiert es, dass Peggy Carter zu Captain America hätte werden können, wenn die Handlung dann fast genauso wie der Film abläuft? Wen interessiert es, Thor als Einzelkind zu sehen? Bis auf die Tatsache, dass Thor dadurch mal wieder zum Trottel degradiert wird, erfährt man nichts Neues über die Figur.
Dazu kommt ein Animationsstil, der im Vergleich zu „Visions“ (oder jeder anderen halbwegs vernünftig animierten Serie nach modernen Standards) ebenso enttäuscht. Immer im gleichen gähnendem „Cel Shading“-Look präsentiert Marvel’s neue Animationssparte den wohl unkreativsten Umgang mit dem Medium, den man hätte wählen können. Eigentlich ist die Serie im direkten Vergleich kaum ansehbar.
Anstatt verschiedene, interessante Ansätze für die Optik und die Narrative zu ergründen, verschwimmt Marvel’s Ansatz mal wieder im gewöhnlichen Einheitsbrei. Und da darf es, typisch MCU, natürlich auch nicht fehlen, dass am Ende alle Fäden zu einem großen Crossover-Finale zusammenlaufen. Natürlich konnten/durften hier nicht mal neun unterschiedliche, unabhängige und originelle Einzelschicksale erzählt werden – nein, am Ende ruft es wieder laut „Franchise!“ aus der Ecke. Sehr Schade, Marvel.
Mit „Star Wars: Visions“ steht auf Disney+ schon das nächste Star-Wars-Projekt in den Startlöchern. Nach Animationsserien wie „The Clone Wars“ und „The Bad Batch“, Live-Action-Serien wie „The Mandalorian“ und den zahlreichen Kinofilmen ist „Visions“ sicherlich das frischste und mutigste Konzept des Star-Wars-Franchise, seitdem Disney vor fast zehn Jahren die Schirmherrschaft übernommen hat. Bei der Serie hat Lucasfilm nun mit sieben japanischen Anime-Studios zusammengearbeitet (darunter mit u.a. Production I.G nicht gerade No-Names) und ihnen im Stile einer Anthologie-Serie für neun Kurzfilme offenbar vollständige kreative Freiheit gelassen. Daraus ergeben sich neun ganz eigenständige und originelle Geschichten, die in einem immer anderen Zeichenstil gehalten sind und mit teils irrwitzigen Handlungsverläufen begeistern.
Die neunmal 14-23-minütigen Folgen gehören daher auch nicht in den offiziellen Kanon, obwohl sich die meisten Folgen durchaus in die Zeiten der drei Filmtrilogien einordnen lassen. Ebenfalls neu: Alle Folgen erscheinen – wie mittlerweile fast nur noch für den Konkurrenten Netflix typisch – auf einen Schlag. Nicht neu: Die Folgen sind nicht nur in ihren Stilen, sondern auch in ihrer Qualität stark schwankend. Vermutlich wird jeder mit der einen oder anderen Folge nichts anfangen können, während man bei wieder anderen Folgen fast traurig ist, dass daraus nicht gleich eine selbstständige Serie entstanden ist.
Zu meinen Favoriten dieser (ersten?) Staffel zählen daher Folge 1, 5, 7 und 8.
„Das Duell“ legt zum Einstieg gleich mal ein visuelles Brett vor und ist optisch wohl die auffälligste Folge der Serie. Ganz im Stile von Akira Kurosawa und den alten Samurai-Filmen erzählt „Das Duell“ von einem nicht näher ergründeten Samurai/Jedi/Sith-Krieger, der ein Dorf vor einer Gruppe Angreifer beschützen muss. Filme wie „Yojimbo“ und „Seven Samurai“ lassen grüßen. Dabei besticht die Folge nicht nur durch ihren einzigartigen Stil, sondern auch durch ihre Actionszenen und Motive.
Die erzählerisch umfangreichste und vielleicht interessanteste Folge trägt den Titel „Die neunte Jedi“, welche in einem konservativeren Zeichenstil die Geschichte von einem jungen Mädchen erzählt. Als sie durch ihren Vater, einem Lichtschwertschmied, in die mögliche Wiederauferstehung des Jedi-Ordens und deren Kampf gegen die Sith verwickelt wird (anscheinend ist die Handlung irgendwann nach Episode IX angesiedelt), muss sie sich schon bald selbst als potenzielle Jedi beweisen. Was die Handlung betrifft, würde diese Folge wohl den besten Ansatz für eine Fortsetzung bieten.
Ebenfalls gelungen ist die siebte Folge. „Der Alte“ erzählt von einem Jedi-Meister und seinem Padawan und ist vermutlich noch vor „Episode I: Die dunkle Bedrohung“ zu verorten. Beide landen auf einem abgeschiedenen Planeten, auf dem sie die Anwesenheit eines dunklen Machtnutzers wahrnehmen. Obwohl der Kampf sehenswert ist, überzeugt vor allem die Dynamik der beiden Jedi, welche stark an Qui-Gon und Obi-Wan oder – in einem Alternativuniversum – an Qui-Gon und Anakin erinnert.
„Lop & Ochō“ gefiel mir ebenso. Während des galaktischen Bürgerkriegs nehmen ein Vater und seine Tochter ein von den imperialen Truppen unterdrücktes Waisenmädchen auf. Jahre später gehört sie wie eine zweite Tochter zur Familie, aber die Familiendynamik eskaliert, als sich der Vater gewalttätig gegen das Imperium wenden möchte. Die Dynamik der beiden Schwestern erinnert später nicht zufällig an die Beziehung von Obi-Wan und Anakin. Denn nahezu alle dieser Folgen variieren verschiedene Themen, die bereits die Film-Saga bestimmten. Das Gute gegen das Böse, Heldenreise und Bestimmung, Verrat und Tragik sowie vieles mehr.
Hier und da gibt es aber auch ganz ausgefallene Ideen. In der Regel widerspricht dabei der Stil, das Artdesign oder bestimmte Einzelentscheidungen gegen eine Integrierung in den offiziellen Kanon. Die meisten Geschichten sind jedoch klar in der Zeitlinie zu verorten und überschreiben nicht bereits erzählte Ereignisse. Lucasfilm möchte sich hier natürlich nicht festnageln lassen. So ist z.B. Folge 3 „Die Zwillinge“ irgendwann nach Episode IX angesiedelt und erzählt dabei von zwei Geschwistern der dunklen Seite. Prinzipiell nichts Abwegiges, aber den Kanon möchte man sich gerade in diese Richtung möglichst offenhalten. Auch mit dem Stil muss man erstmal warmwerden und der Tatsache, dass die Folge in guter, alter Rian-Johnson-Manier alle etablierten Regeln des Universums bricht (aufgrund der überdrehten Inszenierung aber verzeihbar).
Wieder anderes ist gleichermaßen harmlos wie erzählerisch unspektakulär: „Tatooine Rhapsodie“ erzählt in der zweiten Folge von einem jungen Jedi und seiner Rock-Band, die irgendwann nach Order 66 von Boba Fett verfolgt wird. Hier wird als einziges auf bekannte Figuren des Universums zurückgegriffen und die Erzählung könnte man sich als kleine Nebengeschichte des berühmten Kopfgeldjägers durchaus vorstellen.
„Die Braut des Dorfes“ wird derweil, meinen Eindrücken zufolge, auch schon von einigen Fans als einer der Favoriten gehandelt. In der vierten Folge landen eine Jedi und ein Forscher auf einem abgeschiedenen Planeten, der nach Order 66 von einer Gruppe unterdrückt wird, die aussortierte Kampfdroiden für sich nutzen. Der Kern der Folge ist dabei vor allem die Naturverbundenheit des einheimischen Volkes, von denen zwei Charaktere über eine ähnliche oder nur anders genannte Kraft wie die Macht verfügen. Als der Konflikt mit der feindlichen Gruppe eskaliert, greifen die Jedi und ihr Begleiter in das Geschehen ein und retten das einheimische Volk. Erzählerisch bleibt dabei am Ende viel in der Luft hängen, weil die Naturverbundenheit sowie die Mission der Jedi-Kriegerin und des Forschers gleichermaßen unergründet und die Aussage der Folge schwammig bleibt.
Die zwei schwächsten Folgen der bisherigen Serie kommen aber leider von demselben Studio. Folge 6 „T0-B1“ und Folge 9 „AKAKIRI“ sind zwar stilistisch einzigartig, aber in ihrer Geschichte unausgereift. „T0-B1“ erzählt von einem menschenähnlichen Droiden und einem Forscher, die (scheinbar ebenfalls nach Order 66) auf einem einsamen, abgelegenen Planeten leben. Der namensgebende Droide der Folge möchte dabei zu einem Jedi werden und muss sich schon bald dem Kampf stellen, als seine Heimat von einem Sith-Inquisitor entdeckt wird. Obgleich des süßen Zeichenstils beinhaltet die Geschichte aber leider keine eigenständige Note. Dass ein humanoide Droide über ein scheinbar eigenes Bewusstsein verfügt und als potenzieller Jedi sogar Zugriff auf die Macht hätte, wird nie ergründet oder gar gefragt. Potenzial verschenkt.
Dagegen ist „AKAKIRI“ die stilistisch wohl schwächste Folge. Die Geschichte kann dabei ebenfalls nicht wirklich überzeugen, auch wenn wieder mit einigen Kurosawa-Referenzen gespielt wird („The Hidden Fortress“). Gerade das Ende wirkt unstimmig und unbefriedigend, auch wenn hier thematisch wieder durchaus spannende Anlehnungen an die Film-Saga zu finden sind.
Ein Problem haben die meisten Folgen: Sie funktionieren weniger als Kurzfilme, sondern wie jeweils individuelle Pilotfolgen einer noch kommenden Serie. Dass Fragen offengelassen werden, ist zwar teilweise spannend, aber die häufigen Cliffhanger und unvollendeten Handlungsstränge sind dann oftmals doch eher ernüchternd. Dennoch bleibt zu hoffen, dass dies nicht ein einmaliges Experiment bleibt. Star Wars und Anime passt grundsätzlich hervorragend zusammen, nicht nur, weil George Lucas ohnehin stark von der japanischen Kultur beeinflusst wurde.
Besonders visuell sind die Folgen immer wieder richtig spannend und gelungen umgesetzt. Wenn nicht schon geschehen, wäre es eine echte Überlegung wert, wenn Lucasfilm mal eines dieser Studios frei heraus eine zusammenhängende Serie anvertrauen würde. Müsste ja ebenfalls nicht zwingend Kanon sein. Eins zeigt sich nämlich: Star Wars braucht diese frischen, experimentellen Ansätze. Und gerade Disney+ bietet jetzt die ideale Plattform. Dafür könnte man sich dann die nächsten x Staffeln „The Bad Batch“ und den einen oder anderen Mandalorian-Ableger sparen.
Bei diesem Film hängt alles von Part II ab, der, was man so vom Buch hört, ja definitiv (noch mehr) überzeugen soll. Denn was Grund 2 betrifft, muss ich auch sagen, dass mich "Dune" emotional recht kaltgelassen hat. Der Film war groß, die Welt interessant, die Inszenierung hervorragend, aber besonders spannend, emotional oder mitreißend empfand ich die Geschichte nicht. Aber Part I ist eben auch nur Prolog. Wenn Part II kommt, dann wird sich da (hoffentlich) ein nochmal ganz anderes Gesamtbild ergeben. Aber ja, ein Meisterwerk war dieser Film nun nicht.
Uff, harter Schlag für alle Marica-Lucas-Verehrer, die meinen, sie hätte Star Wars im Schnitt gerettet und wäre allein für den Erfolg des Films verantwortlich gewesen. Im neuen Buch "Howard Kazanjian: A Producer's Life" von J. W. Rinzler gibt sie selbst zu, dass George Lucas all den Credit verdient hat und sie sich nicht mal als "Herz" von Star Wars bezeichnen würde (wenn man George als den"Kopf" sehen würde):
Marcia has heard many times that George was the head and she was the heart of Star Wars, but she says that's not accurate: "I wouldn't think so. I definitely made scenes work. I made the end battle work. I definitely had a lot to do with making it work, but I wasn't the writer and I wasn't the director, and I didn't come up with the creative names, Darth Vader, Luke Skywalker. All those names are classics. George came up with all of it using his amazing imagination."
https://twitter.com/jediscum83/status/1439709325526802435
Marcia Lucas, die Ex-Frau von George Lucas, redet in einem neuen Buch über die Star-Wars-Sequels und übt vernichtende Kritik:
"I like Kathleen. I always liked her," says Marcia Lucas. "She was full of beans. She was really smart and really bright. Really wonderful woman. And I liked her husband, Frank. I liked them a lot. Now that she's running Lucasfilm and making movies, it seems to me that Kathy Kennedy and J.J. Abrams don't have a clue about Star Wars. They don't get it. And J.J. Abrams is writing these stories when I saw that movie where they kill Han Solo, I was furious. I was furious when they killed Han Solo. Absolutely, positively there was no rhyme or reason to it. I thought, You don't get the Jedi story. You don't get the magic of Star Wars. You're getting rid of Han Solo? And then at the end of this last one, The Last Jedi, they have Luke disintegrate. They killed Han Solo. They killed Luke Skywalker. And they don't have Princess Leia anymore. And they're spitting out movies every year. And they think it's important to appeal to a woman's audience, so now their main character is this female, who's supposed to have Jedi powers, but we don't know how she got Jedi powers, or who she is. It sucks. The storylines are terrible. Just terrible. Awful. "You can quote me—`J.J. Abrams, Kathy Kennedy talk to me."'
Das Zitat stammt aus einem Buch über Howard Kazanjian, der Produzent von Return of the Jedi, welches wohl das letzte Buch vom kürzlich verstorbenen J. W. Rinzler sein wird: Howard Kazanjian: A Producer's Life.
https://twitter.com/jediscum83/status/1439654872895401992
Marcia ist für ihre direkte Art bekannt. Im selben Buch zieht sie auch über The Phantom Menace her (siehe Link).
„Dune“, das lang ersehnte Science-Fiction-Epos, das neue „Herr der Ringe“, die Adaption eines sehr alten, einflussreichen Romans. Aber nur Teil 1, die erste Hälfte des ersten Buches. Und nach allem, was man hört ein neuer Geniestreich von Denis Villeneuve, der seit Jahren einen Kritikerhit nach dem anderen ins Kino bringt. Nun also „Dune“, sein Kindheitstraum, sein „Star Wars“ für Erwachsene. Mit all seinen Stärken, aber auch Schwächen.
Ich hätte „Dune“ gerne mehr gemocht. Hohe Erwartungen, die dann noch übertroffen werden, das wäre mal wieder schön, aber gelingt auch diesem Film nicht. Mein Verhältnis zu Denis Villeneuves Filmen ist kompliziert. „Blade Runner 2049“ gefiel mir, aber löste keine Freudensprünge in mir aus. Dafür konnte ich bereits mit dem Kultklassiker aus den 80ern zu wenig anfangen. „Sicario“ gefiel mir, aber führte ebenfalls nicht zu jenen Begeisterungsstürmen.
Denis Villeneuves Filme waren immer wieder diesen Hype ausgesetzt, aber so richtig gezündet hat bei mir fast kein Film. Am ehesten käme da „Prisoners“ heran, den ich tatsächlich für einen hervorragenden Thriller halte. Das liegt vielleicht auch daran, weil „Prisoners“ noch Elemente enthielt, von denen sich Villeneuve später löste: richtige Spannung und richtige Emotionen.
Zunächst sei auf die audiovisuelle Umsetzung verwiesen, die auch in „Dune“ mal wieder nicht weniger als überragend ist. Hier werden sich die Geister wohl am wenigsten scheiden, denn Denis Villeneuve gelingt es einmal mehr mit seinen fantastischen Bildern für ein wahrhaftiges Kinoerlebnis zu sorgen. Unterstützt wird das durch einen gewohnt wuchtigen Soundtrack von Hans Zimmer. Mehr Kino geht nicht.
Auch inszenatorisch ist „Dune“ eigentlich über alles erhaben. Wer „Blade Runner 2049“ kennt, wusste bereits, dass dieses Science-Fiction-Epos in guten Händen sein wird. Womit man sich stattdessen anfreunden muss, ist die mal wieder sehr unterkühlte und monotone Optik. Ebenfalls typisch Villeneuve ist die schwere und biedere Darbietung der Welt und ihre Charaktere. Nicht zu kurz kommt natürlich das Epische, das Bedeutungsschwangere, die schiere Größe der Bilder und der Welt.
Diesen Stil muss man dennoch mögen, denn erzählerisch bleibt dieser erste Part wenig spannend und emotional. Das liegt nicht nur am erwartbaren Handlungsverlauf, sondern auch an dem mangelnden Gespür für echte charakterliche und emotionale Momente. Der Tod der einen oder anderen Figur könnte tragisch und gefühlvoll sein, aber bleibt in der Regel doch überraschend blass.
Die Geschichte und die Themen des Buches und Films möchte ich an dieser Stelle nicht mehr übermäßig ausführen. Aber sie wirken doch einerseits veraltet und könnten anderseits aktueller nicht sein. Für das Alter der Vorlage kann der Film „Dune“ freilich nichts und es ist offenkundig, dass die Romanvorlage selbst zahlreiche spätere Werke inspiriert hat. Besonders von der Natur des Kolonialismus, der in den 60er Jahren gerade erst zusammengebrochen war, hat sich Frank Herbert beeinflussen lassen.
Angesichts der weltpolitischen Lage könnte „Dune“ nun zu keinem besseren Zeitpunkt erscheinen, nachdem der zwanzigjährige Afghanistan-Einsatz des Westens sang- und klanglos gescheitert ist. Da passt es, dass das Zentrum der Handlung, der Planet Arrakis, nicht nur generell eine trostlose Wüste ist, sondern durch das Kostümdesign der Fremen der Eindruck von den Terroristen/Freiheitskämpfern noch verstärkt wird. Diese nahöstliche Komponente ist einfach unübersehbar, als hätte Villeneuve für Arrakis in Afghanistan gedreht, so sehr bildet man sich ein die Bilder wiederzuerkennen.
Um bei den thematischen Aspekten des Films zu bleiben, steht dieser erste Part natürlich stets unter dem Vorbehalt, dass man den zweiten Teil noch nicht gesehen hat. Erst dann ließe sich wirklich ein abschließendes Urteil bilden. Dennoch lässt sich bis dahin zumindest sagen, dass die Prämisse, der kommende Kampf gegen das Imperium und die Fremdherrschaft erzählerisch nicht so spannend ist, wie in viel zitierten Vorgängerfilmen (ironisch, wie häufig plötzlich James Camerons „Avatar“ genannt wird, der immer selbst als Kopie so vieler anderer Geschichten galt).
Protagonist Paul Atreides wendet sich nicht aus Überzeugung gegen seinesgleichen, sondern aus Not heraus. Und die Motivation dafür ergibt sich aus dem Verrat an seinem Haus, weswegen er nur noch indirekt gegen seine „eigenen Leute“ kämpft. Dadurch ergeben sich bestimmte Konflikte natürlich erst gar nicht; Paul bleibt, bis hierhin, als Figur verhältnismäßig uninteressant.
Als jemand, der weder den Roman gelesen hat, noch Lynchs missglückten Versuch einer Verfilmung gesehen hat, kann jetzt natürlich schnell mit Verweis auf „was da noch alles kommt“ vertröstet werden. „Dune“ gesteht sich zum Schluss selbst ein, dass dies nur der Anfang ist, eigentlich fast schon ein Prolog. Und dennoch verrät einem der Film nahezu schon alles Relevante, was einem im potenziellen zweiten Teil zu erwarten hat. Der Film macht sich eher keinen Gefallen damit, dass Pauls Visionen die Handlung der übrigen Geschichte vorwegnehmen. Wäre der Ausgang dieser Heldenreise nicht schon offensichtlich genug, präsentiert es einem der Film noch mittels zahlreicher Visionen.
Mit Blick auf das Artdesign und die Optik komme ich auch nicht darum herum auf die „praktische“ Seite von „Dune“ einzugehen. Einige ergötzen sich ja schon wieder daran, wie real und echt dieser Film aussieht und Villeneuve da immer die richtige Mischung aus praktischen und visuellen Effekten zu finden scheint. Und klar, „Dune“ sieht hervorragend aus und alles, was aus dem Computer stammt, wurde großartig animiert. Und dennoch muss ich konstatieren: Daher sehen die Welten und das Artdesign in manchen Phasen auch sehr eintönig aus. Natürlich kann viel echt gedreht werden, wenn ohnehin ein Großteil des Films in einer Wüste stattfindet. Daher kann uns „Dune“ nicht in die kreativsten und erstaunlichsten Welten entführen (was vielleicht noch kommt), aber was Villeneuve inszenieren möchte, gelingt ihm erstaunlich gut.
Abschließend noch ein Vergleich zu „Star Wars“, der sich hier anbietet. Aufgrund der neuen „Dune“-Verfilmung werden diese Vergleiche präsent, da sich George Lucas von Frank Herberts Roman mutmaßlich stark hat beeinflussen lassen. Die Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen, aber müssen auch kontextualisiert werden. Viele Science-Fiction-Autoren haben sich von „Dune“ inspirieren lassen, aber nicht alles, was sich zu ähneln vermag, stammt direkt aus dem Roman. In frühen Drehbuchentwürfen hat sich Lucas stärker inspirieren lassen, wovon im finalen Film aber nur noch Teile übrigblieben.
Der Planet Tatooine als Arrakis-Kopie fällt da noch am ehesten ins Gewicht, obgleich hier wichtige Unterscheidungen zu nennen sind: Tatooine und seine Einwohner sind mehr als Grenzland und somit Westernparallele zu verstehen, nicht als Ort des Widerstandes. Der Kampf gegen ein Imperium erinnert derweil an die Rebellion in „Star Wars“, obgleich hier eher zwei Inspirationsquellen zusammenfallen und sich ähneln: Was für Herbert der Kolonialismus war, war für Lucas der Krieg im Vietnam.
Paul Atreides als Auserwählter mitsamt seinen Visionen erinnern dagegen an Anakins Geschichte in den Prequels, weniger an Luke in „Star Wars“. Die Idee vom Auserwählten gab es bereits in frühen Entwürfen von „Star Wars“, schafften es allerdings erst sehr viel später in die Saga. Genauso wie hier, wie auch angesichts der Jedi-ähnlichen Bene Gesserit lässt sich jedoch keine direkte Verbindung zu „Dune“ herstellen. Frank Herbert wird sich dafür genauso an der klassischen Heldenreise orientiert haben, wie später Lucas. Die Idee des Auserwählten ist freilich ein paar tausend Jahre älter als Herberts „Dune“.
Bei den Jedi und Bene Gesserit hatten Lucas und Herbert vermutlich eine gemeinsame Vorlage: Smiths Lensmen Saga aus den 1930er Jahren. Diese handelt u.a. von Elitekriegern, den Lensmen, die mit telepathischen Fähigkeiten die Friedenshüter der Galaxie sind. Somit ist „Dune“ eines von vielen Vorlagen für „Star Wars“ gewesen. Einiges ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen (z.B. auch der vorerst gesichtslose Imperator), aber anderes entstammt vielen verschiedenen Inspirationsquellen und lässt sich nicht immer direkt auf den ersten „Star Wars“-Film beziehen.
Fazit: „Dune“ ist groß und episch, inszenatorisch nahezu makellos und eine fantastische Kinoerfahrung. Aber mittlerweile typisch Villeneuve ist der Film leider auch erzählerisch und emotional nicht wirklich mitreißend oder spannend. Hinter der tollen Ausführung steht die Geschichte noch spürbar zurück. Dieser „Dune“ ist eben nur Teil 1. Vieles vom dem, was nun aufgebaut wurde, muss eine Fortsetzung erst noch einlösen, um diesen Versuch einer Roman-Verfilmung wirklich abschließend bewerten zu können.
„Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“ ist mittlerweile der 25. Film des Marvel Cinematic Universe und bringt das berühmte Film-Franchise nach zwei Jahren erzwungener Pause zurück auf die Kinoleinwand. Dieser Film muss die Bürde tragen, die sogenannte 4. Phase des MCUs zu eröffnen, wodurch „Shang-Chi“ gleichzeitig als Gradmesser und Wegweiser (aus finanzieller und erzählerischer Hinsicht) für den quasi Neustart des seriellen Franchises gilt. Technisch gesehen gehörte „Black Widow“ bereits zu Phase 4; ein Film, der sich jedoch aufgrund seines Prequel-Charakters und der zeitgleichen Veröffentlichung auf Disney+ nicht wirklich als Referenzbeispiel für das MCU „Post-Endgame“ hernehmen lässt.
Nach längerer Zeit der Kino-Abstinenz stellt „Shang-Chi“ im Wesentlichen einen erzählerischen Neustart dar. Nicht nur aufgrund der erzwungenen Pause, sondern auch angesichts der inhaltlichen Qualität, die das MCU auf den letzten Metern spürbar verlassen hatte (Captain Marvel, Avengers: Endgame, Spider-Man: Far From Home), besitzt Marvels neuster Film die etwas unrühmliche Aufgabe, neue und alte Zuschauer zurückzugewinnen. Was ist denn nun von der 4. Phase und dem MCU nach dem Endgame-Finale zu erwarten? Bleibt alles beim Alten oder betreten Kevin Feige und sein Marvel-Film-Universum neue Pfade? Vor allem mit Blick auf die Origin-Filme des Franchises hatte sich Marvel noch nie mit Ruhm bekleckert. Besonders hier wurde die formelhafte Narrative immer deutlich.
„Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“ ist tatsächlich eine positive Überraschung, wenn auch keine Genre-Offenbarung. Auf verschiedenen Plattformen und Rating-Seiten wird Marvels neuster Streich schon wieder als das Nonplusultra des Comic-Genres angepriesen. Nun, so gut ist „Shang-Chi“ nicht, aber er entpuppt sich doch zumindest als kleiner Überraschungshit für das MCU nach Jahren der Flaute (der letzte gute Film war „Avengers: Infinity War“). Marvel lernt sogar aus einigen ihrer Fehler, die insbesondere die lahmen Origin-Filme immer schwer belastet haben.
Im Vergleich zu den Team-Up- und Event-Filmen wirkten jene oftmals nur wie eine Zwischenstation zum nächsten großen Finale und die immer gleichen Spannungsbögen und formelhaften Erzählweisen machten die Einzelabenteuer umso langweiliger und uninteressanter als den Rest der Reihe (man erinnere sich an „Doctor Strange“, dem so wenig einfiel, dass man Tony Stark als Charakter einfach kopierte). „Shang-Chi“ erfindet das Rad nicht neu, aber als langjähriger Fan wurde auch ich zunehmend müde, angesichts des fehlplatzierten Humors, blassen Antagonisten, klassischen Love-Interests und einer redundanten Drei-Akt-Struktur mit dem immer selben Effekt-Finale. Zumindest die ersten drei dieser fünf Eigenschaften finden sich in „Shang-Chi“ zum Glück nicht mehr wieder.
Eine sechste Sache kommt hinzu: die Action. Ein bisschen kompetent inszenierte Action war angesichts der Vermarktung natürlich zu erwarten, aber wenn es sich nicht gerade um die letzten beiden Ableger der Captain-America-Trilogie gehandelt hat, dann enttäuschte das MCU in den letzten Jahren besonders auf diesem Feld. Die Martial-Arts-Action von „Shang-Chi“ sticht nun heraus, welche gerade im ersten Akt hervorragend choreografiert ist und bis ins Finale präsent bleibt (sogar das Effekt-Gewitter am Ende lässt noch Raum dafür).
Ich bin zwar kein Kenner des asiatischen Kinos – welches sich an dieser Stelle nochmal auseinander differenzieren ließe –, aber als Inspirationsquelle für Marvels ersten richtigen chinesischen Helden übernimmt „Shang-Chi“ hier durchaus kompetent und ansehnlich einige Einflüsse und lässt diese in seine hervorragend inszenierten Kämpfe einfließen. Vor allem die erste Sequenz in einem Bus überrascht und setzt gleich einen Standard für den restlichen Film, welcher die üblichen Schwächen des MCUs vergessen lässt.
Auch im Humor-Bereich überzeugt Marvel endlich wieder. Schauspielerin Awkwafina ist als Comic-Relief gelungen, weil sie mit ihrer Art nie nervt, keine Szene unnötig mit Ironie gebrochen wird und ihre Witze tatsächlich gut dosiert und lustig sind. Ab dem zweiten Akt hält sie sich außerdem angenehm zurück, wodurch der Film mehr Raum für seine ernstere Geschichte erhält. Immer noch vor Schmerz windend erinnere ich mich an den furchtbaren und unpassenden Humor von „Avengers: Endgame“. Scheinbar sind wir wieder in einem verträglichen Bereich angekommen.
Zwei größere Kritikpunkte besitzt „Shang-Chi“ in meinen Augen aber dennoch. Auf der einen Seite wäre die ausartende Exposition zu nennen, die maßgeblich im zweiten Akt gebraucht wird, um die viel zu umfangreiche und komplizierte Vorgeschichte sowie Handlung des Films zu erklären. Da dem Film nichts einfällt, um diese Informationen sinnvoll zu visualisieren, tragen es einem die Figuren einfach minutenlang vor. Und selbst dadurch schafft es der Film nicht mal all seine historischen Elemente zu erklären. So bleibt der Ursprung der zehn Ringe weitestgehend unangetastet. Im Zusammenspiel damit nimmt der Einsatz von Rückblenden phasenweise Überhand. Immer wieder verstreut muss zusätzlich die Hintergrundgeschichte von Shang-Chis Kindheit erklärt werden, womit man in Anbetracht des Umfangs fast einen eigenen Prequel-Film hätte drehen können.
Auf der anderen Seite steht das MCU-typische Effekt-Finale im letzten Drittel des Films. Unter Umständen hätte mich dies nicht mal sonderlich gestört, wenn die plötzlich etablierte Fantasy-Welt, in der das letzte Drittel stattfindet, nicht so deplatziert und abstoßend gewesen wäre. Letztlich wirkte sie mehr albern und möchte einfach nicht zum zuvor geerdeten Martial-Arts-Stil passen. Comic-Geschichte und Hintergrund in allen Ehren, aber diese kurzfristig aufgebaute Pokémon-Welt empfand ich doch als unpassend. Dadurch wird leider auch der zuvor aufgebaute Vater-Sohn-Konflikt geopfert, welcher durch eine noch größere und viel langweiligere Bedrohung ersetzt wird. Warum „Shang-Chi“ hier als Origin-Film nicht kleiner und konzentrierte bleiben durfte, bleibt mal wieder das Geheimnis von Kevin Feige und Marvel.
Was gleichsam positiv als auch negativ beurteilt werden könnte, ist die konsequente Verankerung der Handlung in die chinesische Mythologie und geografische Vorortung, wodurch ungefähr 20-25% des Films in Chinesisch gesprochen wird. Aus unerfindlichen Gründen erwähnte das auch gefühlt keine einzige Filmkritik, weswegen man sich als Zuschauer die ersten zehn Minuten erstmal fragt, ob das Kino die richtige Version abspielt. Einerseits ist diese Entscheidung aufgrund der kulturellen Grundlage sehr konsequent und lässt zumindest erkennen, dass der Film seine Charaktere und seine Wurzeln ernst nimmt (im Gegensatz zu „Black Panther“, der absolut nichts mit Afrika zu tun hatte). Anderseits wirkt diese filmische Entscheidung natürlich auch kalkuliert, welche sich zugunsten des angepeilten chinesischen Marktes einfach treffen ließ. Für mich überwiegt hier aber das Positive, obgleich eine bewusste Anbiederung an den chinesischen Markt nicht abzustreiten ist.
Abschließend sind noch der Protagonist und sein Gegenstück, der „Mandarin“, zu erwähnen. Tony Leung bringt nun endlich nach Jahren den echten „Mandarin“ ins MCU, der sich allerdings weder so nennt, noch als bemerkenswerter Bösewicht herausragt. Für MCU-Verhältnisse ist der Bösewicht in Ordnung, sticht jedoch im Vergleich mit den anderen, meist eher schwachen Marvel-Antagonisten, nur leicht hevor. Die Fans, die seinerzeit von „Iron Man 3“ enttäuscht wurden, dürften zwar damit ein wenig Genugtuung erhalten haben. Gegen Ende flacht die vorhandene Motivation von Shang-Chis Vater aber leider ab und wird immer austauschbarer.
Zumindest der Konflikt zwischen dem Protagonisten Shang-Chi und ihm überzeugt, auch wenn er im letzten Abschnitt zugunsten der Effekte untergraben wird. Immerhin findet der Konflikt eine elegante Lösung, um das ebenfalls typische Origin-Phänomen der MCU-Filme zu umgehen, dass zwei Figuren grundlegend dieselben Kräfte haben und sich damit am Ende die Köpfe einschlagen. Stattdessen muss Shang-Chi eine andere Technik erlernen, anstatt einfach zehn weitere Ringe zu erhalten.
Thematisch und erzählerisch ist aber auch von „Shang-Chi“ nichts Neues zu erwarten. Originelle, zentrale Motive sind, bis auf die beliebten „Daddy-Issues“ und einem kleinen Weltrettungsszenario, nicht vorzufinden. Simu Lu bleibt als Protagonist farblos, trotz seines sympathischen Auftritts (eine spannende Charaktereigenschaft bzw. Entwicklung lässt der Film mittels seiner Rückblenden sogar unbeantwortet und spielt im Kampf gegen den Vater leider keine Rolle mehr, Stichwort: Blutschuld und sein erster Auftrag). Mehr als die übliche Heldenreise erhält man also nicht. Wiederum positiv anzumerken, ist, dass Shang-Chi auf eigenen Beinen steht und der Film seinem eigenen Helden vertraut. Allzu häufig benötigen mittlerweile auch Origin-Filme Unterstützung von etablierten Figuren des MCUs (siehe die neue Spider-Man-Trilogie und Captain Marvel).
Fazit: „Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“ ist ein hervorragend inszenierter und unterhaltsamer Eintrag in das Marvel Cinematic Universe, der zwar nicht zu den Top 10 aller Comic-Verfilmungen zählen wird, aber das Franchise in eine vielversprechende Richtung führt. Es wurde nicht aus allen Fehlern gelernt, aber nach Jahren der Flaute bringt „Shang-Chi“ endlich wieder frischen Wind. Erzählerische Mängel und das schwache letzte Drittel bewahren den Film davor zu einem echten Kinohit zu werden, aber die Mischung aus fein choreografierter Action, der richtigen Balance aus Witz und Ernst sowie dem gut aufgelegtem Cast machen aus „Shang-Chi“ einen unerwarteten Achtungserfolg.