Torbinho - Kommentare

Alle Kommentare von Torbinho

  • 6 .5

    Schnörkellos inszenierter irischer Neo-Western mit Thriller-Anleihen, der sowohl von den schönen Landschaften als auch den starken Schultern eines Liam Neeson profitiert. Gleichzeitig muss sich der Film aber auch dem Alter seines Hauptdarstellers anpassen und fährt den Thrill nur mit sanft gedrücktem Gaspedal durch die irischen Felder. Mehr als der zweite Gang ist dabei nicht drin, wilde Action- oder Kampfszenen gibt es nicht zu sehen. Dafür punktet man mit Einöd-Atmosphäre und versucht mit eindringlichem Score nochmal etwas Adrenalin herauszukitzeln, was die 08/15 Geschichte um einen ausscheidenden Auftragskiller im irischen 1974 nicht immer hergibt. Jack „König Joffrey“ Gleeson und Ciaran Hinds geben gute Sidekicks und runden das Ding ab.

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    • 7

      Ganz in der Tradition eines SciFi Actionblockbusters kommt Gareth Edwards (Rogue One, Godzilla, Monsters) „The Creator“ daher und kann mit einer interessanten Story sowie grandiosem world building aufwarten.
      Edwards lässt hier nach einer Atombombenexplosion in Los Angeles eine hoch entwickelte KI gegen den Menschen antreten. Dabei sieht „The Creator“ dank der Kreativität der Produzenten und der fähigen Kameraleute einfach phänomenal aus. Schauplätze wie der fiktive Ground Zero in LA, asiatische Hinterlandschaften die schnell zu Kriegsschauplätzen werden oder die KI gesteuerten Roboter selbst sind überwältigend inszeniert. Die Action kommt ideenreich und teils sogar sehr brachial daher. Zudem macht sich bezahlt, dass an vielen Originaldrehorten gefilmt wurde. Das sieht einfach viel authentischer aus und hebt das Qualitätsgefühl enorm. Für heutzutage schlappe 80 Mio Dollar Budget, hat man hier etwas wirklich Tolles auf die Beine gestellt.
      Leider fehlt es dieser visuellen Opulenz aber an inhaltlichem Gegengewicht. Neben einer wendungsreichen Geschichte befasst man sich doch nur recht oberflächlich mit existentiellen Fragen rund um die Daseins Berechtigung des Menschen, neuen Lebensformen wie KI sowie Schuld und Sühne. Auch der Aufhänger der Liebesgeschichte funktioniert nicht immer. Denn dafür bekommt man zu wenig Gelegenheiten um die beiden Protagonisten und ihre Beziehung zu einander kennenzulernen und muss zunächst einfach schlucken was einem vorgesetzt wird. Das resultiert dann darin, dass dieser Part schon fast störend, ja zum Ende hin ein wenig schnulzig wirkt und man sich insgesamt eher an der Geschichte rund um das KI Kind orientiert. Das Ende irritiert mit seiner Gesamtaussage dann noch zusätzlich (ACHTUNG SPOILER: scheitert der Mensch letztendlich wirklich aufgrund seiner Menschlichkeit??)
      Insgesamt ist das meckern auf hohem Niveau, aber um das verschenkte Potential etwas ganz ganz Großes zu schaffen doch etwas schade.

      Fazit: Hochwertiges Science Fiction Actionkino dem ein bisschen mehr Nolan und etwas weniger Bay für einen rundum gelungenen Gesamteindruck gut getan hätte

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      • 5 .5

        In „Beale Street“ widmet sich Jenkins der gleichnamigen Romanvorlage. Es geht um die junge Liebe eines afroamerikanischen Pärchens im New Orleans der 70er Jahre. Dabei haben sie mit allerlei Hindernissen aufgrund ihrer Hautfarbe zu kämpfen.
        Der Film setzt da an, wo Fonny unschuldig ins Gefängnis einwandert und seine Freundin Tish verzweifelt versucht diese Unschuld zu beweisen. Dieser Hauptstrang wird immer wieder durch Rückblicke unterbrochen, in welchen die Entwicklung dieser Liebesgeschichte erzählt wird. Jenkins Fokus liegt damit vor allem auf den emotionalen Welten der Protagonisten, als auf dem Justiz Drama. Die frustrierende Ohnmacht vor der Willkür die die Beiden und ihre Familien aufgrund ihres Hintergrunds erfahren, ist da schon fast nur Beiwerk für das sezieren einer Romanze.
        Fest gehalten ist das Ganze in großartig aussehenden Bildern, die musikalisch schön unterlegt sind. Was fehlt ist am Ende aber eine packende Erzählung sowie dramatische Höhepunkte, denn die sieht man selten. Aufgrund der Fokuslegung werden die rassistisch begründeten Ungerechtigkeiten zum Teil nur angedeutet, nicht explizit gezeigt. Das nimmt einiges an Dramatik aus der Geschichte, die sich so hauptsächlich am Alltagsrassismus abarbeitet und dem Zuschauer die ganz großen Aufreger erspart.
        Was bleibt ist am Ende nur ein müder Liebesfilm, der sich irgendwann in seinem Gesäusel verliert und meine volle Aufmerksamkeit verloren hatte. Man wird das Gefühl nicht los, das da dramaturgisch mehr drin gewesen wäre.

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        • 7

          Da kann man doch recht froh sein, dass Warner den Film trotz der Querelen um Hauptdarsteller Ezra Miller doch veröffentlicht hat. Denn „The Flash“ ist ein rasanter und unterhaltsamer Film geworden, der das Fan Herz höherschlagen lässt und das DC Universum ordentlich durcheinanderwirbelt.
          Ähnlich wie es Marvel mit seinem Spider-Man schon vorgemacht hat, manövriert uns hier Andy Muschietti in ein Multiversum-Feuerwerk. Mit von der Partie sind neben Flash auch verschiedene Versionen des Batman sowie Supergirl. Gerade die Auftritte des Michael Keaton Batmans sind das nostalgische Highlight des Films und eine Wonne für Fans erster Stunde. So darf man nochmal Platz nehmen in der altehrwürdigen Bat Cave und ein paar Extrarunden mit dem legendären Bat Wing drehen, der hier ordentlich Spielzeit bekommt. Der originale Batman Score von Anno 1989 jagt dann auch nochmal Gänsehaut ein. Von einer Burton-gleichen Düsternis ist „The Flash“ allerdings weit entfernt. Humor und Leichtigkeit überwiegen hier.
          Auch Ezra Miller spielt den Flash mit viel Witz und Charme. Erinnerte mich stellenweise sogar an Tobey Maguire in Spider-Man. Die emotionale Tiefe, die Zerrissenheit…war eigentlich alles da. Auch wenn er zum einen die hyperaktive Nervensäge mimt, gibt er zum anderen dem emotional fast gebrochenen Menschen genug Platz, so dass seine Verzweiflung sehr menschlich und nachvollziehbar wirkt.
          Und so macht „The Flash“ vieles richtig und hat nicht nur eine interessante Geschichte (wenn auch nicht immer logisch) zu erzählen, sondern bietet auch abwechslungsreiche Actionszenen, die vom Pacing gut getroffen sind und man nie Marvel-mäßig ermüdet. Einzig das CGI lässt manchmal doch zu wünschen übrig und lässt den Film gerade im Finale Computerspiel-artig abdriften.

          Fazit: Es scheint als wäre Batman für gute DC Filme nötig, denn „The Flash“ zählt für mich zu den besseren Vertretern der nicht immer erfolgreichen DC Comicverfilmungen und gesellt sich gut zu der Neuauflage von James Gunns Suicide Squad.

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          • 8

            „The Man Who Wasn’t There“ ist wohl das, was man einen waschechten Coen-Film nennen kann. Schon nach wenigen Minuten wird das durch den typischen Stil, geprägt vom Genre-Mix, edelster Kameraarbeit, skurrilen Charakteren und unerwarteten Wendungen mehr als deutlich.
            Das Genre lässt sich wie erwartet gar nicht so leicht einordnen. Tragikomödie vielleicht oder aufgrund der der vorhandenen Elemente wie der schwarz-weiß Einfärbung und einer Femme Fatale als Film noir. Billy Bob Thornton spielt den schwer zu entziffernden Anti-Helden Ed, Friseur im Salon seines Schwagers, zweiter Stuhl. Ihm steht die Einfachheit ins Gesicht geschrieben. Selten habe ich eine Hauptfigur mit so wenig Text gesehen. Vielmehr kommt Thornton durch sein körperliches und mimisches Spiel. Als er eines Tages seine Chance wittert ein Investment zu tätigen, um aus seinem tristen Leben auszubrechen, kippt ein Stein im Dominoeffekt den Nächsten um und führt alle Beteiligten immer weiter ins Verderben. Die fortan bittere, ernste Unausweichlichkeit des Geschehens ist unterhaltsam anzuschauen, auch wenn der Plot einfach so dahinplätschert, in punkto Einfachheit der Hauptfigur angepasst wurde und immer wieder nur durch neue Schicksalsschläge an Dynamik hinzugewinnt.

            Fazit: Wer Coen will, bekommt auch Coen. Außergewöhnlich gut inszeniert überzeugt The Man Who Wasn’t There auf allen Ebenen nach stilechtem Coen-Rezept.

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            • 7

              Besser als gedacht!
              Nachdem ich den Vorgänger „Der Vorname“ aufgrund der Vorkenntnis des französischen Originals noch recht in Ordnung in der Umsetzung fand, da nicht mehr sehr überraschend, hat mir das Sequel sogar etwas besser gefallen.
              Wortmann ist ein frecher Ensemble Film über Familienwahnsinn gelungen. Dabei benötigt man null Vorkenntnisse aus „Teil 1“. Mit viel Wortwitz hauen sich die Protagonisten Gemeinheiten um die Ohren und lassen so manches Geheimnis lüften, was wiederum zu neuen Streitpunkten führt. Wiedererkennungswert aus dem eigenen Leben inklusive. Besonders Christoph Maria Herbst als deutscher Michel unter kanarischer Sonne ist eine Sichtung wert, aber auch der Rest des Casts ist sehr gut aufgelegt und harmoniert äußerst gut miteinander.
              Ein paar Schlenker in der Story, sprich weitere (abstruse) Enthüllungen hätte man sich sparen können, um das Ganze dann doch etwas glaubhafter zu halten. So ist „Der Nachname“ eine bissige Familienfehde geworden, die man allerdings nicht allzu ernst nehmen kann, den Zweck der Unterhaltung aber voll erfüllt.

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              • 4

                Wer hätte anno 2014 gedacht, dass sich aus einem ehemals im Ruhestand befindlichen Auftragskiller, eine derart ikonische Filmreihe erzeugen lässt?! Während die ersten drei Teile allerdings noch durchaus unterhaltsam waren, da sie in eine geheimnisvolle Parallelwelt von Auftragskillern entführte und mit perfekt choreografierten Kämpfen überzeugen konnte, hat man im nunmehr 4. Teil der Reihe nicht mehr viel zu erzählen. Nach strammen 60 Minuten ist immer noch keine Story in Sicht. Stattdessen reiht sich eine Prügel- und Ballerorgie an die nächste. Nur der Schauplatz wird zwischendurch gewechselt. Von New York nach Osaka, Berlin und Paris. Warum, das erschließt sich nicht. Wahrscheinlich weil es cooler aussieht. Da wird sich mitten in einer Berliner Untergrunddiskothek bekämpft was das Zeug hält und keinen der feiernden Gäste interessiert es. Auch am Arc de Triomphe geht es drunter und drüber, ohne das es irgendwen stört. Die genannten Szenen sind dennoch wohl jetzt schon legendär, aber auch völlig surreal. Denn nichts fühlt sich hier noch real an. Es wirkt wie eine Comicverfilmung, die dadurch auch jegliche Faszination für das drumherum um das Management und die Kammer verloren hat.
                Hauptdarsteller Keanu Reeves wirkt mittlerweile auch recht ungelenk und wenig athletisch. Den hartgesottenen Auftragskiller nehme ich ihm nicht mehr ab und man fragt sich nicht nur einmal, warum er nun viel besser sein soll, als jeder seiner gefühlt 1000 Gegner.
                Keine Spannung, keine Überraschungen, bloß eine Aneinanderreihung von sehenswerten Actionszenen, die allerdings auch immer lächerlicher und unglaubwürdiger werden.
                Der emotionalste Moment war noch der, als ich realisierte, dass ich diese 169(!) Minuten (warum?) Lebenszeit nicht zurück bekomme.
                Hoffentlich darf Jonathan seinen wohl verdienten Ruhestand nun endlich genießen.

                Fazit: Teil 4 ist ein überlanges und überladenes Action-Sequel, das die Essenz der Reihe verliert und außer Schauwerten rein gar nichts zu bieten hat.

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                • 6

                  Joachim Trier projiziert in persona Julie (Renate Reinsve) den schlimmsten Menschen der Welt auf die Leinwand. Demnach ist dieser zwar hoffnungsvoll und aufstrebend, allerdings auch stets rastlos, unzufrieden, immer auf der Suche nach etwas Besserem und äußerst egozentrisch. Dabei bewegt sich Trier bei seiner Inszenierung weit weg vom provokanten Stile eines Lars von Triers. Vielmehr besticht die erste Hälfte durch emotionale Tiefe und eine nette Atmosphäre, ja fast schon Coming of Age-like. Die Charaktere erscheinen äußerst echt und interessant und so ein norwegischer Sommer kann scheinbar sehr schön sein.
                  Die Erzählung wirkt originell und sprunghaft, mit einigen Tempowechseln, Rückblenden und (nervigen) Voice-overs (warum braucht man jemanden, der einem sagt, was man da gerade sieht?!). Daran reihen sich sowohl lustige als auch berührende Momente, die auch mal nachdenklich stimmen, schließlich kennt man ja irgendwie irgendwo jemanden der ähnlich tickt wie Julie. Auch wenn viele das Verhalten einer Julie nicht tolerieren und als nervig empfinden würden, wird Trier nie wertend. Wünschenswert wäre jedoch dennoch eine gewisse Entwicklung ihres Charakters gewesen. Bis zum Schluss bleibt sie äußerst unbelehrbar und erzeugt mehr Mitleid beim Zuschauer als Verständnis. Eintönigkeit macht sich breit. Daran schließt sich unweigerlich die Frage an, was uns Trier mit seinem Werk sagen möchte. Wahrscheinlich verbucht man es einfach unter Momentaufnahme einer ambivalenten, verwöhnten Generation, die eine Fülle an Möglichkeiten besitzt, aber aufgrund dessen eher unsicher als erfüllt wirkt.

                  Fazit: Gefeiert und ausgezeichnet an jeder Ecke, kann ich mich den Lobgesängen nicht vollends anschließen. Trier gelingt ein unterhaltsamer Blick auf einen bestimmten Typus Mensch, was besonders durch seine Erzählung interessant und lebendig wirkt. Jedoch verbleibt das ganze ohne großartiges Drama und Aussagekraft und damit wohl auch nicht lange in meinem Filmgedächtnis.

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                  • 6 .5

                    Roberts, Hawke, Ali, Bacon. Bei den Namen schnalzt man mit der Zunge und kann einfach nicht widerstehen einen Blick zu riskieren. Und tatsächlich beginnt der Apocalypse Thriller „Leave the World Behind“ sehr stimmig. Der Film schafft es, eine bedrückende Atmosphäre zu erzeugen, die den Zuschauer in seinen Bann zieht, ohne dabei zu viel zu erklären oder zu zeigen. Das Gefühl einer unbekannten Bedrohung steigert sich stetig und ein unangenehmes Gefühl macht sich breit. Vieles wird nur angedeutet oder völlig unbeantwortet gelassen, was die Fantasie des Zuschauers beflügelt. Irgendwas passiert da draußen und irgendwer ist dafür verantwortlich…
                    Interessant, dass ausgerechnet Expräsident Obama diesen durchaus systemkritischen Film mitproduziert hat.
                    Hat man die Umstände dann etwas eingeordnet geht dem Werk nach hinten raus dann aber doch allmählich die Luft aus. Es werden keine Antworten geliefert und die Charaktere verhalten sich zusehends unglaubwürdiger. Eine wirkliche Story bekommt man nicht geliefert. Das Ende ist für meinen Geschmack aber recht gelungen, da es dem Zuschauer Gelegenheit bietet sich seine eigenen Gedanken zu machen.

                    Fazit: „Leave the World Behind“ ist ein interessanter und provokanter Film, der die Ängste und Konflikte der heutigen Zeit widerspiegelt, dabei häufig mit satirischen Blicken versehen. Die teils frustrierende Erzählweise mit seinen vielen Unbekannten wird allerdings nicht jedermanns Geschmack treffen.

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                    • 6 .5

                      Der etwas spießig wirkende Außenseiter Oliver zeckt sich bei seinem Oxford Kommilitonen Felix ein. Der wiederum gehört dem englischen Adel an, so dass Oliver einen Sommer in Prunk und Party verbringt. Ein Leben, an das man sich schnell gewöhnen kann…
                      Handwerklich durchaus gut und interessant gemacht, startet Saltburn sehr stimmig. Die Einführung in die College-Welt und die Entwicklung der Ereignisse sind sehr fesselnd. Das starke Ensemble Spiel kann einiges hermachen. Zum Ende verzettelt sich Fennell dann unerwarteter Weise ähnlich wie damals im Erstlingswerk „Promising Young Woman“ und wird zunehmend unglaubwürdig und abgedroschen.
                      Die provokanten aber kalkulierten „Skandalszenchen“ über die „jeder“ spricht, hat Saltburn eigentlich nicht nötig, machen ihn aber interessanter, da sie die Abgründe des Olivers offenlegen. Die Polarität die der Film hervorruft, rührt daher mit Sicherheit auch von dem ambivalenten Charakter Olivers, der höchst unsysmpathisch daherkommt und doch irgendwie das bekommt was er will.

                      Fazit: Unterhaltsamer Psychothriller im Jugendstil, der zum Ende sich etwas verschätzt und zu viel will.

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                      • 7 .5

                        Den Kristallschädel noch etwas schwer im Magen liegend, war ich sehr skeptisch nach der Ankündigung eines mittlerweile 5. Teils mit einem Harrison Ford in nun fortgeschrittenen Alter. Mit dem Rad des Schicksals ist James Mangold aber eine meiner größten Überraschungen des Kinojahres 2023 gelungen.
                        Besonders die Rückkehr zu den Wurzeln, unter anderem durch die Entscheidung einen Teil des Films in der Vergangenheit spielen zu lassen, stellt sich als hervorragender Kniff heraus und gibt dem Film einer gewisse Vielschichtigkeit. Der technisch verjüngte Harrison Ford sieht dabei verblüffend „echt“ aus.
                        Von unnötigen Altlasten entledigt man sich. Der Sohn und prädestinierte Nachfolger Indys wird kurzerhand mithilfe flüchtiger Nebensätze aus dem Leben geschrieben und blasse Figuren sucht man hier vergebens. Alle Darsteller sind mit großer Spielfreude bei der Sache. Mads Michelsen gibt einen großartigen (Bond) Bösewicht und Phoebe Waller-Bridge viel freche Frische in das Skript.
                        Mangold schafft ein insgesamt großartiges Abenteuergefühl. Dabei ist das Pacing sehr angenehm und wirkt nie gehetzt, obwohl Indy sich standesgemäß wieder quer über den Globus bewegt, zu Wasser, zu Lande und in der Luft.
                        Für Nostalgie sorgen immer wieder kleinere Rollen für alte Weggefährten. Da geht das Indy-Fanherz auf und der Fakt dass ein mittlerweile 80 jähriger Ford nicht mehr allzu geschmeidig in den Action-Szenen wirkt und das Skript im Finale doch etwas übers Ziel hinaus schießt, stören da nicht mehr allzu sehr.

                        Fazit: Hut ab vor James Mangold, der es versteht der Indy-Reihe neues Leben einzuhauchen. Fast würde man sich einen weiteren Einsatz für Indiana Jones wünschen, doch man muss auch wissen wann Schluss ist und „Das Rad des Schicksals“ ist ein guter Schluss.

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                        • 5
                          Torbinho 09.01.2024, 13:12 Geändert 09.01.2024, 13:13
                          über 1883

                          1883 erzählt die Vorgeschichte der Familie Dutton, bekannt aus der Serie Yellowstone, aber auch vom Pioniergeist des amerikanischen Volkes. Ein Selektionslauf beginnt . Survival of the fittest. Pathos getränkt (Geigen! Wir brauchen noch mehr Geigen!) entdecken sie das gelobte Land und müssen auf ihrem Weg einigen Widrigkeiten trotzen.
                          Episch? Ja. Aufregend? Nein. Vielleicht bin ich mittlerweile schon zu abgestumpft, aber hier passiert mir pro Folge zu wenig. Viel Gerede, wenig Handlung. Mal werden die Siedler überfallen, mal beklauen sie sich gegenseitig, mal überqueren sie einen Fluss und mal trägt eine Frau doch tatsächlich eine Hose. Nichts was mich aus dem Sattel reißen würde.
                          Manche Darsteller sehen für diese rauen Zeiten irritierenderweise wie geleckt aus. Saubere Kleidung, kolorierte Haare, sichtbare Schönheitseingriffe…da hilft auch kein sprießendes Achselhaar um die Authentizität zu steigern. Bei manchen Figuren wirkt es zudem, als wären sie einfach aus dem woken 21. Jhd ins 19. Jhd transportiert worden. Auch nicht sehr glaubwürdig. Und ganz nebenbei, 1883 gab es noch keine BHs…

                          Fazit: Auch wenn ich mich bei dem ganzen Lobgesang hier wohl etwas unbeliebt mache, der Yellowstone Kosmos und ich werden einfach keine guten Freunde. Nachdem schon die Hauptserie bei mir kaum zünden konnte, springt auch anno 1883 nicht der Funke zu mir rüber. 1923 spare ich mir da wohl lieber.

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                          • 8 .5

                            Gangs of London ist wie Game of Thrones auf Steroiden!
                            Finn Wallace, Kopf eines Untergrundsyndicats, wird in der ersten Folge ermordet. Fortan werden die Karten neu gemischt und die Plätze am Tisch der Londoner Unterwelt neu vergeben. Ein jeder versucht sich in Position zu bringen, um bestmöglich abzukassieren. Dabei ist sich jeder der Nächste. Zusätzlich sorgt eine ominöse Gruppe, die Investoren, für Unruhe. Dafür taucht ein Neuer auf, Elliott, der sich für die ehrwürdige Wallace Familie als äußerst nützlich erweist.
                            Geliefert wird hier ein Action-Feuerwerk der Extraklasse, das sich vor keinem Hollywood-Blockbuster verstecken muss. Mit einem irren Tempo jagt man durch ein Netz aus Intrigen, Verrat und Korruption. Der Gewaltgrad ist dabei nichts für zart besaitete Gemüter. Die Kompromisslosigkeit ist dermaßen hoch, dass es einem sprichwörtlich den Magen umdreht und man stets angespannt vor dem Bildschirm kauert. Keiner kann sich sicher sein, so dass auch mal sicher geglaubte Figuren plötzlich abtreten oder ordentlich einstecken müssen.
                            Da ist es zu verschmerzen, das nicht alles immer sehr plausibel erscheint, denn die Protagonisten scheinen in einer Art Polizei-freier Welt zu leben. Auch wenn manchmal durch zuhören ist, das alle, Gerichte, Polizei etc. infiltriert sind, ist es doch sehr unglaubwürdig, dass die Polizei nicht ein einziges Mal einen ihrer Straßenkämpfe unterbricht oder vereinzelte Personen festgenommen werden. In Staffel 2 bedient man sich zudem eines billigen Drehbuchtricks, um die Geschichte am Laufen zu halten.

                            Fazit: Sky ist mit Gangs of London eine der besten Serien des Genres gelungen und ein absolutes Muss für Fans von Gangsterfilmen und -serien.

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                            • 8
                              über Tár

                              “Tár” ist ein Meisterwerk der filmischen Kunst, das die Zuschauer in die komplexe Welt der klassischen Musik entführt und dabei die Grenzen des Genres sprengt. Regisseur Todd Field präsentiert uns mit diesem Film eine fesselnde Charakterstudie, die vor allem durch die brillante Darstellung von Cate Blanchett als Lydia Tár zum Leben erweckt wird. Blanchett verkörpert die fiktive Dirigentin mit einer solchen Intensität und Nuanciertheit, dass man nicht anders kann, als von ihrer Leistung beeindruckt zu sein. Ihre Interpretation der Lydia Tár ist eine Tour de Force, die den Zuschauer durch die Höhen und Tiefen ihres Business führt.
                              Wobei leider der hollywoodsche Schönheitswahn unverkennbar bleibt. Das wird besonders in gemeinsamen Szenen von Blanchett und Nina Hoss deutlich, wo letztere zwar mehr vom Alter gezeichnet wirkt, dafür aber auch mehr Natürlichkeit ausstrahlt.
                              Dennoch, mühelos trägt sie mit all ihrer Erfahrung und Ausstrahlung den kompletten Film auf ihren Schultern.
                              Auch wenn die Geschichte einige Längen und viele Dialoge besitzt, ist jede Szene sorgfältig komponiert, um die emotionale Tiefe der Geschichte zu unterstreichen und den Zuschauer noch tiefer in die Welt der Protagonistin hineinzuziehen.

                              Fazit: “Tár” ist nicht nur ein Film über Musik, es ist ein Film über Leidenschaft, Macht, und die Suche nach künstlerischer Vollkommenheit. Ein absolut überzeugendes Gesamtpaket. Da schmerzt es am Ende tatsächlich etwas, wenn man bedenkt, wer in den entsprechenden Oscar Kategorien stattdessen ausgezeichnet wurde. Da verkommen die Academy Awards zu einem immer lächerlicher werdenden Zirkus.

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                                über Wish

                                Zum 100 jährigen präsentiert uns Disney hier eine Geschichte rund um Mut, Zusammenhalt und gegen Autokratie. Dabei ist sie gleichzeitig eine Hommage an die klassischen Werke des Studios und spielt geschickt mit der Nostalgie der Zuschauer.
                                Der Bösewicht ist schön charismatisch und die Konflikte werden kindgerecht gewaltfrei gelöst. Wie zu erwarten, sind die Animationen 1A. Der „Aquarell-Stil“ ist sehr gelungen.
                                Insgesamt wird die Geschichte um einen Wünsche-verzehrenden Zauberer allerdings etwas emotions- und vor allem humorlos vorgetragen. Die Sidekicks bleiben blass, vor allem die Gags der sprechenden Ziege sind doch sehr lahm. Den alten Mustern geschuldet, wirkt die Handlung vertraut und wenig innovativ.
                                Dafür ist das Finale sehr gelungen und recht herzerwärmend.

                                Fazit: “Wish” berührt das Herz durch seine liebevollen Anspielungen auf viele Klassiker des Disney Studios. Doch auch wenn die Animationen noch so beeindruckend sind, können sie die Magie des guten Geschichtenerzählens nicht ersetzen. Nichtsdestotrotz reicht es allemal um sein Zielpublikum gut zu unterhalten.

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                                • 9
                                  Torbinho 31.12.2023, 13:49 Geändert 01.01.2024, 09:10

                                  „Wieviel Kitsch passt in einen Film?“
                                  Tatsächlich Liebe: „Ja!“
                                  Wann aber, wenn nicht zu Weihnachten ist das erlaubt?! Und daher ist Richard Curtis mit „Tatsächlich Liebe“ Anno 2003 ein romantischer Weihnachtsklassiker gelungen, der nicht nur mit einem Mega-Cast überzeugen kann, sondern auch mit vielen kleinen pointierten Geschichten über die verschiedenen Facetten der Liebe, die immer wieder pünktlich zum Fest ans Herz gehen. Tatsächlich schön!

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                                    über Maestro

                                    Bradley Cooper liefert mit dem ambitionierten Netflix Film „Maestro“ ein solides Biopic über den legendären Komponisten und Dirigenten Leonard Bernstein ab und schwingt sich mit dieser Arbeit nun vollends zum Charakterdarsteller auf.
                                    Handwerklich wird hier das volle Programm aufgefahren. Tolle Kamerafahrten, Aufnahmen im 4:3 Format in zunächst schwarz-weiß, die den frühen Anfang der Karriere von Bernstein darstellen, dann in kolorierte Bilder wechselnd, die ab der Mitte des Schaffens des Maestro zum Tragen kommen.
                                    Für die Darsteller liefert der Stoff eine willkommene Vorlage. Bernstein war augenscheinlich ein bunter Vogel, exzentrisch, nie einer Party abgeneigt und sowohl dem eigenen wie auch dem anderen Geschlecht zugeneigt. Eine breite Palette an Eigenschaften, die Cooper aber nie so richtig auszufüllen vermag. Man vermisst das Menschliche, die Zerrissenheit dieses Genies. Zu sehr werden seine Genialität und Erfolge hochgehoben, selten seine Schwächen preisgegeben, so dass er selten nahbar wirkt.
                                    Den Part der Menschlichkeit verkörpert dagegen Carey Mulligan umso mehr. Sie ist der heimliche Star des Films, gewohnt in der Rolle der starken Frau. Sie spielt die Ehefrau, Muse und Unterstützung in Bernsteins Leben mit Emotionalität und Authentizität und ist der eigentliche (emotionale) Fixpunkt des Films. Man empfindet ihren Schmerz ebenso deutlich wie den hohen Preis, den sie für ihre Liebe zu Bernstein scheinbar zahlen musste, inklusive eigener Träume. Ihr Part hilft dem „Maestro“ erst so richtig auf die Sprünge.

                                    Fazit: Handwerklich und schauspielerisch teils sehr gut umgesetzt, verpasst Cooper mit Maestro insgesamt die Gelegenheit, ein wirklich großartiges Biopic zu erzählen, da die verschiedenen herausragenden Elemente dieses Films nur gelegentlich wirkungsvoll zusammenspielen.

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                                    • 5

                                      Die Geschichte, die sich um eine Gruppe von junger Menschen in einem abgelegenen Ferienhaus an der Ostseeküste entfaltet, verspricht ein spannendes Kammerspiel zwischen Romantik und Tragik zu werden. Was man bekommt, ist aber eher eine lahme Wanderung durch klischeebeladene Dialoge und sich wiederholender unangenehmer Momente.
                                      Thomas Schubert als Leon, der mürrische Schriftsteller, der an seinem zweiten Roman arbeitet, spielt seine Rolle mit großer Eintönigkeit als wäre er selbst von der Handlung sehr gelangweilt. Sein Gegenpol Paula Beer, bringt dagegen mehr Dynamik und Menschlichkeit ins Spiel. Die Chemie zwischen den Charakteren, die eigentlich für das Funktionieren der Geschichte wichtig wäre, ist trotzdem kaum vorhanden und fühlt sich genau wie die Bedrohung durch die nahenden Waldbrände sehr aufgesetzt an. Eine Spannung ist da nicht zu spüren. Und so tragisch das Ende auch sein soll, so konstruiert wirkt es.
                                      Am Ende ist es, als hätte sich Christian Petzold nicht recht entscheiden können ob er einen Sommerfilm, einen Liebesfilm oder ein Drama schaffen wollte und so fehlt es ein bisschen an allem: Emotionen, Humor und Spannung.
                                      Langweilig.

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                                        über Arrival

                                        Rewatch nach etlichen Jahren und die Ankunft der Heptapoden hat nichts an ihrer Faszination verloren. Denis Villeneuve liefert einen klasse Science-Fiction Film ab, der mit einer tollen Atmosphäre und eingängigem Score überzeugen kann. Wer krachende Action sucht, ist hier jedoch an der falschen Adresse. Vielmehr geht man die Erzählung zum ersten Kontakt mit einer außerirdischen Art sehr ruhig an. Auch wenn hier und da ein paar Erklärungslücken klaffen, fühlt sich die hier erzählte Geschichte sehr authentisch an. Hauptknackpunkt ist die Kommunikation zwischen Aliens und Menschen.
                                        Der Film entstand auf dem Hochpunkt von Amy Adams Karriere, die hier eine grandiose Leistung abliefert und den Film mit Leichtigkeit schultert. Jeremy Renner wirkt als smarter Physiker dagegen weniger überzeugend.
                                        Die größte Überraschung ist jedoch, dass es letztendlich gar nicht um das Event der Alien Ankunft geht, sondern um tiefgründige philosophische sowie moralische Fragen. Dazu trägt auch die teils verschachtelte Erzählweise von Villeneuve bei. Mehr sollte man dazu allerdings nicht sagen, um niemandem diesen exzellenten und aufwühlenden Part des Films vorweg zu nehmen.
                                        Dran bleiben, genießen, staunen!

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                                        • 7

                                          Auch wenn die Geschichte sehr vielschichtig ist, ist der große Star des Films ohne Frage Brendan Fraser. Aronofsky scheint ein Händchen dafür zu haben, gefallene Stars wieder auferstehen zu lassen, denn nach Mickey Rourke (The Wrestler) meldet sich nach langer Durststrecke Fraser mit einer überwältigenden Performance im Fat Suit zurück und lässt den einen oder anderen Kloß im Hals entstehen. Ganz entscheidend ist auch der eindringliche Score von Rob Simonsen, der die Emotionalität der Szenen nochmal auf ein anderes Level hievt. Dramaturgisch ist The Whale zwar nicht das erhoffte Brett, aber insgesamt eine durchaus einprägsame Filmerfahrung, die mir um Lichtjahre besser gefiel als „Mother!“.

                                          Fazit: Aronofsky schuf ein bewegendes, nachdenkliches Drama, dass durch Brendan Frasers herausragende Darstellung eine Geschichte voller Herzschmerz erzählt und gerade zum Ende hin tief berühren kann.

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                                            Ein wilder Bär auf Koks. Auf dem Papier hört sich das nach vielen Möglichkeiten und noch mehr Spaß an. Stattdessen bietet Elizabeth Banks einen mehr enttäuschenden als unterhaltsamen B-Movie an, bei dem ich am Ende nicht weiß was er eigentlich erzählen wollte: Die Geschichte um Drogendealer, die ihr verlorenes Koks wieder auftreiben wollen oder die um eine Mutter die ihre Tochter in einen Nationalpark wieder finden möchte? Der titelgebende Bär ist hier eher eine Randnotiz und zerlegt im Blutrausch immer mal wieder Parkbesucher. Zwischendrin zynischer Witz, flache Figuren aus dem „scheiß egal“-Regal und 80er Synthesizer Sound. Zu offensichtlich ist die Tatsache, dass um die irre Koksbären-Geschichte irgendwas filmfüllendes hinzu gedichtet wurde. Da ist die Einblendung „An Elizabeth Banks Film“ schon fast wie eine Drohung für ihre künftigen Filme zu verstehen.
                                            Die verschnupfte Hollywood Elite feiert diesen Film wahrscheinlich wie ich „Half Baked“ in meiner Jugend. Im Grunde ist Cocaine Bear aber viel Getöse um nichts.

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                                              Park Chan-wook inszeniert einen Krimi-Film-Noir und spielt dabei mit den verschiedenen Konventionen dieses Subgenres in einer übertriebenen Art und Weise. Man merkt was seine Intention war, jedoch ist das was herausgekommen ist, nicht genug ausbalanciert. Konzentriert man sich auf die Romanze, stört der im Hintergrund mitlaufende Kriminalfall. Gibt man der Ermittlerarbeit des Hauptprotagonisten mehr Aufmerksamkeit, so stört die Romanze. Alles wird zudem sehr verwirrend und entschleunigt erzählt. Bereits in den mittleren Abschnitt des Films werden beispielsweise Ereignisse verlagert, die normalerweise am Ende von Kriminalfilmen auftreten. Zusätzliche Nebenhandlungen, die sich vom Hauptgeschehen abzweigen, dabei aber nicht alle von Bedeutung für den Fall sind, erschweren es dem Zuschauer den Überblick zu behalten. Mein Interesse ging so dann alsbald verloren. Und wer spricht wirklich so tagebuchmäßig in seine Smartwatch?!

                                              Fazit: Verwirrender Noir-Krimi, der mich trotz der gewollten Emotionalität nie tangiert hat.

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                                                Herkömmliche Vierecks Beziehung im französischen Arthouse-Gewand. Man zeigt sich zeitgemäß offenherzig, heißt hier geht es nicht nur zwischen Männlein und Weiblein heiß her, sondern auch zwischen Männlein und Männlein. Da werden keine Grenzen gesetzt. Der Feuilleton liebt solche Geschichten natürlich. Dabei hat der Plot selbst aber nichts weiter Überraschendes zu bieten und das Ende kommt entsprechend sehr gewöhnlich daher. Emotional hat mich hier nicht viel mitgerissen. Darstellerisch war das auch keine Offenbarung. Besonders Franz Rogowski hatte einige Fremdschammomente.
                                                Muss man nicht gesehen haben.

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                                                  Torbinho 17.11.2023, 10:26 Geändert 17.11.2023, 20:50

                                                  Semiautobiografisches Erstlingswerk von Charlotte Wells. Wir begleiten hauptsächlich einen relativ jungen Vater mit seiner 11-jährigen Tochter in den Türkei Urlaub. Stilistisch wird die Geschichte immer wieder mit Privataufnahmen eines alten Camcorders gemischt. Das ist intim, herzlich, wenn auch nicht immer direkt ersichtlich. Man muss aufmerksam beobachten und mitfühlen. Wie die Figuren dort hingekommen sind wo sie jetzt sind, menschlich nicht räumlich, und was sie jetzt sind, das ist dem Zuschauer überlassen aus den Schnipseln an Informationen zu formen, die ihm gegeben werden.
                                                  Man sagt ja immer „Man kann den Leuten nur vor den Kopf gucken“ und irgendwie ist da auch etwas dran. So schön die Zweisamkeit nach außen wirkt, so zerstörerisch kann es in einem Menschen vorgehen. Das wird mimisch unglaublich gut von Paul Mescal transportiert und mündete in einer Oscar Nominierung.
                                                  Und so merkt man im Laufe der Zeit, dass wohl nicht alles heitersonnenschein ist. Die sehr ruhig erzählte Geschichte läuft so auf ein hoch emotionales Ende zu, das sich schon im Laufe des Films ankündigt.
                                                  Zugute kommt dem Seherlebnis natürlich, wenn man sich in die Protagonisten hineinversetzen kann. Sei es als Vater, Tochter oder Angehöriger einer betroffenen Person.

                                                  Fazit: Eigentlich passiert hier nichts und doch so viel. Spitzt man seine Antennen und empfängt die vielen subtilen Signale, erlebt man einen zutiefst bewegenden Film.

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                                                    Torbinho 14.11.2023, 13:46 Geändert 14.11.2023, 13:49

                                                    Keine Frage, Kate Winslet liefert hier mal wieder ordentlich ab und gibt der Kleinkaff-Polizistin Mare ihr eigenes Profil. Wer jedoch einen guten Krimi erwartet könnte bei all dem Familiendrama, das hier zu dem Verschwinden von mehreren jungen Mädchen beigemischt wird, etwas enttäuscht werden. Hier gilt es nämlich nicht nur Verbrechen aufzuklären, sondern auch mit dem in der Nachbarschaft wohnenden Exmann klar zu kommen sowie der eigenen Mutter in den 4 Wänden, einer auf Selbstsuche befindlichen lesbischen Tochter, einem Sohn der Selbstmord begangen hat usw. usw. usw.
                                                    Bei dem wirklich gut erzählten Krimiplot, der mit einigen Wendungen daher kommt, habe ich die regelmäßigen Ausschweifungen doch oft als störend empfunden, so dass mir am Ende schon recht egal war, ob der Fall aufgeklärt wird und wer letztendlich der Täter war.

                                                    Fazit: Stimmungsvoller Kleinstadt-Krimi, der zu sehr mit Familiendrama überfrachtet wird, dafür aber eine herausragende Hauptdarstellerin besitzt.

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