Nospheratu99 - Kommentare

Alle Kommentare von Nospheratu99

  • 5

    >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
    Nicht uninteressante, letzten Endes aber mit nur wenig neuem Informationsgehalt aufwartende Doku. Die WHO wurde 1948 mit dem Ziel gegründet, medizinische Kräfte zu bündeln und so die Weltgesundheit insgesamt zu verbessern, und das objektiv und ohne wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Diesem Ziel scheint man gute siebzig Jahre ferner denn je, mittlerweile habe dort – wie auch in vielen anderen Bereichen – Lobbyisten und Geschäftemacher das Ruder übernommen. Und so erscheint der ursprüngliche Zweck der Organisation weitgehend verwässert, da die nichtstaatlichen Geldgeber mit ihren Aufwendungen natürlich gewisse Effekte verbinden. Sie geben das Geld projektbezogen, soll heißen für einen zielgerichteten Zweck, der nach Außen ein Mäntelchen des Gemeinwohls umgehängt bekommt, in Wirklichkeit jedoch wirtschaftlichen Interessen dient. Das hat zur Folge, dass man manche gesundheitliche Gefahren stark übertreibt (etwa Pandemien wie SARS und die Schweinegrippe), andere jedoch stark verharmlost (Auswirkungen von Atomstrahlung), je nach den Interessen der jeweiligen Geldgeber und Lobbyisten.
    Und so führt sich ein an sich gut gemeintes System selbst langsam aber sicher ad absurdum. Lilian Franck führt anhand einiger Beispiele an, wie das System WHO sich selbst überholt und untergräbt. Die Glaubwürdigkeit wird vor allem dadurch getrübt, dass es kaum nachvollziehbar ist, wer diese Gelder bezahlt und welches Ziel dieser jemand verfolgt. Dass es im Pharma-Sektor viele idealistische Philanthropen gibt erscheint für mich ebenso unglaubwürdig wie dass das Engagement einzelner Superreicher ausschlielich auf das Wohl der Menschen abzielt.
    Leider belässt es Lilian Franck jedoch bei einigen reißerischen Themen, die in der Vergangenheit viel Staub aufgewirbelt hatten und lässt einige andere, vielleicht nicht so quotenträchtige aber immerhin sehr interessante, völlig außen vor. Ich hätte mir etwa eine Auseinandersetzung mit den Grenzwerten, etwa der Blutwerte gewünscht, da diese uns alle betreffen. Der Hausarzt schickt einen bei einer Gesunden-Untersuchung erst einmal in eine Labor, wo Blut abgenommen, eine Urinprobe gesammelt und vielleicht der eine oder andere Abstrich gemacht wird. Anhand dieser Daten bestimmt der Arzt dann mittels Grenzwerten den Gesundheitszustand. So weit, so gut – aber wer bestimmt die Grenzwerte und damit über unseren Gesundheitszustand? Wer legt fest, ob wir per Definition gesund oder krank sind? Letzten Endes entscheidet dieser Jemand mit diesen Werten, ob wir für die tatsächliche oder vermeintliche „Heilung“ Medikamente brauchen oder nicht.
    Ich habe irgendwo gelesen, dass im Rahmen der Senkung der Grenzwerte für Blutcholesterin mit einem Schlag zwanzig Prozent der westlichen Welt für krank erklärt wurden und somit medikamentöse Behandlung benötigen. Das sind ein paar Hundert Millionen Menschen, die von heute auf morgen plötzlich medizinische (bzw. pharmazeutische) Unterstützung brauchten, obwohl ihnen bis dahin per Definition nichts gefehlt hatte. Klar, das ist alles auf Studien und wissenschaftlichen Abhandlungen begründet – die Frage ist nun: Wer erstellt diese Studien, wer bezahlt dafür und welche Interessen vertritt derjenige? Denn wir wissen ja, dass in einem Gutachten meistens das drinnen steht, was der Auftraggeber lesen möchte. Was mich zu der Frage führt: Bin ich nun krank oder nicht?
    Eine Antwort darauf gibt mir dieser Streifen nicht, aber er lädt zumindest zum Nachdenken ein und dazu, sich selbst mit diesen Fragen zu beschäftigen. Denn die Gesundheit ist ja ein Thema, das uns alle angeht oder?
    PS. Ich habe gerade gesehen, dass die liebe Eurdora sich diesen Film vorgemerkt hat. Ich sah ihn gestreamt von www.aktionsradius.at, vielleicht ist er dort noch sichtbar. War zwar ein Livestream, aber vielleicht gibt es dort ja eine Art Mediathek.

    7
    • 4

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      „300“ meets „Gladiator“ meets „Griechische Götter- und Heldensagen“. Mit letzteren hat der Streifen eigentlich nur die Namen der Protagonisten und ein paar Spielorte gemein, die Handlung (falls man diese so nennen kann) wurde eigentlich vollständig neu erdacht. Die banale Geschichte lieferte lediglich den Vorwand für ausufernde Kämpfe und Action-Einlagen, die zwar durchaus gut gemacht waren, in ihrer Häufigkeit den Streifen letzten Endes aber ziemlich murksten. Natürlich werden Freunde des gepflegten Sandalen-Haudraufs ihre Freude an dem Machwerk haben und auch meine Gattin konnte den oftmals gut ins Licht gerückten Waschbrettbäuchen einiges abgewinnen, an allem anderen wurde einem hier jedoch Magerkost serviert.
      Und damit meine ich oberflächliche Figuren, x-beliebige Dialoge und eine vorhersehbare Handlung. Von Seiten der Optik und der Atmosphäre hatte Regisseur Renny Harlin seine Hausaufgaben jedoch gemacht und so kann ich dem Streifen zumindest in dieser Hinsicht ein paar Punkte zugestehen. Auch die Bauten und Kulissen machten einen relativ hochwertigen Eindruck, was von einer guten handwerklichen Machart zeugt.
      Vor allem die Effekte und die Choreografie der Kämpfe konnte sich sehen lassen. Dass hier mit Seilen und sonstigen Tricks gearbeitet wurde war klar, doch zumeist sieht man den Szenen diese Effekte nicht an. Es wirkt natürlich und als ob unser Kellan Lutz (der Darsteller des Hercules) tatsächlich übermenschliche Kräfte hätte.
      Womit wir auch schon bei den Mimen wären. Dass Renny Harlin ausschließlich Darsteller aus der zweiten Reihe aufstellen konnte, zeigte schon die Ausrichtung dieser Produktion. Auf glaubhafte menschliche Reaktionen wurde hier ebenso verzichtete wie auch die Darstellung innerer Werte – in dem Film geht es um Muskeln statt Emotion und daran bestand seit der ersten Minute kein Zweifel. Scott Adkins ebenso wie Kellan Lutz bestens austrainiert, und auch Liam Carrigan stand den beiden maximal um ein paar Gramm Steroide nach. Die Damen Gaia Weiss und Roxanne KcKee gerieten zum optischen Aufputz, machten aber trotzdem gute Figuren.
      Fazit: Ein Film, der seine Fans sucht und sicherlich auch findet. Wer gerne sieht, wie anabole Kraftprotze einander ein Stelldichein geben, ist hier genau richtig. Liebhaber aller anderen Stilrichtungen sei von diesem Stück Zelluloid tunlichst abgeraten, ihr werdet hier sicherlich nicht glücklich. Trotzdem muss man sagen, dass der Streifen zumindest für oben abgesprochenes Publikum sicherlich hochwertige Unterhaltung bietet und so seine Stärken schon ganz gut ausspielen kann. Für mich war es Anfangs in Ordnung, erst später wurde mein Interesse waffenklirrend erschlagen. Für die guten Choreografien und die halbwegs ansehnliche Ausstattung vergebe ich vier Punkte.

      6
      • 7

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        Gut gemachte Tragik-Komödie. Die Geschichte um die Heimkehr der verstoßenen Tochter hatte durchaus das Potential für eine launige und dramatische Unterhaltung, was dann auch gut genutzt wurde. Autorin Rosalie Ham kann man ein Gespür für ländlich-(un)sittliche Schlechtigkeit durchaus nicht absprechen, was da an Mauseleien und mehr oder weniger unterschwelligen Bosheiten so durch die Gegend schwirrt ist ja kaum auszuhalten. Die in sich verschworene Gemeinde lässt nur zwei Überlebensstrategien zu, entweder man passt sich an und spielt das Spiel mit oder man kehrt dieser für immer den Rücken. Zu Anfang schien mir die Rückkehr von Tilly ja einigermaßen rätselhaft, abgesehen von der doch recht ansprechenden Landschaft hätten mich dort keine zehn Pferde wieder hingebracht. Später kamen die Motive dann langsam ans Licht, vor allem die Aufarbeitung der rätselhaften Ereignisse aus der Kindheit und die Sorge um die Mutter waren nachvollziehbar. Kindheitserinnerungen an sich sind oft trügerisch – ich selbst habe „Erinnerungen“ an meine eigene Kindheit, die in dieser Form sicherlich nicht stimmen können. Trotzdem wirken die Bilder in meinem Kopf derart realistisch, dass ich sie nicht mit reiner Einbildung abtun kann. Womöglich sind sie im Kern ja nicht ganz falsch, haben sich jedoch gänzlich anderes abgespielt.
        Und so wirken vor allem die Rückblenden und die Traumsequenzen durchaus plausibel. Man kann sich bei diesen ja nie sicher sein, ob sich diese tatsächlich so zugetragen haben oder ob die Phantasie und verborgenen Ängste eines Kindes hier etwas falsch abgespeichert haben. Dazu kommen noch die Falschaussagen der Erwachsenen, die das unerwünschte Kind dann noch zusätzlich belasteten. Das Außenseitertum war ebenfalls gut thematisiert und gezeigt, ebenso wie das Durchbrechen gesellschaftlicher Vorbehalte. Oftmals sind es ja die „einfachen“ Leute, die mehr Empathie und Entgegenkommen zeigen als die sogenannte „bessere“ Gesellschaft.
        Die Mimen lieferten groß ab, vor allem Kate Winslet und Judy Davis überzeugten als ungleiches Mutter-Tochter-Gespann. Liam Hemsworth solide in seiner etwas undankbaren Rolle, ebenso wie Hugo Weaving in seiner dankbareren. Ich finde es ja erstaunlich, wie wandelbar Weaving ist – ich sah in ja in schon vielen und teils grundverschiedenen Rollen und jedesmal überzeugte er mich eigentlich schon. Vielleicht wäre es ja angebracht, ihm einen eigenen Kommentar zu widmen.
        Inszenatorisch gab es ebenfalls kaum Grund zur Klage, Regisseurin Jocelyn Moorhouse hatte ein gutes Händchen für Stimmungen, Farben und Rhythmik, da passte einfach viel zusammen. Die Atmosphäre in dem Landkaff wurde jedenfalls gut eingefangen und mit interessanten Figuren recht gut ergänzt.
        Conclusio: Eine klare Empfehlung für diesen Streifen, der sich wohltuend von so mach anderem seiner Art abhebt. Moorhouse ließ ihn weder in ausufernde Tristesse, noch in hanebüchenen Unsinn ableiten, sondern trug den Stoff mit einer feinen Mischung aus Tragik und Skurrilität vor. Das entfaltete eine in letzter Instanz gute Wirkung, die ich mit einer hohen Bewertung gerne honoriere.

        8
        • 8

          >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
          Vorausschickend sei gesagt, dass ich den Director´s Cut gesehen haben und auch diesen hier bewerte und kommentiere.
          Hervorragende Neunziger-Jahre-SciFi. Roland Emmerichs Streifen wirkte geradezu stilprägend für eine ganze Reihe nachfolgender Produktionen, nicht zuletzt für eine TV-Serie von minderer Qualität. Es ist vor allem die visuelle Umsetzung, die „Stargate“ zu etwas Besonderem machen. Der zeitlos-elegante Stil der Kostüme und der Settings wirkt in Ansätzen wie jener vieler anderer Mumien-Abenteuer, nur feiner ausgeführt und mit konsequenter Weiterführung der altägyptischen Optik. Mag die Handlung auch nicht besonders gefinkelt wirken und die Figuren nicht über gewisse Stereotypen hinausgehen, so verzeiht man Emmerich diese Nachlässigkeiten hinsichtlich der fabelhaften Bilder und der interessanten Präsentation gerne. Es sind hier die Grundprämissen des Reisens in andere Galaxien und der Ursprung der altägyptischen Götter und Mythen, die diesen Film ausmachen. Emmerich verwebt hier gekonnt historische und fiktive Fakten und schafft damit ein denkmögliches Szenario, das die Grundlage für seinen Film bietet.
          Großen Anteil daran hatten die Kostüm- und Maskenbildner, aber auch die Designer der Kulissen bewiesen eine gute stilistische Kompetenz. Vor allem der ansehnliche Anteil der handgemachten Effekte nimmt einen wohltuend mit und damit erreicht der Film ein hohes Maß an Greifbarkeit. Dass etwa die „Kamele“ nicht aus der Dose kommen, sondern in mühevoller Kleinarbeit physisch gemacht wurden, schafft einen guten Effekt und sorgt für eben diese angenehme Atmosphäre, für die ich „Stargate“ schätze.
          Ein soweit gut agierender Cast hatte seiner Figuren durchgehend gut im Griff und schaffte es, uns auch nicht immer nachvollziehbare Reaktionen zu plausibilisieren. Und so muss es am Ende halt wieder einmal die Atombombe sein, die das Problem löst. Ich glaube auch nicht, dass ein Kommunikationswissenschaftler derart naiv und ungeschickt auf Eingeborene einer fremden Zivilisation zugehen würde wie Daniel Jackson es getan hat. Aber gut, seis drum, letzten Endes hatte ich sowieso das Gefühl, dass die Fremden mehr Anteil am gegenseitigen Verstehen hatten als die Erdenmenschen. Das erscheint, basierend auf den kolonialen Erfahrungen des anglophilen Kulturkreises, dann ohnehin wieder glaubwürdig (Stichwort „Känguru“).
          Conclusio: Einer der für mich besten Science-Fiction-Filme der neunziger Jahre. Trotzdem der Streifen schon fast eine Vierteldekade auf dem Buckel hat, wirkt er immer noch frisch und spannend wie am ersten Tage – ich denke, das ist es, was die meisten hier mit „gut gealtert“ meinen. Allein die stilbegründende Optik qualifiziert den Streifen für mehrfasche Sichtungen, auch wenn jetzt die Handlung und die Figurenzeichnung keine wie immer gearteten Höhensprünge bewirken. Trotzdem möchte ich gerne eine warme Empfehlung aussprechen und vergebe eine acht, was für mich absolut gerechtfertigt ist.

          10
          • 4

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            Seetragödie mit Licht und Schatten. Das Konzept dieses Films liest sich bestechend einfach sowie intensiv. Leider kann die Umsetzung mit der angekündigten Intensität nicht mithalten. Das liegt zum einen an handwerklichen filmischen Schwächen, andererseits hat die Handlung dann doch nicht das Potential, die ohnehin nicht über Gebühr ausgedehnte Laufzeit zu füllen.
            Vor allem die Kameraführung ist hier ein Graus, teilweise erinnern die Bilder an einen B-Film aus den neunziger Jahren. Das sorgt vor allem bei den Landaufnahmen für eine jämmerliche Optik, die den Streifen schon einmal schlecht aus den Startlöchern kommen lässt. Dazu macht auch die Bildqualität keinen wirklich professionellen Eindruck – diese wirkt bisweilen wie ein Found-Footage-Streifen der schlechteren Art. Ab den Szenen im Wasser bessert sich das zwar rapide, doch da war mein Daumen eigentlich schon in einer Abwärtsbewegung. Das Kameraduo Kentis/Lau rückt den beiden Hauptdarstellern Blanchard Ryan und Daniel Tracis ziemlich auf die Pelle, was die dramatische Lage dann auch gut darstellt. Auch die Unterwasser- und die Tieraufnahmen sind gelungen, da sich Kentis weniger an zubeißenden Wassertieren ergötzt, sondern immer unser auf dem Meer treibendes Paar in den Mittelpunkt stellte, was eine an sich gute Entscheidung ist.
            Trotzdem war es mir kaum möglich, eine wirkliche empathische Verbindung zu den beiden herzustellen, letzten Endes interessierte dann eigentlich nur mehr die Frage, ob sie die Situation überleben oder nicht. Da boten dann die Interaktion zwischen ihnen nur wenig Grund zur Freude, obwohl die verschiedenen Stadien zwischen Hoffen und Bangen soweit so gut dargestellt waren. Die zunehmende Verzweiflung entlud sich in einem zwar nicht uninteressanten Sammelsurium von szenischen Gefühlsbildern, das jedoch in seiner Gesamtheit zumeist in flachen Gewässern blieb.
            Ob das jetzt an den beiden Darstellern selbst lag oder an der bestenfalls bemüht wirkenden Produktion selbst, kann ich jetzt nicht sagen, ich vermute ein unheilvolles Wechselspiel von beiden. Jedenfalls wirkte die Produktion leider latent unterfinanziert und das zog diese leider unbarmherzig nach unten.
            Fazit: Las sich auf dem Papier besser als es auf dem Schirm daherkam und hat mich eigentlich nicht wirklich gepackt. Möglichweise hätte ein Buch mit den Hintergrundbeschreibungen der Gefühlswelten unserer beiden Protagonisten (Stephen King wäre dafür der ideale Kandidat) mehr Tiefe und Schärfe zu bieten als es der Film zu zeigen imstande war. Daher möchte ich eine Empfehlung nur mit reichlichen Vorbehalten aussprechen und leicht unterdurchschnittlich bewerten.

            7
            • 5

              >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
              Nicht uninteressante Drei- bzw. Vierecks-Beziehungsgeschichte. Sie wirken anfangs wie Wesen aus anderen Welten, die beiden Paare. Die dörflichen, vermeintlich einfach Gestrickten kontrastieren stark mit den beiden Bohemians aus der Stadt. Unser Sigve findet sich rasch zwischen der kühlen, aber nach außen besser wirkenden Elisabeth und der empathischen, aber linkisch wirkenden Kaja. Dazu kommt noch Kajas Ehemann, der die Diskrepanzen seiner familiären und sexuellen Orientierung gerne mal an seiner Ehefrau auslässt.
              Letzen Endes suchen ja alle der gezeigten Figuren nach Liebe und Anerkennung, und das auf verschiedene Art und Weise. Schwach und unsicher kämpfen sich die Protagonisten durch den Dschungel aus emotionalen Abhängigkeiten, richten sich aneinander auf und fallen wieder. Die einzige Lösung, offen und ehrlich an die Sache(n) heranzugehen, scheint außer Reichweite, zu groß ist die Angst, Unangenehmes aufzuwirbeln. Und so lavieren sich die Vier in einer Mischung aus Bangen und Hoffen durch die Laufzeit, dass man vor Mitleid fast zerfließen könnte. Die kurzfristig eingestreute Heiterkeit sind kleine Lichter im Meer der Tragik menschlicher Unzulänglichkeiten, bewahren den Streifen aber vor zu intensivem Drama.
              Interessant finde ich die Interaktion der beiden Kinder, die eine schon recht eigenartige Dynamik entwickeln. Dass die Eltern dieses Herr-Sklave-Spiel nicht unterbinden und es damit quasi legitimieren, zeigt meiner Ansicht nach eine emotionale Vernachlässigung der Sprösslinge auf Grund eigener Probleme. Auffälliges Verhalten wird als Kinderspiel abgetan, erst als es beginnt, wirklich schräg zu werden, greift Kaja ein. Dabei scheint sie nicht zu ahnen, wie weit die beiden bereits gegangen sind.
              Inszenatorisch hatte Anne Sewitzky vieles richtig gemacht. Sie gesteht den Figuren ihre Entwicklungszeit zu und treibt die Handlung mit gutem Rhythmus voran. Dabei streut sie so manch groteske Szene ein, deren Skurrilität man sich jedoch erst später bewusst wird. Damit spielt sie ein wenig mit den Befindlichkeiten des Zusehers und macht ihre Figuren greif- und nahbar. Alle machen im Laufe der Handlung ihre persönlichen Entwicklungen durch und hinterlassen einen positiven Eindruck.
              Agnes Kittelsen hatte mit ihrer dankbaren Rolle die größte Aufgabe zu bewältigen und zeichnete ihre liebessuchende Protagonistin scharf und ausgewogen. Joachim Rafaelsen ohne Fehl und Tadel (für die Szene im Schnee hätte ich an seiner Stelle eine Zulage verlangt 😉), ebenso wie Henrik Rafaelsen (verwandt?). Maibritt Saerens ohne größere Herausforderungen mit ihrer kühlen und distanzierten Elisabeth. Die Synchronisation soweit in Ordnung.
              Fazit: Liebesirrungen und -wirrungen sind jetzt nicht so mein Genre, aber „Happy Happy“ kann seinen Charme bei mir letztendlich doch gut ausspielen. Eine gute Atmosphäre und fein erdachte und dargestellte Charaktere ergeben eine ganz gute Melange, die einen zumindest für eine einzige Sichtung gut unterhalten kann. Für Genrefreunde gebe ich daher gerne eine Empfehlung ab.
              PS. Der Film wäre vielleicht etwas für Eudoras Schnee-Liste!

              6
              • 3

                >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                Schwache Vampirgeschichte. Und wieder muss die kindermordende Gräfin Bathory als Basis für grusligen Stoff herhalten, diesmal wird sie uns als Vampir verkauft. Zusätzlich werden auch noch die historischen Grundlagen etwas durcheinandergewirbelt und - Voila! - heraus kommt eine zwar nett erdachte, jedoch eher banal und teenagergerecht umgesetzte Fantasy-Geschichte.
                Und das ist es letzten Endes auch, von gruseligem Schock bliebt man hier weitgehend verschont, die reichlich blutleere Inszenierung sorgt maximal für den einen oder anderen wohligen Schauer. Das wäre ja jetzt per se nichts Schlechtes, wenn es Regisseur Hodi zumindest schaffen würde, uns nachvollziehbare Figuren vorzusetzen. Und so werkte sich der Cast zwar bemüht, jedoch in weiten Teilen blass und wirkungslos durch den Streifen, was das Gesamterlebnis leider nicht wirklich positiv beeinflusste. Teilweise wirkte es zu gewollt (etwa die beiden übermütigen Teenager), andererseits fehlte oft die Tiefe (die Liebesbeziehung zwischen der untoten Gräfin und dem jungen Galan – selten eine derart holprigere Affäre gesehen) um sich wirklich mit den Protagonisten identifizieren zu können.
                Und so plätscherte das Machwerk vor sich hin, bis es irgendwann mal zu einem vorhersehbaren Ende mit ebenso vorhersehbarem Showdown kam. Immerhin konnten die Drehorte und die Kulissen ein wenig schaurig-schöne Atmosphäre auffahren, allein diese holte die Kohlen jedoch nicht mehr aus dem Feuer. Obwohl ich Hodi ein gewisses Talent nicht absprechen möchte, scheiterte sein Streifen leider an vielen Fronten.
                Eine Baustelle war der Cast. Trotzdem man mit Christopher Lambert einen bekannten Darsteller verpflichten konnte, blieb der Glanz einer hochwertigen Produktion leider aus. Lambert, an sich jetzt schon mal kein Leuchtturm seiner Branche, war hier der Einäugige unter den Blinden, allein Irena Violette kam da an ein wenig ihn heran. Den jungen Corey Sevier, Jennifer Higham und Charlie Hollway sei an dieser Stelle ein paar Semester an einer Schauspielschule angeraten, widrigenfalls ich ihre Karrieren in B-Filmen und drittklassigen Soaps versanden sehe. Die Synchronisation mit Licht und Schatten, vor allem in den emotional aufgeladenen Szenen ein Totalausfall.
                Fazit: Ein klassischer „Bügelfilm“, der auch gewisse Phasen nachlassender Aufmerksamkeit verzeiht und lediglich mit seiner teilweise ganz gut aufgebauten Atmosphäre punkten kann. Unter dem Strich leider blass und schwach, und daher auch keine Empfehlung von mir. Eventuell als Hintergrundgeräusch geeignet, wenn man für seine geteilte Aufmerksamkeit keinen guten Film „verschwenden“ will.
                PS. Es ist ja interessant, wie gut sich alte Schlösser und Burgen als Kulissen für derartige Produktionen eignen. Auch wenn man die Drehorte ein wenig zusammenstoppelt (also für Innen- und Außenaufnahmen andere Orte verwendet) kann das eine wirklich feine Stimmung kreieren.

                8
                • 7
                  Nospheratu99 27.11.2020, 08:02 Geändert 27.11.2020, 08:03

                  >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                  Schauriges Kammerspiel. Es ist ja wirklich erstaunlich, aus wie wenig Möglichkeiten man letzten Endes doch recht viel an Ergebnis herausholen kann. Allein schon der Schauplatz steht in direktem Widerspruch mit den Ereignissen – zu Anfang kann man sich nicht vorstellen, dass man in einer derartigen Umgebung Probleme haben kann. Und doch kriecht das Grauen langsam und unaufhaltbar in die Idylle hinein, bis es zum furchtbaren Showdown kommt.
                  Ob sich in die Geschichte ein politischer Hintergrund hineininterpretieren lässt ist fraglich - ich denke aber schon, dass es Parallelen zu gewissen Entwicklungen gibt. So wie die Kinder die Mutter beäugt ein Volk das Verhalten der politisch Handelnden ja immer mit einer Mischung aus Argwohn und Hoffnung. Wenn sich die Führung dann zunehmend hilf- und ratlos zeigt und die eigene Unsicherheit mir drastischen Maßnahmen, sinnlosen Verordnungen und drakonischen Strafen zu übertünchen versucht, ist es nicht weit zur Meuterei.
                  Dabei wirken unsere beiden Zwillingsbrüder in eigentlich keine Szene hilflos, es ist eher die Mutter, die sich immer weniger zu helfen zu wissen scheint. Es beginnt ein Spiel der gegenseitigen Seltsamkeiten, Mutter und Kinder scheinen sich mit eigenartigem Verhalten geradezu übertreffen zu wollen. Nachträglich betrachtete scheint es natürlich auf eine gewisse Art verständlich und nachvollziehbar, mitten drin sorgt das auf den ersten Blick widersinnige Verhalten jedoch für eine gewisse Irritation, die sich schließlich zu einer Beklemmung auswächst.
                  Dazu kommt eine durchgehende Ahnungslosigkeit des Umfelds - keiner scheint mitzubekommen, was sich hinter den Mauern der Villa abspielt. Lediglich das Verhalten des Pfarrers ist nachträglich betrachtet etwas unglaubwürdig und nur mit einer zunehmenden Überforderung der Seelsorger zu erklären.
                  Das Autoren- und Regieduo Severin Fiala und Veronika Franz hat sich seine Geschichte scheinbar gut überlegt und lässt eigentlich nur wenig Grund zur Klage. Sowohl die ungewöhnliche Grundsituation als auch die kühle und distanzierte Inszenierung harmonieren mit den Bildern und Abläufen. Die sparsam eingesetzten Effekte hat man natürlich alle schon einmal wo gesehen, wirken aber trotzdem. Auch die drei Hauptdarsteller liefern soweit so gut ab, lediglich bei den Nebenrollen schien auf Laiendarsteller zurückgegriffen worden zu sein.
                  Conclusio: Ein gut angetragener Horror made in Austria, der eine gewisse Abkehr von den üblichen Sehgewohnheiten bietet. Obschon die Geschichte gut durchdacht und radikal zu Ende gebracht wurde, hatte ich nicht das Gefühl, dass ich eine weitere Sichtung anstreben werde. Zu kompromisslos gehen Franz und Fiala hier vor, besonders der Terror der Kinder ist grauenvoll, weil er bis zu einem gewissen Teil sogar verständlich ist. Als Elternteil wird da eine Urangst wach („Was, wenn sich meine Brut gegen mich wendet?“), die den Streifen unangenehm und unbequem machen.

                  9
                  • 8 .5

                    >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                    Herrliche Komödie aus den guten alten achtziger Jahren. In „Geschenkt ist noch zu teuer“ werden die Probleme, die sich als Besitzer eines in die Jahre gekommenen Hauses ergeben, aufgegriffen und auf die Spitze getrieben. Dabei griff Regisseur Richard Benjamin tief in die Slapstick-Kiste und setzt uns ein paar herrliche Szenen vor, die zeigen, was denn so an einem Haus kaputtgehen kann und welche Pannen bei der Renovierung passieren. Dabei geht er flott und rasant zur Sache und brennt vor allem in der ersten Hälfte ein Gag-Feuerwerk ab, das die Lachmuskeln ordentlich strapaziert. Und das Sichtung für Sichtung. Anders als beim Wortwitz kann ich über Slapstick auch beim zehnten Mal Anschauen noch lachen, was diesem Streifen eine immer wiederkehrende Heiterkeit beschert.
                    Doch auch der Wortwitz kommt nicht zu kurz, lutscht sich jedoch naturgemäß stärker aus als der physische Humor. Und so beglückt uns Benjamin mit einem Sammelsurium von epischen Szenen, die dem Streifen zu einem Langzeit-Brüller machen. Vor allen die Sequenzen in der abbrennenden Küche, gefolgt von der Badewanne, die durch die Decke kracht und zum Abschluss der hysterische Lachkrampf Hanks´ - für mich Szenen für die Ewigkeit. Dazu haben wir noch ein Sammelsurium von skurrilen und schrägen Charakteren, die ebenfalls für den einen oder andern Lacher gut sind.
                    Leider kann das humoristische Niveau nicht durchgehend gehalten werden – obwohl es auch gegen Ende noch ein paar Lacher gibt, hat Benjamin nach dem zweiten Drittel sein Pulver weitgehend verschossen, bringt seinen Film aber noch zu einem würdigen Abschluss. Klappe zu und gut ist es.
                    Vor allem Tom Hanks gab hier mehr als nur eine Kostprobe seines launigen Potentials ab, der trug den Film fast ganz alleine. Er ist in eigentlich jeder Szene herrlich komisch, schafft aber auch die ernsten Passagen sehr gut. Shelly Long unterstützte ihn nach Kräften und hatte auch ihre eigenen Pointen, stand Hanks diesbezüglich aber um einiges nach. Joe Montegna ebenso wie Alexander Gudunov solide und gut aufgelegt, der Rest mit Licht und Schatten.
                    Conclusio: Eine der wenigen Komödien aus den Achtzigern, die am Zehner kratzen. Lediglich das etwas schwächere letzte Drittel kostet dem Streifen die Höchstnote, schade drum. Ansonsten jedoch eine absolute Empfehlung meinerseits, ich bin froh, vor ein paar Jahren die DVD erstanden zu haben (in einer Doppeledition mit den „Teuflischen Nachbarn“, eine ebenfalls herrliche Komödie). Vor allem die gute Kombination als Slapstick und Wortwitz weiß zu überzeugen und macht „Geschenkt ist noch zu teuer“ zu einem der besten Vertreter seiner Zunft.

                    10
                    • 5

                      >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                      Blasser Gerichts-Thriller. Obwohl Autor Nicholas Kazan mit ein paar Finten arbeitet und die eine oder andere Wendung einbaut, sind seine Asse im Ärmel frühzeitig erkennbar. Selbst wenn der Schlussgag natürlich überraschend kommt, ahnt man zehn Minuten vor Schluss, dass das nicht alles gewesen sein kann, was man bisher sah. Der Versuch, den Zuschauer mittels des Erzählers aus dem Off auf eine falsche Fährte zu locken, entpuppt sich im Nachhinein als mieser Taschenspielertrick und verleiht dem Ganzen einen schalen Nachgeschmack. Selbst wenn man beim ersten Mal Schauen natürlich darauf hereineinfällt, so sind die Gedankengänge des Anwalts (der die Wahrheit ja kennt) letzten Endes nicht plausibel und gehen damit in Richtung der Unglaubwürdigkeit.
                      Regisseur Courtney Hunt hatte seine Hausaufgaben gemacht und sorgte mit einer fein ausgestatteten Atmosphäre für ein nettes Südstatten-Feeling, das zumindest die Haustyrann-Darstellung plausibilisierte. Generell kann man gegen die handwerkliche Machart nichts sagen, Hunt konzentrierte sich auf seine Figuren und ließ unnötige Elemente außen vor. Damit hatte man das Gefühl, es mit „echten“ Menschen zu tun zu haben, die mit ihren guten und weniger guten Charaktereigenschaften gezeigt wurden.
                      Unterstützend wirkte da auch der fein agierende Cast, der ja die menschliche Interaktion und die Befindlichkeiten ihrer Charaktere darstellen mussten. Allrounder Keanu Reeves ohne Fehl und Tadel, aber auch Renee Zellweger stimmig und glaubwürdig. Jim Belushi hatte anfangs mit seiner ansonsten launigen Rollenprägung zu kämpfen, kam am Schluss aber trotzdem wie das Arschloch vom Dienst daher. Gabriel Basso soweit in Ordnung, Gugu Mbatha-Raw manchmal etwas übermotiviert, zumeist aber passend.
                      Fazit: Eine nicht uninteressante, letzten Endes aber mit Glaubwürdigkeits-Problemen behaftete Geschichte. Ich bin ja kein Jurist, kann mir ehrlich gesagt aber nicht vorstellen, dass so eine Vorgehensweise bei Gericht durchgeht, nicht einmal in Amerika. Da hätte es Vertagungen und Neuaufrollungen gegeben, ein derart flottes Durchwinken wäre in einem Mordprozess denke ich nicht möglich. Trotzdem kann der Streifen mit einer guten Regiearbeit, einer rhythmisch passenden Erzählweise und guten Darstellern seine Punkte einfahren. Zumindest glitt die Chose nicht in B-Filmartige Untiefen ab und hatte mich eigentlich immer dabei. Eine durchschnittliche fünf finde ich angemessen.

                      6
                      • 6 .5

                        >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                        Herziger Kurzfilm. „Kunstgriff“ besticht vor allem durch die charmante Präsentation und das gekonnte Zusammenspiel von Handlung und Musik. Es handelt sich um einen s/w-Stummfilm, der aus seinen Möglichkeiten eigentlich recht viel macht. Die Geschichte um Konkurrenz und letztendliche Zusammenarbeit in der Taschendiebs-Branche entfaltet ihre lockerleichte Nonchalance im Stil des „klassischen“ Gauner-Films warmherzig und ansprechend. Dazu haben wir ein sympathisches Darsteller-Duo, das die Geschichte auch gut trägt.
                        Fazit: Eine kleine Praline für Zwischendurch, die durchaus Lust auf mehr macht.

                        7
                        • 5 .5

                          >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                          Verschwörungs-Thriller im siebziger-Jahre-Look. Kurz vor Veröffentlichung des „Unternehmen Capricorn“ waren erste Gerüchte aufgetaucht, dass die Mondlandung nicht so abgelaufen war wie in den Medien dargestellt. Manche behaupteten sogar, dass das ganze Unterfangen von Anfang bis Ende gefälscht war und eine es Mondlandung nie gegeben hatte. Wie auch immer man zu diesen Theorien stehen mag – hier haben wie eine wohl davon inspirierte Geschichte über eine gefälschte Marslandung, die die Astronauten in Lebensgefahr bringt.
                          Um es gleich vorweg zu nehmen: „Unternehmen Capricorn“ ist ein Kind seiner Zeit und das sieht man ihm auch in jeder Szene an. Visuell und von Soundtrack her atmet der Streifen den Hauch der Siebziger und bietet damit interessante, aber nicht allzu aufwühlende Hauptabendunterhaltung. Das mündet in einer altbackenen Optik, lauen Actionsequenzen und fadenscheinigen Effekten, kann aber auch mit einem gewissen Charme punkten. Ich mag vor allem den für heutige Gesichtspunkte eher gemächlichen Handlungsaufbau und die ausgewogene Erzählweise. Regisseur Peter Hyams gibt seinen Figuren und der Geschichte die nötige Zeit, sich zu entwickeln und betreibt den atmosphärischen Aufbau penibel und genau. Die bis in höchste Regierungskreise reichende Fälschung wird in all ihren Facetten geschildert und auch die Motivation der Figuren hinlänglich erklärt. Es wurde auch nicht auf die emotionalen Befindlichkeiten vergessen, neben all dem sensationellen Geschehen präsentieren sich die Figuren greifbar und aus Fleisch und Blut. Da störten dann auch gewisse logische Unschärfen und wackelige Handlungsteile weniger - wichtig war, eine Beziehung zu den Personen zu haben, auch wenn sie sich mitunter reichlich naiv und mit einer schon fast kindlichen Unerschütterlichkeit verhielten.
                          Dazu stand Herrn Hyams ein Cast zur Verfügung, der viele Darsteller von Rang und Namen der damaligen Zeit auffuhr. Es schien fast so, als wäre der Streifen schon im Vorfeld von einer gewissen legendären Aura umspielt worden und jeder dabei sein wollte, sei seine Rolle noch so klein. Jeden einzeln zu besprechen würde wohl den Rahmen des Kommentars sprengen, und so möchte ich ein gesamtheitliches Lob aussprechen.
                          Fazit: Obwohl der Streifen schon eine zentimeterdicke Staubschicht angesetzt hat, kann er mit einer guten Figurenzeichnung und einer interessanten Geschichte auch heute noch seine Punkte einfahren. Man muss sich natürlich im Klaren über das Produktionsjahr sein und manche Dinge durch die Nostalgiebrille sehen, dann wird man mit dem Gebotenen sicherlich seine Freude haben. Für mich hat es für eine einzige Sichtung durchaus gepasst, und selbst wenn ich es bei der belassen werde, fühlte ich mich doch ganz passabel unterhalten. Eine leicht überdurchschnittliche Bewertung trägt dem Gebotenen am ehesten Rechnung.

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                            Der Killer und der Taxifahrer. Dieses ungewöhnliche Gespann lässt Autor Stewart Beattie in „Collateral“ aufeinander los, was auch sofort das Interesse auf sich zieht. Die beiden ungleichen KFZ-Insassen interagieren sehr gut miteinander und aus einem oberflächlichen Geplänkel wird schnell ein Wechselspiel aus Dominanz und Auflehnung. Ironischer Weise ist es Vincent selbst, der seinen Widerpart erschafft, indem er Max von oben herab behandelt und klein halten will. Doch erstens kommt es anders, als er es sich zweitens dachte, denn der in die Enge getriebene, schüchterne und unsichere Fahrer mutiert zu einem Kämpfer wider Willen und bereitet dem eiskalten Killer mehr Schwierigkeiten als gedacht.
                            Man weiß ja eigentlich recht bald, in welcher Gefahr Max schwebt, doch er selbst gelangt erst etwas später zu dieser Erkenntnis. Die weitere Folge dieser Erkenntnis ist, selbst aktiv werden zu müssen um unbeschadet aus dieser Situation herauszukommen. Max ist ja einer jener Auf-die-lange-Bank-Schieber und Träumer, aus denen im Laufe der Zeit ein Hätti-Wari wird, doch mit der bisher gelebten Bequemlichkeit kommt er hier nicht weit. Abwarten und hoffen ist in dieser Situation definitiv zu wenig.
                            Regisseur Michael Mann stellt zu Anfang die Beziehung zwischen den beiden späteren Widersachern in den Vordergrund und erzählt die Geschichte harmonisch und ausgewogen. Mit weiterem Verlauf verliert sich der Film leider zunehmend in ausufernden Ballereien, was die feine Atmosphäre dann doch etwas stört. Trotzdem gleitet er aber niemals in einen reinen Actionstreifen ab, sondern zeigt auch immer wieder die sich zuspitzenden Psychospielchen. Und selbst wenn die Zufälle letzten Endes dann schon etwas viel werden, verliert der Streifen niemals eine Glaubwürdigkeit.
                            Leider war die Tonmischung ein ziemliches Ärgernis. Einer relativ lauten musikalischen Untermalung standen recht leise gesprochene Passagen gegenüber. Dies hatte zur Folge, dass ich die Lautstärke mehrmals regulieren musste um etwas vom Gesprochenen verstehen zu können. Das verleidete mir den Streifen derart, dass ich dafür einen ganzen Punkt abziehe.
                            Die beiden Hauptdarsteller Tom Cruise und Jamie Foxx lieferten gut ab. Cruise ist ja seit jeher eine Bank, auch mit dem ungewohnt graumelierten Look. Foxx nahm man seine Figur ebenfalls jederzeit ab, auch Mark Ruffalo stark. Die Synchronisation ohne Fehl und Tadel. Dass sich Größen wie Jason Statham und Xavier Bardem mit Nebenrollen begnügen mussten, sagt schon einiges aus.
                            Fazit: Eigentlich eine klare Empfehlung, auch wenn der Streifen gegen Schluss in eine „normale“ Fluchtaction ausartet. Allein schon das wechselseitige Psychospiel zwischen Max und Vincent ist interessant und die Beziehung der beiden zueinander. Für die ärgerliche Tonmischung und die brüllend lauten Musikvideo-Sequenzen ziehe ich wie gesagt einen Punkt ab.

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                              Charmante Comicverfilmung. „Ein herrlicher Spaß für Groß und Klein“ verhieß die Ankündigung auf Tele5 und das trifft es finde ich ganz gut. Obwohl meine Kleinen dem Streifen anfangs etwas reserviert gegenüberstanden (die sind eher Pixar-Trickfilme gewöhnt), haben sie die gute Adele am Ende dann doch in ihre Herzen geschlossen. Zwei Tage nach der Sichtung hörte ich den Namen jedenfalls noch einige male und beobachtete sie sogar, dass sie die Geschichte nachspielten – und das adelt einen Film aus ihrer Sicht schon etwas.
                              Obwohl ich die Comichefte nicht kenne, gehe ich davon aus, dass sich Luc Besson stark an der Vorlage orientiert hat, die Optik spricht jedenfalls dafür. Schon allein die aufgeklebten Bärte und die rundlichen Figuren sorgten bei mir für schmunzeln und auch meine Gattin konnte dem Streifen einiges abgewinnen. Sowohl der Autor der Vorlage als auch Besson in seiner filmischen Umsetzung schafften den Spagat zwischen absurd-lustigen Figuren und einer ebensolchen Geschichte, ohne diese jedoch ins dümmliche abgleiten zu lassen und sie selbst der Lächerlichkeit preiszugeben. Das schuf eine wirklich ansprechend-heitere Atmosphäre, die sich jeglicher Peinlichkeit enthält, da man mit den Protagonisten lacht und nicht über sie. Lächerlich erschienen ausnahmslos die Antagonisten, und sogar die hatten zumeist einen locker-charmanten Zug an sich. Die vorgetragene Nonchalance hielt die ganze Laufzeit über an, sogar an den „schwierigen“ Passagen (zB. als sich die Schwester die Hutnadel ins Genick stößt) gab es keine Schrecksekunde für die Kleinen.
                              Die Darsteller hatten offenbar ihre Freude an dem Stoff. Eine gut aufgelegte Louise Bourgon manövrierte die frech-witzige Adele stets stilsicher durch den Streifen und harmonierte gut mit einem bis zur Unkenntlichkeit auf alt geschminktem Mattieu Amalric. Gilges Lellouche könnte mit seinem treuherzig-unschuldigen Blick sogar Glasherzen zum Schmelzen bringen, meine Tochter zeigte Ansätze des Anschmachtens (und das mit knapp fünf). Alle anderen fügten sich bestens in die Produktion mit ein.
                              Vor allem der Mix aus nicht überbordend eingesetzter CGI und handgemachten Maskeraden floss gut ineinander über und entführte einen in eine eigene, wohltuend locker-einfache Welt. Die in ein freundliches Orange getauchten Bilder vermittelten die heile Welt und boten genau die richtige Unterlage für das kunterbunte Treiben.
                              Fazit: Eine klare Empfehlung für Groß und Klein von mir. Der Streifen brennt zwar in keinerlei Hinsicht Feuerwerke ab (weder hinsichtlich Action/Tempo noch Tränendrüsen noch funkensprühender Ideen), besticht aber mit einer klugen und klaren Handlung und sympathisch-witzigen Figuren. Die Machart kann man Kindern bedenkenlos vorsetzen und auch für Erwachsene hält sie den einen oder anderen Schabernack bereit. Die sechseinhalb ist jedenfalls hoch verdient.

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                                Nette Jugend-Fantasy. Obwohl der Streifen für jüngeres Publikum gemacht ist, zeigen manche Szenen einen erstaunlichen Grusel-Faktor, der zwar Blut und Gewalt außen vorlässt, allein der optischen Umsetzung wegen aber einen gewissen Eindruck hinterlässt. Die Szenen mit der besessenen Tante, die mit den überlangen weißen Haaren an der Decke entlangkriecht, oder auch der Schneider hätten schon das Potential, bei Zwölfjährigen für die eine oder andere schlaflose Nacht zu sorgen.
                                Trotzdem ist es aber ein Film für Teenager über Teenager, daran lässt die Inszenierung keinen Zweifel. Doch trotz dieser Tatsache wusste der Streifen auch mir als erwachsenem Seher durchaus zu gefallen, es hatte etwas von einer grusligen und ernsthafteren Variante von „Alice im Wunderland“. Dabei gefielen die phantasievollen Ideen und die optische Umsetzung. Regisseur Marius Palej schafft es nämlich, diese ohne größeren Aufwand zu realisieren und trotzdem ansprechende Bilder auf den Schirm zu zaubern. Da reichte dann ein farbenverfremdeter Wald schon aus, um sich im Kontext in Richtung von „Avatar“ zu bewegen – bei dem ja, wie wir wissen, deutlich mehr Aufwand getrieben wurde.
                                Und so schlängelte sich die Handlung ohne größere Höhen und Tiefen auf einen überraschenden Schlussgag zu, der dann die Geschichte gut ins Ziel brachte und für unterhaltsame knapp zwei Stunden sorgte. Dazu trugen auch fein ausgewählte Settings und zwar stereotype, aber doch immerhin sympathische Figuren bei, mit denen man doch einigermaßen mitfühlen konnte. Obwohl die feine Klinge in der Scheide stecken blieb, wurden die Befindlichkeiten der Protagonisten soweit so gut kolportiert. Bei jüngerem Publikum muss man wohl ein wenig dicker auftragen, aber das liegt denke ich in der Natur der Sache.
                                Darstellerisch wurde zumindest bei den Hauptrollen durchaus Qualität aufgefahren, auch die Synchronisation passte soweit. Dominik Kowalczyk agierte abgeklärt wie ein Großer und brachte seine Figur ohne Fehl und Tadel. Aber auch die Damen Ewa Blaszyk und Magdalena Niec – sie steuerte auch das Drehbuch bei – routiniert und glaubwürdig. Lediglich die drei anderen Jugendlichen mit immer wiederkehrenden Schwächen, was jedoch nicht nachhaltig störte, waren ihre Rollen doch nicht tragend. Die Synchro hatte mitunter leider kein gutes Händchen für die Nebenfiguren.
                                Conclusio: Eine nette und gut vorgetragene Vorabend Fantasy mit ein wenig Grusel, die über die gesamte Laufzeit zu unterhalten Imstande ist. Zwar knurrt der Streifen ein paarmal schon recht fies, beißt aber niemals so richtig zu. Bei zartfühlenderen Kindern sollte man wohl bei der Sichtung bis zum vierzehnten Lebensjahr warten, trotzdem finde ich die FSK nicht zu niedrig angesetzt. Eine solide sechs trägt dem Streifen gut Rechnung.

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                                • 7 .5

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                                  Spannender Justiz-Thriller mit interessanten Wendungen. In Michael Conellys Geschichte wird ein smarter Anwalt von einem jungen Mann aus besserem Hause engagiert. Der Fall führt ihn nicht nur in seine berufliche Vergangenheit, sondern stellt im weiteren Verlauf auch sein Wirken in Frage. Dabei führt uns Conelly nicht einmal massiv an der Nase herum, sondern zeigt uns die Vorgänge in ihrer ganzen Ausprägung deutlich auf. Trotzdem webt er immer wieder überraschende Wendungen und Schachzüge ein, was der Geschichte einen gewissen Reiz verleiht.
                                  Dabei verhalten sich die Mitglieder der besseren Gesellschaft nicht viel anders als gewöhnliche Strauchdiebe, denen jedes Mittel recht ist, um sich vor Strafverfolgung zu schützen. Fragwürdige moralische Verhaltensweisen und ein widerliches Überlegenheitsgefühl prägen ihre Handlungen – die „niederen“ Gesellschaftsschichten werden nicht als menschlich achtenswert empfunden, sondern dienen in erster Linie der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse. Ihnen werden vor allem niedere finanzielle Beweggründe unterstellt, diese jedoch vielfach von sich selbst auf jene projiziert. Sogar der Anwalt ist letzten Endes lediglich Mittel zum Zweck und wird für das eigene Wohlergehen geopfert.
                                  Und so zeigt uns Conelly ein nicht eben schmeichelhaftes Bild der oberen Zehntausend, die, um sich schlagend und nach unten tretend, ausschließlich den eigenen Vorteil im Blick haben. Die strafrechtliche Verfolgung ist nicht mehr als eine weitere Hürde, die es zum eigenen Vorteil zu überwinden gilt. Moralische Bedenken gibt es nicht, da andere Menschen ohnehin nicht als solche wahrgenommen werden, sondern als Störenfriede des eigenen Handelns angesehen werden.
                                  Regisseur Brad Furman konnte mit einem routinierten Cast arbeiten, die an der Geschichte ihre Freude zu haben schienen. Matthew McConaughey wie immer eine Bank, ebenso wie der schöne Unsympath vom Dienst Ryan Phillipe. Beide agierten bestens als Pro- und Antagonisten, als ob sie ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht hätten. Aber auch William Macy und Bob Gunton solide wie man sie kennt. Josh Lucas ebenfalls sehr gut, mit seiner Figur hatte ich am meisten Mitleid. Dazwischen ein Widersehen mit Bryan Cranston in einer kleinen Rolle.
                                  Fazit: Eine wohlmeinende Empfehlung für diesen Streifen, der interessant und wendungsreich unterhält. Die gut aufgebaute Atmosphäre taugt auch für mehrere Sichtungen und somit kann man das Ergebnis als rund und gelungen bezeichnen. Die Moralkritik wurde einem nicht auf Auge gedrückt, ist aber durchaus auch für ungeübte Seher erkennbar. Ein gut aufgelegter Cast rundete das Gesamtergebnis wohltuend ab und verdient sich die siebeneinhalb redlich.

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                                    Fein erdachte, visuell jedoch eher durchwachsene SciFi-Serie. Unsere Raumstation wirkt oftmals leider wie die B-Film-Variante von Deep Space 9 und bleibt in vielen Belangen hinter dieser zurück. Besonders die Kulissen und die CGI wirken leider über fast alle Staffeln hinweg billig und schwach, vor allem manche der Raumschiffe und deren Manöver nähern sich bedenklich dem Asylum-Niveau an. Auch die Masken und das Design der Außerirdischen hatten irgendwie das Prädikat „bemüht“ – das phantasievolle Aussehen war zu gewollt um wirklich realistisch daherzukommen. Man orientierte sich oftmals an realen irdischen Erscheinungsformen (aristokratisches Outifit oder animalische Ansätze) und passte diesen den Protagonisten an. Damit wirkt die Serie leider schlechter als sie ist, denn abgesehen von der mitunter räudigen Optik hatte sie doch einiges zu bieten.
                                    Es sind vor allem die Konflikte verschiedener Lebensentwürfe und –arten, die feinen Linien zwischen Anpassung und Toleranz, und politische Entwicklungen, die unsere Figuren auf Trab halten und innerhalb derer sie sich aneinander abarbeiten. Gefallen hat mir, dass man – anders als im Star-Trek-Universum – auf ein klares Gut-Böse-Schema verzichtet und den Figuren dafür zivilisatorische Eigenheiten zugesteht, die zwar nicht immer leicht nachvollziehbar, aus ihrer Sicht aber plausibel daherkommen. Der Verzicht auf eine moralische Wertung lässt dem Zuschauer einen großen Interpretations-Spielraum und schiebt ihm mitunter sogar die Rolle des Richters zu. Wie auch immer man dazu steht, am Schluss werden die meisten der inneren Konflikte einvernehmlich gelöst und äußere Bedrohungen gemeinsam bekämpft.
                                    Die Darsteller hatten durchaus ihre Momente, leider haderte das Endergebnis wie so oft mit der Synchronisation. Diese ließ die Mimen durch die aufgesetzte und gestelzte Redeweise oftmals unglaubwürdig wirken, was das Gesamterlebnis leider weiter verschlechterte. Lediglich Bruce Boxleitner und Jerry Doyle hatten in dieser Hinsicht Glück und wirkten oftmals eine Klasse besser als ihre Kollegen.
                                    Trotzdem möchte ich die Serie nicht als billigen Abklatsch hinstellen – allein schon die Figurenentwicklung und –charakterisierung hatten durchaus Hand und Fuß. Es sind dem Grunde nach ja nachvollziehbare Probleme, mit denen sich Inner- und Außerirdische herumschlagen müssen. So gesehen kann man durchaus Parallelen zu den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen auf der Erde sehen, die hier mitten im Weltall thematisiert wurden. Dabei geben uns die Macher gut gemeinte Ratschläge zum gemeinsamen Miteinander mit auf den Weg und damit passt es dann auch schon wieder.
                                    Conclusio: Mag ich nicht alle Tage, vor allem optisch verlangt mir die Serie einiges ab. Wem DS9 zu glattgebügelt ist, dem sei Babylon 5 jedoch wärmstens ans Herz gelegt, obwohl mir persönlich die innovativen Designs oftmals doch zu sperrig sind. Eine wohlmeinend-durchschnittliche fünf entbehre ich gerne.

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                                      Opulentes Historien-Liebesdrama. „Mathilde“ besticht vor allem durch seine herrliche Optik, die Entscheidung, an Original-Schauplätzen zu drehen war eine gute. Schloss Katherinenburg ist eine wirklich beeindruckende Anlage, die ich vor ein paar Jahren selbst das Vergnügen hatte besuchen zu dürfen. Beim Anblick der vergoldeten Anlagen bleibt einem schier der Mund offen stehen – man hat das Gefühl, dass die Russen einer Art „Vergoldungs-Wahn“ erlegen sind, die andersfarbigen Strukturen scheinen tatsächlich in der Unterzahl zu sein.
                                      Vor dieser Kulisse ist ein derartiger Film natürlich atmosphärisch herausragend, aber auch die anderen Drehorte wie die royale Eisenbahngarnitur oder die Krönungskirche in Moskau haben eine enorme Ausstrahlung. Da gewinnt man einen kleinen Eindruck vom Leben der russischen Aristokratie Ende des neunzehnten Jahrhunderts, das an Pomp und Glanz kaum zu überbieten war. Trotzdem erscheinen die Menschen in dieser Umgebung nur wenig glücklich, das höfische Leben und die politischen Vorgaben fordert seinen Tribut.
                                      Nikolaus II. war gefangen zwischen staatsmännischer Pflichterfüllung und seelischen Befindlichkeiten, dieser Zwiespalt sollte ihn sein ganzes Leben begleiten. Auch wenn ihm seine Gattin durchaus gewogen schien, so litt er an diesen inneren Konflikten wohl mehr als gemeinhin bekannt. Und laut diesem Film so sehr, dass man eigentlich nicht mit ihm tauschen wollte (von seinem tragischen Ende jetzt mal ganz abgesehen).
                                      Unter der Regie von Aleksey Uchitel sah man einen groß aufspielenden Lars Eidinger, der seine Figur stilsicher durch den Streifen trug. Aber auch Michalina Olszanska wusste zu gefallen, was nicht nur an ihrem blendenden Aussehen lag. Danila Koslovski hoch motiviert, jedoch manchmal mit etwas zu großen Enthusiasmus, dafür Luise Wolfram ausgewogen und passend.
                                      Wohltuend empfand ich bei diesem Streifen, dass auf überbordenden Herz-Schmerz verzichtet wurde, die seelischen Zustände der Protagnisten jedoch trotzdem emotional nachvollziehbar kolportiert wurden. Es müssen eben nicht immer lange, schmachtende Blicke geworfen und ausufernde Liebesschwüre gehaucht werden, damit man es auch glaubt. Man hat im Gegenteil das Gefühl, dass die inneren Konflikte nur mit Mühe unterdrückt werden, letzten Endes aber dann doch nach außen dringen. Das macht das Drama umso fühl- und greifbarer, zumal die Figuren ja seit frühester Jugend zu Disziplin und Etikette erzogen wurden.
                                      Fazit: Ob jetzt alle gezeigten Vorgänge historisch korrekt widergegeben wurde, kann ich nicht sagen, plausibel wirkt es jedoch in weiten Teilen. Die Geschichte wird greif- und nachfühlbar gebracht, wodurch ich den Streifen empfehlen kann, trotzdem er so gar nicht in mein bevorzugtes Genre fällt. Umso höher ist die sechs anzusehen, nach der Sichtung fühlte ich mich gut unterhalten.

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                                      • 5 .5
                                        Nospheratu99 06.11.2020, 08:27 Geändert 06.11.2020, 08:56

                                        >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                                        Interessantes Romanzendrama. Das indische Mittagessen-System für arbeitende Ehemänner ist mir ja ein veritables Rätsel. Rein optisch ähneln diese Boxen dem klassischen „Menage-Reindl“ (Reindl nennt man in Ö einen kleinen Topf), das mein Vater immer mit zur Arbeit nahm. Es bestand aus einem emaillierten Metallbehälter, der mit einem ebenfalls emaillierten Deckel und einem Rex-Gummi verschlossen wurde. Darin befand sich sein Mittagessen – Reste von am Wochenende gekochtem Essen, das im Büro in einem Backofen aufgewärmt und verspeist wurde. Am Abend brachte er das Reindl wieder nach Hause, es wurde abgewaschen und für den nächsten Tag befüllt. In Indien passiert das ähnlich, nur dass die Frau das Essen am Vormittag frisch kocht, in diese metallenen Menage-Behälter füllt und dem Ehemann mit einem Kurier ins Büro schickt. Diese tausenden Behälter werden mittels eines komplizierten Transport-Systems zum Gatten an den Arbeitsplatz gebracht. Was mich ja wundert, ist der Transport – ich meine, kann der Gatte das Essen nicht in der Früh schon mitnehmen? Das würde zwar tausende Arbeitsplätze vernichten, käme aber denke ich für die Familie deutlich billiger. So reich werden die ja dort sicherlich nicht sein…
                                        Aber gut, abgesehen von diesem eigenartigen Vorgehen sah man einen recht guten Film, der zeigt, was passieren kann, wenn die Lunchbox versehentlich den falschen Empfänger findet. Ein alternder, vom Leben vergessen geglaubter Witwer findet über die plötzliche Zuwendung einer ihm völlig unbekannten Ehefrau neue Lebensfreude und die vernachlässigte und betrogene Ehefrau erkennt den Ernst ihrer Lage. Ihr Gatte bemerkt den durch das Vertauschen hervorgerufenen Unterschied des Essens nicht einmal (der bekommt nämlich das Großküchen-Futter des Witwers) und hat für seine Ehefrau lediglich den Hinweis übrig, dass er von zu viel Karfiol (aka Rosenkohl) Blähungen bekommt.
                                        Zwischen der Ehefrau und dem Witwer entwickelt sich eine Art Brieffreundschaft der ungewöhnlichen Art und was dabei herauskommt, muss sich jeder selbst ansehen. Dabei findet die leidlich unspektakuläre Machart ebenso mein Wohlwollen wie die recht guten Leistungen der Mimen. Man muss den Umgang der Leute miteinander natürlich ein wenig durch indische Augen sehen, sonst würde das etwas überkandidelte Verhalten des jungen Kollegen etwas Befremden auslösen. Die drei Hauptdarsteller Irrfan Khan, Nimrad Kaur und Nawazuddin Siddiqui lieferten jedenfalls gut ab und gaben ihren Figuren die nötige Tiefe.
                                        Fazit: Ein Film, der die ausgetretenen Pfade gewohnter Romantik-Streifen gar nicht erst einschlägt und uns stattdessen mit einer unspektakulären, aber immerhin tiefgründig charakterisierten Machart überrascht. Sicherlich nichts für jeden Geschmack, bei mir fiel der Streifen gerade durch seine Andersartigkeit auf Wohlwollen – und das, obwohl das Thema nicht mein bevorzugtes Genre ist. Unter dem Strich der etwas bessere Durchschnitt, was ich auch in der Bewertung niederschlägt.

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                                        • 4 .5

                                          >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                                          Charmanter Gangsterfilm mit inhaltlichen Schwächen. „Ein Gauner und Gentleman“ will vor allem hauptabendgerechtes Filmvergnügen mit sympathischen Figuren und augenzwinkernder Nonchalance bieten, bei näherer Betrachtung wirkt dies jedoch leider reichlich schal und leer. Forrests Leidenschaft sind Banküberfälle, unblutig und locker durchgeführt, dafür mit wenig Beute. Es ist wohl der Adrenalin-Kick oder die Lust am Lausbubenstreich im vorgerückten Alter, die ihn und seine Kumpane antreibt. Für das erbeutete Geld hat er ebenso wenig Verwendung wie seine Rentner-Gang-Mitglieder, die sich wie er womöglich nur in Rahmen ihrer kriminellen Energie lebendig fühlen. Dabei versuchen sie eher mit Pfiffigkeit denn mit Waffengewalt vorzugehen und verüben ihre Taten meist unbemerkt von anwesenden Bankkunden.
                                          Das liest sich womöglich jetzt besser als es auf dem Schirm daherkommt, denn leider bleiben die pfiffigen Ideen ebenso aus wie die Gags. Zudem habe ich trotz der Ankündigung, dass es sich um wahre Ereignisse handelt, so meine Zweifel, ob sich diese Dinge tatsächlich so abgespielt haben. Und so müssen wir uns unter dem Strich mit einem bemühten, letzten Endes aber seichten Filmchen begnügen, das seine wenigen Stärken zwar ganz gut ausspielen, jedoch keine Lust auf eine Zweitsichtung wecken kann. Ein paar sympathische Figuren sind da leider nicht genug, auch wenn die gut aufgelegten Darsteller diesen durchaus Leben einzuhauchen imstande sind.
                                          Robert Redford hat mit den Jahren sein blendendes Aussehen leider ziemlich eingebüßt, was durch ein paar wehmütig wirkende Rückblenden aus vergangenen Filmen und Fotos auch hinlänglich bewiesen wurde. Sein Lächeln wirkt unter den vielen Falten jedoch genauso gewinnend wie damals – nur zu verständlich, dass sich eine Dame seines Alters davon ansprechen lässt. Sissy Spacek hingegen hat sich gut gehalten, ihr Stupsnäschen und ihr hintergründiges Lächeln verzauberten mich auch noch nach den vielen Jahren. Danny Glover und Tom Waits als spitzbübische Griesgrame bestens besetzt, ließen einen Casey Affleck fast verblassen. Alle anderen ohne Fehl und Tadel.
                                          Conclusio: Trotz schon fast bewundernswerten Bemühungen reicht der Streifen in keiner Weise an Klassiker wie zum Beispiel „Der Clou“ oder „Der große Eisenbahnraub“ heran, daran änderte auch ein durchaus gut agierender Cast nichts. Die Geschichte gab wohl einfach nicht mehr her und so versandete sie letzten Endes in nostalgischer Sepiafarbe und ein paar in den Kaffee geweinten Tränen ob der alten Zeiten. Letztlich konnten weder Redford noch Spacek noch Glover an die Klassiker alter Tage anschließen und so hatte „Ein Gauner und Gentleman“ nur wenig Wirkung. Eine leicht unterdurchschnittliche Bewertung ist das Äußerste, was ich mir dazu aus den Rippen schneiden kann.

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                                          • 8 .5
                                            Nospheratu99 02.11.2020, 08:10 Geändert 06.11.2020, 09:01

                                            >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                                            Die für mich beste Crew der Sternenflotte bzw. des Star-Trek-Universums. Auch wenn mir so mancher Trekkie jetzt wohl vehement wiedersprechen wird, finde ich die „Next Generation“-Truppe als die homogenste und letztlich auch sympathischste der Enterprise-Flotte. Neben vielen interessanten Figuren sind es vor allen die zwei spröderen, in denen das meiste Potential schlummert und denen auch von den Produzenten der stärkste Einfluss auf die meisten der Episoden zugestanden wurde. Es sind dies Data (Brent Spiner) und Worf (Michael Dorn). In beiden stehen die Widersprüchlichkeiten ihrer eigenen Existenz und jenen mit den anderen Figuren im Vordergrund.
                                            Worf balanciert auf einer feinen Linie der Integration seiner klingonischen Herkunft in die gesellschaftlichen und den Vorgaben der Sternenflotte und dem Einbringen ebenjener Stärken in die Gemeinschaft. Genau diese nicht immer einfache Aufgabe sorgt oftmals für dramatische, schwierige und mitunter auch komische Situationen, denn ebenso ist es für seine Kollegen nicht immer leicht, ihn zu verstehen. Er versteckt seine Schwierigkeiten hinter einer kalten und abweisenden Fassade, die oftmals mit beinahe schon spitzbübischer Freude gelüftet wird - etwa wenn er sich in einer Parallelwelt plötzlich in einer Ehe mit Counsellor Troy wiederfindet oder sich mit einer Loyalitätsbekundung Datas auseinandersetzen muss. Dazu immer die inneren Konflikte, besonders wenn es sich um kriegerische Begegnungen handelt, wo sein klingonischer Krieger mit den Direktiven der Sternenflotte hadert. Es ist einfach interessant zu sehen wie er den Spagat zwischen den Kulturen meistert – nicht umsonst ist er das am längsten dienende Mitglied der Sternenflotte.
                                            Fast ebenso viel Potential verkörpert Data, einem künstlichen Wesen, das neben enormen kognitiven Fähigkeiten über einen riesigen Datenspeicher und hohe physische Kraft verfügt. Dies alles ist vereint unter dem Wesen eines Kindes, das zwar aufgeschlossen und wissbegierig ist, die Welt der Erwachsenen aber nicht immer nachvollziehen, geschweige denn verstehen kann. Sein unbeugsamer Wille und Wunsch, sich den ihn umgebenden Menschen empathisch anzunähern, sogt für viel Drama und Humor, oftmals auch für mitleidige Wehmut. In fast jeder Folge wird auf ihn in der einen oder anderen Weise zurückgegriffen und oft muss seine Figur die dramatischen oder launigen Kohlen aus dem Feuer holen. Das gelingt zwar nicht immer, doch zumindest wird jede Folge von seinen Bemühungen überschattet. Dass ihr mich jetzt nicht falsch versteht – nichts gegen Vulkanier, medizinisch-holografische Notprogramme oder de-assimilierte Borgs, Data hat für mich aber genau die richtige Mischung aus kindlicher Naivität und wissenschaftlicher Vollendung.
                                            Dazu bietet Picard ein hohes Maß an Identifikation. Vielleicht fällt es mir aus männlicher Sicht leichter, mich in ihn hineinzudenken, doch kann ich die meisten seiner Entscheidungen nachvollziehen. Selbst wenn er Fehler macht, so denke ich mir oft, ok, das wäre mir auch passiert. Aber auch die restliche Besatzung stellt definitiv mehr als personellen Füllstoff dar, auch wenn sie nicht so stark fokussiert werden. Riker wirkt lediglich auf den ersten Blick wie ein draufgängerischer, hirnloser Schönling, der außer einem charmanten Lächeln nichts draufhat, ebenso wie Jordi kein Fachidiot ist, und auch Mutter und Sohn Crusher zeigen immer wieder gute Ansätze. Auch wenn sie nicht so oft in den Vordergrund rücken, wirken sie angenehm. Den wenigsten Zugang habe ich zu Troy (Marina Sirtis). Obwohl auch sie ihrer Momente hat, kommt sie letzten Endes bei mir jedoch nicht über einen optischen Aufputz hinaus.
                                            Interessant finde ich ja auch, dass nun auch die Familien mit an Bord sein dürfen. Dass erscheint natürlich insofern logisch, da Beziehungen der Figuren untereinander natürlich auch in diese Richtung gehen (wurde ja auch in der ursprünglichen Serie mitunter angedeutet), dennoch rückt es manche Episoden und folgenübergreifende Handlungsstränge in gefährliche Nähe zu den „klassischen“ Soap Operas. Das ist aber Jammerei auf hohem Niveau, unter dem Strich finde ich die Serie sehr gelungen und sehe mir die Folgen immer wieder gerne an.

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                                            • 5 .5
                                              Nospheratu99 30.10.2020, 08:14 Geändert 30.10.2020, 08:40

                                              >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                                              Durchwachsenes Ding. Der deutsche Titel lässt zwar auf eine astreine Komödie schließen, doch wandelt sich der Streifen im Zuge der Laufzeit in ein Drama, das die Aussichtslosigkeit der Protagonisten in den Vordergrund rückt. Letzten Endes könnte das Stück als solches durchaus punkten, unter dem Strich vergeudet es durch die launige Anfangsphase jedoch sein eigenes Potential. Grundsätzlich ist gegen eine solche Umsetzung ja nichts zu sagen, Regisseur und Geschichtenerzähler Jannik Johansen überlädt seine Erzählung jedoch etwas. Gut, dass er uns seine Charaktere plastisch manchen will, und gut, dass er uns launig unterhalten will, und auch gut, dass er menschlich realistische Motive bringen will. Unter dem Strich wirkte das Ergebnis jedoch fahrig und sperrig, so als konnte er sich nicht so recht entscheiden, wohin die Reise eigentlich gehen sollte. In die humorige Ecke, mit schrägen Figuren und heiteren Wendungen, oder eher die dramatische Schiene, die uns sympathische Verlierer zeigt, die außer verlieren eigentlich nicht viel können, sich dabei aber den anderen Menschen überlegen fühlen. Man weiß es nicht so genau, und am Ende bleibt ein schaler Geschmack im Mund zurück, weil man keine Ahnung hat, ob man eine Lehre daraus ziehen oder einfach darüber lachen soll. So gesehen habe ich mich mit den Figuren zwar halbwegs identifiziert, kann sie wegen ihrer ständig vor sich her getragenen Schwächen aber nicht mögen. Der einfachste Weg ist halt nicht immer der beste.
                                              Atmosphärisch pendelt Johansen zwischen Tristesse und Humor, schafft den Spagat zwischen Heiterkeit und Mitleiden jedoch nicht. Womöglich sind die Amplituden einfach zu groß um sich auf den Film mit Haut und Haaren einlassen zu können.
                                              An den Darstellern lag es definitiv nicht, da hatte ich eigentlich immer das Gefühl, dass sie die Modi der Figuren gut trafen. Leider gereichte ihnen die Synchronisation wieder einmal nicht eben zur Zierde, wobei es weniger an der Auswahl der Stimmen lag, sondern daran, dass oftmals Tonfälle nicht getroffen und Stimmungen nicht ausreichend kolportiert wurden. Das ließ die Darsteller oftmals um eine Klasse schwächer erscheinen und tat dem Film dann auch nichts Gutes. Lediglich Coster-Waldau und Sonja Richter hatten diesbezüglich etwas Glück. Am anderen Ende rangierte Nicolas Bro, dessen Sprecher könnte man mit einigem Wohlwollen das Prädikat „bemüht“ umhängen.
                                              Fazit: Gut angetragen, unter dem Strich jedoch leider nichts Halbes und nichts Ganzes. In diesem Genre gibt es einige bessere Produktionen und wie es so schön heißt, ist das Bessere nun mal der Feind des Guten. Und dazu noch die wacklige Synchro… Mit einer wohlwollenden Fünfeinhalb ist der Film wohl gut bedient und für zwischendurch möchte ich nicht definitiv abraten, wenn auf anderen Sendern nichts Besseres läuft.

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                                              • 5

                                                >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                                                Visuell ansprechender Thriller mit bemühter Gesellschaftskritik. Die Reichen und die Armen – eine uralte Hassliebe. Wie viel kann man in diese Beziehung hineininterpretieren, wie oft schon sorgten die wirtschaftlichen Gegensätze für Reibung und Spannung. Das dürfte hierzulande nicht anders als in Asien sein, doch geht man dort mit den finanziellen Druckunterschieden offenbar anders um.
                                                Autorin Ki-young Kim nimmt sich dieses Themas an, bleibt in ihrer Gesellschaftskritik jedoch großflächig und verallgemeinernd. Ich persönlich denke nicht, dass wohlhabende Menschen ausschließlich deswegen wohlhabend sind, weil sie andere Menschen ausnutzen und übervorteilen. Sicherlich gibt es welche, die andere, finanziell schlechter Gestellte von oben herab betrachten und diese nicht als denkende und fühlende Wesen wahrnehmen, sondern eher als eine Art Vieh, das man benutzt und schließlich schlachtet. Dies schient auch der Hauptkritikpunkt Kims zu sein, denn letzten Endes weiß man ja weder, wie der wohlhabende Goh zu seinem Reichtum gekommen ist noch was er eigentlich beruflich macht. Kim konzentriert sich ganz auf die Beziehung zwischen den wirtschaftlichen Schichten, und deren Umgang miteinander. Etwa auf den rational-kühlen Ton zwischen dem Hausmädchen und dem Hausherren, nur unterbrochen durch eine ebenso rational wirkende sexuelle Begegnung, in die mehr hineininterpretiert wird, als letzten Endes dahintersteckt.
                                                Die pragmatische und gefühlskalte „Problemlösung“ des Mutter-Tochter-Gespanns, das auf seine Art auch in der Umgebung gefangen scheint, lässt an jene der europäischen Aristokratie ferner Tage denken, wo auch Gefühle deutlich weniger zählten als die Politik. Das Zerbrechen des Hausmädchens wird von ihnen nur insofern wahrgenommen, als es den äußeren Schein kurzfristig stört. Die groteske Geburtstagsfeier für die älteste Tochter zeigt letzten Endes die ganze Skurrilität ihres Daseins.
                                                Möglicherweise sind diese Dinge in Korea so oder werden in dieser Art wahrgenommen, auf Europa lässt sich das meines Erachtens nicht 1:1 umlegen. Ich habe ja mitunter das Gefühl, dass wohlhabende Menschen in Europa eher danach trachten, diesen Umstand zu verstecken als ihn offen zu zeigen. Understatemant scheint das Gebot der Stunde, Blenden und zur Schau stellen ist eher etwas für Möchtegerns und Halbkriminelle. So gesehen wirkt der Streifen fahl und nur wenig treffsicher, zumindest für hiesige Verhältnisse.
                                                Optisch und handwerklich möchte ich den Streifen jedoch durchaus als gelungen bezeichnen, das Endprodukt kann sich wirklich sehen lassen. Stilistisch orientierte sich Regisseur Sang-Soo Im an europäisch-aristokratischen Gesichtspunkten, was seinem Streifen wenigstens ein gutes Aussehen bescherte.
                                                Conclusio: Gleichwohl die Aussage ein wenig fragwürdig daherkommt, möchte ich von dem Streifen zumindest nicht dezidiert abraten, neben einer passablen Optik und guten Leistungen der Darsteller (auch die Synchronisation war ok) sieht man einen handwerklich durchaus brauchbaren Streifen. Für einmal Schauen in Ordnung ohne zu veröden.

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                                                • 7

                                                  >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                                                  Zauberhaftes Biopic einer zauberhaften Frau. Es mag jetzt ein wenig schwülstig oder gar naiv daherkommen, wenn ich sage, dass ich in der Welt der Beatrix Potter auch gerne gelebt hätte. Chris Noonan zeichnet uns ein Bild voller herzerwärmender Begebenheiten und Bilder, die seinem Streifen das Prädikat „Wohlfühlfilm“ geradezu aufdrängen. Es ist eine Welt ohne Angst, ohne Zaudern und voll von lieblichem Charme, die Beatrix Potter in ihren Büchern darstellt – kein Wunder, dass sie so gut ankommen. Diese – wie auch der Film – bedient den Wunsch nach heiler Welt, wo alles gut und schön ist und alle Menschen angenehm und charakterstark sind, voller Leben und Freude. Nichts kann die freudvolle Begeisterung bremsen, nicht einmal der Tod des Verlobten löst längere Trauer aus.
                                                  Gerade in Zeiten wie diesen ist die Sehnsucht nach solchen goldenen Tagen groß, umso mehr fällt der Streifen auf wohlwollende Zustimmung. In der Welt der Beatrix Potter würde man nicht angstvoll auf Infektionszahlen schielen und seine Sorgenmine hinter Papier- und Stoffmasken verstecken. Man würde die Zeit zu innerer Einkehr nutzen und sich schöne Geschichten ausdenken, die man mit charmanten Aquarellen anderen zugänglich machen würde. Man würde in die Natur hinaus gehen und im Sonnenschein Gemüse anbauen oder Viehzucht betreiben. Kurz, man würde die Sorgen einfach weglächeln.
                                                  Dass das leider nicht so einfach geht, zeigen die Medienberichte dieser Tage. Umso mehr tun uns Filme wie dieser einfach gut, ich für meinen Teil könnte mir ruhig mehr davon ansehen. Man würde den Wert des Lebens viel höher schätzen und das Leben einfach leben. Womöglich sehe ich das ja zu einfach und gehe vielleicht zu naiv an die Sache heran, dennoch zeigt uns die gute Frau Potter wie es gehen kann.
                                                  Renee Zellweger hatte offenbar viel Freude an ihrer Rolle und schien ebenso gut aufgelegt wie Ewan McGregor zu sein, beiden sah man die Begeisterung regelrecht an. Emiliy Watson in manchen Szenen etwas übermotiviert, im Zusammenspiel mit den anderen jedoch immer im Bereich des Erträglichen. Bill Paterson mit skurrilem Rauschebart kaum erkennbar, jedoch ohne Fehl und Tadel in seiner leicht zu stemmenden Rolle, ebenso wie Barbara Flynn.
                                                  Fazit: Ein Film wie ein Sonnenstrahl an Regentagen. Für kurz- oder langfristigen Seelentrost bestens geeignet, auch wenn die Vita der guten Frau Potter vielleicht etwas zu sonnig gezeichnet wurde. Ich denke ja, dass auch sie mit Rückschlägen und Schicksalsschlägen zu kämpfen hatte, doch diese wurden sorgsam ausgespart und rasch abgehandelt. Für Aufmunterung in schweren Zeiten ist dieser Film sehr zu empfehlen.

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                                                  • 6 .5
                                                    über Beast

                                                    >>> Achtung!!! Enthält Spoiler!!! <<<
                                                    Interessanter Psycho-Thriller. Ganz zu Anfang ließ mich die Geschichte an „Die Schöne und das Biest“ denken – einerseits, weil der Titel wohl aus diesem Gesichtspunkt gewählt worden war, andererseits haben wir es mit einer ähnlich gelagerten Liebesgeschichte zu tun. Später jedoch schlägt Autor und Regisseur Michael Pearce eine ganz andere Richtung ein. Unser Held ist – entgegen der Erwartungshaltung – nicht der feinfühlige und großherzige Charakter unter der rauen Schale, genauso wenig wie unsere Heldin die reine und edle Charakterisierung verkörpert. Eigentlich könnte man ja sagen, dass sie so ziemlich das genaue Gegenteil dessen sind, was der Anfang der Geschichte suggeriert. Pearce führt uns mit seinen Protagonisten also ganz schön an der Nase herum und lässt die Katze erst nach und nach aus dem Sack.
                                                    Ebenso ergeht es uns mit seinem Spielort. Die Insel Jersey bietet eine Vielfalt an herrlichen Landschaftsmotiven und lässt einen eher an erholsamen Urlaub als an den Ort grausamer Verbrechen denken. Und genau diese feine Idylle nutzt Pearce als Hintergrund für seine Mordserie und seine eher dramatische Liebesgeschichte, was dem ganzen Film eine eigene Note verleiht. Die Diskrepanz der Bilder und der Geschichte setzt eine spezielle Atmosphäre frei, die trotz der unterschiedlichen Eindrücke eigenartiger Weise gut funktioniert. Man beginnt die Settings im Laufe des Films mit anderen Augen zu sehen und schließlich entlarven sich die schönen Aufnahmen als oberflächliche Trugbilder, die von der Gesellschaft mühsam aufrecht erhalten, von unseren beiden Helden aber nach und nach zerfetzt werden.
                                                    Nach dem Abspann fragt man sich, wer denn die Schuld für das alles trägt. Die Antwort auf diese Frage ist mir bis heute nicht gewiss, es ist wohl ein Mix aus widrigen Umständen und menschlichen Schwächen aller Beteiligten. Die wohl das Beste wollen und das Schlechteste dabei erreichen.
                                                    Unser Hauptdarsteller-Duo Jesse Buckley und Johnny Flynn lieferten gut ab. Das gelang auch, weil sie gut in ihre Rollen gecastet wurden - man hatte gar den Eindruck, dass ihnen Pearce die Rollen auf den Leib geschrieben hatte (Was wohl nicht so war). Alle anderen ohne Fehl und Tadel in ihren stereotyp gehaltenen Rollen.
                                                    Conclusio: Ein andersartiger, hintergründiger Thriller, der eine Sichtung durchaus lohnt. Mit seinen interessanten Hauptfiguren, die in einer ansprechenden Umgebung agieren, zeichnet uns Michael Pearce ein von realen Begebenheiten inspiriertes Bild einer räumlich und ideell abgeschlossenen Gesellschaft, die das titelgebende „Biest“ gebiert. Eine Empfehlung möchte ich für eine einzige Sichtung gerne aussprechen – sind die wahren Hintergründe erst einmal bekannt, büßt der Streifen schon einiges an Attraktivität ein. Für die einzige Sichtung fühlte ich mich jedoch wirklich gut unterhalten.

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